Gefangenen Info #328

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    Zum 30. Jahrestag der Stammheimer To-desnacht und der sich anschlieenden Re-pressionswelle gegen die gesamte Linke, dieunter dem Namen Deutscher Herbst in dieGeschichte einging (Wann htte es jemalseinen Deutschen Frhling gegeben?),luft in den Medien der BRD eine wahrePropagandamaschinerie an, die nicht nurdie Diffamierung der RAF zum Ziel hat,sondern ebenso die Denunzierung des ge-samten Aufbruchs der Linken in den 1960er

    und 1970er Jahren. Noch heute wird mitStrafverfolgung bedroht, wer sich ffent-lich nicht der staatsoffiziellen Selbstmord-

    Version anschlieen mag, und noch immerwerden wesentliche Akten, die im Zusam-menhang mit den damaligen Ereignissenstehen, von den deutschen Behrden sorg-sam unter Verschluss gehalten.

    Der Roten Hilfe ist oft zum Vorwurf ge-macht worden - ob zu Recht oder zu Un-recht, das mag hier dahingestellt bleiben -

    , ihre Solidaritt mit den politischen Ge-fangenen sei eine zu unkritische gewesen,sie habe sich zum Sprachrohr der RAF ge-macht. Richtig ist, dass es eine Erfordernisder Solidaritt war, die Diskussionen mitdenen zu ermglichen, die der Staat in denKnsten wenn nicht tot, so doch zumindestmundtot sehen wollte. Dass das auch heu-te noch notwendig ist, zeigt die gezielte Me-dienkampagne gegen Christian Klar, diesein Gruwort an die TeilnehmerInnen der

    Gefangenen InfoC 10190 28.8.2007 Preis: 1,55 328

    Hervorgegangen aus demAngehrigen Info. Das

    Angehrigen Info entstand imHungerstreik der politischen

    Gefangenen 1989.

    Eva Haule istendlich frei!Eva Haule, Gefangene aus der ehemaligenRAF, ist nach 21 Jahren Haft endlich auffreiem Fu. Die 53-Jhrige ist am Freitag,den 17. August, aus dem Frauengefng-nis Berlin-Neuklln auf Bewhrungentlassen worden, erklrte am Montag dieSprecherin der Senatsverwaltung fr Ju-stiz Barbara Helten. Der Entlassung sei ei-

    ne Absprache zwischen der JVA und demJustizsenat vorausgegangen.Evas Entlassung war zunchst fr

    Dienstag angekndigt worden. Das Ober-

    landesgericht Frankfurt am Main hatte dieReststrafe am Freitag fr fnf Jahre zurBewhrung ausgesetzt.

    Das zustndige Oberlandesgericht (OLG)Frankfurt am Main gab erst am Freitag,den 17.8., einen entsprechenden Be-schluss bekannt. Spt, denn die Richte-rInnen warteten mit ihrer Entscheidungbis kurz vor Schluss: Am kommendenMontag endet die gerichtlich festgelegteMindesthaftdauer. Eva musste zweimal im

    August vor diesem Gremien erscheinen,bis sie die Gewissheit hatte, dass sie end-

    lich nach 21 Jahren die Knastmauern hin-ter sich lassen kann.Eva war 1986 verhaftet und zwei Jah-

    re spter unter anderem wegen Beteili-

    gung an einem versuchten Sprengstof-fanschlag auf die NATO-Schule in Obe-rammergau zu 15 Jahren Gefngnis ver-urteilt worden. Noch vor Ablauf der Haft

    verhngte das Frankfurter OLG 1994 we-gen angeblicher Beteiligung am Anschlagauf die Rhein-Main-Airbase der US-Ar-mee im August 1985 eine lebenslangeFreiheitsstrafe und stellte eine besonde-re Schwere der Schuld fest.Wir weisen noch einmal daraufhin, dass

    immer noch 2 Gefangene aus der RAFweggesperrt sind:

    Christian Klar: seit ber 24 Jahren.Birgit Hogefeld: seit ber 14 Jahren.Auch diese beiden Gefangene mssen un-bedingt raus!

    Die nach wie vor notwendige Korrektur

    der herrschenden Meinung

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    Rosa-Luxemburg-Konferenz im Januarzum Vorwand nahm, jede Kritik am Kapi-talismus als mit Knast zu ahndende Straftatzu brandmarken. Nicht nur die Tatsache,dass sich die Kampagne gleich mit gegenden berbringer der Grubotschaft, denTheologen und VVN-Vorsitzenden Hein-rich Fink, richtete, lie erkennen, dass hierkeineswegs nur die Politik des bewaffnetenKampfes im Visier steht. Weder Christian

    Klar noch Heinrich Fink stehen im Ver-dacht, neue Stadtguerillagruppen aufbau-en zu wollen.

    Ziel ist es vielmehr, den Kapitalismus einfr alle Mal als beste aller mglichen Wel-ten zu prsentieren und jede andere Stim-me zum Verstummen zu bringen. Dieser

    Angriff richtet sich nicht nur gegen die ehe-maligen Mitglieder der bewaffnet kmp-fenden Gruppen der 1970er und 1980erJahre, sondern gegen die gesamte Linke, de-ren Teil die Bewegung 2. Juni, die RAFund die Revolutionren Zellen waren.

    30 Jahre nach dem Deutschen Herbst

    und neun Jahre nach der Auflsung derRAF sieht es so aus, als habe die Linke derstaatlichen Propaganda nur wenig entge-genzusetzen. Die ehemaligen Angehrigender Stadtguerilla-Gruppen sprechen nichtmehr mit einer gemeinsamen Stimme. berdie Bilanz des bewaffneten Kampfes gehenauch ihre Meinungen weit auseinander,

    viele von ihnen sind in der ffentlichkeitganz verstummt. Die RAF ist Geschichte.

    Aber sie ist und bleibt mit all ihren An-sten und Fehlern auch ein Teil der linkenGeschichte. Wenn wir als Rote Hilfe entge-gen aller Medienhetze und Propaganda aufdiesem Zusammenhang beharren - undnicht zuletzt auch auf der Forderung, end-lich alle verbliebenen Gefangenen aus derRAF freizulassen - dann geht es uns nichtum Nostalgie oder gar um eine nachtrgli-che Verklrung der Geschichte der RAF. Esgeht uns vielmehr um linke Solidaritt, diesich auch und gerade dann beweisen muss,wenn ber den richtigen Weg, den derKampf um Befreiung einzuschlagen htte,keine Einigkeit besteht. Diese Solidarittschliet selbstverstndlich die politischenGefangenen ein. Auch heute noch bleibt die

    notwendige Korrektur der herrschendenMeinung (Pieter Bakker Schut) eine Auf-gabe fr die Rote Hilfe, auch damit eine of-fene Diskussion ber Geschichte und Per-spektiven der linken Bewegung mglichwird. Nicht zuletzt deshalb haben wir unsentschlossen, zum anstehenden JahrestagBakker Schuts Stammheim-Buch in einerNeuauflage wieder zugnglich zu machen.Unsere Solidaritt gilt Birgit Hogefeld, EvaHaule und Christian Klar ebenso wie allenanderen politischen Gefangenen. Wir for-dern alle Roten HelferInnen auf, sich wei-ter fr ihre Freilassung einzusetzen und der

    Diffamierung und Kriminalisierung linkerBewegungen entgegenzutreten.Rote Hilfe e.V. Bundesvorstandaus: Ausgabe: 3 . 2007 der roten Hilfe Zei-tung

    Es gilt dasgesprocheneWort?!Neue Tondokumente ausdem Stammheim Prozess1975-1977 aufgetaucht.

    Ende Juli, Anfang August tauchten aufeinmal Tondokumente aus dem Stamm-heim-Prozess gegen Andreas Baader, Ulri-ke Meinhof, Gudrun Ensslin und Jan-CarlRaspe als Stream-Dateien auf der Websei-te des SWR 2- Kulturradios auf. Auf denBndern sind kurze Statements der Gefan-genen aus der RAF zu hren. Andreas Baa-

    der greift darin Haftbedingungen und dieProzessfhrung des Vorsitzenden RichtersPrinzing an. Jan-Carl Raspe uert sich zuden auf Zerstrung der Persnlichkeit an-gelegten Haftbedingungen, besonders vonUlrike Meinhof. Ulrike Meinhof selbst istnur kurz und kaum verstndlich mit einemStatement zu den Schikanen der prozes-sfhrenden Richter zu vernehmen. GudrunEnsslin geht bekennend auf die militri-schen Angriffe der RAF ein und begrndetdiese aus der politischen Analyse heraus.Spter aber mehr dazu.

    Stammheim-Prozess:In Stuttgart begann am 21.05.1975, im ei-nem extra neu gebauten Prozessbunker, dasStammheim-Verfahren gegen die RAF. We-nige Wochen vor Prozessbeginn werden diedrei Hauptverteidiger Croissant, Groene-wold und Strbele aus dem Verfahren aus-geschlossen mit der Begrndung, sie wr-den den organisatorischen Zusammenhalteiner kriminellen Vereinigung (RAF) betrei-ben. Am 23. Juni wurden Croissant undStrbele verhaftet und zahlreiche Prozes-sunterlagen beschlagnahmt. Spter sollten

    noch mehrere weitere Verteidigerausschls-se folgen. Die Angeklagten Andreas Baa-der, Ulrike Meinhof, Gudrun Ensslin und

    Jan-Carl Raspe gaben im Prozess selbst nurpolitische Erklrungen zur Sache und Sta-tements zu den Haftbedingungen und sp-ter zum Tod von Ulrike Meinhof ab*. Da siewhrend ihrer Statements massiv vom Vor-sitzenden Richter Prinzing (damals Mitgliedeiner schlagenden Verbindung / reak-tionren Burschenschaft) unterbrochenwurden, was sie nicht kommentarlos hin-nahmen, kam es des fteren zum Aus-schluss der Angeklagten, so dass sie den

    grten Teil des Prozesses in ihren Zellensaen. Prinzing wurde kurz vor Ende desProzesses, am 20. Januar 1977, als zu-stndiger Richter fallengelassen, weil derSchein des unabhngigen Gerichts kaputt

    war und seine Beibehaltung zahlreicheGrnde fr eine Revision des Verfahrensbieten konnte. Die Verteidiger hatten Infor-mationen bekommen, wonach Prinzing Ab-lichtungen der Prozessakten an den Bun-desrichter Albrecht Meyer weitergeleitethatte, welcher ber eine mgliche Revisionim Verfahren zu entscheiden gehabt htte.

    Nicht nur das - Meyer hatte sogar Teile derAkten an die Presse weitergeleitet. Dem 85.

    Befangenheitsantrag wurde schlussendlichstattgegeben.Auerdem wurden vor dem Prozess neue

    Gesetze geschaffen bzw. alte Gesetze modi-fiziert, wie z.B. die Kronzeugenregelung, diedem Gericht die Prozessfhrung erleichter-ten. Die Angeklagten wurden am 28.04.77in allen Anklagepunkten - gemeinschaftli-ches Begehen von sechs Bombenanschlgenin Tateinheit mit vier Morden und 34 Mord-versuchen, des Begehens von Mordversu-chen in Tateinheit mit der Grndung einerkriminellen Vereinigung - fr schuldigbefunden und zu lebenslangem Gefngnis

    verurteilt.

    Interessant sind erstmal die Begleitumstn-de, unter denen diese Tonbnder auftauch-ten. Die SWR-Hrfunkabteilung prokla-mierte erstmal den Erfolg, in der Recher-chearbeit in den Kellern des StaatsarchivsLudwigsburgs, fr sich. Dort verwahrten

    Archivare seit Jahrzehnten die zur Ge-dchnissttze fr Gerichtschreiber gedach-ten Bnder. Diese sollten eigentlich schonlange gelscht sein. Doch dann entspannsich eine deftiger Streit innerhalb der ARD-Journaille. Der NDR stellte parallel auch

    Ansprche auf Entdeckung der Aufzeich-nungen. Der NDR hatte den Spiegel-Chefund selbst ernannten RAF-Historiker mitMonopol-Anspruch (eine Art Guido Knoppder deutschen 68er-Geschichte) Aust undden Spiegel-TV-Mann Bchel fr eine Hi-storische Aufarbeitung zum so genanntenDeutschen Herbst verpflichtet. Der SWRnahm daraufhin bis zur Ausstrahlung einesNDR-Beitrags von Aust und Konsorten inden Tagesthemen die Streams wieder vomNetz.

    Der Streit um die diese Tonbnder zeigt

    einmal wieder die Sonderstellung die sichAust in Bezug auf die Deutungshoheit, inBezug auf die Aufarbeitung der RAF-Ge-schichte geschaffen hat. Er allein nimmtsich das Recht heraus, scheinbar Neues zuprsentieren und gleichzeitig zu deuten.

    Im Gleichklang mit den Schreiberlingender FAZ, kommt er - wie schon immer - insPsychologisieren. Man merkt in ihrerStimme die Verzweiflung und Verwirrung,lsst er sich zu Ulrike Meinhofs Statementaus. Dass sich in ihrer Stimme die von Jan-Carl Raspe angesprochenen Haftbedingun-gen widerspiegeln, kommt dem Chefjour-

    nalisten nicht in den Sinn. So sucht die br-gerliche Journaille im Einklang nach denGrnden, die Ulrike Meinhofs Tod alsSelbstmord festschreiben knnten. EineZeile aus der von Gudrun Ensslin abgege-

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    benen Erklrung ber die Verantwortungfr Angriffe von RAF-Kommandos, denendie Gefangenen nicht zustimmten, wird so-fort zum RAF-Mobbing gegen Ulrike Mein-hof stilisiert.

    Mai-Offensive 72:

    Die RAF verffentlichte vor ihrer Offensivedas Strategiepapier Rote Armee Fraktion- Stadtguerilla und Klassenkampf**. Die

    Offensive selbst, sollte einerseits den USAund ihren Verbndeten im Vietnamkriegklarmachen, dass es fr sie, als Verant-wortliche fr das Morden in Vietnam, auchin Europa kein ruhiges Hinterland mehrgibt. Darber hinaus zielten einige Aktio-nen auf die Repressionsorgane in der BRDund die Verantwortlichen fr die Isolati-onshaftbedingungen, denen die Gefangenenaus der RAF und andere, damals schon aus-gesetzt waren.

    11.05.72: Im Hauptquartier des V. US-Corps in Frankfurt gehen drei Bomben hoch.Ein Offizier wird gettet, 13 Soldaten wer-

    den verletzt.12.05.72: Bombenanschlge auf die Po-

    lizeihauptquartiere in Augsburg und Mn-chen. Dabei wird niemand verletzt.

    16.05.72: Sprengstoffanschlag auf Bud-denberg, BGH-Richter in Karlsruhe, bei demdessen Frau verletzt wird.

    19.05.72: Zwei Bomben explodieren inHamburg im Springer-Hochhaus. Trotzrechtzeitiger und dreimaliger Warnung vor-her, lsst Springer nicht rumen. 17 Ar-beiter werden verletzt. Die RAF bt Selbst-kritik und schreibt: Wir haben Springernicht als das Schwein eingeschtzt, das ertatschlich ist.

    24.05.72: Bombenanschlag auf dasHauptquartier der US-Armee in Europa inHeidelberg, wo der Zentralcomputer instal-liert ist, mit dem die US-Flugeinstze ber

    Nordvietnam koordiniert werden. Drei Sol-daten werden gettet. (Quelle: Bundesrepu-blik Deutschland (BRD) - Rote Armee Frak-tion (RAF), GNN Verlagsgesellschaft Poli-tische Berichte)

    Zu den Fakten: Die RAF griff im Zuge ih-rer Mai-Offensive 1972 unter anderem auch

    das Springer Hochhaus in Hamburg an. Dabestimmte Leute im Springer-Konzern einetelefonisch eingegangene Warnung igno-rierten, wurden 17 Angestellte und Arbei-ter verletzt. ber diesen Angriff gab es defacto Diskussionen innerhalb der RAF, die

    von Aust und anderen dazu benutzt wer-den, eine persnliche Auseinandersetzungzwischen Gudrun Ensslin und Ulrike Mein-hof zu konstruieren. Den Rest an Beweisenfr diese These schnippelten sie sich ausdem INFO, einem Infosystem, das den

    Austausch von Inhalten und Einschtzun-gen unter allen Gefangenen aus der RAF,

    durch Briefe mglich machte, zusammen.Dort wurde teilweise unter Anwendung derleninistischen Organisationsprinzipien vonKritik und Selbstkritik heftigst gestritten.Fr Aust und Konsorten eine wahre Fund-

    grube fr ihre Verschwrungstheorien und

    weitere Psychologisierungen.Im selben Kontext wird auf ein weiteres

    Band hingewiesen, in dem, nach Darstel-lung der Austianer, Ulrike Meinhof inner-halb eines Statements ber die an ihr prak-tizierte Folter einen Hilferuf sendete, in demsie die Mglichkeit nach einem Ausstieg oh-ne Verrat suchte und nicht fand.

    Geradezu typisch ist, dass genau dieserAuszug nicht zu hren ist. Man mchte ge-radezu darauf wetten, dass Aust sich die-sen fr seine Doku aufgehoben hat. Dortknnen er und sein Gefolge dann den Kon-text vorgeben, in dem Mensch das gespro-chene Wort zu verstehen hat.Alles nach der alten Buback-Doktrin aus

    dem Jahre 1975. Damals forderte dieser indem damaligen Polit-Magazin Kennzei-chen D: dass Journalisten sich daraufbeschrnken (sollen), Mittler zwischen Po-lizei, Staatsanwaltschaft und Bevlkerungzu sein. Schon vorher machte er klar, dasses darauf ankommt, wie, wann und wel-che Informationen weitergegeben werden.Beide Prinzipien gelten bis heute sowohl imZusammenhang mit der Geschichte der ra-dikalen linken Opposition von 1968-1977

    als auch im Umgang mit Protest u. Wider-stand in der Gegenwart (siehe G8).In diesem Sinne hat der Spiegel-Chefre-

    dakteur Aust, sptestens nach der Auf-tragsarbeit fr die dreiigste Wiederkehrdes sog. deutschen Herbstes, einen Bun-desverdienstorden verdient. Dass er damit

    Vorbild-Funktion im Bezug auf einenganzen Berufsstand hat, scheint unbestrit-ten.

    Heute wird, weder in den Printmediennoch in TV und Radio, keine Kurzmeldung,kein Original-Zitat und keine staatskriti-sche Stellungnahme unkommentiert bzw.

    ohne ein vor Staatsrson triefendes Vorwortin ffentlichkeit gebracht. Und das nichtnur dann, wenn es um die RAF und ande-re fortschrittlich bestimmte bewaffneteKmpfe geht.

    Noch mal zurck zum Ursprung. Die Ton-dokumente sind weder eine mediale Sen-sation, noch enthalten sie viel Neues. Essind Dokumente eines Prozesses, die ohnedie Kommentare der brgerlichen Medienauch ganz anders hrbar sind. Ein AndreasBaader, der sich schlecht als aggressiverMacho od. Dandy verkaufen lsst. Er sprichtruhig und mit analytischer Klarheit seinenText. Das, was Jan-Carl Raspe zur Haftsi-

    tuation von Ulrike Meinhof sagt, wird durchdas Auftreten von ihr mehr oder minder be-sttigt. Bei ihr sprt mensch die Folter derletzten Jahre deutlich. Gudrun Ensslin er-klrt die Praxis der RAF. Dies fiel sogar denSchreiberInnen der Sddeutschen Zeitung(Stimmen aus dem Grab, 1.8.2007) auf:

    ... Sie (die Tondokumente) zeigen die Angeklagten berraschenderweise vlligunhysterisch. Jan Carl Raspe trgt En-de1975 sachlich seine Kritik an den Haft-bedingungen vor. Ulrike Meinhof, offenbarschwer von den Haftbedingungen gezeich-net (sic!), spricht wirr und so gedrngt, dass

    sie kaum zu verstehen ist. (...) Die grteberraschung bietet Andreas Baader. Der

    vielfach zum ,Dummkopf, ,Brutalo und,Macho kolportierte, nennt den Prozess inleitartikelnder Prosa eine leere Fassade (...).

    Interessant ist in diesem Zusammenhang,dass die brgerlichen Schreiberlinge fast imgleichen Tonfall ber die krude, fremd-wortdurchdrungene, altbackene Sprachesthnen und ber diese aus der Drberste-her-Perspektive ablstern, wie viele jungeund mittelalte Linke.

    Es scheint mir in beiden Fllen doch oftso zu sein, dass dieses Verhalten als Ent-schuldigung dafr dient, sich nicht mit denInhalten, gerade im Bezug auf deren Ak-tualitt, zu befassen.

    Zumindest knnen die Tondokumente frviele, gerade auch junge Menschen ein An-lass sein, sich mit den damaligen Ereignis-sen auseinanderzusetzen.

    ... und da ist eine radikale Linke gefragt,die sich uert und den herrschenden Me-dien mit all ihren Plattheiten ein realeresBild der damaligen Zeit und den Kmpfendarin vermittelt.

    Links:Erklrung zur Sache - Auszge aus demManuskript zum Stammheim-Prozess:

    Jan Carl Raspe erklrt am 11.05.1976 zumTod von Ulrike Meinhof:

    Das Konzept Stadtguerilla:

    Bericht der Internationalen Untersu-chungskommission zum Tod von Ulrike

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    Meinhof:

    Bcher:Pieter Baaker Schut - Stammheim (Neu-

    erMalik-Verlag) Ausgewhlte Dokumente der Zeitge-

    schichte: Bundesrepublik Deutschland

    (BRD) - Rote Armee Fraktion (RAF), GNNVerlagsgesellschaft Politische BerichteIrmgard Mller: RAF - das war fr mich

    Befreiung!Gudrun Ensslin: Zieht den Trennungs-

    strich jede Minute- Beide erschienen im Konkret Literatur

    Verlag

    Das Gesprochene Wort...Dokumentation der Inhalte der verffent-lichten Tonbnder aus dem Stammheim-Prozess

    Ulrike MeinhofZum Gerichtsverfahren:

    Rational und logisch ist das, was Sie hiermachen, indem Sie also bei Andreas denfnften beziehungsweise sechsten Anwaltrausfeuern, logisch und rational ist das pr-zise, das Vorgehen und die Struktur einesKriegsgerichts, beziehungsweise, hier ist es

    vielleicht genauer zu sagen: eines Polizei-gerichtsverfahrens.

    Indem Prinzing (der Richter, d. Red.)natrlich ein Interesse daran haben muss,dass die Verteidigung sich unter gar keinenUmstnden, () wieder rekonstruierenkann, aus dem einfachen Grund, dass ernatrlich () Angst haben muss. Aber ichstelle einfach noch mal fest: Bei Andreassind Croissant, Strbele, Groenewold aus-geschlossen worden bers Verteidigeraus-schlussgesetz und auf einem Weg, und ausdem ganzen Verfahren ausgeschlossen, aufeinem, auf dem Weg einer Interpretation,die das Gesetz, h, und, also dann noch mal,um den Fall Andreas, um die Sach..., umdieses Ziel, bei Andreas alle Anwlte weg-zuknallen, gebogen worden ist.

    Gudrun EnsslinZu den Anschlgen der RAF:Wir sind auch verantwortlich fr die An-

    griffe auf das CIA- Hauptquartier und dasHauptquartier des 5. US-Korps in Frankfurtam Main und auf das US-Hauptquartier inHeidelberg, insofern wir in der RAF seit 70organisiert waren, in ihr gekmpft habenund am Prozess der Konzeption ihrer Poli-tik und Struktur beteiligt waren. Insofernsind wir sicher auch verantwortlich fr Ak-tionen von Kommandos, zum Beispiel ge-gen das Springer-Hochhaus, deren Kon-

    zeption wir nicht zustimmen. ()Zu erwgen ist nicht ein Widerstands-recht, wie es hier nicht um Rechte geht, son-dern was die Politik der RAF ausdrckt, istdas Bewusstsein der Pflicht zum Wider-

    stand. () Und das exakt war zwei Tage langder Inhalt unserer Erklrung zur Sache ()

    Widerstand, Kampf. Das hat der Text, derim Januar hier gekommen ist, artikuliert.Das Gericht hat ihn ignoriert. Eine Reakti-on, die nur zwei Deutungen zulsst: Sie ha-ben nichts verstanden, aber wahrscheinli-cher: Prinzing (der Richter, d.Red.) darf die

    Veranstaltung nicht abkrzen, weil sie vonder Dramaturgie des Bundestagswahl-

    kampfes bestimmt ist.

    Jan-Carl RaspeZu den Haftbedingungen:Falsch ist, dass die Auswirkungen der Iso-

    lation den verantwortlichen Stellen ver-deckt geblieben wren. Nichts war verdeckt.

    Es gab Januar 73 die Stellungnahmenvon drei Gefngnisrzten in Ossendorf, alsUlrike seit siebeneinhalb Monaten im Traktwar, die ohne Untersuchung erklrten: Psy-chosomatische Schden sind bei der Art

    von Unterbringung, nmlich in akustischerIsolation, unvermeidlich. Aus psychiatri-

    scher Sicht sei die Grenze der Belastbarkeiterreicht, einfach weil die Auswirkungen derIsolation angefangen hatten, sichtbar zuwerden.

    Ulrike konnte bei Besuchen nicht mehrsprechen. Auerdem ist in unzhligen An-trgen der Anwlte auf rzte unserer Wahlauf Aufhebung der Isolation erklrt und mitprzisen wissenschaftlichen Argumenta-tionen nachgewiesen worden, dass die Aus-wirkungen der Isolation fr jeden nach ei-ner bestimmten Zeit katastrophal sind.

    Andreas BaaderZur Isolationshaft:An drei Tagen in der Woche, drei Tagen

    in der Woche ist hier Verhandlung, findetpraktisch kein Umschluss statt, findet keinHofgang statt, schon gar kein verlngerter,ist die Situation fr die Gefangenen die,dass sie in schallisolierten, schalltoten fen-sterlosen Zellen vier oder fnf Stunden amTag sich aufhalten mssen. Und zwar voll-stndig isoliert, also auch der Umschluss zuzweit, den Sie ja inzwischen zugestandenhaben, ist da unten wieder liquidiert, wiewir festgestellt haben heute. ()

    Aber dazu wollte ich einfach nur mal kurzfeststellen: Wir sind sicher, Prinzing (derRichter, d.Red.), dass Sie hier auch an Ihremeigenen Urteil arbeiten.

    (Quelle: FR vom 1.08.2007)

    Weitere Quellen: Pieter Baker Schut - Stammheim,BRD-RAF (GNN Verlag), rafinfo.de, SZ, FAZ, WELT

    anderslautern-red.(www.anderslautern.de )

    Hinweis: ber unsere Website knnt ihr

    euch auch die Stammheim-Tondokumenteals mp3-Dateien runterladen. Auerdemgibts bei uns noch einiges mehr zum The-ma Bewaffneter Kampf, Politische Gefan-gene usw.

    Brief von Thomas Meyer-Falk vom6.August 2007

    Einzelhaft und dasLeben danachIm Folgenden soll es um die Isolationshaftund das Leben nach Aufhebung der Einzel-haft gehen.

    Von 1996 bis 1998 sa ich erst in Stutt-gart-Stammheim in Einzelhaft, dann kurzeZeit im bayerischen Straubing und schlie-lich von Herbst 1998 bis zum 5. Mai 2007 imbaden-wrttembergischen Bruchsal. Die Be-griffe Isolationshaft und Einzelhaft verwen-de ich synonym; mitunter gibt es leichte Ver-wirrung hinsichtlich der Einzelhaft: 89Strafvollzugsgesetz regelt die unausgesetz-te Absonderung eines Gefangenen, soferndiese aus Grnden in der Person des Ge-fangenen liegend, unerlsslich ist. Hiervonzu trennen ist also die Frage, ob ein Gefan-gener in einer Einzelzelle untergebracht wird.

    Die meisten Anstalten sind berbelegt und eswerden zwei und mehr Gefangene in einer(kleinen) Zelle eingesperrt und manche er-streiten sich eine Einzelunterbringung.Wer jedoch in Einzelhaft sitzt, der/die hat

    fr gewhnlich keinerlei Kontakt zu den Mit-gefangenen, sprich man sitzt 23 Stunden desTages in einer Zelle, hat eine Stunde am Tagalleine Hofgang und das war es. Hinzukommen umfangreiche ergnzende beson-dere Sicherungs-/berwachungs-/Kontroll-manahmen, als da wren: die Vorenthal-tung von Besteck und anderen Gegenstn-den (mir wurde selbst eine Mundharmonika

    verweigert, da diese eine potentielle Waffesein knne), berwachung der Korrespon-denz, TV-Verbot, Trennscheibe bei Besuchen(Besucher/in und Gefangene/r sind durch ei-ne Panzerglasscheibe voneinander getrennt)sowie strikte berwachung der Unterhaltungbeim Besuch.Vor Verlassen der Zelle nackt ausziehen

    und umkleiden, mindestens jedoch abtastenund mit Metallsonde absuchen, ggf. auch An-legen von Handfesseln (so durfte ich vieleJahre lang die Zelle nur gefesselt verlassen).Und diese Aufzhlung ist nicht etwa voll-

    stndig, es gibt noch weitere nach dem Ge-setz zulssige Manahmen.Wie erwhnt sa ich bis Mai 2007 selbst

    lngere Zeit in Isohaft; die Jahre nutzte ich,um viel zu lesen, zu schreiben, und ich hat-te das Glck, jeden Monat zwei Besuche vonFreund/innen und Genoss/innen zu erhalten.

    Auerdem hrte ich viel Radio und las vieleZeitungen und Zeitschriften.

    Im Laufe der Zeit stellte ich eine zuneh-mende Empfindlichkeit hinsichtlich vonGeruschen fest, d.h. leichte Irritierbarkeitdurch jegliches Gerusch, das aus dem ge-wohnten Rahmen fiel.

    Bei Besuchen fiel es mir schwer, einen pr-senten Eindruck zu erwecken, in Gesprch-spausen war ich in Gedanken schnell weitweg, denn wer 23 Stunden am Tag mit sichselbst verbringt, lenkt zwangslufig die Auf-

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    merksamkeit nach innen. Und mit jedem Jahrmehr bedarf es zunehmender Konzentration,auf Anforderung (z.B. beim Besuch) die Auf-merksamkeit wieder nach auen zu richten.

    Bei mir entwickelten sich darber hinauskleinere Rituale, wie beispielsweise das tg-lich erfolgende zweimalige Reinigen des Haf-traums. Morgens wie abends putze ich dieZelle.Aufstehen gegen 4.00/4.15 Uhr in der Frh,

    zu Bett gehen gegen 19.00 Uhr. Flexibilittging dabei fast vllig verloren, sprich ichstand wirklich Punkt 4.15 Uhr auf. Tag frTag, Monat fr Monat, Jahr fr Jahr. Dieseszeitliche Korsett, so knnte eine Erklrunglauten, bot ein gewisses Ma an Sicherheitund Kontrolle in einem Leben, das ansonstennahezu vollstndig von auen kontrolliertund aufgezwungen wurde. Wenn ich schonnicht ber mein Leben frei bestimmen konn-te, so doch zumindest ber den Zeitpunkt des

    Aufstehens.Ja, und wie sieht nun das Leben, der All-

    tag nach Aufhebung der Isolierung aus?Die ersten Tage waren der pure, nackte

    Stress! So viele neue Gesichter, Gerche, op-tische und akustische Eindrcke, so viele neueNamen ... Mein Gehirn musste sich erst wie-der an die enorme Reizflut gewhnen, denndie Fhigkeit, wichtige von unwichtigen In-formationen quasi unbewusst voneinanderzu trennen, leidet in der Isolation. Dort ist je-

    der Reiz (ob akustisch, optisch, usw.) wichtigund dringt durch, denn es gibt ja kaum wel-che. Um so mehr Bedeutung hat jede Infor-mation, die einen erreicht.

    Ich musste also erst wieder lernen, Wichti-

    ges von Unwichtigem zu trennen und liefso die ersten Tage ein wenig wie benebeltdurch die Flure. Auch an meinen sozialenKompetenzen musste ich arbeiten, dennkaum fing ich mit jemandem ein Gesprchan und mich sprach ein Dritter an, lie ichkommentarlos Person A stehen, um mich Per-son B zuzuwenden. Mitte Juni begann ichdann ein nur vier Tage dauerndes Praktikumin der Elektro-Lehrwerkstatt der Anstalt, um

    zu schauen, ob mir eine Elektrolehre liegenwrde. So freundlich die dort ttigen Gefan-genen auch waren, mir wurde es alsbald zu-

    viel und die rztin schrieb mich arbeitsun-fhig.Wer lange Jahre mit sich allein verbrach-

    te, muss erst wieder lernen, die Gegenwartanderer auszuhalten; dieses Verhalten istauch bei jenen Gefangenen zu beobachten,die sich nicht in Einzelhaft befunden haben.Oft genug hre ich hier von Mitgefangenenam Nachmittag, kurz bevor die Zellen ver-und die Gefangenen eingeschlossen werden:

    Du, ich bin froh, wenn die Tre zu geht, end-lich meine Ruhe!.Als am 21./22. Juli sodann das Sportfest

    (ein Mal im Jahr drfen BesucherInnen Ge-fangene im Gefngnishof besuchen. Fr 8Stunden ist dann der Hof voller BesucherIn-nen und Gefangenen, zudem kommen Fu-ballmannschaften von drauen und es gibtStnde, an welchen man Steaks, Pommes, Pi-

    zza, usw. kaufen kann) stattfand, ging ich inden Hof, um mir dies anzusehen. Aber alledie Menschenmassen wurden mir bald zuvielund abends lag ich mit Kopfschmerzen imBett, obwohl ich nicht viel Zeit im Hof ver-

    bracht hatte. Und wirkliche Freude stellte sichauch nicht ein, denn die Gegenwart dieser

    vielen BesucherInnen machte besonders be-wusst, dass man eingesperrt ist; die 150-250anstaltsfremden Personen wrden abendswieder die Anstalt verlassen, whrend manselbst wieder in die Zelle zurckkehren muss.

    Die entsozialisierende Wirkung des Straf-vollzuges wurde oft genug in vollzugskriti-scher Literatur thematisiert (konservative

    Vollzugspraktiker, z.B. Ltd. Regierungsdirek-tor Wilkin Wilke, ehem. Leiter der JVA Strau-bing, bestreiten jedoch, dass Strafvollzugschdliche Wirkungen auf Inhaftierte ha-ben knnte), und auch die Isolationshaft war(und ist) Gegenstand politischer Kritik (aktu-ell insbesondere im Zusammenhang mit demUS-Lager Guantanamo). Trotzdem hrt mangerade unter Gefangenen oft genug ein Pl-doyer fr Gefngnisse, ja selbst fr die Iso-lierhaft. Hier in Bruchsal arbeiten Gefangeneim Auftrag der JVA am Bau zweier speziellgesicherten Einzelhfe. D.h. Gefangene er-richten jene Zwinger, in denen knftig iso-

    lierte Gefangene ihren Einzelhofgang absol-vieren mssen.

    Ich hatte das Glck, whrend der Zeit inEinzelhaft Gefangenen aufgefallen zu sein,die sich nicht dem Konformittsdruck der An-stalt beugten. F. und H. versorgten mich alldie Jahre, wenn ich etwas bentigte, mit Nah-rungsmitteln, denn die Anstalt verweigertemir konsequent das Taschengeld. F. meldetesich regelmig durch Klopfen an meiner Zel-le, so dass man sich durch Rufen am Trspaltein wenig unterhalten konnte. Mit H. konn-te ich whrend der Zeit im Hof sprechen, dadas Fenster seines Arbeitsplatzes in RichtungHofareal ging (was ihm mehrfach rger ein-brachte). Von T. (und spter D.) bekam ichwchentlich ein paar frische Backwaren (wasdie Wrter auch nicht gerade schtzten, dennalle Sachen, die man mir zukommen lassenwollte, mussten zuvor durch ein Durch-leuchtungsgert geschoben werden).

    Diese praktizierte Solidaritt im Vollzugund insbesondere auch die von drauen(nmlich die vielen Briefe und auch die Be-suche) war wertvoll und wohl auch (ber)le-benswichtig.

    Bundesweit sitzen viel zu viele Gefangene

    nicht nur in Haft (ber 80.000), sondern ei-nige eben auch in Isolation.Manche schon seit 1995 oder lnger. Bspw.

    Gnter F. in Celle: Seit 1995 in Einzelhaft, soauch Peter W. in Sehnde. In Stammheim seitmehreren Jahren Axane, in Bautzen RafaelM. (fast ununterbrochen seit 1997 in Isolati-on: Stammheim, Bruchsal, Stammheim, Frei-burg und nun Bautzen. Er hat nie jemandenangegriffen, immer nur gab es Aussagen, erknnte vielleicht ausbrechen).

    Und diese Reihe liee sich fortsetzen.Vielleicht gibt es wie in den 70ern und

    80ern wieder einmal eine Kampagne ge-

    gen (Isolations-)Haft, die wirklich anSchwung gewinnt!Thomas Meyer-Falk, c/o JVA Z. 3117,Schnbornstr. 32, D-76646 Bruchsalhttp://www.freedom-for-thomas.de

    Die zunchst vor allem gegen die Gefangenen aus der RAF entwickelte und auf Zerstrungihrer politischen Identitt zielende Isolationshaft wurde in den Jahrzehnten seither enormausgeweitet. Das Bild zeigt eine Zelle des Hochsicherheitsgefngnisses Hamburg Billwer-

    der, in die, wie es offiziell heit, renitente Gefangene verbracht werden. Der Raum istschallisoliert, in der Mitte ein Bettgestell, in der Ecke ein Toilettenbecken mit Toilettepa-pier. Am Bettrahmen befinden sich Gurte und Handschellen, die zur Fixierung des Ge-fangenen verwendet werden.

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    Presseerklrung der Verteidi-gung in den aktuellen 129a-Verfahren (militant(e)

    gruppe (mg))In einem seit 2006 von der Bundesanwalt-schaft gefhrten Verfahren wegen Mit-gliedschaft in einer terroristischen Vereini-gung nach 129a Abs. 2 Nr. 2 StGB wur-den in der Nacht 30./31.07.2007 drei der

    von uns verteidigten Beschuldigten wegendes Vorwurfes festgenommen, versucht zuhaben, mindestens drei Lastkraftwagen derBundeswehr auf dem Gelnde der FirmaMAN in Brandenburg in Brand zu setzen.Die drei Beschuldigten waren in der Tat-nacht von der Polizei observiert worden.

    Am 31.07.2007 fanden bei vier weiterenBerliner Beschuldigten Hausdurchsuchun-gen statt, anlsslich derer ein weiterer Be-schuldigter festgenommen wurde. Der Er-mittlungsrichter beim Bundesgerichtshoferlie am 01.08.2007 Haftbefehle gegen diedrei in Brandenburg sowie den in BerlinFestgenommenen.

    Die aktuellen Verfahren, insbesondere dieBegrndung der Haftbefehle belegen ein-mal mehr, wie die Strafverfolgungsbehr-den in Deutschland die Terrorismus-Aus-nahmegesetzgebung gegen bestimmteStraftatverdchtige und Bevlkerungsteileeinsetzen, nmlich unverhltnismig undohne rechtstaatliche Skrupel. Im aktuellenFall wre in einem rechtsstaatlichen Ver-fahren gegen die drei in Brandenburg Fest-genommenen der Tatvorwurf der versuch-ten Brandstiftung gem. 306 StGB erho-ben worden. Die unbestraften und in ge-ordneten sozialen Verhltnissen lebendenBeschuldigten wren aufgrund fehlender

    Fluchtgefahr nicht in Untersuchungshaftgenommen worden. Verfehlt erscheintschon, das versuchte In-Brand-Setzen vondrei Autos unter Ausschluss einer Perso-nengefhrdung als Terrorismus zu bezeich-

    nen. Immerhin setzt selbst der weiteStraftatbestand des 129a StGB voraus,dass die Straftaten bestimmt sind, durchdie Art ihrer Begehung oder ihre Auswir-kungen einen Staat oder eine internationa-le Organisation erheblich zu schdigen.

    Die Verteidigung ist aber vor allem berdie in den Haftbefehlen ausgefhrte An-nahme, die sieben Beschuldigten htten ineiner terroristischen

    Vereinigung agiert,emprt.

    Bezglich eines derdrei in Brandenburg

    Festgenommenenheit es, dass obwohlkeine polizeilichenErkenntnisse vorlie-gen, dies der An-nahme des Verdachtsder Mitgliedschaft ineiner terroristischen

    Vereinigung nicht ent-gegen stehe. Wie sich

    vielmehr aus denSchriften der militan-te(n) Gruppe(mg) er-gbe, entsprche diesdamit vielmehr ge-nau den Anforderun-gen, die diese Vereinigung an ihre Mitglie-der stellt. Wie beliebig diese Begrndungist, wird dadurch belegt, dass einem ande-ren Beschuldigten Erkenntnisse aus einemgegen ihn laufenden Ermittlungsverfahren

    vorgehalten werden. Die Ermittlungs-behrden gehen aufgrund der durchge-fhrten berwachungsmanahmen davonaus, dass es zu Kontakten zwischen einemder drei in Brandenburg und einem der inBerlin Festgenommenen gekommen ist. Die

    einzigen beiden Treffen zwischen diesenPersonen sollen konspirativ vereinbartworden seien. Die Behrden haben keiner-lei Erkenntnis darber, was bei den Treffenim Februar und am April 2007 berhauptbesprochen worden sein soll. Es wird je-doch ein sehr weitgehender Schluss aus denangeblichen Treffen gezogen:

    Dieses konspirative Halten zwischen Hund L lsst sich nur dadurch erklren, dassauch L in die terroristische Vereinigungmilitante(n) Gruppe(mg) als Mitglied ein-gebunden ist und die konspirativ verein-barten Treffen im Zusammenhang damit

    standen.Diese zwei konspirativen Treffen sind inder Argumentation der Karlsruher Straf-

    verfolger nicht nur konstitutiv fr den Ter-rorismusvorwurf, sondern die einzige Ver-

    bindung zwischen den in BrandenburgFestgenommenen und den vier in Berlin le-benden weiteren Beschuldigten. Die Ver-dachtsmomente gegen die vier weiterenBerliner sind an Absurditt kaum zu ber-

    bieten. So heit es u.a.:- Eine von dem Sozialwissenschaftlicher... 1998 in der Zeitschrift .. verffentlichtewissenschaftliche Abhandlung enthltSchlagwrter und Phrasen, die in Textender militante(n) Gruppe (mg) gleichfalls

    verwendet werden. Die Hufigkeit der be-reinstimmung ist auffallend und nichtdurch thematische berschneidungen er-

    klrlich.- Als promovierter Politologe ist er zum

    einen intellektuell in der Lage, die an-spruchsvollen Texte der militante(n)Gruppe (mg) zu verfassen, zum anderenstehen ihm als Mitarbeiter eines For-schungszentrums Bibliotheken zur Verf-gung, die er unauffllig nutzen kann, umdie zur Erstellung der militanten Gruppe er-forderlichen Recherchen durchzufhren.

    - Fr eine Mitgliedschaft in der mili-

    tanten Gruppe spricht ferner, dass .. im Ju-ni 2005 in der Zeitschrift in einem Arti-kel ber einen 1972 fehlgeschlagenen An-schlag der terroristischen VereinigungRZ, bei dem ein Hausmeister zu Tode kam,berichtete und der selbe Anschlag in einemText der militanten Gruppe vom Frhjahr2005 thematisiert wurde.

    - Als Promotionsstipendiat verfgt ,ebenso wie ber die intellektuellen undsachlichen Voraussetzungen, die fr das

    Verfassen der vergleichsweise anspruchs-vollen Texte der militanten Gruppe erfor-derlich sind.

    Als weitere Indizien werden stereotyp vielfltige Kontakte eines Teils der Be-schuldigten in die militante linksextremi-stische Szene von Berlin behauptet. Einemder in Brandenburg Festgenommenen wird

    Zum aktuellen 129a-Verfahren

    Andrej ist raus!22.08.2007

    Heute um 13.30 Uhr ist Andrej aus derUntersuchungshaft entlassen worden.Seine Anwltin Christina Clemm hat so-eben in einer Pressemitteilung erklrt:

    Der Haftbefehl wurde nicht aufgeho-ben, sondern der Ermittlungsrichter amBGH hat meinen Mandanten nach Zah-lung einer Kaution und unter Auferle-gung verschiedener Auflagen von derUntersuchungshaft verschont.

    Dies bedeutet, dass nach Ansicht desErmittlungsrichters der Fluchtgefahrmit weniger einschneidenden Mittelnals der Untersuchungshaft begegnet

    werden kann.Die Bundesanwaltschaft hat mitge-teilt, dass sie gegen diese Entscheidungin Beschwerde gehen werde.

    Solidarittsdemonstration am 22.8.

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    darber hinaus zur Last gelegt, dass er bis1992 in Berlin-Reinickendorf aufgewach-sen sei und daher ber die guten Orts-kenntnisse verfgt, die die im Zeitraum2001 bis heute verbten Anschlge der mi-litanten Gruppe im Ortsteil Berlin-Rei-nickendorf und im Wedding erforderlichmachten.

    Die Erhebung des Terrorismusvorwurfesgegen die sieben Beschuldigten in diesem

    neuen 129a-Verfahren ist hchst speku-lativ nicht haltbar. Die Haftentscheidungengegen vier der Beschuldigten sind skan-dals. Das Vorgehen der Bundesanwalt-schaft und des Ermittlungsrichters beimBundesgerichtshof belegen einmal mehr,wie deutsche Strafverfolgungsbehrdenmit den Terrorismus-Sondergesetzen in un-

    verhltnismiger und rechtlich haltloser Weise gegen missliebige Tatverdchtigevorgehen.Republikanischer Anwltinnen- und An-wlteverein e. V.

    Guantnamo in Deutschland:Unmenschlicher Umgangmit BeschuldigtenBeschuldigte im 129a-Verfahren wurdenbei ihrer Festnahme krankenhausreif ge-prgelt und wie Guantnamo-Hftlingebehandelt. Sonderhaftbedingungen in derJVA Moabit erinnern an Isolationshaft.

    Am 31.07.2007 verhaftete das BKA OliverR., Axel H. und Florian L., nachdem sie ver-sucht haben sollen, drei Lastkraftwagen derBundeswehr in Brand zu setzen. Wie erst

    jetzt bekannt wurde, kam es in diesem Zu-sammenhang zu schweren bergriffen beider Verhaftung durch das BKA. Weiterhinunterliegen die Beschuldigten extremenHaftbedingungen.

    Mit dem Sack ber dem Kopf auf derStraeWie ber die Anwlte bekannt wurde, er-folgte die Verhaftung der Drei nach dem

    Vorbild schlechtester B-Movie-Action. Ei-nem blitzartigen berfall gleich wurde dieStrae blockiert und das Fahrzeug abruptzum Stehen gebracht. Dann wurden dieScheiben eingeschlagen und die Insassendurch die herausgebrochenen Fenster-scheiben nach drauen gezerrt. Dabei kames zu Schnittverletzungen an verschiede-nen Krperstellen. Durch seinen Anwaltwurde bekannt, dass Florian L. angeschnalltsitzend schwer verprgelt wurde und Prel-lungen und Schwellungen im Gesicht undan den Rippen erlitt, die spter ambulantbehandelt werden mussten.

    Den Verhafteten wurden Scke ber dieKpfe gezogen, alle drei wurden in dnne,weie Plastik-Overalls gesteckt und siemussten gefesselt ber einen langen Zeit-raum auf der Strae liegen. Am nchsten

    Tag wurden die Drei und der spter festge-nommene Sozialwissenschaftler Dr. AndrejH. mit groer medialer Inszenierung imHelikopter nach Karlsruhe geflogen. OliverR. und Axel H. wurden in den zwi-schenzeitlich zerrissenen Anzgen demHaftrichter in Karlsruhe vorgefhrt und erstnach Beschwerden der Anwlte bekamensie normale Kleidung.

    IsolationshaftbedingungenObwohl keiner der Beschuldigten vorbe-straft ist und alle in stabilen sozialen Ver-hltnissen leben, verhngte der Richter amBundesgerichtshof Untersuchungshaft mitSonderhaftbedingungen. Die Gefangenensind einzeln und von anderen Gefangenenisoliert 23 Stunden alleine in einer 6-8 qmgroen Zelle nebst Toilette und Wasch-becken mit kaltem Wasser untergebracht,deren hygienischer Zustand deutlich zuwnschen brig lsst. Mindestens einemder Gefangenen wurde auerdem whrendder gesamten ersten Woche der Zugang zu

    den Duschen verwehrt, da die Anstaltslei-tung der JVA angeblich seine Isolierung inden Waschrumen nicht htte gewhrlei-sten knnen. Zu den Isolierungsmanah-men gehrt weiterhin, dass selbst die An-wlte nur durch eine Trennscheibe mit ihren

    Mandanten reden knnen.Letzten Donnerstag wurde Axel H. erst-

    malig Familienbesuch im Beisein von dreiBKA-Beamten genehmigt. Das dortigeSzenario als Besuch zu titulieren ist blan-ker Hohn und hat dem Recht des sieben-

    jhrigen Sohnes, seinen Vater zu besuchenin keinerlei Art und Weise Rechnung ge-tragen.

    Der Junge und die Mutter des Kindessaen an einem breiten Tisch und eine ca.30 cm hohe Glasscheibe unterband jeglicheMglichkeit fr eine herzliche Begrung.Neben Axel H. sa auf jeder Seite ein BKA-Beamter, ein weiterer platzierte sich direktneben seinem Sohn. Dem Sohn wurde nichtgestattet, seinen Vater zu umarmen oder zuberhren. Von dieser Situation derart ein-geschchtert, hat der Siebenjhrige keinenTon herausgebracht.Wir fordern die sofortige Entlassung der

    Gefangenen aus derUntersuchungshaft, die Einstellung desVerfahrens nach 129a und dieAbschaffung der 129, 129a und 129b.Bndnis fr die Einstellung des 129a-Ver-

    fahrens

    Erklrung der drei nicht fest-genommenen Beschuldigtenin einem 129a-Verfahrengegen die militante gruppe

    Am Morgen des 31.07.2007 durchsuchtedas BKA auf Anweisung des Generalbun-desanwaltes unsere Wohnungen. Der Vor-wurf lautet auf Mitgliedschaft in einer ter-

    roristischen Vereinigung namens militantegruppe (m.g.) nach 129a.

    Erst jetzt haben wir erfahren, dass das Er-mittlungsverfahren gegen uns schon seitknapp einem Jahr luft. Mit Hilfe dieses

    Verfahrens haben das BKA und andere Bun-desbehrden unsere Privatsphre bis in in-timste Bereiche detailliert ausgeforscht. Be-troffen von der berwachung sind unsereLebenspartnerinnen, unsere Freunde, unse-

    re Familien sowie unsere Kolleginnen undKollegen. Unser langjhriger Freund undKollege Andrej H. wurde verhaftet. Der Va-ter dreier Kinder befindet sich seitdem inUntersuchungshaft in Berlin Moabit.

    Diese massiven Angriffe auf unsere br-gerlichen Rechte begrndet die Bundesan-waltschaft im Haftbefehl mit einer Reihe

    von emprenden Konstruktionen.Aus den wenigen uns bisher vorliegen-

    den Unterlagen entnehmen wir folgendeVorwrfe gegen uns:

    Zwei von uns htten wissenschaftlichePublikationen verfasst, die angeblich

    Schlagwrter und Phrasen enthalten, diein Texten der militante(n) gruppe gleich-falls verwendet werden. Auerdem atte-stiert uns die BAW, ber die intellektuel-len Voraussetzungen zu verfgen, welchefr das Verfassen von Anschlagserklrun-gen der m.g. ntig seien. Weiterhin geht dieBAW davon aus, dass uns Bibliotheken zur

    Verfgung stnden, die wir zu Recherchennutzen knnen. Auerdem habe sich And-rej bei der Vorbereitung der Proteste gegenden G8 mit einer Thematik befasst, die auch

    von der m.g. als Begrndung fr Anschl-ge verwendet werde.

    Einem von uns wird darber hinaus vor-geworfen, journalistisch ber eine ffentli-che Konferenz berichtet zu haben, auf derReferenten ber einen Anschlag im Jahr1972 diskutierten. Einige Monate zuvor solldie m.g. dieses Ereignis ebenfalls erwhnthaben. Dies spreche nach Ansicht der BAWfr die Mitgliedschaft des Autoren in derm.g..

    In zwei Fllen wirft uns die BAW Kon-takte zu Personen vor, die in einem ande-ren - bislang ergebnislosen - 129a Verfah-ren gegen die m.g. beschuldigt werden. Bei-

    de Kontakte haben vor allem beruflichenCharakter. Vorgeworfen werden uns allendarber hinaus vielfltige Kontakte auchin die linksextremistische Szene von Ber-lin. Dass wir auch ungezhlte Kontakte zupolitischen Parteien, Brgerinitiativen, zuGewerkschaften und sozialen Bewegungenpflegen, wird nicht erwhnt.Aus diesen Vorwrfen ergibt sich fr uns: Wer wissenschaftliche und journalisti-

    sche Publikationen zu bestimmten Themenverfasst und Bibliotheken nutzt, macht sichverdchtig. Wer Kontakt zu Menschen hat,die die BAW fr verdchtig hlt, macht sich

    auch verdchtig. Wer versucht, sein Rechtauf Privatsphre und Anonymitt aktiv zuschtzen, macht sich durch die Ausbungdieses Rechtes ebenfalls verdchtig. Kom-men bei einem Personenkreis alle drei Ver-

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    dachtsmomente zusammen, muss es sich indieser Logik um eine terroristische Vereini-gung handeln.

    So absurd das klingen mag, aber die Fol-gen fr unseren Alltag sind verheerend: Seiteinem Jahr werden unsere Telefone ab-gehrt, alle E-Mails berwacht, unsere ge-samte Internet-Nutzung protokolliert, un-sere Wohnungen werden beobachtet, unse-re Bewegungen anhand der Handy-Daten

    aufgezeichnet. Mglicherweise wurdenSpitzel auf uns angesetzt. Ausgeforschtwurden auch Lebenspartnerinnen, Freun-de, Kolleginnen und Kollegen und unsereFamilienangehrigen. Das gesamte Aus-ma der Bespitzelung knnen wir bisherunmglich berschauen.Whrend wir noch auf freiem Fu sind,

    wird unser Freund und Kollege Andrej H.aufgrund gleicher Beschuldigungen gefan-gen gehalten. Er sitzt unter verschrftenHaftbedinungen in Einzelhaft, kann seineFamilie nur alle zwei Wochen fr eine hal-be Stunde sehen und mit Besuchern nur

    durch eine Trennscheibe reden.Diese Art der Gesinnungsschnffelei hat

    in Deutschland eine lange Geschichte. Alsehemalige DDR-Brger sind wir dafr be-sonders sensibilisiert.Wir fordern die sofortige Einstellung des

    Strafverfahrens nach 129a StGB, die Her-ausgabe und Lschung aller erhobenen Da-ten und die Entlassung aller Beschuldigtenaus der Untersuchungshaft. Das gilt auchfr die drei wegen versuchter BrandstiftungFestgenommenen. Denn diese drften in ei-nem rechtsstaatlichen Verfahren gar nichtin Untersuchungshaft sitzen, da keinerleiFluchtgefahr besteht. Ihre Inhaftierung istnur aufgrund der Konstruktion einer terro-ristischen Vereinigung mglich geworden.

    Das gesamte Verfahren ist ein Skandal.Es macht deutlich: der Ermittlungspara-graph 129a gehrt abgeschafft.12.8.

    Offener Brief an die General-bundesanwaltschaft

    Presseerklrung, 15. August 2007:Internationaler Wissenschaftler-Kreissieht in Deutschland die Freiheit der Wis-senschaft in Gefahr und fordert die so-fortige Einstellung des 129a-Verfahrens,und die umgehende Freilassung der In-haftierten.

    Deutschland in der KritikNach zahlreichen Protesten in Deutschlandfordern jetzt namhafte Wissenschaftler ausdem Ausland die sofortige Einstellung des129a-Verfahrens, das derzeit die Bundes-

    anwaltschaft (BAW) fhrt. Unter An-fhrung der intellektuellen Fhigkeiten unddes Zugangs zu wissenschaftlichen Biblio-theken werden in diesem Verfahren mehre-re deutsche Wissenschaftler verdchtigt, ei-

    ner terroristischen Vereinigung anzu-gehren, der militanten gruppe. Insge-samt sind sieben Personen betroffen, vondenen sich vier in Haft befinden, darunterauch der Soziologe Dr. Andrej Holm.

    Internationale Emprung

    Das Vorgehen der BAW hat mittlerweile zueiner Welle der Entrstung gefhrt. Auf derJahrestagung der American Sociology As-sociation (Vereinigung der US-amerikani-schen Soziologen, vgl. http://www.asa-net.org/), wo seit Samstag rund 4.000 So-zialwissenschaftler in New York tagen, wirdder Fall in mehreren Veranstaltungen dis-kutiert, kursieren Petitionen, insbesondereStadtsoziologen zeigen sich sehr besorgtber die deutsche Entwicklung. In einer andie Bundesanwaltschaft gerichteten Reso-lution heit es unter anderem:

    ........Wir fordern die Bundesanwaltschaft

    auf, umgehend das 129a-Verfahren ge-gen alle Beteiligten einzustellen und And-rej Holm sowie die anderen Inhaftierten so-fort aus der Haft zu entlassen. Wir ver-wahren uns aufs Schrfste gegen den uner-hrten Vorwurf, die wissenschaftliche

    Ttigkeit und das politische Engagementvon Andrej Holm sei als intellektuelle Mit-tterschaft in einer angeblichen terroristi-schen Vereinigung zu bewerten. Aus derwissenschaftlichen und politischen Arbeit

    von Andrej Holm lsst sich kein Haftbefehlherleiten - vielmehr wird hier von der Bun-desanwaltschaft mit dem 129a die Frei-heit von Forschung und Lehre ebenso be-droht wie gesellschaftspolitisches Engage-ment.

    Zu den Begrndungen, die fr die Kon-struktion der Bundesanwaltschaft (BAW)herangezogen werden, gehrt die, dass sich

    unter den sieben drei Sozialwissenschaftlerbefnden, die intellektuell in der Lage sei-en, die anspruchsvollen Texte der mili-tanten gruppe zu verfassen. Dem promo-

    vierten Politologen Dr. Matthias B. stnden

    als Mitarbeiter eines ForschungsinstitutsBibliotheken zur Verfgung, die er unauf-fllig nutzen kann, um die zur Erstellungder Texte der militanten gruppe erforder-lichen Recherchen durchzufhren. Demmit drei anderen Gefangenen inhaftiertenSoziologen Dr. Andrej Holm wird vorge-worfen, er sei in dem von der linksextre-mistischen Szene inszenierten Widerstandgegen den Weltwirtschaftsgipfel 2007 in

    Heiligendamm aktiv gewesen und habesich mit einem der Inhaftierten konspira-tiv getroffen. Einer der Beschuldigten giltder BAW deshalb als Terrorist, weil beiihm eine Adressenliste gefunden wurde, aufder unter anderem der Name von Dr. And-rej Holm auftaucht.

    Zu den Erstunterzeichnern gehren:Prof. Dr. Manuel Aalbers (Universiteit van Am-sterdam), Prof. Dr. Elmar Altvater (Freie Univer-sitt Berlin), Prof. Dr. Rowland Atkinson (Univer-sity of Tasmania, Australien), Prof. Dr. LawrenceD. Berg (Canada Research Chair in Human Rights,Diversity & Identity, University of British Colum-bia), Prof. Dr. Neil Brenner (New York University,Sociology), Prof. Dr. Craig Calhoun (President, So-cial Science Research Council, and University Pro-fessor, Sociology, NYU), Prof. Dr. Mike Davis (Prof.of Urban History, Irvine/USA), Prof. Dr. MichaelDear (Professor of Geography at the University ofSouthern California/Los Angeles), Prof. Dr. FrankDeppe (Universitt Bremen), Prof. Dr. Michael Ed-wards (The Bartlett Centre for Architecture andPlanning, UCL, London), Prof. Dr. Geoff Ely (Uni-versity of Michigan, Karl Pohrt Distinguished Uni-versity Professor), Prof. Dr. John Friedmann (Uni-versity of California, Los Angeles), Prof. Dr. Her-bert Gans (Columbia University, New York), Prof.Dr. Alan Harding (University of Salford, UK), Prof.

    Dr. Michael Harloe (University of Salford, Vice-President), Prof. Dr. David Harvey (DistinguishedProfessor of Anthropology, Graduate Center of theCity University of New York, New York), Prof. Dr.Joachim Hirsch (Johann Wolfgang Goethe-Uni-versitt, Frankfurt/M.), Prof. Dr. Andreas Huyssen(Villard Professor of German and Comparative Li-terature at Columbia University), Prof. Dr. MartinJay (Sidney Hellman Ehrman Professor of History,University of California Berkeley), Prof. Dr. BobJessop (Lancaster Universtiy), Prof. Dr. Roger Keil(York University, Toronto, Canada), Prof. Dr. Ri-anne Mahon (Carleton University, Ottawa, Cana-da), Prof. Dr. Peter Marcuse (Columbia University,New York), Prof. Dr. Margit Mayer (Freie Univer-sitt Berlin), Prof. Dr. Philipp Oswalt (Universitt

    Kassel), Prof. Dr. Frances Fox Piven (President ofthe American Sociological Association, Distin-guished Professor of Political Science and Socio-logy, City University New York), Prof. Dr. AndrewRoss (New York University, New York), Prof. Dr.Roland Roth (Hochschule Magdeburg/Stendal),Prof. Dr. Dieter Rucht (Wissenschaftszentrum frSozialforschung Berlin) Prof. Dr. Saskia Sassen(Columbia University, New York, and LondonSchool of Economics) Prof. Dr. Andrew Sayer (Lan-caster University, Sociology), Prof. Dr. RichardSennett (Professor of Sociology at the LondonSchool of Economics, Bemis Professor of SocialSciences at MIT, Professor of the Humanities atNew York University), Prof. Dr. William Sewell(The Frank P. Hixon Distinguished Service Pro-fessor of Political Science and History Emeritus,University of Chicago), Prof. Dr. Neil Smith (Di-stinguished Professor of Anthropology and Geo-graphy, Director of the Center for Place Culture

    Das Bild dieses Plakats aus den 1970er Jah-ren zeigt eine Polizeibung vom Mrz 1975in Westberlin

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    and Politics, Graduate Center of the City Univer-sity of New York), Prof. Dr. Michael Storper (Cen-tennial Professor of Economic Geography, LondonSchool of Economics, and Professor of EconomicSociology, Science Po, Paris), Prof. Dr. Erik Swyn-gedouw (University of Manchester, UK), , Prof. Dr.Peter J. Taylor (Loughborough University, UK),Prof. Dr. John Urry (Lancaster University, Socio-logy), Prof. Dr. Jennifer Wolch (Professor of Geo-graphy at the University of Southern Califor-nia/Los Angeles).

    Bndnis fr die Einstellung des 129a-Ver-fahrens, 15.08.2007

    BKA durchsucht bei 129a-Be-schuldigtem ErmittlungsaktenSind jetzt auch geplante Verteidigerge-sprche Grund fr eine Durchsuchung? Oh-ne Vorlage eines Durchsuchungsbeschlus-ses klingelte am Sonntagnachmittag dasBundeskriminalamt erneut bei Dr. AndrejH.. Gesucht wurde diesmal nach einem

    schwarzen Beutel, in denen sich Ermitt-lungsakten befanden, die Andrej H. bei sei-ner Haftentlassung dabei hatte.

    Fr den Nachmittag hatte der Beschul-digte ein Gesprch mit seinen Verteidige-rInnen geplant, was dem BKA durch seineberwachung wohl bekannt war. Bei derDurchsuchung hat der anwesende Beamtedie Unterlagen, mit denen sich der Be-schuldigte auf das Gesprch vorbereitet hat,durchgesehen und nach handschriftlichenNotizen gesucht. Das ist selbstverstndlichillegal und eine strkere Einschrnkung derRechte auf faire Verteidigung ist kaum vor-stellbar, kommentierte Christina Clemm,die Anwltin von Andrej H. das Vorgehender Bundesanwaltschaft. Offenbar stehtdie Bundesanwaltschaft sehr unter Druckund versucht mit allen Mitteln, Grnde frihre Beschwerde gegen die Haftverscho-nung meines Mandanten zu finden.Weitere Informationen finden Sie unterhttp://einstellung.so36.netBndnis fr die Einstellung des 129a-Ver-

    fahrens, 26.08.2007

    Postadresse der Verhafteten:

    Oliver RastBuchnr. 2355/07

    Florian LudwigBuchnr. 2356/07

    Axel H.Buchnr. 2357/07

    alle: c/o Ermittlungsrichter Hebenstreit amBGH, Herrenstrae 45, 76133 Karlsruhe

    129a-Verfahren: Lasst Euchnicht anquatschen!In bisher fast allen bekannten 129a-Ver-fahren - also auch im aktuellen Verfahren

    gegen die vier Genossen Axel, Oliver, Flo-rian und Andrej, die in der JVA Moabit inUntersuchungshaft sitzen, sind BeamtIn-nen daran interessiert, Informationen ausderen Umfeld zu bekommen.Anrufe, vor der Haustr Stehen oder bei

    der Arbeit Auftauchen - all dies und mehrkann vorkommen, um Informationen zu er-halten. Ihr msst mit niemandem reden.Passt auf, was in nchster Zeit passiert. Vor-

    ladungen zur Polizei, also auch zum BKAmssen nicht befolgt werden. InformiertEure FreundInnen und GenossInnen, aberspekuliert nicht darber, wen es warum ge-troffen hat.

    Nehmt Kontakt zur Soligruppe und zumEA auf. ber den Ermittlungsausschusskann Kontakt hergestellt werden zu einerZeugInnengruppe fr das aktuelle Verfah-ren, damit niemand mit dieser Situation al-leine gelassen wird.Weitere Infos folgen bald.Guckt auf die Seiten der Soligruppe:http://einstellung.so36.net/

    und informiert diejenigen, die nicht je-den Tag ins Internet gucken...FREIHEIT FR AXEL OLIVER, FLORIAN UNDANDREJErmittlungsausschuss Berlin 20.08.2007Gegen staatliche Verfolgung bei Demos und

    Aktionen aus dem linken Sprektrum.Tel. :030- 692 22 22Sprechstunde: Dienstag: 20 bis 22 Uhr imMehringhofDer EA sitzt vor, whrend und nach Demosam Telefon, nimmt Festnahmen, die gemel-det werden auf und kmmert sich um dieBetroffenen. Weiterhin: Hilfe bei der Suchenach ZeugInnen, Sammlung von Gedcht-nisprotokolle, Koordination und Vermitt-lung von AnwltInnen.Das alles kostet Geld, spendet deshalb bit-te:Sonderkonto Klaus Schmidt,Postbank BerlinBLZ 100 100 10Konto 206 10-106http://einstellung.so36.net/

    Interventionistische Linke:Praktischer Antimilitarismusist prinzipiell eine gute Sache17. August 2007 in SolidarittEin herzlicher Gru der Solidaritt an die

    vier verhafteten Genossen, die der mili-tanten gruppe (mg) angehren sollen;praktischer Antimilitarismus ist prinzipielleine gute Sache, erst recht in Zeiten deut-scher Bundeswehreinstze. IL-Zusammen-hnge treffen sich am 15.9. auf der bun-desweiten Demo gegen das imperiale Af-

    ghanistan-Mandat und eine Woche spter,am 22.9., auf der Demo gegen die Kontroll-und berwachungsgesetze: Freiheit statt

    Angst! Beide Demonstrationen finden inBerlin statt.

    Christians Berichtzur Verlegung aus der JVA Hakenfel-

    de (Offener Vollzug) nach JVA Tegel(Geschlossener Vollzug) im Juli 2007

    Das normale Aufnahmeverfahren fr denoffenen Vollzug sieht so aus: Innerhalb derersten Woche ein Gesprch mit der Sozial-

    arbeiterin Frau Schlagge. Das dauert fnfMinuten, ein Fragebogen wird ausgehn-digt, der, ausgefllt mit Lebenslauf, zumZweitgesprch wieder mitzubringen ist. In-nerhalb von zwei bis zehn Wochen findetdas Zweitgesprch statt. Dieses soll rich-tungsweisend sein und dauert eine Stunde.Gewalttter mssen danach noch zum Psy-chologen. Noch eine Woche spter ist dannein Termin beim Anstaltsleiter, wobei der

    Vollzugsplan erstellt wird oder wenn manbis dahin negativ aufgefallen ist der Ab-schuss erfolgt. Ich bin nur zum erstenKurzgesprch bei Frau Schlagge gekom-

    men. Offensichtlich sparen sie sich auf-grund der berbelegung das offizielle Ver-fahren.

    Am 20. Juli haben sie mich ber Lautspre-cher in die Zentrale gerufen und dort mitsechs Beamten angefallen. Im Bunker ha-ben sie mir unter Gewaltandrohung alles,was ich bei mir trug, abgenommen(Schmuck, Telefonnummern, Geld, Grtel).Bis auf meine Schuhe habe ich davon nichtswieder gesehen.Irgendwann kamen andere Beamte, wovonsich einer als Vollzugsleiter vorstellte. Dannwurde verlesen, dass gegen mich zwei Er-mittlungsverfahren gefhrt werden und ichim gerade laufenden Dresden-Verfahren zueinem Jahr verurteilt werde. Tatschlich hatdas LKA gegen mich Ermittlungsverfahreneingeleitet, die allesamt niemals zu Ge-richtsverfahren fhren werden. Der einzigeGrund ist offensichtlich die Verhinderungmeines Offenen Vollzugs gewesen. Dass ichim Dresden-Verfahren in Berufung gegan-gen bin, wird mir nun nachteilig ausgelegt.Zumal die vermeintlich anstehendeHaftstrafe von einem Jahr schon lngstdurch die Untersuchungshaft von Februar

    2005 - Januar 2006 verbt ist. Das hatteich der Sozialarbeiterin Frau Schlagge al-les erzhlt.Nach der Begrndung kamen so knappzehn Beamte und haben mich mit einerKnebelkette gefesselt und in einen Bus ge-zerrt. So eine Behandlung kommt eigent-lich nur Leuten zugute, die keine Selbst-steller sind oder schon mal ausgebrochensind. Ich durfte weder in Hakenfelde nochnach der Ankunft in Tegel jemanden vonmeiner Verlegung informieren. Der Neona-zi Christian Bentz, der in der JVA-Haken-felde einsitzt bzw. Offenen Vollzug hat, be-

    kam das Geschrei um mich natrlich mitund lie die Drohungen gegen mich auf In-dymedia postenWeitere Infos:http:// freechristian.gulli.to

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    Zur Lage von Christian

    Christian sitzt seit dem 20.7. im Haus 1 inder JVA-Tegel. Dieses Haus stand jahrelangleer, weil die Zellen nicht der europischenNorm entsprechen. Briefe an Christian wer-den von der Anstaltsleitung aus unerfind-lichen Grnden einbehalten. Wenigstenskonnte Christian ab Mitte August wiederbesucht werden. Durch die Verlegung vom

    Hakenfelde nach Tegel hatte er also bereineinhalb Monate keinen Besuch.Jetzt folgt ein Interview mit ihm, was

    schriftlich gefhrt wurde:

    Hat sich was in der JVA Tegel gendert?In Tegel haben sich in den letzten hun-

    dert Jahren nur zwei Sachen gendert: Inden 60er Jahren wurden die Kbel durchToiletten ersetzt und inzwischen haben diemeisten Gefangenen ein umfangreichesTV- Programm auf Zelle. Ansonsten lufthier der primitivste Verwahrvollzug, dieLeute haben das Gefhl, nichts mehr zu ver-

    lieren zu haben. Die Vorgaben im Straf-vollzugsgesetz finden hier keinerlei Beach-tung. Das Freizeitangebot besteht in Haus1 darin, vormittags vier Stunden Auf-schluss auf der Station, keine Sportmg-lichkeiten. Die Freizeitrume wurden zu 6-Mann-Zellen umgebaut und werden nunwegen der berbelegung genutzt. Ich habezum Glck eine Einzelzelle, die ist 5,5 Qua-dratmeter gro. Der Baulrm, auf den Flu-ren werden stndig irgendwelche Kabel

    verlegt, und die Hitze machen die Gefan-genen nervs.

    Das Telefonieren fr die Gefangenen inTegel wird immer schwieriger. Die Firma Te-lio betreibt die Telefone privat. Pro Minutewerden 25 Cent veranschlagt. Das Telefon-geld wird durch Telio separat von den An-gehrigen eingetrieben. Der Gefangenekann kein Geld von seinem Haftkonto aufsein Telefongeldkonto berweisen. Alle, diekeine Untersttzung von auen haben,knnen also nicht telefonieren.

    Gibt es weiter Bedrohungen durch die Na-zis in der JVA? Wie erst die Bedrohung die Bedrohung

    durch Nazis ist, lsst sich schwer abschtzen.Es gibt zwar Nazistrukturen, aber die sind bis-lang zu feige, um mich anzugreifen. Aller-dings hat vor kurzem ein Nazi , der im offe-nen Vollzug der JVA Hakenfelde Urlaub er-halten hatte, einen Mord begangen. Also diehandeln vllig unberechenbar.

    Wie sieht es mit deinen Abiturvorbereitun-gen aus?

    Durch die Verlegung sind meine schuli-schen Ambitionen natrlich hinfllig. Damacht auch Sinn, weil die JVA Hakenfeldenur bei Gefangenen, die drauen arbeiten, 150

    Euro monatlich an Haftkosten kassieren kann.Und mich haben sie zu alt und kriminellfr Bildungsmanahmen bezeichnet.

    Gibt es weitere Verfahren?

    Es luft noch ein Verfahren gegen mich,weil Innensenator Krting sich verfas-

    sungsfeindlich verunglimpft fhlt durchPlakate und in einem anderen Verfahren,gehrte ich zu einer Gruppe, die im Kpi-umfeld festgenommen wurde, weil angeb-lich in Kreuzberg Autos brannten. Auer-dem luft zu Zeit noch die Berufsver-handlung wegen der Dresdner Anti-Nazi-demo vom 13.02.05,

    Nchster Prozesstermin:Am 10.09.2007 findet der 8. Prozesstaggdieser Berufungsverhandlung gegen Chri-stian und Leila in BerlinTurmstr.91, 9 Uhr, Saal ??, statt.

    Wer Christian schreiben will:Christian SmmermannBNR: 727/07/7JVA TegelSeidelstr. 39, 13507 Berlin

    ffentliche Erklrung vonWerner Braeuner aus der JVA Sehnde

    Sechs Jahre danachaus Sichtdes Verurteilten

    Am 13.08.2001 verurteilte das Landgericht Verden den arbeitslosen Maschineninge-nieur und Verfassser dieses Textes, WernerBraeuner, zu 12 Jahren Haft, weil er den Di-rektor der rtlichen Arbeitsagentur gewalt-sam zu Tode gebracht hatte.

    Im Kreisen von AktivistInnen der Sozia-len Bewegung, vor allem in Frankreich aberauch in Deutschland und anderswo, wieauch in etablierten europischen Medienwurden bereits vor dem Gerichtstermin Dis-

    Aufruf zur internationalenMobilisation in Solidarittmit Jos und GabrielSolidaritt mit allen kmpfenden Gefan-genen Internationaler Solidarittstagam 29. September 2007

    Im Knast ist Zeit Sehnsucht. Es ist Warten.Warten auf etwas, dass das Warten durch-bricht. Es ist warten auf Leben ... Etwas dasdich fhlen lsst. Etwas, das dich inspiriert.Etwas, das dich weiter bringt, trotz der schlei-chende Routine, trotz der toten Umgebung.Es ist Warten und Suchen nach einer Be-sttigung deines Mensch-Seins, da, wo derKnast dich zerstren will, dich unterwerfenwill,... dich resozialisieren will. Es ist da, woihre Lgen und Heuchlereien die Ohnmachtdurchdringen. Es ist da, wo der Vorhang desSpektakels fllt und der Schlagstock sprbarwird. Den Schlagstock, den wir alle kennen,

    aber nicht immer sehen oder sehen wollen.Mehr als 20 Jahre stehen Jos und Gabri-

    el schon Auge in Auge mit dieser Gewalt, da-von mehr als 3 Jahre in Deutschland. Es sindjetzt fast 2 Jahre her, dass die Strafen von 14bzw. 13 Jahren ausgesprochen wurden. Har-te Strafen fr eine kurzzeitige Geiselnahmewhrend einer Verfolgungsjagd durch diePolizei, auf der Flucht vor mehr Gefangen-schaft. Die Zwei waren ein paar Monate vor-her nach 20 Jahren spanischem Knastwhrend eines Knasturlaubs geflchtet. Siewollten frei sein, um endlich den Kampfdrauen fortzusetzen. Trotz der erlebten Jah-re in dem infamen FIES-Isolationsregimesind sie dem anarchistischen Kampf und sei-nen Prinzipien treu geblieben und mssendafr jetzt mit noch mehr Knast in Deutsch-land ben. Natrlich interessierten sich dieRichter fr die Geschichte von Jos und Ga-briel nur, um sie gegen sie zu benutzen. Josund Gabriel wurden bestraft, weil sie Anar-chisten sind, und das werden wir nicht ver-

    gessen.Inzwischen unterliegen sie einem Regime

    von permanenter Kontrolle. Jos war seit sei-ner Festnahme in Deutschland in 4 ver-schiedenen Knsten regelmig verschrftenManahmen ausgesetzt. Nach einer Serie von Schikanen und Konflikten mit derKnastdirektion darf er seit 4 Monaten nurBesuch mit Trennscheibe haben. Was zuerst

    als eine Strafmanahme fr 3 Monate we-gen Haschischfund begrndet wurde, erhielt jetzt den Begriff der permanenten Sicher-heitsmanahme. Jos weigert sich nun, Be-such zu bekommen, solange die Trennschei-be da ist. Gegen diese Sicherheitsmanahmewird juristisch angegangen, aber das kannlange dauern. Fr Gabriel ist die Situationhnlich. Er beschreibt das so: ... es ist hn-lich wie FIES (und in einigen Punkten selbstschlimmer).Wir rufen zu einer internationalen Mobi-

    lisierung in Solidaritt mit Jos und Gabrielund allen kmpfenden Gefangenen auf. Am

    29. September wird es vor den Knsten inRheinbach und Aachen eine Kundgebunggeben (mehr Informationen spter). Wir ru-fen euch auf hinzukommen oder eure Soli-daritt mit den inhaftierten Genossen auf an-dere Art auf die Strae zu tragen. Unsere Ge-fangene drfen nicht vergessen werden.Auch wenn wir Unterschiede haben, drfenwir nicht vergessen, wofr wir stehen. Ge-gen Gefangenschaft und Ausgrenzung. Frdie internationale Solidaritt.Fr die Anarchie.Mehr informationen ber den Prozess,FIES,... sind zu finden unter:
    http://www.escapeintorebellion.info

    soligruppe zu gabriel und jose

    Jos Fernandez DelgadoJVA Rheinbach, Aachenerstrasse 47D 53359 RheinbachGabriel Pombo Da SilvaJVA Aachen, Krefelderstrasse 251D 52070 Aachen

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    kussionen und Debatten um die Motive je-ner Gewalttat sowie um ihr Bewertung ge-fhrt, wobei die Anklageschrift der Staats-anwaltschaft Verden eine prominente Rol-le innehatte (siehe z.B. Guillaume Paoli inder Jungle World Nr. 35/2001).

    Jene Anklageschrift hatte eine Verurtei-lung wegen Mordes gefordert. Vor Gerichtpldierte der Staatsanwalt jedoch verhalte-ner, nmlich auf Mord im Affekt, und for-

    derte eine Haftstrafe von 13 Jahren. De-mentgegen entschied das Gericht auf einen jedoch nicht im Affekt begangenen Tot-schlag. Und dies, obwohl ein gutachterlichals nicht ausschliebar diagnostizierer

    Affekt wegen des Grundsatzes im Zweifelfr den Angeklagten blicherweise eineStrafe mindern soll. Der Bundesgerichtshofwies ein diesbezgliches Revisionsbegeh-ren einstimmig ab und bekrftigte so dasUrteil des Verdener Landgerichts.

    Die von der Frage ob Mord oder Totschlagdominiert gewesene ffentliche Debatte er-wies sich fr die Strafhhe als nahezu be-

    langlos (13 oder 12 Jahre Haft), hat aller-dings die Frage nach der Natur oder Her-kunft des Affekts in den Hintergrund ge-drngt. Im Urteilspruch selbst war von ei-nem Affekt nicht einmal mehr die Rede.Aus Sicht des Verurteilten war die dra-

    matisch inszenierte Frage nach Mord oderTotschlag eine Art von Sex and Crime-Kno-chen frs Publikum und ein geschicktesManver des Gerichts, das den Fall nichtpolitisch verstanden wissen, sondern alstragisches Einzelschicksal behandeln woll-te. Gelingen konnte dies allein durch Aus-blendung der Frage nach einem Affekt.Denn jener Affektzustand war im Verlaufzunchst malos und nach deren Abbruchspterhin unbeherrschbar geworden. Ichhabe diese Weiterbildung im November2000 abbrechen mssen. Weil ich in einenseelischen Ausnahmezustand geraten war.Durch jene Weiterbildung!

    Das Gericht hat den damaligen Dozentendes Weiterbildungsunternehmens Arbei-ter-Bildungs-Centrum (ABC) in Bremen,Herrn Frank Bensch, zwar in der Verhand-lung gehrt, ihm allerdings nicht die Fra-gen gestellt, welche die Herkunft des Af-

    fekts im Rahmen der Weiterbildung undinsbesondere im Rahmen des Handelns desHerrn Bensch selbst htte erforschen kn-nen. Hierin liegt der politische Dreh- und

    Angelpunkt dieses Gerichtsfalls.Am 5.2.2002 nahm der so genannte Sta-

    tistik-Skandal des Arbeitsamtes bzw. der Arbeitsagentur mit einem redaktionellenBeitrag in der FAZ seine ersten ffentlichen

    Anfang und endete mit dem Rcktritt vonBernd Jagoda. Mit seiner Ausgabe 12/2002brachte der Stern sodann den BeitragDie Anstalt -Deutschland teuerstes Spiel-zeug, demnach die aufgeflogenen massi-

    ven Statistikflschungen bei der Arbeitsa-gentur nicht bertriebenem Karriereehrgeizvon einzelnen Arbeitsvermittlern und -be-ratern geschuldet waren, sondern der sy-stematischen Verdeckung eines riesenhaf-

    ten Potemkinischen Dorfes dienten, in demjhrlich ber 21 Milliarden Euro umgesetztwurden; hier die Rede von der Weiterbil-dungsindustrie. Letztere ist ein durchwegklassisch mafiotisches Konglomerat undTrgerunternehmen arbeits- und sozialpo-litische Manahmen.

    Wie sich mit jenem Statistik-Skandal f-fentlich herausstellte, gibt es zwei Arbeits-mrkte. Der eine funktioniert selbstttigund bedarf vermittelnder oder beratenderUntersttzung durch die Arbeitsagenturkaum bis nicht. Jenseits dieses Arbeits-markts finden selbst mit intensiver Hilfe-stellung seitens der Arbeitagentur Anstel-lungen kaum bis nicht statt. Deshalb dieStatistikflschungen betreffs der Vermitt-lungsleistung der Arbeitsagentur. Diesesollten suggerieren, Hauptgeschftigkeitender Arbeitsagentur seien Vermittlung undBeratung. Hauptgeschftigkeit der Arbeit-sagentur ist jedoch, nicht zu vermittelndePersonen zur Teilnahme an Weiterbil-dungs- und sonstigen Manahmen zu nti-gen, indem sie diese Personen im Falle ei-ner Weigerung mit einer Sperre bedroht. Al-le Mitarbeiter der Arbeitagentur, damalswie heute, wissen das.

    Erstaunen muss das Ausma, in dem daskriminelle Treiben jener Mafia von eineransonsten kritischen ffentlichkeit bis heu-te hin ignoriert und vor allem von einemGroteil der Linken tabuisiert wird. Die Ju-stiz hat sich im brigen und mit dem ge-

    richtspsychiatrischen Gutachten fein ausder politischen-mafiotischen Affre gezo-gen bzw. mitgeholfen, dies zu decken. Wermchte es ihr bel nehmen? Ist die Justizdoch machtlos! So verortete jenes Gutach-ten die Ursache meines Affektzustandes intendenziell paranoischen, schizoiden undnarzisstischen Persnlichkeitszgen desDelinquenten. Nicht etwa hat das Gerichtpolitischen Protest psychologisiert (Guil-laume Paoli), sondern sich auf Psychologiegesttzt, um die Erforschung eines Affekt-zustandes verweigern zu knnen. Denn Ur-sache jenes Affektzustandes war jene Wei-

    terbildung beim Bremer ABC und ein of-fenkundig feindseliges Agieren des Dozen-ten meiner (ihm, weil renitent, missliebi-gen) Person gegenber.

    Im Jahre 2003 musste das ABC in Insol-

    venz, nachdem die Staatsanwaltschaft Bre-mer Anfangsermittlungen wegen des Ver-dachts der Untreue gegen dessen Ge-schftsfhrer eingeleitet hatte. Die taznordbremen berichtet ber lngere Zeit aus-fhrlich; unter anderem habe das ABC ei-ne zu hohe Gehaltsstruktur besessen.

    Weiterbildungsteilnehmer wurden vomABC wie Schlachtvieh behandelt; sie soll-ten Geld bringen und ansonsten wie Kin-

    dergartenkinder lieb und brav da sitzen undihre Zeit und ihre Nerven totschlagen.Sachthemenvermittlung fand an andert-halb Tagen die Woche statt, die brige Zeitwaren Stillarbeiten zu verrichten und warder Dozent abwesend.

    Jenen Dozenten habe ich im Januar 2004wieder gesehen. Nach der Insolvenz des

    ABC ist er zum BFW (Berufsfrderungswerkdes DGB), Filiale Meppen/Oldenburg, ge-gangen und war sodann in der JVA Mep-pen Ansprechpartner fr Gefangene, die ei-ne BFW-Ausbildung machen wollten (dasBFW ist Hauptpartner des deutschen Straf-

    vollzugs in Sachen Berufsausbildung Ge-fangener). Herr Bensch scheint mich nichterkannt zu haben, obwohl er nur 2 Meter

    vor mir ins Treppenhaus abgebogen ist undmich nicht bersehen haben kann. So fin-den folgenreiche Ereignisse Auslauf in be-langlosen Anekdoten und brechen auf einschnelles Zurseiteblicken und beschleunig-ten Schritt herunter.

    Nachdem das gerichtliche Urteil am22.03.2002 schlielich rechtskrftig ge-worden war, wurde der Verfassungsberichtfr das Jahr 2001 verffentlicht, in welchemder Verfasser, dort auf der Seite 144, alsLinksextremist ausgewiesen wird. Damitsind die Weichen gestellt, auf denen die Ju-stiz den Verfasser nach Ende seiner re-gulren Strafhaftzeit am 2.2.2013 in eineSicherungsverwahrung fhren und da-mit auf unbestimmte Zeitdauer hin in Hafthalten knnen wird. Eine Mafia zeichnetsich durch grndliche Arbeit aus.

    Dessen ungeachtet gehen das Leben undder politische Kampf gegen Strukturen wei-ter, die Menschen hervorbringen, ber denBrecht, Nietzsche oder auch CharlesDickens bereits alles gesagt haben. Das Pl-

    doyer des Verfassers kann nur so lauten,dem politischen Verbrechertum dessen in-stitutionelle Hauptbasis zu entziehen, mitwelcher es Menschen verfgbar macht,zu Stcken. Er wird den Kampf gegen Ver-hltnisse, in denen Menschen zu geknech-teten Wesen werden, mit aller Entschie-denheit weiterfhren.

    Ist das Verbrechen erst gengend gro,wird es zu Politik (Brecht).Die arbeits- undsozialpolitischen Zwangsmanahmen sindausnahmslos zu beenden. Denn so bld unddumm kann man das doch nicht machen,zu mindestens nicht so lange.

    Sehnde bei Hannover, im August 2007Werner Braeunerz.Zt.; JVA Sehnde,Schnedebruch 831319 Sehnde

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    Am 8.September 2007 findet in Hamburgeine Demonstration unter dem MottoFreiheit fr Binali Yildirim und alle politi-schen Gefangenen statt. Wir dokumen-tieren den Aufruf.

    Antirassistischen Demonstration

    Freiheit fr Binali

    und alle politischenGefangenen!08.09., 12 Uhr, Hauptbahnhof Hamburg

    Fr den 8. September 2007 rufen wir, ver-schiedene Gruppen, Initiativen und Einzel-personen, zu einer Demonstration fr dieFreiheit von Binali Yildirim und gegen dierassistische Migrations- und Flchtlings-politik in der BRD und den anderen eu-ropischen Staaten auf. Binali, der seit ei-

    nigen Jahren legal in Hamburg lebt, wur-de am 29.05.07 auf Mallorca verhaftet, woer gemeinsam mit seiner Fuballmann-schaft Dersimspor einen erfolgreichen Sai-sonabschluss feierte. Grundlage fr seineFestnahme war ein durch die Trkei er-wirkter Haftbefehl, mit dem die Ausliefe-rung unseres Freundes gefordert wird.

    1996 wurde Binali vor dem 1.Staatssi-cherheitsgericht in Malatya zu einer le-benslangen Haftstrafe verurteilt. Vorwandfr seine Verhaftung war seine angeblicheBeteiligung an verschiedenen Gefechtenmit dem trkischen Militr als Mitglied derkommunistischen TIKKO-Guerilla.

    Whrend seines Prozesses wurde Binali ge-foltert, sein Anwalt war regelmig ausge-sperrt und Entlastungszeugen wurden nichtangehrt. Binali widerfuhr damit als Sym-pathisant der revolutionren trkischenund kurdischen Linken die gngige Verfol-gungspraxis.

    Im Gefngnis beteiligte sich Binali 2001an einem Hungerstreik gegen die Ein-fhrung der so genannten F-Typ Isolati-onsgefngnisse. Nach mehr als 70 Tagenwurde seine Strafe fr sechs Monate aus-

    gesetzt. In dieser Zeit flchtete Binali nachDeutschland, wo er als politischer Flcht-ling anerkannt wurde, spter erhielt er ei-ne befristete Aufenthaltsgenehmigung unddamit einen legalen Status in der BRD.

    Seine Festnahme auf Mallorca kam so-wohl fr uns als auch fr ihn vollkommenberraschend. Der Staat, der Binali gefol-tert und in einem Schauprozess verurteilthat, fordert nun seine Auslieferung. SollteBinali in die Trkei abgeschoben werden,droht ihm neben einer lebenslangenHaftstrafe erneute Folter.

    Binali ist nur ein Beispiel von vielen. Auf-

    grund der rassistischen Migrations- undFlchtlingspolitik der BRD und der ande-ren europischen Staaten drohen zahlrei-chen Menschen politische Verfolgung, Mis-shandlung und Folter, weil sie an ihre Her-

    kunftsstaaten ausgeliefert bzw. abgescho-ben werden sollen.

    Die Migrationspolitik der europischenStaaten richtet sich nach konomischen In-teressen. Ziel ist die Abschottung gegen Mi-grantInnen und Flchtlinge sowie die ge-zielte Einwanderung bentigter Arbeits-krfte.

    konomisch verwertbar ist dabei sowohldie Arbeitskraft der so genannten Quali-fizierten als auch die Arbeitskraft jener Mi-grantInnen, die aufgrund der restriktiven

    Asylpolitik nur noch die Mglichkeit ha-ben, ohne Papiere einzureisen und somit

    vllig entrechtet und ausbeutbar sind. Ge-fahren fr und Repressionen gegen Mir-gantInnen und Flchtlinge werden dabeibilligend in Kauf genommen bzw. bewusst

    veranlasst.Vor allem den Menschen, die der revolu-

    tionren und demokratischen Linken in derTrkei und anderen Staaten aktiv sind, wer-

    den zudem aufgrund ihrer politischen Po-sitionen und ihren Aktivitten gezielt ver-folgt, wie diverse andere Flle in den letz-ten Monaten verdeutlichen. Der KnstlerEngin Celik, der Journalist Mustafa Atalay,der trkische Regimegegner Binali Soydan,Mehmet Esiyok, Dr. Haydar Isik sind nur ei-nige von zahlreichen Beispielen fr denUmgang mit Flchtlingen und Menschen,deren politische Haltungen die bestehenden

    Verhltnisse (grundstzlich) in Frage stel-len. Ihre Verfolgung endete nicht an ver-meintlich sicheren EU- Grenzen, sondernwird unter Mitwirkung der EU-Mitglieder

    aufgrund des spezifischen politischen Hin-tergrunds fortgesetzt. Sie sind auch hierdurch Repression und Auslieferung be-droht.

    Die EU-Staaten, insbesondere die BRD,

    tun nichts zur Bekmpfung von Fluchtur-sachen, ihre Politik verursacht millionen-fach Flucht und Migration. Die Verantwor-tung dafr wird abgelehnt. Und es werdenMauern und Zune um Europa aufgebaut,die von Polizeitruppen und Spezialkom-mandos gesichert werden.

    Die Abwehr von Flchtlingen und Mi-grantInnen ist zu einem strategischen Zielder Europischen Union geworden. Die Re-gulierung der Weltwirtschaft, die sehr stark

    von der EU bestimmt wird, haben die Le-bensgrundlage unzhliger Menschen der-art verwstet und ganze Regionen in Krie-ge und bewaffnete Konflikte gestrzt. Vie-le Menschen sind gezwungen, ihr Leben zuriskieren, viele Menschen sterben auf dem

    Weg und an Europas Auengrenzen undauch in der Festung Europa.

    Diese gesamte Politik basiert dabei kei-neswegs darauf, die Bedrfnisse der Men-schen zu erfllen, sondern nur der Profit-

    maximierung. Rassismus hilft Herrschaft zusichern und einen gemeinsamen Wider-stand gegen die Ausbeutung zu spalten undzu schwchen. Sondergesetze und Sonder-behandlung dienen dazu, Flchtlinge undMigrantInnen zu schikanieren und gesell-schaftlich zu isolieren. Am Ende der Kettedes staatlichen Rassismus steht die Ab-schiebung, in vielen Fllen Folter und Tod.

    Die vom brgerlichen Europa gepriese-nen Menschenrechte und Konventionensind reines Blendwerk, was sich geradeauch am Fall Binali Yildirims zeigt. Im EU-Mitgliedsstaat Spanien wird erwogen, ent-

    gegen den Genfer Konventionen Binali andie Trkei auszuliefern. Trotz eines ver-meintlich sicheren rechtlichen Status wur-de er auf Mallorca inhaftiert. Dies alles zeigtnur einmal mehr, wie deutlich es darauf an-

    Die Antifaschistische Revolutionre Aktion Berlin ruft zu einem antikapitalistischen

    Block in der Demonstration am 22.9. in Berlin - Gegen berwachung, Freiheit stattAngst - auf, u.a. unter den Losungen: Weg mit 129a und b! Freiheit fr Axel, Flo-rian, Oliver und Andrej! Freiheit fr die Gefangenen aus der RAF! Freiheit fr allepolitischen Gefangenen! Kapitalismus zerschlagen - Solidaritt aufbauen!

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    kommt, bestehende Verhltnisse weltweitzu be- und Rechte selbstndig zu erkmp-fen, die bentigt werden, damit Binali undalle anderen nicht darauf angewiesen sind,an den EU- Grenzen um Schutz zu flehen.Wie schon in den letzten Wochen und

    Monaten, in denen wir mit einer Vielzahlvon Aktionen auf das Schicksal von Bina-li aufmerksam gemacht haben, werden wirauch am 08.09.2007 auf unsere eigene Kraft

    vertrauen. Wir rufen Euch dazu auf, Euchan der Demonstration fr die sofortige Frei-lassung Binalis und gegen die politische

    Verfolgung linker AktivistInnen sowie ge-gen die rassistische Migrations- undFlchtlingspolitik zu beteiligen.Freiheit fr Binali Yildirim!Freiheit fr alle politischen Gefangenenund alle Gefangenen in Abschiebehaft!Solidaritt ist eine Waffe!www.freebinali.tk

    Binali Soydan wurdefreigelassen!Binali Soydan, der am 19. Juni 2007 auf-grund eines Auslieferungsantrages der Tr-kei und der Zustimmung eines Gerichtesverhaftet und in der JVA Kln-Ossendorffestgehalten wurde, wurde am 30. Juli2007 freigelassen.

    Binali Soydan war insgesamt 40 Tage in-haftiert.

    Binali Soydan hatte am 23. Juli 2007 ausProtest gegen seine willkrliche Verhaftungaufgrund eines auf falschen Behauptungenbasierenden Auslieferungsantrages und diedabei zutage gelegte Ignoranz gegenberGegendarstellungen mit einem unbefriste-ten Hungerstreik begonnen. Eine Wocheseiner Haft verbrachte er mit Hungerstreik.Vom Augenblick seiner Verhaftung an

    sind wir europaweit aktiv geworden, umBinali Soydans Freilassung zu erreichen. Sowurden Presseerklrungen in Kln und an-deren deutschen Stdten, sowie in Paris, Ba-sel und Zrich abgegeben. Vor dem Aus-

    lnderamt, der JVA-Ossendorf und deut-schen Vertretungen in Paris und Zrichwurden Protestkundgebungen abgehalten.Es wurden auch Infostnde an vielen OrtenDeutschlands aufgestellt und eine Unter-schriftenaktion durchgefhrt. Der Vorfallwurde Tausenden Adressen gemeldet und

    verschiedene Personen, Einrichtungen undInstitutionen zur Solidaritt aufgerufenund Protestschreiben an das Innenministe-rium des NRW vorbereitet. Daneben ergingein Aufruf an Menschenrechtsorganisatio-nen, wie etwa Amnesty International, Re-porter ohne Grenzen, die Menschenrechts-

    kommission der UN, den Hohen Flcht-lingskommissar der UN und alle regionalenMenschenrechtsverbnde, denen Infoma-terial zugestellt wurde. Schlielich gab esKontakte zu einigen progressiven Parla-

    mentariern u..Unsere Kampagne fand natrlich auch in

    der Trkei breite Resonanz. Unsere Genos-sen von der BDSP (Vereinigte Revolution-re Sozialistische Partei) hielten eine Pro-testkundgebung vor dem deutschen Kon-sulat in Istanbul ab.

    Bei der Freilassung Binali Soydans spiel-te natrlich auch unsere Initiative einewichtige Rolle. Jedoch darf die nicht zu un-

    terschtzende Untersttzung trkischer re-volutionrer Kreise und progressiver undrevolutionrer Personen, Einrichtungenund Institutionen besonders aus Deutsch-land vergessen werden.

    Die Rote Fahne verfasste im Namen derMLPD auf regionaler und zentraler Ebeneeine Solidarittserklrung. Auch die KPD-ML in Deutschland, die Sozialistische Par-tei und der Rode Morgen aus den Nieder-landen sagten ihre Untersttzung zu.

    Marion Sison, Ehrenvorsitzender derKommunistischen Partei der Phillippinnen,bersandte eine unmissverstndliche Soli-

    darittserklrung im Namen der ILPS.Viele Einrichtungen, vor allem Pro-Asyl

    und Rote Hilfe, waren uerst sensibel undhaben ihre Solidaritt erklrt, schicktenProtestschreiben an das Innenministeriumdes NRW und erklrten uns, sie wrden unsbezglich der Anwaltskosten untersttzen.

    Die Vertreterin Amnesty Internationals inHamburg, Barbara Neppert, sowie SevimDagdelen und Ulla Jelpke, beide Abgeord-nete der Linkspartei, haben sich des Pro-blems angenommen und uns untersttzt.Besonders die Erklrung Ulla Jelpkes warsehr hilfreich.

    Schlielich waren diese Anstrengungenund der gemeinsam ausgebte Druck erfol-greich. Binali Soydan wurde freigelassen.

    Binali Soydan ist jetzt in Freiheit, aberdas ist noch kein Grund zur Freude, denndie Bedingungen, die ihn und andere insGefngnis brachten, sind nach wie vor un-

    verndert. Diese Angriffe werden fortge-setzt werden. Diese vollkommen anti-de-mokratischen, faschistoiden, wirtschaftli-chen, sozialen und politischen Angriffe alsTeil eines Generalangriffs gegen alle Ar-beiter und Werkttige jeglicher Herkunft,

    werden gegen Regimekritiker aus Asien,Afrika, Latein-Amerika und Europa in Formvon Abschiebungen verschrft fortgefhrtwerden.

    Die Sensibilitt und der Widerstand ge-gen diese Angriffe muss dauerhaft bleiben.Wir werden die aufrichtige und freund-

    schaftliche Untersttzung unserer revolu-tionren Freunde aus der Trkei nicht ver-gessen. Wir bedanken uns bei allen pro-gressiven und revolutionren Personen,Einrichtungen und Institutionen aus Euro-pa, besonders aus Deutschland, fr ihre un-schtzbare Untersttzung bei der Freilas-

    sung Binali Soydans und rufen aus tiefstemHerzen:Es lebe die internationale Solidaritt!BIR-KAR, Plattform fr die Einheit der Ar-beiter und Vlkerfreundschaft

    Aufruf der ASP:

    Nein zur Ausliefe-rung von Avni Er undZeynep KilicDie ASP (Association Proletarian Solidarity)

    ruft dazu auf, sich gegen die geplante Aus-lieferung von Avni Er und Zeynep Kilic, bei-de in Italien wegen Mitgliedschaft in derDHKP-C (Revolutionre Volksbefreiungspar-tei-Front) zu 7 bzw. 5 Jahren Haft verurteilt,zu stellen. In der Erklrung mit dem TitelNein zur Auslieferung der politischen Ge-fangenen Avni Er und Zeynep Kilic! wird dieihre sofortige Freilassung der beiden politi-schen Gefangenen gefordert.

    In ihrem Aufruf erklrt die ASP: Am 20.Dezember 2006 wurde in erster Instanz derProzess gegen die trkischen GenossInnender DHKP-C (Revolutionre Volksbefreiungs-

    partei-Front) abgeschlossen. Die zwei politi-schen Flchtlinge und KommunistInnen sindam 1. April 2004 whrend einer repressivenOperation internationalen Ausmaes, welche

    von den trkischen Behrden in Zusammen-arbeit verschiedener europischer Staaten,allen voran Italien, durchgefhrt wurde, ein-gesperrt worden. Es handelt sich um diesel-be Operation, die in den belgischen Gefng-nissen endete und der ein skandalser,schlielich annullierter Prozess gegen einige

    AktivistInnen des Brsseler DHKP-C Infor-mationsbro folgte, unter denen sich auchBahar Kimyongr befand. In Perugia leiste-ten Avni und Zeynep wie ihre GenossInnenin Belgien mutige Gegeninformationsarbeitber die faschistische und verbrecherischePolitik des trkischen Staates und verbringendeshalb 7 bzw. 5 Jahre im Gefngnis.

    In der Erklrung geht die ASP kurz auf dieGeschichte der Trkei ein und nennt einigeZahlen der Repression aus der Trkei: 4Staatsstreiche seit der Grndung des trki-schen Staats (der letzte im Jahre 1980);30.000 gettete KurdInnenen, 8.000 ver-brannte Drfer und hunderttausende Flcht-linge whrend des Krieges in trkischem Kur-

    distan in den neunziger Jahren; der Angriffgegen 21 Gefngnisse, die am 19. Dezember2000 4 Tage lang von 8 Gendarmeriebatail-lonen und 8.335 Soldaten durchgefhrt wur-de, um den Widerstand der Gefangenen zubrechen, die sich der Verlegung in die Isola-tionszellen des Typs-F widersetzten; nach20.000 Bomben, die in die Schlafstellen ge-worfen wurden, 28 ermordeten Gefangenenund ungefhr tausend Verletzten wurden dieGefngnisse eingefhrtWeiter erklrt die ASP, dass sich ber 2000

    politische Gefangene in den Gefngnissender Trkei befinden. Die ASP fragt, wer die

    eigentlichen Terroristen sind, und erklrt;Um uns zu erlauben, die Frage richtig zu be-antworten; Zeynep und Avni gingen im Ge-gensatz zu jenen, die fr gewaltige finanzi-elle Interessen das Bild einer demokratischen

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    Trkei frdern, um den EU-Beitritt zu ge-whrleisten, das Risiko ein, des internationa-len Terrorismus angeklagt, infolgedessenausgeliefert und gefoltert zu werden.Weiter erklrt die ASP, dass der Justizmi-

    nister Clemente Mastella am 7. Mai 2007 derAuslieferung von Zeynep Kilic an die BRDzugestimmt habe und der Auslieferungsge-such von Avni Er an die Trkei vom Juni sei.

    Die ASP beendet ihre Erklrung mit demAufruf zur Untersttzung von Avni Er undZeynep Kilic mit Protestmails und -faxes anden Justizminister Clemente Mastella.Fr den Protest:Justizminister Clemente Mastella

    Via Arenula 70, 00186 RomaFax: +39 06.68897777Mails bitte an: [email protected]

    ASP (Association Proletarian Solidarity)

    Appell fr die Freilas-sung Arnaldo Otegisden Sprecher der verbotenen