Gegen den Strom - hw-bs.de · So nahe kommt man einem weißen Hai normalerweise nicht: Statt...

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36 Tiepolo 25. 2017 FEINKOST Biersommelière Ines Sterling schreibt über die Natur weißer Haie und eine Brauerei, die ihren Bieren Tier- namen gibt und sich gegen Massenbierhaltung wehrt. Strom Gegen den Trinkempfehlung Weißer Hai Hopferei Hertrich, Feucht bei Nürnberg 16,6 % Stammwürze 6,8 % vol. 8 bis 10 ° C bauchiges Bockbierglas BIER- SOMMELIÉRE Die Würzburger Biersommeliére betreibt in Erbshausen den „HW Brau- erei-Service“ sowie „Ines Beer Store“ mit vielen extravaganten Bieren – dort finden Sie auch die hier vorgestellte Bierspezialität. Seminare und Bier- verkostungen können ebenfalls gebucht werden. Mehr Informationen unter www.ines-beerstore.de Ines Sterling 36 Tiepolo 24. 2017 So nahe kommt man einem weißen Hai normalerweise nicht: Statt Bissspu- ren hinterlässt der gleichnamige Wei- zenbock auch nur die Erinnerung an Meeresweite und Fruchtgeschmack auf der Zunge. „Fünf kleine Fische, die schwammen im Meer, da sagt der eine: ‚Ich kann nicht mehr, ich wäre viel lieber in einem kleinen Teich, denn hier gibt´s Haie, die fressen mich gleich!‘“ Wie in diesem Kinderlied wird es Ihnen gehen, wenn sie das erste Mal „Weißer Hai“ von „Veto“ probieren, einer Marke der Hopferei Hetrich aus Feucht bei Nürnberg. Deren Name ist bewusst gewählt: Sie legen eine ganz klares Veto ein „gegen Massenbierhaltung“ und leben diese Philosophie wie kaum ein anderer Craftbierhersteller. Alle ihre Biere tragen Tiernamen. Der „Weiße Hai“ kommt mit einem Eitkett, auf dem sich ein nach chinesischem Vorbild arrangiertes Tangram prangt, das einen stilisierten weißen Hai dar- stellen soll. Es zischt ganz herrlich beim Öffnen der Flasche und es stellt sich sofort die Frage, ob uns der Hai damit seine gefährlichen Zähne zeigen will. Beim Ein- schenken fällt die Bernstein- farbe auf, durchs naturtrübe Nass steigen kleine Kohlen- säurebläschen tänzelnd nach oben an den Glasrand, wo sie sich zu großporigem Schaum vereinen. Vorsichtig wird beschnuppert, wie dieser Hai so tickt. Banane und Ananas stechen hervor, ehe das Raubtier zuschnappt und mit seiner Hopfennote direkt in die Nase schießt. Da dieser Weizenbock in der Lagerung kaltgehopft wurde, bilden sich ätherische Öle, die ihm diese unver- kennbaren Noten verleihen. Im Antrunk umschmeichelt er den Gaumen nicht bissig, sondern unerwartet lieblich. Die Schwere der Hefe, wie wir es von ande- ren Weizenbieren kennen, geht dabei komplett unter. Fruchtige Aromen, die wir schon in der Nase hatten und mit Physalis ergänzt werden, beißen sich auf der Zunge fest. Und dann rauscht der Hai die Kehle hinunter und hinterlässt glück- licherweise keine Bissspuren, sondern die Erinnerung an Meeresweite, oder besser: die volle Beerenbreitseite. Denn Blaubeeren und schwarze Johannisbeere krönen den Abschluss. Der weiße Hai versüßt deftig Gegrilltes und damit gesel- lige Sommerabende. Aber Vorsicht: Mit seinen trügerischen 6,8 Volumenprozent Alkohol, die er heimtückisch mit sich her- umträgt, kann er bei ausgiebigem Genuss Spuren der Verwüstung hinterlassen. Dieses Bier schwimmt definitiv gegen den Strom und zeigt die hopfige Tiefe der fränkischen Brau-Spezialisten. Für ihre Arbeit gibt es von mir kein Veto, sondern volle Zustimmung!

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36 Tiepolo 25. 2017

FEINKOST

Biersommelière Ines Sterling schreibt über die Natur weißer Haie und eine Brauerei, die ihren Bieren Tier-namen gibt und sich gegen Massenbierhaltung wehrt.

StromGegen den

Trinkempfehlung

Weißer Hai

Hopferei Hertrich, Feucht bei Nürnberg

16,6 % Stammwürze

6,8 % vol.

8 bis 10 ° C

bauchiges Bockbier glas

BIER-

SOMMELIÉRE

Die Würzburger Biersommeliére betreibt in Erbshausen den „HW Brau-erei-Service“ sowie „Ines Beer Store“ mit vielen extravaganten Bieren – dort finden Sie auch die hier vorgestellte Bierspezialität. Seminare und Bier-verkostungen können ebenfalls gebucht werden. Mehr Informationen unter www.ines-beerstore.de

Ines Sterling

36 Tiepolo 24. 2017

So nahe kommt man einem weißen Hai normalerweise nicht: Statt Bissspu-ren hinterlässt der gleich namige Wei-zenbock auch nur die Erinnerung an Meeresweite und Fruchtgeschmack auf der Zunge.

„Fünf kleine Fische, die schwammen im Meer,

da sagt der eine: ‚Ich kann nicht mehr,

ich wäre viel lieber in einem kleinen Teich,

denn hier gibt´s Haie, die fressen mich gleich!‘“

Wie in diesem Kinderlied wird es Ihnen gehen, wenn sie das erste Mal „Weißer

Hai“ von „Veto“ probieren, einer Marke der Hopferei Hetrich aus Feucht bei Nürnberg. Deren Name ist bewusst gewählt: Sie legen eine ganz klares Veto ein „gegen Massenbier haltung“ und

leben diese Philosophie wie kaum ein anderer Craftbierhersteller.

Alle ihre Biere tragen Tiernamen. Der „Weiße Hai“ kommt mit einem Eitkett, auf dem sich ein nach chinesischem Vorbild arrangiertes Tangram prangt, das einen stilisierten weißen Hai dar-stellen soll. Es zischt ganz herrlich

beim Öffnen der Flasche und es stellt sich sofort die Frage, ob uns

der Hai damit seine gefährlichen Zähne zeigen will. Beim Ein-schenken fällt die Bernstein-farbe auf, durchs naturtrübe Nass steigen kleine Kohlen-säurebläschen tänzelnd nach oben an den Glasrand, wo sie sich zu großporigem Schaum vereinen. Vorsichtig wird beschnuppert, wie dieser

Hai so tickt. Banane und Ananas stechen hervor, ehe das Raubtier zuschnappt und mit seiner Hopfennote direkt in die Nase schießt. Da dieser Weizenbock in der Lagerung kaltgehopft wurde, bilden sich ätherische Öle, die ihm diese unver-kennbaren Noten verleihen. Im Antrunk umschmeichelt er den Gaumen nicht bissig, sondern unerwartet lieblich. Die Schwere der Hefe, wie wir es von ande-ren Weizenbieren kennen, geht dabei komplett unter. Fruchtige Aromen, die wir schon in der Nase hatten und mit Physalis ergänzt werden, beißen sich auf der Zunge fest. Und dann rauscht der Hai die Kehle hinunter und hinterlässt glück-licherweise keine Bissspuren, sondern die Erinnerung an Meeresweite, oder besser: die volle Beerenbreitseite. Denn Blaubeeren und schwarze Johannisbeere krönen den Abschluss. Der weiße Hai versüßt deftig Gegrilltes und damit gesel-lige Sommerabende. Aber Vorsicht: Mit seinen trügerischen 6,8 Volumenprozent Alkohol, die er heimtückisch mit sich her-umträgt, kann er bei ausgiebigem Genuss Spuren der Verwüstung hinterlassen.

Dieses Bier schwimmt definitiv gegen den Strom und zeigt die hopfige Tiefe der fränkischen Brau-Spezialisten. Für ihre Arbeit gibt es von mir kein Veto, sondern volle Zustimmung!