Gefangenen Info #305

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    Gef angenen I n f oC 10190 29.11.2005 Preis: 1,55 305

    Her vorgegangen aus demAngehri gen Inf o. Das

    Angehri gen Info entstand i mHungerst reik der polit ischen

    Gefangenen 1989.

    Stoppt die Hinrichtung von Stan Tookie WilliamsFr die Abschaffung der Todesstrafe in den USA und weltweit

    Freiheit fr Tookie, Bildung statt Knste fr GhettokidsWer i st Stan Tookie Wil li ams?

    Tookie ist eines der Grndungsmitgliederder 1971 entstandenen berchtigten Stra-engang The Crips aus Los Angeles/Ka-lifornien. Diese Gang galt viele Jahre als

    Vorbild fr Gewalt und Kriminalitt an-derer Straengangs inner- und auerhalbder USA. 1981 wird Tookie wegen 4-fachenMordes bei zwei Raubberfllen zum Todeverurteilt und sitzt seitdem in der Todes-zelle des St. Quentin-Gefngnisses in Kali-fornien. So wenig Tookie seine Rolle undBeteiligung bei den LA Crips bestrittenhat, so hat er stets darauf hingewiesen, dasser an den Morden nicht beteiligt war undvon diesen auch n ichts wusste.

    Im Laufe seiner Inhaftierung hat sich Too-kie von der Gang gelst und arbeitet seit-dem aus der Haft heraus engagiert gegenJugendgewalt, Bandenkriege und Drogenund fr die Entwicklung von Orientie-rungsalternativen fr Straenkids, um so-mit Gewalt- und Delinquenzprventiv zuwirken. Fr dieses Engagement wurde erbereits mehrfach fr den Friedensnobel-preis nominiert.

    Zum Tatvorwurf

    Die Tookie vorgeworfenen Taten fanden1979 statt und bildeten, so viele Beobach-ter, den gewnschten Anlass, Tookie end-

    lich zu verhaften. Die Verurtei-lung erfolgte 1981 u.a. aufgrundvon Zeugenaussagen von Bela-stungszeugen, die u.a. selbst we-gen schwerster Verbrechen (Mord,Vergewaltigung ...) belastet, ange-

    klagt oder verurteilt waren, unddie sich ber ihre Zeugenaussa-gen Vergnstigungen (Haftver-schonung, Strafmareduzierung,Haftentlassungen) versprachen.Dies wurde 2002 selbst vom 9. Be-rufungsgericht eingerumt(10.9.02).

    Gleichzeitig gibt es tatschlichkeine direkten Beweise fr Too-kies Tter- oder Mittterschaft.

    So sind die bei den beiden Tat-orten gefundenen Fingerabdrckenicht mit denen von Tookie iden-tisch und wurden bislang auchnicht identifiziert. Das gleiche giltfr blutige Stiefelabdrcke in derNhe der Opfer. Eine Patronen-hlse, die beim Tatort gefundenwurde, gehrte zu einer Waffe, dieTookie fnf Jahre zuvor besa.Diese Waffe wurde bei einem Ehe-paar im Bett gefunden, das selbst wegen Be-teiligung an einem Mord verdchtigt wur-de, hierfr aber spter niemals angeklagtwurde. Der Hauptzeuge, der Tookie belaste-

    te, war ein weier Mithft-

    ling, der sich als bezahlterPolizeiinformant erwiesund fr seine Ttigkeit auchVergnstigungen bekam.

    Vom Streetgang-Grnder zum Friedens-aktivisten

    Seit den 90er Jahren enga-giert sich Tookie aus derHaft heraus gegen Straen-gewalt, Drogen und Ju-gendkriminalitt. Unter an-

    derem hat er hierzu

    neun sehr einflussreiche Bcher frGrundschler und Sekundarstufen-schler geschrieben,

    ein Projekt zur Beendigung von Banden-kriegen und zur Untersttzung von

    Peers(Cliquen-/Gangjugendlichen)zwecks Schaffung von Frieden auf denStraen entwickelt, das nach Erschei-nen zur signifikanten Reduzierung vonTodesopfern gefhrt hat (Tookie ProtocolFor Peace: A Local Street Peace Initia-tive)

    Briefe an inhaftierte Jugendliche verfas-st, die Anleitungen zum Ausstieg aus Ge-walt und Kriminalitt vermitteln,

    diverse Mentoring-Projekte fr Schulenentwickelt, die via Telefon direkt mit denSchulen in Hockrisikogebieten von Stre-etgang-Gewalt arbeiten

    Radiobeitrge, die in den USA und Ka-

    Eilt!

    Rund 1000 M enschen demonstrierten am 19.11. vor demGefngnis San Quentin (Gebudekomplex im Hintergrund),wo Tookie in der Todeszelle sitzt Jul i a i st f rei ! siehe Seite 3

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    nada gesendet werden und auch dem-nchst in Grobritannien bernommen

    werden sollen (Anti-Gang- Public- Ser-vice-Announcements)

    ... u.v.a. mehr.Aus Tausenden von Briefen und Emails

    von Jugendlichen, Eltern, Lehrern und So-zialarbeitern ist bekannt, dass aufgrundTookies Engagement wohl an die 150.000(!!!) junge Leben gerettet wurden. Nicht zu-letzt seine Autobiografie Blue Rage, BlackRedemption und der Film Redemption -Frchte des Zorns, der u.a. beim Filmfe-stival in Cannes 2004 viel Anerkennungfand, haben Tausende junger Menschen er-reicht und bei diesen mehr Nachdenklich-keit und Umkehr bewirkt als alle wohlmei-nenden Appelle und Sonntagsreden zur Ge-waltprvention. All dies fhrte dazu, dassStan Tookie Williams mehrfach fr denFriedennobelpreis und den Literaturnobel-preis vorgeschlagen wurde.

    Menschenrechte/Brgerrechte

    Immer wieder im Laufe des Verfahrens undder Inhaftierung war Tookie mit Rassismus

    und rassistischer Diskriminierung konfron-tiert. So lie der Staatsanwalt drei Afro-

    amerikaner aus dem Geschworenenteamentfernen, das daraufhin aus 9 Weien so-wie 3 Latinos und Fillipinos bestand. Die-ser Staatsanwalt fiel immer wieder mir ras-sistischen uerungen whrend des Ver-fahrens auf (auch bei anderen Verfahren istdieser Staatsanwalt wegen diskriminieren-den Verhaltens aufgefallen). Tookie wurdeals Bengalischer Tiger (als Synonym frBestie) bezeichnet, dessen Dschungelre-vier die Schwarzenviertel von South Cen-tral Los Angeles sei. Neben allen Rassis-muserfahrungen whrend Inhaftierungund juristischen Verfahren, die ein Schlaggegen Brgerrechte sind, ist die Verurtei-lung zum Tode ein unmenschlicher Schlaggegen die Menschenrechte und ein weite-res Beispiel US-amerikanischer Justiz, diemit Gerechtigkeit kaum etwas zu tun hat.

    Fr den 13. Dezember 2005 ist die Hin-richtung von Stan Tookie Williams ge-plant. Seine Anwlte haben nun einen An-trag auf Begnadigung formuliert, der am 7.11.2005 an den zustndigen Gouverneur,

    Arnold Schwarzenegger, bermittelt wird.Wir fordern den Stopp der Hinrichtung und

    die Begnadigung von Stan Tookie Wil-liams. Tookie wurden die ihm vorgeworfe-nen Taten niemals wirklich bewiesen. Too-kies Engagement ist ein wichtiges Zeichenfr den zivilgesellschaftlichen Umgang mitGewalt. Seine Geschichte, sein Wandel undseine Initiativen haben und werden mehrPositives bewirken als alle Haftanstalten derUSA und sind uns ein mahnendes Beispiel,in Bildung junger Menschen statt in Kn-ste zu investieren. Unterzeichnen Sie die-sen Aufruf und informieren Sie sich berden weiteren Verlauf des Falles. Infos u.a.ber:www.tookie.com, www.savetookie.org,www.freepeltier-lpsgrheinmain.de

    Flugblatt der Leoanrd Peltier SupportgroupRheinMain, TOKTA e.V. - Verein zur Un-terSttzung indianischer Jugend-, Kultur-und Menschenrechtsprojekte, Initiative frKultur- und Bildungsarbeit. Kontakt: [email protected]

    Bilder: Indymedia San Fransiscp Bay

    Namen, Vornamen Anschrift Unterschrift

    Unterschrift enliste bitt e senden an: Dr. Michael Koch, Schubertstrae 9, 63110 Rodgau. Bitte denkt daran, dass es eilt! Die Listen wer-den an diesem Wochenende per Express nach Kalifornien gesandt!! Vollstndige Listen knnen auch von der Homepagewww.freepeltier- lpsgrheinmain.de heruntergeladen werden.

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    Potsdamer Antifaschistin ausUntersuchungshaft entlassen

    ffentlicher Druckzeigte WirkungDie Potsdamer Antifaschistin Julia S. istam Donnerstag aus der Untersuchungs-

    haft entlassen worden. Ein bestehenderHaftbefehl gegen die 21-Jhrige wurdegegen Meldeauflagen ausgesetzt. Dreimalpro Woche muss sich Julia S. nun zuknf-tig bei der Potsdamer Polizei melden.

    Die junge Frau hatte bereits seit dem 20.Juni dieses Jahres in der Justizvollzugs-anstalt Luckau-Duben in Untersuchungs-haft eingesessen. Polizei und Justiz wer-fen ihr vor, in der Nacht zum 19. Juni ge-meinsam mit drei weiteren Linken an ei-ner Auseinandersetzung mit dem stadt-bekannten Neonazi Benjamin . in Pots-dam beteiligt gewesen zu sein. Weil im

    Rahmen der Ttlichkeiten auch ein Tele-skopschlagstock durch die Linken zumEinsatz gekommen sein soll, hatte diePotsdamer Polizei die Antifaschisten auf-grund des Verdachtes des gemeinschaft-lichen versuchten Mordes festgenom-men. Dies, obwohl der Neonazi einzig ei-ne Platz- und einige Schrfwunden imRahmen der Auseinandersetzung davon-trug. Von den insgesamt vier beschuldig-ten Antifaschisten blieb nur Julia S. inUntersuchungshaft, da sie als einzige Be-teiligte zum Zeitpunkt der Tat volljhrigwar.

    Die Inhaftierung der 21-Jhrigen hatteunterdessen bundesweit fr Aufsehen ge-sorgt. Diverse Gruppen und Personen hat-ten sich fr die umgehende Freilassungvon Julia S. engagiert, darunter auch derBrandenburger Flchtlingsrat, verschie-dene Potsdamer Hochschulprofessorenund der Filmemacher Rosa von Praun-heim.

    Bereits einige Monaten vor der Aus-einandersetzung war es in der branden-burgischen Landeshauptstadt vermehrtzu bergriffen von Neonazis auf Antifa-schisten gekommen. Die Polizei habe je-doch einzig gegen die Opfer und nie ge-gen die aus der organisierten Neonazis-zene stammenden Tter ermittelt, lautetder Vorwurf von linken Aktivisten an dieJustiz. Allein in der ersten Hlfte diesesJahres war es im Raum Potsdam zu knapp20 bergriffen von gewaltttigen Neona-zis gekommen, wie eine Chronologie neo-faschistischer bergriffe der Gruppe Ju-gend engagiert in Potsdam (www.jep-ev.de) belegt.

    Wie Steffen Sauer, Rechtsanwalt vonJulia S., gegenber junge Welt mitteilte,

    wird der Prozess gegen die Antifaschistenwahrscheinlich im April vor dem Land-gericht Potsdam beginnen.Markus Bernhardt , iJunge Welt 26.11.

    Verurteilung nachParagraph 129aDas Oberlandesgericht Naumburg verur-teilte am 22.11. den Antifaschisten Daniel

    W. zu zwei Jahren Haft ohne Bewhrungnach Paragraph 129a und folgte damit demPldoyer der Bundesanwaltschaft.

    Nachdem bereits 2003 mit dem Frei-spruch von Carsten S. das Konstrukt derTerroristischen Vereinigung vom Tischwar und Marco H. und Daniel W. wegenBrandstiftung zu zweieinhalb beziehungs-weise zwei Jahren verurteilt wurden, pl-dierte die Bundesanwaltschaft im heute zuEnde gegangenen Revisionsverfahrenberraschend auf eine Verurteilung nachParagraph 129a.

    Zur heutigen Urteilsverkndung um 9.30

    Uhr machten sich ber 70 Leute zum Justi-

    zzentrum in Halle auf. Sie wurden von ei-nem massiven Polizeiaufgebot empfangen.

    Trotz Protesten der Verteidigung und desPublikums konnten jedoch nur gut die Hlf-te der Urteilsverkndung wegen Platz-mangels beiwohnen. Im Anschluss nah-men zirka 100 Leute an einer Demonstrati-on durch die Hallesche Innenstadt teil, umgegen das Gesinnungsurteil zu protestieren.Weg mit den Urteilen gegen Daniel W. undM arco H.!Weg mit Paragraph 129a und 129b!

    Weitere Infos und Einschtzungen zum Ver-fahren auf

    http://www.soligruppe.de/ und

    ttp://www.gegeninformationsbuero.de/

    Das letzte Wort oder wie man einenrechtsstaatlichen Prozess

    auch anders werten kann!Seit April dieses Jahres luft nun meine Re-visionsverhandlung vor dem zweiten Straf-senat des Oberlandesgericht Naumburg.

    Sieben Monate, in denen viel passiert istund viele Geschehnisse eigentlich themati-siert werden mssten. Aus zeitlichen Grn-den werde ich mich allerdings nur auf we-sentliche Ereignisse beschrnken, obwohl esim Sinne der Rechtsstaatlichkeit und aufGrund der politischen Notwendigkeit ange-bracht wre, eine genauere Analyse vorzu-

    nehmen.Schon zum Beginn der Verhandlung warklar erkennbar, dass sich dieser Prozess zu ei-ner Farce entwickeln wird. Die Besetzung vonFrau Marx-Leitenberger und Herrn Stern-

    berg, die eine zweidrittel Mehrheit in diesemStrafsenat stellen und schon einmal ein Ur-teil in derselben Sache ber mich getroffenhaben, lie und lsst nichts Gutes erahnen.Diese Befrchtungen meinerseits erhrtetensich im Verlauf der Verhandlung zunehmend.Angefangen mit der Ablehnung smtlicherAntrge der Verteidigung ber Verhngungvon Erzwingungshaft gegen grndlich aus-gewhlte Zeugen, denen eindeutig ein Aus-sageverweigerungsrecht zustand, bis hin zurbswilligen Prozessverschleppung, um dieBeugehftlinge zu brechen.

    Hier ist eine klare Linie des VorsitzendenRichters und seiner beiden Beisitzer erkenn-bar, die im Gegensatz zu den uerungen desVorsitzenden kein Interesse an Aufklrungerkennen lsst, sondern mit voreingenom-menen Denkmustern den Prozess fhrt unddementsprechend wohl auch zu einem er-

    neuten Schuldspruch fhren wird.Wie auch sonst wre erklrbar, dass entla-stende Beweismittel wie die Herbeiziehungexistierender Akten und Observationsberich-te des Landes- bzw. Bundesamtes fr Verfas-

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    sungsschutz nicht in die Beweisaufnahmeeingefhrt wurden?

    Wie lsst sich erklren, dass womglichentlastende Fingerspuren nicht ausgewertetwurden, entlastende DNA-Vergleiche, die aneinem der Tatorte gefunden worden, gar n ichtin der Beweisaufnahme auftauchen und Be-amte ihre gerichtlichen Aussagen aus der er-sten Runde des Verfahrens um hundertacht-zig Grad drehen knnen, ohne dass so etwas

    Konsequenzen hat? Wie kann es sein, dassBeamte des Bundeskriminalamts keine wei-tergehenden Aussagen machen mssen oderbewusst ihre Aussagen verweigern? Wiesohat das keine rechtlichen Konsequenzen, wiedie Erzwingungshaft? Sind vor Gericht nichtalle gleich zu behandeln oder gibt es vor demOberlandesgericht Naumburg gleiche undmehr oder weniger gleiche Menschen?

    Interessant in diesem Zusammenhang istauch die Rolle der Bundesanwaltschaft, diewohl im Gegensatz zu mir besser auf der An-klagebank aufgehoben wre.

    Wie knnen sie es wagen, in aller ffent-

    lichkeit whrend der Verhandlungspausenber Zeugen zu lstern und diese als un-glaubwrdig hinzustellen? Was denken siesich dabei, Zeugen ihre Glaubwrdigkeit ab-zusprechen, weil sie sich nicht vorstellen kn-nen, das es auch Menschen gibt, die auf aus-beuterischste Art und Weise auch am Wo-chenende, Samstag und Sonntag, arbeitenmssen? So geht es dem grten Teil der Be-vlkerung da drauen, zumindest den weni-gen, die sich glcklich schtzen knnen,berhaupt noch einen Job zu haben, um ir-gendwie ber den Monat zu kommen.

    Andererseits hat das wohl viel mit Ihrer ei-genen Sozialisation zu tun, Herr Dr. Hornick,Herr Heine. Als ich mit meinem Studium derRechtswissenschaften begonnen habe, wur-de uns Erstsemestern von gestandenen Pro-fessoren zugetragen, dass wir nun bessereMenschen wren und uns die Menschen aufder Strae zunehmend fremder werden wr-den. Es wird im Lauf des Studiums wohl so-weit fhren, dass wir uns nur noch mit Juri-sten und Medizinern auseinandersetzen wer-den wollen, da das der einzige Kreis an Men-schen ist, der unserer Denkweise folgen kann.Ein Trauerspiel, wenn Sie mich fragen, den-noch sehe ich an der Universitt, wie auchhier im Gerichtssaal, wie solche Stze Frch-te tragen. Einzelkmpfermentalitt, Eliten-tum, mangelnde Realittsbezge und unend-liche Arroganz begleiten ihren Weg. Ein Weg,der meines Erachtens nach nur Unglck mitsich bringt.

    Sie behaupteten, meine Mutter wre eineschlechte Mutter, weil sie nicht zur Polizei ge-gangen ist und nicht mit ihr kooperiert hat.Diese Aussage besttigt die vorangegange-nen Stze und zeigt neben verlorengegange-ner Menschlichkeit auch ihren traurigen Le-bensablauf als Prostituierte dieses Systems.

    Dabei knnte dieser Prozess ja eigentlich gutlaufen und wahrscheinlich wird er ja auch inIhrem Interesse ausgehen. So wie bei ande-ren Prozessen, an denen sie als Vertreter derAnklage im Namen der Bundesrepublik

    Deutschland teilgenom-men haben. Ob nun gegendie trkische und kurdi-sche Linke, die Real IRAoder auch Andrea Klump,wo man sich ja an gewis-sen Punkten einigen konn-te. Das ist hier nicht pas-siert und wird in einereventuell stattfindenden

    dritten Runde auch nichtpassieren!

    Im Gegensatz zu ande-ren wei ich, wo ich her-komme, und das werde ichauch nie vergessen!

    In ihrem Pldoyerbrachten Sie mal wieder die terroristischeVereinigung ins Spiel, und das wohl auchnicht ohne Grund. Es wre natrlich ein voll-er Erfolg fr Sie, geltendes Recht mit demMantel der Rechtsstaatlichkeit zu unterwan-dern und eine Person wegen der Mitglied-schaft in einer terroristischen Vereinigung zu

    verurteilen, obwohl aus juristischer Sichtmindestens drei Personen dazu notwendigsind. Das wre ein interessantes Novum, dasssicherlich fr breite Aufmerksamkeit sorgenwrde. Somit knnte sich niemand mehr dadrauen sicher fhlen und es wrde ihnen er-mglichen, jedem Menschen das Stigma desTerroristen zu verpassen. Das sind rosige Aus-sichten fr die Zukunft, die eine eindeutigeneue innenpolitische Linie aufzeigen: Wernicht in diesem System mitspielt, wird mit-tels Repression passend gemacht oder auf un-bestimmte Zeit weggesperrt!

    Politische Kmpfe haben Ursachen, nie-mand zndet grundlos ein Polizeifahrzeugoder ein Arbeitsamt an. Soziale Ungerech-tigkeit, Unterdrckung und Ausbeutung,Rassismus, Sexismus oder Polizeigewalt sindeinige Beispiele. Wie man am aktuellen Ge-schehen in Frankreich sieht, platzt die Bom-be irgendwann ...

    Was Sie whrend des gesamten Prozes-sverlaufs an den Tag gelegt haben, war rei-ne Eskalationspolitik, in dem Sie stndig er-neut l ins Feuer gossen.

    Sie geben dienstliche Erklrungen ab, indenen Sie sich besorgt ber Ihre Sicherheituern, und drcken auf die Trnendrse.Mein Mitgefhl haben Sie und auch mein Bei-leid!

    Sie erklrten in ihrem Pldoyer, dass Sievon mir als Angeklagtem und meinen Sym-pathisanten attackiert wurden. Sie erklrten,dass Sie auf der Treppe im Gedrnge an-gerempelt wurden. Kochen sie ihr Sppchennicht etwas zu hei? Wer soll Sie und ihre fa-denscheinigen Lgen eigentlich noch ernstnehmen? Herr Dr. Hornick, Sie sind kein Bu-back, und Sie werden auch nie einer sein, ge-nauso wie ich nicht die RAF bin, auch wennSie es gerne anders htten.

    Und so kommen wir zu meinen Solida-rittsbekundungen zu den Gefangenen ausder RAF.

    Diese Solidarittsbekundungen habennichts mit linksextremistischen Gedankengut

    und schdlichen Neigungen zu tun, die Siemir ja immer wieder so gerne unterstellen.Sie zeugen einfach nur von Menschlichkeit,einem Wesenszug, der in ihrem Haus ... lei-der nicht existiert. Dass mein Herz linksschlgt, drfte mittlerweile allgemein be-kannt sein, ob es sich dabei um extremisti-

    sche Bestrebungen handelt, liegt wohl im Au-ge des Betrachters. Antifaschismus, Antiras-sismus, Menschlichkeit und Gesellschaftskri-tik wird eine Demokratie doch wohl aushal-ten, sie ist meiner Meinung sogar dazu ver-pflichtet!

    Egal, wie das Urteil gegen mich aussehenwird, so wird es wohl nichts an meiner poli-tischen Einstellung ndern. Die Gedankensind frei und Freiheit ist immer die Freiheitder Andersdenkenden!!!

    Daher fordere ich die Aufhebung des Ur-teils gegen Marco Heinrichs, die Rckgabedes im Zuge der Ermittlungen gerumtenHauses Ulrike, sowie die Entschdigung al-ler vom Verfahren Betroffenen und deren An-gehrigen, eine Entschuldigung an meineMutti und an die erwhnten beleidigten Zeu-gen von den Vertretern der Bundesanwalt-schaft!

    Weiterhin fordere ich die Freiheit aller so-zialen und revolutionren Gefangenen welt-weit und somit natrlich auch die Freiheit derletzten Gefangenen aus der Roten ArmeeFraktion!Die Geschichte wird mich frei sprechen!(Fidel Castro)

    Fr eine Gesellschaft ohne KnsteDaniel Winter, 15.11. 2005

    Einschtzung des Ver-fahrens gegen DanielNach 6 Monaten Beugehaft, die maximaleDauer ber die eine Erzwingungshaft ver-hngt werden darf, wurde Marco am 25. Ok-tober aus der JVA Halle entlassen. Ihm stehtdas Recht zu, seine Ausbildung beenden zu

    knnen und bis zum Abschluss der Ausbil-dung im Februar von der Haft verschont zubleiben. Nachdem Richter Braun das Urteilvon 2,5 Jahren in der Revision gegen Marcoerneut fllte, drohen Marco bis zu weiteren

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    1,5 Jahren Haft. Carsten wurden ebenfallsnach fast 5 Monaten Beugehaft, am 2. No-vember, unerwartet aus der JVA Halle ent-lassen.

    Nicht nur, dass die Lnge der Beugehaft un-gewhnlich ist und diese absolut selten in derBundesrepublik angewandt wurde, so war

    auch das kollektive Verhalten, die Aussage-verweigerungserklrung von 11 ZeugInnenund die begleitende Solidarittsarbeit ein-malig und ein Versuch, dieser politischen Ver-folgung entgegenzutreten. Im Zuge dessenkam die Aussageverweigerung und die Soli-darittsarbeit als Mittel gegen die politischeVerfolgung durch Staatsschutz und Justiz er-neut in die Diskussion und war beispielhaftfr den Umgang mit politischen Verfahren.

    Soligruppe Magdeburg

    Am 1. November 2005, dem letzten Prozes-stag, hielt die Bundesstaatsanwaltschaft imderzeitigen Staatsschutzverfahren gegen denAntifaschisten Daniel W. ihr Pldoyer. Bri-sant ist dabei, dass sie erneut versucht Dani-el nach Paragraph 129a (Mitgliedschaft in ei-ner terroristischen Vereinigung) zu verurtei-len. Daraus wrden sich zwei ganz neue Be-sonderheiten ergeben, die wir im Folgendenversuchen werden zu erlutern.

    Dass die Linke bundesweit wieder mit ei-ner strker werdenden Repressionswelle kon-frontiert wird, drfte mittlerweile nun auchfr den/die Letzte/n offensichtlich sein.

    Sie erstreckt sich dabei gegen Hausprojek-te, die Anti-AKW-Bewegung, gegen globali-sierungskritische und antikapitalistischeGruppen, Umsonst-Kampagnen, soziale Pro-testbewegungen und die Antifa-Bewegungfast gleichermaen. Die Rumung der York59in Berlin, das Verfahren gegen einen Liber-tad!-Aktivisten wegen einer Online-Demogegen Lufthansa in Frankfurt, das 129-Ver-fahren gegen GegnerInnen des Mvenpick-Restaurants im Hamburger Wasserturm, das129-Verfahren im Rahmen einer lutherkriti-schen Kampagne in Wittenberg, die Haus-durchsuchungen unter anderem gegen Mit-glieder der ALB und FelS im August in Ber-

    lin, die Inhaftierung von Julia in Potsdam undnicht zuletzt das seit drei Jahren laufende129a-Verfahren in Magdeburg; all dies sindnur einige Schlagwrter der politischen Ver-folgung im Jahr 2005. Ziel der staatlichen

    Angriffe waren meist linkeund emanzipatorische Men-schen, Projekte und Grup-pen. Systematisch wird hierversucht, Menschen undGruppen einzuschchternund deren politische Arbeitzu unterbinden.

    Zeitgleich wird versucht,im Hinblick auf die WM 2006

    und den G8 2007 in Heili-gendamm die Weichenstel-lung fr einen reibungslosenAblauf beider Veranstaltun-gen zu organisieren. Politi-sche Oppositionsbewegun-gen werden dabei nur als

    Strfaktoren fr den Standort Deutschlandbegriffen, die es, wenn mglich auch prven-tiv, auszuschalten gilt. Andererseits droht einImageverlust fr die Eliten in Politik undWirtschaft. Dabei wird auch auf der juristi-schen Ebene versucht, frhzeitig Przedenz-flle zu schaffen, die sptere Verfolgungen

    vereinfachen sollen. Ein solcher Przedenz-fall knnte das Magdeburger 129a-Verfahrenwerden.

    Im derzeitigen Verfahren wird Daniel vor-geworfen, gemeinsam mit anderen Mitglie-dern des Autonomen ZusammenschlussesMagdeburg (AZ MD), unter drei wech-selnden Aktionsnamen Brandanschlge, un-ter anderem auf das Landeskriminalamt(LKA) Sachsen-Anhalt und ein Einsatzfahr-zeug der Bundespolizei verbt zu haben. Be-reits im Jahr 2003 war die Bundesanwalt-schaft mit ihrem Konstrukt der Bildung ei-ner terroristischen Vereinigung nach Para-graph 129a gegen Daniel und seine damali-gen Mitangeklagten Marco und Carsten ge-scheitert. Grund war ein vermeintliches Auf-lsungsschreiben, das bei einer der Haus-durchsuchungen in Magdeburg gefundenworden sein soll. Danach habe sich die Ver-einung aufgelst und aus diesem Grund kn-ne man die vermeintlichen Mitglieder nichtmehr nach Paragraph 129a verurteilen. Heu-te, drei Jahre spter, erkennt die Bundes-staatsanwaltschaft in dem Schriftstck keineAuflsungserklrung mehr, sondern einenHinweis auf einen neuen Anschlag, weil dieunterzeichnende Gruppe nicht identisch istmit den drei zuvor verwendeten Aktionsna-men. Der Text sei unterschrieben mit demKrzel R.E. als Gruppenname. Die voran-gegangenen drei verwendeten Aktionsna-men der angeblichen Terrorgruppe lieensich aber mit dem Krzel R.E. nicht abkr-zen, weshalb davon auszugehen sei, dass wei-tere Aktionen unter anderen Bezeichnungengeplant waren. Die Gruppe, die nach Para-graph 129a also ttig gewesen sein soll, ha-be sich aus dem AZ MD entwickelt und wei-tere Anschlge unter anderen Aktionsnamengeplant. Die militante Gruppe habe sich also

    nicht, wie im ersten Hauptverfahren ange-nommen aufgelst, sondern sei durch dieVerhaftungen von Marco, Daniel und Carstengescheitert. Dennoch habe es sie zum Zeit-punkt der Anklageschriftverfassung im er-

    sten Hauptverfahren noch gegeben und Da-niel sei aus diesem Grund zu diesem Zeit-punkt auch noch Mitglied dieser Gruppe ge-wesen. Genau deshalb sei er nun nach Para-graph 129a zu verurteilen.

    Was bedeutet dies nun, wenn dasVerfahren rechtskr ft ig abgeschlossenwird?

    Zum einen ist die Gefahr hoch, dass das BKAweiterhin in Magdeburg ermitteln wird. Wieim Zuge des Verfahrens ffentlich wurde, istdie so genannte BKA Einsatzgruppe Magde-burg auch nach Erhebung der Anklage im er-sten Hauptverfahren nicht aufgelst worden,sondern existiert weiterhin, wenn auch per-sonell reduziert, und stellt nach wie vor Er-mittlungen an.

    Ermittelnde Beamte des BKA konnten imderzeitigen Verfahren auch nur einge-schrnkte Angaben machen, weil sie nach ei-genen Aussagen noch immer in die laufen-den Ermittlungen integriert sind. Da nicht nur

    Marco, Daniel und Carsten, sondern eineVielzahl von Menschen in Magdeburg vonErmittlungsverfahren im Zuge des erstenHauptverfahrens betroffen waren, droht ih-nen nun eine erneute Ermittlung und unterUmstnden auch eine Anklage.

    Zum zweiten htte aber eine rechtskrfti-ge Verurteilung von Daniel nach diesem Kon-strukt auch mgliche Auswirkungen auf vie-le in der BRD arbeitenden politischen Grup-pen und Initiativen. Es wird in diesem Ver-fahren insofern ein rechtliches Neuland be-treten, was den Paragraphen 129a angeht, alsder Urteilsspruch eine Klammerwirkung ht-te. Beispiel:

    Es existiert eine offen und legal arbeiten-de Antifa Gruppe XY. Zudem gibt es ir-gendwo einen Anschlag auf ein Fahrzeug derBundespolizei.

    Zuknftig reicht es aus, wenn die Bundes-staatsanwaltschaft behauptet, wie haben dieAntifa XY, in der folgende namentlich be-kannte Personen arbeiten, und wir gehen da-von aus, dass sich aus dieser Gruppe herauseine militante Gruppe gebildet hat, die denAnschlag auf das Fahrzeug der Bundespoli-zei verbt hat. Folglich knnen alle Mitglie-der der Antifa XY wegen Mitgliedschaft ineben dieser Gruppe verurteilt werden, ohnedass dem/der Einzelnen die Tat konkret nach-gewiesen werden muss!

    Genau damit schafft sich der Staat einenPrzedenzfall, der frher oder spter auf Je-de und Jeden angewendet werden kann,der/die sich in irgendeiner Form politischbettigt.

    Das heit nicht, dass es so kommen muss!Wir denken nur, dass es genau so kommenkann! Wir denken es ist deswegen wieder not-wendiger denn je sich kritisch und sensibelmit dem Thema Repression auseinander zu

    setzen!Gegen die Kriminalisierung unserer Struk-turen!Fr die Soziale Revolution weltweit!FAU Magdeburg - 6.11.2005

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    Berlin

    Verfahren gegenAntifa Christian S.

    Am 17.11.2005 fand am Amtsgericht Ber-lin der Prozess gegen den AntifaschistenChrist ian S. und seine Verlobte wegen Land-

    friedensbruch pp. unter Beobachtung groerffentlichkeit statt. Der Versuch des Ge-richts und der Staatsanwaltschaft den Pro-

    zess schnell und leise ber die Bhne zukriegen, scheiterte somit.

    Die Story

    Christian und Leila wird vorgeworfen, sicham 13.2.2005 in Dresden an antifaschisti-schen Aktionen gegen den dort stattfin-denden Naziaufmarsch beteiligt zu haben.Zwei Berliner LKA-Beamte, die dort ver-deckt ermittelten, wollen die beiden bei ei-nem Flaschenwurf in Richtung Polizeikrf-

    te beobachtet haben. Weiterhin sollen siesich gegen die Festnahme gewehrt haben.Leila hatte eine Tasche mit etwas bertrie-bener Antifa-Selbstschutz-Grundausstat-tung (Pfeffer, Teleskopschlagstock, Pyro)dabei, die allerdings nie zum Einsatz kam.Weitere Beweise als die Aussagen der Copsgibt es nicht. Das allerdings reichte aus, umChristian die letzten neun Monate in Un-tersuchungshaft zu halten und ihn perma-nent zu schikanieren.

    Prozessverlauf

    Ein Geheimprozess war geplant. Mit co-dierten Zeugen ohne Identitt und einemHchstma an Glaubwrdigkeit solltenChristian und Leila an einem Tag zu min-destens zwei Jahren Haft verurteilt werden.Die Zeugen des Berliner LKA 56 wartetenden ganzen Tag im Hinterzimmer vergeb-lich auf ihre Mglichkeit, die beiden zu be-lasten.

    Stattdessen beschftigte sich das Gerichtund vor allem das VerteidigerInnentrio mitder Frage, ob eine Verschleierung der Zeu-gInnen in einem Prozess wegen Landfrie-densbruch zulssig sei. Seit Monaten wur-

    de beantragt, die Identitt der Cops zurberprfung der Glaubwrdigkeit preiszu-geben, einen Tag vor dem Prozess antwor-tete der Innensenat mit einer Sperrer-klrung, die diese Praxis des LKA rechtlichlegitimierte. Antrge, diese Sperrung ober-instanzlich zu prfen, wurden vom Gerichtmit der Begrndung abgelehnt, dass es sichbei Christian um Haftsachen handele, dieein beschleunigtes Verfahren verlangen.Nach neun Monaten U-Haft, die vom Ge-richt und der Staatsanwaltschaft verschul-det sind, ist das ein mageres Argument. DieAblehnung ist wohl eher der Vermutung der

    Richterin geschuldet, dass ein Verwal-tungsgericht die Praxis, ZeugInnen vomLKA prinzipiell ohne Identitt bei Prozes-sen auftreten zu lassen, als rechtlich hchstproblematisch einordnen und dem Antrag

    der Verteidigung Recht geben wrde. DieLKA-B. drfen in dem Prozess also erst ein-mal verdeckt auftreten, bis eine Einstweili-ge Verfgung vor dem Verwaltungsgerichtentschieden wurde. (...)

    Dann erst einmal die Verlesung der An-klage und die obligatorische Stellungnah-me der Angeklagten n ichts dazu zu sagen.Die Trennungsverfgung gegen die Ver-lobten Christian und Leila wurde nach neun

    Monaten nun im Gerichtssaal aufgehoben.Nach etlichen Antrgen, Beschwerden,

    Unterredungen und stndigen Unterbre-chungen kam die Beweisaufnahme, begin-nend mit Videofilmen zur allgemeinen Be-lustigung. Auf diesen z.T. endlosen Aus-schnitten aus dem Demonstrationsgesche-hen in Dresden rund um die Brhlsche Ter-rasse waren etwa vier Sekunden lang dieAngeklagten zu sehen. Keine Straftat istvon ihnen ausgegangen, sie standen ruhigin einer Menge von etwa 1500 Menschen.Aber darum ging es dem Gericht auch nicht- die Frage, ob es sich bei den Demon-

    strantInnen um eine gewaltttige Menge,und damit die Mglichkeit eine geworfeneFlasche als Landfriedensbruch zu verhan-deln, sollte bewiesen werden. Das gelangaufgrund der Videos der EG Video vom Ber-liner LKA nicht. (...)

    Nach der Pause wurde Fredo ... Kreft, einBFE-Polizei-Staffelfhrer aus Schwerin(Mecklenburg Vorpommern) verhrt, derals einziger Zeuge mit seinem richtigen Na-men auftrat. Er war am 13. 2. auch in Dres-den, um andere Polizisten mit seiner Staf-fel zu untersttzen.

    (...) In seinem Bericht, den er fr das Ber-liner LKA anhand eines Fragebogens an-fertigte, steht was von Schlgen und Trit-ten gegen die B. und von Flaschen, Steinenund Knallkrpern. Dieser Bericht war auchausschlaggebend fr die Anklage wegenLandfriedensbruchs und auch fr den Haft-befehl gegen Christian. In seiner Aussagevor Gericht wurde dann daraus: Beamtewurden von den Leuten auch mal angefas-st, meistens im Brustbereich. Tritte hab ichnicht sehen knnen. Das ist ja unterhalb derSichtlinie. Berichte oder Anzeigen von B.ber Gewalt von DemonstrantInnen gibt es

    nicht. (...) Steine hat er keine gesehen, aberer vermutet mal, dass welche geflogen sind,weil das eben meistens der Fall bei solchenEinstzen ist. Ein Video, was der Staatsan-walt Fenner daraufhin vorzeigte, sollte be-weisen, dass da mehr als eine Flasche undein Knallkrper geflogen sind. Zu sehenwaren dann aber massig Papierflieger(groes Gelchter auch bei der Richterinund den beiden Schffen), keine Steine odersonst was Kriminalisierbares. Insgesamtwird es also schwer hier den Vorwurf einesLandfriedensbruch aufrechtzuerhalten, daes keine gewaltttige Menge war, in der sich

    Christian und Leila befanden. (...)Die Videos, die fters mal gezeigt wur-den, wiesen eine entscheidende Unzulng-lichkeit auf. Die Aufnahmen endeten allekurz vor dem angeblichen Tatzeitpunkt.

    Das Video aus der Schweriner Einheit (dervon Schulz gedreht wurde) erscheint aller-dings als Videoprint in der Ermittlungsak-te mit einer Uhrzeit, die den Tatzeitpunktmit einschliet. Wo ist also das vollstndi-ge Video geblieben? Der Staffelfhrer Kreftwei darauf keine vernnftige Antwort,schlielich hat er alles zum Berliner LKAgeschickt. (...)

    Die Hauptverhandlung gegen Christian

    und Leila ist unterbrochen. Nchster Ver-handlungstag findet am 02.12.2005 um9.15 Uhr am Amtsgericht Berlin Raum 371statt. An diesem Tag werden auch die co-dierten LKA-ZeugInnen aussagen und sichwahrscheinlich mit unnatrlich viel Ge-sichtsbehaarung der Identittsfeststellungdurch die ffentlichkeit entziehen.

    (Von der Redaktion gekrzt)

    Rote Hilfe Frankfurt /Oder

    Alle sind verdchtigDie Rote Hilfe aus Frankfurt an der Oder er-hebt schwere Vorwrfe gegen die Behrden.Hier geht es wohl darum, die Betroffeneneinzuschchtern und aufgrund der inzwi-schen entstandenen Anwaltskosten finanzi-ell zu ruinieren. Sie vermutet, dass die An-tifas der Stadt mundtot gemacht werden sol-len.

    In der vorigen Woche wurde bekannt, dassgegen Personen aus dem linksalternativenMilieu in Frankfurt an der Oder ein Verfah-ren nach Paragraf 129 a des Strafgesetzbu-ches eingeleitet werden knnte. Den Hinter-grund bilden mehrere Sachbeschdigungen,die von der Abteilung Staatsschutz des Lan-deskriminalamts (LKA) Brandenburg unter-sucht werden. So wurde in der Nacht vom5. auf den 6. September 2004 der Wahl-kampfbus des brandenburgischen Wirt-schaftsministers Ulrich Junghanns (CDU)angezndet. Dabei handele es sich um ei-ne politisch motivierte Straftat, weswegender Fall der Staatsanwaltschaft bertragenworden sei, erlutert Toralf Reinhard, derSprecher des LKA Brandenburg.

    Die Strafverfolgungsbehrde sieht offen-

    bar einen Zusammenhang mit anderen De-likten. Im Jahr zuvor wurden bei der rtli-chen Auslnderbehrde die Scheiben einge-schlagen und in einer Marineausstellung, dieim Rathaus von Frankfurt an der Oder ge-zeigt wurde, Fkalien ausgekippt. Auch dieScheiben der Geschftsstelle der CDU undeines Supermarkts wurden eingeworfen.

    Die jeweiligen Ermittlungsverfahren wur-den mittlerweile zusammengefasst. DieStrafverfolger vermuten offenbar, dass dieTter einer Gruppe aus dem antifaschisti-schen Spektrum von Frankfurt an der Oderangehren. Beweise fr diese schwer wie-

    genden Anschuldigungen knnen sie jedochnicht vorweisen. Dabei habe das LKA Bran-denburg keine Mhen und Kosten gescheut,willkrlich und unter Rckgriff auf ver-schiedene Ermittlungsmethoden gegen Per-

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    sonen aus dem linken Spektrum oder sol-che, die vom LKA dazugezhlt werden, vor-zugehen, moniert die Ortsgruppe der RoteHilfe. Die Betroffenen sind immer die glei-chen. Was diese Personen verdchtig macht ,bleibt bis heute ein Geheimnis der Ermitt-lungsbehrden, kritisierte die linke Hilfsor-ganisation in einer Erklrung zu den seit ein-einhalb Jahren laufenden Verfahren.

    Zudem habe sich gezeigt, dass ein Gro-

    teil der Vorwrfe haltlos sei. Eine ganze Rei-he von Verfahren musste wegen der frag-wrdigen Methoden whrend des Sommerseingestellt werden. Und zwar deshalb, weildie Ermittlungsmanahmen selbst von denzustndigen Landes- und Amtsgerichten frrechtswidrig erklrt wurden. Neben erken-nungsdienstlichen Manahmen und DNA-Entnahmen wurden auch Hausdurchsu-chungen vorgenommen. Und dies, obwohlVergleichsspuren nicht vorhanden waren,betont die Rote Hilfe. Man habe offenbar ge-hofft, auf Zufallsfunde zu stoen.

    Zu den Ermittlungsmethoden in Frankfurt

    an der Oder zhlte auch, etliche Personen zuZeugenvernehmungen vorzuladen, ohnedass ersichtlich geworden wre, was in denGesprchen berhaupt bezeugt werden soll-te. Die Behrden seien offenbar aufgrundvon bloen Spekulationen und Verdchti-gungen vorgegangen, meint die Rote Hilfe.Bis heute seien die betroffenen Personennicht offiziell ber die gegen sie erhobenenAnschuldigungen informiert worden.

    Die Erkenntnisse der Ermittler beruhtenvielmehr auf den Aussagen eines Informan-ten oder einer Informantin, die Zugang zurlinken Szene habe, glaubt die Anwltin ei-nes der beschuldigten Antifas. Dies habe sichaus der Akteneinsicht ergeben. Eine Aussa-ge des Spitzels habe fr die strafrechtlichenVerfolgungen gegen ihren Mandanten aus-gereicht und sei Grund fr das Vorgehen ge-gen drei weitere Beschuldigte gewesen, sag-te die Anwltin der Jungle World. Der Spit-zel habe ber ihren Mandanten gesagt: Ichvermute, er knnte es gewesen sein.

    Die tatschlichen Beweggrnde fr dasVorgehen der Behrden liegen nach Ansichtder Soligruppe Frankfurt, die sich als Reak-tion auf die laufenden Verfahren gegrndet

    hat, sowieso ganz woanders. Offenbar gehtes den Behrden um eine akribische Durch-leuchtung und Diffamierung der linken Sze-ne Frankfurts, meint Sebastian Fechtner,ein Sprecher der Gruppe.

    Die Bundesstaatsanwaltschaft, die fr einVerfahren nach dem Paragrafen 129a zu-stndig wre, uert sich indes sehr zurck-haltend ber die Ermittlungen. Es liegenkeine Anhaltspunkte vor, die eine bernah-me der Ermittlungen durch den General-bundesanwalt erforderlich machen, sagtedie Oberstaatsanwltin beim Bundesge-richtshof, Frauke-Katrin Scheuten, der Jun-

    gle World. Zudem sei zu keinem Zeitpunktein Verfahren eingeleitet worden.Das sieht man beim Landeskriminalamt

    Brandenburg anders. Die Akten stnden derBundesanwaltschaft noch immer zur Verf-

    gung, besttigt der Sprecher des LKA, ToralfReinhard. Es werde weiter geprft, ob eindie Zustndigkeit des Generalbundesan-walts tangierender Vorfall vorliege.

    Insbesondere im Osten der Bundesrepublikwird derzeit eifrig gegen Antifas und Linkeermittelt. In Potsdam sitzt zurzeit eine An-tifa im Gefngnis, der vorgeworfen wird,Neonazis verletzt zu haben. Gegen andereAntifas aus der brandenburgischen Landes-

    hauptstadt und aus Berlin laufen ebenfallsstrafrechtliche Untersuchungen. In Sach-sen-Anhalt ermittelte die Bundesanwalt-schaft gegen drei Antifas eines vermeintli-chen Autonomen ZusammenschlussesMagdeburg, denen mehrere Brandstiftun-gen angelastet werden. Zwischenzeitlichwurde den drei Beschuldigten sogar vorge-worfen, eine Vereinigung nach Paragraf 129a des Strafgesetzbuches gebildet zu haben.

    Dieser Paragraf ermglicht den Strafver-folgungsbehrden, gegen Personen zu er-mitteln, denen unterstellt wird, eine terrori-stische Vereinigung gegrndet zu haben. Vor

    allem aber handelt es sich dabei um einenErmittlungsparagrafen, der den Ermittlernweitreichende Befugnisse einrumt: von Te-lefonberwachungen, Rasterfahndung, Ob-servationen ber Lauschangriffe und Durch-suchungen bis zum Einsatz verdeckter Er-mittler.

    DNA-Untersuchungen werden im brigennicht nur von den Strafverfolgungsbehr-den in Frankfurt an der Oder in immer gre-rem Mae eingesetzt. Krzlich wurde etwabekannt, dass im niederschsischen Wend-land im Anschluss an eine Demonstrationsmtliche von den Teilnehmern gerauchtenZigaretten von Polizisten eingesammeltwurden.Quelle: Jungle World, 0.11.2005

    13 Tage Hungerstreikim Klner KnastJose Fernandez Delgado* war am 13.10.2005 im Klner Knast in Hungerstreik ge-treten.

    Er sagte sinngem (geschrieben nach ei-nem Besuch im Knast aus der Erinnerung):Ich werde hier wie ein Tier gehalten. Sie ha-ben mich in nachts um eins in meiner Zel-le in Aachen aus dem Schlaf gerissen undmich in den Transporter gebracht. Sie ha-ben mir nichts erklrt und mir gesagt, ichdrfte nichts von meinen Sachen mitneh-men. Dann haben sie mich in den Knastnach Kln gebracht. In den Hochsicher-heitstrakt.

    Zurck in die vllige Isolation. OhneBcher, ohne Wrterbuch, mit dem ich mich

    mit den Schlieern verstndigen kann. Ichbin in den Hungerstreik getreten. Meinepersnlichen Sachen, Briefe, Papiere etc.sind mir nicht ausgehndigt worden undich hatte keine Adressen, an die ich schrei-

    ben konnte. Obwohl ich immer noch in U-Haft bin, wollten sie mich in Anstaltsklei-dung stecken. Dagegen habe ich mich ge-wehrt und habe dann ber Tage hinweg nurnackt nur mit einer Decke in der Zelle ge-sessen. Ich war 24 Stunden am Tag in derZelle. Ich habe nur Papier und Stift, sonstnichts. Nach 7 Tagen habe ich auch dasTrinken verweigert. 4 Tage lang. Ich willmeine Menschenrechte einfordern. Ich wer-

    de hier als Terrorist eingestuft. Der Richterhatte mir auerdem schriftlich endlich ei-nen Telefonanruf an meine Mutter gestat-tet, auch den wollten sie mir nicht geben.Sie haben mich in eine Zelle gesteckt, wosie mich besser berwachen konnten. Ichhabe 2 Herzanflle bekommen, weil meineVerfassung so schlecht war. Dann war ichin der Krankenstation und sie haben allesgetestet. Aber sie sind auf keine meiner For-derung eingegangen. Erst am Dienstag ha-be ich wieder angefangen zu essen und zutrinken. Ich habe viel Gewicht verloren,meine Beine sind total dnn.

    Der Besuch fand statt mit Trennscheibe,die eigentlich schon seit Monaten weg war,in Anstaltskleidung, im Hochsicherheit-strakt und sichtlich abgemagert, aber voll-er Wut.

    *Jose ist ein spanischer Anarchist und saber 20 Jahre im spanischen Staat berch-tigten FIES Regime, das fr seine Brutalittbekannt ist. Er hat an vielen Knastrevoltenin Spanien teilgenommen. Am 28.9.2005wurde er vom Landgericht Aachen zu 14

    Jahre Haft in Deutschland verurteilt. DerFall befindet sich zur Zeit in der Revision.

    Mehr Informationen unter: www.escapein-torebellion.info

    Skandalurteil gegenBochumer Antif aschisten

    Verurteil ung wegenKranzniederlegungAm 4.11. hat das Amtsgericht Bochum denAntifaschisten und Mitglied der VVN-BdA

    Hannes Bienert zu einer Strafe von 10 Ta-gesstzen von je 15 verurteilt.Was war vorgefallen? Vor fast einem Jahr,am 9. November 2004, legte Hannes Bie-nert zusammen mit sechs weiteren Antifa-schisten (unter ihnen ein Studienrat derMrkischen Schule und ein jdischer Kan-tor) nach einem ca. 500 m langen Marschdurch die Wattenscheider Innenstadt einenKranz am Standort der ehemaligen Syna-goge nieder. Am 66. Jahrestag der Reichs-pogromnacht sollte der jdischen Opferndes Faschismus gedacht werden.Das Gericht belegte Hannes Bienert mit die-

    ser skandalsen Strafe, weil sie den Tatbe-stand einer unangemeldeten Demonstrati-on sahen. Formalie gegen Gedenken an Op-fer!

    (Quelle: Indymedia)

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    Kampf gegen Rassismus und fr dieRechte auch von Flchtlingen vor Gericht

    Gefngnis wegen Kampf frBewegungsfreiheitCornelius Yufanyi, Flchtling aus Kamerun,

    Mitglied der MenschenrechtsorganisationThe Voice Refugee Forum in Deutschlandsoll wegen Versto gegen die Residenzpf-licht ins Gefngnis - 5 1/2 Jahre nach sei-ner Teilnahme am Flchtlingskongress in

    Jena, dem Ausgangspunkt des Verfahrens

    Cornelius Yufanyi, Aktivist der Flcht-lingsorganisation The Voice Refugee Fo-rum, wurde im September 2003 per Ge-richtsurteil verurteilt, eine Strafe von323,20 Euro dafr zu zahlen, dass er gegendie Residenzpflicht verstoen hat. Corneli-us Yufanyi hatte bereits damals angekn-digt, dass er dieses Urteil nicht akzeptierenund das Geld nicht bezahlen wrde, da dasdiskriminierende Gesetz der Residenzpf-licht fr Asylsuchende gegen internatio-nales Recht verstt. Nun droht ihm eineentsprechende Haftstrafe. Am Donnerstag,den27.10.05 soll er beim Gerichtsvollziehererscheinen. Cornelius Yufanyi wird der

    Aufforderung, sich den Behrden freiwilligauszuliefern, nicht nachkommen um somitseinem Kampf gegen die rassistische Ge-setzgebung Ausdruck zu verleihen.

    Wir rufen alle Personen, die dieses Schrei-ben erhalten auf, Protestfaxe gegen dasVorgehen der Behrden im Fall Yufanyi so-wie die rassistische Gesetzgebung an die zu-stndigen Behrden zu schicken. Dafrknnen das unten angehngte Schreibenbenutzt oder aber auch eigene verfasst wer-den.

    Da der Haftbefehl gegen Cornelius Yu-fanyi bereits am Donnerstag den 27.10.05

    in Kraft tritt, wre es gut, dem Protest sobald wie mglich Ausdruck zu verleihen.Die Faxadressen der zustndigen Behrdensind:

    Amtsgericht GttingenGerichtsvollzieher Frank LohseBerliner Str. 837073 Gttingen

    Fax: 0551-403-1300 AG Gttingen

    Sowie:Staatsanwaltschaft MhlhausenStrafvollstreckungBrunnenstr. 125Fax: 03601-458-155

    Bitte schicken Sie/ schickt immer aucheine Kopie des Faxes an The Voice Re-fugee Forum/ AK Asyl Gttingen:

    Fax: 0551-58898Email: [email protected]

    fr weitere Infos:

    www.umbruch-bildarchiv.de/video/por-trait/corneliusyufanyi.htmlwww.humanrights.de/doc_de/archiv/cara-van/residenzpflicht/worbis.htmlwww.thevoiceforum.org/search/node/resi-denzpflicht

    Faxnachricht

    Betrifft: Cornelius Yufanyi, Aktenzeichen403 Js 51861/00 4.4, Haft aktenzeichen 72M 867/05

    Hiermit fordern wir die Aussetzung desHaftbefehls gegen Cornelius Yufanyi. Cor-nelius Yufanyi hat sein Recht auf freie Mei-nungsuerung, politische Bettigung so-wie sein Recht auf Bewegungsfreiheit inAnspruch genommen. Wir nehmen nichthin, dass ein Mensch bei Ausbung seinerMenschenrechte eine Geld- oder Haftstra-fe zu verben hat.

    Wir mchten uns gegen die Praxis derAuslnderbehrden aussprechen sowie ge-gen die Urteilssprechung der deutschen Ge-richte, die diese menschrechtswidrige Ge-setzgebung der Residenzpflicht unterstt-zen.

    Wir schlieen uns der Forderung von Cor-nelius Yufanyi nach Abschaffung der Re-sidenzpflicht an und fordern die uneinge-schrnkte Reise- und Bewegungsfreiheit fralle Asylbewerberinnen und Asylbewerber.

    Lebensprinzip Auflehnung ge-gen RassismusStrafprozess gegen M itglied von The Voi-ce Africa Forum

    Am 15.11. begann in Parchim der 1. Ver-handlungstag gegen Anusonwu ChukwudiAkubuo. Er kommt aus Nigeria, floh dort1993 aufgrund politischer Verfolgung undkmpft seitdem fr die elementarsten Rech-

    Festnahme und Hausdurch-suchung wg. Widerstandgegen das Luxushotel imSchanzenpark, HamburgAm 25.11.05 wurde ein Mitglied des Frei-en Netzwerks zum Erhalt des Schanzen-

    parks und des FC St. Pauli FanclubOlympisches Feuer vom HamburgerStaatsschutz an seinem Arbeitsplatz fest-genommen. Zeitgleich wurde eine Haus-durchsuchung durchgefhrt. Dabei wur-den mehrere Computer beschlagnahmt.Als Begrndung der Festnahme undDurchsuchung wurden von Seiten derOrdnungshter Sachbeschdigung undschwere Ntigung angegeben.

    Angeblich lag eine Beteiligung des Be-schuldigten an zwei Aktionen bei zweiFirmen im Zusammenhang mit dem Baudes Luxushotels im Schanzenpa rk vor.

    Zur Erinnerung: Am 28.10.05 wurdenauf Baufahrzeuge der Fa. Engel im Ham-burg Eimsbttel Widerstandsparolen an-gebracht und deren Reifen aufgestochen.

    In der Nacht vom 24.11. auf den25.11.05 wurden Reifen der Fahrzeugeder

    Fa. Lebbien un ter dem Motto Schade,dass Beton nicht brennt zerstochen. DieFirma liefert Beton fr den Bau des Ho-tels im Wasserturm im Schanzenpark.

    Im Zuge der Durchsuchung wurde deut-lich, dass der Hintergrund fr den Ham-burger Staatsschutz weniger der Nach-weis der Beteiligung an den Aktionen,sondern vielmehr in einem direkten An-griff auf die Strukturen des Widerstandszu sehen ist. Der Umstand, dass der Be-schuldigte an seinem Arbeitsplatz ver-haftet wurde, lsst darauf schlieen, dassdie politische Repressionen nun auch voreinem Angriff auf die persnliche Exi-stenz von Beschuldigten nicht zurck-schreckt.

    Damit zeigt sich erneut, dass die Ham-burger Justiz das Mittel der Kriminalisie-rung von Widerstand gegen Privatisie-

    rung und Kommerzialisierung ffentli-cher Rume ungehindert und willkrlicheinsetzt. Der Hamburger Staatsschutzbettigt sich so als Vollstrecker der Inter-essen der Mvenpick-Hotelkette.

    Wir, das Freie Netzwerk zum Erhalt desSchanzenparks, verurteilen die von Ka-pitalinteressen geleitete Kriminalisierungdes Widerstands gegen das Hotelprojektim Schanzenpark und ru fen hiermit zu ei-ner Spontandemo auf.

    ...Angeklagt sind Wenige, gemeint sind

    wir Alle!

    KEIN HOTEL IM SCHANZENPARK!

    An der Spontandemonstration am 28.11.beteiligten sich ca. 300 Menschen.

    Cornelius Yufanyi bein einer Aktion anlslich derTodestage von Naimah Hadmar und Aamir Age-eb im Mai 2001 in Frankrurt

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    te von Flchtlingen und Migranten. Er hatimmer organisiert mit anderen Flchtlin-gen als Motor gewirkt gegen Rassismen al-ler Art. 10 Jahre lebte er in einem Heim mit-ten im Wald vllig abgeschottet von der Ge-sellschaft und trug mit seinen Interventio-nen u.a. dazu bei, dass diese Art von Se-gregation von Flchtlingen fast berall inMecklenburg-Vorpommern abgeschafftwurde. Bei dem in MV mittlerweile ver-

    schwundenen Gutscheinsystem verhlt essich hnlich - es ist vor allem dem Wider-stand einzelner Flchtlinge zu verdanken,dass dieses diskriminierende Einkaufssy-stem fast berall aufgegeben wurde!

    Seit er letztes Jahr geheiratet hat, muss ernicht mehr in Mecklenburg leben.

    Bei der Erffnung des Verfahrens gegenihn fllt ein Psychiater/Neurologe nebendem Staatsanwalt auf, der nicht von derVerteidigung bestellt wurde.

    Das Gutscheinsystem ist der erste Kom-plex der Anklage. Herr Akubuo hat prinzi-piell nicht akzeptiert, dass Flchtlingen bei

    Aldi und Penny nur 10% des Wechselgel-des ausgezahlt wurde, und ist z.T. gegen denWiderstand des Personals mit der Wareweggegangen, die dem Wechselgeld ent-sprach. Hausverbote nach solchen Aktio-nen akzeptierte er auch nicht und wurde sovon der Polizei in den Mrkten festgenom-men.

    Zweiter Anklagekomplex ist die Tatsache,dass er im Sozialamt darauf drang, Geldstatt Gutscheine zu bekommen. In der sichanschlieenden Auseinandersetzung wur-

    de ein Telefon zerstrt, eine Brille und zweiPC-Monitore und ein Drucker lagen aufdem Boden.

    Drittens klagt ihn der Staatsanwalt an, erhtte die Reifen des Leiters der Auslnder-behrde zerstochen.

    Der vierte Komplex, der gefhrlichste frihn, wurde gar nicht mehr verhandelt. Letz-tes Jahr wurde Herr Akubuo von zehn ras-sistischen Jugendlichen in einer Disko inParchim angegriffen. Daraus wurde in derAnklage der Statsanwaltschaft Schwerinein Angriff Herrn Akubuos auf einen Ju-gendlichen mit einem Radkreuz, d.h. be-

    sonders schwere Krperverletzung.Die Prozessatmosphre ist gefhrlich. DieKonfrontation zwischen Staatsanwalt-schaft und Akubuo ist antagonistisch undwird auch von beiden so begriffen. Die

    Richterin ist freundlich, spart aber nicht mitDrohungen und erinnert an eine Grund-schullehrerin. Im Gewand der Unpartei-lichkeit wird sie eine entschrfte Durchset-zung des Prozesses realisieren. Zwei Typensitzen schweigend neben ihr, die Schffen,sie sehen aus wie Autoverkufer und wer-den das Urteil mehr beeinflussen als dieRichterin.

    Zum Schluss werden auf Antrag der

    Staatsanwaltschaft die Anklagen wegenden Aldi/Penny-Aktionen eingestellt, Aku-buo ist dagegen, er sagt, entweder fllt al-les flach oder der Gesamtzusammenhangbleibt. Er kommt nicht einmal dazu, eineErklrung abzugeben.

    Die richtigen Brocken bleiben. Akubuowar schon dreimal in Abschiebehaft, erspricht von Folter, die er durchlitt und dassdie Polizei ihn whrend eines Hungerstreiksmit Tranquilizern fast ermordet htte.Durch die Heirat hat er nun drei Jahre Auf-enthaltsrecht, eine Pause, die sie ihm ver-nageln wollen.

    Ca. 30 Leute aus verschiedenen Lndernwaren da. Solidarisch. Es knnten mehrsein, es mssen mehr werden. Es geht ex-emplarisch um die Abschiebung in Folter-zellen und Lebensbedrohung.

    Der nchste Prozesstag ist am 9. Dezem-ber um 13.00 Uhr im Amtsgericht Parchimstatt . Vorher, um 10.00 Uhr, findet eine De-monstration statt.

    Untersttzer der Karawane zu

    hoher Geldstrafe verurtei l t.Im November wurde Monty Schdel, Men-schenrechtsaktivist, Kriegsgegner, ehema-liges Mitglied des Mecklenburger Landta-ges und Untersttzer der Karawane, nundrei Monate nach dem Urteilsspruch das Ur-teil schriftlich zugestellt. Am 22. August2005 war nach vier Verhandlungstagen dasUrteil gesprochen worden. Aus den 10 un-terschiedlichen Ermittlungsverfahren ausseiner Zeit als MdL konnte die Staatsan-waltschaft zur Verhandlung vor dem Land-gericht vier Anklagepunkte bringen. Hier-

    bei ging es um das Duzen eines Polizistenauf der Demonstration am 14. Juli 2001 inNeubrandenburg und die angebliche Belei-digung desselben Polizisten auf derselbenDemo. Daneben wurde das Demonstrieren200 Meter auf der Strae entgegen der Auf-lagenbestimmung des Ordnungsamtes(Gehweg) am 16.9.2002 bei der Demon-stration der Karawane fr die Rechte vonFlchtlingen und MigrantInnen in Neu-brandenburg ihm als zu ahndender Verstogegen das Versammlungsgesetz ausgelegt.Auf derselben Demonstration soll er danndie MitarbeiterInnen der Auslnderbehr-

    de als Rassisten beschimpft haben, was die-se, trotz ihrer Arbeit, als Beleidigung emp-funden haben wollen.

    In allen vier Anklagepunkten wurde erschuldig gesprochen und zu einer Gesamt-

    strafe von 120 Tagestzen zu 25,00 Euroverurteilt. Durch die Zusammenlegungmehrerer Verfahren, die in anderen Fllenals Lapalie sptestens vom Gericht einge-stellt werden wrden, konnte auch eine be-sondere Schwere und Wiederholung fest-gestellt werden. Nicht einmal die jahrelan-ge Verschleppung durch die Staatsanwalt-schaft fhrte zur Einstellung des Verfah-rens, wie es in anderen Flle normal gewe-sen wre. Gegen das Urteil wurde bereitsRevision eingelegt, die jetzt noch begrn-det werden muss.

    Solidaritt mit Frank Laubenburg

    Angri ff auf die Linke Verhaftung des Stadtrats derPDS/Linken Liste

    Dsseldorf. Im Jahr 2002 haben viele Men-

    schen, Organisationen und Parteien inganz Deutschland ein Plakat mit der For-derung nach einer Kennzeichnungspflichtfr Polizeibeamte in verschiedener Weiseverffentlicht - auf Internetseiten, Flug-blttern. Das Plakat zeigte in Anmutungeines Fahndungsplakats Polizisten im r-den Antidemonstrationsdienst und for-derte Kennzeichnungspflicht fr Polizei-beamte.

    Der Staat nahm das Plakat zum Vorwandfr Kriminalisierungsversuche gegen dieUrheberInnen und VerbreiterInnen undklagte gegen zahlreiche Personen. Die Kl-

    ger argumentierten, die dort geziegten Po-lizisten htten nicht abgebildet werdendrfen.

    Nun, drei Jahre spter trifft es den be-kannten Dsseldorfer Stadtrat Frank Lau-

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    benburg (PDS), der sein Mandat fr daskommunalpolitische Bndnis PDS/LinkeListe wahrnimmt . Frank Laubenburg wur-de gestern, 24.11.2005, von zwei Beamtendes Politischen Kommisariats aufgesuchtund verhaftet. Diese Festnahme ist nichtnur ein Angriff auf die politische Linke indieser Stadt, es ist ein Angriff auf alle de-mokratischen Krfte dieses Landes. Es istein Akt antidemokratischer Einschchte-

    rung, eine Einschrnkung demokratischerRechte und eine Verhhnung demokrati-scher Rechtsstaatlichkeit, wenn die durchund durch demokratische Forderung nacheiner Kennzeichnungspflicht fr Polizi-sten zu Prozessen gegen diejenigen fhrt,die diese Forderung erheben. Die Krimi-nalisierung von Menschen, die berechtig-te und legitime Forderungen erheben,zeigt, wie die Polizei und der Staatsschutzdas grundgesetzliche garant ierte Recht aufdemokratische Bettigung in sein Gegen-teil verkehrt und es als Unterdrckungs-instrument gegen die Bevlkerung ein-

    setzt. Das darf nicht hingenommen wer-den.

    Wir alle wissen, wie die Polizei mit De-monstrantInnen umgeht. Hier in Dssel-dorf erinnern wir uns nur allzu gut an dieberchtigten Kinderkessel im Jahr 2001.Die Polizei scheute damals u.a. nicht da-vor zurck, 13-jhrige Kinder stundenlangeinzukesseln, festzunehmen, stundenlangin Zellen zu halten, bis auf die Unterw-sche auszuziehen usw. U.a. waren zwei un -serer Tchter damals betroffen, die Be-schwerdeverfahren vor den Gerichten sindnoch immer anhngig. Eine Kennzeich-nungspflicht fr PolizistInnen ist dringendund sofort erforderlich.

    Wir fordern die sofortige Einstellung a l-ler anhngigen Verfahren. Es ist keineStraftat, PolizistInnen im Dienst zu fo-togfrafieren und diese Fotos zu verffent-lichen. Und natrlich bekrftigen wir dieForderung nach einer Kennzeichnungs-pflicht fr PolizistInnen. Das Verfahrengegen Frank Laubenburg trifft alle Demo-kratInnen, das Verfahren muss zu Lastender Staatskasse eingestellt werden.

    Solidaritt mit dem Stadtrat Frank Lau-

    benburg. Auch materielle Solidaritt. Ermusste, um aus der Haft entlassen zu wer-den, einen Strafbefehl von 4.500 Euro be-gleichen. Das Verfahren wird noch weite-re Summen verschlingen. Deshalb rufenwir auf zu Spenden auf das Konto:

    Axel Khler-Schnura, Solidaritt mitFrank Laubenburg, Postbank 18 90 88850, BLZ 760 100 85Christiane Schnura, Bezirksvertreterin derPDS/Linken Liste in der Dsseldorfer Be-

    zirksvertretung 8, Axel Khler-Schnura

    Solidaritt Frank Lauben-burg ist wieder freiFrank Laubenburg ist freigekommen, weildie 4.500 Euro schnell zusammen kamen.

    Polizei sammelt Zigarettenkippen vonCASTOR-Gegnern

    Hunderte Atomkraft-gegner unterGeneralverdacht?

    Ganz neue Methoden, an Datenmaterial vonAtomkraftgegner heranzukommen, hat diePolizei vor kurzem auf den Gleisen der CA-STOR-Transportstrecke zwischen Lneburgund Dannenberg angewendet. Nach einerfriedlichen Protestaktion, einem Volley-Ball-Spiel, an dem etwa 150 Menschen als Spielerund Zuschauer mitten im Wald an einemBahnbergang bei Grnhagen teilgenommenhatten, sammelte die Polizei Zigarrettenkip-pen von Beteiligten auf. Dazu hatten die Be-amten Untersuchungshandschuhe bergezo-gen und steckten nach Beobachtungen dieKippen einzeln in Plastikbeutel. Zuvor schon

    waren Aktionsteilnehmer fotografiert undwohl auch gefilmt worden. Einzelnen flatter-te Tage spter eine Schriftliche Verwarnungmit Verwarnungsgeld ins Haus, da sie an-geblich den Gleisbereich nach Aufforderungdurch Polizeibeamte nicht verlassen httenund somit eine Ordnungswidrigkeit gem 62/64b der Eisenbahn-Bau und Betriebsord-nung (EBO) verstoen htten. Auch nach ei-ner angemeldeten, friedlichen Anti-Castor-Demonstration am vergangenen Sonnabend(23. 11. 05) in Uelzen sollen von Polizeibeam-ten, die vorher die Demoteilnehmer gefilmthatten, Zigarettenkippen aufgesammelt wor-den sein.

    Damit wird eine neue Stufe rechtswidrigenPolizeihandelns gegen CASTOR-Gegner ein-geleitet. Bereits im Januar hatten Bundesin-nenminister Schily sowie Niedersachsens In-nenminister Schnemann ihren Wunsch an-gekndigt, DNA-Proben von CASTOR-Geg-nern schon bei Ordnungswidrigkeiten zu neh-men oder Gentests sowie das Abnehmen vonFingerabdrcken ganz ins Ermessen der Poli-zei zu stellen.

    Fr das Handeln der Polizei gibt es keineRechtsgrundlage, bemerkt dazu der Republi-kanische Anwaltsverein (RAV). Wie dessenVorstandsmitglied Rechtsanwalt Martin Lem-ke weiter feststellt, sei das Vorgehen der Poli-zei darber hinaus eindeutig rechtswidrig,mglicherweise sogar strafbar. Die Men-schenwrde und die Persnlichkeitsrechtewrden verletzt, die einschlgigen Daten-schutzbestimmungen missachtet sowie alleBetroffenen unter einen nicht gerechtfertigtenGeneralverdacht gestellt. Wenn diese Datengesammelt werden, sei damit eine illegale,rechtswidrige Gen-Datei eingerichtet worden.

    Hintergrund des blinden Polizeiaktionismusdrfte sein, dass Staatsschutz und spezielle Er-

    mittlungsgruppen bei der Suche nach den Ur-hebern von dem Brandanschlag auf die See-rauer Brcke vor vier Jahren (24. 10. 2001)und den Untersplungen der CASTOR-Streckebislang kein Erfolge vorweisen konnte.

    Auch bei Ermittlungen zum jngsten Brandder CASTOR-Polizeicontainer bei Woltersdorfliegen wohl noch keine Ergebnisse vor. Nunstellt die Polizei undifferenziert die gesamteAnti-Atom-Szene unter Generalverdacht.Wir erleben hier typische Phnomene einesberwachungsstaates, so Lemke weiter, zu-mal der Brger nicht mehr wei, was die Po-lizei wie ber ihn sammelt, mit anderen Da-ten verknpft, wo jeder fr verdchtig gehal-

    ten wird, und die Polizei auerdem noch ille-gal und rechtswidrig handelt.

    Die Betroffenen werden umgehend von derPolizei die Vernichtung der Daten sowie eineUnterlassungserklrung fr die Zukunft ver-langen. Geprft wird auch, ob nicht die hhe-ren Beamten, die den Zigarrettenkippen sam-melnden Polizisten den Befehl zum Einsam-meln der DNA-Proben gegeben haben, ange-zeigt, oder zumindest eine Dienstaufsichtsbe-schwerde gegen diese eingereicht werden soll-te. Bekanntlich gibt es bei der Polizeidirekti-on Lneburg eine spezielle Ermittlungsgrup-pe EG Castor. Die dieser EG Castor vorge-

    setzte Staatsanwaltschaft Lneburg msse dasrechtswidrige Treiben der Beamten sofort un-terbinden, fordert Lemke. Fraglich sei weiter,ob nicht auch ein rechtswidriges SpuDok-System (Spurendokumentationssystem) ange-legt wurde, falls es das ohnehin nicht bereitsgibt. Hier sind die Parlamentarischen Kon-trollgremien in der Pflicht.

    Fr die Brgerinitiative UmweltschutzLchow-Dannenberg (BI) fgt sich mit der Po-lizeiaktion ein weiteres Mosaiksteinchen in dieGrundrechtsfreie Sonderzone Gorleben ein.Seit Wochen schon werden Atomkraftgegneraus dem Wendland wieder berwacht und be-spitzelt, auch bei Telefonaten gibt es vermehrtFehlverbindungen und merkwrdige Echos -ob es sich dabei um gerichtlich angeordneteberwachung von CASTOR-Gegnern handelt,ist stark in Zweifel zu ziehen. Wenn derRechtsstaat seine Grundlagen aufgibt, undsich im Interesse der Energiekonzerne undAtomindustrie zum Polizeistaat wandelt, heites, Widerstand zu leisten, und erst Recht aufdie Strae, an die Schiene zu gehen, so einSprecher der BI. Auch in einer Groen Ko-alition drfen die Profitinteressen der Atom-lobbyisten nicht gegen das Grundrecht aufkrperliche Unversehrtheit durchsetzen. WerJahr fr Jahr CASTOR-Transporte mit hoch-strahlendem Atommll nach Gorleben karrt,und in einem ungeeigneten Salzstock ver-scharren will, wird immer wieder mit zehn-tausenden Polizisten gegen die sich wehren-den Brger vorgehen mssen. Mit Demokra-tie hat diese Politik jedenfalls nichts mehr zutun. Es knne nicht hingenommen werden,da Atomkraftgegner generell kriminalisiertwerden. Gegen diejenigen, die unter Aus-nutzung ihrer wirtschaftlichen Macht denGoldesel Atomindustrie halten wollen, wirdnicht ermittelt. White Collar-Kriminalitt

    spielt fr die hiesigen Staatsanwaltschaftenkeine wirkliche Rolle.Gemeinsame Presseerklrung des Republika-

    nischen Anwltinnen und Anwlteverein und

    der BI Lchow-Dannenberg

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    Christian Klar

    KollektiveAuflehnungDas Recht auf eine Welt ohneGefngnisse: Die RAF-GefangeneEva Haule hat Mitgefangene por-trtiert

    Da entstehen in einem Hochsicherheits-knast Fotografien, die dort gefangene Frau-en abbilden. Die Fotos fertigte Eva Haule,Gefangene aus der RAF (seit 1986 im Knast),in den Jahren 1998 bis 2003. Die Fotogra-fierten waren Mitgefangene, die eine Si-tuation des persnlichen Vertrauens gefun-den hatten und Lust daran fanden, sich in

    dieser Form auszudrcken.Niemand sollte annehmen, es handelt

    sich hier um ein Ergebnis von Frderungim Strafvollzug. Das sind Schnfaerberei-en der Wirklichkeit hinter den Mauern. DieKreativitt ist vielmehr ein Wunder in ei-ner Umgebung der Versteinerung. DieChance zu dem Fotoprojekt ergab sichdurch die Initiative zweier professionellerFotografinnen in Freiheit, die fr einen Kursregelmig in den Knast gekommen sind.Sie konnten die fachliche Anleitung sowiedie Orientierung anbieten, ihre besondereInspiration als Menschen von drauen.

    Das herausragende Ergebnis konntenaber nur die gefangenen Frauen vollbrin-gen. Die knstlerische Qualitt haben be-rufenere Leute gewrdigt. Aber es solltespeziell noch erklrt werden, dass die ent-standenen Fotografien zuallererst das kol-lektive Ergebnis einer gelungenen Aufleh-nung gegen alle Wahrscheinlichkeiten derGefangenschaft sind.

    Mit dem Wegschlieen bezweckt die In-stitution des Gefngnisses, Gesichter derSchuld und Scham zu formen. Alle Gefan-

    genen ahnen zumindest oder wissen dar-um, wie die Jahre des Zwangs sie entstel-len. Viele Schlgereien passieren wegenBlicken, die man eine Sekunde zu lang aufsich ruhen fhlt. Und der ffentliche Un-terhaltungsblick auf die hinter den Mauernverschwundenen Menschen legt allenfallseine Reihe von Kostmen fest - speziell inHinsicht auf gefangene Frauen - und be-wirkt damit das genaue Gegenteil von Se-

    hen: das Unsichtbarmachen.Diese Widerstnde musste erst mal ber-

    winden, wer sich entschloss, die Lust aufeigenen Ausdruck und die Zuversicht berdie aufgezwungenen Bilder siegen zu las-sen. Eines steht fest: Wer sich fotografierenlsst, glaubt noch an die Versprechen vonFreiheit. Diese ganze Entstehungsgeschich-te stelle ich mir vor, wenn ich das Ergebnisansehe: die Fotografien, die auffordern, dasMenschsein und die Hoffnungen der abge-bildeten Frauen anzuerkennen. Ich mchtekein Geslze von der Art haben, dass dieFotografien den Moment zeigen, als sich

    ein Riss auftat in dem Panzer. Was ist dasnebenbei noch fr eine Verkennung not-wendiger Grundausstattung gegen die to-tale Institution? Nein, die Fotos zeigen Ak-tivitt und wenden sich an Leute, die auchdie Aufforderung darin erkennen. Denn eszeigen sich Frauen, die in der Lebenssitua-tion des Gefngnisses fhig sind, einen Au-genblick des Stolzes herzustellen und da-mit an das Recht auf eine Welt ohne Ge-fngnisse erinnern.

    * Eva Haule: Portrts gefangener Frauen.AG SPAK, Neu- Ulm 2005. 88 Seiten, 56Schwarzweifotografien, 19 Euro, ISBN 3-930 830-65-5.Bestellungen ber AG SPAK, HolzheimerStr. 7, 8923 3 Neu- Ulm

    Anfragen fr eine Fotoausstellung werdenvom Verlag an Eva Haule weitergeleitet.

    Den Artikel finden Sie unter:http://www.jungewelt.de/2005/11-12/026.php

    November 1982 November 2005

    Christi an Klar und Brigitte Mohnhaupt sind seitlangen 23 Jahren ununterbrochen gefangen.Sie haben viele Jahre in Isolationshaft ver-bracht. Staatliche Rachsucht will sie weitereJahre festhalten. Vergessen wir sie nicht !

    Freiheit fr die Gefangenen aus der RAF!Freiheit fr all e polit ischen Gefangenen!

    Bruchsal

    HaftsituationunverndertmenschenunwrdigVor einiger Zeit berichtete ich exemplarischber die Situation der Unterbringung in derJVA (=Justizvollzugsanstalt) Bruchsal: Dortseien zahlreiche Gefangene in eigentlichnur fr einen Insassen gedachten Zellenvielfach zu zweit untergebracht. Der HerrAnstaltsleiter Mller untersttze gar einePetition der Gefangenenvertretung, welchesich mit ihrer Eingabe an den Landtag vonBaden-Wrttemberg gewandt ht ten.

    Nun berichtete am 22.10.2005 die Bruch-saler Rundschau un ter der berschrift: Je-den Abend froh, wenn es nicht gerumpelthat, ber eine Tagung der GewerkschaftStrafvollzug. Danach sind im Bruchsaler

    Gefngnis die 391 Zellen mit 483 Gefan-genen belegt. 59 Zellen teilen sich jeweilszwei Insassen. Der Anstaltsleiter betone,dass diese Situation den Europischen Voll-zugsgrundstzen widersprchen, die Bela-stung des Personals steige und so am Endeauch Zeit fr die Bemhungen um Reso-zialisierung fehle.

    Der Herr Leitender RegierungsdirektorMller bruchte nicht einmal EuropischeVollzugsgrundstze bemhen, ein Blick indie deutsche Verfassung oder in einschl-gige Gerichtsentscheidungen KarlsruherRichter wrde ihm vor Augen fhren, dass

    die von ihm gebte Praxis hier in der JVABruchsal menschenunwrdig ist.Neben dem Vorwurf von Willkr ist der,

    ein Beamter verletzte Artikel 1, Absatz 1Grundgesetz (nmlich die Menschenwr-

    Eine der Fotografien von Eva Haule. Quel-le: www.fotohof.or.at

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    de), wohl gravierendst. Und es kann nur er-neut festgestellt werden, dass hier syste-matisch die Menschenwrde nicht von ei-nem oder zwei Gefangenen, sondern vonDutzenden Inhaftierten tagtglich verletztwird. Bei 59 Zellen, die jeweils mit zwei Ge-fangenen belegt sind, ergibt das 118 Hft-linge!

    Ihnen steht eine winzige Zelle von achtbis neun Quadratmetern zur Verfgung,

    zwei Sthle, zwei Tische, zwei Schrnkeund eine lediglich durch einen Vorhangverdeckte Kloschssel. Sie mssen also denGestank und die Gerusche, welche bei ei-ner Toilettenbenutzung zwangslufig ent-stehen, wechselseitig erdulden.

    Eigentlich sollte man meinen, ein Staatder behauptet, er wolle Gefangene resozia-lisieren, sie also an ein Leben ohne Strafta-ten heranfhren mchte, dass ein solcherStaat penibel darauf achtet, mit gutem Bei-spiel voran zu gehen und die Minimalrechteder Inhaftierten zu achten.

    Wie wirkt es auf Menschen, die zugege-

    benermaen oftmals in grober Weise Rech-te anderer verletzt, vielfach auch nur mar-ginale Gesetzesverletzungen begangen ha-ben, wenn diese Tag fr Tag am eigenenLeibe erfahren oder beobachten knnen,wie die Anstalt - straflos - Gefangene tiefgreifend in ihrer Menschenwrde verletzendarf?

    Ihnen wird so tagtglich deutlich ge-macht, dass nicht einmal der Kern ihresMensch-Seins, nmlich ihre Wrde, etwaszhlt. Zugespitzt und etwas polemisch for-muliert, werden sie wie ein Stck Vieh ineinen Kfig gesperrt - nur mit dem Unter-schied, wrden Tiere hnlich behandelt, dieTierschutzvereine energisch protestierten.Da es jedoch nur um Gefangene geht, be-schrnkt sich der Protest auf einige weni-ge Anti-Knastinitiativen oder vollzugskri-tische Beobachter.

    Thomas Meyer-Falk, c/o JVA - Z. 3117,Schnbornstr. 32, D-76646 Bruchsalhomepage: http://www.freedom-for-tho-mas.de

    Dokumentiert: Interview mit Rgis Schleicher, Gefangener aus AD

    Die Hypothese, die wir vertretenhaben ist gescheitert.Rgis Schleicher, ehemaliges M itglied vonAction Directe, wurde 1983 nach dem Tod

    zweier Polizisten inhaftiert. Im Novemberwird er wegen Fluchtversuches verurteiltwerden.Dokumentiert aus : Libration, Samstag 22 .Oktober 2005 (Artikel von Dominique Si-monnot)

    Das ehemalige Mitglied von Action Directe,Rgis Schleicher, 48, ist seit 22 Jahren in Haft.Wegen der Schieerei am 31. Mai 1983 in derAvenue Trudaine in Paris, in deren Folge esauf Seiten der Polizei zwei Tote und einenSchwerverletzten gab, wurde er zu lebens-lnglich verurteilt. Zwei Jahre nach der Ver-

    haftung von Schleicher wurden vier weitereaus Action Directe wegen der Ermordung desRenault Chefs Georges Besse und des Gene-rals Audran zu lebenslnglich verurteilt. DieTaten waren im Namen des Anti-Imperia-lismus begangen worden. Gegen Schleicherwird am 24. und 25 November und am 1. und2. Dezember wegen Fluchtversuches verhan-

    delt. Dieses Interview wurdeschriftlich ber das Gefngnis inClairvaux gefhrt.

    Wie vergeht die Zeit im Gefng-nis?

    Das Gestern ist wie das Heuteoder auch wie vor drei Jahren, fa-de. Die Zeit im Gefngnis erstarrt,aber das Leben verrinn t. Das Lebenin der Zeitlosigkeit bringt langfri-stig Menschen hervor, denen allesgleichgltig ist, was sie nicht un-mittelbar selbst betrifft. Hierauf be-zogen kann man sagen, dass dieZeit im Gefngnis den Menschenals soziales Wesen ttet. Meine Le-bensgefhrten in diesen zwei Jahr-zehnten waren die, die keine Engelwaren. Einige habe ich zu schtzengewusst. Es gab Augenblicke der

    Hochachtung, der Freundschaft, der Span-nungen und auch der Gewalt, aber insgesamtherrschte Oberflchlichkeit vor. Hier hat mansich einander nicht ausgesucht; das Gefng-nis ist eine Welt der Bilder, des Scheins. Wersich davon abhebt, exponiert sich. Hier re-giert meist vorschriftsmige Dummheit denAlltag, bis du zum Betrachter deiner selbstwirst. Die meisten verlieren im Laufe der Jah-re die Fhigkeit, sich selbst zu bestimmen.Sich an das Umfeld anzugleichen, jeder Ei-genheit zu entsagen, wird als Archetyp der

    Normalitt verkauft und die Laschheit wirdzum Non-plus-ultra der Lebensfhrunghochstilisiert.

    Im April 2003 haben Sie aus den Gefng-

    nis von Moulins, dem sichersten GefngnisEuropas, zu fliehen versucht. Haben Sie an

    einen Erfolg geglaubt?Es war ein verrcktes Vorhaben, aber ichbetrachte es noch immer als einen Akt desLebens. Mein Mich-Wehren gegen denlangsamen Tod, vielleicht der Ausdruck mei-ner Verzweiflung als freier und noch auf-rechter Menschen. Niemand kann auf seineFreiheit verzichten, vor allem nicht, wennman ihm den Nutzen des gemeinen Rechtesverweigert, nachdem man seit Ewigkeitenden Rechtsstaat geltend gemacht hat, um ihnzu unterdrcken...

    Was beinhaltet ihr Antrag auf Freilassung

    zur Bewhrung?Die Frage meines Wohnortes auerhalb der

    Pariser Region - ich habe dort Aufenthalts-verbot - wurde durch eine Unterkunft in derProvinz gelst. Im Februar befand das Straf-vollzugsgericht: Diese Wahl scheint mit derpersnlichen Situation des Verurteiltenkohrent zu sein. Auerdem haben sich dieCGT-Gewerkschaft der Lektoren, deren Mit-glied ich bin, und zwei unabhngige Her-ausgeber sich dafr eingesetzt, mir eine An-stellung als Korrekturleser zu besorgen. Nachmehreren Ablehnungen mit an den Haarenherbeigezogenen Begrndungen seit 2003lehnen die Richter meine Antrge ab, indemsie darauf verweisen, dass ich wegen meinesAusbruchsversuchs noch nicht verurteiltworden sei. Wie dem auch sei, es wird immerVorwnde geben, um zu zeigen, dass wir ein-gesperrt bleiben, statt uns rauszulassen, alsAbschreckung fr die, die kmpfen.

    Wie beurteilen Sie die Schieerei in der Ave-nue Trudaine?

    Zwei Menschen sind gestorben. Die einzi-gen, die sich daran erinnern, sind ihre An-gehrigen. Vielleicht waren sie zu anonym,nicht fein genug, damit das System, das siebezahlte, sich zwei Jahrzehnte spter nochdarum kmmern wrde. Einer meiner Ge-nossen wurde unter recht hnlichen Um-stnden gettet. Niemand regte sich darberauf, auer den Angehrigen. In beiden Fl-len handelte es sich um zufllige Begegnun-gen zwischen zwei Gruppen bewaffneter Per-sonen, von denen jede, ob zu Recht oder Un-recht, denkt, sie reprsentiere die Legitimittund das (gute) Recht. Wenn die Waffen spre-chen, geht es n icht mehr um Moral, Gerech-tigkeit oder was auch immer. Derjenige, derdie besseren Reflexe und ein bisschen Glck

    hat berlebt. Es ist schrecklich, aber so ist es.

    Und die Taten von AD, die Morde, die nachIhrer Verhaftung begangen wurden?

    Was Besse betrifft, gibt es auch da den

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    Schmerz der Angehrigen, den die Zeit nichtmildert, die anderen weiden sich umso mehran seinem Tod, den sie fr sich benutzen. ImDenken meiner Genossen wurde sein Tod -diese Aktion - beurteilt als, ich zitiere: diebourgeoise Wiederzusammensetzung zu ver-langsamen und ihre internen Widersprchezu verstrken und sie somit im Klassenkriegzu schwchen. Aus zwanzig Jahren Abstandmuss man feststellen, dass die Hypothese, die

    wir vertreten haben, gescheitert ist. Abgese-hen von Besessenheit, intellektueller Blind-heit und der Unfhigkeit, die tatschlicheEntwicklung der Dinge zu verstehen, so mussman doch zugeben, dass die revolutionreBewegung und die soziale Bewegung unsnicht Recht gegeben haben. War also kmp-fen oder die Art, wie wir und Tausende an-dere gekmpft haben, eine Verirrung, einNonsens? Aus ethischer Sicht hat man im-mer Grund, Ungerechtigkeit, Unterdrckungund Elend bekmpfen zu wollen. Auerdemwar unser Engagement ein Ergebnis des Wis-sens, der Erfahrung und des Erbes der revo-lutionren Bewegung von damals. Einigeversicherten, dass die Macht aus dem Laufder Gewehre kommt. Ich hing dieser Theseebenfalls an. Andere, die sich ffentlich da-zu bekannt haben, lieen uns die Folgen aufuns nehmen. Und so hatte unsere Praxis un-bestreitbar frchterliche Konsequenzen. Wiedem auch sei, der Tod, das Gewicht des Nicht-mehr-da-Seins, der zerbrochenen Existen-zen, das Leiden der Angehrigen. Diemenschliche Bilanz wiegt schwer. In allenFllen ist die Verantwortung fr die Toten dieUnsere und in der Unseren ist es auch mei-ne.

    22 Jahre sind seit ihrer Verhaftung ver-gangen, was fr ein Mensch sind Sie ge-worden?

    Da msste man meine Angehrigen fragen.Ich hoffe, dass ich ihrem Vertrauen, ihrer un-verbrchlichen Liebe und der Hoffnung, diesie in mich setzen, entsprechen kann. Ichwei, welchen unhaltbaren Zustand das Ver-schwinden eines teuren Menschen fr dieje-nigen, die bleiben, darstellt. Ich wei auch,dass die Welt entgegen dem, was auch ichvertreten habe, sich nicht in schwarz und

    wei teilen lsst. Denn wenn man so denkt,hat man immer einen guten Grund, seinenNchsten auslschen zu wollen. Und das, wasich heute wei, hat mich nicht das Gefng-nis gelehrt. Und wenn es auch denen mis-

    sfllt, die mich gefangen halten, bleibe ichein militanter Kommunist.

    Carcassonne: Solidari tt mitden Gefangenen aus ADDie CNT 11 war auf einer Demonstration zurAnerkennung der okzitanischen Sprache inCarcassonne am 22. Oktober dabei. ber

    10.000 Menschen nahmen teil. Die Militan-ten der CNT nutzten die Gelegenheit, um dar-an zu erinnern, dass die Gefngnisse des fran-zsischen Staates voll von gefangenen Ge-nossinnen und Genossen sind, besondersdenjenigen aus Action Directe.

    Ein Transparent in der Landessprache li-bertat per los ostatges de lestat francs, li-bertat per Action Directe (bers.: Freiheit frdie Geiseln des franzsischen Staates, Frei-heit fr Action Directe) wurde aufgehngtund Unterschriften unter die Petition, die diesofortige Freilassung der Gefangenen aus ADfordert wurden gesammelt, eine Offenlegung

    der franzsischen Gefngnispolitik. Die CNTnutzte die Prsens der Medien, um eine Ju-stiz, die mit zweierlei Ma misst, anzupran-gern

    Veranstaltungsbericht

    Widerstand und Repres-sion in GriechenlandFrank Jansen, der Tagesspiegel-Journalistmit den besten Kontakten zum Staatsschutz,hatte schon im Vorfeld Alarm geschlagen.Terroristensympathisanten halten im staat-lich subventionierten Berliner Hebbeltheaterein Treffen ab. Auch eine Gruppe von Berli-ner Seminarlinken wussten schon vorher,welch gefhrliche Nationalisten sich imTheater treffen.

    Die Aufregung galt einer Veranstaltung,die in Berlin am 5.November unter dem Ti-tel Widerstand und Repression in Grie-chenland stattfand. Es ging um eine The-matik, die in Deutschland lange Jahre wenigbekannt war, um den revolutionren Wider-stand in Griechenland.

    Anwesend waren auf dieser Veranstal-tung Gianna Kourtovik. Sie ist Anwltinvon Dimitris Koufotinas von der Bewegung17. November und von Giannis Serifis, ei-nem bekannter anarchistischen Gewerk-schafter.

    Nikolaos Giannopoulos vom Netzwerkfr soziale und politische Rechte, Diktio und

    Ioannis Keloglou von der Gruppe Anti-autoritre Solidaritt.

    Die GenossInnen berichteten ber den lan-gandauernden internationalen Kampf inGriechenland. So ist heute wenig bekannt,

    dass es sich schon Ende der 70er Jahre zahl-reiche Solidarittsaktionen fr die Linke inDeutschland gab, wenn politische Gefange-ne in den Knsten gestorben sind. Manchenwird noch der Name Rolf Pohle bekannt sein.

    Der linke Aktivist und langjhrige politischeGefangene hat die letzten Jahre vor seinemTod in Griechenland verbracht, wo er vonGenossInnen untersttzt wurde.

    Ausfhrlich wurde ber die politischenVerfahren gegen die griechische Linke ge-sprochen. Dabei hat das Prozedere groehnlichkeit mit den politischen Prozessen inWesteuropa. Mit dem Konstrukt der terrori-stischen Organisation werden langjhrige

    Gefngnisstrafen verhngt. Die Gefangenensind totalisoliert, drfen kaum Besuch emp-fangen, selbst der Kontakt zu Rechtsanwl-ten wird reglementiert. Einige Gefangenesind schwer krank. Whrend des bisherigenGefngnisaufenthalts hat sich der Zustanddes Verurteilten dramatisch verschlechtert.Nach Aussagen der rzte wird Xiros (Bild)auch die ihm auf einem Auge noch verblie-benen zehn Prozent Sehfhigkeit verlieren,wenn er nicht sofort zu medizinischer Be-handlung in ein Krankenhaus verlegt wird.Der zusammen mit anderen politischen Ge-fangenen in Kleingruppenisolation gehalte-

    ne Gefangene leidet ber Erblindung hinausan Taubheit, Schwindelanfllen, Asthma undzeitweisen Bewusstseinsstrungen.

    Als Zeuge erklrte der inzwischen auf-grund schwerer Herzstrungen aus dem Ge-fngnis entlassene Christos Tsigaridas vorGericht, dass Savas Xiros auerstande ist,auch nur am eingeschrnkten gesellschaft-lichen Leben der Kleingruppe teilzuneh-men. Der ehemalige Mitgefangene betonte,Savas lebe im Gefngnis eine Isolation in

    der Isolation. Darber hinaus sei es ihmnicht mglich, die einfachsten Verrichtun-gen des tglichen Lebens selbstndig vor-zunehmen. Die Betreuung rund um die Uhrdurch seinen ebenfalls einsitzenden BruderChristodoulos Xiros sei kein ausreichenderErsatz fr eine dringend notwendige medi-zinische und psychologische Behandlungdes Schwerkranken.

    Die Veranstaltung hat eine Tr geffnet.In Zukunft drfte der Kontakt zu den lin-ken Gefangenen und Bewegungen Grie-chenlands leichter werden. Dazu gibt esauch in nchster Zeit einige Gelegenheiten.

    Im Frhjahr 2006 findet in Athen das Eu-ropische Sozialforum statt, wo die Situa-tion der griechischen Gefangenen ebenfallsthematisiert werden soll.

    Peter Nowak

    Ablehnung und Vertagung(Stand 1.11.2005)

    Am 14. September wurde Nathalie M-nigons Antrag zur Freilassung auf Be-whrung erneut abgelehnt.

    Der Antrag von Jean- Marc Rouillanwurde am 19. Oktober vom Gericht in

    Tarbes ebenfalls abgelehnt.Fr Mitte Dezember ist eine Wider-

    spruchsverhandlung angesetzt

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    Massenprozesse ge-gen baskische Orga-nisationen beginnenAm 21. November hat in der spanischenHauptstadt Madrid der Auftaktprozess imVerfahren mit dem Aktenzeichen 18/98 be-

    gonnen, in denen insgesamt 200 Mitglie-der der linken baskischen Unabhngig-keitsbewegung als Mitglieder oder Unter-sttzer der ETA abgeurteilt werden sollen.Ganz nach dem Konzept, das in den 80erJahren in Deutschland auf die RAF ange-wendet wurde, sollen alle die zur ETAgehren, die die gleichen Ziele verfolgen:die fr die Unabhngigkeit eines sozialisti-sches Baskenlandes eintreten. Wir sprachenmit Teresa Toda, Vizedirektorin der ZeitungEgin. Die Schlieung der Zeitung und desgleichnamigen Radios im Juli 1998 bilde-ten Auftakt zu einer Repressionswelle. Bis

    heute wurden etliche Organisationen, Kom-munikationsmedien und Partein ber dasVerfahren verboten und als terroristischeVereinigungen auf die Liste der EU gesetzt .

    Was markiert den Hintergrund der ver-schiedenen Verfahren, die nun begonnenhaben?

    Das Verfahren luft unter dem Aktenzei-chen 18/98 vor dem Nationalen Gerichts-hof, einem Sondergericht in Madrid. An-fang 1998 wurde zunchst gegen kleine Fir-men vorgegangen, die angeblich in die Fi-nanzierung der bewaffneten OrganisationETA verstrickt sein sollten. Im Juli wurdendie Zeitung und Radio Egin geschlossenund die Leitung verhaftet.

    Danach wurde die Organisation Xaki ver-boten und ihre Mitglieder verhaftet, die auf

    internationaler Ebene eine ffentlichkeitber das herstellen wollte, was hier im Bas-kenland passiert. Spter wurde gegen dieStiftung Joxemi Zumalabe vorgegangen,die den zivilen Ungehorsam propagiert und

    einen baskischen Personalausweis heraus-gibt. Spter war dann die Organisation Ekindran, die auf Basis der Drfer und Stadttei-le fr ein sozialistisches Baskenland warb.Diese fnf Komplexe bilden sozusagen denKern im Hauptverfahren mit den ersten 59Angeklagten. An dem Verfahren hngennoch etliche Unterverfahren gegen Organi-sationen, Medien und Parteien die spterverboten wurden. Insgesamt sollte mit dem

    politischen Angriff die Arbeit derer verhin-dert werden, die fr ein freies Baskenland,eine vielfltige Presse etc. eintraten.

    Da ergibt sich aber schon der erste Wider-spruch, schlielich wurde gegen drei Ju-gendorganisationen schon verhandelt, dieeigentlich zu dem Komplex gehrten.

    Dieses Verfahren wurde abgetrennt undvorgezogen, weil in Spanien nur vier Jah-re Haft vor einem Verfahren erlaubt sindund einige der Jugendlichen schon so lan-ge saen. Man beachte, in Grobritannienwird gerade versucht , die Haftzeit, bis kon-

    krete Vorwrfe formuliert werden mssen,auf 90 Tage zu verlngern. Hier kann mannach dem Antiterrorgesetz bis zu vier Jah-re im Knast sitzen, ohne zu wissen was ei-

    nem genau vorgeworfenwird.

    Ging es nicht auch dar-um, das Terrain fr dieVerurteilungen im

    Hauptverfahren vorzu-bereiten? Schlielich gabes immer wieder Jugend-liche aus den drei Orga-nisationen Jarrai, Haikaund Segi, die tatschlichin der ETA aufgetauchtsind. Man hoffte doch of-

    fensichtlich darauf, sieleichter als ETA-Mitglie-der aburteilen zu kn-nen, um eine Prjudiz frdie folgenden Prozesse zuschaffen.

    Das ist zu vermuten.Jedoch ist das Kalklnicht aufgegangen.

    Bei den Jugendorganisationen gelang es janicht, eine Verbindung zur ETA zu bewei-sen. Knnten die weiteren Verfahren nunnicht gleich eingestellt werden?

    Ja und nein. Denn das Urteil besteht auszwei Teilen. Die eine Seite ist, dass keineVerbindung zur ETA festgestellt wurde. Ih-nen wurde nicht einmal der Straenkampfangelastet, fr die man die Organisationenstets ffentlich verantwortlich gemachthatte. Statt Haftstrafen zwischen 14 und112 Jahren Haft gab es einige Freisprcheund wenige Urteile bis zu dreieinhalb Jah-

    ren Haft. Im Urteil wird aber auf Organisa-tionen wie Ekin oder die Koordination freine sozialistische Alternative (KAS) ver-wiesen und so getan, als gehrten die zurETA. Damit wurden die Jugendorganisa-

    tionen fr illegal erklrt und die Urteile le-gitimiert. Das ist eine juristische Absurditt,denn darber wird schlielich erst in demHauptverfahren gegen uns verhandelt. Wirwerden sehen, ob damit versucht wurde, ei-ne Prjudiz gegen uns zu schaffen.

    Wie lauten nun die konkreten Vorwrfe?Wir alle werden beschuldigt, entweder

    Mitglieder oder Untersttzer der ETA zu

    sein. Dazu kommen in einigen Fllen Vor-wrfe wie Finanzbetrug an der Sozialver-sicherung und hnliches. Doch dafr ist dasSondergericht ohnehin nicht zustndig.Damit dies vor dem Sondergericht in Mad-rid verhandelt werden kann, wird eine an-gebliche Finanzierung der ETA angefhrt.Die Strafforderungen schwanken zwischen10 und 51 Jahren Haft.

    Bei den Jugendlichen konnte keine Verbin-dung zur ETA bewiesen werden, bei Xakiund Ekin hatte sogar der Nationale Ge-richtshof einst alle Leute freigelassen, weil

    er nicht einmal Indizien fr die Vorwrfedes Ermittlungsrichters Baltasar Garznssah. Die Beweislage hat sich aber nicht ver-ndert, wie soll nun also der Beweis erbrachtwerden?

    In einem ordentlichen Prozess, mit allenGarantien, kann man das nicht beweisen,weil es nicht stimmt. Wir werden sehen, obrechtstaatliche Garantien in diesem Prozessgewhrleistet werden, die es im Vorfeldnicht gab. Es ist ja auch bekannt, dass dieRichter am Nationalen Gerichtshof abser-viert wurden, die sich entsprechend gegendie politischen Vorgaben gestellt hatten.

    Ist es Zufall, dass der Prozess ausgerechnetam Tag nach dem 30. Todestags des Dikta-tors Franco begonnen hat? Dass eine Zei-tung mehr als sieben Jahre geschlossen ist,ohne dass dies bisher durch ein Gericht ge-

    prft wurde, entspricht mehr dem Verhal-ten einer Diktatur als der einer Demokra-tie.

    Das ist Zufall, gibt dem Verfahren abereine besondere Dimension. Es zeigt sich,dass 30 Jahre nach der Diktatur noch im-mer gravierende politische Probleme beste-

    hen. Die Regierung Aznar war Pionier indieser Art Anti-Terror Politik, die sich ja aufder ganzen Welt ausgeweitet hat. Deshalbhat der Prozess auch einen Charakter, derber den Konflikt hier weit hinaus geht.Werden wir verurteilt, kann damit gerech-net werden, dass sich derlei Vorgnge auchin anderen Lndern breit machen, deshalbsind auch die internationalen Beobachter,die den Prozess berwachen, von groerBedeutung. Die Zeitung und das Radio sindaber faktisch ohnehin ausgelscht worden,auch wenn wir jetzt frei gesprochen wr-den. Das gesamte Material, Druckmaschi-

    nen, Fotoarchiv ... ist vernichtet, weil dieganze Zeit keinerlei Manahmen zu dessenSicherung unternommen wurden.(c) Ralf Streck, Donostia den 23.11.2005

  • 8/6/2019 Gefangenen Info #305

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    Susurluk in SemdinliNach dem Bombenanschlag auf einenBuchladen in Semdinli sind die von der Be-vlkerung gefassten und der Polizei ber-gebenen Tter verschwunden. In ihrem Au-to, das auf die Jandarma angemeldet ist,wurden neben Waffen eine Todesliste undLandkarten gefunden.

    Seit einer lngeren Zeit herrschte Angst inSemdinli, weil es wiederholt zu Bombe-nanschlgen kam. Durch den spontanenEingriff der Bevlkerung, mit dem die T-ter gestellt wurden, stellte sich heraus, war-um die Urheber des Terrors seit Monatennicht gefasst werden konnten. Hinter denBombenanschlgen, die das Leben in derKreisstadt zur Hlle machten, steckt dieJandarma. Die Tatsache, dass die TterMehmet Agar angerufen haben, zeigt, dassSusurluk immer noch aktuell ist.

    Bombe auf die HoffnungDer jngste Angriff, der die Bevlkerungzum Aufstand auf die Straen trieb, begannmit einem Bombenanschlag auf die Buch-handlung Hoffnung. Als es der Bevlke-rung gelang, die drei flchtenden Tter zustellen, wurde ein vertuschter Skandal, einNetzwerk schmutziger Beziehungen, einAbleger der Susurluk-Bande in Semdinliaufgedeckt. Bei allen drei Ttern handelt essich um Soldaten mit Offiziersrngen.

    Der legale JITEM: JIS

    In de