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    Gefangenen InfoC 10190 16.9.2008 Preis: 1,55 341

    Hervorgegangen aus demAngehrigen Info. Das

    Angehrigen Info entstand imHungerstreik der politischen

    Gefangenen 1989.

    Am 25. September beginnt vor dem Berli-ner Kammergericht (OLG) ein Staats-schutzprozess gegen die Genossen Axel,Florian und Oliver. Der Vorwurf lautet: Mit-gliedschaft in einer kriminellen Vereini-gung, konkret: militante gruppe (mg), undversuchte Brandstiftung, konkret: sie ht-ten Bundeswehrfahrzeuge auf dem Geln-de der MAN AG in Brandenburg/Havel an-

    gezndet.

    129 der kurze Weg zurKriminalittMit dem 129-Vorwurf der Mitgliedschaft ineiner kriminellen Vereinigung waren in denletzten Jahrzehnten schon viele politische

    Aktivist/innen konfrontiert. In den 1970erJahren wurde die Pilotenvereinigung Cock-pit auf Grundlage des 129 berwacht undabgehrt, weil sie einen Streik organisierte.Und in Hamburg erklrten die Behrden kur-zerhand 150 Hausbesetzer/innen zur krimi-nellen Vereinigung, einige landeten im Knast.

    Auch Ulrike Meinhof ist nach 129 verurteilt

    worden. Mitte der 1980er Jahre wurden rund2000 atomkraftkritische Brger/innen desLandkreis Lchow-Dannenberg wegen Ver-dachts der Mitgliedschaft in einer kriminel-len Vereinigung in einer Datenbank erfasst.In den 1990er Jahren traf es autonome An-tifaschist/innen aus Gttingen und Passausowie das klandestine Zeitungsprojekt radi-kal. Axel, Florian und Oliver befinden sich

    also in illustrer Gesellschaft, wenn Ende Sep-tember der Prozess gegen sie erffnet wird.

    Nach dem Beschluss des Bundesgerichts-hof vom Oktober 2007 werden sie nicht, wiedie Bundesanwaltschaft das wollte, als Mit-glieder einer terroristischen Vereinigungnach 129a, sondern wegen Mitgliedschaftin einer kriminellen Vereinigung angeklagt.

    Zum Tod vonChristian GeisslerRon Augustin

    ,Ich vermochte nur wenig. Aberdie Herrschenden saen ohne mich

    sicherer, das hoffte ich.

    Bertolt Brecht Am 26.8. ist der Schriftsteller ChristianGeissler gestorben, 79 Jahre alt. In literari-schen Kreisen vom PEN-Club bis zumGoethe-Institut eher als Nestbeschmutzerbetrachtet, hat er in seinem mehr als 40 Jah-re umfassenden Werk einen ganz neuenSprachgebrauch entwickelt: kompakt, en-gagiert, verbindlich. Sein 1976 verffent-lichtes ,Wird Zeit, dass wir leben ist nochimmer eins meiner Lieblingsbcher. Er gibtdarin ein ausgezeichnetes Bild vom Tages-ablauf einer kmpfenden Gruppe und vom

    Leben in der Illegalitt. Es ist auf Berichtenaus dem Widerstand gegen die Nazis ba-siert und auf seinen Eindrcken, die er An-fang der 70er Jahre in der Zusammenarbeitmit der RAF gesammelt hat. ,Der Geissler

    war ein solidarischer Mensch, und Solida-ritt war fr ihn konkret. Er hat sich dannauch schnell fr den Schutz der Gefange-nen eingesetzt und das Hamburger Komi-tee gegen Folter an politischen Gefangenenmitbegrndet. Mehr als 20 Jahre hat er uns,Gefangene aus der RAF, im Knast besuchtund sich an unseren Diskussionen beteiligt.

    Als Kommunist und Teil von ,uns, wie ersagte. Das Verhltnis war nicht immer ein-

    fach, weil das auch nur schwierig zusam-menzubringen ist: Legaler und Illegale, derindividuelle Schriftsteller und das Gefan-genenkollektiv, Kampf auf der Ebene derSprache und Kampf aus der Knastsituation.

    Eher mit Fragen als mit fertigen Antwor-ten, aber auch mit seinem typischen,beienden Humor, hat er sich als Laus imPelz verstanden und uns in politischen Aus-einandersetzungen kritisch die Stirn gebo-ten. Obwohl wir uns regelmig gestrittenhaben, haben wir viel von einander gelernt.Nicht wenig davon ist in seinen Bchern,Fragmenten und Gedichten dieser Jahre zu

    finden. Wenn diese noch mal ausgegrabenwerden, sitzen die Herrschenden hoffent-lich wieder weniger sicher.

    Ron Augustin, Niederlnder, war seit 1971in der RAF organisiert. Ron wurde am23.07.1973 bei seiner Einreise in die Bun-desrepublik im Zug festgenommen. Verur-teilt wurde er (Prozess 1975 in Lneburg)wegen Mitgliedschaft in der Roten-Armee-Fraktion u.a. Er wurde zu 6 Jahren Haftverurteilt. Des Weiteren erhielt er eine 6-monatige Beugehaft, die er wegen Aussa-geverweigerung im Prozess gegen Andreas

    Baader, Gudrun Ensslin, Ulrike Meinhofund Jan-Carl Raspe erhielt, plus weitererOrdnungsstrafen aus seinem eigenen Pro-zess.

    129-Prozess gegen Axel, Oli und Florian in Berlin

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    Meine Begegnungenmit Christian GeisslerZum ersten Mal habe ich ihn bewusst wahr-genommen, als wir beide im Hamburger Ko-mitee gegen Folter ttig waren.

    In der gemeinsamen kurzen Zeit versuch-ten wir, ffentlichkeit zu den Gefangenen aus

    der RAF herzustellen, um sie vor den staat-lichen bergriffen zu schtzen und sie so derIsolation wie z.B. dem Toten Trakt in Kln-Ossendorf zu entreien, wo damals GudrunEnsslin und Ulrike Meinhof eingemauert wa-ren. Letzteres gelang uns, aber die Aufhebungder Isolation aller nicht. Das war ein Ziel, wasuns beide immer wieder zusammenfhrte.

    Mitte der der siebziger Jahre empfahlen mirGenossInnen, seine Bcher zu lesen, wie DasBrot mit der Feile und Zeit, dass wir le-ben. In diesen Bchern ging es um den Auf-bruch von 1967/1968 und um eine versuch-te Gefangenenbefreiung whrend des Natio-

    nalsozialismus. Beide Werke zeigten, dass Li-teratur immer eine Waffe gegen die herr-schende Unrecht ist. Nur so hat Kultur aucheine Funktion fr ein neues Leben, was wirbeide immer anstrebten.

    1981 machten wir zusammen eine Veran-staltung anlsslich des Hungerstreiks 1981.

    Acht Gefangene hatten zu dieser Zeit die Haftnicht berlebt. Um den Gefangenen einen ge-wissen Schutz zu ermglichen, forderten sieihre Zusammenlegung in interaktionsfhigeGruppen von mindestens 15. Trotz einergroen Mobilisierung von gesellschaftlichenund militanten Krften erreichten wir diesesZiel nicht. Sigurd Debus, Mitglied einer an-deren bewaffneten Gruppe, starb whrenddes Hungerstreiks, weil er mit den Gefange-nen aus der RAF zusammen kommen wollte.Seine Todesursache ist bis heute ungeklrtund er der war neunte tote Weggesperrte.Whrend ich in Hamburg lebte, verlie er

    die Stadt, und wir verloren uns deshalbaus den Augen. Was er so auf Papierbrachte, wie kamalatta, las ich und be-kam weiterhin sein Engagement fr dieGefangenen mit.Auf einer Lesung in Hamburg traf ich

    ihn 1999 wieder. Er erkannte mich sofortund wir tauschten unsere Adressen aus.So war es dann auch leichter mglich,Texte von ihm in dieser Zeitschrift zu ver-ffentlichen.

    Spter zog er wieder nach Hamburg,und so wir sahen uns hufiger. 2005 fhr-te ich ein lngeres Radiointerview mitihm von ber 85 Minuten anlsslich des18. Mrz, dem Tag fr die Freiheit denpolitischen Gefangenen. Dieses Gesprchhandelte von: seiner Zeit in der KPD den Ereignissen um den 2.6.67

    Ulrike Meinhof, die er schon seit derKPD kannte 14.5.1970: der Befreiung von Andreas

    Baader und seiner Auseinandersetzungmit der RAF

    seiner Arbeit im Komitee gegen die Folteran den politischen Gefangenen in der BRD

    der Zeit um 1989 mit den Brchen und Dis-sonanzen

    Ausblick, um zu lernen und damit wiederstrker zu werden

    Zwischendurch wurde Musik gespielt, diedie Geschichte des Aufbruches behandelte.Leider war die Zeit bedingt u.a. durch sein

    Alter und seine angegriffene Gesundheit zu

    knapp, um dieses Gesprch zu Ende zu brin-gen. Wolfgang

    ... im brigen:die geschichte des bewaffne-ten kampfes ist nach 77 undauch nach 89 und auch nach 92und auch nach 98 so wenigzuende wie die geschichte derinternationalen klassenkmp-fe. fr diese treue im histo-rischen prozess sorgt dasherrschende system der aus-beutung des menschen durch

    den menschen. das ist, mittenin der scheie, schn. dermensch, das ist seine schn-heit, lt sich auf die dauernicht erniedrigen und beleidgen...

    Christian Geissler schrieb das an die Medi-en 1998 nach der Auflsungserklrung derRAF.

    Erinnerung an

    Christian GeisslerMein erster Kontakt mit Christian Geisslerkam Ende der 80er Jahre zustande. Damalsgab es noch eine relevante linke Bewegung,die sich auf die Gefangenen aus RAF und Wi-derstand sttzte. Doch mir waren deren Flug-bltter und Texte oft zu steril und schwer zu

    lesen. Wenn es gelnge, daraus Literatur zumachen, dachte ich mir. Ich hielt es fr un-mglich. Dann fiel mir kamalatta von Chri-stian Geissler, ein romantisches Fragment,wie es im Untertitel hie in die Hnde. DasBuch ist nicht einfach zu lesen. Doch ichkonnte es nicht mehr aus der Hand legen, bisich es zu Ende gelesen habe. Hier wurdenKommunisten lebendig, wie [ich] sie immergewnscht hatte: Alte Kmpfer fr die Sache

    der spanischen Republik, die sich mit jungen AntiimperialistInnen ber den bewaffnetenKampf unterhalten. Ahlers, der Kommunist,der sich in den Bchern von Geissler poli-tisch und sozial weiterentwickelt hatte, siehtin den Aktionen der RAF eine Fortsetzungder proletarischen Kmpfe, von der Roten Ar-mee bis zu dem kaum entwickelten antifa-schistischen Widerstand. Die Kommunisten,die Geissler in kamalatta entwickelt hat, wa-ren das Gegenteil der meisten realexistieren-den Kommunisten in der BRD der spten 80erJahre. Die machten eher Ordnerdienste fr

    Willi Brandt und drngten protestierende

    Linke ab, als dass sie sich solidarisch zu Ge-fangenen aus der RAF verhielten. Die

    Wunschkommunisten, die Christian Geisslerin seinem Roman zeichnete, wurden realdurch die Person des Autors. Christian Kom-munist Geissler stand fr diese dissidenteStrmung eines linken Kommunismus mitseiner politischen Biographie.

    Das sollte sich 1997 zeigen. Geissler wareiner der Podiumsteilnehmer einer Diskussi-onsrunde ber das Endlosthema 20 Jahredeutscher Herbst. Neben ihm waren weitereso genannte Linksintellektuelle. Doch Geilerbrachte die Moderation Miriam Nirumand,damals Tageszeitung, heute Miriam Lau (Die

    Welt) zur Verzweiflung, als er verkndete,dass er nicht daran denke, sich an diesem Ge-denkzirkus zu beteiligen und den kmpfen-den GenossInnen nachtrglich in den Rckenzu fallen. Dann las er einen Aufruf zur Frei-lassung der Gefangenen der RAF vor und ver-

    lie das Podium. Miriam(Tageszeitung) alias Lau(Welt) rang die Hnde.

    Auch im Publikum wares nur eine Minderheit,die Geissler offen ap-

    plaudierte.Doch auf den Applausder Liberalen und derSttzen des Kapitalis-mus kam es ChristianGeissler auch nicht an.Er wusste, dass ein Kom-munist hier und heute

    verdammt einsam ist. Auf dieser Grundlagelebte, kmpfte und ar-beitete Christian Geis-sler. Fr mich wird erimmer ein Vorbild sein,

    sowohl politisch alsauch kulturell. ChristianGeissler presente.

    Peter Nowak

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    Begrndung: Die Aktionen der militantengruppe seien nicht geeignet, die gesellschaft-liche Ordnung ernsthaft zu gefhrden. Diesehchstrichterliche Entscheidung aus Karlsru-he bringt keine neue Erkenntnis. Auch diemilitante gruppe wei sicherlich, dassBrandstze nicht zur berwindung des Kapi-talismus ausreichen. Festzuhalten bleibt, dass

    der 129 nicht etwa die harmlose Variantedes Terrorismus-Paragraphen 129a ist. BeideParagraphen sind Sondergesetze mit klarerFunktion: Bespitzelung, Ausforschung, Kri-minalisierung (nicht nur) der Linken. Sie sindklassisches Feindstrafrecht.Aber anders als zu Zeiten, als es noch ei-

    nen Staatsfeind Nr. 1 (RAF u.a.) gab undeinen Groteil des in ber drei Jahrzehntenhochgersteten Sicherheitsapparats band,werden heute diese Kapazitten auch zur Ver-folgung von so genannter Kleingruppenmi-litanz eingesetzt.

    Es geht nicht nur um die mgDie militante gruppe (mg) hat sich im Jahr2001 auf den Weg gemacht, auch mit ille-galen Widerstandsformen fr eine herr-schaftsfreie Gesellschaft zu kmpfen. In denZeitungsprojekten Interim und radikal be-teiligte sie sich an Debatten um Theorie undPraxis militanter Politik. Mit ihren Texten,Farbbeutel- und Brandanschlgen gegenmultinationale Konzerne, Justizbehrden,

    Arbeitsmter und andere Institutionen griffsie Themen der Linken auf.

    Die klandestinen Organisierungsversu-che und die kontinuierliche militante Pra-xis in der Hauptstadt - nicht nur die der mi-litanten gruppe - fhrte zu jahrelangerberwachung und einer Kriminalisie-rungswelle. Ins Fadenkreuz gerieten Men-schen, die fr die Freiheit von Gefangenenaus Widerstandsprozessen eintreten, Men-schen, hinter denen staatliche Behrden dieRedakteure der radikal vermuten, Men-schen, die die Anti-G8-Proteste vorbereite-ten sowie zahlreiche weitere Personen ausder linken und autonomen Szene.

    Die Absicht der Bundesanwaltschaft istklar. Sie wird alles versuchen, dass ihr 129-

    Konstrukt festgeschrieben und die militantegruppe zur kriminellen Vereinigung erklrtwird. Das wrde die Grundlage fr weitereStaatsschutzprozesse unter gleichen Vorzei-chen schaffen. Von daher wird sich der Er-folg der Gegenmobilisierung nicht allein amStrafma messen lassen oder daran, ob eine

    Verurteilung verhindert werden kann, sownschenswert dies fr die Betroffenennatrlich ist. Die entscheidende Frage sehenwir darin, ob es gelingt, das Vorhaben der

    Anklagebehrde zu Fall zu bringen. Denn derKriminalisierungsversuch gegen die mg mit-tels 129, - das haben u.a. auch die Haus-

    durchsuchungen im letzten Jahr vor dem G8-Gipfel gezeigt - geht bei weitem ber die Be-troffenen und den politischen Zusammen-hang militante gruppe hinaus.

    Die Rolle des VerfassungsschutzesImmer mit dabei ist auch das Bundesamt fr

    Verfassungsschutz mit Sitz in Kln. SeineRolle in den Ermittlungen und der Anklage

    verdient ein besonderes Augenmerk. Der Ver-fassungsschutz entscheidet de facto, dass ein

    Verfahren gefhrt werden muss. Er liefertedie Behauptungen, die zur Aufnahme der Er-mittlungen fhrten. Wo Beweise fehlen oderausbleiben, reicht die Stimme aus Kln zurFortsetzung der Ermittlungen. Und wenn einErmittlungsrichter ausnahmsweise die ber-wachung durch das BKA nicht verlngert,

    fhrt sie der Verfassungsschutz mit densel-ben technischen Anlagen weiter.Das aus Erfahrungen mit dem deutschen

    Faschismus resultierende Trennungsgebotzwischen Geheimdiensten und Polizei istlngst ausgehebelt - auch ohne BKA-Gesetzund der geplanten bundesweiten Abhrzen-trale (Zentrum fr Kommunikationsber-wachung).

    Selbst in der Anklage taucht der Verfas-sungsschutz auf. Er behauptet schon wiederzu wissen, wer hinter der militanten gruppestecke. Die Information stamme von einemseiner Spitzel. Mglicherweise ist das alles er-

    stunken und erlogen, aber mindestens eben-so denkbar ist es, dass der Verfassungsschutzseit Jahren einen Spitzel in der Berliner lin-ken Szene hat und deshalb so selbstsicherauftreten kann.

    Solidaritt ist eine WaffeIst das nur eine Parole oder unsere Wirk-lichkeit? Fest steht: Gesellschaftliche Vern-derungen gibt es nicht zum Nulltarif undStaatsschutzangriffe wird es immer wiedergeben. Repressalien gehren notwendiger-weise zur Ausgangsbedingung linker Oppo-sition. Ein Ziel dabei ist auch Einschchte-rung und Abschreckung. Dagegen sind ge-meinsames Auftreten und Solidaritt dierichtige Antwort. Keine Gruppe und kein Zu-sammenhang wird sich alleine gegen staat-liche Verfolgung durchsetzen. Bei allen Un-

    terschieden, die es oft genug gibt: Am eige-nen politischen Engagement festzuhaltenund wenn mglich das aufzugreifen, waskriminalisiert wird, ist ein erster Schritt.Und: Nur gemeinsam knnen wir den not-wendigen Druck aufbauen und Schutz vorzuknftiger Repression schaffen.http://einstellung.so36.netLibertad! - Freiheit fr alle politischen Ge-

    fangenen weltweit!

    Kritik an bertriebenen Sicherheits-auflagen des Kammergerichts

    Am Donnerstag, den 25. September, soll vordem Berliner Kammergericht der Prozessgegen die drei Berliner Oliver R., Florian L.und Axel H. beginnen. Die Bundesanwalt-schaft wirft ihnen versuchte Brandstiftung

    Fortsetzung 129-Verfahren ...Das Bndnis gegen Einstellung ruft dazuauf, den Prozess gegen Axel, Florian undOliver aufmerksam zu verfolgen und ak-tiv solidarisch zu begleiten. Solidarittist unsere Waffe, nutzen wir sie!

    Einstellung aller 129a/b-Verfahren!Abschaffung der 129a/b!Freispruch fr Axel, Florian und Oliver!

    Wir brauchen dringend Geld fr die f-fentlichkeitsarbeit zum Prozess! Spendenbitte berweisen an: Rechtsanwalt Tho-mas Herzog, Postbank Essen BLZ 360 10043, Konto-Nr. 577 701 432, Verwen-dungszweck: Sonderkonto

    Prozesstermine:Erffnung 25.09.2008.Weitere Termine:1.10., 8.10., 9.10., 15.10., 16.10., 29.10.,30.10., 5.11, 6.11., 12.11, 13.11., 10.12.,11.12., 17.12., 18.12.2008, 7.1.2009, je-weils 9 Uhr, Kriminalgericht Moabit,

    Turmstrasse 91, 10559 Berlin, Saal 700.Weitere Termine:Kommt zur Demo gegen den Bundes-wehreinsatz in Afghanistan am 20.9.!

    Mitte Oktober 2008 findet im Bundes-tag die Abstimmung ber die Verlnge-rung des Kriegseinsatzes in Afghanistanstatt, da am 13. Oktober 2008 das aktu-elle Mandat ausluft. Die groe Mehrheitder bundesdeutschen Bevlkerung hatsich in mehreren Umfragen gegen den mi-litrischen Einsatz der Bundeswehr aus-

    gesprochen. Dennoch ist nicht zu erwar-ten, dass sich die deutsche Politikerriegedanach richten wird. Aus diesem Anlassorganisiert die Friedensbewegung bun-desweite Demonstrationen in Berlin undStuttgart.Wir wollen uns mit einem antikapitali-

    stischen Block in Berlin beteiligen. UnserProtest soll zugleich als Zeichen der So-

    lidaritt mit drei Antimilitaristen ver-standen werden, die ab Ende Septembervor Gericht stehen werden.Demo in Berlin, am Samstag, den20.9.2008 , 12 Uhr, Brandenburger TorDemo in Stuttgart, am 20.9.2008, 12 Uhr,Lautenschlagerstr., gegenber Hbf

    Dort formiert sich ein revolutionrerBlock fr Oliver, Axel und Florian.

    Sonntag, den 21.09.2008, Berlin, KATO,19.00 Uhr

    Veranstaltungsreihe TRAUMATISIE-RUNG UND WIDERSTAND. 1. Auftakt-

    veranstaltung. Trauma - zwischen Wi-derstand und Ohnmacht. Traumatisiertehaben oft ein starkes Gerechtigkeitsbe-drfnis, doch wohin damit? Wie knnenwir uns gegen die bestehenden Verhlt-nisse wehren und dabei sensibel mit see-lischen Verletzungen umgehen?Dienstag, den 23.09.2008, Berlin, Clash,Mehringhof, etwa 19.00 UhrInfoveranstaltung des Einstellungsbnd-nisses zum Prozessbeginn.Quelle:http://einstellung.so36.net/

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    an Bundeswehr-LKW und die Mitglied-schaft in der militanten gruppe (mg) vor.Die drei Angeklagten waren am 31. Juli ver-gangenen Jahres festgenommen worden,nachdem sie versucht haben sollen, Bun-deswehrfahrzeuge in Brand zu setzen. Oh-ne Indizien fr die Tatbeteiligungen anBrandanschlgen der militanten gruppe

    vorzulegen, hat die BundesanwaltschaftAnklage nach 129 erhoben. Mit dem Kon-

    strukt einer kriminellen Vereinigung dro-hen den Antimilitaristen mehrjhrigeHaftstrafen.

    Die Sicherheitsvorkehrungen fr den an-stehenden Prozess gehen weit ber dieStandards von Gerichtsverfahren hinaus.Der Vorsitzende Richter Josef Hoch ordne-te an, die Personalausweise smtlicher Pro-zessbesucher zu kopieren. Auerdem sollenbewaffnete Polizisten mit und ohne Uni-form im Gerichtssaal anwesend sein.

    Hier werden drei Antimilitaristen schondurch die Rahmenbedingungen im Gerichtin die Nhe von organisierter Kriminalitt

    gestellt. Das Anklagekonstrukt, die langeUntersuchungshaft und das Verfahrenspro-zedere - alles ist vllig berdimensioniert,urteilt Arthur Schler vom Bndnis fr dieEinstellung der 129-Verfahren.

    Bereits die bisher bekannt gewordenenErmittlungsmethoden in dem Verfahren ge-gen die drei Angeklagten und vier weitereBeschuldigte waren im vergangenen Som-mer auf breite Kritik gestoen. Das Einstel-lungsbndnis befrchtet, dass die Ange-klagten nicht mit einem fairen Prozessrechnen knnen.

    Nach Informationen des Einstellungs-bndnisses sind den Anwlten der drei An-geklagten noch immer nicht alle vorhan-denen Ermittlungsakten zugestellt worden.Trotz dieser Einschrnkung der Verteidi-gung hat der Vorsitzende Richter die Pro-zesserffnung beschlossen. ()Kundgebung zum Prozessauftakt:25.9.2008 um 8.30 Uhr

    Broschre zum Stand des Verfahrens in Sa-chen militanter gruppe (mg)

    Noch so ein Sieg und wir verlieren

    den Krieg!Vorwort der Internationalen KommunistIn-nen zur Broschre:Aus Anlass des Tages der politischen Ge-

    fangenen fand am 5.3.2008 im StadtteilladenZielona Gora eine Veranstaltung zum The-ma Wie weiter im Kampf gegen 129a/bstatt. Es gab Beitrge zum 129b-Verfahrengegen angebliche Mitglieder der DHKP-C inStuttgart-Stammheim und ein Beschuldigterdes Berliner mg-Verfahrens vermittelte seineErfahrungen mit der Repression.

    Der/die PolitologIn Detlef Georgia Schulze

    referierte zum mg-Verfahren und seinen Hin-tergrnden unter dem Titel Noch so ein Siegund wir verlieren den Krieg.

    In diesem Beitrag wird die bis dato mehr-heitliche Strmung der Soliarbeit kritisiert,

    welche sich hauptschlich auf die beschul-digten Wissenschaftler aus dem Bereich derStadtforschung bezog.Wir stellen eine berarbeitete schriftliche

    Fassung dieses Vortrags jetzt ins Netz. Auchwenn nicht jede Darlegung von Detlef Geor-gia bei allen von uns auf ungeteilte Zustim-mung stt bzw. wir selber auch noch nichtalles durchdiskutiert haben, finden wir, dassdieser Beitrag zur Auseinandersetzung um ei-

    ne politische Untersttzung der Beschuldig-ten im mg-Verfahren beitrgt.Die Hauptverhandlung gegen die drei Ge-

    nossen, die in rumlicher Nhe zu einem ver-suchten Brandanschlag auf Bundeswehr-fahrzeuge in Brandenburg/Havel verhaftetwurden, wird demnchst beginnen.

    Der Text von Detlef Georgia Schulze fhrtzudem ber das konkrete Verfahren hinaus.Er systematisiert die Instrumente des staats-schutzorientierten Sonderrechts der 129,129a und 129b und fragt, welche Verteidi-

    gungsstratgien welche politischen Implika-tionen, aber auch welche mglichen Folgenhaben.

    Das sind Fragen, die sich allen, die sich mitstaatlicher Repression beschftigen oderselbst von ihr betroffen sind, stellen.

    Uns geht es dabei auch um den politischenund gesellschaftlichen Kontext, in dem dieKriminalisierung von Einzelpersonen oderGruppierungen wie der mg stattfindet. Wir

    halten einen politischen Umgang mit politi-schen Verfahren fr dringend notwendig.Der Text stellt aus unserer Sicht einen wich-

    tigen Beitrag fr eine materialistische Rechts-und Staatskritik dar.

    Die Broschre erscheint Mitte September,kurz vor Prozessbeginn, in gedruckter Fas-sung. Der Hauptbeitrag ist bereits fertig undkann hier als PDF (612 kb) heruntergeladenwerden.http://interkomm.so36.net/archiv/2008-08-30/2008-08-30.php

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    Internationale Klas-sensolidaritt aufbau-en und verteidigenDie internationalen Repressionsorgane Ita-liens, der Schweiz und Belgien versuchenerneut die Solidarittsstrukturen zu tref-

    fen. Die Antwort darauf folgt Schlag aufSchlag und ist eindeutig.

    (ag/rh) Die Angriffe der prventiven Kon-terrevolution sind immer ein Prfstein frbeide Seiten im dialektischen Verhltniszwischen Revolution und Konterrevoluti-on. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage,was der Angriff auslst: Abschreckung undLhmung oder mobilisierende Kraft undpolitische Konsolidierung. Die Antwortenwiderspiegeln auch die aktuellen Situationdes Klassenkampfes und der objektiven Be-dingungen, in welche die Repression inter-

    veniert.Die Verschrfung der Krise, die gesell-

    schaftliche Rechtsentwicklung und die da-mit verbundene Polarisierung im Klassen-kampf und im Widerstand der Vlker ge-gen die imperialistischen Kriegsherrschaf-ten wirken sich offensichtlich positiv aufdie internationale Klassensolidaritt aus. InItalien wie in Belgien lsten die Verhaf-tungswellen vom 12. Februar 071 und vom5. Juni 08 eine breite Solidarittswelle aus.

    Die Klassensolidaritt nach den interna-tional koordinierten Staatsschutzaktionen

    vom 12. Februar 07 ist derart stark und an-haltend, dass die Anklgerin im laufendenMailnder Prozess ein spezielles DossierSolidaritt zu den Prozessakten legte. Ih-re Begrndung ist entlarvend, das solidari-sche Umfeld der PC p-m widerspiegle den

    Ausdruck ihrer Gefhrlichkeit. Die Schwei-zerische Bundeskriminalpolizei stellte frdieses Dossier eine Auflistung der hiesigenSolidarittsaktionen zusammen.Als Bertrand Sassoye als letzter der fnf

    Verhafteten den Knast in Brssel verlassenkonnte, lief dies unter strengster Geheim-haltung. Schluss mit den Mobilisierungen

    auf den Straen Brssels, so lautete die Be-grndung der Klassenjustiz. Tatschlichwar die enorme Solidarittswelle nach den

    Verhaftungen nicht nur in Belgien, sondernin ganz Europa blitzschnell gewachsen. DieRote Hilfe Belgien wurde in ihren Aktivit-ten sehr breit untersttzt, was ihre Mobili-sierungsfhigkeit sprunghaft anwachsenlie. Schon zwei Tage nach der Verhaftungbeteiligten sich 250 Personen an einer er-sten Kundgebung vor dem Knast, an dernchsten Demo waren es bereits ber 500TeilnehmerInnen.

    Die Rote Hilfe International, die mit dem

    Angriff ebenfalls getroffen werden sollte,erfuhr eine starke Konsolidierung ihresAufbauprozesses. Ihre Strukturen in Istan-bul, Basel, Zrich, Mailand, Paris, Berlin,Hamburg oder Magdeburg trugen ihre So-

    lidaritt mit der gemeinsamen Parole Klas-sensolidaritt aufbauen und verteidigen -schlagen wir zurck auf die Strae und indie Medien.

    Der Artikel wird in der nchsten Ausga-be des Aufbaus aus der Schweiz erscheinen.

    1 An diesem Tag wurden 15 Menschen whrendeiner massiven Polizeioperoperation gegen po-litische-militarische Kommunistische Partei (PCp-m) in Italien verhaftet.Am 5.Juni 2008 wurden 5 Menschen in Belgi-en verhaftet.

    Solidarittsvereinigung Verwandte

    und FreundInnen der Verhafteten

    vom 12.02.07

    Der rote Faden

    wird strker!Chronik der 8. und 9. Anhrung

    Mittwoch, 16. und Freitag, 18. Juli fandenvor Gericht von Mailand die achte und ne-unte Anhrung des Prozesses gegen die Ge-nossin und die Genossen statt, die im Rah-men der sog. Operazione Tramonto [Ope-ration (Sonnen)Untergang] verhaftet wur-den.Whrend der zwei langen Anhrungen

    vom 16. und 18. Juli wurden Beamte derDIGOS (von Padua, dann Petronzi von Tu-rin und Inspektorin Tanda von Mailand)

    von der Staatsanwltin befragt und von der Verteidigung, bzw. von RA Pifferi, insKreuzverhr genommen. Wie immer wardie Prsenz der GenossInnen, Verwandtenund FreundInnen herzlich und zahlreichund die GenossInnen hinter Gittern auf-recht und stolz.

    Beide Anhrungen wurden durch die Ent-larvung der Methoden gekennzeichnet, diein den Ermittlungen gegen die GenossIn-nen zur Anwendung kamen: hemmungslo-

    se Anwendung der Haftmethoden und,natrlich, die stolz herausgekehrte anti-kommunistische Missgunst derStaatsan-wltin (Stawa) Bocassini, die verschiedent-lich ihre schon an sich lstige schrille Stim-me um etliche Dezibel hher schaltet, um

    Worte wie Bluttaten, kriminelle Substanz,Brigate Rosse zu krchzen und um dieGenossInnen zu beleidigen, wenn sie diesemit Mafiosi vergleicht und droht, sie we-gen Beleidigung anzuzeigen wann immersie etwas sagen, und sie geht sogar so weit,dasselbe mit den Verteidigern zu tun.

    Damit noch nicht genug, sie ist gar so

    skrupellos und fhrt whrend der Pausenzwischen den Anhrungen, in denen sie frdie Ordnung verantwortlich zeichnet,solches Verhalten weiter, obwohl sie damitschwere Spannungen provoziert.

    Denn tatschlich, da sie am 16. Juliwhrend einer Pause nach etlichen Anfra-gen den Verwandten unerschtterlich ver-bietet, sich den Kfigen zu nhern, geheneinige Verwandte in den Innenhof des Ge-richtes, von wo aus sie die Genossen grenknnen, da sie dort, obwohl auch hinter Git-tern, sichtbarer sind als hinter den Doppel-gittern im Saal.

    Der Eingriff der PolizistInnen fhrt zu ih-

    rer Entfernung, aber beim Weggehen hrensie im oberen Stockwerk Getmmel und Ge-schrei. RA Ugo Giannangeli wird dem Ge-richt dann berichten, dass er, als er den Lrmhrte, mit Mh und Not in den Raum tratin dem sich die Genossen befanden und sah,wie einer der Gefngniswrter eiligst seinePistole ins Halfter zurcksteckte. Dieseschwerwiegende Situation kommt zu denzahllosen schweren repressiven Begeben-heiten hinzu, denen die GenossInnenwhrend den Versetzungen ausgeliefertsind.

    Eine weitere beiden Anhrungen ge-

    meinsame Eigenschaft ist, dass die Zeugenein eisernes Erinnerungsvermgen an denTag legen, wenn sie von der Anklage ver-hrt werden, auf die Minute sind sie genau,sie verhaspeln sich nie, ganz im Gegenteilnehmen sie (die drehbuchartigen) Fragender Stawa manchmal vorweg, whrend imKreuzverhr der Verteidigung die Renner

    Antworten wie Ich wei nicht, gehrtenicht zu meinem Bereich, ich erinnere michnicht sind.

    Dazu kommt, dass etliche der kriminel-len Taten, die den Angeklagten vorgewor-fen werden, sich Aussage nach Aussageschlussendlich als bloe Folgerungen er-weisen, die aus den Aufzeichnungen gezo-gen wurden und durch gar nichts Konkre-tes untermauert werden, zum Beispiel der(dank den Medien) herausposaunte Augen-schein der Wohnung Ichinos, wo sich her-ausstellt, dass ein Genosse daran vorbeige-laufen ist, dessen Arbeitsplatz einige hun-dert Meter davon entfernt liegt und der an-gehalten hat, um die Schaufensterauslageeines Mbelgeschftes anzuschauen! Es er-scheint dann auch sehr abnormal, dassgem Inspektorin Tanda die ErmittlerIn-

    nen erst etliche Monate danach gemerkthaben, dass die Wohnung Ichinos in derNhe dieses Mbelladens liegt. Zu den Zeu-gen: Herr Pifferi von der Digos von Padua,der sich dort seit vielen Jahre dienstlich her-umtreibt, beweist klipp und klar seinenHang zur Lge, wenn er erklrt, dass er vonden zahlreichen kulturellen und sozialen

    Aktivitten nichts wei, die das Sozialzen-trum Gramigna jahrelang regelmigdurchfhrt, was aber allen EinwohnerInnenin und weit um Padua herum bestens be-kannt ist. Er beschreibt diesen Volkstreff-punkt hingegen als politisches Gefge,

    das etliche Gewaltmomente in der Stadtverursacht htte. Nun, wir wissen von kei-nen gegen das Gramigna gerichtete Ver-fahren, auer wegen unbefugter Besetzungund ffentlichen Kundgebungen ohne Be-

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    willigung.Dieser ihm eigene Hang zur Lge kommt

    erneut zum Vorschein, als ihm die Vertei-digung vorhlt, sie habe in den Akten zweiunterschiedliche Versionen des Waffenfun-des in Arzercavalli ausfindig gemacht: ei-ne, dass die Waffen in der Scheune naheder Wohnung des Rossin direkt von den Be-amten gefunden wurden; die andere, dassder Fund dem Hinweis des Rossin (koope-

    riert mit der Polizei seit seiner Festnahmeab dem 12.2.07 und befindet sich wiederauf freien Fu) selbst zu verdanken sei. Wel-che stimmt?

    Herrn Pifferi sieht berhaupt keinen Ge-gensatz zwischen den zwei Versionen!

    Nun scheint uns das aber berhaupt nichtnebenschlich, da der Halter der Waffen,eben der Rossin, sich seelenruhig der Frei-heit erfreut, weil er mit der Justiz kolla-boriert und seine Freiheit mit jener der an-deren erkauft hat.Von wem ist Rossin welcher Deal ange-

    boten worden?

    Herr Pifferi hat darber hinaus in allerRuhe auf przise Frage offen gelegt, dassdie Behandlung in Haft, also Isolierung unddie ganze Palette der weiteren Schinderei-en, die Kollaboration zum Ziel hatte. Erwusch sich natrlich die Hnde in Un-schuld und sagte, er habe da nichts zuentscheiden gehabt.

    Er hat uns auch offenbart, dass er2001 in Genua war, und auf die genaueFrage Waren sie zuflligerweise in derDiaz? kreischte die Stawa wie amSpie.Am spten Nachmittag kam dann die

    Forderung der Stawa an das Gericht, dieAkten des endgltigen Urteils des Ros-sin, der als Kollaborateur angeklagt undim Schnellverfahren verurteilt wurde,zu den Akten zu legen.

    Eine weitere Forderung war, ein Dos-sier ebenfalls zu den Akten zu legen, dasdie helvetische Polizei ber alle Soli-kundgebungen angelegt hatte, die nachdem 12. Februar jenseits der Alpen statt-gefunden hatten. Das als Beleg zur Be-harrlichkeit, die sie an den Tag legen,um die internationale Solidaritt zu kri-

    minalisieren: was sie krzlich am 5. Ju-ni in Belgien durch die Verhaftung vonGenossInnen, darunter fnf der RotenHilfe, umgesetzt haben.Aber den Bock hat die Stawa mit ihrer

    Forderung abgeschossen, die Anhrung des17.7., die ja zum Prozess selbst gehrt, zuden Akten zu legen, um zu sehen, ob in de-ren Verlauf nicht etwa der Straftatbestandder Beleidigung zu Lasten des AngeklagtenClaudio Latino und seines Verteidigers Gi-useppe Pelazza erfllt sei, da darin ein Brief

    verlesen wurde, in dem der (damals abwe-sende) Genosse sich beklagte, er sei ge-

    zwungen worden sich zwischen dem Rechtauf Verteidigung und dem auf Gesundheitzu entscheiden, da er, um therapeutischberhaupt behandelt zu werden, einen Ver-zicht auf die Anhrungen habe unter-

    schreiben mssen.Die Anhrung ging dann mit den Rufen

    Pfui! Pfui! des Publikums und der Ange-klagten und mit dem Entsetzen von weite-ren im Saal anwesenden Menschen zu En-de, als, auf die Anfrage des Verteidigers umein Unispitaluntersuch fr Bruno Ghirardi,die Stawa die Namen bekannter Mafiosi zuschreien begann und dann sagte, dass im41bis Untersuche nur mglich seien, falls

    irgendein Professor bereit sei, dazu in denKnast zu kommen!Mehr als jede lange Rede beweisen diese

    Stze, wie die Stawa die GenossInnen schonals verurteilt und im 41bis betrachtet: trotz

    jeglicher Rechtsstaatlichkeit und ihrem An-spruch gerade dieser zu dienen!

    Nach der Anhrung wurden, immer nochim Gericht in Mailand, die fnf GenossenLatino, Davanzo, Sisi, Ghirardi und Borto-lato durch Rechtshilfegesuch von den bel-gischen RichterInnen in Anwesenheit desRichters Salvini zu den angeblichen Ver-bindungen mit den am 5.6.08 in Brssel

    verhafteten GenossInnen befragt. Die Ge-nossen haben vom Recht auf Aussagever-weigerung Gebrauch gemacht ...

    Unsere ganze Solidaritt den belgischenGenossInnen und der Roten Hilfe!

    Anhrung 18. JuliErffnend hat RA Giuseppe Pelazza das Ge-such gestellt, alle Anfragen zu den Aktenzu nehmen, die den Genossen Davanzo, dermehr als ein Jahr lang isoliert wurde, be-treffen.

    Die Stawa hatte immer jegliche Verant-wortung weit von sich gewiesen, aber inder vorangehenden Anhrung hatte HerrPifferi der Verteidigung einen Hinweis zu

    den effektiven Verantwortlichkeiten ge-steckt.Es wurde denn auch ein Brief zu den Ak-

    ten gelegt, in dem die Gefngnisverwaltungvon Cremona erklrt, sie habe die Verset-

    zung des Gefangenen in eine andere Struk-tur gefordert, die Staatsanwaltschaft Mai-land sei jedoch nicht einverstanden gewe-sen!

    Darauf wurde Herr Petronzi von der Di-gos Turin angehrt, der keinen Hehl darausmachte, dass seit 1981 die sich selbstbe-stimmt gewerkschaftlich organisierten Ar-beiterInnen berwacht, sprich fichiertwerden, darunter habe sich auch Vincenzo

    Sisi befunden, ein Arbeitergenosse, der vonden Arbeitenden wegen seines bis zu sei-ner Verhaftung andauernd und kohrentgeleisteten gewerkschaftlichen Einsatzesanerkannt und geschtzt wurde.

    Selbstverstndlich konnte oder wollte ernicht auf die Frage antworten, wieso denndiese besonderen Freundlichkeiten, und ergab partout nicht zu, dass das politische Fi-chierungen sind. Er erzhlte dann aber desLangen und des Breiten ber Ausflge undSpaziergnge des Sisi und Ehefrau, die dann

    verdchtig wurden, wenn sie im GebirgeLeute trafen, die der Digos unbekannt wa-

    ren.Das Kreuzverhr der Verteidigung ergab

    dann, dass in einer von den Sisis angemie-teten Einzimmerferienwohnung Videoka-meras versteckt wurden und die reden

    vom Recht auf Privatsphre!Aber das Interessanteste, das raus-

    kam, war (wieder dank der verschie-denen Schreiberlinge), dass die im

    Waffenlager des Rossin in Arzercaval-li gefundene ominse Sig Sauer Pisto-le im Piemont nach Abschluss eines

    Verfahrens wegen Raubberfall be-schlagnahmt wurde und anschlieendein Gesuch auf Vernichtung gestelltworden war. Aber wenn sie zerstrtwurde, wie kommt es denn, dass sie da-nach in Arzercavalli auftaucht?

    Petronzi konnte keine Erklrung da-zu liefern.

    Nach Petronzis Aussagen kam es imSaal dann zum erheiternden Wand-schirm-Auftritt!

    Die Verteidigung hat sich diesemSpektakel aus zwei Grnden entge-gengesetzt. Erstens als Verletzung der

    Verteidigungsrechte, da es schwer fllt,

    eine Person ins Kreuzverhr zu neh-men, ohne ihr ins Gesicht zu sehen,zweitens die Aufforderung an denRichter, seine Aussage am Beginn des

    Prozesses zu gewhrleisten, er wolle einennormalen Prozess wie fr alle anderendurchfhren. Aus den Kfigen hat der Genosse Da-

    vanzo die Meinung der Gefangenen kund-getan und mitgeteilt, sie sollen doch ruhigabdecken, so werde deutlicher gezeigt, wes-sen Geistes Kind diese Personen seien, undso werde auch klar, wie sich die schmenmssen, die der Bourgeoisie dienen.

    Trotz allem hatte die Digos Tanda ihren Auftritt als chinesischer Schatten undwurde applaudiert und ausgepfiffen.

    Die Grnde dieser billigen Mache gehen,so glauben wir, weit ber das konstante und

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    provokatorische Aufbauschen der Gefhr-lichkeit der angeklagten GenossInnen hin-aus und mssen auf das zurckgefhrt wer-den, was uns die Suma, ebenfalls von derDigos Mailand, enthllt hat.

    Mit groem professionellen Stolz hat sichFrau Dr. zum zu vielen Sozialzentren Mai-lands bestehenden guten und freund-schaftlichen Verhltnis und dauerhaftenDialog bekannt. Nun , kann eben sein, dassalle diese chinesischen Schatten, die im Saalauftreten werden, gerade jene sympathi-schen Digos sein werden, die sich in der Be-wegung dermaen wohl fhlen und etwasan Sympathie verlieren knnten, falls siesich im Saal blicken lassen wrden.

    Tanda der chinesische Schatten hat unszwischen vielen ich wei nicht war nichtdabei war nicht zustndig doch etwas berdie grauenhaften Ermittlungsmethoden derdemokratischen Digos Mailands enthllt.

    Um die Gesprche der Genossen aufzu-zeichnen, baten sie um die Hilfe der Bar-

    mnner und frauen, indem sie sagten, dieGenossen seien Pdophile! Folglich, umzwei Personen beim Apero abzuhren, stell-te sich (wie es der Genosse Latino sich aus-drckte) eine bewaffnete Bande auf (vorund um die Bar waren mindestens 10 Di-gos im Einsatz) und [berredete] weitereLeute durch Lug und Trug zur Kollaborati-on!

    Dazu kamen im Kreuzverhr der TandaGegenstze heraus, die schon fast lcher-lich sind. Die Inspektorin spricht von einemimaginren Einsatz, die sie wie immer aus

    Abhrungen abgeleitet haben, wo der Fluss

    Lambro im Schlauchboot htte berquertwerden sollen. Die Inspektorin erklrt, siehabe nie ein Schlauchboot gesehen. Als ein-ziges aquatisches Verkehrsmittel tauchtin den Ermittlungen ein beschlagnahmtes

    Spielzeugruderschlauchboot auf! Darberhinaus war die Tanda nicht imstande zu sa-gen, ob der Fluss berhaupt genug Wasserfhrte, um befahren zu werden.

    Die Anhrung endete mit Schlagwortenund geballten Fusten.

    Die nchste Anhrung wird nach derSommerpause stattfinden.

    Zum Schluss wollen wir kraftvoll undwtend die Berichterstattung anpran-gern, die tagtglich nach jeder Anhrungin verschiedenen Tageszeitungen erscheint. Wir fragen uns, mit welcher Unver-

    schmtheit die verschiedenen anwesendenJournalistInnen sich als GarantInnen derInformation bezeichnen, wenn sie eigent-lich nur falsche und lgnerische Berichteerstatten und dazu nicht nur die angeklag-ten Genossen und Genossin, sondern auchnoch ihre Verwandten diffamieren.

    Nicht dass wir uns wundern, denn vomersten Tag der Verhaftungen an haben dieso genannten Informationsorgane nichts

    als terroristische Schlagzeilen um die Ge-nossInnen und die Solidaritt mit ihnen er-zeugt.Auch darum laden wir alle ein, die Be-

    richte der Prozesschronik so breit wie mg-lich weiterzuleiten.

    Uns wurde bekannt, dass im Knast vonAlexandria bei allen Zellen des EIV(Hoch-sicherheits)-Abteils (wo sich immer nochder Genosse Emiliano Toschi befindet) anden Fenstern Sichtblenden angebrachtwurden, welche die Luft- und noch mehrdie Lichtzufuhr unterbinden.Wie vorgesehen, sind sie daran, wegen

    des Prozessunterbruchs die Genossen in an-dere Knste zu versetzen. Wir wissen mitSicherheit, dass sich die Genossen Bortola-to Davide, Latino Claudio und Tonello And-rea schon im Knast Siano befinden - CA-

    SA CIRCONDARIALE - VIA TRE FONTANE28, 88100 - SIANO, CATANZARO. Sobaldwir von anderen Versetzungen erfahren,werden wir darber berichten.

    Fahren wir doch fort mit der Verstrkungdes roten Fadens der Solidaritt, lassen wirden Genossen unsere Nhe und Liebe durchBriefe, Postkarten und Telegramme zukom-men.

    Und ganz zum Schluss fordern wir zur

    Massenteilnahme an der Fortsetzung derAnhrungen auf, nmlich am 6. Oktober2008, Gericht Mailand, Corso di Porta Vit-toria um 930.Vereint werden wir siegen!!!Klassensolidaritt relancieren!!!Solidarittsvereinigung Verwandte undFreundInnen der Verhafteten vom 12.02.07

    [email protected]

    Offener Brief derLebenslnglichenDie Lebenslnglichen aus den Knast Spo-leto schreiben den anderen Lebenslngli-chen Italiens

    Letztes Jahr hatten 310 Lebenslngliche ei-nen Brief an den Prsident der Republik ge-schrieben, um ihn zu bitten, ihre lebens-lngliche Strafe in Todesstrafe umzuwan-deln. Knnt ihr euch daran erinnern? Eine

    Antwort des Prsidenten kam noch nicht,allerdings whrenddessen haben sich sie-ben Lebenslngliche umgebracht, habensich selber die Todesstrafe verhngt.

    Der letzte, der lebenslngliche Giuseppe,wurde im Knast San Gimignano aufgehngtgefunden.Wir 303 sind brig.Wer ist als nchstes dran?Wieso noch lnger warten?Lass uns handeln!Es ist nutzlos sich weiter zu fragen, wel-

    che andere Lebenslngliche sich morgenaufhngen wird.

    Es knnte genau du sein.

    Was tun?Wenn wir im Schweigen weggehen, einernach dem anderen, machen wir keinenLrm.Wieso dann nicht alle zusammen?Wieso suchen wir uns nicht einen Termin

    aus an dem wir uns alle gemeinsam auf-hngen?

    Ich denke oft daran mich aufzuhngen,welcher Lebenslngliche hat nie daran ge-dacht?

    Es sollte nicht schwierig sein, es reicht einBettlaken an den Gittern zu befestigen und

    es zu Ende bringen ... Wenn sie uns keine Hoffnung geben,wenn sie uns sagen, dass wir unwieder-bringlich sind oder Monster, kmpfen wirentweder fr unsere Freiheit (allerdings

    Nathalie Mnigon kam am 2.August endlich nach jahrzehntelanger Haft frei.Sie warwegen Aktivitten der franzsischen Stadtguerilla Action Directe verurteilt worden.21 Jahre war sie franzsischen Knsten weggesperrt. Sie kmpfte in diversen Hun-gerstreiks gegen das Isolationsprogramm und solidarisierte sich auch mit anderen Ge-

    fangenen und Kmpfen fr eine freie Gesellschaft.Quelle: Enfesselt (September-Oktober)

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    ernsthaft mit all unseren Krften) oder las-st es uns lieber zu einem Ende kommen.

    Gerade luft im Parlament die Diskussi-on ber eine mgliche Vernderung des Go-zzinis-Gesetzes (Anm. d. .: ein Gesetz,welches 1986 die Knastordnung reformier-te und hnlich wie in Deutschland Verbes-serungsmanahme bei Kooperation undgutem Verhalten den Inhaftierten anbietetund definitiv einen groem Anteil an Ver-

    einzelung und Entsolidarisierung unter denGefangenen hat). Wahrscheinlich wird esbald keine Hoffnung mehr im Bezug aufdieses Gesetz geben, ein Gesetz, welchestrotzdem eine zugngliche Realitt fr unsalle darstellte.

    Das wird gut sein, dann werden wir unsnicht weiter Illusionen machen und sicher-lich wissen, dass wir im Knast sterben wer-den.

    Was tun?Die einzige Hoffnung fr uns sind genauwir selber.

    Die ehemaligen Lebenslnglichen hattendie reale Hoffnung auf Urlaub, offenen

    Vollzug, Bewhrung, wir haben nicht maldiese, weil viele Lebenslngliche aufgrund

    von Mafiadelikten verurteilt wurden unddeshalb keinen Zugang dazu haben.

    Die Hoffnung gibt es fr uns nicht, es istunsere Aufgabe, sie zu suchen, entweder imKampf oder im Tod.Aber wenn wir weiter nichts tun, wird uns

    diese zerstren. Wir sind wie leblos! Wir knnen nur

    kmpfen, deshalb, verdammt noch mal, las-st uns kmpfen! Worauf warten wir noch?Wir haben nur diese Tage und dies sind

    die letzten, die uns brig bleiben. Lasst sieuns nutzen, um ein Ende der Strafe zu er-reichen. Wir sollten nicht auf die Politikerzhlen, denn fr sie sind wir nur aus-tauschbar, um Wahlergebnisse von der f-fentlichkeit zu bekommen.Vor ein paar Tagen kam die Aussage, dass

    sie den folterischen 41bis (Anm. d. .:Hochsicherheitstrakt Italiens) beschrnkenwollen.Aber was wollen sie noch beschrnken?

    Nun, nach vielen Jahren in einem solchen

    Regime, sind die Gefangenen, welche die-sem ausgesetzt waren, keine Menschenmehr, sondern lebende Tote, welche nichtmal die Kraft dazu besitzen, sich gegen ih-re Folterknechte zur Wehr zusetzen.

    Lasst uns nicht auf die berwachungs-richter zhlen. Diese haben Angst, von Po-litkern attackiert zu werden und den Kon-sens innerhalb der ffentlichen Meinung zu

    verlieren.Lasst uns nicht auf die ErzieherInnen, die

    Direktoren oder SozialarbeiterInnenzhlen. In den meisten Fllen sehen sie unsnur als Ursprung ihrer Lhne.

    Lasst uns nur auf uns zhlen. Lass unsauf die Lebenslnglichen zhlen.

    Was tun?Alles Mgliche. Es reicht, etwas zu machen

    anstatt gar nichts!Lasst uns auswhlen, Hoffnung zu haben.

    Am 1. Dezember diesen Jahres, mit Ernst-haftigkeit und Entschlossenheit, wird in je-dem Knast ein groer Hungerstreik begin-nen, um eine Stellungnahme des europi-sches Parlaments zur Abschaffung des le-benslnglich zu fordern.

    Die Lebenslnglichen, die sich entschei-den werden, fr ein Ende ihrer Strafe zu

    kmpfen und diejenigen, die eine Be-schwerde fr die Abschaffung des lebens-lnglich bei dem europischen Gerichtshofeingereicht haben, sollen ihre Beteiligungbei der Assoziation Pantagruel, Tavantti 20,50134, Firenze, ankndigen. Ihre Websiteist www.informacarcere.it, sie wird vondrauen vertreten und euch ein Beteili-gungsformular schicken.Die Lebenslnglichen im Kampf aus Spole-to, August 2008

    Griechenland

    Trotz Lebensgefahrkeine HaftverschonungDer unter einer im Knast entwickelten undmit lebensgefhrlichen Schocks einherge-henden Allergie leidende ChristodoulosXiros bleibt weiter im Gefngnis.

    Der Antrag wird abgelehnt. Mit diesen Worten, ohne Begrndung, entschied amMontag, den 1.9.08, der Oberste Gerichtshofin Athen, dass einem kranken Gefangenenaus dem 17N-Prozess die Verlegung in einKrankenhaus verweigert wird. ChristodoulosXiros, bis zu seiner Verhaftung ein kernge-sunder Mann, hat im Gefngnis eine Aller-gie entwickelt, die ihn in den letzten zweiJahren bereits sechsmal mit den Symptomeneines lebensgefhrlichen Schocks ins Kran-kenhaus gebracht hat. Obwohl behandelnde

    rztinnen vor Gericht die unsachgeme me-dizinische Behandlung unter Gefngnisbe-dingungen schilderten und dem Gefangenenbei Verbleib im Gefngnis erneute Lebensge-

    fahr bei unweigerlich zu erwartenden weite-ren allergischen Schocks attestierten, schick-te das Gericht den als mutmaliches Mitgliedder ehemaligen griechischen Stadtguerillaor-ganisation 17N Verurteilten zurck in die frdie Politischen geltende Kleingruppenisola-tion im unterirdischen Hochsicherheitstrakt.

    Der Entscheid wundert mich nicht, kom-mentierte Christodoulos Xiros den Richter-spruch. Zuvor hatte er dem Gericht sowohlseine Krankengeschichte als auch die Grn-de dargelegt, warum er trotz seiner offen-sichtlichen Gefhrdung durch die Haftbedin-gungen von der brgerlichen Justiz weder ei-

    ne Verlegung in den Normalvollzug, nochin ein Krankenhaus erwarte. Ich will nichtmit Hilfe von Vorwnden dem Gefngnis ent-kommen, sondern versuche mein Leben zuschtzen und eine Behandlung zu erreichen.

    Schlielich kenne ich selbst den Ernst mei-ner Lage, aber auch meine Haltung am be-sten. Ich will von niemandem irgendeine Ge-flligkeit. Ich fordere lediglich ein, dass diegltige Gesetzeslage angewandt wird. DasProblem steht fr mich auch nicht auf einerhumanistischen Basis. In vielen Fllen, vorallem bei Gefangenen ohne finanzielle Mit-tel, bei Migranten und in hnlichen Fllen,zeigt sich die Justiz von ihrer hrtesten und

    unmenschlichsten Seite. Selbstverstnd-lich leugne ich nicht, dass ich ein politischerGegner des Systems bin, ich habe die Kmp-fe meines Lebens nie geleugnet und setze sieauch im Knast fort. Das ist auch der Grund,weswegen ich bestraft wurde und immernoch bestraft werde, erklrte der bekanntelinke Aktivist Christodoulos Xiros, der zu-sammen mit 14 Anderen fr eine von ihmimmer bestrittene Teilnahme an Anschlgender griechischen Stadtguerillaorganisation17N zu sechsmal Lebenslnglich verurteiltwurde. Der Staat hat sich allerdings nichtauf eine ungerechte und vom Rachegedan-

    ken geleitete Verurteilung beschrnkt. Seitsieben Jahren hlt man uns unter speziellenund vernichtenden Bedingungen, die vonkeinem Gesetz gedeckt sind und verschlei-ernd ,besondere Haftbedingungen genanntwerden.

    Obwohl es keine gesetzliche Grundlagedafr gibt, sind die noch verbleibenden zehnGefangenen aus dem 17N Verfahren (fnfweitere wurden nach Absitzen ihrer Min-deststrafe bereits entlassen) seit sieben Jah-ren in Kellerverliesen und ohne jeden Kon-takt zu anderen Gefangenen eingesperrt. Sie

    verbringen ihre Tage in 12 Quadratmetergroen unterirdischen Einzellzellen, von de-nen 3 Quadratmeter fr die Toilette durch ei-ne Zwischenwand abgetrennt sind. Im Toi-lettenbereich befindet sich das einzige undebenfalls unterirdische Zellenfenster. Auchder 120 Quadratmeter groe Hof fr den ge-meinsamen Hofgang liegt unterirdisch. Einenbei schlechtem Wetter nutzbaren Gemein-schaftsraum gibt es nicht, der Besuch der Ge-meinschaftsrume oder die Nutzung der Ge-fngniseinrichtungen wie Bibliothek oder

    Werkstatt in den anderen Trakten des Ge-fngnisses ist den Gefangenen aus dem 17N-

    Prozess verboten. Auch die anderen Gefan-genen zustehende Rechte, wie ein paar TageHafturlaub nach einer gewissen Mindestzeit,wurden den Politischen bisher mit einemdurch kein griechisches Gesetz gedeckten

    Verweis auf eine besondere Schwere der ver-bten Straftaten verwehrt.

    Nicht nur bei Christodoulos Xiros werdendie Gefahren irreversibler gesundheitlicherSchden ignoriert. Seinem durch die vorzei-tige Explosion einer Bombe und die nachfol-gende Behandlung in einem Athener Kran-kenhaus schwer geschdigten Bruder SavvasXiros wird trotz zahlreicher Antrge jede Un-

    terbrechung der Strafe zur Behandlung ver-wehrt. Im Gefngnis hat er bereits zwei Netz-hautablsungen erlitten und droht durch dieHaftbedingungen auch das wenige ihm noch

    verbleibende Augenlicht vollstndig zu ver-

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    lieren. Um dieser Gefahr zu begegnen, hat Sa-vvas Xiros Klage vor dem Europischen Ge-richtshof fr Menschenrechte erhoben.

    Heike Schrader, Athen

    Seine Erfahrungen als Schwerverletzter aufder Intensivstation, wo er unmittelbar nachseiner Ergreifung durch in- und auslndi-sche Verhrspezialisten auseinanderge-nommen wurde, hat Savvas Xiros in einem

    Buch verarbeitet, dass seit Dezember 2007auch auf deutsch erhltlich ist:Savvas Xiros: Guantnamo auf griechisch.Zeitgenssische Folter im Rechtsstaat.bersetzt von Heike Schrader. Pahl-Ru-genstein-Verlag, Bonn 2007, 129 Seiten,13,90 Euro

    Irlands republikani-sche Gefangene und

    der politische StatusRichtigstellung einer Meldung in der

    Jungen Welt

    Arnaldo Otegi, der Sprecher der nationalisti-schen, baskischen Partei Batasuna, wurde

    vergangene Woche nach 15 Monaten Haftentlassen. Otegi ist ein wichtiger Antiimpe-rialist und Revolutionr. Die irisch-republi-kanische Bewegung verbindet seit Jahrzehn-ten eine tiefe Freundschaft und Sympathiemit dem baskischen Volk im Widerstand. Wirfreuen uns sehr, dass Otegi aus dem Gefng-nis entlassen wurde, und senden ihm und dembaskischen Volk revolutionre Gre!

    Sowohl der Kampf in Irland als auch jenerim Baskenland ist international. Und so ms-sen wir auch von den Erfahrungen unsererrevolutionren Freunde und Freundinnenlernen. Doch genau in diesem Punkt machtBatasuna in den letzten Jahren einen schwe-ren Fehler.Vor zehn Jahren wurde das Karfreitagsab-

    kommen in Irland unterzeichnet. Die ehema-ligen Republikaner und Republikanerinnen

    um die Fhrung Gerry Adams und MartinMcGuiness gaben damit ihren Kampf end-gltig auf. Heute lassen sie sich vom Impe-rialismus benutzen, das Karfreitagsabkom-men als Friedensprozess zu verkaufen.

    Gendert hat sich an der Situation in Irlandaber wenig. Ganz im Gegenteil, das Abkom-men hat die Spaltung in Loyalisten und Na-tionalisten dadurch verschrft, indem es dieSegregation institutionalisiert und britischeBesatzung einzementiert hat. Immer grereTeile der Bevlkerung erkennen nun diese ne-gativen Auswirkungen des Abkommens undkehren Provisional Sinn Fin den Rcken.

    International lsst sich die Provisional-Fhrung aber weiterhin vom Imperialismushofieren. So war McGuiness allein im letztenJahr mehrere Male im Auftrag der USA imIrak, um fr das Karfreitagssystem, der insti-

    tutionalisierten Spaltung unter Besatzungund illegitimer Regierung zu werben.

    Und auch die baskischen Freiheitskmpfe-rinnen und Freiheitskmpfer blickensehnschtig nach Irland und glauben in ei-nem Abkommen wie dem Karfreitagsabkom-men eine Lsung fr sich zu sehen. Das er-kennt auch der spanische Staat und ntzt diesso weit wie fr ihn hilfreich aus. Als Otegi im letzten Jahr nicht nach

    Deutschland zur Rosa-Luxemburg-Konfe-renz fahren durfte, lie der spanische Staatihn lieber die Provisionals in Irland besuchen.Er sollte von ihnen lernen, wie man eine re-

    volutionre, in eine pro-imperialistischeGruppierung transformiert.

    In der Ausgabe der Zeitung Junge Welt vom8. September 2008 wird aus einer Rede vonOtegi zitiert. Die Zeitung schreibt: Dabei

    drfe es, wie beim Friedensprozess in Irlandgeschehen, keinen einzigen politischen Ge-fangenen mehr geben.

    Die Situation der Republikanischen Gefan-genen ist in Wirklichkeit aber eines der trau-rigsten Kapitel des Karfreitagsabkommens.Denn 1998 willigten die Provisionals ein, dass

    jeder Gefangene, der das Abkommen unter-sttzt, freigelassen werden sollte. So wurdenHunderte republikanische Gefangene entlas-sen. Doch ein groer Teil blieb im Gefngnis,denn sie lehnten das Abkommen ab. Ihnenwurde der Status von politischen Gefange-nen im Zuge des Abkommens aberkannt. Dasalles mit dem Segen der Fhrung um Adams

    und McGuiness.Der politische Status wurde in den 1970erund frhen 1980er Jahren erkmpft. Zuerstim Blanket-Protest, als sich die Gefangenenweigerten, Gefangenenkleidung zu tragenund sich stattdessen ausschlielich in Bett-lacken hllten. Er wurde gefolgt vomSchmutzstreik und dem Hungerstreik in denJahren 1980/81.

    Der politische Status war legitim und welt-weit wusste man das. Auch die Briten wus-sten das, bis an einem Tag im Jahr 1976 ei-ne gewissen Margret Thatcher und ihre erz-konservative Tory-Regierung kamen und die

    Gefangenen zu Kriminellen abstempelten.Kieran Nugent lehnte als erster die Gefange-nenkleidung, die politische Gefangene nichttragen mssen, ab. Eher msse man sie anseinen Rcken nageln, erklrte er.

    Bobby Sands und neun weitere Gefangenestarben fr den politischen Status. Die Weltwar mit ihnen. 17 Jahre nach ihrem Tod wa-ren es nicht mehr die britischen Konservati-

    ven, die den politischen Status aberkannten,sondern die ehemaligen Genossen selbst, diemit einer einzigen Unterschrift all das weg-wischten, wofr viele in ihrer Basis die gr-ten Opfer brachten. Als Dank bekamen sie

    vom britischen Imperialismus einen Platz an

    der Seite des rechtsextremen Rassisten IanPaisley.Heute gibt es etwa hundert Republikani-

    sche Gefangene in Maghaberry, in den sechsbesetzten Counties, und in Portlaoise, demHochsicherheitsgefngnis im Sden. In Mag-haberry, wo fast 50 Gefangene sind, ist derGroteil wegen Mitgliedschaft in der Conti-nuity IRA und der Real IRA inhaftiert. Dane-ben gibt es etliche unabhngige republikani-sche Gefangene. hnlich sieht es in Portla-oise aus, wo ebenso der Groteil C-IRA undR-IRA Gefangene sind, daneben ebenso un-abhngige und sechs INLA-Gefangene.

    Nach dem Karfreitagsabkommen wurdendie Gefangenen zuerst in dieselben Trakte wieLoyalisten gesperrt. Erst nach einer intensi-

    ven Kampagne inner- und auerhalb der Ge-fngnisse wurde dies wieder rckgngig ge-macht.

    Die republikanischen Gefngnisflgel wer-den durchleuchtet wie von einem Rntgen-strahl. So haben die Gefangenen keine Frei-heiten oder Privatsphre. Bis zu ber 40 Malpro Tag werden die Gefangenen und ihre Zel-len von einer Spezialeinheit namens Nin-

    jas durchsucht. Diese sind bepackt mit voll-stndiger Kampfausrstung und Kampfhun-den, die in die Zellen gelassen werden, um zuurinieren.Auerhalb der Gefngnisse geht es den Ver-

    wandten nicht besser. Auch sie werden ber-wacht, ihre Wohnungen regelmig durch-sucht und bedroht.

    Die Gruppe Cabhair ist die republikanischeGefangenenhilfsorganisation. Sie untersttztmateriell die Gefangenen und ihre Familienund verbreitet die Anliegen der Gefangenenin der ffentlichkeit. Die republikanischenGefangenen fordern fnf Punkte: das Recht,sich jederzeit bilden zu knnen, das Recht auf

    Bewegungsfreiheit im Gefngnis, das Recht,ihren Flgel selbst organisieren zu knnen,das Ende der ununterbrochenen berwa-chung und das Recht auf Besuche ohne Bei-sein von Gefngnispersonal und Wachhun-den.

    Seitdem Cabhair 1987 gegrndet wurde,gab es keinen Moment, in dem es nicht Re-publikanische Gefangene gab, die Cabhairuntersttzte. Solange der britische Imperia-lismus einen Teil Irlands besetzt hlt, solan-ge wird es Iren geben, die sich der Besatzungwidersetzen und dafr eingesperrt werden.Auch wenn die Freunde - vom britischen

    Imperialismus bis zu ehemaligen Republika-nern und Republikanerinnen - des Karfrei-tagsabkommens, das den RepublikanischenGefangenen ihre Rechte nahm, ihre Existenzin den Hochsicherheitstrakts verneinen, die

    Bobby Sands - Wandmalerei in Belfast

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    Republikanischen Gefangenen und ihre Fa-milien brauchen unsere Hilfe.Vn Shinn Fin Poblachtach/RepublicanSinn Fin Wien. Published by the Republi-can Sinn Fin International Relations Bu-reau in Central Europe, www.irish-solida-rity.at.tfInternational Relations Bureau in CentralEurope, Contact: [email protected]: www.irish-solidarity.at.tf

    www.rsf.ie www.saoirse.infoHead Office: 223 Parnell Street, Dublin 1,Ireland Tel: 872 9747 Fax: 872 9757 e-mail: [email protected] Belfast Office: 229Falls Road, Belfast, BT12 6FB, Co Antrim,Ireland. Tel: 9031 9004 Fax: 9031 9863

    Schottland

    John Bowden befindet

    sich wieder im KnastIm Mai diesen Jahres kehrte John Bowdennach einem routinemigen Freigang fr ei-nen Einkauf nicht in den Knast zurck. Statt-dessen nutze er diese Mglichkeit, welche ihmim Rahmen seines halboffenen Vollzugs zur

    Verfgung steht, und entschied sich diesmaldazu unterzutauchen. Und dies, obwohl dienchste Anhrung fr seine Entlassung aufBewhrung in naher Zukunft sein sollte.

    Nach drei Wochen im Untergrund wurdeJohn am 6. Juni auf einer Farm in der Nhe

    von Glasgow von der Polizei verhaftet. Auf-grund eines Hinweises eines Informanten,dass er sich auf der Farm aufhalten sollte, ka-men dabei auch bewaffnete Anti-Terror-Ein-heiten zum Einsatz und schufen damit eineangespannte Belagerungssituation. Die

    Angst fhrte John in diesem Moment dazuzu glauben, dass die Beamten vllig zufrie-den damit gewesen wren, wenn er nicht le-bend aus der Situation herausgekommen w-re. Aber durch die Intervention eines mit-fhlenden Journalisten entstand eine Kom-munikationslinie und die Belagerung wurdenach sieben Stunden friedlich beendet, Johnund eine weitere Person wurden verhaftet.

    Nun befindet er sich wieder im Hochsicher-heitsknast Glenochil in Schottland einge-sperrt und braucht unsere Untersttzung so-wie unsere Solidaritt. In den schottischenMedien fhrte dieses Ereignis zu einemgroen Medienspektakel mit den blichen er-schreckenden Schlagzeilen (Verrckter Axt-Mann luft frei herum usw.), ohne natrlichdie Tatsache zu erwhnen, dass John seit ei-nem Jahr regelmig jeden Monat einen Frei-gang hatte und sich auf dem langen Weg be-fand, entlassen zu werden. Der Tag der Ver-haftung liest sich im Nachhinein eher wie ei-ne Western-Belagerungssituation zwischen

    dem Sheriff mit seinen Deputies und einemHaufen Desperados, als wie wenn die Polizeieinen aus einer offenen Vollzugsanstalt ge-flchteten Menschen zurckholen soll.

    John ist ein lebenslnglicher Gefangener

    und ein Kmpfer, welcher schon seit vielenJahren gegen die Institution Knast rebellierst.Eingeknastet wurde er aufgrund eines Mor-des, den er als dumm und schrecklichen Feh-ler beschreibt, und er hat sein gesamtes Le-ben als Erwachsener hinter Gittern verbracht.Durch die Inhaftierung hat er sich politisiertund immer den Preis fr seinen Widerstandgegen den Knast mit langen Zeiten in Isola-tionshaft, Prgel und Folter bezahlt. Er hat

    sich aber nie brechen lassen und ist einer derbesten, wortgewandtesten und lautstarkenSchreiber aus dem Knast, eine Person, die sichimmer mit aller Kraft fr die Rechte der Ge-fangenen einsetzt.

    In den ganzen 25 Jahres seiner Inhaftie-rung hat John stndige Schikanen und Bru-talitt durch die Hand des Systems erfahren.

    Als jemand, der nie dazu bereit war und istseine Gedanken und sein Verhalten zu kom-promittieren, hat John eine besondere Auf-merksamkeit verdient. Im Mai 2007 wurdeder schottische Strafaussetzungsausschuss ineinen plumpen Versuch, die Bewhrung zu

    vermeiden, involviert, durch eine Behaup-tung, dass ABC eine terroristische Gruppe seiund John aufgrund seiner Kooperation mit

    ihnen mit Terroristen zusammen arbeitenwrde! Aber dieser Versuch der Denunzie-rung schlug fehl, und die Strafvollzugs-behrde musste sich entschuldigen. So oderso hatte dies trotzdem Auswirkungen, nm-

    lich seine Bewhrung wurde verneint und erfr sechs weitere Monate in den geschlosse-nen Vollzug gesperrt.

    In Grobritannien sind lebenslngliche Ge-fangenen dem Strafaussetzungsausschussausgeliefert, welche in der Lage ist, Fristenund Termine der Gefangenen zu verschieben,wie es ihnen passt. Keine festen Termine zuhaben, das ist auch eine Art von Folter. WieJohn es in einem Brief, den er nach seiner er-neuten Verhaftung schrieb, mitteilt: Ja, esist extrem demtigen, von gesichtslosenBrokraten abhngig zu sein, um etwas Hoff-nung fr deine Entlassung zu bekommen. Be-

    sonders wenn du weit, dass sie berhauptkeine Spur von [Empathie] oder Menschlich-keit und sicherlich auch keine Ahnung vonFairness oder Justiz besitzen. In den Knastaufgrund einer langen Strafe eingesperrt zu

    sein, das ist schon schrecklich genug, aber frdie meisten Langstrafenhftlinge schafft dieSicherheit, einen Entlassungstermin zu ha-ben, eine definitive Hoffnung auf Entlassung.Ein Punkt, an dem die Leiden und das Elendenden und sie ihre Freiheit wieder erlangenwerden. Fr diejenigen, die lebenslnglichsind, wird es nie eine solche Hoffnung geben.Nur eine solche konstante, scheinbar endlo-se Zeit im Knast, welche sich nicht ber ab-

    gelaufene Tage, Wochen, Monate oder Jahremessen lsst, sondern ber das krperlichelterwerden und die Traurigkeit des eigenenHerzens angesichts stndiger abgewiesenerBewhrungen und zerstrter Hoffnungen. Si-cherlich braucht es eine besondere Form von

    Willenskraft, unter diesen Umstnde seine ei-genen Menschlichkeit und Vernunft aufrechtzuhalten. Und die grausame Ironie desGanzen ist, das diejenigen, die es mit Wrde,Mut und Anmut berleben, in der Regel diesind, welche von den kalten, herzlosen r-schen, die darber entscheiden, als letztes frdie Entlassung vorgesehen sind.

    An der Spitze des Ganzen wurde im Maidiesen Jahres whrend eines routinemigenDrogentests eine falsche Positivitt in Bezug

    auf Kokain bei John festgestellt - ein zweiterTest stellt hingegen fest, dass er drogenfreiwar. Unter Zwang und in Angst, dass dienchste Schikane, welche seine Entlassung

    vermeiden und ihn wieder ins Hochsicher-

    heitsgefngnis zurckschicken wird, bereitsin Vorbereitung und auf dem Weg zu ihmwar, tauchte er ab.

    John ist jetzt mit einer neuen Anklage we-gen der Flucht und weil er sich der Festnah-me widersetzte konfrontiert, und dies knn-te eine groe [Gelegenheit] sein, mit der sei-ne Entlassung eventuell noch weiter ver-schleppt werden wird. Deshalb bleibt es wei-terhin unsere Aufgabe, John whrend dieserschwierigen Zeit zu untersttzen und derschottischen Strafvollzugsbehrde gegen-ber zu zeigen, dass sie nicht einfach Gefan-gene isolieren und verfolgen knnen. (ABC)

    Schreibt Briefe und Karten:John BowdenPrison No. 6729 HM Prison GlenochilKing OMuir Road TULLIBODYFK10 3AD Scotland

    Solidaritts-aktion inLondon

  • 8/6/2019 Gefangenen Info #341

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    USA

    Briana WatersverurteiltBriana Waters wurde am 19. Juni diesen Jah-res zu sechs Jahren Knast und zustzlich dreiJahre auf Bewhrung verurteilt. Festgenom-men 30.Mrz 2006 im Rahmen der Operati-

    on Green Scare wurde sie durch die Aus-sagen von zwei Personen beschuldigt in ei-ner Zelle der Earth Liberation Front mitge-wirkt zu haben und im Jahr 2001 an einemBrandanschlag gegen die Universitt von

    Washington beteiligt gewesen zu sein. An derUniversitt wurden Experimente mit gen-technisch vernderten Bumen durchge-fhrt. Briana hat immer durchgehalten, sie istauch Mutter einer dreijhrigen Tochter, undkeine Aussagen gegenber der Polizei ge-macht - deswegen braucht sie unsere volleUntersttzung.

    Der Begriff Green Scare (grner

    Schrecken), der auf den Red Scare in den1940ern und 50ern anspielt, bezieht sich aufgesetzliche und sondergesetzliche Aktivit-ten der U.S.-Regierung gegen Umwelt- undTierrechtsaktivisten. Wie der Red Scare nutztder Green Scare neue Gesetze und neue Waf-fen des Staates, um einige wenige Personenhart zu bestrafen, in der Absicht, eine ganzeBewegung zu unterdrcken. Im Dezember2005 fhrten Regierungsagenten landeswei-te Festnahmen durch, bei denen 14 Personenbeschuldigt wurden in Verbindung mit Ak-tionen der Earth Liberation Front und/oderder Animal Liberation Front im Nordwestender USA zu stehen.

    Die Anklagepunkte, welche sich auf Ge-schehnisse bis zurck in die Mitte der neun-ziger Jahre beziehen, betreffen unter ande-rem einen Brandanschlag aus dem Jahre1997, bei dem ein Pferdeschlachthof in Ore-gon zerstrt wurde (die Anlage wurde nichtwieder aufgebaut) und mehrere Brnde inOregon, Wyoming und Kalifornien, bei de-nen Pferche und Transportschchte am Bu-reau of Land Management vernichtet wur-den (dabei wurden auch Pferde befreit).

    Obwohl kein lebendes Wesen dabei verletzt

    wurde, befand ein Richter, dass einige derBrandanschlge als Terrorismus geahndetwerden. Im November 2006 akzeptierten Nat-han Block, Daniel McGowan, Jonathan Paulund Joyanna Zacher, die alleinige Verant-wortung fr ihre Beteiligung an umweltmo-tivierten Eigentumsdelikten zu bernehmen,gleichzeitig lehnten sie es ab, andere Betei-ligte zu belasten, gegen sie auszusagen oderden Behrden Informationen zur Verfgungzu stellen. Bedauerlicherweise bekanntensich andere Beteiligte nach ihrer Festnahmeschuldig und stellten der Regierung Infor-mationen zur Verfgung. Um Strafmilderung

    zu erhalten, willigten sie ein, mit dem Staatin laufenden Verfahren gegen die ELF/ALFzu kooperieren. Diese Individuen werdenselbstverstndlich nicht untersttzt.Weitere Infos:

    Schreibt Briefe und Karten:Briana Waters 36432-086FCI DanburyFederal Correctional InstitutionRoute 37Danbury, CT 06811, USA

    sterreichische Tier-schtzerInnen freige-lassenDie seit dem 21. Mai in Untersuchungshaftsitzenden restlichen neun von ursprnglichzehn sterreichischen TierrechtlerInnen sind

    jetzt berraschend freigelassen worden.Die TierrechtlerInnen waren nach 278a

    des sterreichischen StGB festgenommenworden, der die Bildung krimineller Vereini-gungen mit bis zu fnf Jahren Haft bestraft

    und zu den sog. Vereinigungsparagraphen278a-d gehrt, die mit den deutschen129 bzw. 129a vergleichbar sind. Der ansich gegen Organisierte Kriminalitt gerich-tete 278a wird in sterreich auch als An-ti-Mafia-Paragraf bezeichnet.

    Den Beschuldigten wird die Beteiligung anButtersureattentaten und Brandanschlgengegen Kleiderhandelsketten und Tierfarmen

    vorgeworfen, die ber 600.000 Euro Schadenverursacht haben sollen. Den TierrechtlerIn-nen wurde u.a. zum Verhngnis, dass sie E-Mails und Festplatten verschlsselt hatten -dies wurde in der Argumentation der Staats-anwaltschaft zur Verdunkelungsgefahr undbegrnde also die Untersuchungshaft. Als Re-aktion darauf riefen die IG Kultur sterreichund das freie Wiener Radio ORANGE 94.0 imJuni zu dezentralen Verschlsselungstagenauf. Es sollte der Brgerservice des ster-reichischen Innenministeriums mit ver-schlsselten E-Mails zu berschttet werden.

    Die Begrndungen fr die Vorwrfe warenso vage, dass eine internationale Protestwel-le einsetzte. Die grne Nationalratsabgeord-nete Brigid Weinzinger hatte den Behrdenbei einer Pressekonferenz nach den Verhaf-

    tungen vorgehalten, dass nach elfjhriger Er-mittlungsttigkeit der Polizei die Untersu-chungshaft nicht mit konkreten Tatvorwr-fen, sondern mit Verdunkelungs- und Tatbe-gehungsgefahr begrndet wurde. Weinzierlkritisierte, dass auer einem But-tersureanschlag, dem Verkleben ei-nes Schlosses sowie der Bedrohungeiner Pressesprecherin eines Unter-nehmens nichts zur Last gelegt wur-de. Dafr wurde eine nebulse ,kri-minelle Organisation konstruiert.

    Zahlreiche Prominente, Parteienund Organisationen hatten gegen die

    Festnahmen protestiert und gefor-dert, dass das Recht auf freie Mei-nungsuerung und politischeBettigung respektiert werden ms-se. Unter den Festgenommenen war

    auch der Vorsitzende des Vereins gegen Tier-fabriken (VGT) Dr. Martin Balluch, der vonden sterreichischen Grnen inzwischen alsKandidat fr die Nationalratswahlen nomi-niert wurde, sowie Sabine Koch, Mitarbeite-rin von Radio Orange 94.0, die aus der U-Haft fr die Wiener Landesliste der Grnenkandidierte.Amnesty International sterreich kritisier-

    te die Anwendung des Vereinigungsparagra-

    fen 278a und weist in einer eigenen Er-klrung vom 4. Juni darauf hin, dass Amne-sty auch schon in einer Stellungnahme zur

    nderung des Paragrafen im Jahr 2002 dieunklare Definition der Organisierten Krimi-nalitt, die dem 278a zugrunde liegt,bemngelt habe. Amnesty International istdaher irritiert darber, dass die angeblich vor-liegende, konkrete Beweislage nicht in ent-sprechende Strafverfahren wegen Sachbe-schdigung, Ntigung bzw. gefhrliche Dro-hung mndet, sondern das, aus unserer Per-spektive problematisch unbestimmte Ge-samtdelikt der Mitgliedschaft in einer krimi-

    nellen Organisation verfolgt zu werdenscheint.

    Offenbar fhrte nun eine Beschwerde derStaatsanwaltschaft Wiener Neustadt gegendie Freilassung des ersten der zehn am 13.

    August dazu, dass die fr die Haftbeschwer-de zustndige Oberstaatsanwaltschaft nichtnur die Freilassung des ersten Tierrechtlersals rechtmig einstufte ,sondern auch gleichnoch fr alle anderen verfgte.Auf Radio Orange 94.0 in Wien wurde ge-

    stern morgen das erste Interview mit einerder Freigelassenen, Sabine, gesendet (mp3):

    Es war total berraschend, ich habe ber-haupt nicht damit gerechnet. Pltzlich gehtmeine Tr auf und die Beamtin sagt zu mir:,Sie knnen nachhause gehen, Sie werdensnicht glauben. (...) Das war drei Stunden nachmeinem Besuch, wo ich noch an der Ple-xiglaswand meine FreundInnen gesehen undmich von ihnen verabschiedet habe.Auch bei Radio Orange: Interview mit Mar-

    tin Balluch nach seiner Freilassung (5:15 Min,mp3)und Mitschnitt der Pressekonferenznach der Entlassung mit dem BeschuldigtenMartin Balluch und den grnen National-ratsabgeordneten Brigid Weinzinger und Pe-

    ter Pilz (59:40 Min, mp3)Feature bei Indymedia sterreich: Repres-sion gegen Tierrechtsaktivist_innen: Ge-meint sind wir [email protected]

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    Casellas beendete Hunger-streik Spanische Behrdenzum Einlenken gentigt

    Nach 76 Tagen hat der katalanische Anar-chist Amadeu Casellas am vergangenen Frei-tag seinen Hungerstreik beendet. Zuvor hat-ten die spanischen Strafbehrden endlich

    eingelenkt und seinen Forderungen nachge-geben.Nach seiner Genesung wird Casellas nun in

    drei Stufen Hafterleichterung gewhrt wer-den. Zunchst erhlt er gewisse Zugestnd-nisse wie Freignge. Danach wird er nach Ar-tikel 100.2 der Strafordnung behandelt, wasdie eingeschrnkte Einstufung als Gefange-ner dritten Grades (tercer grado) bedeutet,und schlielich soll er die volle Einstufungerhalten, was unter anderem die Verlegungin den offenen Vollzug ermglicht.

    Obwohl nach geltendem spanischen Straf-recht zwanzig Jahre Gefngnis die Stra-

    fobergrenze sind Casellas sitzt seit 23 Jah-ren im Knast und ist damit der am lngsteninhaftierte politische Gefangene in Kataloni-en hatte man ihm mit Verweis auf frhereFluchtversuche die Einstufung als tercer gra-do und damit Haftverkrzung oder zumin-dest offenen Vollzug versagt. Daraufhin ver-weigerte Casellas seit dem 23. Juni die Nah-rungsaufnahme, die fr ihn letzte Mglich-keit, seiner Stimme Gehr zu verschaffen.Diesmal bis zur letzten Konsequenz (Libertdo Muerte! Freiheit oder Tod!), nachdem erfrhere Hungerstreiks nach spter nicht ein-gehaltenen Versprechungen der Gefngnis-direktion wieder abgebrochen hatte. Nichtzuletzt die breite Untersttzung, die Casellas

    von seiner Familie und GenossInnen auer-halb der Gefngnismauern erhalten hat, unddie Mobilisierungen und Protestaktionen ha-ben diesen Erfolg ermglicht, auch wenn dieunverantwortliche und unnachgiebige Hal-tung der katalanischen Strafbehrden die Ge-sundheit und das Leben von Casellas ernst-haft in Gefahr gebracht haben.

    Andreas Knobloch, ND, 10.9.08

    gypten: Schauprozess gegendie Mahalla 49

    Am 9. August erffnete ein Notstands-Staatssicherheitsgericht einen Prozess ge-gen 49 Menschen wegen Verstoes gegenzahlreiche Bestimmungen des Notstandsre-gimes. Der Prozess wurde auf den 6. Sep-tember vertagt. Die Angeklagten waren imZusammenhang des groen Streiks in dergyptischen Textilindustrie Anfang April

    verhaftet worden. Damals waren u.a. die27.000 Beschftigten der grten Textilfa-brik des Nahen Ostens in Mahalla in den

    Streik getreten, um angesichts der rasantsteigenden Lebensmittelpreise eine Er-hhung des seit 1984 stagnierenden Min-destlohns zu fordern. Organisiert wurde derStreik von der unabhngigen Gewerkschaft

    Textilarbeiterbund, die im Jahr zuvornach einer Reihe erfolgreicher Fabrikbeset-zungen gegrndet worden war. Nach demStreikaufruf umzingelten Tausende Sicher-heitskrfte das Fabrikgelnde, daraufhindemonstrierten die Einwohner der Stadt inSolidaritt mit den Textilarbeitern und ge-gen die Lebensmittelpreise zwei Tage lang.Die Sicherheitskrfte gingen mit Schlag-stcken, Trnengas, Wasserwerfern, Gum-migeschossen und scharfer Munition gegendie Demonstrationen vor, tteten drei Men-schen und verletzten Hunderte. Bei deranschlieenden Durchsuchung der ganzenStadt wurden mehrere hundert Menschen

    verhaftet, darunter die Organisatoren desStreiks. Viele wurden aufgrund auch inter-nationaler Proteste freigelassen, Dutzendeandere sitzen, meist ohne Anklage, noch imGefngnis. Die Freigelassenen berichteten

    von Folter durch schwere Schlge, Elek-troschocks und sexuellen Missbrauchs.Auch die jetzt Angeklagten berichteten

    am ersten Prozesstag von schweren Mis-shandlungen; das Gericht weigerte sich je-doch, die Foltervorwrfe aufzunehmen.

    Soldaten patrouillieren um das Gerichtsge-bude, die Angeklagten sind in Kfige zurSchau gestellt. Menschenrechtsorganisa-tionen wie Human Right Watch und Am-nesty International sprechen von einemSchauprozess und fordern die sofortigeFreilassung der Angeklagten und aller an-deren Inhaftierten, weil das Gericht, das in-ternationalen Mindeststandards nichtgengt, kein faires Verfahren gewhrleistet.Es weigerte sich z.B. auch, Anordnungender Staatsanwaltschaft zu folgen und eini-ge Gefangene freizulassen. Den Angeklag-ten drohen zwischen sechs und zehn Jah-

    ren Zwangsarbeit. gyptische und interna-tionale Gewerkschaften rufen zur Solida-ritt auf.Mehr Infos:http://mahalla49.wordpress.com;

    Ergnzung vom Prozesstag vom 6.9.:Entlastende Aussagen ignoriertDas Notstands-Staatssicherheitsgericht inTanta ignoriert entlastende Aussagen imSchauprozess gegen die Mahalla 49, berich-tet die Daily News Egypt, die einzige unab-hngige gyptische Tageszeitung in engli-scher Sprache. Der 19-jhrige StudentMahmoud Ibrahim beispielsweise arbeitet als

    Hausmeister. Er wurde drei Tage nach demAufstand in Mahalla festgenommen, obwohlsein Chef besttigte, dass er zur fraglichenZeit gearbeitet hatte.

    So wie Mahmoud Ibrahim wurde auch keinanderer der 49 Angeklagten am 6. oder 7.

    April in flagranti festgenommen, sondern erstwhrend der Razzien in Mahalla zwischendem 13. und 18. April. Rechtsanwlte undMenschenrechtsgruppen haben diese Razzi-en kritisiert und wiederholt darauf hinge-wiesen, dass die Angeklagten von Folterdurch die Polizei whrenddessen und danachberichtet hatten. Die Vorwrfe sind bisher

    nicht von dem Gericht untersucht worden.Die Polizeibeamten, die am ersten Verhand-lungstag als Zeugen auftraten, gaben aufNachfragen zu den Details der Anklage an,sich nicht erinnern zu knnen oder verwie-sen auf ihre schriftlichen Aussagen.

    Iran: 300 Gefangene seitneun Tagen im Hungerstreik

    Aus Protest gegen die Todesstrafe und dieHaftbedingungen befinden sich ca. 300 Ge-fangene der PKK und der PJAK seit neun Ta-gen im Hungerstreik. Die Aktion luft unterdem MottoBerxwedan Jiyane Widerstandheit Leben in mehreren Gefngnissen, u.a.in Urmiye, Kere, Mahabad, Sine und Kir-mansan. Der Druck des Staates hat sich an-gesichts der Aktion erhht. So wurden Ge-fangene in Sine in ihren Zellen von Soldatenmit Schlagstcken angegriffen. Inventar wieBcher und Zeitungen wurden beschla-gnahmt. Zeynap Bayzidi, die wegen des Vor-wurfs, Mitglieder fr die PJAK geworben zuhaben, inhaftiert ist, befindet sich bereits seit17 Tagen im Hungerstreik. Weil sie kein Ge-

    stndnis abgelegt hat, wurde sie schwer ge-foltert. Allein im August sind im Iran 32 Per-sonen hingerichtet worden.Quelle: P/ANF, 01.09.2008, ISKU

    Kundgebung + Demozur Freilassung vonnder Dolutas

    Als asylberechtigter und integrierterStaatsbrger von Grobritannien befindetsich nder Dolutas, seit seiner Einreise indie BRD am 23. Mai, in Auslieferungshaftim JVA in Wllstein/Bad Kreuznach. Seit-

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    dem wird gegen ?hn, wegen einems schein-heiligen Interpol-Ersuchens des trki-schen Staates, ermittelt.

    Das Oberlandesgericht Koblenz hat nundarber zu entscheiden, ob er freigelassenoder in die Folterkammer des faschistischenRegimes abgeschoben wird. Die Bundesre-gierung, die Justizbehrden der BRD unddas Oberlandesgericht in Koblenz missach-ten bis jetzt die Regelungen der Genfer Kon-

    vention und die internationalen Abkom-men fr Flchtlinge. Eine Auslieferung indiesem Falle, wre nicht nur die erklrte

    Abschaffung des Flchtlingsrechtes, son-dern auch die Anerkennung eines rechts-staatswidrigen Prozesses vor einem trki-schen Sondergericht. Der Antrag seines An-waltes vom 19. August 08 zur Freilassungwurde mit der Begrndung abgelehnt,dass die Ermittlungen noch nicht voll-stndig abgeschlossen wren. Diese Ent-wicklung ist leider ein weiterer negativerPunkt in dieser Sache. Es ist gleichzeitig einGrund mehr fr eine erhhte internationa-

    le Solidaritt.Mehr Infos unter dazu: www.atik-online.net/freeonder.html

    Politische Biografie vonnder Dolutasnder Dolutas wurde am 11.08.1977 in Si-

    vas geboren. Er ist Sohn einer alevitisch-kurdischen Familie. Als Student an Uni-

    versitt Istanbul wurde er politisch aktiv.Im Jahre 1998 wurde er bei einer legalenDemonstration am 1. Mai verhaftet. Die Be-grndung war, dass er Studentenvereini-gungen der Universitt Istanbuls angeh-re. Nachdem er sich mehrfach gefoltert wor-den war, wurde er zwei Monate in der Straf-anstalt mraniye festgehalten. Bei den Ra-zzien im Jahre 1999 gegen die Linke Ju-gendorganisation Marxistisch-Leninisti-sche Jugendunion der Trkei (TMLGB) derKommunistischen Partei der Trkei / Mar-xistisch-Leninistisch (TKP/ML) wurde ernoch einmal verhaftet. Danach war er neunTage der berchtigten Folter der trkischenPolizei schutzlos ausgesetzt.

    Er wurde jedoch nach neun Tagen frei-

    gelassen. Eines der zwei Verfahren, die ge-gen ihn laufen, ist verjhrt. Da das zweiteVerfahren nicht in Berufung ging, bekam

    er ein Hafturteil von 12 Jahren und 6 Mo-naten. Wobei alle anderen Angeklagten mitErfolg in die Berufung gegangen sind unddieser Fall mittlerweile erneut verhandeltwerden muss, weil eindeutig festgestelltwurde, dass die Aussagen der meisten An-geklagten unter Polizeiverhr und mit mas-siver Foltergewalt erzwungen worden sind.

    nder Dolutas bekam im Jahre 2000 sei-nen Abschluss an der Universitt Istanbul.

    Er beantragte im Jahr 2001 als politischerFlchtling in England Asyl. 2003 bekam erdie Genehmigung sich in England nieder-zulassen und fing an der Brunel Univer-sitt/London sein Studium als Informati-kingenieur an. Zurzeit erwirbt er seinenDoktortitel in London.

    Dolutas wurde im Jahr 2006, als er seinPraktikum im 3. Jahr absolvierte, durch die

    Aufforderung seiner Auslieferung an dieTrkische Republik in seiner Wohnung inLondon durch die englische Polizei verhaf-tet. In der Verhandlung am nchsten Tagwurde er mit dem Urteil, jeden zweiten Tag

    zur Unterschrift zu erscheinen, freigelassen,diese Auflage wurde aber spter aufgeho-ben.

    Die bis Mai 2006 gelaufene Verhandlungist mit der Begrndung, dass die trkischeRegierung die aufgeforderten Antwortennicht an die englischen Behrden vermit-telt hat, verjhrt. Nach diesem Prozess be-antragte Dolutas die englische Staatsan-gehrigkeit. Er bekam nach zwei Jahren diepositive Antwort und bekam im Mrz 2008seine Einbrgerungsurkunde. Jedoch dau-ert der Prozess im normalen Fall der Ein-brgerung nur drei Monate.

    Dolutas war in der Vergangenheit mehr-mals nach Deutschland ein- und ausgereist.

    Am 23. Mai war er ber den FlughafenFrankfurt-Hahn nach Deutschland geflo-gen, wobei er am nchsten Tag an einer po-litischen Veranstaltung in Deutschland teil-nehmen wollte. Er wurde wegen des In-terpolgesuches zur Auslieferung in die Tr-kei in Deutschland festgenommen und be-findet sich zurzeit in Wllstein (Reinland-Pfalz) unter Auslieferungshaft, wo er aufdie Entscheidung in der Verhandlung desOberlandesgerichts in Koblenz wartet.

    Freiheit fr nder Dolutas!Am Freitag dem 23. Mai 2008 wurde n-

    der Dolutas am FlughafenFrankfurt-Hahn wegen ei-nes Auslieferungsgesuchesdes trkischen Staates berInterpol in Haft genommen.Er sitzt seit dem in Ausliefe-rungshaft. Aus diesem trkischen

    Haftbefehl geht hervor, dassnder Dolutas in der Trkeiin seiner Abwesenheit zu

    zwlfeinhalb Jahren Haftverurteilt worden ist. DiesesUrteil wurde wegen unterFolter aufgenommenen Aus-sagen und festgestellter Un-

    rechtmigkeiten mittlerweile durch dasRevisionsgericht in Ankara aufgehoben, eswird nun neu verhandelt.

    Die Mitangeklagten und nder Dolutashaben wegen der erlittenen Folter und Mis-shandlung die Trkei vor dem EuropischenGerichtshof in Straburg angeklagt. DieTrkei wurde in dem Prozess unter ande-rem zu einer Schmerzensgeldzahlung annder Dolutas und seine Genossen verur-

    teilt.nder Dolutas ist 2001 nach erlittenerFolter in der Trkei nach Grobritanniengeflchtet und lebt dort seit dem dort alsanerkannter Flchtling. Er ist sogar briti-scher Staatsbrger, dies schtzt ihn abernicht vor einer Auslieferung in die Trkei.Im Jahr 2006 hat Grobritannien ein Aus-lieferungsersuchen der Trkei abgelehnt, dander Dolutas Verurteilung durch unterFolter erzwungenen Aussagen zustandekam. Aufgrund seiner progressiven Persn-

    lichkeit und seiner oppositionellen Haltung

    gegenber dem trkischen Staat whrendseiner Studienzeit an der Universitt in Ist-anbul, wurde er in der Trkei fter verhaf-tet. Er war der staatlichen Repression undder gefrchteten Folter mehrfach schutzlosausgeliefert. Lassen wir nicht zu, dass ihmdieses Schicksaal wieder droht! Solidari-siert euch, macht mit bei Aktionen oderschreibt Protestfaxe, denn Solidaritt hilftsiegen!Mehr Infos unter: www.atik-online.netProtestfaxe an Bundesministerium der Ju-stiz Fax: (030) 18 580 - 9525 E-Mail: [email protected]

    Tragt den politischenSchauprozess inStammheim an dieffentlichkeit!

    Fernab von der ffentlichkeit spielt sich der-zeit in Stuttgart-Stammheim ein politischerSchauprozess ab, welcher im Falle von Ver-urteilungen weitreichende Konsequenzen frmigrantische Organisationen und generellfr internationalistische Bettigung habenkann.

    Es handelt sich hierbei um einen Prozess,bei dem fnf Linke mithilfe des Paragraphen129b die Mitgliedschaft in einer verbotenenauslndischen Organisation - konkret dermarxistisch-leninistischen DHKP-C (Revolu-tionre Volksbefreiungspartei-Front) - vor-geworfen wird und der bisher mit Men-

    schenrechtsverletzungen, Isolationshaft,Willkr und juristischen Absurditten vonsich Reden gemacht hat.Aktuell findet im Rahmen des Prozesses seit

    dem 28. Juli 2008 die Anhrung des Haupt-

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    belastungszeugen Hseyin Hiram statt. Die-ser ist ein ehemaliger Doppelagent des trki-schen und deutschen Geheimdienstes, wel-cher laut psychologischem Gutachter nurteilweise vernehmungsfhig ist, da er anSchizophrenie leidet und Wahnvorstellungenhat.

    Derzeit spielt sich in Stammheim eine Far-ce ab, die an Absurditt und Lcherlichkeitnur schwer zu berbieten ist.

    So macht der Zeuge nicht selbststndig An-gaben, sondern antwortet nur auf die offen-sichtlichen Suggestivfragen des Gerichts. Zu-dem stehen seine jetzigen Aussagen oftmalsim krassen Widerspruch zu bereits gemach-ten Aussagen oder der Zeuge gibt an, sich andiese nicht zu erinnern, oder er revidiert be-stimmte Aussagen komplett.

    Nach Beobachtung der bisherigen Prozes-stage war eindeutig festzustellen, dass dieserZeuge, auf dessen Aussagen die Anklagehauptschlich beruht, nicht glaubwrdig undden Angeklagten gegenber feindselig ein-gestellt ist.

    Darber hinaus kann vom Senat nicht mehrbehauptet werden, dass dieser Prozess der

    Wahrheitsfindung dienen soll, wenn derHauptbelastungszeuge psychisch krank,stark medikamentiert und voreingenommenist und seine Antworten durch die Art und

    Weise der Fragen des Senates schon vorge-geben werden.

    Neben der aktuellen Entwicklung dauerndie Menschenrechtsverletzungen und die Iso-lationshaft an:

    Der Gefangene Mustafa Atalay, der zweiWochen vor seiner Verhaftung am 15. No-vember 2006 in der Rehaklinik von Bad Be-vensen eine Herzoperation ber sich ergehenlassen musste, bei der ihm Bypsse gelegtworden waren, befindet sich seitdem in Iso-lationshaft. Die durch die Operation geffne-ten Herzgefe sind aufgrund der Haftbe-dingungen wieder verstopft. Statt einer not-wendigen zweiten Operation zur ffnung derGefe wurden ihm lediglich Stands gelegt,die keine dauerhafte Lsung darstellen.

    Drei unabhngige GutachterInnen habenbeim Gefangenen Ilhan Demirtas eine Psy-chose diagnostiziert. Ein vom Gericht beauf-tragter Arzt jedoch unterstellt dem Gefange-

    nen Demirtas, dass er seine Leiden nur simu-liere, um bessere Haftbedingungen zu erhal-ten.

    Die drei weiteren Gefangenen - AhmetDzgn Yksel, Hasan Subasi und DevrimGler - befinden sich weiterhin in Isolati-onshaft, welche bekanntlich international alsFolter gechtet ist.Wir rufen dazu auf, der eigenen politischen

    und menschlichen Verantwortung hinsicht-lich dieses Justizskandals nachzukommenund den Prozess - insbesondere die anste-henden Prozesstage am 15.09., 17.09., 22.09.und 24.09. - nher zu verfolgen, nach Mg-

    lichkeit an diesen teilzunehmen oder im Rah-men der zur Verfgung stehenden Mglich-keiten dazu beizutragen, dass der Stamm-heim-Prozess an die ffentlichkeit gelangt.Weg mit den 129!

    Freiheit fr Mustafa Atalay, Ahmet DzgnYksel, Ilhan Demirtas, Devrim Gler undHasan Subasi!Freiheit fr alle politischen Gefangenen!Komitee gegen 129

    Brief von Devrim Gler vom26. August ans Gefangenen InfoDevrim ist einer von fnf Gefangenen,

    der wegen 129b zu Zeit in Stuttgart-Stammheim Prozess hat.

    Liebe Freundinnen und Freunde,ich bedanke mich fr die Gefangenen In-

    fos, die ich am 12.August erhalten habe undhoffe, dass ihr meine spte Antwort nicht alsUnhflichkeit auffasst,

    Die Gefangenen Infos ist eine wirklich in-teressante Zeitschrift, die zu lesen fr jedenhalbwegs politischen Gefangenen eine Freu-de sein drfte, zumal ich meine, mich zu er-innern zu knnen, diese Zeitschrift auchdrauen einige Male gelesen zu haben.

    Ich habe nicht vor, jeden Artikel aus derZeitschrift zu kommentieren, doch mchteich zur Nachricht bezglich der Demo zum5.Juli sagen, dass ich zwar gehrt hatte, dassan diesem Tag