Gefangenen Info #316

download Gefangenen Info #316

of 16

Transcript of Gefangenen Info #316

  • 8/6/2019 Gefangenen Info #316

    1/16

    Drinnen und Drauen ein Kampf!

    Keine Aus-lieferung indie Trkei!Seit Montag, 11. September 2006, befindensich Erdogan E. und Marco Camenisch ge-meinsam in einem befristeten (2 Wochen)Hungerstreik gegen die Auslieferung vonErdogan E. an den Folterstaat Trkei undgegen die Kollaboration der Schweiz mitdiesem. Und fr eine internationale Soli-daritt im Widerstand gegen Faschismusund die imperialistische Klassenherrschaftdes Kapital (Zitat aus Marcos Hunger-streikerklrung). Der politische Widerstand,der sich seit Erdogan E. Verhaftung Schrittfr Schritt entwickelt hat, schliet sich die-ser Solidaritts- und Kampfinitiative derbeiden politischen Gefangenen an.www.Auslieferungen-stopp.chwww.aufbau.orgwww.buendnis-gegen-rechts.ch

    Hungerstreikerklrung vonErdogan E.Meine lieben Freunde,

    ich begre Euch mit den Worten fr dieFreiheit, Gerechtigkeit und den Kampf fr ei-ne Welt ohne Grenzen.Wir gehen durch eine schwierige Zeit. Weit

    entfernt von uns wird die Menschheit bom-

    bardiert. Eine Mutter hlt ihr totes Baby inden Armen und weint. Ein Kind sucht in denTrmmern des Krieges die toten Krper sei-ner Familie. Unsere schne Welt stinkt nachFeuer, Blut und Bomben.Verzweiflung, Trnen und Trauergesnge

    gibt es weit von uns auf der Welt, und wirmssen uns die Ohren zuhalten, um es nichtzu hren. Die ausbeuterische Gesellschaftund ihre Schergen fhren heute wie damalsihre militrische Ausbeutung aus. Mit Folter,

    Gefngnissen und Kriegen mchten sie dieMenschheit und ihren Freiheitskampf unter-drcken.

    Tausende von Menschen sterben durch denStaatsterror oder durch hervorgerufeneKrankheiten oder mssen ihre Heimat ver-lassen. Die Staaten suchen keine Lsungenfr die Menschen, sondern produzieren statt-dessen Waffen, Panzer, Gefngnisse und so-gar Atombomben gegen die Menschheit.Wie ihr wisst, leben wir in einer Gesell-

    schaft, in der das Leben eines Menschen kei-nen Wert hat, wo Tod und Folter zum bar-barischen Kapitalismus gehrt. Die Staaten

    fhren mit ihrer militaristischen Politik dieMenschheit in eine nicht voraussehbare Ge-fahr. Sie beuten die Welt und ihre Ressour-cen fr ihre eigenen egoistischen Zwecke aus. Wir haben immer gegen Ausbeutung

    gekmpft. Es ist selbstverstndlich, dass wirheute noch strker dagegen kmpfen ms-sen. Unser Freunde und Feinde sollen wis-sen, dass uns Gefngnisse, Folter und Mordnicht davon zurckhalten werden.

    Meine lieben Freunde, ich bin derzeit zwarkrperlich gefangen, aber wenn es um dieFrage der Menschheit geht, dann ist derKampf eine Notwendigkeit, von der mannicht weglaufen kann. Es gibt noch sehr vie-le Sachen, fr welche die Menschheit kmp-

    fen muss.Es ist der Kampf der Menschen, der Kampfderjenigen, die in die Menschheit verliebtsind - und weil sie die Kraft von den Men-schen bekommen, werden sie ihn auch ge-winnen.Wir werden gewinnen. Deshalb werde ich

    gegen Faschismus und ihre erniedrigendePolitik - gegen das System, das die Mensch-heit und unsere Welt in die Hlle verwandelt- in den Hungerstreik treten.

    Ich liebe Euch alle, euren Kampf begrich mit innigsten revolutionren Gefhlen!

    Freundschaftliche revolutionre Grsse -

    Wir sind im Recht und werden gewinnen!Nieder mit dem Faschismus! - Es lebe dieRevolution fr die Menschheit!

    Es lebe die internationale Solidaritt!Der anarchistische Gefangene Erdogan E.

    Gefangenen InfoC 10190 26.9.2006 Preis: 1,55 316

    Hervorgegangen aus demAngehrigen Info. Das

    Angehrigen Info entstand imHungerstreik der politischen

    Gefangenen 1989.

    Rund 600 Menschen demonstrierten am 23. September in Washington fr die Frei-heit der Miami 5. Sie protestierten dagegen, dass den fnf Kubanern ein neues Ver-fahren verweigert wird (siehe letzte Ausgabe). Auf der Kundgebung wurde auch ei-ne Gruadresse von Fidel Castro verlesen. Quelle u. Bild: Indymedia Washington DC

  • 8/6/2019 Gefangenen Info #316

    2/16

    2

    Freiheit fr ErdoganSolidaritt

    Seit dem 21. Februar sitzt Erdogan bereitsin Auslieferungshaft. Das Bundesamt frJustiz beantragt seine Auslieferung an dieTrkei, obwohl erwiesenermaen die ihnbelastenden Aussagen unter Folter er-zwungen und spter wieder zurckgenom-

    men wurden.

    (ag/rh). Im Falle einer Auslieferung wartenin der Trkei Folter, lebenslange Isolati-onshaft in einem F-Typ-Gefngnis oder garder Tod auf ihn! Trotz dieser drohenden Si-tuation hat er mit seinem Widerstand nichtaufgehrt! Wir wollten mehr ber seine per-snliche und politische Geschichte wissen.

    Erdogan, kannst du uns etwas zu deinemLeben in der Trkei erzhlen?

    Ich wurde 1979, also ein Jahr vor demMilitrputsch in Istanbul geboren. Als Fol-

    ge des Putsches gab es viele Ausgangs-sperren. Ich verstand nicht viel davon, bisich 1985 auf den Straen Panzer und Sol-daten sah. Von da an war der Staat fr micheine Unterdrckungsmaschine. Das Quar-tier, in dem wir lebten, war religis und fa-schistisch. Frh bekam ich, als kizil bas1 denRassismus mit. Da meine Familie mit revo-lutionren Krften in Kontakt stand, wur-de unser Haus oft mit Farbe eingefrbt. Mitsieben Jahren begann ich, auf der Strassezu arbeiten und nebenbei zu lernen.

    Ich bekam die Klassen- und Rassenun-terschiede sehr deutlich mit, was mich inmeinen revolutionren Ansichten verstrk-te. An der 1. Mai Demo 1992 beteiligte ichmich zum ersten Mal an den revolutionrenKmpfen. Ich war von da an immer zuvor-derst dabei und oft von der Anti-Terror-Po-lizei bedroht.

    Es war die Zeit, in der viele mir bekann-te Menschen verschwanden: Ssie wurdenim Knast, auf der Strae, sogar bei sich zu-hause gettet. Gleichzeitig wurde ich voneinem Faschisten als PKK-Kmpfer verra-ten und daraufhin gesucht. Zur PKK aberhatte ich keine Beziehung. Hingegen standmir die DHKC2 mit ihrer kommunistischenIdeologie viel nher. Es wurden viele Leu-te wegen mir gefoltert, und ihnen dabei ge-sagt, dass sie mich tten wrden. Ich tapp-te nie in die Fallen, die sie mir stellten Ichging in die Illegalitt. Als ein Junge ausmeinem Quartier unter Folter sagte, ich seiein Guerillero, wurde ich vom trkischenStaat gesucht. Ich floh nach Europa und be-antragte Asyl. Dabei erfuhr ich aus trki-schen Dokumenten, dass ich einen Polizi-sten gettet haben soll.

    Deine Familie ist sehr solidarisch mit dir,

    warum?Die Grovter meines Vaters waren die Anfhrer der kurdischen Aufstnde von1920 bis 1938. Mein Urgrovater Aliserbeykmpfte als revolutionrer Anfhrer mit

    1000 Leuten gegen Atatrk, gegen die Po-litik der Trkei, die Kurden zu assimilieren,und fr die kurdische Unabhngigkeit. Un-ser Vater erzhlte uns Kindern mit groemStolz von dieser Zeit. Da meine Grovteraus revolutionren Kmpfen stammen, er-lebten sie die Massenvertreibungen vonDersim nach Sivas, Kandal und Lara. Wennman mich zu dieser Tradition dazu rechnet,zuerst nach Istanbul, dann in die Schweiz,

    erkennt man, dass sich daran nicht viel ver-ndert hat. Mein Bruder Erol wurde schwergefoltert und war sechs Jahre im Gefng-nis, weil er gegen die Gebhrenpflicht derBildung gekmpft hatte. Eine Schwesterund ein lterer Bruder waren ebenfalls un-ter Folter in Gefangenschaft geraten. Mei-ne Eltern sind bei den TayadSamstags-mttern3 aktiv, haben Widerstndische,darunter auch ihre Kinder, untersttzt. Des-

    halb sind sie gefoltert und in Gefangen-schaft gesteckt worden. Sie haben ihre ei-genen Erfahrungen mit dem dreckigen Ge-sicht des Staates gemacht. Ihr seht, meineFamilie anerkennt die Legitimation desKampfes. Wir alle sind mit der Revolutionsehr verbunden.

    Du kmpfst auch jetzt weiter, obwohl beieiner Auslieferung dich Folter, Isolation undmglicher Tod erwartet.Wenn ein Revolutionr in der Trkei ak-

    tiv ist, dann wei er, dass er eines Tages mitFolter und Tod konfrontiert sein wird. Trotzdieses Wissens kmpfe ich mit Entschlos-

    senheit weiter. In der Geschichte sind vieleMenschen, die die Wahrheit gesagt haben,trotz dieser Drohungen standhaft geblie-ben. Z.B. Spartakus mit seinem Kampf ge-gen die Sklaverei oder die, die gesagt hat-

    ten, die Welt drehe sich und sei rund! Siesind das Risiko in dem Bewusstsein einge-gangen, dass die Geschichte zeigen wird,dass sie Recht hatten. Heute wissen wir: Die

    Welt ist rund, sie dreht sich, und wir wis-sen, dass damals wie heute diese Wahrhei-ten bekmpft werden. Spartakus hat Ge-schichte gemacht, nicht die GeschichteSpartakus! Mit meiner Kampfeinstellung

    versuche ich meine Verantwortung, meine

    Aufgabe in der Geschichte und ihrer Wahr-heit zu erfllen. Wahrheit heit: dass die-ses System nur durch Ausbeutung besteht,daraus reaktionre, faschistische Systemewachsen und dass die Befreiung derMenschheit nur durch die Revolution rea-lisiert werden kann und wir dieses Ziel ganzsicher einmal erreichen werden. Weil ichdas alles wei, kmpfe und widerstehe ichweiter. Ich schpfe Kraft aus der Geschich-

    te des Widerstandes, derberzeugung, fr die rich-tige Sache zu kmpfen,und eurer Solidaritt: wir

    werden gewinnen!

    Kannst Du noch etwasmehr zu Deinen Zielen sa-gen?Alle Ideologien, Philoso-

    phien und Wissenschaftensind dann gut, wenn sie imDienste der Menschheitstehen. Die Revolution, al-so die Befreiung und Ge-rechtigkeit, ist wichtig wiedas Wasser, die Natur, dasEssen, das Atmen. Sie istnicht etwas von auenherangetragenes, sondernwohnt der Geschichte derMenschheit inne. Und ge-nau das und das Bewusst-sein darber, wird letztlichbekmpft.

    Mchtest du noch etwasanfgen?

    Ja. Ich sitze nicht einfachin Auslieferungshaft we-

    gen des Antrages aus der Trkei. Durch mei-ne Auslieferung werden den europischenStaaten Tr und Tor geffnet, die revolu-tionre Opposition nochmals anders an-greifen zu knnen. Faschistische wie rck-stndische Regierungen weltweit mchtendie revolutionre Opposition in der Gefan-genschaft versenken. Deshalb rufe ich al-le revolutionren und antifaschistischenKrfte auf, dagegen zu kmpfen und sichzu verhalten. Es ist an der Zeit, in diesemSinne in einer antifaschistischen Front ge-meinsam zu kmpfen.

    Anmerkungen:

    1 Roter Kopf. Erdogan ist Alevit2 Revolutionre Volksbefreiungspartei-Front3 Vereinigung zur Solidaritt mit den Angehri-

    gen politischer Gefangenen www.aufbau.org +www.auslieferungen-stopp.ch

  • 8/6/2019 Gefangenen Info #316

    3/16

    3

    Zusammenfassungder bisherigen Verhandlung

    im Potsdamer Antifa-ProzessIm Juni 2005 wurden in Potsdam fnf An-tifaschistInnen festgenommen, nachdem

    ein stadtbekannter Neonazi bei einer Aus-einandersetzung eine 4 cm lange Platzwun-de davontrug. Gegen die fnf wurde wegen

    versuchten Mordes ermittelt. Eine Betrof-fene, Julia S., sa aufgrund dieses Tatvor-wurfs fnf Monate in Untersuchungshaft.

    Der Mordvorwurf grndete sich einzigauf der Einschtzung des damals ermit-telnden Staatsanwaltes P. Petersen, die T-terinnen seien AntifaschistInnen und wr-den als solche den Tod eines Nazis jeder-zeit beabsichtigen oder wenigstens billi-gend in Kauf nehmen.

    Somit erklrte er alle AntifaschistInnen

    zu potentiellen MrderInnen und stellte die Angeklagten aufgrund ihrer politischenEinstellung unter Generalverdacht.

    Sehr schnell nach der Festnahme der fnfAntifas grndete sich eine Soligruppe, diesich zum Ziel setzte, die Betroffenen zu un-tersttzen, insbesondere die Gefangene ausdem Knast zu holen und dem Versuch, An-tifaschismus zu kriminalisieren, offensiventgegenzutreten. Durch intensive Presse-arbeit, mehrere Knastkundgebungen, Kom-munikationsguerilla-Aktionen u.. wurde

    massiver ffentliche Druck aufgebaut, vonimmer mehr Seiten kam die Forderung nachFreilassung der jungen Antifaschistin undKritik an der eindeutig politisch motivier-ten und komplett berzogenen Anklage-schrift.

    Das mediale Aufsehen und der massiveffentlichen Druck zwangen die Staatsan-waltschaft in die Defensive. Petersen liesich monatelang verleugnen und hielt ent-lastende Beweismaterialien zurck, wo-durch die U-Haft der inhaftierten Antifa-

    schistin knstlich verlngert wurde. Dochschlielich musste sie im November 2005nach fnf Monaten Haft entlassen werden,nachdem die Konstrukte der Staatsanwalt-schaft ffentlich nicht mehr zu rechtferti-gen waren.

    In diesem Jahr endlich wurde die Ankla-ge vom zustndigen Richter auf gefhrli-che Krperverletzung herabgestuft, da einunabhngiges Gutachten ergab, was von

    Anfang an offensichtlich war: dass ber-haupt keine Tat vorliegt, die als versuchte

    Ttung bewertet werden kann.Obwohl die Anklage nicht mehr auf ver-

    suchten Mord lautet, wurde die Behaup-tung, AntifaschistInnen seien per se poten-tielle Mrderinnen und Antifaschismus ei-ne niedere Gesinnung, nie zurckge-nommen. Das Verfahren zielt weiterhin dar-auf ab, Antifaschismus zu kriminalisieren.

    Ebenfalls bemerkenswert ist, dass dasOpfer Nebenklage eingereicht und sich

    niemand geringeren als den renommiertenNazi-Anwalt Wolfram Nahrath zum Ver-teidiger genommen hat, die Auswahl die-ses Anwalts zeigt mehr als deutlich die po-litische Gesinnung des sog. Opfers.Nahrath war bis zu ihrem Verbot Vorsit-zender der faschistischen OrganisationWiking-Jugend, Redner auf diversenNPD-Veranstaltungen und vertritt aussch-lielich Neonazis, z.B. einen der Tter derberhmten Hetzjagd in Guben, bei der imFebruar 1999 ein algerischer Flchtling von15 Nazis durch den Ort gejagt wurde, bis erin Panik durch eine Glastr sprang und an

    den Folgen verblutete. Nahrath vertrat da-mals im Gerichtssaal die Meinung, dass seinMandant nichts dafr knnte, wenn derNeger so dumm sei und durch Glastrenspringe.Auch verteidigte Nahrath einen der Tter

    im Potsdamer Tram-Prozess, bei dem ca.20 Nazis im Juni 06 auf zwei Antifas ein-schlugen und einem eine abgeschlageneBierflasche in den Hals rammten.

    In dieser Tat sah brigens die gleiche Ab-teilung der Staatsanwaltschaft, die auch die

    Entscheidung berRevision noch nichtgetroffenHaftantritt weiterhin unklar

    Politische Kmpfe haben Ursachen,niemand zndet grundlos ein Polizei-

    fahrzeug oder ein Arbeitsamt an. So-ziale Ungerechtigkeit, Unterdrckung

    und Ausbeutung, Rassismus, Sexismusoder Polizeigewalt sind einige Grnde.Diese Worte sind dem so genannten letz-ten Wort entnommen, welches Daniel am16. November 2005 whrend seines Revi-sionsverfahrens gesprochen hat.

    Nach 16. Prozesstagen endete am 27.November 2005 Daniels Prozess. Wie be-reits abzusehen, mit einem Schuldspruchund einer Verurteilung zu 2 Jahren ohneBewhrung. Was so die wenigsten ge-glaubt hatten, mit einer Verurteilung nach129a als Einzelperson!

    Das Urteil des Richters besttigte im

    Kern alle Punkte der Staatsanwaltschaftzur Verurteilung Daniels nach 129a undwegen zwei versuchten Brandstiftungen.

    Daniels Mitangeklagter Marco ist bereits

    seit dem 27.02.2006 wieder im Knast. Erist zu einer Freiheitsstrafe von 2 1/2 Jah-ren verknackt wurde, von der er durch dieUntersuchungshaft 1 Jahr abgesessen hat-te.

    In dem Revisionsverfahren gegen Dani-el ist er zusammen mit Carsten, der eben-falls in dem Verfahren angeklagt war undfreigesprochen wurde, zuvor noch zu Jahren Beugehaft verurteilt worden.

    Beugehaft wird nicht angerechnet wirdauf die Strafhaft, deshalb muss Marco 1 Jahre absitzen.

    Mittlerweile konnte Marco gemeinsammit seinen VerteiderInnen den offenen

    Vollzug erwirken.

    Marcos Anschrift im Knast:Justizvollzugsanstalt Magdeburgz.H. Marco HeinrichsHalberstdter Str. 8a39112 Magdeburg

    Gegen das am 27. November 2005 ge-gen Daniel gesprochene Urteil wurde er-neut Revision eingelegt. Bisher gibt es im-mer noch keine Entscheidung darber, ob

    der Revision stattgegeben wird oder nicht.Das bedeutet auf der anderen Seite ei-nen enormen Druck fr Daniel. Sollte dieRevision abgelehnt werden und das Urteil

    somit rechtskrftig werden, muss er in-nerhalb krzester Zeit seine restliche Haft-zeit von 1 Jahr antreten.

    Die solidarische Untersttzung vonMarco und Daniel bleibt eine Notwendig-keit. Der offene Vollzug fr Marco kostet

    jetzt schon jede Menge Kohle, und auchfr die anstehende Haftzeit fr Daniel wirdfinanzielle Untersttzung bentigt. Des-halb sind Spenden natrlich erwnscht:

    Rote Hilfe MagdeburgStadtsparkasse MagdeburgKontonr.: 371 519 49BLZ. : 810 532 72

    Verwendungszweck: Soligruppe

    Da die Soligruppe Magdeburg / Qued-linburg als solche nicht mehr existiert,sind bei Anfragen etc. Ansprechpartnerfr Magdeburg:

    Gruppe Internationale Solidaritt [Mag-deburg] mail: [email protected]

    Freie Arbeiter Union (OG Magdeburg]mail: [email protected] fr alle politischen Gefangenenweltweit!

    Fr eine gesamtgesellschaftliche Befrei-ungsperspektive!September 2006GIS[magdeburg] www.gis.de.md

    Bild: Demonstration in Hamburg

  • 8/6/2019 Gefangenen Info #316

    4/16

    4

    Anklage gegen die 5 Antifas verfasste, nureine gefhrliche Krperverletzung.Am 7. August begann der Prozess vor

    dem Potsdamer Landgericht.Da die Mehrheit der Angeklagten zur Tat-

    zeit nicht erwachsen war, wurde die f-fentlichkeit von den Verhandlungen aus-geschlossen. Das Verfahren gegen eine 16-

    jhrige Angeklagte ist mittlerweile unterder Voraussetzung, dass sie 30 Stunden ge-

    meinntzige Arbeit zu leisten habe, einge-stellt worden, da ihre Tatbeteiligung als sehrgering eingeschtzt wird und sie laut Rich-terin durch das bisherige Verfahren ihreLektion schon gelernt habe.

    Bei einem Teil der bisher gehrten Zeu-gInnen und dem Opfer handelt es sich umstadtbekannte Neonazis. Diese meinen ver-mutlich mit ihren Aussagen die Angeklag-ten zu belasten, tun jedoch genau das Ge-genteil, da sie aussagen, eine der Ange-klagten zur Tatzeit 50m vom Tatort entferntgesehen zu haben. Auch der Groteil derbisher gemachten belastenden Aussagen

    war gekennzeichnet von Verwirrung undUngereimtheiten. Mal waren es bis zu achtTtern, die allesamt gleichzeitig mit Tot-schlgern zugeschlagen htten, und ein an-deres mal nur vier, von denen nur eine Per-son schlug. Einige Zeugen wollen auch ei-nen Teil der Angeklagten wiedererkannthaben. Letztere wren zwar zur Tatzeit voll

    vermummt gewesen, die Identifizierungwird dennoch eindeutig genannt. ImGroen und Ganzen konnten die bisheri-gen Zeugenaussagen kein schlssiges Bild

    von den Vorkommnissen des Tatabends zuentwerfen.

    Eine Prognose zum Prozessverlauf, dermittlerweile bis min. 15. November termi-niert ist, kann hier leider noch nicht abge-geben werden, da das komplette Verhaltendes Gerichts und der Staatsanwaltschaftnicht vorhersehbar ist und das Justizsysteman sich schon viel zu viele vllig unprofes-sionelle Aktionen geleistet hat.Vorhersehbar ist aber, dass die Betroffe-

    nen weiterhin auf eine breite Solidaritt an-gewiesen sind und noch immer Geld fr die

    Anwalts- und Prozesskosten bentigt wird.Macht den Fall soweit wie mglich f-

    fentlich, zeigt, dass es ein groes Interessean dem Verfahren gibt und sich die antifa-schistische Bewegung nicht einfach wider-standslos kriminalisieren lsst!Weitere Infos, die konkreten Prozesster-

    mine, genaue Berichte von den einzelnenVerhandlungstagen und die Kontaktadres-se der Soligruppe findet ihr auf:www.soligruppe-potsdam.deAntifaschismus ist nicht kriminell, sondernnotwendig!

    Spendenkonto (fr Anwalts- undProzesskosten):

    Kontoinhaber: Rote Hilfe e.V. PotsdamKreditinstitut: Postbank StuttgartBLZ: 600 100 70Kontonummer: 151907703Verwendungszweck: soligruppe

    Tod in Zelle noch unaufgeklrt

    Aktionstagzur Erinnerung anOury JallohDessau. Hnde

    hoch, Fe gerade,hast du Waffen?Ein schmchtiger

    Afrikaner weichtvor dem barschenTon zurck, bevorzwei krftige Poli-zisten ihn vor demLandgericht Des-sau gegen einenPkw drcken ...Am Donnerstag Mittag war es nur ein

    Theaterstck, mit dem antirassistischeGruppen auf ihrer Meinung nach rassisti-

    sche Behandlung von Flchtlingen auf Po-lizeiwachen in Deutschland aufmerksammachen wollten. Die Performance war Teildes Aktionstages, mit dem Gerechtigkeit frOury Jalloh gefordert wurde. Der 21-jhri-ge Asylbewerber aus Sierra Leone ver-brannte am 7. Januar 2005 in einer Zelleder Dessauer Polizeiwache. Er soll in be-trunkenem Zustand angeblich Passantenbelstigt haben und war daher Stunden

    vorher festgenommen worden. Auf einerSitzung des Landtages von Sachsen-Anhaltwurde bekannt, dass Jalloh mit Hnden undFen an eine Pritsche gefesselt war, als erstarb. Trotzdem soll er sich nach der offizi-ellen Version die Matratze mit einem Feu-erzeug angezndet haben, das in der Zellegefunden wurde. Sofort nach seinem Todforderten Flchtlinge und Untersttzer ei-ne genaue Untersuchung. So soll geklrtwerden, woher die Verletzungen an Naseund Ohren stammen, die bei der Obdukti-on von Jalloh festgestellt entdeckt wurden.

    Der Aktionstag am Donnerstag sollte denFall vor dem Vergessen bewahren, erklrteeine Aktivistin der Berliner Gruppe fr ei-ne linke Strmung (fels), die in der Vorbe-reitungsgruppe war. In den nchsten Mo-naten drfte der Fall noch einmal grereSchlagzeilen machen. Die Staatsanwalt-schaft Dessau will Anklage gegen zwei Be-amte der Dessauer Polizeiwache erheben.Im Herbst wird mit dem Beginn des Ver-fahrens gerechnet. Das Gutachten einesfeuertechnischen Instituts, das den Brandnachstellte, ist zu dem Ergebnis gekommen,dass der Flchtling groe Chancen auf einberleben gehabt htte, wenn rechtzeitigHilfe gekommen wre.

    Mittlerweile wurde auch die BerlinerRechtsanwltin Regina Gtz als Nebenkl-

    gerin zugelassen. Sie vertritt die in SierraLeone lebende Mutter von Jalloh.Die Antirassisten wollen allerdings wei-

    terhin Druck machen. In einem Redebeitragvon fels wird an Berichte von Amnesty In-

    ternational erinnert, die Polizeibergriffeauf Flchtlinge dokumentiert haben.

    Whrend des Redebeitrags entstand auf ei-nem groe Unruhe unter den Kundge-bungsteilnehmern. Am Rande war einFlchtling in eine Polizeiwanne geschlepptworden. Der Grund blieb unklar. Doch nachmassiven Protesten wurde er nach Abgabeseiner Personalien wieder freigelassen. Dawar das Theaterstck auf einmal Realitt

    meinte er. Peter Nowak

    Eine Woche in Hafttrotz HaftunfhigkeitBerliner Rechtsanwalt erhebt schwereVorwrfe gegen die Berliner Justiz

    Am Ende ging alles sehr schnell. Am Diens-tagnachmittag wurde der anerkannte Asy-lbewerber Dervis Orhan aus der Haft in Mo-abit entlassen. Der zustndige Gefngnis-

    arzt hat seine Haftunfhigkeit fest gestellt,erklrte sein Berliner Anwalt Thomas Mo-ritz.

    Orhan sa seit dem 13. September im Mo-abiter Gefngnis. Am vergangenen Mitt-woch war er von Polizisten in seiner Woh-nung verhaftet worden. Die Beamten er-klrten ihm, dass sie einen von der trki-schen Justiz ausgestellten Haftbefehl samt

    Auslieferungsbegehren vollstrecken. DerHaftbefehl bezieht sich auf das gleiche Ur-teil, auf das sich auch das Asylverfahrengesttzt hat. Vor ber einem Jahr war deraus der Trkei geflchtete Kurde Dervis Or-han in Deutschland als politischer Flcht-ling anerkannt worden. In der Trkei dro-he dem wegen Mitgliedschaft in der kurdi-schen Arbeiterpartei PKK zu lebenslngli-cher Haft verurteilten Mann aus politischenGrnden Verfolgung, hie es in der Be-grndung.Was sich fr einen juristischen Laien in

    ersten Augenblick unverstndlich anhrt,ist allerdings juristisch gedeckt, erklrt dieBerliner Rechtsanwltin und Expertin fr

    Asylverfahren Jutta Hermans. Nach Para-graph 4 des Asylverfahrensgesetz steht ei-ne Asylanerkennung einem Auslieferungs-

    verfahren nicht im Wege. Das hat letztlichzur Folge, dass Menschen, die in Deutsch-land Schutz vor politischer Verfolgung su-chen, in den Verfolgerstaat zurckgeschicktwerden knnen, so Hermans.

    In der letzten Zeit hat die Trkei mehre-re Auslieferungsantrge gegen in Deutsch-land anerkannte Asylbewerber gestellt. Diedeutsche Justiz hat allerdings bisher immermit dem Verweis auf Auslieferungshinder-nisse das Begehren verworfen. Dazu gehrtunter anderem ein Prozess vor dem Mi-litrgericht mit Richtern in Uniform, die im

    Widerspruch zur Europischen Menschen-rechtskonvention stehen. Auch das Urteilgegen Orhan, auf dem der Haftbefehl be-ruht, wurde vor einem Militrgericht ge-fllt. So sah der Berliner Rechtsanwalt Tho-

  • 8/6/2019 Gefangenen Info #316

    5/16

    5

    mas Moritz die akute Gefahr fr sei-nen Mandanten auch nicht in einer

    Auslieferung, sondern in der aktuel-len Haft in Moabit.

    Orhan war 9 Jahre in der Trkei in-haftiert gewesen. Wegen seiner akutzerrtteten Gesundheit wurde er 2003befristet aus dem Gefngnis entlassen.Danach floh er nach Deutschland. Dorthat er sich wegen der physischen und

    psychischen Haftfolgen unter ande-rem beim Zentrum fr Folteropfer inBehandlung. Auch nach seiner Entlassung am

    Dienstagnachmittag will Moritz allejuristischen Mitteln ausschpfen. Esist ein Unding, dass an ein haftunfhigerMensch fast eine Woche teilweise gefesseltfestgehalten wird, erklrte der Anwalt.

    Der Pressesprecher des Berliner Kammer-gerichts Grunwald besttigte, dass Orhanauf Grund eines ber Interpool verbreite-ten Festnahmeersuchens der Trkei in Haftgenommen worden sei. Zum Festnahme-

    zeitpunkt habe ein Arzt die vorlufige Haft-fhigkeit bescheinigt. Die Generalstaatsan-waltschaft habe auf der Grundlage eines diegenauere Prfung der Haftfhigkeit des Be-troffenen veranlasst. Dabei sei seine Haf-tunfhigkeit festgestellt worden und HerrOrhan sei darauf hin freigelassen worden.

    Auf die von dem Anwalt kritisierten Haft-bedingungen angesprochen, besttigte derPressesprecher, dass der Kurde wegen Tt-lichkeiten gegen Bedienstete in einen be-sonders gesicherten Haftraum im Haft-krankenhaus untergebracht gewesen sei.Peter Nowak

    Hessischer Flcht-lingsrat fordert Blei-berecht fr KurdenDer Hessische Flchtlingsrat erklrt zur Ab-schiebung des Kurden Serif Akbulut:

    Am Dienstag Vormittag wurde Serif Akbu-lut aus Schlchtern mit einem eigens dafrgecharterten Kleinflugzeug in die Trkeiabgeschoben. Auer ihm selbst flogen le-diglich das Flugpersonal und einige Beam-te der Bundespolizei mit - eine Vorgehens-weise, die man eher bei einem Topterrori-sten vermuten wrde denn einem jungenMann, der blo bei seiner Familie seinmchte.

    Der hessische Innenminister Volker Bouf-fier muss sich angesichts des immensen

    Aufwands, der betrieben wurde, um einenhier seit acht Jahren lebenden, gut inte-grierten jungen Mann abzuschieben, fra-

    gen lassen, was seine Absichtsbekundun-gen fr eine Bleiberechtsregelung nochwert sind. Der Innenminister hatte sich inder Vergangenheit mehrfach dafr ausge-sprochen, geduldeten Flchtlingen, die seit

    sechs Jahren in Deutschland leben, inte-griert sind und keine Straftaten begangenhaben, ein Bleiberecht einzurumen - Kri-terien, die Serif Akbulut allesamt erfllte.

    Im Fall Akbulut offenbart sich ein er-schreckender unbedingter Abschiebungs-wille der Behrden. Es drngt sich der Ein-druck auf, dass kurz vor einer Einigung ber

    eine Bleiberechtsregelung noch einmal ver-sucht wird, mit allen Mitteln potentiell Blei-beberechtigte loszuwerden, kommentierteTimmo Scherenberg, Geschftsfhrer desHessischen Flchtlingsrates, die Abschie-bung.

    Der Flchtlingsrat fordert schon seit lan-gem vom Innenminister, bis zur Innenmi-nisterkonferenz im November einen Ab-schiebungsstopp fr langjhrig geduldeteFlchtlinge zu erlassen, wie es einige an-dere Bundeslnder bereits getan haben.

    Auch verschiedene Stadt- und Kreisparla-mente, darunter der Kreistag des Main-Kin-zig-Kreises, in dem Serif Akbulut bis zu sei-ner Inhaftierung wohnte, haben in den ver-gangenen Wochen Resolutionen fr einensolchen Abschiebungsstopp verabschiedet.

    Eine Bleiberechtsregelung, die diesenNamen auch verdient, muss erstens von denMenschen berhaupt in Anspruch genom-men werden knnen und zweitens auchKriterien beinhalten, die auch von ihnen er-fllt werden knnen, umriss Scherenbergdie Anforderungen an eine Bleiberechtsre-gelung. Das bedeutet, dass sie bis zur In-nenministerkonferenz vor Abschiebungensicher sein mssen und auerdem einemgliche Regelung keine wirklichkeits-fremden Ausschlusskriterien beinhaltendarf. Hier ist vor allem der Sozialleistungs-bezug zu nennen, da die bergroe Mehr-heit der Geduldeten nicht arbeiten kannoder darf.

    Zustzlich zu einer wirksamen Bleibe-rechtsregelung sollte denjenigen, die - wieSerif Akbulut - schon abgeschoben wur-den, ein Rckkehrrecht eingerumt werden,wie es Niedersachsens Innenminister Sch-nemann in die Diskussion eingebracht hat.Fr den Flchtlingsrat ist der Fall mit der

    jetzt erfolgten Abschiebung daher auchnoch nicht zu Ende: Wir fordern, dass Se-rif wieder nach Deutschland kommen darf,um dort zu leben, wo er hingehrt - bei sei-ner Familie im Main-Kinzig-Kreis.

    Werner Braeuner zuseiner Verlegung

    Verlegt bin ich auf eigenen und dringen-den Wunsch. Im Mrz 2005 bin ich von derJVA Meppen nach Oldenburg (OL) verlegtworden, weil denen in Meppen pltzlichaufgefallen war, dass der VS mich im Jah-

    resbericht 2001 als Linksextremisten be-zeichnete hatte. (Seite 144 des VS-Berichts).Meppen ist 2005 in der Sicherheit herun-tergestuft worden auf III. (IV ist offener

    Vollzug, III ist geschlossener Vollzug frGefangene mit geringfgigen Delikten; IIist geschlossener Vollzug fr besondersKriminelle ( so der Justizjargon); I ist Si-cherheitsstation.) OL ist Stufe II, so wie Cel-le I (Trift) und die JVA Sehnde. Die im Baubefindliche JVA Rosdorf bei Gttingen sollauch Stufe II werden.

    Nun ist die JVA OL fr Langstrafler al-lerdings hchst entnervend, weil sie bis

    2005 eine reine U-Kiste war. So musstendorthin zwangsverlegte Strafgefangene so wie ich - unter den Regularien der U-Haft-Vollzugsordnug vollziehen, welcheletztere bekanntlich uerst restriktiveHaftbedingungen vorsieht. Strafgefangenein eine U-Kiste zwangszuverlegen, ist imbrigen ein wohl einmaliger Vorgang! Je-denfalls haben die JVAs um OL herum dieMglichkeit genutzt, ihnen unliebsame Ge-fangene nach OL abzuschieben, das so zueiner Art Restmlldeponie fr die mei-sten verhaltensaufflligen, desozialisiertenund persnlichkeitsgestrten Gefangenengeworden ist. Zusammen mit dem Um-stand, dass U-Gefangene uerst hektisch,laut und stressig sind (akute Drogenent-zugserscheinungen / Inhaftierungsschock),hnelt die JVA OL einer Psychiatrie. Totalunruhige und chaotische Gefangene, ein ir-res Geschrei an den Fenstern usw. (zirka60% der Gefangenen sind in U-Haft, heitauch, dass es sich vielfach um sehr jungeGefangene handelt, welche blicherweise

    von lteren Strafgefangenen getrennt wer-den (bis ca. 27 Jahre alte Gefangene kom-men gewhnlich in die JVA Vechta), weilsie altersbedingt hchst stressig sind. Hin-zu die blen Folgen der Jugenddroge Ec-stasy, welche die User schnell total verbl-det ...

    In Oldenburg war also ein extremer stres-siger Vollzug fr Langstrafler. Ein- undausgehende Post wurde textkontrolliert.Zwei Telefonate 10 Minuten pro Wochefr nicht-arbeitende Gefangene, 5 Telefo-nate fr arbeitende. Miserable Besuchsre-gelungen und -bedingungen kommen hin-zu.

    In den anderthalb Jahren in OL bin ichnicht auf den Hof gegangenen. Weil das

    dort zu entnervend war. Die Hfe sind ber-dies da fr U-Gefangene ausgelegt uerst klein.

    Sofort nach Ankunft in der JVA OL habeich daher Verlegung in einen anderen Knast

  • 8/6/2019 Gefangenen Info #316

    6/16

    6

    beantragt. Celle I hat abgelehnt; Uelzen, dasauch angefragt wurde, obwohl es sicher-heitsmig auf III liegt, wollte mich auchnicht. Zuletzt blieb blo noch die JVA Sehn-de brig, die nach langen Ersuchen endlichbereit war, mich aufzunehmen. Um das zubewerkstelligen, hatte ich zuletzt auch dieSPD-MDL Elke Mller (Lingen/Ems) zu-stndig fr Strafvollzug um Untersttzunggebeten, welche diese mir auch zugesagt

    hat. Zuletzt, im August hat die Rote Hilfemir dann einen Anwalt gestellt (Ulf Israelaus Dresden). Auerdem hatte ich das Ju-stizministerium in Hannover angeschrie-ben.Alles in allem hat es dann berraschend

    pltzlich mit der Verlegung nach Sehndegeklappt.

    Oldenburg hat mir so an den Nerven ge-zerrt, dass ich ab Juli ein Beruhigungsmit-tel habe einnehmen mssen, weil ich ner-

    vlich vllig am Ende war. Die letzten Wo-chen dort habe ich meinen Haftraum nichtmehr verlassen, weil mir der Wahnsinn auf

    dem Stationsflur zuviel geworden war; dortregierte ein Borderliner vom Typus Schau-spielerpersnlichkeit, schwerstkriminellund so verrckt, dass ihm der Wahnsinn ausden Augen sprhte (internationaler Dro-gen-, Waffen- und Menschenhandel; Zu-hlter, Puffbesitzer und verurteilt wegenMordes an einem geschftlichen Konkur-renten), ein Horrortyp. Befreundete Gefan-gene waren so lieb, mir mein Essen auf denHaftraum zu bringen, weil die JVA sich wei-gerte, mir den erbetenen Sicherheitsein-schluss zu gewhren. Oldenburg ist knall-hart; die haben den Ehrgeiz, den Laden her-metisch abzuriegeln, und orientieren sichdabei intern an Alcatraz. Wobei dieserKnast im Vergleich zu Oldenburg ein Kur-ort gewesen sein muss!!!

    Die JVA Sehnde ist ein normaler Straf-haftknast. Mir kommt das hier vor wie einErholungsheim. Das Essen ist von Mengeund Qualitt deutlich besser. Auf dem Hof-gang ist es mglich, vllig unbehelligt vondurchgeknallten Menschen seine Rundenzudrehen, an den Fenstern kein infernali-sches Geheul - kurz, es herrlich hier!!! Ln-ger in Oldenburg, wre ich ein Fall fr diePharmaindustrie geworden.

    Fr widerstndige Gefangene wie mich,die es ablehnen, sich an Manahmen derResozialisierung, d.h. Resklavisierung, zubeteiligen, ist die JVA OL eine Art ver-schrfter Kerker, um die Widerstndigkeitzu brechen. Nicht zu vergessen, habe einenhheren Staatsbeamten umgebracht, odersagen wie es ganz richtig so, einen SklA-

    ventreiber! I shot the shAriff, und da gels-tet es dem Staat nach Rache, nicht wahr?!(beide As hat Werner so geschrieben undnoch eingekreist - Red.) Ich hoffe, nun ersteinmal Ruhe haben zu knnen. 2007 kommt

    in Niedersachsen ein Landesstrafvollzugs-gesetz (Frderalismusreform macht esmglich), und Heister-Neumann, Justizmi-nisterium, hat bereits angekndigt, massivzu verschrfen: 23 Std. Einschluss fr

    nicht-arbeitende Gefangene; Legalisierungder Doppelbelegung von Haftrumen! Daswird eine neue Runde Vernichtungshaft,schlimmer noch als das alte Zuchthaus vorEinfhrung der Vollzugsreform in den Sieb-zigern, denn da gab es wenigstens Einzel-zellen. Jahrelang ber 23 Stunden tglichmit einem Menschen auf knapp 9 Quadrat-meter zusammengepfercht zu sein, ist nichtanders als Vernichtung!!! ..........

    Bei dieser Gelegenheit mchte ich euchin HH danken fr die Zusendung des Ge-fangenen Info und die Presseausschnittezum Thema RAF. Es stimmt, die Gefange-ne der RAF drfen nicht vergessen werden.Ihre Freilassung ist zu fordern. Es grt inSolidaritt mit allen Gefangenen, die gegendas Kapitalmonster kmpfen.Herzlich Werner

    P.S. Wre der Kampf der RAF tatschlich sosinn- und fruchtlos gewesen, wie ihre Geg-nerInnen es behaupten, wre der letzte oderdie letzte von den Gefangenen der RAF

    schon vor lngerer Zeit freigelassen wor-den.Werner Braeuner, JVA Sehnde, Schnede-busch 8, 31319 Sehnde Werner kommt ausder Arbeitslosenbewegung und wurde im

    August 2001 zu 12 Jahren Totschlag ver-urteilt, weil er einen Arbeitsdirektor gettethatte.

    Thomas Meyer-Falk

    10 JahreKnast oderin der HhleStelle dir die Menschen vor in einem un-terirdischen, hhlenartigen Raum, der ge-gen das Licht zu einen weiten Ausgang hat

    ber die ganze Hhlenbreite; in dieser Hh-le leben sie von Kindheit, gefesselt an Schen-keln und Nacken, so dass sie dort bleibenmssen

    Rckblick - Oktober 1996, circa 5.30 Uhram Morgen, der Tag erwacht langsam, esist herbstlich khl ... Zwei, vielleicht dreiDutzend vermummte Gestalten rennen na-hezu lautlos in eine Sparkasse, einer trgteine Videokamera, als einer der Mnnerschreit: Auf die Knie, auf die Knie ... -und ehe ich bis drei zhlen kann, liege ichauf dem Boden, Hnde und Fe verdreht,

    gefesselt, ein Arzt beugt sich ber mich:Geht es Ihnen gut? Fehlt Ihnen etwas?fragt er und ich denke noch, dass er offen-bar Humor haben muss, aber er tut wohlnur seinen Job.

    Soendete eine

    14-stndigeGeiselnahme in ei-

    ner Bank, die statt eigentlich erwnschterGeldmittel fr politische Projekte zu einerlangjhrigen Haftstrafe fhrte.

    so dass sie dort bleiben mssen und nurgegen vorwrts schauen, den Kopf aber we-gen der Fesseln nicht herumdrehen knnen;aus weiter Ferne leuchtet von oben her hin-

    ter ihrem Rcken das Licht eines Feuers

    Nach 10 Jahren Haft, die ich nahezu voll-stndig in Isolation verbracht habe bzw.

    verbringe, mchte ich an dieser Stelle eineZwischenbilanz ziehen:

    Die Strafe

    Sinn und Zweck von Strafe in der brger-lichen Gesellschaft ist, folgt man einemgngigen Kommentar des Strafgesetzbu-ches, der Begehung von Straftaten entge-gen zu wirken, sei es durch das bestrafte In-dividuum, sei es durch noch-nicht-straffl-lig gewordene Personen. Darber hinaussoll Strafe Vergeltung fr begangenes Un-recht darstellen.

    Das Strafvollzugsgesetz wiederum siehtdie Aufgaben des Strafvollzuges neben demSchutz der Allgemeinheit in der Resoziali-sierung, d.h. der Gefangene soll fhig wer-den, knftig in sozialer Verantwortung einLeben ohne Straftaten zu fhren.

    Gerichte in Heilbronn und Karlsruhe ver-urteilten mich in mehreren Prozessen zu 16Jahren 9 Monaten und drei Wochen Frei-heitsstrafe - verbt werden diese 2013sein. Da ich eine Gefahr fr die Allgemein-heit darstellen wrde, wurde Sicherungs-

    verwahrung angeordnet; diese wird ab2013 vollstreckt, geht es nach dem Willender Justiz. Sicherungsverwahrung (SV) istebenfalls in einem Gefngnis zu voll-strecken und sie kann lebenslang dauern,so lange bis Gutachter und Gericht zurberzeugung gelangen, der Verwahrte (hierausschlielich die mnnliche Schreibweisezu verwenden, spiegelt die Realitt wieder.Zur Zeit gibt es keine Frauen in Siche-rungsverwahrung) stelle keine Gefahr mehrda.

    Fr den Bankberfall wurden mir 11 Jah-re 6 Monate sowie die SV zugemessen, dieweiteren Jahre, weil sich diverse Politiker

    von SPD, CDU, CSU, sowie Justizmitarbei-ter durch Briefe von mir in ihrer Ehre ver-

  • 8/6/2019 Gefangenen Info #316

    7/16

    7

    letzt bzw. bedroht gefhlt haben.Kann man verstehen, dass ich nicht ge-

    willt bin, diese fast 17 Jahre mit ansch-lieender potentiell lebenslanger SV wi-derspruchslos abzusitzen?

    Strafe in brgerlicher Gesellschaft ist In-strument der Disziplinierung - und sie istTeil der Klassenjustiz! Selbstverstndlich istmir an einem Leben in sozialer Verantwor-tung gelegen, wie es im Strafvollzugsgesetz

    heit, nur unterscheidet sich meine Gesell-schaftsvorstellung grundlegend von derherrschenden kapitalistischen Gesellschaft.

    sie sehen nichts auer den Schatten, dievon dem Feuer auf die gegenberliegendeMauer geworfen werden, verstehst du?

    Natrlich, wenn sie gezwungen sind, ihreKpfe unbewegt zu halten ihr Leben lang.

    Der Knast

    Gefangene, von denen eine Gefahr fr Si-cherheit und Ordnung der Haftanstalt aus-geht, drfen laut Gesetz in Einzelhaft ge-

    halten werden, d.h. sie verbringen die 24Stunden des Tages mit sich alleine.Von 1996 - 1998 sa ich in Stammheim

    in Isolation und seitdem in Bruchsal (mitzwei Intermezzi 1998 in Straubing und2002 erneut in Stammheim). Seit Mai 2006kann ich whrend der einen Stunde Hof-gang im Gefngnishof mit 6-7 anderengefhrlichen Gefangenen zusammen-treffen. Viel lesen und schreiben - Tag umTag, Jahr um Jahr. So verbringe ich die Zeit...

    Wenn sie sich untereinander unterhaltenknnten, da wrden sie wohl glauben, diewahren Dinge zu benennen, wenn sie vonden Schatten sprechen, die sie sehen.

    immer noch KnastDa ist B., er bekommt regelmigantipsychotische Medikamente; daist T., mit seinen 1,82 m auf unter60 Kg abgemagert; oder OE., dersich kaum von seinem Fernseherlsen kann fr die eine Stunde Hof,um dann Zigarettenkippen vomBoden zu sammeln, damit er etwaszum rauchen hat. Wir sind schonso ein Huflein gefhrlicher Ge-fangener.

    Zu den mal mehr, mal wenigersubtilen Erniedrigungen, Schika-nen, besonderen Vorkommnissenan dieser Stelle nichts, wer mag,findet auf meiner homepage

    (http://www.freedom-for-tho-mas.de) zahlreiche Beispiele ausdem Gefngnisalltag.

    Gefangene, die gewillt sind, frihre Freiheit zu kmpfen, geltenrasch als gefhrlich fr das Knast-

    system, denn dieses lebt von demstillschweigenden Agreement zwi-schen InsassInnen und Personal,wonach erstere den Umstand derInhaftierung akzeptieren. Und wer

    sich nicht an dieses Agreement hlt undnicht bereit ist, immer nur auf die Wand zustarren, dort die Schatten der Freiheit alsRealittsersatz zu begaffen, der gert fastunweigerlich in Einzelhaft; schon um zu

    verhindern, dass solche Gefangene ihreMitgefangenen - angeblich - aufhetzen.

    berlege nun Lsung und Heilung aus Ket-ten und Unverstand, wie immer das vor sich

    gehen mag wenn man ihn zwnge, insLicht selbst zu blicken, dann wrden ihnseine Augen schmerzen, und fluchtartigwrde er sich dem zuwenden, was er anzu-blicken vermag.

    die FreiheitsstrafeLeider gibt es viel zu viel Gefangene, dienach langen Jahren der Haft nicht mehr inder Lage sind, sich in Freiheit zurecht zufinden, sie scheitern an einfachsten Dingendes Alltags. In Erinnerung ist mir die Schil-derung von Z., wir saen 2002 in Stamm-heim in benachbarten Zellen in Isolations-

    haft, konnten uns nur von Fenster zu Fen-ster verstndigen. Sein halbes Leben hinterMauern (Heim, Jugendhaft, Erwachsenen-knast) wurde er 2002 nach wenigen TagenFreiheit - er hatte eine langjhrige Strafebis zum letzten Tag verbt - wieder in Haftgenommen. Er erzhlte, wie er durch dieStadt spazierte, und ein Prchen ihn bat, siezu fotografieren. Die Digitalkamera, die sieihm in die Hand drckten, berforderte ihn

    vllig - er wusste nicht mal so recht, wasdas fr ein Gert sein sollte. Scheinbar nureine Petitesse und mit Sicherheit weder Er-klrung, noch Entschuldigungsversuch frseinen raschen Rckfall - jedoch ein Mo-saikstein.

    Der Preis, sich von den Ketten nochwhrend der Haft selbst zu befreien, kann

    im Einzelfall hoch sein. Aber die weltwei-ten Gefangenenkmpfe, beispielsweise inSpanien oder auch in Nord-/Sdamerikasind Ausdruck fr die nicht auszulschen-de Sehnsucht nach Freiheit!

    Mir selbst soll die Bewegungsfreiheit aufunabsehbare Zeit vorenthalten werden;dies habe ich nie akzeptiert und dies wer-de ich niemals akzeptieren.

    Knapp zehn Jahre Isolationshaft ver-

    mochten kein Jota meiner berzeugungenzu zerstren; wobei die Haft nicht so dasWesentliche ist, so lange ich die Solidarittvon drauen erleben darf.

    rgerlich sind jedoch Anwrfe vondrauen, die ich im Verlauf der Jahre ge-legentlich lesen musste, wonach ich hierden Mrtyrer spielen wrde und doch sinn-

    vollerweise mit der Justiz kooperieren soll-te, z.B. um Hafterleichterungen zu erhalten.

    In solchen Momenten bentige ich Ge-duld.Wer sich nun fragen sollte, was es mit den

    literarischen Einschben auf sich hat: Dies

    sind Zitate aus dem Hhlengleichnis vonPlaton (der Staat, Ziffern 514 a folgen-de). In ihrer Symbolsprache lassen sie sichauch auf uns Gefangene beziehen.

    Freiheit wird einem nicht gegeben - Frei-heit muss man sich nehmen!

    Thomas Meyer-Falk, c/o JVA - Z. 3117,Schnbornstr. 32, D-76646 Bruchsal, Ger-manyhomepage: http://www.freedom-for-tho-mas.de

    Neues aus dem AachenerVerfahrenDer Bundesgerichtshof hat den Antrag aufRevision bei Begonia, Jos, Bart und Ga-briel abgelehnt. Ob weitere Rechtsmitteleingelegt werden, ist bisher unklar. Nur beiBart (verurteilt zu 3,5 Jahren) ist es sicher,dass der rechtliche Weg nicht weiterverfolgtwird. Mit dem rechtskrftigen Urteil ist nunder 2/3-Antrag auf bedingte Haftentlas-sung fr Ende Oktober gestellt worden, ei-ne Entscheidung gibt es voraussichtlich 2

    Wochen vorher.Die Post der Drei luft jetzt nicht mehr

    ber den Richter, d.h. sie dauert nur 1-2 Ta-ge, um anzukommen, muss direkt an denKnast geschickt werden und wird nichtmehr gelesen (auer der Knast selber ord-net derartige Manahmen an). Bart wurde

    von Dsseldorf 30km stlich nach Rem-scheid verlegt und muss sich jetzt eine Zel-le teilen.Ihre Knastadressen:Jose Fernandez Delgado Krmmede 344791 Bochum

    Bart de Geeter Masurenstr. 2842899 RemscheidGabriel Pomba da und Silva Krefelder Str.251 52070 Aachenwww.escape.introrelbion.info

  • 8/6/2019 Gefangenen Info #316

    8/16

    8

    Im Rahmen eines Ermittlungsverfahrensgegen zwei GenossInnen im Zusammen-hang mit dem Widerstand gegen den Ho-telbau im Wasserturm ist jetzt eine Obser-

    vation des Staatsschutzes bekannt gewor-

    den, die es in diesem Ausma vermutlichseit Jahren nicht mehr gegeben hat.Ausgangspunkt war die vorlufige Fest-

    nahme eines Genossen am 25.11.2005 mitanschlieender Hausdurchsuchung undBeschlagnahme mehrerer Computer. AlsTatvorwurf wurden gemeinschaftlicheSachbeschdigung und schwere Ntigunggenannt. Behauptet wird dabei eine Betei-ligung des Betroffenen an zwei Aktionengegen zwei Firmen, die am Bau des Luxus-hotels im Schanzenpark beteiligt sind, u.a.durch die Verffentlichung entsprechenderErklrungen.

    Zur Erinnerung: Am 28.10.2005 wurdenauf Baufahrzeugen der Firma Engel inHamburg-Eimsbttel Widerstandsparolenangebracht und die Reifen aufgestochen. Inder Nacht vom 24./25.11.2005 wurden Rei-fen des Zulieferers Lebbien unter dem Mot-to Schade, dass Beton nicht brennt zer-stochen. Die Firma liefert Beton fr den Baudes Hotels im Wasserturm im Schanzen-park.Am 31.5.2006 wurde dann dieselbe Woh-

    nung (!) ein zweites Mal durchsucht. Zu-stzlich wurde die Mitbewohnerin des zu-erst Betroffenen nun ebenfalls beschuldigt.Ermittelt wird wegen der genannten Ak-tionen gegen beide Betroffene und ihreunbekannten Mittter.

    Erst nach der zweiten Durchsuchungwurde den Anwlten der beiden Aktenein-sicht ermglicht. Zum einen wohl deshalb,weil die zweite Durchsuchung schon langegeplant war, zum anderen, um die gegenden zuerst Betroffenen durchgefhrte mo-natelange Observation zu verschleiern. Die-se Observation erfolgte durch die Staats-schutzabteilung des LKA Hamburg. Siedauerte offiziell vom 1.11.2005 bis zum1.3.2006, vier Monate lang und nahezu tg-lich. Observiert wurden der Betroffene, sei-ne unmittelbaren persnlichen Kontakteund das politische Umfeld. Regelmig ob-serviert wurde dasTreffen des FreienNetzwerks zum Erhaltdes Schanzenparks,

    jeweils Dienstags inder Gaststtte Sena-tor Watrin. Ebenso re-gelmig wurde auf-grund der Teilnahmeder beiden Betroffe-

    nen das wchentlicheTreffen des Bndnis-ses gegen Umstruktu-rierung, das sich re-gelmig sonntags im

    Buchladen im Schanzenviertel oder imKaf X traf, berwacht. Zustzlich zurObservation dieser Treffen fanden nahezutgliche Observationen des beschuldigtenGenossen und seines persnlich-politi-

    schen Umfelds statt. Diese Observationenwurden mit groem personellen und logi-

    stischen Aufwand durchgefhrt. Teilweisewaren mehre Observationsteams parallelunterwegs und haben mehrere Personen an

    verschiedenen Orten gleichzeitig obser-viert. Teilweise gab es Stand-Observationenmit Videoaufnahmen. Vereinzelt wurdenauch berwachungskameras ausgewertet.Personen wurden beim Einkaufen, Spazie-rengehen und bis hin zu ihrem Arbeitsplatz

    verfolgt. Teilweise betraten die Schnfflersogar die genannten Lokalitten, in denenpolitische Treffen stattfanden, und ver-suchten dort vergeblich -, etwas mitzu-bekommen. Gezielt wurde auch die Demoam 14.1.2006 Mvenpick zu Gast bei Fein-den gegen den Hotelbau im Wasserturmobserviert. Dabei galt das Interessehauptschlich der Aufklrung der fr dieDemo verantwortlichen politischen Struk-turen. Ebenso observiert wurde eine Kund-gebung vor dem Strafjustizgebude am26.1.2006 anlsslich eines Prozesses gegeneinen Genossen, der angeblich einen Stein

    auf einen Polizisten geworfen haben sollteund spter dann freigesprochen wurde.Wir gehen davon aus, dass die in den Ak-

    ten enthaltenen Observationsablufe und ergebnisse nicht vollstndig sind. Wir ha-

    ben auerdem Anhaltspunkte dafr, dassdie Observation ber den 1.3.2006 hinausgelaufen ist und wahr-scheinlich immer nochandauert! Wir machen dies f-

    fentlich, weil wir in ei-ner derart massiven undlangandauernden Ob-servation einen direkten

    Angriff auf linke politi-sche Strukturen sehen,der ber den Widerstandgegen den Hotelbau im

    Wasserturm weit hinausgeht. Die Verffentli-chung der Arbeitsweisedes Polizeiapparatesstellt dabei einen Schutzunserer politischenStrukturen dar. Es gibtkeinen Grund zur Aufre-

    gung und schon gar nicht zur Panikmache.Es geht um das Wissen, wie die Gegensei-te arbeitet, und um das Bewusstsein, dem-entsprechend zu handeln. Gruppen undPersonen, die observiert worden sind, ms-sen dies wissen, und den Strukturen, in de-nen sie sich ihrerseits bewegen, entspre-chend vermitteln. Eine Observation durchgeschulte Beamte des Staatsschutzes, dieweitgehend unbemerkt bleibt, ist eine an-dere Liga als das plumpe und aufdringlich-provozierende Vorgehen der z. B. P-Schichtder Wache 16. Schlielich dient die Verf-fentlichung auch dazu, Szenegerchte, Ge-quatsche und Halbwahrheiten zu verhin-dern. Wir sagen ffentlich das, was not-wendig ist. Darber hinaus vermitteln wirbestimmten Personen das, was sie wissensollten. Wir gehen hiermit verantwortlichum.

    Nach unserer derzeitigen politischen Ein-schtzung geht es bei dem Angriff desStaatsschutzes zum einen um die Krimina-lisierung und Einschchterung des Wider-stands gegen das Hotelprojekt im Schan-zenpark. Dabei wurde in dem Verfahren ge-gen die beiden betroffenen GenossInnenseitens Polizei und Staatsanwaltschaft so-gar berlegt, eine Verbindung zu dem nochlaufenden 129-Verfahren wegen Bildungund Mitgliedschaft in einer kriminellen

    Vereinigung wegen militanter Aktionen imMrz 2005 gegen mehrere Luxushotels in

    Hamburg und Lbeck und das Bezirksamtin Eimsbttel herzustellen. Dieses 129-Verfahren ist noch immer nicht gegen alleBeschuldigten eingestellt worden. Nach wie

    vor ist es mglich, dass die Staatsschutz-

    Groangelegte Observation gegen die linke Szeneim Zusammenhang mit dem Kampf gegen den Hotelbau im Wasserturm / Hamburg

  • 8/6/2019 Gefangenen Info #316

    9/16

    9

    behrden an einem Gesamt-Konstrukt129 herumbasteln. Weiterhin geht es beidem Staatsschutzangriff um die Ausfor-schung der linken Szene und ihrer Struk-turen insgesamt. Schon vor einigen Mona-ten musste der oberste Hamburger Verfas-sungsschtzer Heino Vahldick ffentlicheingestehen, dass es in Hamburg schon seitlngerer Zeit so viele linke militante Ak-tionen wie sonst in keiner anderen deut-

    schen Stadt auer Berlin gibt. Nach der Ent-eignungsaktion im Frischeparadies Goe-decken und dem abgebrannten Auto desChefs des Weltwirtschaftsinstituts stiegen

    Anfang Mai die gesamte Hamburger Pres-se wie auch berregionale Medien in die-ses Thema ein. In der Presse aufgelistet wur-den smtliche greren und kleineren mi-litanten Aktionen der letzten Jahre. Kriti-siert wurden Verfassungsschutz und Staats-schutz, weil all diese Aktionen nicht auf-geklrt wurden und kein einziger Tter pr-sentiert werden konnte. Dementsprechendgro ist der Erfolgsdruck fr den Hambur-

    ger Staatsschutz in der ffentlichkeit. Vondaher hat der Repressionsapparat zur Zeitein ganz wesentliches Interesse, groange-legte Ermittlungsmanahmen gegen linkeProjekte und Strukturen am Laufen zu hal-ten. Das jeweilige Verfahren und ein kon-kreter Tatvorwurf sind relativ egal. Die Tak-tik scheint zu sein, bei jeder sich bietendenGelegenheit grere Repressionswellen zustarten, um bei Durchsuchungen nach demMotto Irgendwas wird sich schon findenZufallstreffer zu landen und durch Obser-

    vationen und Telefon- bzw. E-Mailberwa-chung Kontakte und Querverbindungen

    von Personen und politischen Strukturenzu ermitteln.

    Die Art und Weise der jetzt bekannt ge-wordenen Observation lsst daraufschlieen, dass es offenbar flchendecken-de Ermittlungen gegen linke Zusammen-hnge und Strukturen gibt. Mit weiterenObservationen rechnen wir! Ebenso sindweitere Durchsuchungen nicht auszusch-lieen. Mglicherweise gibt es im Hinblickauf die zahlreichen unaufgeklrten Aktio-nen der letzten Jahre auch ein laufendes129/129-a-Verfahren gegen konkrete Per-sonen oder gegen Unbekannt. Zwar endensolche Verfahren in aller Regel nach Jah-ren mit einer Einstellung, nur ein geringerBruchteil endet mit Prozessen oder gar Ver-urteilungen. Der 129-/129-a ist aber im

    Wesentlichen ein Ermittlungsparagraph,der dem Repressionsapparat weitreichendeberwachungs- und Ermittlungsmglich-keiten in die Hand gibt, mit denen flchen-deckend in linken Strukturen geschnffeltund ausgeforscht werden kann, wie z. B.durch Observationen und Telefon- bzw. E-Mail-berwachung. Schlielich ist das

    Ausspionieren linker Strukturen auch im

    Zusammenhang mit der zu erwartendenG8-Mobilisierung in Hamburg zu sehen.Repression zurckschlagen!Anna und Arthur halten das Maul!

    Antirepressionsgruppe Hamburg

    Nathalie Mnigons und Jean-Marc Rouillans, Gefangene ausAction Directe, Frankreich

    Solidarittsbotschaft mit demlibanesischen WiderstandUnter amerikanisch-franzsischem Druckhat der UNO-Sicherheitsrat eine neue Re-solution abgestimmt, die einen Waffen-stillstand beinhaltet, der durch eine Ver-strkung auslndischer, insbesonderefranzsischer Truppenprsenz auf libane-sischem Boden garantiert wird.

    Seit mehreren Wochen zerstren israeli-sche Bomben und Granaten libanesischeStdte und Drfer. Unter Missachtung in-ternationaler Konventionen hat der zurSchau getragene Wille, mit den Massakernfortzufahren und das Land in Asche zu ver-

    wandeln, den Tod von ber tausend Zivi-listen, davon ein Drittel Kinder, und dasUmherirren von einer Million Flchtlingen

    verursacht. ber Wochen haben die Zioni-sten Kriegsverbrechen verbt, ohne dassinternationale Instanzen auch nur den klei-nen Finger gerhrt htten, um sich dem zuwidersetzen.

    Leider sind wir es seit Jahrzehnten ge-wohnt, dass Israel straffrei ausgeht. DenZionisten sind Ultimaten, Embargos undSchlge des Westens fremd. Bis jetzt hatallein der Kampf der Bevlkerungen siezum Zurckweichen gezwungen. Und trotzeines grausamen Ungleichgewichtes derKrfte treten die Kmpfenden des libane-sischen Widerstandes ihnen immer nochmit bewhrter Tapferkeit entgegen.

    In diesen besonders schweren Stundenwollen wir kommunistische und antiimpe-rialistische Gefangene die Einheit des liba-nesischen Volkes angesichts der imperiali-stisch-zionistischen Aggression und derunerschtterlichen Entschlossenheit des

    Widerstandes gren. Wir mssen die Haltung der franzsi-

    schen Regierung offen legen, die zur Speer-spitze imperialistischer Politik im Libanongeworden ist. Die zionistische Aggressionist der sichtbarste und blutigste Teil einesPlanes, der schon vor langem in neokon-servativen Yankeecliquen ausgearbeitetworden ist. Im Libanon bildete die Resolu-tion 1559, die im September 2004 auf An-trag von Paris abgestimmt worden ist, denersten Baustein dazu. Unter dem Deck-mantel, die Souvernitt des libanesischenStaates wieder herzustellen, bereitete die-se Resolution eine neue Phase der Gewalt

    vor. Ihr Hauptziel ist es, das Land unterwestliches Protektorat zu stellen und es so-

    mit zur Hauptangriffsbasis gegen Syrienund den Iran zu verwandeln. Parallel dik-tieren die neuen Herren der Regierung ei-nen Separatfrieden mit Israel auf, um vorallem die Palstinenser und ihre Bnd-

    nispartner zu isolieren, die die Schaffungeines Patchworks von Bantustans ableh-nen, das zwischen Mauern und Panzerwa-gen gefangen ist.

    Die franzsische Politik geht unge-schminkt weiter voran. Sie drckt sich heu-te im amerikanischen Projekt eines GroenNahen Ostens aus. Der regionale Plan Bus-hs und amerikanischer Neokonservativerbesteht darin, jede Kraft aus der Bevlke-rung zu vernichten, die es versucht, sichdem Griff nach den Erdlreichtmern die-ser Region und ihrem Zerteilen in konfes-

    sionelle Protektorate zu widersetzen. Wiedie Besetzung des Iraks deutlich gezeigthat, wird durch die Stationierung westli-cher Truppen die Gewalt nicht etwa ver-drngt, sondern sie verschlimmert die Kon-frontation zwischen den zustzlichen Kol-laborateuren und den Volkskrften des Wi-derstandes unausweichlich. Und das glei-che wird geschehen, wenn franzsische be-waffnete Krfte an der Spitze einer impe-rialistischen Armada im Libanon landenwerden. Whrend eines Monats der Auseinan-

    dersetzung kommen Beobachter zu dengleichen Schlussfolgerungen. Der israeli-sche Angriff war seit langem vorbereitetund die Zionisten warteten nur auf einen

    Vorwand, um ihn zu starten. Seit den er-sten Bombardierungen kndigte die Re-gierung in Tel Aviv an, dass sie sich unterdem Banner des westlichen Krieges ein-reiht. Und somit stellen sich die Regierun-gen Washingtons, Londons und Paris nichtetwa hinter Israel, sondern im Gegenteil,der Sttzpfeilerstaat der mit den wich-tigsten reaktionren arabischen Regimes

    verbndet ist (gypten, Saudi-Arabienund Jordanien) macht sich zur Waffe derimperialistischen Strategie gegen die Vl-ker der Region.

    In diesem Krieg knnen die Massaker ander Zivilbevlkerung und die schrecklichen

    Verwstungen keinesfalls als Kollateral-schden oder Unflle gewertet werden, siedrcken den Willen aus, Terror in den Be-

    vlkerungen zu verbreiten und sie so weitzu strafen, dass sie schlielich die berle-genheit des Aggressors anerkennen sollenund dessen Besetzungsplne akzeptieren.

    Und so bedeutet die Transformation desLibanon in ein westliches Protektorat mit

    der Komplizenschaft des Sicherheitsrateserneut: Belohnung fr den Angreifer undBestrafung fr die Angegriffenen.

    Im Libanon geht es ebenso wie im Irakund in Afghanistan um die strategische

  • 8/6/2019 Gefangenen Info #316

    10/16

    10

    Entfaltung der aggressiven westlichenMchte, um die Aneignung der weltweitenEnergiereserven und um ihren Marsch wei-ter nach Osten, auf zu neuen Kriegen. Alldiese schmutzigen Machenschaften wer-den unter dem Banner der Demokratie unddes humanistischen Wohlwollens abge-wickelt. Und mehr als je zuvor brauchendie Massen der angegriffenen Lnder un-sere Verweigerung all dessen und unsere

    konsequente Solidaritt. Das Krftegleich-gewicht hngt davon ab, welche Verbin-dungen wir mit ihrem anti-imperialisti-schen Widerstand haben und wie wir unseinbringen. Aufgrund der Tatsache, dass franzsi-

    sche Truppen direkte auf der Bildflche er-scheinen, haben wir hier mehr als anders-wo die Pflicht, diesen schmutzigen Kriegund sein imperialistisches Projekt anzu-prangern. Mit dem libanesischen Volk, dempalstinensischen Volk und mit den arabi-schen Massen der verschiedenen Lnderder Region mssen wir die Kraft finden,

    uns zu organisieren und uns dem inferna-lischen Plan des Groen Nahen Ostens zuwidersetzen. Angesichts der Herausforderungen die-

    ser entscheidenden Schlacht mssen wireine bewusste Mobilisierung schaffen. Siemuss in der Lage sein, sowohl die Ma-chenschaften der Geheimdiplomatie anzu-prangern, die darauf zielt, einen Separat-

    vertrag zwischen dem zionistischen Staatund dem Libanon zu erzwingen, als auchdie Versuche die Einheit des libanesischen

    Volkes mit seinem bewaffneten Wider-stand zu zerbrechen.

    In diesem regionalen Konflikt bedeutetein Waffenstillstand um jeden Preis keineLsung, ebenso wenig wie die Akzeptanzeines Lebens unter den Stiefeln westlicherTruppen eine Lsung sein kann. Ganz imGegenteil! Was ihr Projekt der Entwaff-nung libanesischer und palstinensischer

    Widerstndler angeht, so ist es weit davonentfernt, imperialistisch-zionistische Ver-brechen zu verhindern, es wird sie erleich-tern. Erinnern wir uns an die Massaker inden Lagern von Sabra und Schatlia, zu de-nen es nach dem Abzug bewaffneter pal-stinensischer Krfte gekommen war! Kom-battanten zu entwaffnen heit, ihrenKampf zu verraten und das Ziel der Be-freiung der unterdrckten Vlker aufzuge-ben.

    Nur die Gerechtigkeit, das heit konkretder Rckzug Israels aus allen besetzten Ge-bieten, die Freilassung der palstinensi-schen und libanesischen Gefangenen unddas Rckkehrrecht der Flchtlinge ist dererste Schritt zu einer wirklichen Lsung.Wo immer wir auch sind und kmpfen,

    es lebe unsere unverbrchliche Solidarittmit dem heldenhaften Kampf der palsti-

    nensischen und libanesischen Vlker ge-gen den Zionismus!11.8.2006Die politischen Gefangenen aus ACTIONDirecte Nathalie Mnigon J. Marc Rouillan

    Baskischer Gefangener im Hungerstreik

    Keine Freilassung nach Endeder HaftstrafeSeit dem 7. August befindet sich der Bas-

    ke Iaki de Juana Chaos im unbefristetenHungerstreik. Eigentlich htte er bereits imOktober 2004 freigelassen werden mssen.Zwei Artikel, die er an Gara sandte, fhr-ten jedoch zu einer Neuanschuldigung we-gen Terrorismus ... Die baskische Organisa-tion Askapena ruft zur internationalen So-lidaritt mit dem Gefangenen Iaki de Jua-na Chaos auf...

    Um die Respektierung seines Rechts aufFreilassung zu fordern, befindet sich derbaskische politische Gefangene Iaki deJuana Chaos bereits seit dem 7. August in

    einem unbefristeten Hungerstreik. Der 25.Oktober 2004 war das Datum, an dem deJuana htte freigelassen werden mssen,nachdem er die 18 Jahre Haft, zu welchener nach dem franquistischen Strafgesetz

    von 1973 verurteilt worden war, abgeses-sen hatte. ( Anmerkung: Gem diesem Ge-setz war die maximale Haftdauer auf 30Jahre beschrnkt. Mit der Gesetzesreform1995 sind die dadurch verankerten Freilas-sungen auer Kraft gesetzt und die maxi-male Haftzeit fr wegen Terrorismus Ver-urteilte auf 40 Jahre verlngert worden.)

    Obwohl die Verurteilung de Juanas aufdem Strafgesetz von 1973 basiert, sandteder Magistrat der Ersten Kammer des Na-tionalen Strafgerichtshofs, Gmez Berm-dez, am 22. Oktober ein Gesuch ab, in demer bemht war, die Grnde, die die Freilas-sung begnstigten und die Iaki sich in derHaft erworben hatte, zu widerlegen. Ange-sichts der Unmglichkeit dieser Begrn-dung fr die Verweigerung der Entlassungordnete der Richter Untersuchungshaft ge-gen de Juana, wegen angeblicher Zu-

    gehrigkeit zu einer bewaffneten Gruppeund terroristischen Drohungen an.

    Diese Anordnung wurde auf zwei Mei-nungsartikel bezogen, die der politische Ge-fangene an die baskische Zeitung Garagesandt hatte. Es ist jedoch unmglich, indiesen Artikeln eine gengend rationelleBasis zu finden, auf welcher derartige An-

    schuldigungen fuen knnten. Als am 14.Juli 2006 das Urteil erging, uerte derRichter des spanischen Nationalen Ge-richtshofs, Santiago Pedraz, bezglich der

    Anschuldigungen, dass der Gefangene inden Artikeln seine Zugehrigkeit zur Bas-kischen Nationalen Befreiungsbewegung MLNV - demonstriert hat, eine Organisati-on, die nicht mit der ETA gleichzusetzenist. Dem fgte er hinzu, dass die besagteBewegung nicht als terroristische Organi-sation eingestuft werden kann und dass esdeshalb keine existierenden Beweise frdas Vergehen terroristischer Drohungengibt.

    Sofort wurde gegen die Entscheidung desRichters eine Kampagne losgetreten. Deramtierende Sprecher des Justizministeri-ums Juan Fernando Lpez Aguilar verkn-dete: Wir werden neue Anschuldigungenkonstruieren, um die Freilassungen zu ver-hindern! Der Generalstaatsanwalt Cndi-do Conde-Pumpido besttigte, dass wirweiter gegen seine Freilassung, die legaler-weise mglich wre, in Opposition bleibenwerden. Diese Atmosphre bewegte dieDritte Sektion der Kammer des NationalenStrafgerichtshofes dazu, die Entscheidung

    von Richter Pedraz zu berichtigen und zubehaupten, De Juana habe in den beidenPublikationen seine Zugehrigkeit zurETA zur Schau gestellt und verherrlicht.Die Artikel, so das Gesuch auf Berichtigung,

    verdeutlichen ganz klar eine mgliche ter-roristische Drohung. Mit dieser Begrn-dung wurde ein neuer Strafantrag auf 96Jahre Gefngnis gestellt!!!

    In der letzten Zeit erlebten wir eine bru-tale, von der spanischen Regierung unddem speziellen Anti-Terrorismus-Gerichtabgesicherte Initiative, um in bergehung

    smtlicher auf der Legalitt basierendenPrinzipien die Freilassung der politischenGefangenen zu verhindern, die unmittelbarbevorstnden. Aus Grnden politischer Ra-che betrachtet der spanische Staat die Stra-Solidarittsdemonstration

  • 8/6/2019 Gefangenen Info #316

    11/16

    11

    fe Iakis sowie anderer Gefangener in der-selben Situation als nicht abgegolten. Aufdiese Weise versucht die Exekutive Zapa-teros, de facto ein Lebenslnglich gegendas Kollektiv der mnnlichen und weibli-chen baskischen politischen Gefangenen zuerwirken, und verletzt damit das universel-le Recht auf Freiheit derer, die ihre Haft ab-geleistet haben.

    Mehr noch: In diesem heiklen politischen

    Augenblick, in dem sich Mglichkeiten zurLsung des Konflikts, der zu jahrelangenKonfrontationen zwischen der baskischenBevlkerung und dem spanischen Staatfhrte, auftun, instrumentalisiert die Exe-kutive die Gefangenen beiderlei Ge-schlechts und erschwert somit eine demo-kratische Lsung des politischen Konflikts. Angesichts dieser Umstnde verstand

    Iaki, dass ihm kein anderer Ausweg bleibt,als in einen unbefristeten Hungerstreik zutreten, obwohl er damit sein Leben aufsSpiel setzt.

    Deshalb bitten wir um aktive Solidaritt

    mit Iaki de Juana Chaos und richten andie nationale und internationale ffent-lichkeit den Aufruf, die Ungereimtheitender Anschuldigungen gegen den Gefange-nen anzuklagen und sein Recht auf Frei-lassung zu fordern/einzuklagen.Retten wir das Leben von Iaki!!!Salvemos la vida de Iaki!!!

    Unser Aufruf richtet sich an alle solidari-schen Gruppen und Personen, vor den Kon-sulaten und Botschaften zu protestierenund auf massive Weise Protestbriefe an diedirekt fr die Situation Iaki de Juana Cha-os Verantwortlichen zu senden.

    (Persnl-Anmerkung d. bers.): DieseBrief/Faxe knnen in jeder Sprache abge-fasst sein; man wird sie ganz bestimmt ver-stehen, weil man sie nicht verstehen will ).

    Adressen:Jos Lus Rodrguez ZapateroPresidente del Gobierno Espaol ( Prsidentder spanischen Regierung ) Palacio de laMoncloa, Avda. Puerta de Hierro, s/n.28071 Madrid, Espaa

    jlrzapatero (at) presidencia.gob.esFax: 0034 913900217

    Carlos Divar BlancoPresidente Audiencia Nacional ( Prsidentdes Nationalen Gerichtshofs ) C/ GarcaGutirrez, 128004 Madrid, EspaaFax: 0034 913973381

    Mercedes Gallizo LlamasDirectora General de Instituciones Peniten-ciarias ( Generaldirektion der Strafvoll-zugsinstitutionen C/ Alcal, 38-40 28014.Madrid Espaa

    Fax: 91 335 40 52Quelle: http://barcelona.indymedia.org/ne-wswire/display/272761/index.php

    Askapena, freie bersetzung:tierr@

    Solidarittserklrung der PCE(r)

    Iaki kein EinzelfallAus der Stellungnahme das Kollektivs der po-litischen Gefangenen der KommunistischenPartei Spaniens (PCR(r) - rekonstruiert) undder Grapo zum Hungerstreik von Iaki deJuana Chaos und der vom Obersten Ge-richtshof angeordneten Zwangsernhrung...

    Die PCE (r) drckt ihre Solidaritt mit demBasken aus und bezeichnet unter Verweis aufdie eigenen Erfahrungen, die Anwendung

    von Zwangsernhrung als Folter. Hunger-streikende zwangszuernhren, um damit ihrLeben zu retten, ist eine scheinheilige Me-thode, die in Wahrheit angewandt wird, umden Willen der Gefangen, ihre Anklagen auf-rechtzuerhalten, zu brechen, so die Stellun-gnahme. Die PCE (r)fundiert diese Argumen-tation mit Beispielen der eigenen Hunger-streikenden, die als Konsequenz von Zwan-gernhrung schwere, lebenslange gesund-heitliche Schdigungen, wie Gelhmtheit,

    Demenz und chronische Erkrankungen da-vontrugen. Wenn der Staat einen/ne mili-tanten/te Revolutionr/in zwangsernhrt,dann geschieht dies in der Absicht, allen an-deren eine Lehre zu erteilen.

    Wir alle sind Iaki de Juana Chaos sagtdas Kommunique, indem zudem der GRAPO-Gefangene Jaime Simn Quintela, der (mo-mentan im Gefngnis Sevilla 2) seit 21 Jah-ren und acht Monaten in Haft ist, darber be-richtet, dass sehr viele politische Gefangeneaktuell von Haftverlngerungen betroffensind. In jedem Fall interessiert uns hier derKontext, indem dieser Hungerstreik stattfin-det. Quintela erinnert an seinen eigenenHungerstreik in den 90ern, den er wegen ei-nes blutenden Geschwrs hatte abbrechenmssen, und schildert dann seine eigene ge-genwrtige Situation: Viele politische Ge-fangene befinden sich in der gleichen Situa-tion wie Iaki. Ich selbst htte am 31. Juli2006 entlassen werden mssen. Als ich merk-te, dass dem nicht so war, stellte ich einen

    Antrag auf Information ber die kalkulierteHaftzeit. In der Antwort stand, dass die Voll-

    zugsanstalt die neue Doktrin des OberstenGerichts gegen mich angewandt hatte, der-zufolge nach 21 Jahren Haft, weitere 8 an-gehngt worden sind, um die Haftdauer aufinsgesamt 30 Jahre zu verlngern. Das ist die

    Situation, die nach und nach alle politischenGefangenen, die nach dem alten Strafgesetz

    verurteilt worden waren, erleiden werden.In meinem Fall hat das Nationale Gericht

    es noch nicht einmal fr ntig gehalten, mirdiese Vernderung mitzuteilen! Wenn dasOberste Gericht seine smtlichen vorherigen

    Ankndigungen verletzt, geniet diesesspeziell repressive Tribunal jeden Grad vonPremissivitt zur bertretung der Gesetze

    und macht sich noch nicht einmal die Mhe,eine Haftverlngerung mitzuteilen. Aber wir lassen uns nicht betrgen, der

    Hintergrund der globalen Hetze, welche diepolitischen Gefangenen und die Bewegungender Bevlkerungen erleiden, ist nichts ande-res als ein detailliert kalkulierter Plan, der dieStrategie verfolgt, uns der Politik der Kapi-tulation zu unterwerfen. Das ist der essenzi-elle Aspekt des betrgerischen Dialoges, der

    von Zapatero angezeigt und durch die ent-sprechende Handlungsweise besttigt wird.

    Die Frage stellt sich also, ob diese Strate-gie umkehrbar ist oder nicht; ob sie vern-

    derbar oder festgefahren ist. Ich denke, dassdie Erffnung dieses Prozesses einer Not-wendigkeit des Regimes gegenber der Be-drohung durch die berflutung der zahlrei-chen politischen Konflikte gehorcht. Ange-sichts dieser Situation war (wie schon zuvor) die Reaktion der herrschenden Klasse, dieInitiative zu ergreifen, um die Fhrung wie-derzuerlangen und die vorteilhafteaten Um-stnde zu schaffen, um die Schden so weitwie mglich gering zu halten.

    Doch auch wenn dieser so genannte Frie-densprozess oder wie immer er bezeichnetwird, als Konsequenz dieser Notwendigkeitbetrachtet wird, sttzt er sich auf zwei Fak-toren, deren man sich bewusst sein muss:

    1. Er hat seine politische Zeit - die Ver-gangenheit, die unkenntlich gemacht wurde- und 2. ist er auf untrennbare Weise mit dem

    Widerstand gegen die permanente Aggressi-on des Staats verbunden.

    Mit Sicherheit handelt es sich dabei um ei-ne Herausforderung, schon allein, weil der-

    jenige, der diesen Prozess, in dem Versuch,die Wnsche nach Frieden und politischenFreiheiten der ArbeiterInnen und der Bevl-kerungen zu unterminieren, mit Feindseelig-keit erfllt hat, der von dem ach so zuvor-kommenden Zapatero regierte Staat ist, dermit den Pauken und Trompeten der cristerospepistas mehr verbunden ist, als mit dem Wil-len der Bevlkerung.

    Das ist das Fazit aus der Frage und die vonIaki im Inneren des Gefngnisses begonne-ne Aktion, ist die einzige Linie, mit deren Ver-folgung garantiert werden kann, dass derProzess zur Erreichung demokratischer Frei-heiten, wie sie von der Bevlkerung gefor-dert werden - und das ist das Wesentliche -nicht in einer neuen Frustration endet. Undfalls es so wre, soll es nicht so gewesen sein,

    dass wir keinen Kampf gefhrt htten.Jetzt geht es darum, Iaki De Juana Chaoszu untersttzen.Quelle:http://www.antorcha.org/carcel/chaos.htm

  • 8/6/2019 Gefangenen Info #316

    12/16

    12

    PolitischeGefangene inIrlandNach langen, zhen Verhandlungen unter-zeichneten in den Morgenstunden des 10.

    April 1998 die Delegation von zehn Partei-en und zwei Regierungen (Irland und Bri-tannien) schlielich ein Abkommen, dasden Vorstellungen und Interessen beiderBevlkerungsgruppen im Norden Irlandsgerecht zu werden.

    Fr Sinn Fein wie fr die loyalistischenParteien PUP und UDP war die Freilassungihrer inhaftierten Mitglieder eine nicht ver-handelbare Grundbedingung. Deren Zu-stimmung war fr den Abschluss der Ver-

    handlungen von entscheidender Bedeu-tung. Etwa 600 IRA-Gefangene saen zu je-ner Zeit in Long Kesh ein.

    Das Good-Friday-Agreement sah erst-mals seit 1972 wieder eine begrenzteSelbstverwaltung fr der Norden Irlands

    vor. Auerdem eine Kooperation zwischender neuen Belfaster Regionalregierung undder Regierung der irischen Republik. Wei-ter wurden vereinbart ein Komitee zur Re-form der nordirischen (fast 100% prote-stantischen) Polizei RUC sowie Vorschlgezur Neustrukturierung der nordirischen Ju-stiz. Neu geschaffen wurde auch eine in-ternational besetzte unabhngige Abr-stungskommission, die die Abgabe der

    Waffen bis zum festgelegten Stichtag imMai 2000 kontrollieren sollte. Weitere Ko-mitees sollten sich mit der Einhaltung vonMenschenrechte und der Frderung vonChancengleichheit beschftigen. Geschaf-fen wurde auch eine qualifizierte Mehr-heit, damit ein Bevlkerungsteil den an-deren nicht politisch ausschalten kann. Ein

    Antrag im Regionalparlament gilt nur dannals angenommen, wenn ihm neben einerMehrheit der Abgeordneten mindestens40% der einen wie der anderen Seite zu-stimmen.

    Das Abkommen wurde im Norden wie imSden Irlands per Volksabstimmung ange-nommen. Verbunden damit war in der Re-publik die Revision der Verfassungsartikel2 und 3, in den bis dahin die Republik An-spruch auf die sechs Grafschaften im Nor-den erhoben hatte. Damit akzeptierten dieBrgerInnen, dass Nordirland so lange TeilBritanniens bleibt, bis die Bevlkerung imNorden anders entscheidet. Allerdings stellte sich heraus, dass das

    Abkommen von den Loyalisten einseitig in-

    terpretiert wurde. Sinn Fein und die IRA ha-ben sich bis heute daran gehalten. Die unio-nistische Seite versucht andauernd, es zuihren Gunsten auszulegen. Es gab keine

    Vorbedingung bezglich Entwaffnung. Mit

    ihrem Inspektions- und Versiegelungsan-gebot (der Waffen) von Mai 2000 erflltedie IRA die Bedingungen. Doch die Loyali-sten verlangten jetzt die Auflsung der IRAund die Beibehaltung der Polizei RUC. Sohnlich ging es weiter bis heute - Londonsignalisierte jedes Mal Verstndnis. Aufgrund des Good-Friday-Agreement

    sind die politischen Gefangenen, die dasAbkommen befrwortet haben, 1998 frei-gelassen worden. Es gibt aber nach wie vorpolitische Gefangene.

    Die meisten sind POW (Prisoners of War)und wurden verhaftet, weil sie den Krieggegen die Besetzung Irlands weitergefhrthaben. D.h. sie wurden wegen Waffenbe-sitzes verhaftet oder weil sie Informationenber britische Soldaten zusammengetragenhaben. Andere wollten Waffen schmug-geln, fhrten Bombenkampagnen durchoder wurden angeklagt, Mitglied einer ille-galen Organisation zu sein. Also Oglaighna hireann (irisch fr Irish Republican

    Army). Einige waren schon vorher wegenrepublikanischer Aktivitten inhaftiert.

    Die POW sind deshalb gegen das Frie-densabkommen, weil dieses nicht Frieden,sondern die Beibehaltung der britischen Be-satzung beinhaltet.

    Im Norden Irlands gibt es etwa 30 Ge-fangene im britischen HochsicherheitstraktMaghaberry, im Sden auch etwa 30 imHochsicherheitsknast Portlaoise. In Eng-land sind es sieben. Sie gehren zur IRA (inden Medien als Real IRA bezeichnet), Con-tinuity IRA und einige wenige zur INLA

    (Irish National Liberation Army).Das Hauptanliegen der Gefangenen istder politische Status; also das Recht, als Po-litischer Gefangener angesehen zu werdenund nicht als Krimineller. Sie wollen das

    Gleiche wie Bobby Sands und seine Ge-nossen 1981, von denen zehn im Hunger-streik gestorben sind. Dieses war der zwei-te republikanische Hungerstreik. Er sollteam Mrz 1981 beginnen, dem fnften Jah-restag der Beendigung des politischen Sta-tus.

    Es wurden fnf Forderungen przisiert: das Recht, jederzeit die eigene Kleidung

    tragen zu drfen; keine Form von Zwangsarbeit das Recht der freien Zusammenkunft mit

    den anderen Gefangenen sowie dasRecht, Freizeit- und Bildungsprogrammeselbst zu organisieren;

    das Recht auf einen Besuch, einen Briefund ein Paket pro Woche;

    das Recht auf Strafnachlass, das norma-lerweise allen Gefangenen zustand.Der Beginn dieses Hungerstreiks wurde

    von einer Demonstration in Belfast beglei-tet, an der ber 5.000 Menschen teilnah-men. Die Strategie der Gefangenen war,dass Bobby Sands zuerst in den Hunger-streik trat und in bestimmten Zeitabstn-den sich weitere Gefangene anschlossen.Bobby Sands wurde vom Nationalen H-Block/Armagh-Komitee als Kandidat frNachwahlen in Fermanagh/South Tyronenominiert. Er errang 30.492 Stimmen undwurde am 40. Tag seines Hungerstreiks Mit-glied des britischen Parlaments in West-minster. Durch diese Wahl wurde klar, dasdie Mehrheit der katholischen nationalisti-schen Bevlkerung hinter den fnf Forde-rungen der Gefangenen stand.

    Bobby Sands starb am 5. Mai 1981 nach66 Tagen im Hungerstreik. ber 100.000Menschen kamen zu seiner Beerdigung im

    Westen Belfast.Der Hungerstreik wurde am 3. Oktober

    Die Erinnerung an Bobby Sands und den Hungerstreik von 1981 ist lebendig. Wand-gemlde in Dublin, Quelle: Wikipedia

  • 8/6/2019 Gefangenen Info #316

    13/16

    13

    abgebrochen. Er dauerte insgesamt 217 Ta-ge und kostete zehn Menschen das Leben.Danach machte Britannien Konzessionen,

    vier der fnf Forderungen wurden erfllt.Darber hinaus gewann die republikani-sche Bewegung an Reputation und Sym-pathien nicht nur in den katholischen Ge-genden im Norden Irlands, sondern auch inder Republik Irland und im Ausland.

    Sinn Fein hat auf den politischen Status

    fr republikanische Gefangene im Good-Friday-Agreement verzichtet. Man knntees als Heuchelei bezeichnen, wenn SinnFein heute diese Hungerstreikenden von1981 ehrt, obwohl sie selbst 1998 diesenStatus aufgegeben haben.

    Der politische Status beinhaltet auch Be-wegungsfreiheit im Knasttrakt, Zeit fr Stu-dien und Bildungsmglichkeiten sowie se-parate Abteilungen.

    2003 haben republikanische Gefangeneim Norden Irlands einen Dirty Protest(Schmutzstreik, wie Ende der 70er, Anfangder 80er) gemacht. Der Dirty Protest be-

    gann 1978 als Deckenprotest, weil die re-publikanischen Gefangenen sich weigertenStrflingskleidung anzuziehen. Sie forder-ten die Wiederzuerkennung des Sondersta-tus als politische Gefangene, der ihnen vor-her aberkannt worden war. Ihnen blieb alseinziges Kleidungsstck eine Decke.

    Der Deckenstreik weitete sich schlielichzum Schmutzstreik aus. Diese Aktionsform- die Gefangenen wuschen sich nicht mehrund beschmierten die Zellenwnde mitihren Exkrementen - war auch eine Reak-tion auf das Vorgehen vieler Wrter, dienicht nur stndig prgelten, sondern mit-unter Toilettenkbel auf den Matratzenausleerten, um den Widerstand der Repu-blikanerInnen zu brechen.

    Die Gefangenen heute haben zumindesterreicht, dass sie von loyalistischen (pro-britischen) und normalen Gefangenengetrennt werden. Heute werden sie aber im-mer noch von einem (ebenfalls pro-briti-schen) Knastregime terrorisiert, sind 23Stunden pro Tag in ihren Zellen eingesperrtund mssen ihr Essen neben den Toiletteneinnehmen. Ihre FreundInnen und An-gehrigen werden bei Besuchen von Wr-tern und Hunden belstigt und auchmanchmal grundlos abgewiesen. Im Nor-den luft jetzt ein Protest von Gefangenengegen diese Bedingungen, u.a. ein Hunger-streik.

    Das Hauptanliegen der Gefangenen inEngland ist die Rckkehr nach Irland. Ei-nige sind auch gar nicht in England ver-haftet worden, sondern z.B. in der Slowa-kei. Fr die Angehrigen ist eine Reise nachEngland sehr teuer und zeitaufwendig. Zu-mal sie befrchten mssen, dass die zuge-sagte Besuchserlaubnis am Knasttor pltz-lich wieder entzogen wird.

    Die Gefangenen wrden sich ber Postfreuen (die natrlich von den Briten gele-sen wird). Dazu muss man die Irish Repu-blican Prisoners Welfare Association (IRP-

    WA) kontaktieren unter

    [email protected] kann auch Prisoner Crafts wie hand-

    gefertigte Bhodrans (irische Trommel),Handtcher und Geldbeutel - alles bemaltmit politischen Motiven- kaufen; das Geldgeht an die Gefangenen. Die IRPWA ist ei-ne legale Organisation, nur in den USA istsie verboten. Daneben gibt es noch andereHilfsorganisationen.Wer mehr ber die IRPWA oder das 32

    County Sovereignty Movement (Irland be-steht aus 32 Provinzen!) wissen mchte:www.32csm.org. Sie geben auch die Zei-tung Sovereign Nation heraus.Renate DhrIrlandgruppe Omega, [email protected]

    Belgien

    Menschenrechts-

    arbeit oderTerrorismus?Im historischen Zentrum der belgischenStadt Gent herrschte am vergangenen Mon-tag ein groes Polizeiaufgebot. Vor dem Ge-bude des Revisionsgerichts standen be-sonders viele Beamte. Dort hatte am Mon-tagmorgen ein Revisionsverfahren gegenelf Personen aus der Trkei begonnen. Seit

    vielen Jahren leben sie in Belgien und en-gagieren sich dort in linken Exilorganisa-tionen. Deswegen waren sie im April zu ho-hen Haftstrafen verurteilt worden. Jetztgeht das Verfahren in die zweite Runde.

    Zu den Angeklagten gehrt Skriye Akar.Ihr Mann befindet sich seit 2001 in einemder damals neu errichteten Isolationsge-fngnisse in der Trkei. Akar beteiligte sichin den letzten Jahren besonders an Kam-pagnen fr die Verbesserung der Situationder politischen Gefangenen in dem Land.Im Rahmen dieser Arbeit fhrte sie auchzahlreiche Gesprche mit Abgeordnetendes EU-Parlaments und organisierte Kon-gresse zur Situation der Menschenrechte inder Trkei. Ihre politische Ttigkeit beweg-te sich streng im Rahmen der belgischenGesetze, wie ihre Anwlte immer wieder be-tonen. Dennoch sitzt Akar seit mehrerenMonaten im Gefngnis von Brgge in Un-tersuchungshaft. Vom Ausgang des Ver-fahrens wird abhngen, ob sie und die zehnweiteren Angeklagten fr Jahre im Ge-fngnis bleiben mssen oder wieder auffreien Fu kommen. Fr den belgischenRechtsanwalt Jan Ferman geht es um nochmehr. Hier wird sich erweisen, ob legalepolitische Arbeit, wie das Organisieren von

    Kongressen, das Drucken und Verteilen vonFlugblttern und das Abhalten von Presse-konferenzen noch als Menschenrechtsar-beit oder schon als Terrorismus gilt, er-klrte er in seinem Pldoyer. Auch der

    Staatsanwalt Johan Delmulle mochte nichtbestreiten, dass sich die Angeklagten mitihrer politischen Arbeit nicht gegen denbelgischen, sondern den trkischen Staatgerichtet haben. Der war in Gent auch miteinem eigenen Anwalt vertreten, der sichaber selten zu Wort meldete. Dafr lobteDelmulle gleich mehrmals die demokrati-schen Vernderungen und betonte, dassdas Land auf den Weg in die EU sei und da-her auch Anspruch auf Untersttzung imKampf gegen den Terrorismus habe.

    Die Angeklagten wrden mit ihrer lega-len Arbeit die linke Revolutionre Volksbe-freiungsfront (DHKP-C) untersttzen. Dieist zwar in Belgien nicht verboten, stehtaber auf den so genannten Terrorlisten derUSA und der EU. Daher sollen die Elf, wennes nach der Anklagebehrde geht, ebenfallswegen Mitgliedschaft in einer terroristi-schen Vereinigung verurteilt werden. Nichtnur die Anwlte befrchten eine Ein-schrnkung der Grundrechte in Europa.Zahlreiche Menschenrechtler waren ausItalien, Grobritannien, sterreich undDeutschland nach Gent gereist. Wir wollenden Angeklagten unsere Solidaritt zeigenund gleichzeitig dagegen protestieren, dassin Europa legale Arbeit als Terrorismus ab-geurteilt wird, erklrte eine Hochschulleh-rerin aus Florenz. Der Archologe BaharKimyongr, der zu den Angeklagten gehrt,die bis zum Prozessende auf freien Fu sind,hatte sich das Zeichen der politischen Ge-fangenen der NS-Zeit, einen roten Winkel,an die Jacke geheftet, bevor er den Ge-richtssaal betrat. Damit will ich dazu auf-rufen, den Anfngen der Meinungsunter-drckung zu wehren, begrndete er die

    umstrittene Verwendung des historischenSymbols. Der Prozess wird fortgesetzt. Miteiner Entscheidung wird nicht vor nchster

    Woche gerechnet.Peter Nowak aus Gent

    Anwaltskammern einig:Isolation ist illegal.In der Trkei hat jede Stadt eine An-waltskammer. berall ist man sich ei-nig, dass die Isolation, welche in dentrkischen Gefngnissen praktiziertwird, illegal ist. Wie berichtet fanden be-reits mehrere Soldarittskundgebungen

    der verschiedensten AnwltInnen ausder ganzen Trkei statt, die den Kampfdes Rechtsanwaltes Behic Asci gegendie Isolation untersttzen. In einer neu-en Erklrung wird wieder darauf hin-gewiesen, dass Isolation Mord ist unddass die Menschenrechtsverletzungenin der Trkei sofort aufhren mssen.Bis jetzt haben im Widerstand gegen dietrkische Isolationspolitik 122 Men-schen ihr Leben verloren und 600 Men-schen schwerste Erkrankungen und

    Verstmmelungen erlittenwww.tayad-committe.info

  • 8/6/2019 Gefangenen Info #316

    14/16

    14

    G8 Evian 2003: Kantonalgerichtbesttigt Straffreiheit der SchweizerPolizei

    Letzte Berufung imFall Aubonne-Brcke abgelehntSieben Monate nach dem umstrittenen Frei-spruch der beiden Polizisten, die bei den G8-Protesten in Evian 2003 um ein Haar zwei

    Aktivisten gettet hatten, wies das Kanto-nalgericht Waadt heute den Revisionsantragder AktivistInnen Martin Shaw (englisch)und Gesine Wenzel (deutsch) zurck.

    Mit einem weithin als Justizskandal be-zeichneten Urteil waren Polizeioberwacht-meister Claude Poget (Waadt) und Polizei-beamte Michael Deiss (Schaffhausen) am 17.Februar diesen Jahres freigesprochen wor-den. Beide mussten sich fr einen Vorfall auf

    der Aubonne-Brcke verantworten, bei demdie Polizei das Kletterseil der beiden Aktivi-sten durchtrennte und den 23m-Fall vonMartin Shaw verursachte, der knapp ber-lebte, jedoch schwere Knochenbrche da-

    vontrug.Heute wies das Kantonalgericht den Revi-

    sionsantrag zurck.Gesine Wenzel, deren Leben nur durch die

    schnelle Reaktion der Aktivisten auf derBrcke gerettet wurde, sagte: Ich hoffe, die-se Entscheidung hat nun jedem klar ge-macht, dass dieses System von Grund auffaul ist. Es gibt keine neutrale Justiz und kei-ne Gleichheit vor dem Gesetz. Wir sind dafrschuldig gesprochen worden, mit unsererBlockade-Aktion das Leben der Autofahrerauf der Brcke gefhrdet zu haben. Der Po-lizei jedoch, die uns um ein Haar gettet ht-te, waschen die Gerichte das Blut von der

    Weste. Mit diesem Urteil hat das Kantonal-gericht unter Beweis gestellt, dass es in derSchweiz keine Mglichkeit gibt, die Polizeifr ihren Machtmissbrauch zur Verantwor-tung zu ziehen, nicht einmal, wenn es ein-deutige Videoaufnahmen gibt. Unser Fall ist

    nur die Spitze des Eisbergs. Die Straffreiheitder Polizei in der Schweiz ist unantastbar.Martin Shaw hat von dem 23m-Fall, der inschweren Knochenbrchen in Fu undRcken resultierte, bleibende Schden da-

    vongetragen. Es ist die Verantwortung derWaadter Regierung, Entschdigung zu zah-len, doch nun knnte diese den skandal-sen Freispruch nutzen, um Schadensersatz-zahlungen zu verweigern und sich ihrer Ver-

    antwortung zu entziehen. Bis zum heutigenTag hat sich die Kantonsregierung wederentschuldigt noch Anstze gezeigt, ihre Po-lizeistrategien zu berprfen trotz der Tat-sache, dass, wie whrend des Prozesses of-fenkundig wurde, Information, Kommuni-kation und Koordination der Polizei kata-strophale Mngel aufwiesen.

    Martin Shaw sagte: Ich werde fr denRest meines Lebens unter den Schden lei-den. Sie machen mir auerdem die Aus-bung meines Berufes als Elektriker unmg-lich. Nach dem G8 haben alle Ladenbesitzer,deren Schaufenster whren der Proteste zu

    Bruch gingen, Entschdigungszahlungenerhalten. Aktivisten jedoch, denen die Poli-zei die Knochen brach, werden nie einenPfennig sehen. Das ist das wahre Gesicht ih-rer Demokratie. Dieser Revisionsantragwar die letzte gerichtliche Mglichkeit, diePolizei zur Verantwortung zu ziehen. Es be-steht keine Mglichkeit, gegenber einemhheren Gericht Einspruch zu erheben, dennder Schweizer Staat hat ein Gesetz verab-schiedet, das es Brgern verbietet, gegen diePolizei vor das Bundesgericht zu ziehen. Der

    Anwalt der Aktivisten, Jean-Pierre Garba-de, erklrte: Es steht fest, dass die beidenPolizeibeamten das Gesetz gebrochen ha-ben. Die Tatsache, dass das Kantonalgerichtihnen mit fadenscheinigen Begrndungendie Straffreiheit garantiert, lsst schwereZweifel am Schutz der Brgerrechte in derSchweiz aufkommen. Beweis ist allein schondie Haltung des Staatsanwaltes, der sichweigerte, die Anklage aufrecht zu erhalten.Die Aktivisten unterstrichen: Dies ist ge-nau der Grund, weshalb wir an direkte Ak-tion und Selbstverwaltung glauben. Der de-mokratische Anschein dieses Systems ist ei-

    ne Tuschung. Der G8 ist das beste Beispielfr ihre Heuchelei. Diese Entscheidung hatunsere Ansichten nur gestrkt. Unser Kampfgeht weiter.

    HintergrundinformationMartin Shaw and Gesine Wenzel verlorenum ein Haar ihr Leben, als sie am 1. Juni2003 mit der Aubonne-Gruppe die Auto-bahn Genf-Lausanne blockierten, um das

    Durchkommen einer G8-Delegation zu ver-hindern. Die Polizei zerstrte alle Sicher-heitsmanahmen der Aktivisten und schnittletztendlich das Kletterseil durch, an demMartin und Gesine hingen. Beide Aktivistenwurden im Mai 2004 fr Eingriff in denStraenverkehr und Gefhrdung der Lebender Autofahrer schuldig gesprochen und er-hielten Bewhrungsstrafen. Sie erstatten

    Anzeige gegen die Polizei. Der Untersu-chungsrichter wies die Anklage