Gesetzliche und tarifliche Ausgleichs- zeiträume ausgleichszeitraeume 4... · Tobias Michel...

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Beispiel men wird. Jedoch verliere die Ruhezeit ihre Bedeu- tung nicht unbedingt, wenn sie zu einer späteren Zeit nachgeholt wird. Das gelte allerdings nur, wenn der Übertrag eine gewisse zeitliche Grenze nicht über- schreite, da irgendwann die positive Erholungswir- kung des Urlaubs entfalle. Für die Länge des Übertragungszeitraums seien daher zwei Aspekte zu berücksichtigen: 1. Zugunsten der Arbeitnehmer müsse gewährleistet sein, dass der Übertragungszeitraum die Dauer des Bezugszeitraums, für den der Anspruch gewährt wird, deutlich überschreite. 2. Zugunsten der Arbeitgeber sei sicherzustellen, dass diese vor der Gefahr der Ansammlung von zu lan- gen Abwesenheitszeiträumen und den Schwierig- keiten geschützt werden, die sich daraus für die Arbeitsorganisation ergeben können. Nach diesen Grundsätzen könne ein Zeitraum, der wie im Ausgangsfall 15 Monate betrage, vernünf- tigerweise als Übertragungszeitraum angesehen werden, der dem Zweck des Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub nicht zuwiderläuft, da er sicherstelle, dass dieser Anspruch seine positive Wirkung für den Arbeitnehmer als Erholungszeit behält. Die zweite vorgelegte Frage war aufgrund der Antwort auf die erste nicht mehr zu beantworten. 116 AuK 2011 A USGLEICHSZEITRÄUME die Ruhezeiten. In all diesen Fällen sieht der Gesetz- geber zum Schutz Rahmenregelungen vor. Wir finden sie unter den Stichwörtern Ausgleichs- oder Bezugs- zeiträume. Die Verlängerung der täglichen Arbeitszeit auf zehn Stunden auch über längere Perioden hinweg war das Kernstück der Flexibilisierung durch das Arbeits- zeitgesetz 1994. Wenn der Arbeitgeber im Einzelfall Arbeitszeit anordnet, darf er seitdem die gesetzlich und tariflich gezogenen Grenzen für die Höchstbela- stung überschreiten. Denn bei diesen Grenzen handelt es sich regelmäßig lediglich um Durchschnittswerte. Werden die gezogenen Schwellenwerte überschritten? Dann kann der Arbeitgeber dies zuvor oder danach ausgleichen, indem er die Belastung unter den Grenz- wert zurücknimmt. Durch das Flexibilisierungsinteresse der Arbeitgeber können erhebliche Spitzenbelastungen der Gesundheit und der Freizeit auftreten. Dies soll beschränkt wer- den (§ 1 ArbZG). Dazu begrenzen sowohl Gesetzge- ber als auch Tarifparteien die Zeitspanne, in welcher der Ausgleich erfolgt. Dies sind die Ausgleichszeiträu- me für n die Höchstbelastungen mit täglicher Arbeitszeit (48 Stunden im Wochendurchschnitt), n die Kürzung der Ruhezeit unter 11 Stunden sowie n den Ausgleich für Beschäftigung an Sonn- und Feiertagen. Im Betriebsalltag steckt der TVöD voller Tücken. So entsteht Mehrarbeit der Teilzeitbeschäftigten definiti- onsgemäß erst, falls sich ihre vertragsgemäße Arbeits- zeit nicht im Ausgleichszeitraum ausgleicht. Aber was ist, wenn kein Ausgleichszeitraum festgesetzt wurde? Ist er dann ›irgendwann‹? In diesem Fall entsteht kein Anspruch auf zusätzliches Geld. Es entsteht noch nicht einmal die Möglichkeit zur Mehrarbeit. ›Ausgleichszeitraum‹ meint die festgelegte Zeitdau- er, innerhalb der eine ungleichmäßige Verteilung der Arbeitszeit möglich ist. Die EU-Richtlinie 2003/88/EG spricht in Artikel 16 von Bezugszeiträu- men (reference periods). Einige Beschäftigte arbeiten erhebliche zusätzliche Zeiten (Bereitschaftsdienst, Bereitschaftszeit). Oder Ihre Belastung schwankt in Gleitzeitregelungen. Sie sind dabei zusätzlichen Gefährdungen mit Überlas- tungsspitzen ausgesetzt. Rufbereitschaften und Inan- spruchnahmen während dieser besonderen Beschäfti- gungszeiten verletzen zudem die Sonntagsruhe und Gesetzliche und tarifliche Ausgleichs- zeiträume Vorgaben für die betriebliche Mitbestimmung So unbekümmert wie im rechts stehenden Song sang Nena in ihrer und in meiner Jugend. Doch die Belastung mit Arbeitsstunden drückt. Plusstunden türmen sich wie eine Bugwelle vor uns auf. Wir wollen uns nicht mehr vertrösten lassen. Wir wollen die geleisteten Stunden mit unserer geschuldeten Arbeitszeit abgleichen. Und wir wollen zum Ausgleich abrechnen: mit zusätzlicher Bezahlung. Von Tobias Michel Der Autor Tobias Michel Betriebsrat im Essener Alfried- Krupp-Krankenhaus. Entdeckt und erforscht abseitige Arbeitszeitregeln für die Schichtplanfibel. Im Sturz durch Raum und Zeit warten sie seit bald 30 Jahren. Auf einen Ausgleich? Irgendwie fängt irgendwann irgendwo die Zukunft an ich warte nicht mehr lang a a. Irgendwo, Irgendwie, Irgendwann: Fahrenkrog- Petersen, Karges, 1984.

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Beispiel

men wird. Jedoch verliere die Ruhezeit ihre Bedeu-tung nicht unbedingt, wenn sie zu einer späteren Zeitnachgeholt wird. Das gelte allerdings nur, wenn derÜbertrag eine gewisse zeitliche Grenze nicht über-schreite, da irgendwann die positive Erholungswir-kung des Urlaubs entfalle.

Für die Länge des Übertragungszeitraums seiendaher zwei Aspekte zu berücksichtigen: 1. Zugunsten der Arbeitnehmer müsse gewährleistet

sein, dass der Übertragungszeitraum die Dauer desBezugszeitraums, für den der Anspruch gewährtwird, deutlich überschreite.

2. Zugunsten der Arbeitgeber sei sicherzustellen, dass

diese vor der Gefahr der Ansammlung von zu lan-gen Abwesenheitszeiträumen und den Schwierig-keiten geschützt werden, die sich daraus für dieArbeitsorganisation ergeben können.

Nach diesen Grundsätzen könne ein Zeitraum, derwie im Ausgangsfall 15 Monate betrage, vernünf-tigerweise als Übertragungszeitraum angesehen werden, der dem Zweck des Anspruchs auf bezahltenJahresurlaub nicht zuwiderläuft, da er sicherstelle,dass dieser Anspruch seine positive Wirkung für denArbeitnehmer als Erholungszeit behält.

Die zweite vorgelegte Frage war aufgrund der Antwort auf die erste nicht mehr zu beantworten.

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die Ruhezeiten. In all diesen Fällen sieht der Gesetz-geber zum Schutz Rahmenregelungen vor. Wir findensie unter den Stichwörtern Ausgleichs- oder Bezugs-zeiträume.

Die Verlängerung der täglichen Arbeitszeit aufzehn Stunden auch über längere Perioden hinweg wardas Kernstück der Flexibilisierung durch das Arbeits-zeitgesetz 1994. Wenn der Arbeitgeber im EinzelfallArbeitszeit anordnet, darf er seitdem die gesetzlichund tariflich gezogenen Grenzen für die Höchstbela-stung überschreiten. Denn bei diesen Grenzen handeltes sich regelmäßig lediglich um Durchschnittswerte.Werden die gezogenen Schwellenwerte überschritten?Dann kann der Arbeitgeber dies zuvor oder danachausgleichen, indem er die Belastung unter den Grenz-wert zurücknimmt.Durch das Flexibilisierungsinteresse der Arbeitgeberkönnen erhebliche Spitzenbelastungen der Gesundheitund der Freizeit auftreten. Dies soll beschränkt wer-den (§ 1 ArbZG). Dazu begrenzen sowohl Gesetzge-ber als auch Tarifparteien die Zeitspanne, in welcherder Ausgleich erfolgt. Dies sind die Ausgleichszeiträu-me für n die Höchstbelastungen mit täglicher Arbeitszeit

(48 Stunden im Wochendurchschnitt), n die Kürzung der Ruhezeit unter 11 Stunden sowie n den Ausgleich für Beschäftigung an Sonn- und

Feiertagen.

Im Betriebsalltag steckt der TVöD voller Tücken. Soentsteht Mehrarbeit der Teilzeitbeschäftigten definiti-onsgemäß erst, falls sich ihre vertragsgemäße Arbeits-zeit nicht im Ausgleichszeitraum ausgleicht. Aber wasist, wenn kein Ausgleichszeitraum festgesetzt wurde?Ist er dann ›irgendwann‹? In diesem Fall entsteht keinAnspruch auf zusätzliches Geld. Es entsteht nochnicht einmal die Möglichkeit zur Mehrarbeit.

›Ausgleichszeitraum‹ meint die festgelegte Zeitdau-er, innerhalb der eine ungleichmäßige Verteilung derArbeitszeit möglich ist. Die EU-Richtlinie2003/88/EG spricht in Artikel 16 von Bezugszeiträu-men (reference periods).

Einige Beschäftigte arbeiten erhebliche zusätzlicheZeiten (Bereitschaftsdienst, Bereitschaftszeit). OderIhre Belastung schwankt in Gleitzeitregelungen. Siesind dabei zusätzlichen Gefährdungen mit Überlas-tungsspitzen ausgesetzt. Rufbereitschaften und Inan-spruchnahmen während dieser besonderen Beschäfti-gungszeiten verletzen zudem die Sonntagsruhe und

Gesetzliche und tarifliche Ausgleichs-zeiträumeVorgaben für die betriebliche

Mitbestimmung

So unbekümmert wie im rechts stehenden Song sang Nena

in ihrer und in meiner Jugend. Doch die Belastung mit

Arbeitsstunden drückt. Plusstunden türmen sich wie eine

Bugwelle vor uns auf. Wir wollen uns nicht mehr vertrösten

lassen. Wir wollen die geleisteten Stunden mit unserer

geschuldeten Arbeitszeit abgleichen. Und wir wollen zum

Ausgleich abrechnen: mit zusätzlicher Bezahlung.

V o n T o b i a s M i c h e l

D e r A u t o r

Tobias Michel

Betriebsrat im

Essener Alfried-

Krupp-Krankenhaus.

Entdeckt und

erforscht abseitige

Arbeitszeitregeln für

die Schichtplanfibel.

Im Sturz durch Raumund Zeit warten sieseit bald 30 Jahren.Auf einen Ausgleich?

Irgendwie fängt irgendwannirgendwo die Zukunft anich warte nicht mehr langa› ‹

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KircheArbeitsrecht und

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1. Harlad Schliemann,ArbZG Kurzkommentar,Luchterhand-Verlag.

2. Schliemann, § 3,Rn. 30.

3. EbensoBuschmann/Ulber, § 3,Rn. 12: ›Damit ist § 3gemeinschaftswidrigund seine Änderungerforderlich.‹

4. Neumann/Biehl, § 3,Rn. 8; ebenso Roggen-dorff, § 3 Rn 14.

5. Begründung zumGesetzentwurf, Bundes-tagsdrucksache12/5888, Seite 26,13.10.1993.

6. Buschmann /Ulber,§ 3, Rn. 7; ebensoAnzinger/Koberski, § 3,Rn. 27.

7. Schliemann, § 3, Rn.49.

›Das gleichen wir schon irgendwie aus …‹

Die Ausgleichszeiträume sind jedoch weder in ihrerLänge noch in ihrer Lage fest bestimmt. Arbeitgeberkönnen hier zwischen Alternativen wählen und denBeginn der Zeitspannen festsetzen. Im Gegenzug stehtdabei dem Betriebsrat, dem Personalrat bzw. der Mitarbeitervertretung ein Mitbestimmungsrecht zu.

Oft regeln Arbeitgeber von selbst nichts, weil ihnender Schutz der Beschäftigten nicht so wichtig ist. Oderihnen ist zumindest die ihnen dabei zugewiesene Auf-gabe nicht ausreichend bewusst. Die Interessenvertre-tung kann hier über ihr Initiativrecht den Schutz derSicherheit und der Gesundheit verbessern. Ganz so,wie es dem ausdrücklichen Zweck der europäischenArbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG entspricht.

Ausgleich der wöchentlichen Höchstarbeitszeit

Über die in § 3 ArbZG auf werktäglich acht Stundenbegrenzte tägliche Arbeitszeit wird indirekt diewöchentliche Arbeitszeit auf durchschnittlich 48 Stunden beschränkt, das sind sechs Werktage mitacht Stunden. Der Gesetzgeber folgt insoweit denVorgaben aus Artikel 6 der europäischen Arbeits-zeitrichtlinie. Die Richtlinie gibt den Mitgliedsstaatenin Artikel 16 noch mehr auf. Die sollen zum Errei-chen des Durchschnitts ›für Artikel 6 [wöchentlicheHöchstarbeitszeit] einen Bezugszeitraum bis zu vierMonaten‹ vorsehen.

Das deutsche Arbeitszeitgesetz fällt hinter dieseVorgaben zurück. Es legt den Zeitraum auch nur soungefähr fest. Der Ausgleich von Überschreitungen derwerktäglichen Arbeitszeit (acht Stunden) habe ›inner-halb von sechs Kalendermonaten oder innerhalb von24 Wochen‹ zu erfolgen. Für Nachtarbeitnehmer zieht§ 6 (2) ArbZG den Rahmen zunächst deutlich enger.Für sie erfolgt der Ausgleich ›innerhalb von einemKalendermonat oder innerhalb von vier Wochen‹.

In seinem Kommentar zum Arbeitszeitgesetz1 setztsich Harald Schliemann (vormals BAG-Richter undzurzeit Vorsitzender des Kirchengerichtshofes) aus-führlich mit den so möglichen Längen des Aus-gleichszeitraumes auseinander. Er beginnt mit einemvernichtenden Urteil: ›Die Ausgleichszeiträume des§3 S.2 ArbZG sind mit dem EG-Recht unvereinbar.‹2,3

Zugleich hält Schliemann weitergehend auch dieMaßeinheit Kalendermonat für einen sprachlichenIrrtum der deutschen Gesetzgeber. Es könnten – nachseiner Darstellung – nur Zeitmonat und Zeitwochengemeint sein. Sonst bliebe am Ende eines Kalender-monats für Überschreitungen kaum noch Zeit für denAusgleich im selben Kalendermonat.4

Diese weitgehende Umdeutung überzeugt nicht.Die Gesetzesbegründung beschreibt:

›Aus Gründen des Gesundheitsschutzes derNachtarbeitnehmer wird jedoch der Zeitraum fürden Ausgleichszeitraum auf die Durchschnitts-

grenze von acht Stunden werktäglich auf den folgenden Kalendermonat bzw. die folgenden vierWochen eingeengt.‹ 5

›Kalendermonat‹ – nicht nur Zeitmonat, ›vier Wochen‹– aber eben nicht Kalenderwochen. Es handelt sich ummehr als bloß um zwei ein wenig abweichende Maß-größen. Der Arbeitgeber hat die Wahl. Er kann dieÜberschreitung an einem 20. Oktober während des dar-auffolgenden Novembers (Kalendermonat) durch eineKürzung ausgleichen. Oder er kann dies stattdessen biseinschließlich zum 17. November (binnen vier Wochen)tun. Wird an einem Tag die Arbeitszeit auf neun Stun-den verlängert, dann muss an einem anderen Tag imgewählten Ausgleichszeitraum die erlaubte Arbeitszeitvon acht Stunden um eine Stunde gekürzt werden.

Der Streit um die Maßeinheiten Zeitmonat oderKalendermonat spiegelt sich im Streit um den Beginndes Zeitraums wider. Beginnt tatsächlich am Tag jederÜberschreitung die jeweilige Frist für den Ausgleich?Dann greifen die Bestimmungen aus § 187 BGB zurBerechnung von Fristen aus einem Schuldverhältnis.Und darauf scheint die Gesetzesbegründung auchabzustellen.

Irgendwie und irgendwann?

Doch wie sollen die Vorgesetzten im Betrieb für jedeÜberschreitung einen Ausgleich ermitteln und doku-mentieren? Schließen pflichtgemäß auszugleichendeÜberschreitungen weitere Überschreitungen im folgen-den Kalendermonat oder in den folgenden vierWochen aus? Kann der Ausgleich nur an Werktagenerfolgen? Oder auch an einem Sonntag?

Oder ganz anders: Werden in festgesetzten Zeiträu-men auch Zeiten vor der Überschreitung in die Durch-schnittsberechnung einbezogen?6 Dann geht es umZeiträume zum Schutz der Gesundheit, die sich nichtnach Fristberechnung aus dem BGB richten. Zugleichlässt jedoch diese Betrachtung höhere Belastungsspit-zen zu. Dann nämlich, wenn sich Überschreitungenam Ende des einen Ausgleichszeitraumes mit Über-schreitungen am Beginn des folgenden massieren.

Dieser Deutung kann der Arbeitgeber zugleich imBetrieb sehr viel einfacher folgen, wenn er entspre-chend § 16 ArbZG die Arbeitszeiten seiner Arbeitneh-mer dokumentiert. Er muss nun nur – jeweils zumAbschluss eines Zeitraums – einen Saldo bilden.

Es liegt an uns, die erklärte Absicht der Gesetzgeberumzusetzen: nämlich die Belastungsspitzen zu begren-zen. Und es liegt ebenso an uns, wie wir das betrieb-spraktisch und alltagstauglich übersetzen.

Der Arbeitgeber kann Beginn und Dauer eines Aus-gleichszeitraumes festlegen. Er braucht dazu nichtabzuwarten, bis er eine Beschäftigte an einem Tag län-ger arbeiten lässt7. Eine solche Festlegung ist besonderssinnvoll bei mittels Schichtplänen festgelegten Arbeits-zeiten8. Der Arbeitgeber kann für alle Arbeitnehmeroder für einzelne Bereiche einheitlich festsetzen9. ›DerArbeitgeber darf – aus welchen Gründen auch immer

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Ausgleich verkürzter Ruhezeiten

Für Krankenhäuser erlaubt § 5 ArbZG eine Kürzungder Ruhezeiten. Doch nur, wenn wiederum ›inner-halb eines Kalendermonats oder innerhalb von vierWochen‹ die Verlängerung einer anderen Ruhezeiterfolgt. Auch hier steht der Arbeitgeber vor einerWahl.

Dem Gesundheitsschutz kommt hier eine beson-dere Bedeutung zu15. Weder Krankenschwesternnoch Ärztinnen noch MTAen brauchen aufgrundihrer Ausbildung oder beruflichen Eigenart wenigeroder anderen Schlaf als die übrigen Beschäftigten.Die Erlaubnis zur Kürzung der Ruhezeiten in Kran-kenhäusern und anderen Pflegebetrieben stelltsowohl Arbeitgeber als auch Interessenvertretungenunvermittelt vor eine betriebspraktische Herausfor-derung.

›Es empfiehlt sich, im Dienstplan den Tag der ver-kürzten Ruhezeit und den Tag des jeweiligen Aus-gleichs zu kennzeichnen.‹ Denn die ›Anzahl der ver-kürzten Ruhezeiten muss somit innerhalb von vierWochen mindestens der Anzahl der verlängertenRuhezeiten entsprechen‹16.

Im Einzelfall ist eine weitere Kürzung auf5,5 Stunden noch zulässig. Der Ausgleich für solchunplanmäßige Kürzungen der Ruhezeit im Zuge vonRufbereitschaften erfolgt laut § 5 (3) ArbZG ›zuanderen Zeiten‹.

Die Beschäftigten sollen in der verbleibendenSpanne von der Arbeit nach Hause fahren, zur Ruhekommen, sich im Schlaf erholen und dann nach mor-gendlicher Dusche, Frühstück und Anfahrt wiederarbeitsfähig zur Schicht antreten. Um den Zweck desGesundheitsschutzes zu erfüllen, muss die ausglei-chende Ruhezeit noch zeitnah eingeräumt werden,also am selben Werktag. Was bei Belastungen durchBereitschaftdienst zu beachten ist, darf nicht beiBelastungen durch Rufdiensteinsätze außer Achtgelassen werden: Bei Kürzungen der täglichen Ruhe-zeit von elf zusammenhängenden Stunden sind ›denbetroffenen Arbeitnehmern gleichwertige Aus-gleichsruhezeiten im unmittelbaren Anschluss an dieentsprechenden Arbeitsperioden‹17 zu gewähren.

Die Ruhezeit ist das Gegenstück zur Arbeitszeit.Wer Arbeitszeiten regelt, regelt zugleich auch dieRuhezeit. Eine Umsetzung in betriebliche Regeln zuihrem Schutz unterliegt daher unserer Mitbestim-mung bei Arbeitszeiten und beim Gesundheitsschutz.

Ausgleich für Beschäftigung an Sonn- und Feiertagen

Mit der Unterschrift unter der Europäischen Sozial-charta hat sich Deutschland 1961 verpflichtet, ›einewöchentliche Ruhezeit sicherzustellen, die, soweitmöglich, mit dem Tag zusammenfällt, der in dembetreffenden Land oder Bezirk durch Herkommenoder Brauch als Ruhetag anerkannt ist‹. Das Arbeits-

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– anordnen, dass der Ausgleich binnen kürzerer alsder gesetzlichen Normalfrist durchzuführen ist.‹10

Wo der Arbeitgeber bestimmt, bestimmt die Inter-essenvertretung mit. Die Ausgleichszeiträume betref-fend, begründet sich der Mitbestimmungsanspruchaus § 87 (1) Nr. 2 BetrVG, an anderer Stelle auch ausNr. 3. Für den Personalrat zieht entsprechend§ 75 Abs. 3 Nr. 1 BPersVG, für die Mitarbeiterver-tretung § 40 MVG Buchst. d oder § 36 MAVO (1) Nr.1. Zusätzlich kommt § 87 (1) Nr. 6 BetrVG (oderentsprechend MVG § 40 Buchstabe j) in Betracht.Dann nämlich, wenn die Durchschnittsberechnungüber elektronisch erfasste Arbeitszeiten erfolgt.11

Die gesetzliche Regelung soll u. a. die Gesundheitvor Überlastungen schützen. In zahlreichen Studienbelegen Arbeitswissenschaftler den Zusammenhangzwischen hohen Belastungen mit Arbeitszeit einerseitsund dem Anstieg von Unfällen und Gesundheitsbe-schwerden andererseits12. Deshalb greifen auch Mit-bestimmungsrechte aus § 87 (1) Nr. 7 BetrVG oderetwa § 40 MVG Buchst. b/§ 36 (1) MAVO Nr. 10.

Das ArbZG öffnet in § 7 die Festlegung der Aus-gleichszeiträume durch die Tarifparteien oder Kir-chen – ohne eine weitere Voraussetzung. Dafür findetsich nur kein Anknüpfungspunkt in Artikel 17 dereuropäischen Arbeitszeitrichtlinie. Im Zweifel undbei der betrieblichen Gestaltung sind die deutschenGesetzesbestimmungen zur wöchentlichen Höchstar-beitszeit europarechtskonform zu Artikel 6 dereuropäischen Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG aus-zulegen. Arbeitsrechtler sind überzeugt, eine davonabweichende betrieblich-kollektive Regelung sei›ermessenswidrig‹.13

Die auf einen Kalendermonat beschränktenBezugszeiträume für die Nachtarbeitnehmer (§ 6 (2)ArbZG) können erst recht nicht europarechtskon-form ohne weitere Gründe auf das Zwölffache ver-längert werden. Dies verstößt darüber hinaus gegenArtikel 2 (1, 7) der Europäischen Sozialcharta.14

Damit ist der Bezugszeitraum bei der wöchentli-chen Höchstarbeitszeit auf bis zu vier Monatebegrenzt. Arbeitgeber und gesetzliche Interessen-vertretung werden sich für Arbeitsbereiche, in denensie auch Nachtarbeitnehmer/innen zu schützen haben,eher auf einen Kalendermonat oder vier Wochen einigen. So erfüllen sie die Vorgaben aus § 6 (1, 2)ArbZG.

TVöD und TV-Ärzte, ebenso BAT-KF, messen dietariflich geschuldete Arbeitszeit in den Maßeinheiten›durchschnittlich ... Stunden wöchentlich‹. Werdenalso die Schichtpläne über ein Vielfaches an Wochengeführt, so bietet sich betriebspraktisch an, auch dieHöchstarbeitszeit über einen Vier-Wochen-Zeitraumzu erfassen und auszugleichen.

Einzig die AVR DW EKD rechnen die ebenfalls sovereinbarte wöchentliche Arbeitszeit in eine kalen-dermonatliche Sollarbeitszeit um.

8. Schliemann, §3, Rn.52.

9. Schliemann, §3, Rn.70.

10. Schliemann, §3, Rn.73.

11. Schliemann, §3, Rn.76–80; ebensoBaeck/Deutsch, § 3,Rn 55;Anzinger/Koberski,§ 3, Rn. 34 ff.; Däublerund andere in: Arbeits-recht, § 6 ArbZG, Rn.10.

12. Dembe, Erickson, Del-bos und Banks: Theimpact of overtime andlong work hours onoccupational injuriesand illnesses: new evi-dence from the UnitedStates; Occup. Environ.Med., Sep 2005; 62:588–597;http://oem.bmjjour-nals.com/cgi/reprint/62/9/588

13. Buschmann/Ulber,Rn. 12; ebenso Däublerund andere in: Arbeits-recht, § 3 ArbZG, Rn.10.

14. Buschmann/Ulber,§ 7 ArbZG, Rn. 10.

15. Begründung zumGesetzentwurf, Bundes-tags-Drucksache12/5888, Seite 25.

16. Manfred Fiedler,Wolfgang Schelter, DasArbeitszeitgesetz, Cou-rier-Verlag 1994, Seite72.

17. EuGH vom01.09.2003 – RS C151/02.

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KircheArbeitsrecht und

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18. LAG Köln, Beschlussvom 24. September1998 – 10 TaBV57/97.

19. Bepler, Böhle und andere, TvöD, § 6, Rn. 6.

20. Ebenda.21. Gestaltungsempfeh-

lungen für die Nacht-und Schichtarbeit, Bun-desanstalt für Arbeits-medizin und Arbeits-schutz, Sczesny: Gestal-tung der Arbeitszeit imKrankenhaus. Seite 17.

22. Erlass des Ministeri-ums für Wirtschaft undArbeit des Landes NRWvom 3. März 2008, zu§ 6 (1) ArbZG.

23. Zepf/Gusonne, Hand-buch zum TVöD/TV-Lfür Krankenhäuser, S.67.

zeitgesetz beschreibt in § 11 die genauen Bedingungen,wie bei notwendiger Sonntagsarbeit wenigstens eingeeigneter Ersatzruhetag zu gewähren ist. Der Ersatzsoll dabei möglichst nahe der sozialen Qualität dessenkommen, was durch die Arbeit am Sonntag verletztwurde.

Der Betriebsrat hat bei der zeitlichen Lage desErsatzruhetages als Ausgleich für Feiertags- oderSonntagsbeschäftigung nach § 11 Abs. 3 ArbZG einMitbestimmungsrecht (§ 87 Abs. 1 Nr. 3). Dem stehtauch § 12 Nr. 2 ArbZG nicht entgegen.18 In der Pro-tokollerklärung zu Absatz 1 Satz 2 Buchst. d TVöDheißt es sogar: ›Der Freizeitausgleich muss im Dienst-plan besonders ausgewiesen und bezeichnet werden.‹

Eine solche Mitbestimmung setzt die Kennzeich-nung der Ersatzruhetage im entworfenen und demBetriebsrat/Personalrat/Mitarbeitervertretung zurMitbestimmung vorgelegten Schichtplan voraus.Denn der Arbeitgeber muss sich selbst überzeugen, obund welche Tage die besonderen Auflagen aus§ 11 (4) ArbZG erfüllen.

Diese Information gehört zur vollständigen Unter-richtung der gesetzlichen Interessenvertretung. Ohnediese Kennzeichnung wird das Mitbestimmungsver-fahren nicht einmal wirksam in Gang gesetzt.

Hier geht es also nicht darum, den Zeitraum fürden Ausgleich der Sonntags- oder Feiertagsarbeitselbst festzulegen. Das Gesetz oder der Tarifvertraghaben dies bereits abschließend bestimmt. Es ist statt-dessen zu regeln, wie im Betrieb die Durchführungder gesetzlichen bzw. tariflichen Bestimmung in dieSchichtplanung übersetzt wird. Dazu gehört dieBeschreibung, wie in den abteilungsseitigen Plänendie Ersatzruhetage gekennzeichnet werden.

Tarifliche Ausgleichszeiträume

Die Festlegung der Ausgleichszeiträume für die tarif-lich oder individuell vereinbarte regelmäßige Arbeits-zeit folgt weitgehend den Schutzzwecken und Nor-men des Gesetzes für die wöchentliche Höchstarbeits-zeit. Es geht ebenfalls darum, Belastungsspitzen zubegrenzen und Raum zu lassen für die Organisierungdes persönlichen Lebens (Freizeit).

Im Standardkommentar finden wir: ›Es bestehtkeine Bindung an das Kalenderjahr, auch ist der Zeit-raum von einem Jahr weder als Mindest- noch alsRegeldauer anzusehen‹.19 Ein Ausgleichszeitraum vonlänger als einem Jahr kommt nur in Betracht, wennauch die erstellten Schichtpläne diesen Zeitraumumspannen und ein Ausgleich erst dann erreicht wer-den kann. Bei kürzer laufenden Schichtplänen kommtdies nicht in Betracht.20

Es gibt daher nur ausnahmsweise Gründe, Aus-gleichszeiträume über die im Gesetz bereits gezogenenZeitspannen hinaus auszudehnen. Denn bei Schicht-arbeitnehmer/innen in Vollzeit wandelt sich bereitsdie am Ende des Schichtplanturnus nicht ausgegliche-ne Arbeitszeit über § 7 (8) TVöD in Überstunden. Ein

Freizeitausgleich ist auch im TVöD-K und TVöD-Bnicht vorgesehen.

Mit Ablauf des Schichtplanturnus sind die zusätz-lichen Stunden nicht mehr anders als durch zusätzli-ches Entgelt auszugleichen (§ 8 (1) TVöD und dazudie Protokollerklärung). Gibt es kein Arbeitszeitkon-to? Dann bleiben diese überplanten Arbeitsstundenbei der Betrachtung der tariflichen Ausgleichs-zeiträume unberücksichtigt.Dagegen sind die noch nicht angeordneten geschul-deten Arbeitsstunden weiter zu übertragen. Hierhandelt es sich um das negative Saldo (Minuss-tunden). Ein über die Maßen aufgelaufenes Minus-saldo führt in der Zeitspanne bis zum Ablauf desAusgleichszeitraums zu einer Spitzenbelastung. DasAusmaß solcher Belastungsspitzen bestimmen wirmit. Alternativ dazu oder in Kombination mit derHöchstbelastung legen die Betriebsparteien den Zeitrahmen fest, in dem die geschuldete Arbeits-leistung abgefordert wird. Der Arbeitgeber steht vor einer Wahl, also bestimmen wir seine Entschei-dung mit.

Für Schichtarbeitnehmer/innen beachten wirdabei zusätzlich gemäß § 6 (1) ArbZG die arbeits-wissenschaftlichen Erkenntnisse über die menschen-gerechte Gestaltung der Arbeit. Diese Wissenschaft-lerinnen weisen deutlich in Richtung kurzfristigerWechsel zwischen Be- und Entlastung:3. Geblockte Wochenendfreizeiten sind besser als

einzelne freie Tage am Wochenende. Trotz dererheblichen Zunahme flexibler Arbeitszeitmodellein den letzten Jahren hat das Wochenende seinegroße soziale Bedeutung bisher nicht eingebüßt.

4. Schichtarbeiter/-innen sollten möglichst mehr freie Tage im Jahr haben als Tagarbeiter. DieMehrbelastung durch Arbeit in der Nacht solltemöglichst durch Freizeit ausgeglichen werden.

9. Die Massierung von Arbeitstagen oder Arbeitszei-ten auf einen Tag sollte begrenzt werden. LangeDienste und eine große Anzahl von Diensten inFolge verheißen lange Freizeitblöcke, stellen aberauch eine sehr große Belastung dar. Pausengehören ebenfalls zur Dienstplanung – auch imNachtdienst.21

Ganz ähnlich das Land NRW22:n regelmäßig freie Wochenenden in kontinuierlichen

Schichtsystemen,n Wochenendfreizeiten von mindestens zwei Tagen,

davon ein Samstag oder Sonntag,n Ausgleich der Mehrbelastung von Schichtarbeite-

rinnen und -arbeitern durch zusätzliche Freizeit,n keine Arbeitsperioden von 8 oder mehr Arbeitsta-

gen in Folge; möglichst keine langen Schichten,n Anpassung der Schichtlänge an den Grad der kör-

perlichen und geistigen Beanspruchung durch dieArbeit.

Im Interesse der technischen Durchführbarkeit bietetes sich daher an, die gesetzlichen und tariflichen Aus-gleichszeiträume zu synchronisieren. ›Vieles spricht

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Nach dem Ende – dasGrab von Jim Morrison (Paris, Père La Chaise, Foto: JürgenSchuschke)The End

Dies ist das Ende, meine Einzige, das Endeall unserer ausgefeilten Pläne, das Endevon allem, was besteht, das Ende.Keine Sicherheit oder Überraschung, das Ende.

Jim Morrison, The Doors, 1967

›‹

in der Praxis dafür, den Ausgleichszeitraum demSchichtplanturnus anzupassen.‹23

Werden Schichtpläne über einen Turnus von vierWochen geschrieben, scheidet eine Saldierung inMonatsschritten aus. Es kommt allenfalls in Frage,den Ausgleich der Minussalden auf 4,8 oder viel-leicht auch zwölf Wochen zu begrenzen. Muster fürsolch eine Vereinbarung finden wir unter:

www.mitbestimmen.schichtplanfibel.de.

Tarifverträge und Vertragsrichtlinien regeln die durchschnittli-che Arbeitszeit. Doch sie schaffen kaum Klarheit, wann und wiewir den Durchschnitt der Belastung ermitteln sollen. Die Wegedieser Verwirrung sind dabei vielfältig.

TVöD-K und TVöD-B kümmern sich nicht nur um die regel-mäßige Arbeitszeit. Es darf auch ein bisschen mehr sein. Bei die-ser darüber hinausgehenden Arbeit ist die gesetzliche Höchst-grenze von 48 Stunden im Wochendurchschnitt zu beachten.

§ 7.1 Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft(5) Für den Ausgleichszeitraum nach den Absätzen 2 bis 4 gilt § 6 Abs. 2 Satz 1.

Das wird manchmal missverstanden. Gemäß TVöD haben dieBetriebspartner den Zeitraum für den Ausgleich der regelmäßi-gen Arbeitszeit festzulegen. Der Zeitraum kann dabei von einerWoche bis zu mehr als einem Jahr gehen.

Doch damit gilt nicht automatisch derselbe Zeitraum für denAusgleich der Höchstarbeitszeit von durchschnittlich 48 Stundenwöchentlich. Es sind nur dieselbe Grenzenlosigkeit und derselbeWeg für die betriebliche Festlegung vorgezeichnet.

Die AVR der Caritas haben dies für die Pflege, die Ärzte undfür den Sozial- und Erziehungsdienst abgeschrieben. Für alleübrigen gilt – sowohl für die regelmäßige als auch für dieHöchstarbeitszeit im Wochendurchschnitt:

Anlage 5 (1): [...] Der Berechnung des Durchschnitts derwöchentlichen Arbeitszeit ist in der Regel ein Zeitraum von13 Wochen zugrunde zu legen. Durch Dienstvereinbarungkann ein Zeitraum von bis zu 52 Wochen zugrunde gelegtwerden.

Die AVR DW EKD gehen gleich aufs Ganze:§ 9 (1): [...] Für die Berechnung des Durchschnitts derregelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit ist ein Zeitraumvon einem Kalenderjahr zugrunde zu legen [...].

Nur führt dieser Durchschnitt hier gar nicht zu einem Aus-gleich. Denn der kirchennahe Arbeitgeber darf sich noch bis zu 150 weitere Stunden als unbezahlten Kredit genehmigen.

Unter anderem in ›stationären Einrichtungen‹ sprengen sie dienächsten Grenzen. Dort dürfen sie – über eine Dienstvereinba-rung – die tägliche Schicht auf über zehn Stunden ausdehnen. DieAusdehnung ist scheinbar erlaubt, falls dies ›die Konzeption derEinrichtung erfordert‹. Die weitere Bedingung ist der Ausgleich.

§ 9 (3): [...] Die Ausdehnung der Arbeitszeit auf über zehnStunden pro Tag darf höchstens zweimal pro Woche oderviermal in 14 Tagen erfolgen. Der Ausgleichszeitraum fürdie durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit beträgt in

diesem Fall längstens acht Wochen. Dadurch ist derGesundheitsschutz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeitergewährleistet.

Hier wird es sich regelmäßig um Wechselschichtarbeiterinnenhandeln, also um Nachtarbeitnehmerinnen im Sinne § 2 (5) Arb-ZG. Bei denen wiederum beschränken sich die AVR DW EKDungewohnt bescheiden bei der wöchentlichen Höchstarbeitszeitauf den Rahmen, den § 6 (2) Arbeitszeitgesetz zieht.

§ 9 f. (2): Die tägliche Arbeitszeit der Nachtarbeitnehmerin-nen bzw. Nachtarbeitnehmer darf acht Stunden nicht über-schreiten. Sie kann auf bis zu zehn Stunden nur verlängertwerden, wenn innerhalb von vier Wochen im Durchschnittacht Stunden täglich nicht überschritten werden.

Diese spezielle Regel gibt in den allermeisten kirchlichen Einrich-tungen – verankert über den Arbeitsvertrag – die Länge des Aus-gleichszeitraums vor. Dienstgeber und Mitarbeitervertretung set-zen diese Taktlänge in die einzelnen Vier-Wochen-Pläne um.

Der BAT-KF – eine westdeutsche Spezialität – ist dem TVöD-K nachempfunden. Doch anders als dieser legen diese AGG kei-nen von § 6 (2) ArbZG abweichenden Ausgleichszeitraum fest.Auch hier gilt daher für Nachtarbeitnehmer/innen der Vier-Wochen-Takt.

Im KTD, einem nordelbischen Tarifvertrag, wird die regel-mäßige Arbeitszeit höchst flexibel über das Jahr verteilt; einwenig auch darüber hinaus. Dafür schränkt man – wenn auchzaghaft – die Höchstbelastung um eine Stunde ein:

§ 5 (5): Im Durchschnitt von vier Wochen darf eine Höchstarbeitszeit von wöchentlich 47 Stunden nicht über-schritten werden.

Richtig weit versuchen die AVR Niedersachsen zu springen. Fürden Ausgleich der regelmäßigen Arbeitszeit bestimmen sie die Regelungsaufgabe in § 11 (1) auf ›bis zu 8 Wochen‹. Die-ses Versprechen wird dann für etliche, versteckt in der Anlage C IV (Bereitschaftsdienst/Rufbereitschaft), wieder aufgehoben.Für diejenigen, die durch Bereitschaftsdienst schon zusätzlichbelastet werden, erweitern die Niedersachsen den Zeithorizontgleich auf ›bis zu einem Jahr‹. Enorme Belastungsspitzen scheinen so zulässig – das Arbeitszeitgesetz einmal außer Achtgelassen. Doch das gilt nur für die regelmäßige Arbeitszeit.

Für die Höchstarbeitszeit bekommt die Mitarbeitervertretungeine ganz andere Messlatte vorgelegt:

§ 8 (14): Die Höchstarbeitszeit beträgt einschließlich Mehr-arbeit und Überstunden 96 Stunden in zwei Wochen. Ab-weichendes kann durch Dienstvereinbarung geregelt werden.

Verwirrung durch Vielfalt

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