Gefangenen Info #362

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  • 8/3/2019 Gefangenen Info #362

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    gefangenen infounsere solidaritt gegen ihre repression

    juni 2011 nr. 362 preis brd: 2 preis ausland: 2,70 www.gefangenen.info

    Solidaritt mit Werner Braeuner Knastkampf in Georgia Zur Repression in Russland

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    Liebe Leserinnen und Leser,

    leider haben sich in der letzten Ausgabe kleine Fehler eingeschlichen. Die korrigierteFassung des Artikels auf Seite 3 erreichte uns leider erst nach dem das GI bereitsden Weg in den Druck angetreten hatte. ( An der Stelle mchten wir uns nochmal beiunseren GenossInnen aus dem Vertrieb entschuldigen die die unschne Aufgabe hattediese Fehler auszubaden) Auch war die letzte Ausgabe die Nr. 361 und nicht die Nr. 360.

    Zur aktuellen Ausgabe:

    Anlsslich der bevorstehenden Prozesse und der Verfolgung von Militanten die amKonstituierungsprozess einer Roten Hilfe International beteiligt sind, fhrten wir Inter-views mit VertreterInnen der SR/APAPC aus Belgien, der Roten Hilfe des RevolutionrenAufbaus Schweiz und der Soccorro Rojo aus Spanien, um ber den Hintergrund derVerfahren, der angestrebten Strategie mit der von unserer Seite diesen Angriffenbegegnet werden soll und der aktuellen Situation zu informieren. ber die Repressionder GenossInnen in Italien in LAquila - berichteten wir bereits in der Mrz Ausgabedes Gefangenen Infos (Nr. 360).Auf den Prozess der sich im Rahmen dieser Repression gegen eine Genossin in derSchweiz richtet mchten wir an dieser Stelle nochmals besonders hinweisen:Er wird am 19., 22. und 23..09 2011 vor dem Bundesstrafgericht in Bellinzona stattfin-den.

    Einen weiteren Schwerpunkt in dieser Ausgabe ist Werner Braeuner gewidmet derseit dem 08. Mai - Tag der Befreiung vom Faschismus ein Todesfasten gegen dieunwrdigen Knastbedingungen macht. Er setzt sein Leben fr einen kleinen Teil an Au-tonomie und Wrde im Knast fr das Recht auf Selbsternhrung der Gefangenendurch die Ausbezahlung des Tagessatzes von 7 Euro fr etwas das alle Gefangenenwas angeht. Wir rufen an dieser Stelle eindrcklich alle dazu auf - egal ob drinnenoder drauen - Werner in diesem Kampf zu untersttzen! Seine aktuellen Briefesowie Briefe von Devrim Gler, Thomas Meyer- Falk und von Roland Schwarzbergeran Werner findet ihr in der Rubrik Gefangene.

    Werner, wir stehen an deiner Seite! - Kampf der Repressionsmaschinerie!

    Mehr aus der Terrorkiste ..

    ..zaubern gerade die Ermittlungsbehrden in Dresden und Sdbrandenburg hervor.

    Den erfolgreichen Blockaden und militanten Aktionen gegen den Naziaufmarsch sollnun auf polizeilichem Wege (Verfahren nach 129, Anquatsch- und Einschchterungs-versuche von AktivistInnen durch den Verfassungsschutz, Razzien etc.) das Maulgestopft werden. Dazu findet ihr einen Bericht von abolish 129 aus Dresden.

    Vor dem Oberlandesgericht in Dsseldorf begann am 19. Mai der inzwischen vierte129b Prozess der sich gegen vermeintliche Mitglieder der DHKP-C, gegen Sadi zpolatund nal Kaplan Dzyar, richtet. Einen Bericht von der Prozessdelegation findet ihrebenso wie die nchsten Termine der Verhandlungen und einen Brief von Sadi zpolat- ebenfalls in dieser Ausgabe.

    Doch auch erfreuliches ist zu berichten...

    wie der Artikel zu dem Knastaufstand in Georgia zeigt: Knastkampf ist Klassenkampf- ist mglich ist notwendig!

    In diesem Sinne:

    Der Repression die Zhne zeigen!Drinnen und Draussen Ein Kampf!

    Die Redaktion

    Das Gefangenen Info ist aus dem Angehrigen Info hervorgegangen, welches im Hungerstreik der politischen Gefangenen 1989 als Hungerstreik Info entstand.HerausgeberInnen: Netzwerk Freiheit fr alle politischen Gefangenen und FreundInnen.V.i.S.d.P.: Wolfgang Lettow c/o Gefangenen Info, c/o Soziales Zentrum, Alexander-Puschkin-Str. 20, 39108 MagdeburgNichtredaktionelle Texte spiegeln nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wider. Beitrge der Redaktion sind entsprechend gekennzeichnet.Bestellungen (Inland): Einzelpreis: 2. Ein Jahresabonnement kostet 25,20 (Frderabo 28,00), Buchlden, Infolden und sonstige Weiterverkufer erhalten bei Bestel-lungen ab 3 Stck 30% Rabatt. Bei Bestellungen erhalten Sie eine Rechnung, die anschlieend auf das Konto des Gefangenen Info zu berweisen ist.Bestellungen (Ausland): Einzelpreis: 2,70. Ein Jahresabonnement kostet 28,40 (Frderabo 31,20), Buchlden, Infolden und sonstige Weiterverkufer erhalten bei

    Bestellungen ab 3 Stck 30% Rabatt. Bei Bestellungen erhalten Sie eine Rechnung, die anschlieend auf das Konto des Gefangenen Info zu berweisen ist.Anschrift: Gefangenen Info, c/o Soziales Zentrum, Alexander-Puschkin-Str. 20, 39108 MagdeburgRedaktion: [email protected], Vertrieb: [email protected]: Gefangenen Info, Konto-Nr.10382200, Bankleitzahl: 20010020, Postbank HamburgEigentumsvorbehalt: Nach diesem Eigentumsvorbehalt ist die Zeitung solange Eigentum der/des AbsenderIn, bis es den Gefangenen ausgehndigt worden ist. Zur-Habe-Nahme ist keine Aushndigung im Sinne des Vorbehalts. Wird das Info den Gefangenen nicht persnlich ausgehndigt, ist es der/dem AbsenderIn mit dem Grundder Nichtaushndigung zurckzuschicken.

    e-mail: [email protected] homepage: www.gefangenen.info

    2 gefangenen info juni 2011

    vorwort inhalt dieser ausgabe

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    Seite 3

    Solidaritt mit Werner Braeuner

    Schwerpunkt

    Interview mit Bertrand Sassoye

    Verteidigen wir die angegriffenen Mi-

    litanten der RHI in der Schweiz, Belgienund Spanien!

    Interview mit der Soccorro Rojo

    Zur Situation der spanischen Gefange-nen

    Inland

    Zur Repression in Dresden

    Bericht zum Prozessauftakt gegenSadi zpolat und nal Kaplan Dzyar

    Ulrike Presente!

    Strafvollzug 2011

    International

    Knastaufstand in Georgia

    Free Bradley Manning!

    Bobby Sands Presente!

    Aktuelle Repression in Russland

    Gefangene

    Solidaritt mit Werner Braeuner!

    Briefe von Devrim Gler, ThomasMeyer-Falk und Roland Schwarzenber-ger zu Werner

    Briefe von Gnther Finneisen, NurhanErdem und Andre Borris M. A MoussaSchmitz

    Gefangenenadressen

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    Werner Braeuner sitzt zur Zeit in der JVASehnde bei Hannover ein. Er wurde 2001 we-gen Totschlags an einem Arbeitsamtdirektorin Verden zu 12 Jahren Knast verurteilt. Ent-gegen oftmals in der ffentlichkeit gefallenenuerungen hat Werner keine Verzweiungstat

    begangen, sondern sein Handeln entsprang ra-tionalen politischen berlegungen.

    Seit dem 8.5. bendet sich Werner in einemunbefristeten Hungerstreik. Der Grund dafrist: Werner und einige Mitgefangene auf seinerHaftstation befrchten (und haben auch Hin-weise darauf), dass das Knastessen mit Exkre-menten verunreinigt ist.

    Dazu fhrt Werner in seiner Erklrung zumHungerstreik aus:

    Durch ekelerregende Eintragungen ungenie-bar gemachtes Essen ist ein in allen Knsten

    auftretendes und bekanntes Problem... Knstesind Heimsttten der Niedertracht; es gibt dorteine im Vergleich zu drauen weit berdurch-schnittliche Zahl von persnlichkeitsgestrtenbis hin zu verrckten Menschen, die aus ge-ringfgigen Anlssen bisweilen extreme Ver-haltensweisen an den Tag legen: z.B. ausallgemeiner Gekrnktheit, diffusem Frust,Migestimmtheit und auch manchmal ohne ir-gendwie nachvollziehbare Anlsse. Anlass frein motivlos scheinendes wahlloses Schdigenanderer Personen kann schon die seelischeEntlastung sein, die eine gestrte Person sichdurch eine niedertrchtige Handlung zu ver-schaffen vermag. So kommt es in den Knastk-

    chen nicht selten zur Entdeckung von ekelerre-genden Eintrgen im Essen. Die in der Kchettigen Gefangenen werden dann energischzum Schweigen verpichtet und fr den Fall derZuwiderhandlung mit Rauswurf, Arbeitsverbot,Disziplinarstrafen, Verlegung in andere Knsteusw. bedroht. Dennoch dringen als zuverlssigzu bewertende Informationen ber jene Vor-gnge selbstverstndlich nach aussen. Vonden Gefangenen werden sie meist verdrngt,da man dem vllig hilos gegenbersteht. Manschluckts runter - buchstblich - oder es wer-den bestimmte Speisen gemieden, meist dermonatliche Eintopf und die Nachspeisen. DieBewltigungsversuche variieren je nach Per-

    son. Der Ekel hngt stndig in der Luft ohne je greifbar zu werden; usserungen wie derErdbeerquark hat heute ja richtig Farbe kn-nen da sehr spezielle Bedeutungen gewinnen.Technisch ist es in den Knastkchen wohl so,dass die Kchenmitarbeiter ihr eigenes Essen

    getrennt zubereiten - das ist auch nach Maga-be der Justiz nicht zulssig und Proben fr dieLebensmittelberwachung draussen werdenwohl oft aus diesen Kesseln entnommen; jederim Knast wei das, aber keiner kann es bewei-sen und alle Gefangenen mssen die Folgen

    tragen. Es ist auch vielen Gefangenen in vie-len Knsten bekannt, dass 2010 die Kche derJVA Hannover wegen unhaltbarer hygienischerZustnde von der zustndigen Gesundheitsbe-hrde geschlossen wurde.

    Werner hat sich nach einigen natrlich erfolg-losen Versuchen, die Justiz-Brokratie fr dieAngelegenheit zu sensibilisieren und demVerweis auf Lsungsmglichkeiten (Selbstver-pegung) wegen unberwindlichen Ekels undakuter Gesundheitsgefhrdung entschlossen,den Hungerstreik aufzunehmen und im Fal-le von Zwangsernhrung seine Selbstttungangekndigt, weil dann seine Wrde und Ge-

    sundheit sowie zerstrt seien. In solch einer Si-tuation ist es von herausragender Bedeutung,dass Gefangene in der Hungerstreik-SituationAufmerksamkeit und Solidaritt von draus-sen erfahren und damit der Justiz signalisiertwird, dass ihre (Nicht-)Manahmen beobachtetwerden, d.h., dass es ihr erschwert oder sogarunmglich gemacht wird, mit den Gefangenenin der fr sie bequemsten Weise zu verfahren,natrlich schnell eine Zwangsernhrung einzu-leiten und durch Psychatrisierung den zweifa-chen Effekt des erstens der ist sowieso durch-geknallt und zweitens das Abschieben eben indie Psychiatrie zu erreichen.

    Erfreulicherweise gibt es Reaktionen aus ver-schiedenen politischen Szenen. Dazu einigeBeispiele:Gefangene wie Roland Schwarzenberger undThomas Meyer-Falk aus Bruchsal haben sichmit Werners Hungerstreik solidarisiert. EbensoDevrim Gler, ehemaliger Gefangener aus dem129b-Verfahren. Ihm droht die Auslieferung indie Trkei und zur Zeit ist er unter Residenz-picht.

    Das Komitee fr Grundrechte und Demokratievertreten durch den GefangenenbeauftragtenChristian Herrgesell wendet sich in einem offe-nen Brief an den niederschsischen Justizmi-

    nister Busemann sowie die Anstaltsleiterin derJVA Sehnde und fragt, ob die Ernhrungssitu-ation in den Knsten nicht sowieso unhaltbarsei und zeigt sich besorgt, dass sich diese Lagenoch verschrft; es wird auch ausgefhrt, dassman die weitere Entwicklung im Falle Werners

    kritisch beobachten wird. Die Zeitung NeuesDeutschland verffentlichte einen ausfhrlichenArtikel von Peter Nowak zum HungerstreikWerners. Auch das Gefangenen Info (GI), In-dymedia, Labournet und Anarchist Black CrossBerlin (ABC) berichten in ihren Druckerzeugnis-

    sen bzw. Internetauftritten detailliert ber Wer-ners Kampf.

    In Berlin hat sich eine Soligruppe gebildet, diebereits am 19.5. eine Solidaritts-Kundgebungvor der niederschsischen Landesvertretung inBerlin abgehalten hat - natrlich von der Staats-macht in Uniform und Zivil misstrauisch beugt- und weiterhin Veranstaltungen (z.B. am 7.6.um 19.30 Uhr im Mehringhof, Berlin) und wei-tere Soli-Kundgebungen plant.Es gibt auch viele einzelne Personen, die -zumeist in emails - ihre Solidaritt mit Wernerausdrcken. Besonders hervorzuheben sindin dieser Gruppe die Gefangenen, die sich

    beispielsweise an die Initiative Solidaritt mitWerner Braeuner wenden.

    Werner Braeuner ist ungebrochen und kmp-ferisch gestimmt. Er macht einen psychischguten, stabilen Eindruck, aber physisch hin-terlsst der Hungerstreik natrlich Spuren; erist deutlich abgemagert. Den Schokoladen-verzehr anderer Gefangener im Besuchsraumder JVA Sehnde quittierte er mit Gleichmut undberichtete lachend ber zeitweilige Hunger/Fress-Phantasien ( Rumpsteak, Schwarzbrot,Avocado-Creme).

    In den nchsten Wochen wird es fr uns draus-

    sen darauf ankommen, die ffentlichkeit wei-terhin zu informieren und auch gegenber derStaatsmacht zu zeigen, dass wir da sind undunsere Freunde und Genossen im Knast nichtallein lassen.

    Fr postalische Solidarittsbekundungenhier die Anschrift von Werner:Werner BraeunerJVA SehndeSchnedebruch 831319 Sehnde

    Fr emails: [email protected]

    Thomas Bodenstein(Initiative Solidaritt mit Werner Braeuner)

    juni 2011 gefangenen info 3

    seite 3 schwerpunkt inland international dossier gefangene feuilleton kurzmeldungen

    Solidaritt mit Werner Braeuner -In einem unbefristeten Hungerstreik seit dem 08.Mai

    www.political-prisoners.net

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    Grundstze und Techniken mi-litanter Selbstverteidigung an-wenden (Aussageverweigerungbei der Polizei, Verschlsselungder Mitteilungen usw.).

    Gefangenen Info: Wie seht ihreuren Prozess im Vergleich zuanderen Anti-Terror Prozessengegen linke Organisationen inEuropa? Welche Schlsse ziehtihr daraus?

    SR/APAPC: Wir sind mit demspeziellen Fall konfrontiert, einenProzess wegen terroristischerAktivitt zu haben, ohne terro-

    ristische Aktivitt zu betreiben.Damit ist es ein beispielhafter Fallim Sinne der neuen Gesetze, diedarauf zielen revolutionre Krfteprventiv zu kriminalisieren.

    Die Polizei, die Untersuchungs-richterin und die Bundesstaats-anwaltschaft haben sich sehr weitvon den blichen Praktiken inBelgien entfernt. Deshalb hat un-ser Fall viele reformistische Krftemobilisiert, die ihre Beunruhigung

    geuert haben in Bezug auf die,in ihren Augen, bertreibungen,(Vermutung von Schuld und Ge-fhrlichkeit) dabei ist das in Wirk-lichkeit die Logik der prventivenKonterrevolution selbst.

    weitere Informationen:

    www.rhi-sri.org

    www.secoursrouge.org

    seite 3 schwerpunkt inland international dossier gefangene feuilleton kurzmeldungen

    4 gefangenen info juni 2011

    Anlsslich der bevorstehen-

    den Prozesse gegen Militante

    die am Konstituierungspro-

    zess der Roten Hilfe Interna-

    tional beteiligt sind, fhrten

    wir ein Interview mit BertrandSassoye, Mitglied des interna-

    tionalen Sekretariats und der

    Kommission zum Aufbau ei-

    ner Roten Hilfe International,

    sowie ehemaliger Militanter

    der Stadtguerilla Kmpfende

    Kommunistische Zellen (CCC).

    Gefangenen Info: Kannst du unsvon deiner Untersttzungsarbeitdes Klassenkampfes durch z. B.

    Streiks erzhlen?

    SR/APAPC: Wir untersttzennicht direkt Streiks. Als Antire-pressionsorganisation greifen wirnur ein, wenn Arbeiterkmpfe mitdieser konfrontiert sind (Einst-ze von Vollstreckungsbeamten,der Polizei gegen Streikposten,der Entlassung von Beauftragtender Arbeitergewerkschaften, Pro-zessen). Wir beteiligen uns dannan Informationskampagnen, wir

    gewhrleisten die Prsenz aufKundgebungen und Treffen vorden Gerichten usw.Aber wir haben nicht viele Er-fahrungen in diese Richtunggemacht. Die groen Gewerk-schaftsorganisationen verhindernoft diese Kmpfe, manchmal sosehr, dass der Informationsussblockiert wird.

    Gefangenen Info: Im Hinblick

    auf eure Arbeit als Rote Hilfe,welche Repressionsflle oderpolitischen Gefangenen erschei-nen euch am Wichtigsten?

    SR/APAPC: Der Fall der revolu-tionren Gefangenen, die mitwir-ken oder versuchen mitzuwirkenbeim revolutionren Prozessdurch Propaganda- , Prsenz-,Analysearbeit usw. eine be-sondere Anerkennung verdienenauch die, die es schaffen kollektiv

    zu arbeiten, wie z. B. die Gefan-genen des Kollektivs AURORA inItalien oder den Gefangenen desRevolutionren Kampfes (EA) in

    Griechenland.Das Eingreifen bei Repressions-fllen im Klassenkampf ist sehrwichtig fr uns aber wir ha-ben die Schwierigkeiten dessen

    schon erwhnt.

    Gefangenen Info: Was kannstdu uns im Bezug auf die Ope-ration Tramonto erzhlen. Wiesah die Zusammenarbeit der bel-gischen und italienischen Polizeiaus. Gab es Unterschiede darin?

    SR/APAPC: Die Operation Tra-monto hat keine direkte Aus-dehnung nach Belgien gehabt.

    Die italienische Justiz wirft unsnichts vor, obwohl sie es aufGenossInnen der Roten Hilfe inder Schweiz abgesehen hatte.Aber, auf Grundlage von Doku-menten der Akte Tramonto, hatdie belgische Justiz ihre eigeneAkte angelegt. Es gibt eine Seitean sich, die widersprchlich ist:die belgische Justiz belangt viervon uns wegen Mitgliedschaftin einer terroristischen Vereini-gung in Italien, wohingegen die

    italienische Justiz uns nichts vor-wirft. Aber es handelt sich grund-legend um zwei voneinanderunabhngige Verfahren. Die Zu-sammenarbeit der Polizei beiderLnder verlief klassisch: Rechts-hilfeersuchungen, Polizisten unddie belgische Untersuchungs-richterin haben die italienischenGefangenen vernommen, diebelgische Polizei hat die Doku-mente aus der italienischen Akte

    erhalten, usw..

    Gefangenen Info: Wie sieht dieUntersttzungsarbeit in euremProzess aus?

    SR/APAPC: Den Fall verbreitenund die speziellen Gesetze, dieBestandteil der prventiven Ge-genrevolution sind, angreifen.

    Gefangenen Info: Wie wird eureVerteidigungsstrategie fr den

    Prozess aussehen?

    SR/APAPC: Wir werden die spe-ziellen Gesetze angreifen und die

    Interview mit Bertrand Sassoye (SR/APAPC)red.

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    Es ist bekannt: Der Kapitalismus hatausser der Zunahme von Kriegsschau-pltzen, dem Abbau von Arbeits- und Le-

    bensqualitten und dem entsprechendschrfer gefhrtem Klassenkampf vonoben nichts mehr zu bieten. Die aktuelleKrise macht sich nicht nur konomisch,sondern lngst politisch wie kulturell inverschiedensten Gesellschaftsbereichenbreit, traditionelle bis reaktionre Werteverdrngen fortschrittliche Errungen-schaften.Wenn sich diese kapitalistische Kri-senspirale dreht, dann dreht sich dieRepressionsmaschinerie meist zeitlichverzgert mit wenn sich der Widerstandam Arbeitsplatz, in der Bildung, auf derStrasse, gegen Umweltzerstrung undfr eine revolutionre Alternative zumbestehenden Kapitalismus regt! Auf dieverschiedensten Formen und Inhalte desWiderstandes im allgemeinen und ganzspeziell gegen revolutionre Organisie-rungen reagiert die Repression mit un-terschiedlichen Instrumenten.

    Der Gang durch die Gerichtsslewird zum Teil des revolutionren Pro-zesses

    Dies wird sich zwischen dem 19. und23 September am Bundesstrafgericht inBellinzona ...(im sdlichen Teil der Schweiz) abspie-len. Die Schweizer Bundesanwaltschafthat nach langen und sehr aufwendigen,auch international verknpften Ermitt-lungen eine Anklageschrift gegen eineGenossin des revolutionren AufbauSchweiz und der Kommission fr eineRote Hilfe International deponiert. Kon-kret geht es um 5 pyrotechnische An-schlge gegen Einrichtungen des spa-

    nischen Staates (das Generalkonsulatund das Fremdenverkehrsamt), gegendas griechische Fremdenverkehrsb-ro, Iberia und EL AL (alle 3 im gleichenGebude; u.a. im Zusammenhang mitden Hungerstreiks der politischen Ge-fangenen der PCE(r) und GRAPO inden Jahren 2002 und 2004), gegen denInlandsnachrichtendienst der Schweiz(DAP), gegen das Staatssekretariat frWirtschaft (SECO2) und gegen die Kan-tonspolizei Zrich. Ein weiterer Anschlaggegen das indische Generalkonsulat inBern erscheint zur Zeit nicht mehr in den

    Akten. Die Anschlge wurden alle mitFr eine revolutionre Perspektive un-terzeichnet. Unter diesem Namen ndenseit 1997 zahlreiche Anschlge gegenden Staat, das Kapital, imperialistische

    Kriege, Gipfeltreffen la WEF und dieKonterrevolution statt.Seit Jahren ver-suchen italienische wie schweizerische

    Staatsschtzer die Genossin in Haft zusetzen. Einige Male sa sie bereits we-gen Landfriedensbruch im Knast. Immerwieder gab es auf Geheiss italienischerStaatsschtzer auch bei ihr internationalkoordinierte Hausdurchsuchungen. Zu-letzt fand eine solche Hausdurchsuchungam 12.2. 2007 im Zusammenhang mitder Verhaftungswelle gegen das revolu-tionre Projekt der PC p-m in Italien statt.Das damals erffnete Verfahren in Italienwegen Mitgliedschaft in einer terroris-tischen Vereinigung ist bis heute nichtofziell abgeschlossen worden. Auchinteressierte sich die belgische Staats-anwaltschaft fr sie, als sie am 5. Juni2008 die vier Genossinnen der RotenHilfe Belgien bezglich Untersttzungeiner terroristischen Vereinigung (wie-derum die PC p-m) in Untersuchungs-haft setzte. Diese beiden internationalenRechtshilfegesuche kommen im vorlie-genden Prozess nicht als Anklagepunktzur Sprache, aber ihre Akten sind in denzahlreichen Bundesordner zum Prozessuntergebracht. Auf die typisch schweize-rische Art der prventiven Konterrevo-

    lution meidet die Anklagebehrde denBegriff terroristische oder subversiveVereinigung. Damit meint sie die Frageder politischen Feindes im Innern desLandes umgehen zu knnen!

    Das Verhalten der Konterrevolution

    Sie unterscheiden ganz klar zwischenkonkreten Anklagepunkten und Stim-mungsmache, wie eben die Einfhrungdes italienischen oder belgischen Verfah-rens im Hauptdossier. Das gleiche Ziel

    versuchen sie ber direkte bis indirekteAnspielungen im Zusammenhang mitden 3 in der Schweiz verhafteten Anar-chistInnen, die wegen einem versuchtenSprengstoffanschlag auf das neue IBM-Forschungszentrum zur Nanotechnolo-gie in Rschlikon im Knast, oder mit derin der Schweiz explodierten Paketbombegegen die Atomlobby. Immer wieder tau-chen dabei Anspielungen auf, die einendirekten oder indirekten Zusammenhangzum Prozess gegen die Genossin desAufbaus und der RHI erahnen lassensollen. Die Zustndigkeit fr Billy, Costa

    und Silvia wurde mit der Anklageerhe-bung von der Bundesanwaltschaft andas Bundesstrafgericht bertragen.Die haben nun die bereits durchgefhrteZensur und Restriktion in der Korrespon-

    denz und Kontakte, diese nochmals ver-schrft: von den 4 Briefen pro Wochesind sie auf 2 pro Woche gesunken. Wie

    knnen sich unter dieser drakonischenZensur die 3 anarchistischen Gefange-nen da noch einen politischen Prozessfhren? Die internationalen Angriffe (dieteilweise auch koordiniert sind, wie derje-nige in Belgien, der Schweiz und Italien)haben eines gemeinsam: Sie wollen mitder Kriminalisierung einzelner Militanten

    den Aufbau internationaler Klassensoli-daritt wie auch konkrete politische Pro-

    jekte im Lande selber treffen. Ganz imSinne von Mao Tse Tung: Wenn wir vomFeind bekmpft werden, dann ist das gut;denn es ist ein Beweis, da wir zwischenuns und dem Feind einen klaren Tren-nungsstrich gezogen haben. Wenn uns

    der Feind energisch entgegentritt, unsin den schwrzesten Farben malt undgar nichts bei uns gelten lt, dann istdas noch besser; denn es zeugt davon,da wir nicht nur zwischen uns und demFeind eine klare Trennungslinie gezogenhaben, sondern da unsere Arbeit auchErfolge gezeitigt hat. Und um das obigeZitat der Aurora weiterzufhren werdenwir den Ball aufgreifen und versuchenden Gang durch die Gerichtssle als ei-nen kleinen Beitrag zur Passage des re-volutionren Prozesses zu machen.

    Rote Hilfe desRevolutionren Aufbau Schweizwww.aufbau.org

    seite 3 schwerpunkt inland international dossier gefangene feuilleton kurzmeldungen

    juni 2011 gefangenen info 5

    Verteidigen wir die angegriffenen Militanten der RHI in derSchweiz, Belgien und Spanien!

    seite 3 schwerpunkt inland international dossier gefangene feuilleton kurzmeldungen

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    In Spanien steigt die Repression stetig. Sie betrifftsowohl, jene die Politik machen, als auch Unterstt-zerInnen von politischen Gefangenen und Angeh-rige der illegalisierten politischen Parteien, Gueril-las, UnabhngigkeitskmpferInnen, AnarchistInnenusw.In diesen Tagen gehen die jungen Spanier auf dieStraen. Ihre Bewegung nennt sich lIdigniati(DieEntsetzten). Sie protestieren gegen die Korruptionder politischen Klasse und die Repression im Allge-meinen, welche versucht jedem ein Maulkorb auf-zusetzen, der nicht ihrer etablierten Werteordnungfolgt.Man muss sich Bewusst sein, dass nach demTod Francos, theoretisch zwar ein demokratischerWandel stattfand, allerdings alles leere Verspre-chungen waren.Nicht nur, hat sich nichts gendert, sogar die Mn-ner und Frauen an der Macht sind die gleichen wiezur Zeit Francos. Aktuell haben die spanischenRichter beschlossen, dass alles GRAPO und al-les ETA ist, d.h. Politische AktivistInnen, die z.B.plakatieren und politische Propaganda betreiben,werden mit denjenigen die bewaffnet kmpfen

    gleichgestellt. Als Folge dessen sind die Strafen ex-trem hoch geworden. Dazu kommt, dass, dank derParot Doktrine viele GenossInnen die ihre Strafeabgesessen haben, nicht frei gelassen wurden.Diese Parot Doktrine ist ein Gesetz, das nicht maldie von ihnen eigens erlassenen Gesetze achtet.Es wird rckwirkend angewandt , indem de facto,lebenslngliche Strafen fr politische Gefangeneverhangen werden.

    Wir mssen hinzufgen, dass in diesen Tagen,nach viel Protest, es so aussieht, als knne diesesGesetz auer Kraft gesetzt werden jedoch ist eszur Zeit immer noch geltend.

    Sicherlich, gibt es immer, Widerstand in den Ge-

    fngnissen. Was die Gefangenen der RSI, PCE(r),GRAPO betrifft, sie haben ein Kollektiv gegrndet.Frher, wurden dank der Proteste in den Knsten,die Gefangenen zusammengelegt. Um diesesZiel zu erreichen, fhrten die Gefangenen einenHungerstreik, teils bis zum Tod, durch. Infolge desHungerstreiks, sind viele gestorben und viele ber-lebende leiden an schrecklichen gesundheitlichenZustnden.Die regierenden Sozialisten haben sich als Schlim-mer erwiesen, als die PP, die Vorgngerregierung:So wurden die Gefangenen auf verschiedene Std-te im ganzen Land aufgeteilt. Und nie nah an ihremWohnsitz, damit sie ja kein Besuch bekommen.Trotz der Entfernungen und der Schwierigkeiten

    eine Besuchererlaubnis zu bekommen, bleibt, dankder Solidaritt der Soccorso Rosso, kein Gefange-ner isoliert. Neben dem unbefristeten Hungerstreikgibt es noch andere Widerstandsformen fr die Ge-fangenen:

    -nicht auf den Hof gehen-mit Protestschildern auftreten-sich zu weigern sich vor den Anhrungen nacktdurchsuchen zu lassen

    Die Gefangen der SRI, der PCE und GRAPO fh-ren derzeit einen Hungerstreik, zwei Tage die Wo-che. Vor kurzem wurde ein unbefristeter Hunger-streik beendet, welcher initiiert wurde, um gegen diegrausamen Bedingungen der JVA Leitung, gegenden Genossen Arenas, Generalsekretr der PCE(r), anzukmpfen.Dank dieses Streiks wurden die Behrden gezwun-gen, Zugestndnisse fr Arenas zu gewinnen.Welche, zwar minimal, ihm ein wrdiges Leben imGefngnis erlauben. Ihm wurde das Gebiss zurck-gegeben, welches weggenommen wurde, damit ernicht mehr essen kann. Die Brille wurde zurckge-geben, welche ihm Abgenommen wurde um ihn amLesen zu hindern.Alle unsere Gefangenen sind als hchstgefhrlicheingestuft. Das bedeutet Isolationshaft.Sie drfen nur ein mal die Woche telefonieren, dasTelefonat wird abgehrt und aufgenommen.

    Sie haben nur alleine Freigang, sie drfen nicht angemeinsamen Aktivitten teilnehmen (Fuball...).

    Die Aktivitten unserer Gefangenen variieren: VieleZeichnen oder Malen, andere schreiben Gedichteoder Geschichten. Alle lernen und vertiefen ihr Wis-sen.

    Wir ergnzen, dassArenas schon 67Jahre alt ist. Ansich ist er noch

    jung, aber wegender viele Jahre imUntergrund und

    jetzt im Gefngnis,

    ist seine Gesund-heit sehr ange-schlagen. Verstrktdadurch, dass dieWrter ihm die n-tigen Medikamenteund Behandlungenverweigern:Es soll z.B. wegenGrauen Star ope-

    riert werden, weil er sonst sein Augenlicht verliert.Aber obwohl es sich um eine kleine Operation han-delt, wird es ihm verwehrt. Er hat ebenfalls Magen-probleme, bekommt aber nicht mal das von denKnastrzten verordnete Essen.

    Er leidet an (einer Art) Bandscheibenvorfall undRheuma, welche ihm die Bewegungen erschwerenund teilweise sogar unmglich machen.Trotz Alledem, ist seine Stimmung gut und er wider-strebt sich allen Ungerechtigkeiten.

    Wie schon erwhnt gibt es in Spanieneine groe Solidarittsbewegung, dankwelcher kein Gefangener isoliert bleibt.Anfangs gab es den Soccoro Rojo, wurdeaber von der Regierung verboten.Deswegen gab es eine Namens undStrukturnderung.Es wurde die AFAPP gegrndet (Asso-ciazione Familiari e Amici der PrigionieriPolitici).Seit ein paar Jahren, lsen sich fast alleAFAPPS auf und werden von dem Kom-mit fr eine Rote Hilfe (Comitati per unSoccorso Rosso) ersetzt.

    Erinnert euch, dass Spanien das EIN-ZIGE europische Land ist mit militantenGefangenen der Roten Hilfe, die wegenMitgliedschaft in einer bewaffneten Grup-pe, eingeknastet sind.Die Kommits fr eine spanische RH sindsehr viele und es gibt sie auf jeder Ebene/

    jedem Gebiet:sie treffen sich mit den Gefangenen, ver-kaufen ihre handwerklichen Produkte (Pins, Ketten, Armbnder, Puppen, Bilder). Sie machen auf die Situation der Ge-

    fangenen aufmerksam, nehmen an denGerichtssitzungen teil, und kmmern sichdarum, dass kein Gefangener sich isoliertfhlt.

    Seit die RH zum integralen Bestandteilder Guerilla erklrt wurde, hat sich dasLeben fr die solidarischen GenossInnennoch mehr erschwert.

    Wir knnen trotzdem feststellen, dass jeschlimmer die Situation wird und je mehrRepressionen stattnden, desto mehrMenschen, vor allem junge Leute, an derSolidarittsbewegung teilnehmen wollen.

    Aus Deutschland kann man den spa-nischen GenossInnen beispielsweisedurch Briefe helfen.Aber denkt dran, sie knnen maximalzwei die Woche erhalten, und maximalzwei die Woche verschicken. Ebenfallswerden ALLE Briefe und Texte der Zensurunterzogen.Bei kleinen Texten knnen wir euch beider bersetzung helfen. Wenn ihr aufdeutsch schreibt, wird der Brief von der /durch die Zensur zurckgehalten.

    Ihr knnt ebenfalls durch Veranstaltungenund Filme auf die Situation der Gefangen

    aufmerksam machen. Oder durch Akti-onstage fr die Gefangenen.

    [email protected]

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    Interview mit demComitati per un Soccorro Rojo Internacional

    red.

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    Zur Situation der spanischen Gefangenenred.

    Dieser Bericht beruht auf den Informationenaus dem Brief eines spanischen Gefangenenwelcher uns im vergangenen Monat erreichte.

    Der Kollektiv kommunistischer und antifaschis-tischer politischer Gefangenen in Spanien um-fasst 15 Frauen und 18 Mnner, von denen1 Mitglied der Roten Hilfe International ist, 14

    Mitglieder der PCE(r) (Kommunistische ParteiSpaniens wiederaufgebaut) und 18 Mitgliederder GRAPO (Antifaschistische Widerstands-gruppen Erster Oktober) sind. Zurzeit bendensich dazu sechs Aktivisten der Roten Hilfe In-ternational in vorbergehender Freiheit, bis ihrProzess stattndet.

    Seit der Diktatur Francos versucht das spa-nische Regime mit jedem polizeilichen, mi-litrischen, propagandistischen und straf-rechtlichen Mittel die politische Aktivitt derantifaschistischen Widerstandsbewegung zuunterdrcken. Diese Unterdrckung verschrftsich besonders im Gefngnis. Die Gefange-nen werden wie Geiseln gegen die antifaschi-

    stische Widerstandsbewegung benutzt um derBevlkerung zu signalisieren ,,Seht was wiralles willkrlich gegen diejenigen machen kn-nen, die gegen den Staat handeln.

    Diese Aktionen der Regierung gegen die Ge-fangenen gehen in verschiedene Richtungen:Die Gefangenen werden zu sehr langen Stra-fen verurteilt, die tatschlich, nicht ausgespro-chene, lebenslange Strafen sind. So sitzt zumBeispiel Xaime Simon Quintela seit 26 Jahrenim Gefngnis. Er hat seine Strafe schon abge-sessen, aber er soll noch bis 2015 im Knastbleiben. Auch Suso Cela Seoane hat seineStrafe schon abgesessen, aber er bleibt bis2020 inhaftiert. Er ist jetzt seit 27 Jahren im

    Gefngnis. Maria Jesus Romero Vega hatnach 21 Jahren ihre Strafe abgesessen, abersie bleibt bis 2020 inhaftiert. Und Olga OliveiraAlonso ist in derselben Situation wie Maria Je-sus Romero. Juan Garcia Martin, Mitglied desZentralkomitees der PCE(r) und Chefredakteurihrer Zeitung wurde wegen seiner politischenAktivitt als kommunistischen Publizist zu 80Jahren ! Strafvollzug verurteilt.

    Der bekannteste Fall unter den PCE(r)-Mitglie-dern ist der von Manuel Perez Martinez (67),Generalsekretr dieser Partei, gegen den derStaat eine neue Art eines juristischen Konst-ruktes ernden musste, um ihn lebenslang insGefngnis zu sperren: Ihm wird ,,Begehung ei-

    ner Straftat durch Unterlassung vorgeworfen.Auf Spanisch hrt sich der Vorwurf nicht weni-ger absurd als im deutschen. Die Hhe der ver-hngten Strafmae gegen die politischen Ge-fangenen in Spanien ist so extrem hoch dasssogar die Europische Union die spanische

    Regierung darauf aufmerksam machte.

    Durch die Politik der Zerstreuung der Gefan-genen in die Gefngnisse des gesamten Lan-des will die Regierung zwei Ziele erreichen:Erstens werden die Gefangen in weit entferntgelegene Gefngnisse verlegt um sie so vonder Familien- und Sozialumgebung zu tren-

    nen. So ist es blich, das meist die aus demNorden stammenden Gefangenen in andalu-sischen Gefngnissen und die aus dem Sdenstammenden Gefangenen in Gefngnissen imNorden sind. Das ist auch eine Strafe fr dieFamilienangehrigen. Viele von ihnen msseneine zweitgige Reise fr einen 40-minutigenBesuch bewltigen Dadurch werden die Be-suche leidvoller, aufwendiger, schwieriger undseltener.

    Ein zweites Ziel dieser Politik ist es die politi-schen Gefangenen voneinander zu trennen.Die Zerstreuung wird in der Regel durch Isola-tion ergnzt. Die Gefangenen werden in Isolati-onszellen oder besondere Abteilungen verlegt,

    in denen sie kaum jemanden sehen. Oft dr-fen sie nur eine bis zwei Stunden allein oderin einer sehr kleinen Gruppe mit sozialen Ge-fangenen auf dem Hof spazieren. Ihre Post (inder Regel drfen sie nur 2 Briefe in der Wocheschicken) wird immer zensiert und die Kommu-nikationen mit dem Besuch beobachtet und be-hindert. Einige drfen nicht einmal Briefe oderZeitschriften aus dem Ausland empfangen. Im,,Bunker (so werden diese besonderen Isolati-onsabteilungen von den Gefangenen genannt)ist keine Handarbeit bzw. entspannende Kul-turaktivitt erlaubt. Manchmal drfen sie nichteinmal einen Bleistift und Papier in der Zellehaben. Dies war bis vor kurzem auch die Si-tuation von Manuel Perez Martinez, der von

    Februar bis zum 8. April im Hungerstreik war,um gegen ihn gerichtete Aggressionen durchdie Schlieer zu stoppen.Huge Demtigungen durch Zwang zum voll-stndigen Auskleiden und willkrliche Durch-suchungen der Zellen enden nicht selten inMisshandlungen. Ein frischer Fall hierzu ist dervon Juan Garcia Martin, der im Mrz verprgeltwurde, als er vom Gefngnis Puerto I in dasGefngnis Puerto III verlegt wurde. Die Gefan-genen der PCE(r) und der GRAPO haben sichimmer geweigert, diese Demtigungen deshugen, vollstndigen Auskleidens und derwillkrlichen Durchsuchungen hinzunehmen.Dieser Kampf um die Selbstachtung der poli-tischen Gefangenen und die Ablehnung, sich

    demtigen zu lassen wird von den Schlieernoft mit Misshandlungen beantwortet.Diese Demtigungen und Misshandlungengenauso wie alle Sorten brokratischer Be-schrnkungen der mndlichen und schrift-lichen Kommunikationen und die medizinische

    Vernachlssigung sind zustzliche Strafen,durch die das Regime den krperlichen Wi-derstand und den Widerstandswillen der inhaf-tierten Kommunisten und Antifaschisten bre-chen mchte.

    Die medizinische Vernachlssigung ist beson-ders skandals in den Fllen von sechs Ge-fangenen, die wegen ihrer ernsten Krankheiteneigentlich in Freiheit sein sollten, um eine re-gelmige medizinische Behandlung in einerKlinik zu erhalten.

    Manuel Arango Riego (65), Mitglied der PCE(r),10 Jahre im Gefngnis, leidet an chronischeIschiatitis einer Entzndung des Hftnerves,er hat Probleme in den ersten vier Wirbeln, inzwei Wirbeln hat er einen Bandscheibenvor-fall, in zwei anderen eine klare Abweichung. Erleidet dazu an chronische Hepatitis C. DieseKrankheit hat er 1982 bekommen, als er sichwhrend seiner ersten Inhaftierung im Ge-fngnis Soria operieren lassen musste. Er hatZellnekrose in 18 % der Leber, ein chronischesZwlfngerdarmgeschwr und Darmprobleme,denn ein Teil des Dnndarms wurde ihm ampu-tiert. Manuel Arango hat auch eine allgemeineArthrose. Er geht mit Krcken und oft ist er ander Hilfe eines anderen Gefangenen komplettangewiesen.

    Isabel Aparicio Sanchez (57), PCE(r)-Mitglied,seit 8 Jahre im Gefngnis, leidet an allgemeinerArthrose, Osteoporose, Phlebitis, chronischerSinusitis und Katarakt. Sie sollte an den Len-denwirbeln operiert werden, um zu vermeiden,dass sie komplett behindert wird und auf einenRollstuhl angewiesen bleibt. Aber die Strafvoll-zugszentralbehrde torpediert immer wiederdie notwendige klinische Behandlung.Carmen Munoz Martinez (49) PCE(r)-Mitglied,dreimal inhaftiert, insgesamt28 Jahren im Knastist wegen Brustkrebs auf eine Chemotherapieangewiesen.

    Manuel Perez Martinez, dreimal inhaftiert, ins-gesamt 18 Jahre im Knast, leidet an Hiatusher-nie und Augenkrankheiten.Maria Jose Banos Andujar, GRAPO-Mitglied,zweimal inhaftiert, insgesamt 18 Jahre imKnast, braucht eine Lebertransplantation. Sieist HIV-Trgerin und seit 2010 wartet sie aufeine koronare Bypass Operation. Trotzdem istsie in den letzten Monaten mehrmals von Knastzu Knast verlegt worden.Laureano Ortega Ortega (49), GRAPO-Mit-glied, dreimal inhaftiert, 22 Jahre im Knast, hat-te im September 2010 einen Herzinfarkt. Trotzseiner schweren Situation ist er in den Isola-tions- bzw. Strafzellen im Knast Puerto III.

    Zweifellos brauchen die Gefangenen unsereHilfe. Der Punkt ist aber, dass wir, die Arbeiterauf der Strae, die Hilfe der inhaftierten Kom-munisten und Antifaschisten viel mehr brau-chen, als sie die unsere.

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    In den letzten Jahren sind in Dresden zu-nehmend linke Strukturen in den Fokus derPolitik und Strafverfolgungsbehrden ge-rckt.

    Woher kommt dieses verstrkte Interes-se?

    Erfolgreiche linke Bndnispolitik lsst sich inDresden vor allem im Zusammenhang mitden antifaschistischen Protesten zur Verhin-derung des jhrlich stattndenden Naziauf-marsches um den 13. Februar herum mes-

    sen, der an die Bombardierung der Stadt1945 durch die Alliierten erinnern soll. Denzunehmend erfolgreichen Protesten ver-suchte man anfnglich noch mit Einschch-terung zu begegnen. So wurde versucht, dieMobilisierung im Vorfeld zu kriminalisierenund sich einzelne Menschen herauszugrei-fen, um an ihnen juristische Exempel zu sta-tuieren. Allerdings mussten die Strafverfol-gungsbehrden und konservative politischeKrfte, die den Naziaufmrschen lange mitIgnoranz oder Kleinreden begegneten, er-kennen, dass diese vereinzelten Repressi-

    onen nicht den gewnschten Erfolg hatten,und sich eher mehr als weniger Menschenan den Aktionen des zivilen Ungehorsamsbeteiligten. Seit 2010 versucht die Stadtnun, dieses Thema selbst mit Menschen-ketten weit ab der Naziroute zu besetzenund die heterogene Protestbewegung durchKriminalisierung einzelner ihrer Gruppen zuspalten. Schon seit lngerer Zeit laufen inDresden Ermittlungen gegen Teile der ra-dikalen Linken, die darin mndeten, Anfang2010 das Konstrukt einer kriminellen Verei-nigung nach 129 zu bilden, und gegen diedarin vermuteten Personen zu ermitteln.Seit diesem Zeitpunkt gibt es nachweislichTelekommunikationsberwachungen (TK)und die Ermittlung von Bewegungsprolendurch die Erfassung von Geokoordinaten.Es ist auch eine verstrkte Aktivitt des Ver-fassungsschutzes zu beobachten, die sichan zunehmenden Anquatschversuchenfestmachen lsst. Vier konkrete Flle sindim Ermittlungszeitraum bekannt, wobei dieDunkelziffer erfahrungsgem hher liegtund erfolgreiche Versuche in der Regel nichtbekannt werden. Kern der Ermittlungen sind

    jedoch nicht etwa konkrete Aktionen um

    den 13. Februar. Die Vorwrfe stellen einenQuerschnitt alltglicher linker Politik dar, dievon der Organisation des notwendigen an-tifaschistischen Selbstschutzes bis hin zuTeilnahme an Demonstrationen im In- und

    Kriminelles Dresden? Ausland reichen. Am 19. Februar 2011,dem Datum des diesjhrigen versuchten

    - jedoch erfolgreich verhinderten - Nazi-aufmarsches, wollten die Ermittlungsbe-hrden dann offenbar gleich zwei Fliegenmit einer Klappe schlagen. Eine Razzia imHaus der Begegnung und dem VereinRoter Baum e.V. richtete sich nicht nurgegen die Personen im Ermittlungsfokusder imaginierten kriminellen Vereinigung,sondern gegen das gesamte BndnisDresden-Nazifrei und damit auch Teile derbrgerlich-antifaschistischen Strukturen.

    Die Durchsuchungen:

    Konkret gab es drei Durchsuchungen imZusammenhang mit den 129-Verfahren.Die erste im Haus der Begegnung amAbend des 19.Februar. Als Begrndunghatte die Annahme gedient, im Hausehtten sogenannte Linksextremisten Ge-waltstraftaten im Zusammenhang mit denAktivitten zur Blockade der Naziaufmr-sche in Dresden geplant und koordiniert.Gegen alle 16 Anwesenden wurden Er-mittlungsverfahren wegen Verdachts desschweren Landfriedensbruchs, Aufruf zuStraftaten und Bildung einer kriminellenVereinigung eingeleitet.Die nchsten Durchsuchungen erfolgtenam 12. April 2011 in den Wohnungen von14 Personen aus Dresden, Leipzig, Ma-chern, Finsterwalde, Grimma und Niesky.Auch ihnen wird - wie bei den Razzien am19. Februar 2011 die Bildung einer krimi-nellen Vereinigung vorgeworfen.Die vorlug letzte Durchsuchung fand am2. Mai 2011 bei drei BewohnerInnen desWohnprojekts Praxis in Dresden-Lbtaustatt. Das Wohnprojekt tauchte bereits aufden Durchsuchungsbeschlssen der er-

    sten Razzien auf, wurde aber beide Malevon der Liste gestrichen. Am 19.Februarkamen ca. 250 Neo-Nazis den Strafverfol-gungsbehrden mit einem minutenlangenAngriff zuvor, bei dem sie unterbrochenSteine warfen und von der Polizei nichtdaran gehindert wurden. Bei der zwei-ten Razzia sollen die BewohnerInnen derPraxis gewarnt worden sein. Die Staats-anwaltschaft sucht nun auch noch nacheinem Maulwurf in den Reihen der Polizei.Alle eingeleiteten Ermittlungsverfahrennach 129 tragen das selbe Aktenzeichen.

    Ausblick:Die Durchsuchungen mssen als Teil viel-fltiger juristischer und repressiver Angriffeund Einschchterungsversuche gegenlinke Strukturen in Sachsen eingeordnet

    werden. Dies ist wenig berraschend, hatsich doch der amtierende Chef des sch-

    sischen LKA Jrg Michaelis die linksmo-tivierte Kriminalitt als neuen Arbeits-schwerpunkt gesetzt.Damit folgt er dem Tenor der Bundesin-nenministerkonferenz im Mai 2010, wel-che sich auch verstrkt den Kampf gegenden Linksextremismus auf die Fahne ge-schrieben hat.Die Ermittlungen reihen sich in die Behin-derung linker Politik im Zusammenhangmit der Einfhrung der Extremismusklau-sel im November 2010 ein. In dieser sollenVereine und Initiativen ihre Treue zur

    freiheitlich-demokratischen Grundordnungerklren und gleiches auch fr ihre Partne-rInnen zusichern. Darber hinaus ermch-tigte sich das schsische Innenministeriumin den neuen Frdermittelbescheiden, dieffentlichkeitsarbeit von Zuwendungs-empfngerInnen zu kontrollieren und zubeeinussen und damit einen direkten An-griff auf die Pressefreiheit zu unternehmen.Im Zusammenhang mit den Ermittlungengegen den Verein Roter Baum wurdegegen diesen ein Frdermittelvorbehaltfr Jugendhilfegelder durch den DresdnerStadtrat erwirkt.Gerade durch den langen berwachungs-zeitraum ist noch nicht klar, wie die Straf-verfolgungsbehrden das Konstrukt weiterentwickeln werden, und wo und wann esweitere Hausdurchsuchungen geben wird.Solange nach 129 ermittelt wird, werdensie wohl nichts ungenutzt lassen, um dieDresdner Szene zu durchleuchten und zukriminalisieren. Dabei ist es zweifelhaft, obdas Konstrukt der kriminellen Vereinigungaufrecht erhalten wird. Wir gehen davonaus, dass eine Auswahl einzelner Beschul-digter erfolgen wird. Getroffen werden soll

    der (vermeintliche) militante Kern. Wir se-hen darin den Versuch, eine Spaltung undEntsolidarisierung zwischen der radikalenLinken und der brgerlichen Zivilgesell-schaft herbeizufhren, mit dem Ziel derZerstreuung, Verunsicherung, Lhmungbis hin zur politischen Isolation und prak-tischen Handlungsunfhigkeit.

    Dem gilt es entschlossenentgegenzuwirken!Solidaritt mit den Betroffenen der129-Verfahren!

    Der Repression die Zhne zeigen! (abolish 129)

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    Am 19. Mai begann vor dem OberlandesgerichtDsseldorf der Prozess gegen Sadi zpolat undnal Kaplan Dzyar, die wegen dem Vorwurf, Mit-glieder in einer auslndischen terroristischen Verei-nigung (129b) zu sein, angeklagt sind. Beide sollenvermeintliche Mitglieder der verbotenen DHKP-C(Revolutionre Volksbefreiungspartei- Front) sein.Nachdem in Stuttgart- Stammheim bereits Ahmet D.Yksel, Devrim Gler, Ilhan Demirtas, Hasan Subasiund Mustafa Atalay zu mehreren Jahren Haft verurteiltwurden, folgte kurze Zeit spter ein weiterer Prozessgegen vermeintliche Mitglieder der DHKP-C in Ds-seldorf. Hier wurden Nurhan Erdem, Cengiz Obanund Ahmet Istanbullu ebenfalls bis zu 7 Jahren und9 Monaten Haft verurteilt. Der Prozess gegen FarukEreren dauert nach wie vor an. Anfangs ebenfallsnach dem 129b angeklagt, wird er nun voraussicht-lich wegen eines angeblichen Mordes verurteilt. Eben-so wie Devrim, Ahmet Y. droht Faruk die Abschiebungin die Trkei. Somit reiht sich der Prozess gegen Sadizpolat und nal Kaplan Dzyar in eine Kette vonKriminalisierungen gegen die trkische Linke ein.

    Nach einem bundesweiten Aufruf des Tayad Interna-tionalen Solidarittskomitee und des Netzwerk Frei-heit fr alle politischen Gefangenen beteiligten sichfast ausschlielich ca. 100 trkische GenossInnenan dem Prozessauftakt. Der Saal fllte sich ziemlichschnell und der Prozess begann mit lautstarken Pa-rolen, wie Freiheit fr alle politischen Gefangenen ,Revolutionre Gefangene sind unsere Wrde, DasLand und das Volk sind unser, nieder mit dem Impe-rialismus und weiteren Solidarittsbekundungen inRichtung der Gefangenen. Auch in diesem Prozesssitzen die Angeklagten hinter einer Trennscheibezwischen jeweils zwei Vollzugsbeamten. Eine Kom-munikation mit den Rechtsanwltinnen und Rechts-anwlten ist somit nur schwer durch ein paar Lcherzu realisieren.

    Der Prozess begann mit der langen und aussage-losen Anklageschrift gegen Sadi zpolat und nalKaplan Dzyar. Diese Anklagen beinhalteten aus-schlielich, wie auch in den anderen Prozessen,Aktivitten der DHKP-C in der Trkei und zum Teil inDeutschland. Nachdem Sadi zpolat und nal Ka-plan Dzyar keine Aussagen ber ihre Person undpersnlichen Verhltnisse machten, folgte das erstePersonalgramm des Angeklagten Sadi zpolat. Auchein Schreiben, welches der GeneralbundesanwaltHohmann an das trkische Justizministerium ver-fasste, wurde verlesen.Zum Ende des Prozesses kndigte ein Rechtsanwaltvon Sadi zpolat an, dass dieser beim Prozesstagam 26. Mai eine Erklrung verlesen will. Damit endeteauch der erste Prozesstag gegen 13.00 Uhr wiedermit Parolen wie Freiheit fr alle politischen Gefange-

    nen usw.Am darauf folgenden Tag folgte der zweite Prozes-stag. Die Beteiligung der Zuschauer hat stark ab-genommen, so kamen ca. nur 15 solidarische Ge-nossInnen zum Prozess. Auch hier gab es wiederSolidarittsbekundungen in Richtung der Gefange-

    nen.Dieser Prozesstag begann mit einem Personal-gramm des Angeklagten nal Kaplan Dzyar. DerRechtsanwalt des Angeklagten ergnzte dieses mitder Aussage, dass nal Kaplan Dzyar nach sei-ner Haftentlassung seine Verlobte heiraten wird.Der Generalbundesanwalt forderte darauf hin, dassdie Verlobte von nal Kaplan Dzyar aus dem Zu-schauerraum verwiesen wird mit der Begrndung,als mgliche Zeugin in Frage zu kommen. Was nachdem Verlesen des Bundesverfassungsschutzberichtszur DHKP-C auch getan wurde. Die Verlobte wurdein den Zeugenstand gerufen und besttigte lediglichdie Aussage des Anwaltes, dass sie ihren Verlobtennach seiner Haftentlassung heiraten wird. WeitereAngaben zur Sache macht sie nicht, sondern best-tigte der Generalbundesanwaltschaft nach absurdenNachfragen ihre Liebe zu dem Angeklagten nal Ka-plan Dzyar.Auch dieser Prozesstag endete ziemlich zeitig gegen12.00 Uhr mit Zurufen und Zuwinken in Richtung derGefangenen.

    Somit gingen die ersten beiden Prozesstage zu Endeund weitere werden folgen. Es gilt nach wie vor, So-lidaritt mit den Gefangenen praktisch werden zulassen und die Prozesse regelmig zu besuchensowie den Gefangenen zu schreiben. Denn die re-volutionren Gefangenen sind unsere Wrde, wie esin Parolen skandiert wurde und diese muss verteidigtwerden. Auch die deutsche Linke muss ein greresInteresse fr die Kriminalisierung von Migrantinnenund Migranten entwickeln und auch trkische Gefan-gene als ihre Gefangenen begreifen. Die bereits ge-fllten Urteile in anderen 129b Verfahren sprecheneine klare Sprache und wir mssen davon ausgehen,dass auch Sadi zpolat und nal Kaplan Dzyarverurteilt werden. Unsere Aufgabe ist es, die Isolationzu durchbrechen und Solidaritt praktisch werden zulassen.

    In diesem Sinne: Weg mit 129! Freiheit fr alle po-litischen und sozialen Gefangenen!

    Anmerkung: Am nchsten Prozesstag, dem 26.Mai, wird Sadi zpolat eine Erklrung abgeben.Weitere Prozesstermine:Mai: 26, 27, 31Juni: 1, 9, 10, 16. 17, 21, 22, 30.Juli: 1, 8, 14, 15, 21, 22.August: 22, 31September: 1, 5, 6, 15, 16, 22, 23, 29, 30.Oktober: 6, 7, 13, 14.November: 10, 11, 17, 18, 24, 25.

    Zum Abschluss noch ein kurzer Brief von Sadi zpo-

    lat

    Ich habe euren Brief erhalten und habe michsehr darber gefreut, aber da ich leider keinDeutsch kann, konnte ich euch nicht schrei-ben .Der Brief hat mich sehr bewegt und ich habeeure Solidaritt gesprt. Ich wollte trotzdemauch auf trkisch ein paar Stze schreiben,damit ihr nicht denkt, dass ich euch nicht ant-worten wrde. Die Solidaritt zwischen denVlkern ist fr mich persnlich sehr wichtig.Ich bedanke mich sehr fr euren Brief und gr-e euch solidarisch,

    Sadi zpolat

    Rote Hilfe OG MagdeburgNetzwerk Freiheit fr alle politischen Gefangenen(Magdeburg)

    Bericht zum Prozessauftakt gegen Sadi zpolatund nal Kaplan Dzyar Aachen: Die Zelle des spa-

    nischen Anarchisten Gabri-el Pombo da Silva in derJVA Aachen wurde EndeApril/Anfang Mai innerhalbweniger Wochen zwei maldurchsucht. Bei der ersten

    Durchsuchung wurden ihmCDs, DVDs und Postkarten

    mit politischen Sprchen weggenommen,bei der zweiten Durchsuchung, am 10. Mai,suchten sie gezielt nach einem Handy undfanden auch eines. Darber hinaus wurdenihm bei einer zwangsweise durchgefhrtenLeibesvisitation seine Vitamintabletten weg-genommen. (red.)

    Wrzburg:Mitte Mai kam es im RaumWrzburg erneut zu einemAnquatschversuch durch

    den Verfassungsschutz.Ein Genosse wurde perPost, E-mail und Telefonkontaktiert. Nachdem der

    Betroffene nicht auf die ihm geschicktenBriefe und E-Mails antwortete wurde er aufseinem Handy angerufen und danach ge-fragt ob er bereit wre mit ihm ber jugend-liche Subkulturen, wie der Punker- bzw.der Skinheadszene zu sprechen. Der Be-troffene lehnte jegliche Zusammenarbeit ab.Der Anquatschversuch ist berei ts der zweitedieses Jahr in Wrzbrg. (red.)

    Heidelberg:

    ber 350 Menschen habenam 21. Mai 2011 in Heidel-berg gegen die Verfolgungund Kriminalisierung auer-parlamentarischen linkenProtestes durch die Heidel-berger Polizei demonstriert.

    Die Demo stand unter dem Motto Still notloving the Police - Gegen Polizeiterror undstaatliche Repression!. Begleitet wurde dieDemonstration von einem martialischemAufgebot der Polizei, die von Anfang an mitausgiebigen Kontrollen und anderen Schika-nen versuchte die Demo-TeilnehmerInnen

    zu provozieren. (red.)

    Stuttgart: Am Montag, den23. Mai wurde im Prozessgegen 9 kurdische Jugend-lichen das Urteil gefllt. Ih-nen wurde vorgeworfen aneinem Angriff auf eine vontrkischen Faschisten be-suchte Kneipe beteiligt ge-wesen zu sein. Gegen die 9

    Jugendlichen wurden Strafen zwischen 2Jahren auf Bewhrung und 3 Jahren Haftausgesprochen. Zwar wurde der Vorwurfdes versuchten Mords fallengelassen, die

    Hhe der Strafe erfllte aber dennoch dieForderung der Staatsanwaltschaft. Das ver-frhte Urteil kam zu Stande, da einige derJugendlichen Aussagen gemacht hatten.(red.)

    Kurzmeldungen bundesweit

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    Ulrike Presente! Am 8. Mai jhrte sich Ulrikes 35. Todestag.

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    Hug habe ich an dieser Stelle schonber verstorbene GenossInnen geschrie-ben, die ich persnlich kannte. Ulrike warfr meine Politisierung und meinen wei-teren Weg wichtig, auch wenn ich ihr niebegegnet bin.Mit 16 Jahren stie ich ber Bekannte aufdie Zeitschrift Konkret. Am 2. Juni 1967

    war Benno Ohnesorg auf einer Demons-tration gegen den Schah aus Persienin West-Berlin von einem Polizisten er-schossen worden. Diese Exekution hatteviele von uns wachgerttelt und wir ngenan, die Werte der sogenannten Demo-kratie in Frage zu stellen und spter einekommunistische Alternative anzustreben,die aber nur kollektiv im Kampf gegendas herrschende System durchzusetzenwar.Diese Lernprozesse hat Ulrike aktivbegleitet. Das konnte sie auch sehr au-thentisch vermitteln, weil sie Zeit ihres Le-

    ben kmpfte, ob nun in der illegalen KPD,in der Auerparlamentarischen Opposition(APO), in der Guerilla oder als Gefangene.Nach dem Mordanschlag auf RudiDutschke schrieb sie in der Konkret 5/68zu den Blockaden gegen den Springer-Konzern, der ja bekanntlich federfhrendan der Hetze beteiligt war: die Gren-ze zwischen verbalem Protest und phy-sischen Widerstand ist .. erstmalig mas-senhaft durchbrochen worden.......Protestist, wenn ich sage, das und das passt mirnicht. Widerstand ist, wenn ich dafr sorge,

    dass das, was mir nicht passt, nicht lngergeschieht.Andreas Baader und GudrunEnsslin zndeten mit 2 weiteren Genos-sen aus Protest gegen den Konsumterrorund den Vietnamkrieg 2 Kaufhuser imApril 1968 an. Ulrike schrieb dazu: Das progressive Moment einer Warenhaus-brandstiftung liegt nicht in der Vernichtungder Waren, es liegt in der Kriminalitt derTat, im Gesetzesbruch.(Konkret 14/68)Mit der Befreiung Andreas Baaders ausdem Knast am 14. 5. 1970 bildete sichdie RAF. Auf Grund der Texte von ihr, aber

    auch den Diskussionen und Aktionen derAPO, war dieser Schritte fr viele nach-vollziehbar. unsere aktion am 14. mai1970 ist und bleibt die exemplarischeaktion der metropolenguerilla. in ihr sind/

    waren schon alle elemente der strategiedes bewaffneten, antiimperialistischenkampfes enthalten: es war die befrei-ung eines gefangenen aus dem griff desstaatsapparats. ....war exemplarisch, weiles im antiimperialistischen kampf ber-haupt um gefangenenbefreiung geht, ausdem gefngnis, dass das system fr alle

    ausgebeuteten und unterdrckten schich-ten des volkes schon immer ist und ohnehistorische perspektive als tod, terror, fa-schismus und barbarei;Das erklrte Ulrike als Gefangene ausder RAF im September 1974 vor Gericht.Auch wenn Ulrike diesen Text verfasste,so war es doch Ergebnis eines Diskus-sionsprozess des Gefangenenkollektivs.Vor 40 Jahren gab es viele bewaffneteGruppen und die RAF besa anfangszahlreiche Sympathien in der hiesigen Be-vlkerung. 1972 erklrten nach (ofziellen)

    Meinungsumfragen fast 20 Prozent derErwachsenen, sie wrden Verfolgung inKauf nehmen, um eine/n aus der RAF freine Nacht bei sich zu verstecken. 1973ergab eine Umfrage unter SchlerInnen,dass 15 Prozent von ihnen sich mit denAktionen der Guerilla identizieren.Nach 2 Jahren in der Illegalitt, in dieserZeit liefen u.a. Aktionen gegen die 2 US-Hauptquartiere in der BRD, wovon ausdie Bombereinstze gegen die vietname-sische Bevlkerung koordiniert wurden,wurde Ulrike am 15. 6. 72 durch Verrat in

    Hannover verhaftet.Ulrike wurde in vlliger Isolation, wie alleGefangenen aus der RAF, gehalten. Ver-schrft wurde ihre Lage dadurch noch,dass sie insgesamt 251 Tage im TotenTrakt in Kln-Ossendorf eingepfercht war.Zuerst allein, dann zusammen mit GudrunEnsslin von Februar bis April 1974. Rasende Aggressivitt, fr die es keinVentil gibt. Das ist das Schlimmste. KlaresBewusstsein, dass man keine berleben-schance hat; vlliges Scheitern, das zuvermitteln. Besuche hinterlassen nichts.

    Eine halbe Stunde danach kann man nurnoch mechanisch rekonstruieren, ob derBesuch heute oder vorige Woche war.So beschrieb Ulrike ein Teil ihrer Erfah-rungen aus dem Toten Trakt 1973/74.

    (Wolfgang L.)

    Nur durch lang andauernde Solidaritts-aktionen im In- und Ausland konnten wirUlrike und Gudrun aus dem Toten Traktfreikmpfen. Im April 1975 begann gegenJan-Carl Raspe, Andreas, Gudrun undUlrike der Prozess in Stammheim. Alle 4Gefangenen berlebten den Knast nicht.Ulrike wurde am 8. Mai 1976 tot in ihrer Zel-le in Stuttgart-Stammheim aufgefunden.Der Staatsschutz lancierte umgehend, eshtte Spannungen unter den Gefange-nen gegeben. Eine internationale Unter-suchungskommission kommt zu einemanderen Ergebnis: Die Behauptungender staatlichen Behrden, Ulrike... habesich selbst gettet ist nicht bewiesen....DieErgebnisse der Untersuchungen legenvielmehr den Schluss nahe, dass Ulriketot war, als man sie aufhngte. Ebensogingen auch ihre GenossInnen davon aus,dass Ulrike sich nicht selbst umgebrachthatte: ... wir wissen nicht, wie, aber wirwissen, von wem, und wir knnen das kal-kl der methode bestimmen. ich erinnerean herolds satz: aktionen gegen die rafmssen immer so abgewickelt werden,dass sympathisantenpositionen abge-drngt werden.und buback: der Staats-schutz lebt davon, dass sich Leute fr ihnengagieren. Leute wie Herold und ich fn-den immer einen weg....So Jan am 11.5.1976. im Stammheimer Prozessbunker.

    AusblickUlrike kmpfte ihr Leben lang gegen dieherrschenden Verhltnisse an, die sichauch heute nicht verbessert, sondern

    verschlimmert haben. Da sind auch alleArtikel von ihr wichtig, egal, ob sie die voroder in der RAF verfasst hat. Die jungeWelt vom 7./8. 5.2011 schrieb im Zusam-menhang mit Ulrikes Todestag von einemsogenannten bewaffneten Kampf. Auchwenn Ulrikes Zeit in der RAF denen nichtins politische Konzept passt, darf das nichtunter den Tisch fallen, denn so wird UlrikesGeschichte, und damit auch unsere Ge-schichte, verflscht.In diesem Sinne:

    Ulrike presente!Revolutionre Geschichte aneignenund verteidigen!

    (Wolfgang Lettow)

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    juni 2011 gefangenen info 11

    seite 3 schwerpunkt inland international dossier gefangene feuilleton kurzmeldungen

    Hamburg: Am 11. Mai 2011wurde der Schanzenbuchla-den durch Beamte des LKAdurchsucht. Ziel war es dieAusgabe Nr. 161 der ZECKzu beschlagnahmen dieZeitschrift wurde jedoch

    nicht gefunden.. Aufhngerwar laut Beschluss ein Arti-

    kel auf Seite 10, der angeblich zu rechtswid-rigen Taten aufruft. Wegen dieses Artikelsluft laut Beschluss ein Verfahren wegen Auf-rufes zu Straftaten gegen Unbekannt. Damitreiht sich der Schanzenbuchladen in die Rei-he der Durchsuchungen von linken Buchl-den der letzten Monate. (red.)

    Stuttgart: Am 18. Mai wur-de ein antimilitaristischerAktivist vom AmtsgerichtStuttgart zu 15 Tagesstzen 15 Euro verurteilt. Er war

    laut seiner eigenen Pro-zesserklrung an der Be-setzung der Kirche beteiligt,in der am 30. Juli 2010 der

    Gottesdienst anlsslich des Gelbnissesstattgefunden hat. 15 AktivistInnen besetztenfnf Tage vor dem Gelbnis die Kirche undwurden bereits am selben Tag auf Wunschdes Prlaten von der Polizei gerumt. Wei-tere Prozesse sind bereits angesetzt. (red.)

    Magdeburg: Aktuelles ausdem Oury Jalloh Prozess:Im Prozess um den Tod vonOury Jalloh sagte ein Zeuge

    aus, dass zwei Polizisten(Mrz und Scheibe) kurz vorOurys Tod noch in seinerZelle gewesen seien. DerOberstaatsanwalt Preissner

    versucht seitdem diese neuen Erkenntnissezu unterdrcken. Er liess die Polizisten er-neut laden, um den Irttum des Zeugen ausdem Weg zu rumen. Am 19.05.2011 gab esim Anschluss an die Verhandlung im FallOury Jalloh eine Demonstration mit rund 80TeilnehmerInnen durch Magdeburg. (red.)

    Frankfurt: In der Nacht vom25. auf den 26. Mai wurdenin Frankfurt zwei Personenfestgenommen, die angeb-lich beim Sprhen einer Pa-role gegen die Innenmini-sterkonferenz beobachtetworden waren. Einer derbeiden wurde vor seiner

    Festnahme gezielt von der Polizei ange-fahren und anschlieend brutal von einemBeamten mehrfach mit dem Kopf auf den Bo-den geschlagen. Die andere Person wurdeeinige Zeit spter festgenommen. Danachwurde noch die WG einer der Festgenom-menen durchsucht und Computer, sowie an-

    dere Speichermedien beschlagnahmt. (red.)

    Kurzmeldungen bundesweit

    Im Frhjahr dieses Jahres erschien von demfr die taz (die Tageszeitung, Berlin) ttigenJournalisten, Sozialpdagogen und Soziolo-gen Kai Schlieter das Buch Knastreport Das Leben der Weggesperrten.Auf 254 Seiten bietet der Autor einen unge-schminkten Einblick in den bundesdeutschenStrafvollzug; er lsst neben einigen Gefan-genen auch Professor Krber (Berlin), einender bekanntesten deutschen forensischenPsychiater zu Wort kommen. Die sechsKapitel des Sachbuches unterteilen sich ininsgesamt 27 Unterkapitel, vom Knastkom-plex (Seite 15 38), dort wird ber die Ern-dung der Gefngnisse, der Gier nach Strafe,wie auch Gefngnisarchitektur erzhlt. Hinzu den jugendlichen Verbrechern (Seite41 74); dort berichtet u.a. Yunus von den

    traumatisierenden Erfahrungen in der Ju-genduntersuchungshaft zu landen. Sein Fallmachte 2009 deshalb Schlagzeilen, weil ihmvorgeworfen wurde am 01. Mai in Berlin aufeinen Polizisten einen Molotow Cocktailgeworfen zu haben. Erst nach ber einemhalben Jahr zermrbender Haft folgte derFreispruch. Kritisch reektiert Schlieter dieaufgeblasene und hysterisierende Medien-berichterstattung wenn es um angeblicheJugendgewalt geht.

    Im dritten Kapitel (Vollzug fr harte Jungsund bse Mdchen; Seite 77 104) lesen

    wir von einem Mann, der in Berlin Tegel,sowie von einer Frau, die in Pankow Buch-holz lebenslange Strafen wegen Mordes ab-sitzen. Beide erzhlen aus ihrem Haftalltagauf sehr anschauliche Weise. In Missstn-de im toten Winkel (Seite 107 174), dem

    Strafvollzug 2011Thomas M.F.

    umfangreichsten Kapitel des Buches, wirdschlielich Tacheles geredet: es geht umWillkr, systematischen Rechtsbruch und umlangjhrige Isolationshaft. Neben der Situati-on von Peter Wegener (Seite 160 ff.), der seit1973 nahezu ununterbrochen in Haft sitzt,davon seit 1995 in Isolationshaft, wird auchGnter Finneisens Haftalltag thematisiert. Erwird in Niedersachsen seit 1995 in Isolation

    gehalten. Da die taz im Zuge der Verffent-lichung des Buches in einer der groen Re-portage auf Herrn Finneisens Eingemauert

    Sein hinwies, kam es zu einer kleinen An-frage der GRNEN im Landtag. Es uertensich zudem die bekannte Kriminologin Pro-fessorin Frommel (Das ist Folter), wie auchder ehemalige BGH Richter und heutigeLINKS Partei Bundesabgeordnete Nes-kovic, wie Vollzugskenner kritisch ber diesenun 16 Jahre andauernde Isolierung. Seit An-fang Mai 2011 wurde Herrn Finneisens Situa-tion nunmehr gelockert; hierzu mag vielleichtdieses Buch beigetragen haben.

    Im Buchkapitel Das Risiko des Bsen (Sei-te 177 216) geht es schlielich um dasschwierige Thema der Kriminalprognose;wie soll knftiges Verhalten von Gefangenenim Rahmen von Haftentlassungen sichervorhergesagt werden!? Hier geht Schlieterauf das zur Zeit wieder sehr aktuelle, weildurch ein Urteil des Bundesverfassungs-gericht vom 04. Mai 2011 ins Bewusstseingerckte Institut Sicherungsverwahrung,nmlich der Inhaftierung von Menschen, dieihre Freiheitsstrafe lngst verbt haben, ein.Im Schlusskapitel schlielich (Perspektiven,

    Seite 219 236) wird ein kritischer Ausblickgewagt, die zunehmende Privatisierung imBereich Strafvollzug angesprochen und letzt-lich ein sehr kritisches Resmee gezogen,frei von Trumereien.

    Niemand, der dieses Buch liest, wird aufdie BILD Berichterstattung hereinfallen,wonach Gefngnisse letztlich etwas abge-speckte Hotels seien. Wer neben allgemei-nen und auch statistischen Informationenber den Strafvollzug Interesse hat, sich Ein-zelschicksale von Inhaftierten zu ffnen, demsei der Kauf dieses Buches uneingeschrnkt

    empfohlen. Er oder Sie wird danach Gefng-nisse mit anderen Augen betrachten.

    Thomas Meyer FalkZ. Zt. JVA Z. 3113,Schnbornstrae 32,D - 76646 Bruchsal

    http://www.freedom-for-thomas.de

    Bibliografsche Angaben:

    erschien 2011 im Westend Verlag, 254Seiten, 17,95 EuroISBN 978-3-938 060-67-4

  • 8/3/2019 Gefangenen Info #362

    12/20

    12 gefangenen info juni 2011

    Vom 9. bis zu 16. Dezember letztenJahres kam es im US-Bundesstaat Ge-orgia zum grten Gefngnisstreik inder Geschichte der USA. Am Morgendes neunten blieben zehntausende Ge-fangene in ihren Zellen, um nicht wiesonst den Arbeitsdienst anzutreten.Dieser Arbeitsdienst ist in Georgia un-

    bezahlt und muss von jedem Gefange-nen geleistet werden. Arbeitsverweige-rung wird hart bestraft, unter anderemdurch den Entzug von Fernsehen, Hof-gang oder der Mglichkeit einzukaufen.Oft werden die Gefangenen, die denArbeitsdienst verweigern auch fr einenunbestimmten Zeitraum in Einzelhaftgesteckt und vollkommen von den an-deren Gefangenen isoliert.

    1% der US-Amerikaner also 2 Millio-nen Menschen sind aktuell in amerika-nischen Knsten eingekerkert - allein inGeorgia sitzen 59.000 Menschen hinterGittern. In Georgia gibt es keinen gr-eren Arbeitgeber als das GeorgiaDepartment of Corrections, das durchdie unbezahlten Hftlingsarbeiter einenimmensen Prot erwirtschaftet. Dochdieses an die Zeit der Sklaverei erin-nernde Arbeitsverhltnis war nur einerder Grnde fr den Streik.Des weiteren wollten die Gefangenengegen die unertrgliche Haftsituationprotestieren. z.B. Dass das Essen un-geniebar ist, dass die Zellen berfllt

    sind und Hygiene quasi nicht vorhan-den ist, dass es regelmig zu ber-griffen seitens der Wrter kommt unddass das Besuchsrecht von Angehri-gen durch Schikanen aller Art behindertwird. Mglichkeiten sich zu bilden sindnur sprlich vorhanden und selbst dieMglichkeit sich auf den eigenen Pro-zess vorzubereiten sind dadurch be-schrnkt, dass man nur durch Kenntnisder Aktenzeichen sich Gerichtsakten zuhnlichen Przedenzfllen besorgenkann und mehr nicht.

    In ihrem Streik war den Gefangenenauch wichtig, dass die unmenschlicheBehandlung, wie z.B. durch Isolationoder Folter wie man es aus Abu-Greiboder Guantanamo kennt endlich auf-

    hren. Als nun in in den Gefngnis-sen Baldwin, Hancock, Hays, Macon,Smith, in den Telfair State Prisons undvielen anderen die Gefangenen dieArbeit verweigerten, liess die Reaktiondes Staates nicht lange auf sich warten.Alle Gefangenen wurden in ihre Zelleneingeschlossen, der Hofgang ausge-

    setzt, die Heizung mitten im Winter beiMinustemperaturen abgedreht und da-mit begonnen wahllos Gefangene alsRdelsfhrer zu benennen und sie inDunkelhaft zu nehmen oder sie in win-zige Isolationzellen, die kaum Raumzur Bewegung lassen, zu sperren. Dernchste Schritt waren permanenteDurchsuchungen der Gefangenen undihrer Zellen, sowie das Beschlagnah-men der Fernseher und vieler persn-licher Gegenstnde.

    Begrndet wurde die Aktion mit derSuche nach verbotenen Handys, mitdenen die Gefangenen es geschafft ha-ben sollen den Streik in verschiedeneGefngnisse gleichzeitig zu organisie-ren.Dass der Streik sich gleich auf mehre-re Knste erstreckt hatte war jedochnicht der einzige Erfolg. Vor allem dieTatsache, dass der Streik von Gefan-genen aller Hautfarben und Religionengetragen worden war, stellte eine neueQualitt in den Gefngniskmpfen derUSA statt.

    Nicht zuletzt, da in den Knsten strik-te Rassentrennung praktiziert wird

    also weien von schwarzen fern-gehalten werden und selbst ein simplesGesprch mit einem Insassen andererHautfarbe ernste Konsequenzen habenkann.

    Von Seiten der Insassen wurde wh-rend des gesamten Streiks keine Ge-walt angewendet. Das hielt die Wrter

    jedoch nicht davon ab viele der Gefan-genen mit Gewalt und allen zur Verf-

    gung stehenden Mitteln aus der Zellezu holen - wenn sie diese zum Beispieldurchsuchen wollten. So kamen Reiz-gas, Schockgranaten sogenannteStingballs und Taser zum Einsatz umdie Gefangenen zu brechen.

    Die brgerlichen Medien nahmen zu-nchst kaum Notiz von dem Streik. Al-lerdings entstand schnell eine groeSolidarittsbewegung, die aus Angeh-rigen, Revolutionren und Brgerrechts-gruppen bestand und die vor die Knsteging, Kundgebungen abhielten, um ihreSolidaritt mit den Gefangenen auszu-drcken.Zur Wortfhrerin ernannten die Gefan-genen die ehemalige Black Panter Akti-

    vistin und Mutter eines der streikenden,Elaine Brown, die sich schon lange frein Ende der US-Knastgesellschaft ein-setzt.Sie gab Interviews und fhrte Verhand-lungen mit Vertretern der zustndigenInstitutionen. Gemeinsam mit dem Wi-derstand von drauen und dem Streikinnerhalb der Knste gelang es die An-liegen der Gefangenen nach menschen-wrdigen Lebensbedingungen undeinem Ende der Sklavenarbeit an dieffentlichkeit zu tragen und den Staat

    zu zwingen sich zu verhalten.

    Nach sechs Tagen Isolation, Klte undSchikanen wurde der Streik am 16. De-zember 2010 beendet. Zwar wurdendie Forderungen der Insassen nicht er-fllt, aber trotzdem sollte man ihn nichtals eine vollstndige Niederlage wer-ten. Nicht zuletzt weil es so scheint alswrde eine neue Phase des kollektivenWiderstands von Gefangenen sich lang-sam entwickelt und sie erkannt haben,dass sie die Mglichkeit haben die Bn-der einer der grten Produktionssttteder USA (des Knastsystems) stillstehenzu lassen und somit einen immensenDruck aufbauen knnen.

    Aus dem gescheiterten Streik knnenfr zuknftige Streiks viele Lehren gezo-gen werden und durch ihre Kampfma-nahme haben die Gefangenen sich nunStrukturen geschaffen, die einen sol-chen Streik koordinieren knnen.

    Hoffentlich waren diese Tage nur dererste von vielen Streiks.

    Knastkampf ist Klassenkampf.

    Freiheit fr alle sozialen und politi-

    schen Gefangenen

    Knastaufstand in Georgiared.

    seite 3 schwerpunkt inland international dossier gefangene feuilleton kurzmeldungen

  • 8/3/2019 Gefangenen Info #362

    13/20

    Wer das Schweigen bricht, bricht die Macht derTter. (Plakattext der Bundesregierung)

    Die weltweiten Proteste gegen die Isolationshaft-bedingungen unter denen Bradley Manning imMilitrgefngnis Quantico einsass, haben Wirkunggezeigt. Nachdem auch der UN-Sonderbeauftragtefr Folter, Juan E. Mendez kritisch zur Haftsituation

    Stellung bezog und dabei unter anderem beklagte,dass ihm noch nicht einmal ein vertrauliches Tref-fen mit Bradley Manning ermglicht wurde, gabendie US-Verantwortlichen nach. Aber auch andereIntervenierten: Bradley Manning-Solidarittsko-mitees aus verschiedenen US-amerikanischenBundesstaaten und vielen Lndern weltweit, Am-nesty International und Human Rights Watch, deramerikanische Brgerrechtsverein ACLU und 250Rechtsprofessoren amerikanischer Eliteuniversi-tten. Selbst der Sprecher des US-Auenministe-riums nannte die von der Armee angeordnete Iso-lationshaft lcherlich, kontraproduktiv und dummund strzte ber diese Bemerkung. In Quantico warBradley Manning unter sehr scharfen Isolationsbe-dingungen inhaftiert. Streng bewacht, musste er 23Stunden am Tag allein in einer fensterlosen, sechsQuadratmeter groen Zelle ausharren, mit

    dem Gesicht stets der Tr zugewandt, hatte auchin der restlichen Stunde keinen Zugang zu Nach-richten und aktuellen Informationen. Bettlaken oderKissen wurden ihm verwehrt.... (siehe GefangenenInfo 358) Bradley Mannig wurde Ende April nachFort Leavenworth verlegt, wo man angeblich bes-ser auf eine lang andauernde Untersuchungshaftvorbereitet ist. Nun scheint es, als wrden sich die-se optimistischen Prognosen zumindest teilweisebewahrheiten. Die Kommandantin der Einrichtungin Fort Leavenworth, Lt Col Dawn Hilton, teilte mit,Manning sei als Gefangener mittlerer Sicherheits-stufe eingestuft worden. Das bedeutet, dass Man-ning wie ein gewhnlicher Gefangener behandeltwird. Er darf mit den anderen zehn Untersuchungs-hftlingen in seinem Zellentrakt interagieren, Postvon beliebigen Personen und in unbegrenzter Men-ge erhalten und Besucher empfangen. Gesprchewerden jedoch auer von Wrtern zustzlich durchKameras und Mikrofone berwacht. Pro Tag erhltBradley Manning nach Angaben der Gefngnis-Ofziellen drei Stunden Freizeit, die er zum Teil

    drauen oder in der Bibliothek verbringen kann.Mannings Untersttzer zeigten sich erleichtert berdie sich abzeichnende Verbesserung seiner Haftsi-tuation. Jeff Paterson, Sprecher des Bradley Man-ning Support Network, erklrte, die Nachrichtenseien ermutigend. Unterdessen gehen die Pro-

    teste fr seine Freilassung weiter. Unter anderemist US-Prsident Barack Obama ist whrend einerSpendensammelaktion fr seinen Wahlkampf miteiner ungewhnlichen Gesangseinlage berraschtworden. Whrend eines Frhstcks mit Spendernin einem Hotel in San Francisco sang ihm eineGruppe am Donnerstag die Leviten wegen derHaftbedingungen des mutmalichen Wikileaks-

    Informanten Bradley Manning, wie teilnehmendeJournalisten berichteten. Einem Bericht der BBCzufolge wurde die Wortfhrerin der Gruppe nachder Darbietung von Sicherheitspersonal aus demRaum eskortiert. Zwei andere Personen, wahr-scheinlich ebenfalls Aktivisten, verlieen die Veran-staltung freiwillig. Nach wie vor ist nicht bekannt,ob es rechtliche Konsequenzen fr die Beteiligtengeben wird.Der bekannte Songschreiber und Woodstock-be-teiligte Graham Nash, sowie der Friedensaktivistund Liedermacher David Rovics spielten Songsber und fr Bradley Manning ein. Dass BradleyManning Support Network hat eine neue Kampa-gne zur Untersttzung des mutmalichen Whist-leblowers ins Leben gerufen. Im Rahmen der AktionI am Bradley Manning (Ich bin Bradley Manning)sollen Untersttzer_innen ein Foto hochladen,auf dem sie ein Schild mit betreffender Botschafthalten, und so ihre Solidaritt bekunden. Die Teil-nehmer_innen sind aufgerufen, ein Foto von sichzu machen, in dem sie ein Plakat (oder sonstigeDinge) mit der Aussage I am Bradley Manning tra-gen. Teilweise kamen dabei bei den bereits vorhan-denen Fotos uerst kreative Ergebnisse heraus.Zum Motto der Aktion erklren die Veranstalter: Esgibt keine Beweise, dass jemand als Ergebnis dergeleakten Informationen gestorben ist, trotzdemdroht Bradley eine lebenslange Haftstrafe oder wo-mglich die Todesstrafe. Der grte Vorwurf gegenihn ist der der Untersttzung des Feindes, ein Ver-gehen, das mit der Todesstrafe bedroht ist. Als f-fentlichkeit, die von diesen Informationen protiert

    hat, sind wir wirklich der Feind? Man solle die Ak-tion als eine Art Online-Demonstration betrachten,schreibt das Bradley Manning Support Network.Damit wolle man sicherstellen, dass Mannings Falldie Aufmerksamkeit erhalte, die er verdient undsomit die Chancen Mannings auf einen fairen Pro-zess erhhen.Der deutsche Schriftstellerverband PEN, hat aufseiner Jahrestagung vom 5. bis 8. Mai in Ingolstadtdas Nobelkomitee aufgefordert Bradley Manningden Friedensnobelpreis zu verleihen. In der Be-grndung heisst es: Der deutsche P.E.N. danktBradley Manning. Er hat, wenn die Beschuldigungrichtig ist, es uns allen erleichtert, den Krieg im Irakund in Afghanistan zu beurteilen. Bradley ManningsBeispiel zeigt, da der Verrat militrischer Geheim-nisse dem Frieden dienen kann.Im Berliner Kunsthaus Tacheles gab es bis zum29.05.2011 eine Ausstellung, die sich mit Men-schen, die aus unterschiedlichsten Grnden Fir-men und/oder Staatsgeheimnisse preisgabenbefasste und sich ebenfalls positiv auf BradleyManning bezog. Zu Sehen waren ber 20 Portraitsvon Whistleblowerinnen und Whistleblowern ausganz Deutschland und aus den verschiedenstenTtigkeitsbereichen.

    Bradley Manning kann Post empfangen!

    Bradley Manning 89289830 Sabalu RoadFort Leavenworth, KS 6602

    Weitere Informationen: http://www.freebradley-manning.de/

    juni 2011 gefangenen info 13

    Australien:Seit mehreren Monatenkommt es in Australien zuProtesten gegen die Ab-schiebepolitik und speziellgegen die Abschiebelager.Zur Zeit sind in verschie-

    denen Lagern insgesamtknapp 7.000 Menschen in-

    haftiert, davon ber 1.000 Kinder. Viele vonihnen sind schon lnger als zwei Jahre unterunmenschlichen Bedingungen eingesperrt.Am 20. April demonstrierten Hftlinge aufdem Dach des Villawood-Lagers bei Sydneyund zndeten drei Gebude an. Am 25. Aprilgab es Solidarittsdemonstrationen in Syd-ney, Melbourne und Curtin. (red.)

    Portugal:In Setbal, einer Stadt 50km sdlich von Lissabon,

    wurde am 1. Mai eine an-archistische Demonstrationmit ca. 150 TeilnehmerIn-nen nach Beendigunggrundlos von der Polizeimit Gummigeschossen,

    Trnengas, Teleskopschlagstcken undscharfen Warnschssen angegriffen. Ein-zelne Teile der Demonstration wurden nacheinem ersten Polizeiangriff regelrecht durchdie Straen der Stadt gejagt. Die Organisa-torInnen sprechen von mindestens 12 Fest-genommenen und 30 Verletzten. (red.)

    Kurdistan/Trkei:

    Der trkische Staat fhrteine neue Festnahme- undInhaftierungswelle durch,die an Putschzeiten erin-nert. Seit dem 24. Mrz2011 wurden 2506 Per-sonen festgenommen undhunderte Haftbefehle aus-

    gesprochen.Vor den Parlamentswahlenam 12. Juni nden Tag und Nacht Razzienund Festnahmeoperationen statt, im Schnittwerden seit Wochen 55 Personen pro Tagfestgenommen und z.T. inhaftiert. Unter denFestgenommen benden sich Kinder, Alte,

    Kranke, StudentInnen, JournalistInnen, Po-litikerInnen der linken prokurdischen BDPund Personen aus deren Leitung. (red.)

    Belarus:Nachdem bei einer Ver-haftungswelle im Septem-ber 2010 willkrlich Aktivi-stInnen verhaftet und mitdem Vorwurf der Brandstif-tung eingesperrt wurden,soll nun gegen 7 von ihnen

    im Mai ein Prozess beginnen. Ihnen werdendie Teilnahme an einer antimilitaristischenDemonstration und/oder mehrere militante

    Angriffe auf Gebude unter anderem desstaatlichen Geheimdienstes KGB sowieeinem von ihnen ein Hackerangriff auf diePolizei-Homepage vorgeworfen. Ihnen dro-hen zwischen 10 und 12 Jahren Haft. (red.)

    Kurzmeldungen internationalFree Bradley Manningred.

    seite 3 schwerpunkt inland international dossier gefangene feuilleton kurzmeldungen

  • 8/3/2019 Gefangenen Info #362

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    Vor 30 Jahren starben zehn Militante derProvisional IRA und der INLA im nordi-rischen Knastlager Long Kesh. Sie kmpf-ten mit einem siebenmonatigen Hunger-streik fr ihre Anerkennung als politischeHftlinge. Der erste Tote im Hungerstreik

    von 1981 war Bobby Sands.

    Bobby Sands wuchs in bescheidenen Ver-hltnissen auf, in Newtownabbey, einemVorort im Norden von Belfast. Mehrfachmusste die katholische Familie wegenDrohungen protestantischer Sektierer/innen umziehen. Mit 16 Jahren begannBobby in der Autoindustrie zu arbeiten,wurde Gewerkschafter. Bewaffnete zwan-gen ihn nach zwei Jahren, seine Lehreabzubrechen. 1972 zog die Familie we-gen Drohungen erneut um, diesmal nachTwinbrook, einer Neubausiedlung im We-sten von Belfast. Auf dem Hhepunkt derAufstandsbewegung gegen die britischeBesatzung und fr ein sozialistisches Ir-land trat Bobby der Provisional IRA bei,wurde verhaftet und wegen Waffenbesitzzu drei Jahren Knast verurteilt. Er kamnach Long Kesh - ein ehemaliger Luftwaf-fensttzpunkt, umfunktioniert zu einem In-ternierungs- und Knastlager. Nach seinerEntlassung 1976 war Bobby in Twinbrookin der lokalen Mietervereinigung aktiv, or-ganisierte einen Taxidienst fr die Bewoh-ner/

    innen. Nach einem halben Jahr in Freiheitwurde er im Zusammenhang mit einerAktion gegen eine Mbelbaurma wiederverhaftet. Er kam ins berchtigte Verhr-zentrum Castlereagh, wo man ihn sechsTage lang folterte. Bobby verweigerte dieAussage. Weil ihm nichts nachgewiesenwerden konnte, verurteilte ihn ein Gericht1977 zu 14 Jahren Knast wegen Besitzeines Revolvers. Nach einer kurzen Pha-se in Isolationshaft, die er grsstenteilsnackt verbrachte, kam er in die H-Blocksin Long Kesh. Er machte beim Deckenpro-

    test der irischen Gefangenen mit, schriebauf rausgeschmuggelten ToilettenpapierArtikel fr die Republican News, wurdeSprecher der protestierenden Gefange-nen. Die Bedingungen in den H-Blockswaren hart, Strafmassnahmen wie Schl-ge, Isolationshaft, absichtlich unzurei-chend bemessenes Essen, Folterungenan der Tagesordnung.

    ber die ersten Tage schrieb Bobby: Derpltzliche und totale Verlust von solchgrundlegenden menschlichen Bedrf-nissen wie Bewegung und frische Luft,Zusammenkunft mit anderen, meine ei-genen Kleider und Dinge wie Zeitungen,Radio, Bcher und vieles andere machtenmein Leben sehr schwierig.

    1978 eskalierte der Protest der Gefange-nen in einen Waschstreik, der 1980 - dieBedingungen hatten sich nicht verbessert- in einen ersten, erfolglosen Massenhun-gerstreik mndete. Ein zweiter Ketten-hungerstreik wollte 1981 eine Entschei-

    dung herbeifhren, die Anerkennung alspolitische Hftlinge durchsetzen. Bobbybegann ihn am 1. Mrz.

    Im April wurde er bei einer Nachwahl inFermanagh und South Tyrone als Kandi-dat der Anti-H-Block-Liste gar ins britischeUnterhaus gewhlt. Bobby Sands starbam 8. Mai nach 66 Tagen ohne Nahrung.Er hinterliess einen neunjhrigen Sohn.An seinem Leichenzug nahmen ber100000 Leute teil. Weitere neun Gefan-gene sollten im Hungerstreik sterben.Die britische Regierung gab sich unbe-eindruckt. Mehrere Solidarische wurdendraussen an Demos von Polizei und Mi-litr ermordet. Die Guerillas weiteten ihreAngriffe auf Knastwrter, Polizei und Mi-litr aus. Schliesslich setzten Angehrigeden Abbruch des Streiks durch. KurzeZeit spter gaben die Knastbehrden denwichtigsten Forderungen stillschweigendnach.Der Hungerstreik von 1981 war ein ent-scheidendes Moment im Kampf des iri-schen Widerstands. Die Artikel, Gedichteund Briefe von Bobby Sands funktio-

    nierten dabei als Katalysator, sie berich-teten eindrcklich vom Horror in den H-Blocks wie von der Entschlossenheit derGefangenen, dagegen zu anzukmpfen.Seit einigen Jahren wird der Hungerstreikin der Bewegung kritisch diskutiert. Kern-punkt bildet die Darstellung ehemaligerGefangener, die damalige Fhrung derProvisional IRA habe den Streik aufgrundwahltaktischer Manver unntig verln-gert. Die Debatte wird im Zusammenhangmit der Politik von Sinn Fin gefhrt, diesich nicht zuletzt dadurch auszeichnet, mit

    teilweise grotesker Geschichtsklitterungden derzeitigen Parteikurs zu legitimieren.

    AG Victory to the prisoners!, Mai 2011

    Kritische Aufarbeitung des Hunger-streiks von 1981, mit vielen Doku-menten: www.longkesh.info

    Informationen zu aktuellen Gefange-nenkmpfen in Nordirland: republican-prisonersmaghaberry.com, www.repu-blicannetwork.ie (unter Cogs POWs),irpwa.blogspot.com

    Aktuelle Presseartikel zu Nordirland:saoirse32.blogsome.com

    14 gefangenen info juni 2011

    seite 3 schwerpunkt inland international dossier gefangene feuilleton kurzmeldungen

    Bobby Sands 1954-1981red.

  • 8/3/2019 Gefangenen Info #362

    15/20

    In Russland stehen Ende des Jahres Parlaments-wahlen an. Im folgenden Jahr die Prsidentschafts-wahlen. Seit der aktuellen Weltwirtschaftskrise, vonder auch Russland betroffen ist, sinkt die Popularittvon Putin und Medwedjew. Die Regierungspartei Ei-niges Russland, die faktisch einen Machtmonopol imParlament inne hat, zeigt immer schlechtere Resul-tate in den Regionalwahlen.

    Viele Menschen in Russland sind mde der Kor-ruption, Willkr und Verachtung seitens extremreich und dreist gewordenen Politiker, Beamten,Sicherheitsdienste,Polizei und den in Verbindung ste-henden Geschftsleuten.Immer huger protestiert die Bevlkerung gegen dieherrschenden Zustnde.

    Um diese Proteste und die politischen Zusammen-hnge klein zu halten, unternimmt die Regierung vie-lerlei Schritte.Ein Beispiel ist die stndige nderung des Ge-setzes zu Extremismus seit Anfang 2000. DerExtremismus-Artikel 282 wurde durch die Formulie-rung Anheizen gegensozialer Gruppe erweitert. Dies bedeutet praktisch,dass sich jegliche politische oder kritische Ttigkeitzu einer Straftat umkehren lsst, da sich sozialeGruppe willkrlich auslegen lsst (Polizei, Beamte,Nationalisten)2008 wurde eine neue Abteilung der Polizei Zentrumfr Bekmpfung des Extremismus (Zentrum E)gegrndet. Die Abteilung ist fr Folter, Flschungenund Zusammenarbeit mit extremen Rechten bekannt.Diese Abteilung ist zur Zeit fr die hugsten Fllevon Repression gegen politischen Aktivist_innen ver-antwortlich.

    Die grte Repressionswelle in den letzten Jahren

    gegen linke und antifaschistische Aktivist_innen fandum den Kampf zur Erhaltung des Chimki Waldes statt.Fr den Bau einer neuen Autobahn zwischen Moskauund Sankt Petersburg soll ein Groteil des Waldesabgeholzt werden. Dieser Wald ist Moskaus grneLunge. Die zunchst kologisch begrndeten Pro-teste wurden schnell zu einem Politikum.

    Im Sommer 2010 fanden Aktionen von Aktivist_innenvor allem aus anarchistischen und antifaschistischenSpektrum in der Stadt Chimki statt. Dies erregte zu-nchst die Aufmerksamkeit der Medien. Jedoch folgteschnell die Reaktion des Staates mit der Verhaftungvon Alexej Gaskarov und Maxim Solopov.Sie wurden als Rdelsfhrer der Aktionen in U-Haftgenommen. Ihnen wird Organisation von Mas-

    senunruhestiftung vorgeworfen.Mehrere Hunderte Aktivist_innen wurden vom Zen-trum E (siehe oben) verhrt. Von Verschleppungund Folter wurde von Aktivist_innen ebenso berichtet.Einige haben das Land verlassen.

    In den folgenden Monaten konnte eine breite inter-nationale Solidarittskampagne auf die Beine gestelltwerden. Es gab weltweit hunderte Aktionen gegen dieRepression, auch in Deutschland.

    Maxim und Alexej wurden nun aus der U-Haft entlas-sen. Jedoch droht ihnen immer noch bis zu siebenJahre Haft.Im Mrz 2011, als der Prozess gegen Maxim und Ale-xejin in Moskau beginnen sollte, wurde in der Ukraine

    Denis Solopov, der ltere Bruder von Maxim, festge-nommen. 2010 wurde er ebenfalls von der Polizeigesucht, wegen der Teilnahme an den Protesten vonChimki, er konnte das Land rechtzeitig vor seiner Ver-haftung verlassen. Denis erhielt vom UNHCR (Ho-her Flchtlingskommissar der Vereinten Nationen) inKiew die Anerkennung als Mandatschtling. Derzeitwartet er im Gefngnis auf einen Entscheid ber sei-ne Abschiebung nach Russland.

    Weitere Repression ereigneten sich in diesem Jahrin der Stadt Barnaul. die Polizei strmte ohne Durch-suchungsbefehl am 2.Februar 2011 die Wohnungenvon Zwei Anarchisten. Sie wurden brutal festgenom-men und auf die Polizeiwache gebracht.Am 14. Februar wurde ein weiterer Anarchist in sei-ner Wohnung festgenommen. Anlass dazu war eine

    harmlose Grafti-Aktion.Den drei Anarchisten droht nun wegen desExtremismus-Gesetzes bis zu sieben Jahre Haft, dasie ein Werbeplakat zu einer politischen Satire um-gestaltet haben. Es wird Durch politisch MotiviertenHass in der Gruppe begangenen Hooliganismusihnen vorgeworfen. Die Aktivisten sind dringend aufnanzielle Untersttzung der Rechtsanwlte, und vorallem breite ffentlichkeit hingewiesen.

    In Mrz wurde in der Stadt Tjumen der Anarchist An-drej Kutuzov zu zwei Jahre auf Bewhrung verurteilt,weil er auf einer Kundgebung Flugbltter verteilt ha-ben soll. Ihm wird vorgeworfen gegen der Sozialgrup-pe der Polizei gehetzt zu haben. Ein unabhngigesGutachten konnte feststellen, dass das Flugblatt ge-flscht wurde. Der Staatsanwalt wollte eine Haftstra-fe erhngen. Nur durch massive ffentlichkeitsarbeitkonnte dies verhindert werden.

    Es wird immer wieder von willkrlichen Verhaftungen,Hausdurchsuchungen, Folterandrohungen, Erpres-sung und Aufbau von sozialen Druck durch die Polizeiaus dem Zentrum E gegen politische Aktivist_innenberichtet.In Metropolen, wie Moskau oder Sankt-Petersburg,wo es viel einfacher ist die ffentlichkeit zu schaffenund gute Anwlt_innen zu nden, sind die Repres-sionsorgane etwas vorsichtiger. In Regionen siehtes aber anders aus. Und es ist schon jetzt zu beo-bachten, dass viele Aktivist_innen den Druck nichtaushalten knnen und in die Metropolen chten.Deswegen ist es besonders wichtig, dessen Kmpfezu untersttzen.

    Weitere Infos unter:www.khimkibattle.orgwww.avtonom.org/enwww.19jan.ru

    (Soligruppe fr russische Antifa)

    juni 2011 gefangenen info 15

    seite 3 schwerpunkt inland international dossier gefangene feuilleton kurzmeldungen

    Spanien:Nach dem Vorbild der De-mokratiebewegungen inNordafrika haben auch inSpanien ZehntausendeMenschen zentrale Pltzein ber 60 Stdten besetzt.

    Die Besetzung des PlazaCatalunya in Barcelona, der

    im Zusammenhang mit der Bewegung De-mocracia Real YA Wahre Demokratie jetztseit dem 15. Mai besetzt ist, wurde am 27.Mai von der Polizei mit Schlagstcken undPfefferspray angegriffen und versucht zurumen. Mindestens 14 BesetzerInnen wur-den dabei verletzt. Bei Redaktionsschlussdauerten die Auseinandersetzungen nochan