Grammatikabbau in deutschen Varietäten in Russland und ... „selektive“ Resistenz gegenüber...
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Überflutete Sprachinseln.Grammatikabbau in deutschen Varietäten in Russland und Brasilien
Peter Rosenberg(Europa-Universität Frankfurt/Oder)
Universität Potsdam – Zentrum Sprache, Variation und Migration – Kolloquium 30.11.2011
abrufbar unter: http://www.kuwi.euv-frankfurt-o.de/de/lehrstuhl/sw/sw1
DFG-ProjektRegularität und Irregularität in der Kasusmorphologie deutscher Sprachinselvarietäten (Russland, Brasilien): intralinguale, interlinguale, typologische Konvergenz
Gegenstand sind die Entwicklungsverläufe regulärer und irregulärer Morphologie in deutschen Sprachinseln in Russland und Brasilien bei Sprechern unterschiedlicher Ausgangsvarietäten und unterschiedlichen Alters in Sprechsituationen unterschiedlicher Formalität.
Ziel des Projekts ist die Beschreibung der Abbauprozesse der Kasusmorphologie und ihre Erklärung im Zusammenwirken von Konvergenz, Sprachwandel und Sprachwechsel.
[aus dem Projektantrag]
Gegenstand sind
1 die Entwicklungsverläufe regulärer 2 und irregulärer Morphologie 3 in deutschen Sprachinseln in Russland und Brasilien 4 bei Sprechern unterschiedlicher Ausgangsvarietäten 5 unterschiedlichen Alters 6 in Sprechsituationen unterschiedlicher Formalität. 7 Ziel des Projekts ist die Beschreibung der Abbauprozesse der Kasusmorphologie und 8 ihre Erklärung im Zusammenwirken von Konvergenz, Sprachwandel und Sprachwechsel
Gegenstand sind
1 die Entwicklungsverläufe regulärer 2 und irregulärer Morphologie 3 in deutschen Sprachinseln in Russland und Brasilien 4 bei Sprechern unterschiedlicher Ausgangsvarietäten 5 unterschiedlichen Alters 6 in Sprechsituationen unterschiedlicher Formalität. 7 Ziel des Projekts ist die Beschreibung der Abbauprozesse der Kasusmorphologie und 8 ihre Erklärung im Zusammenwirken von Konvergenz, Sprachwandel und Sprachwechsel
(1) Entwicklungsverläufe regulärer Morphologie: Nominalflexion: fortgeschrittener Kasusabbau
a Zwei-Kasus-System: Nominativ ≠ Obliquenkasus oder b Einheitskasus
(2) Entwicklungsverläufe irregulärer Kasusmorphologie: Pronominalflexion: „selektive“ Resistenz gegenüber Kasusabbau
a Drei-Kasus-Systems: Nominativ ≠ Dativ ≠ Akkusativ oder b Erhalt von Dativformen (im Zwei-Kasus-System: Nominativ ≠ Obliquenkasus)
Gegenstand sind
1 die Entwicklungsverläufe regulärer 2 und irregulärer Morphologie 3 in deutschen Sprachinseln in Russland und Brasilien 4 bei Sprechern unterschiedlicher Ausgangsvarietäten 5 unterschiedlichen Alters 6 in Sprechsituationen unterschiedlicher Formalität. 7 Ziel des Projekts ist die Beschreibung der Abbauprozesse der Kasusmorphologie und 8 ihre Erklärung im Zusammenwirken von Konvergenz, Sprachwandel und Sprachwechsel
(1) Entwicklungsverläufe regulärer Morphologie: Nominalflexion: fortgeschrittener Kasusabbau
a Zwei-Kasus-System: Nominativ ≠ Obliquenkasus oder b Einheitskasus
(2) Entwicklungsverläufe irregulärer Kasusmorphologie: Pronominalflexion: „selektive“ Resistenz gegenüber Kasusabbau
a Drei-Kasus-Systems: Nominativ ≠ Dativ ≠ Akkusativ oder b Erhalt von Dativformen (im Zwei-Kasus-System: Nominativ ≠ Obliquenkasus)
Gegenstand sind
1 die Entwicklungsverläufe regulärer 2 und irregulärer Morphologie 3 in deutschen Sprachinseln in Russland und Brasilien 4 bei Sprechern unterschiedlicher Ausgangsvarietäten 5 unterschiedlichen Alters 6 in Sprechsituationen unterschiedlicher Formalität. 7 Ziel des Projekts ist die Beschreibung der Abbauprozesse der Kasusmorphologie und 8 ihre Erklärung im Zusammenwirken von Konvergenz, Sprachwandel und Sprachwechsel
(3) Warum Sprachinseln?
Deutsche Sprachinseln: intensiver Sprachkontakt Sprachstrukturelle Abbauprozesse (Abbau morphologischer Strukturen) Sprachliche Konvergenz: intralingual: Dialektausgleich/Mischdialekte interlingual: Interferenz/Entlehnung/Code-mixing Sprachwechsel
Deutsche Sprachinseln: „überschaubare“ Sprachgemeinschaften auf begrenztem Raum von Umgebungssprache deutlich unterscheidbare Sprachen/Sprachvarietäten Distinktivitätsbewusstsein (Mattheier 1996) dichtes kommunikatives Netzwerk
Deutsche Sprachinseln in Russland und Brasilien:Vergleichende Untersuchung in Sprachinseln mit differenten Sprachkontaktbedingungen lässt Ineinandergreifen interner und externer Sprachwandelphänomene ermessen
(3) Warum Sprachinseln?
Deutsche Sprachinseln: intensiver Sprachkontakt Sprachstrukturelle Abbauprozesse (Abbau morphologischer Strukturen) Sprachliche Konvergenz: intralingual: Dialektausgleich/Mischdialekte interlingual: intensiver Sprachkontakt Sprachwechsel
Deutsche Sprachinseln: „überschaubare“ Sprachgemeinschaften auf begrenztem Raum von Umgebungssprache deutlich unterscheidbare Sprachen/Sprachvarietäten Distinktivitätsbewusstsein (Mattheier 1996) dichtes kommunikatives Netzwerk
Deutsche Sprachinseln in Russland und Brasilien:Vergleichende Untersuchung in Sprachinseln mit differenten Sprachkontaktbedingungen lässt Ineinandergreifen interner und externer Sprachwandelphänomene ermessen
(3) Warum Sprachinseln?
Deutsche Sprachinseln: intensiver Sprachkontakt Sprachstrukturelle Abbauprozesse (Abbau morphologischer Strukturen) Sprachliche Konvergenz: intralingual: Dialektausgleich/Mischdialekte interlingual: intensiver Sprachkontakt Sprachwechsel
Deutsche Sprachinseln: „überschaubare“ Sprachgemeinschaften auf begrenztem Raum von Umgebungssprache deutlich unterscheidbare Sprachen/Sprachvarietäten Distinktivitätsbewusstsein (Mattheier 1996) dichtes kommunikatives Netzwerk
Deutsche Sprachinseln in Russland und Brasilien:Vergleichende Untersuchung in Sprachinseln mit differenten Sprachkontaktbedingungen lässt Ineinandergreifen interner und externer Sprachwandelphänomene ermessen
Deutsche Siedlungen in Russland
„katholische“ und „mennonitische Varietät“
Sprachaufnahmen:
Erhebungsorte
Deutsche Siedlungen in Brasilien
Pomeranos
Rio Grande do Sul – Santa Catarina
Sprachaufnahmen:
Erhebungsorte
Gegenstand sind
1 die Entwicklungsverläufe regulärer 2 und irregulärer Morphologie 3 in deutschen Sprachinseln in Russland und Brasilien 4 bei Sprechern unterschiedlicher Ausgangsvarietäten 5 unterschiedlichen Alters 6 in Sprechsituationen unterschiedlicher Formalität. 7 Ziel des Projekts ist die Beschreibung der Abbauprozesse der Kasusmorphologie und 8 ihre Erklärung im Zusammenwirken von Konvergenz, Sprachwandel und Sprachwechsel
Auswahl der Gewährspersonen
• Entwicklungsverlauf in „relativer Zeit“ (Generationsvergleich)
Probanden dreier Altersgruppen (je 3 x 20 in BRA und RUS = 120):- A: < 40 Jahre- B: 40-59 Jahre- C: ≥ 60 Jahre
• Messung in „Echtzeit“ (longitudinale Wiederholungserhebung)
konstant gehaltene (kontrollierte) Merkmale:Ortsfestigkeitsozio-ökonomischer Status
variable Merkmale: (4) Varietät:
Ostniederdeutsch (Plautdietsch, Pomerano) Westmitteldeutsch (Hunsrück)/Westoberdeutsch („Katholisch“)
(5) Alter
Gegenstand sind
1 die Entwicklungsverläufe regulärer 2 und irregulärer Morphologie 3 in deutschen Sprachinseln in Russland und Brasilien 4 bei Sprechern unterschiedlicher Ausgangsvarietäten 5 unterschiedlichen Alters 6 in Sprechsituationen unterschiedlicher Formalität. 7 Ziel des Projekts ist die Beschreibung der Abbauprozesse der Kasusmorphologie und 8 ihre Erklärung im Zusammenwirken von Konvergenz, Sprachwandel und Sprachwechsel
Aufnahmesituationen
(6) Situationen unterschiedlicher Formalitätsstufen:
• Standardisierte Testsätze Erhebung der maximalen dialektalen Kasusdifferenzierung
• Interviewaufnahmen (freies Sprechen im Dialekt: Erzählung/Bericht)
• Selbstaufnahmen alltäglichen Sprachgebrauchs(„Familiengespräch“)
formell
halbformell
informell
Hypothesen: 1 abnehmende Distinktion der Kasusmorphologie vom formellen zum informellen Register2 abnehmende Distinktion der Kasusmorphologie mit abnehmendem Alter
Gegenstand sind
1 die Entwicklungsverläufe regulärer 2 und irregulärer Morphologie 3 in deutschen Sprachinseln in Russland und Brasilien 4 bei Sprechern unterschiedlicher Ausgangsvarietäten 5 unterschiedlichen Alters 6 in Sprechsituationen unterschiedlicher Formalität. 7 Ziel des Projekts ist die Beschreibung der Abbauprozesse der Kasusmorphologie und 8 ihre Erklärung im Zusammenwirken von Konvergenz, Sprachwandel und Sprachwechsel
(7) Beschreibung der Abbauprozesse der Kasusmorphologie Standardisierte Testsätze: einige (erste) ERGEBNISSE
Kasusmorphologie: unterschiedliche Abbauintensität und -richtung (a) Nominalflexion => Dat = Akk oder Nom/Akk
(b) Pronominalflexion => Dat ≠ Akk oder Dat = Objektkasus
1 Ich habe dich heute morgen gesehen.
2 Hilf ihnen!
3 An meiner roten Nase hängt ein Tropfen.
4 Das Haar auf meinem Kopf ist grau.
5 Schrei mich nicht an!
6 Der Hund setzte sich vor ihn.
7 Der Winter des letzten Jahres war kalt.
8 Die grünen Gurken werden mit den Zwiebeln im Topf gekocht.
9 Einem guten Menschen soll man helfen.
10 Er legt die Brote in seinen Korb.
11 Gute Bücher sind teuer.
12 Ich habe Löcher in meinen schönen Strümpfen.
13 Mein Bruder hat dem Schaf Gras gegeben.
14 Jungen Männern gefallen schöne Frauen.
15 Mein Freund hat einen Brief an mich geschrieben.
16 Sie sitzt gern neben dir.
17 Neben dich setzen sich alle gern.
18 Vater gibt der dummen Gans einen Tritt.
19 Zwei dicke Männer stellen sich vor sie (elas, die Frauen / ними [RU: Instrumental])
20 Das ist ihre Tasche. Gebt sie ihr zurück!
Standardisierte Testsätze zur Kasusdistinktion
Brasilien – Pomerano(Ostniederdeutsch)SL/Santa Maria 1998
(HIAT-Transkription)
NOMINALFLEXION — PRONOMINALFLEXIONStandardisierte Testsätze zur Kasusdistinktion
Brasilien – Pomerano(Ostniederdeutsch)SL/Santa Maria 1998
(HIAT-Transkription)
NOMINALFLEXION — PRONOMINALFLEXION
NOMINALFLEXION Akk (o. Nom/Akk)
Standardisierte Testsätze zur Kasusdistinktion
NOMINALFLEXION — PRONOMINALFLEXION
Brasilien – Pomerano(Ostniederdeutsch)SL/Santa Maria 1998
(HIAT-Transkription)
PRONOMINALFLEXION Dat !
Standardisierte Testsätze zur Kasusdistinktion
mein-en mein-e mein-Ø de Ø0
20
40
60
80
100
120
Ich habe Löcher in meinen neuen Strümpfen. (Testsatz 12)
Pomerano (BRA)Plautdietsch (RUS)Hunsrückisch (BRA)„Katholisch“ (RUS)alle
Dat Nom/Akk o. Kasusendung andere
in %
Abb.: Ich habe Löcher in meinen neuen Strümpfen. (Testsatz 12, n=64)
Standardisierte Testsätze zur Kasusdistinktion
mein-en mein-e mein-Ø de Ø0
20
40
60
80
100
120
Ich habe Löcher in meinen neuen Strümpfen. (Testsatz 12)
Pomerano (BRA)Plautdietsch (RUS)Hunsrückisch (BRA)„Katholisch“ (RUS)alle
Dat Nom/Akk o. Kasusendung andere
in %
Abb.: Ich habe Löcher in meinen neuen Strümpfen. (Testsatz 12, n=64)
Standardisierte Testsätze zur Kasusdistinktion
neu-en neu-e neu-Ø Ø0
102030405060708090
100
Ich habe Löcher in meinen neuen Strümpfen. (Testsatz 12)
Pomerano (BRA)Plautdietsch (RUS)Hunsrückisch (BRA)„Katholisch“ (RUS)alle
Dat Nom/Akk o. Kasusendung andere
in %
Abb.s: Ich habe Löcher in meinen neuen Strümpfen. (Testsatz 12
Standardisierte Testsätze zur Kasusdistinktion
neu-en neu-e neu-Ø Ø0
102030405060708090
100
Ich habe Löcher in meinen neuen Strümpfen. (Testsatz 12)
Pomerano (BRA)Plautdietsch (RUS)Hunsrückisch (BRA)„Katholisch“ (RUS)alle
Dat Nom/Akk o. Kasusendung andere
in %
Abb.s: Ich habe Löcher in meinen neuen Strümpfen. (Testsatz 12
Standardisierte Testsätze zur Kasusdistinktion
Strümpf-en Strümpf-e Strümpf-Ø0
10
20
30
40
50
60
70
80
Ich habe Löcher in meinen neuen Strümpfen. (Testsatz 12)
Pomerano (BRA)Plautdietsch (RUS)Hunsrückisch (BRA)„Katholisch“ (RUS)alle
Dat Nom /Akk o. Kasusendung
in %
Abb.: Ich habe Löcher in meinen neuen Strümpfen. (Testsatz 12,
Standardisierte Testsätze zur Kasusdistinktion
Strümpf-en Strümpf-e Strümpf-Ø0
10
20
30
40
50
60
70
80
Ich habe Löcher in meinen neuen Strümpfen. (Testsatz 12)
Pomerano (BRA)Plautdietsch (RUS)Hunsrückisch (BRA)„Katholisch“ (RUS)alle
Dat Nom /Akk o. Kasusendung
in %
Abb.: Ich habe Löcher in meinen neuen Strümpfen. (Testsatz 12,
Standardisierte Testsätze zur Kasusdistinktion
Strümpf-en Strümpf-e Strümpf-Ø0
10
20
30
40
50
60
70
80
Ich habe Löcher in meinen neuen Strümpfen. (Testsatz 12)
Pomerano (BRA)Plautdietsch (RUS)Hunsrückisch (BRA)„Katholisch“ (RUS)alle
Dat Nom /Akk o. Kasusendung
in %
Abb.: Ich habe Löcher in meinen neuen Strümpfen. (Testsatz 12,
Standardisierte Testsätze zur Kasusdistinktion
Entwicklung der Kasusmorphologie
(a) Nominalflexion
(I) Akkusativ- oder Nominativ-Akkusativ-Formen für Obliquenkasus bzw. in Präpositionalkonstruktionen
(II)Expansion eines Einheitsflexivs –e.
Entwicklung der Kasusmorphologie
(a) Nominalflexion
(I) Akkusativ- oder Nominativ-Akkusativ-Formen für Obliquenkasus bzw. in Präpositionalkonstruktionen
(II)Expansion eines Einheitsflexivs –e.
Nominalflexion(I) Akkusativ- oder Nominativ-Akkusativ-Formen für
Obliquenkasus bzw. in Präpositionalkonstruktionen(1) ick heff löcher in mine schoine strömp
(Ich habe Löcher in meinen schönen Strümpfen)(2) an maine noas hengt’n dropp
(An meiner Nase hängt ein Tropfen)(3) dei hoor op minen kopp sin grau
(Die Haare auf meinem Kopf sind grau)Neutrum: Akkusativ Maskulinum!
(4) mi braure hett den schååp gråås jejeft (Mein Bruder hat dem Schaf Gras gegeben)
(5) den letste jåår (das letzte Jahr)
(6) wi derfe in den hus rinnegåån (Wir dürfen in das Haus hineingehen)
Nominalflexion: den/‘n
Verwendungsweisen von den
(7) den oule mann den alten Mann den
(8) help den hilf dem/ihm dem/ihm
(9) help den hilf ihnen denen/ihnen
(10) der winda den letste jåår der Winter des letzten Jahres(‚der Winter das letzte Jahr’)
das/des
(11) der legt den brööt in en korftje er legt das Brot/die Brotein ein Körbchen
das/die
(12) den domme gons geschubbt die dumme Gans getreten die
(13) den erre ihre (‚denen ihre’) denen/ihre
Nominalflexion: den/‘n
Verwendungsweisen von ’n (klitisch)
(14) for an lait ’n hund vor ihm liegt ein Hund ein
(15) for ’n plauch vor den Pflug den
(16) spannt ’n ai spannt ihn ein ihn
(17) hott ’n brief geschriebe einen Brief geschrieben einen
(18) mit ’n twein mit dem/einem Faden dem/einem
(19) in ’n pott kokkt im Topf gekocht dem (Portmanteau)
(20) for ’n vor ihm ihm/dem
(21) in ’n sekkel in die Tasche(‚in das Säckchen’)
das
Jedig (1966: 52): „Der Akkusativ ist beim Maskulinum und Neutrum im allgemeine vom Dativ verdrängt“. Die Akkusativform wird „fast ausschließlich von Vertretern der älteren Generation gebraucht, bei Vertretern der jüngeren Generation dagegen findet sie sich fast gar nicht” (ebd.: 71). 50 Jahre später: Akkusativ (den/‘n) bzw. de !
Bestimmter Artikel im Plautdietschen (nach Jedig 1966: 52)
Singular Plural
Maskulinum Femininum Neutrum M. F. N.
Nominativ däi dә däi dә dåut dәt әt däi dә
Objektskasus,Kasus obliquus
de:m әm m däi dә de:m әm m däi dә
(de:n әn n) (dåut dәt әt)
(dә)
Entwicklung der Kasusmorphologie
(a) Nominalflexion
(I) Akkusativ- oder Nominativ-Akkusativ-Formen für Obliquenkasus bzw. in Präpositionalkonstruktionen
(II)Expansion eines Einheitsflexivs –e.
Input (Standard) Output hd. Übersetzung
Singular
Maskulinum Nominativ (22) de sommer der Sommer
Dativ (23) mit de neets mit dem Faden
Akkusativ (24) de oks den Ochsen
Femininum Nominativ (25) de hett den wusche die/sie hat ihn gewaschen
Dativ (26) in de tjoatje in der Kirche
Akkusativ (27) de huut die Haut
Neutrum Nominativ (28) de linke Bain das linke Bein
Dativ (29) de schååp (fudder jejaft) dem Schaf (Futter gegeben)
Akkusativ (30) de broot das Brot
Plural
Nominativ (31) de frües die Frauen
Dativ (32) mit de polle mit den Zwiebeln
Akkusativ (33) de winta de latste joore der Winter die (der) letzten Jahre
Nominalflexion: de (Artikel)
Vereinfachung der Nominalflexion (-ә)
Input (Standard) Output standarddt. Übersetzung
Artikel (klitisch, best./unbest.)
Singular
Maskulinum Dativ an ’e grouse boum an dem großen Baum
Akkusativ an ’e pluugmit den fiirdem’e knopp
an den Pflugmit dem Faden einen Knopf (annähen)
Femininum Dativ in ’e kerrich in der Kirche
Akkusativ in ’e fuppe in die Tasche
Neutrum Dativ hett ’e schååp gråås gebe hat dem Schaf Gras gegeben
Akkusativ in ’e huus in das Haus
Plural
Dativ mit ’e tswiibele mit den Zwiebeln
Akkusativ an ’e bööm an die Bäume
-ә (Adjektiv)
Singular
Maskulinum
Nominativ ’n scheene foogel ein schöner Vogel
Dativ am groote boschma groose bruurer sai
am großen Buschmeinem großen Bruder sein (meines großen Bruders)
Akkusativ ne gaude mensch einen guten Menschen
Femininum
Nominativ de oule früü die alte Frau
Dativ fon di scheene blume von der schönen Blume
Akkusativ op de oule goss auf die alte Straße (Gasse)
Neutrum
Nominativ de letste joar das letzte Jahr
Dativ in dem kloone håås in dem kleinen Haus
Akkusativ mich das linkse been mir das linke Bein gebrochen
Plural
Nominativ dai schöine blää die schönen Blätter
Dativ in oole fenster in alten Fenstern
Akkusativ di roode päärsche die roten Pfirsiche
-ә (Nomen)
Singular
Maskulinum
Nominativ mi braure mein Bruder
Dativ uff’n boodemin ööls braure sin
auf dem Bodenmeinem ältesten Bruder sein (meines ältesten Bruders)
Akkusativ da grout osse den großen Ochsen
Femininum
Nominativ de leere die Lehrerin
Dativ in de kerche in der Kirche
Akkusativ pibe roken Pfeife rauchen
Neutrum
Nominativ de bunde feeglche das bunte Vögelchen
Dativ hai jifft det faltje wooter er gibt dem Fohlen Wasser
Akkusativ fresse gebe Fressen geben
Plural
Nominativ de flaume die Pflaumen
Dativ in mine schtrümpe in meinen Strümpfen
Akkusativ in mine schoine sokke in meine schönen Socken
-ә (Possessivpronomen)
Singular
Maskulinum
Nominativ maine bruuder mein Bruder
Dativ fon maine eltre bruudermaine bruuder sain haus
von meinem älteren Bruder(meines älteren Bruders)
Akkusativ maine ling fuus brocke meinen linken Fuß gebrochen
Femininum
Nominativ maine kloone schweschter meine kleine Schwester
Dativ an mine roue nees an meiner roten Nase
Akkusativ (diese arbeit) diese Arbeit
Neutrum
Nominativ nicht getestet
Dativ nicht getestet
Akkusativ nicht belegt
Plural
Nominativ nicht getestet
Dativ in mine schtrümpe in meinen Strümpfen
Akkusativ in mine schoine sokke in meine schönen Socken
Schwache Adjektivdeklination nach Helbig/Buscha (2001: 274)
„Sing. Nom. aller Genera } -e Sing. Akk. Neutr./Fem.
alle anderen Kasus -en “
Entwicklung der Kasusmorphologie
(a) Nominalflexion(I) Akkusativ- oder Nominativ-Akkusativ-Formen im
Obliquenkasus bzw. in Präpositionalkonstruktionen:„Arrondierung“ des Kasussystems (Regelgeneralisierung)
(II)Expansion eines Einheitsflexivs –e: Vereinfachung der regulären Flexion (nach Muster der schwachen Adjektivdeklination)
Entwicklung der Kasusmorphologie
(b) Pronominalflexion
(I) Dativdistinktion/formaler Dativerhalt
(II) Regularisierung und Vereinfachung
(34) vor ää schteet’n meisch (Vor ihr steht ein Mann)(35) däa hund setzt sich vor eem (Der Hund setzt sich vor ihn)(36) twai dikke keels schtelle sich vor ää (Zwei dicke Männer stellen sich vor sie).(37) sai wascht eäm mit säip (Sie wäscht ihn mit Seife)
Pronominalflexion
ihm (Dat) ihn/die (Akk)0
102030405060708090
100
Vor ihm lag ein Hund. (Testsatz 34)
PomeranoHunsrückischalle
Dat - Akk
in %
Abb.: Vor ihm lag ein Hund. (Testsatz 34, n=35)
Standardisierte Testsätze zur Kasusdistinktion
ihm (Dat) ihn/die (Akk)0
102030405060708090
100
Vor ihm lag ein Hund. (Testsatz 34)
PomeranoHunsrückischalle
Dat - Akk
in %
Abb.: Vor ihm lag ein Hund. (Testsatz 34, n=35)
Standardisierte Testsätze zur Kasusdistinktion
Im Dativ realisierte Pers. Pron. 3. Sg.: Funktion (n=163)
020406080
100
Rezipientenrolle lokativ komitativ
Kasusfunktion
(in %
)
geringe Belegzahl
Standardisierte Testsätze zur Kasusdistinktion
Spezifika von Personalpronomina
1 Hohe Frequenz: resistenter gegenüber sprachlichem Wandel?2 Belebte Referenten: morph. Unterscheidung syntaktischer Rollen?3 Geschlossene Klassen: auf andere Weise lexik. gespeichert als offene?4 Kleinere Klassen: Analogie geringere Wirkung?5 Pronomina können wie Köpfe von Nominalphrasen fungieren bzw. vertreten ganze Nominalphrasen: stärkere morphologische Markierung ?6 Suppletivformen: individuell und als ganze Einheiten lexikalisch gespeichert? Verlust von Kasusmarkierungen an Nomina (in „Dekomposition“ gespeichert) daher weniger „disruptiv“ (Salmons 1994) als Ersetzung ganzer lexikalischer Einträge.7 „Full Listing“ (Lexikalisierung als ganze Einheiten, Cholewa 1993) von: monomorphematische Wörter polymorphematische Wörter mit irregulärer Wortbildung mit weniger produktiven morphologischen Mustern semantisch weniger transparente Wörter = Personalpronomina?
Regularisierung – Vereinfachung
ihm: Realisierungen (n=108)
020406080
100
D A D/A N N/A 0
Kasus
(in %
)
Pers. Pron. (n=42) Dem. Pron./def. Art (n=58) indef. Art (n=8) alle
ihn: Realisierungen (n=138)
0
20
40
60
D A D/A N N/A 0
Kasus
(in %
)
Pers. Pron. (n=66) Dem. Pron./def. Art (n=66) indef. Art (n=6) alle
de
Sprachproben - Brasilien(1) männlich, Pomerano, Santa Maria, 12.10.1998
(Transkription mit EXMARaLDA)
Auf der Suche nach der 3. Pers. Plural
(Transkription mit EXMARaLDA)
Hilf dir (sg)
Sprachproben - Brasilien(1) männlich, Pomerano, Santa Maria, 12.10.1998
Sprachproben - Brasilien(2) weiblich, Hunsrückisch, Morro Redondo, 17.10.1998
(Transkription mit EXMARaLDA)
Hilf mir
Hilf mir Hilf ihr Hilf ihnen Ich helf euch (pl)
euch (pl) euch (pl)
euch (pl)
Ich helf ihr Hilf ihnen
Ich helf euch (pl) Ich helf euch (pl)
Gegenstand sind
1 die Entwicklungsverläufe regulärer 2 und irregulärer Morphologie 3 in deutschen Sprachinseln in Russland und Brasilien 4 bei Sprechern unterschiedlicher Ausgangsvarietäten 5 unterschiedlichen Alters 6 in Sprechsituationen unterschiedlicher Formalität. 7 Ziel des Projekts ist die Beschreibung der Abbauprozesse der Kasusmorphologie und 8 ihre Erklärung im Zusammenwirken von Konvergenz, Sprachwandel und Sprachwechsel
Deutsche Sprachinseln als „großangelegtes sprachgeschichtliches Experiment“ und als „sprachwissenschaftliches Laboratorium […], in dem wir an der Hand geschichtlicher Zeugnisse in einer kurzen Zeitspanne von 100 bis 150 Jahren Entwicklungen verfolgen können, die sich im Mutterlande in mehreren Jahrhunderten abgespielt haben müssen“.Viktor M. Schirmunski (1930: 113f.)
Laboratorium: Erkenntnisse aus „Aufbau“-Prozessen Dialektausgleich Koineisierung Standardisierung
Laboratorium: Erkenntnisse aus „Abbau“-Prozessen? (interlinguale oder intralinguale) Konvergenz morphologische Reduktion Normabbau Sprachwechsel
(8) Einige Interpretationsansätze zum Abbau der Kasusmorphologie:
Deutsche Sprachinseln als „großangelegtes sprachgeschichtliches Experiment“ und als „sprachwissenschaftliches Laboratorium […], in dem wir an der Hand geschichtlicher Zeugnisse in einer kurzen Zeitspanne von 100 bis 150 Jahren Entwicklungen verfolgen können, die sich im Mutterlande in mehreren Jahrhunderten abgespielt haben müssen“.Viktor M. Schirmunski (1930: 113f.)
Laboratorium: Erkenntnisse aus „Aufbau“-Prozessen Dialektausgleich Koineisierung Standardisierung
Laboratorium: Erkenntnisse aus „Abbau“-Prozessen? (interlinguale oder intralinguale) Konvergenz morphologische Reduktion Normabbau Sprachwechsel
(8) Einige Interpretationsansätze zum Abbau der Kasusmorphologie:
Deutsche Sprachinseln als „großangelegtes sprachgeschichtliches Experiment“ und als „sprachwissenschaftliches Laboratorium […], in dem wir an der Hand geschichtlicher Zeugnisse in einer kurzen Zeitspanne von 100 bis 150 Jahren Entwicklungen verfolgen können, die sich im Mutterlande in mehreren Jahrhunderten abgespielt haben müssen“.Viktor M. Schirmunski (1930: 113f.)
Laboratorium: Erkenntnisse aus „Aufbau“-Prozessen Dialektausgleich Koineisierung Standardisierung
Laboratorium: Erkenntnisse aus „Abbau“-Prozessen? (interlinguale oder intralinguale) Konvergenz morphologische Vereinfachung Normabbau Sprachwechsel
(8) Einige Interpretationsansätze zum Abbau der Kasusmorphologie:
Fazit: Befunde zur (ir)regulären Morphologie in Sprachinseln
1 Kasussynkretismus in irregulärer Morphologie geringer als in regulärer. 2 Dativformen in Flexion der Personalpronomina hochfrequent (gegenüber Akkusativ- oder Nominativformen im Nominalbereich und generell in der regulären Morphologie). 3 Dies gilt für Sprachinseln mit morphologisch reichen wie morphologisch armen Kontaktsprachen gleichermaßen. 4 Resistenz der Kasusmorphologie besonders in den Personalpronomina der 1.- 3. Pers. Sg., die häufig mit belebten Referenten korrelieren. 5 3. Pers. Sg. häufig Dativformen. vgl. engl. him/her (aengl. Dativ: him/hire) vgl. dän. ham/henne (askand. Dativ honum/henni) vgl. frz. lui (afrz. li, vulgärlat. li, lat. illi) 6 Akkusativformen häufig als Defaults (den, ‚n etc.), auch im Neutrum. 7 Vereinfachung der Nominalflexion: Gegenüberstellung von -e -(e)n 8 Abbausequenz? Regularisierung > Simplifikation/Defaults > Morphologieabbau (mit Substitution, z.B. durch Wortstellung) 9 Markiertheitsabbau in Nominalflexion, nicht in Pronominalflexion10 Distinktion kasussemantischer Kernfunktionen
Fazit: Befunde zur (ir)regulären Morphologie in Sprachinseln
1 Kasussynkretismus in irregulärer Morphologie geringer als in regulärer. 2 Dativformen in Flexion der Personalpronomina hochfrequent (gegenüber Akkusativ- oder Nominativformen im Nominalbereich und generell in der regulären Morphologie). 3 Dies gilt für Sprachinseln mit morphologisch reichen wie morphologisch armen Kontaktsprachen gleichermaßen. 4 Resistenz der Kasusmorphologie besonders in den Personalpronomina der 1.- 3. Pers. Sg., die häufig mit belebten Referenten korrelieren. 5 3. Pers. Sg. häufig Dativformen. vgl. engl. him/her (aengl. Dativ: him/hire) vgl. dän. ham/henne (askand. Dativ honum/henni) vgl. frz. lui (afrz. li, vulgärlat. li, lat. illi) 6 Akkusativformen häufig als Defaults (den, ‚n etc.), auch im Neutrum. 7 Vereinfachung der Nominalflexion: Gegenüberstellung von -e -(e)n 8 Abbausequenz? Regularisierung > Simplifikation/Defaults > Morphologieabbau (mit Substitution, z.B. durch Wortstellung) 9 Markiertheitsabbau in Nominalflexion, nicht in Pronominalflexion10 Distinktion kasussemantischer Kernfunktionen
Fazit: Befunde zur (ir)regulären Morphologie in Sprachinseln
1 Kasussynkretismus in irregulärer Morphologie geringer als in regulärer. 2 Dativformen in Flexion der Personalpronomina hochfrequent (gegenüber Akkusativ- oder Nominativformen im Nominalbereich und generell in der regulären Morphologie). 3 Dies gilt für Sprachinseln mit morphologisch reichen wie morphologisch armen Kontaktsprachen gleichermaßen. 4 Resistenz der Kasusmorphologie besonders in den Personalpronomina der 1.- 3. Pers. Sg., die häufig mit belebten Referenten korrelieren. 5 3. Pers. Sg. häufig Dativformen. vgl. engl. him/her (aengl. Dativ: him/hire) vgl. dän. ham/henne (askand. Dativ honum/henni) vgl. frz. lui (afrz. li, vulgärlat. li, lat. illi) 6 Akkusativformen häufig als Defaults (den, ‚n etc.), auch im Neutrum. 7 Vereinfachung der Nominalflexion: Gegenüberstellung von -e -(e)n 8 Abbausequenz? Regularisierung > Simplifikation/Defaults > Morphologieabbau (mit Substitution, z.B. durch Wortstellung) 9 Markiertheitsabbau in Nominalflexion, nicht in Pronominalflexion10 Distinktion kasussemantischer Kernfunktionen
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1 Kasussynkretismus in irregulärer Morphologie geringer als in regulärer. 2 Dativformen in Flexion der Personalpronomina hochfrequent (gegenüber Akkusativ- oder Nominativformen im Nominalbereich und generell in der regulären Morphologie). 3 Dies gilt für Sprachinseln mit morphologisch reichen wie morphologisch armen Kontaktsprachen gleichermaßen. 4 Resistenz der Kasusmorphologie besonders in den Personalpronomina der 1.- 3. Pers. Sg., die häufig mit belebten Referenten korrelieren. 5 3. Pers. Sg. häufig Dativformen. vgl. engl. him/her (aengl. Dativ: him/hire) vgl. dän. ham/henne (askand. Dativ honum/henni) vgl. frz. lui (afrz. li, vulgärlat. li, lat. illi) 6 Akkusativformen häufig als Defaults (den, ‚n etc.), auch im Neutrum. 7 Vereinfachung der Nominalflexion: Gegenüberstellung von -e -(e)n 8 Abbausequenz? Regularisierung > Simplifikation/Defaults > Morphologieabbau (mit Substitution, z.B. durch Wortstellung) 9 Markiertheitsabbau in Nominalflexion, nicht in Pronominalflexion10 Distinktion kasussemantischer Kernfunktionen
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1 Kasussynkretismus in irregulärer Morphologie geringer als in regulärer. 2 Dativformen in Flexion der Personalpronomina hochfrequent (gegenüber Akkusativ- oder Nominativformen im Nominalbereich und generell in der regulären Morphologie). 3 Dies gilt für Sprachinseln mit morphologisch reichen wie morphologisch armen Kontaktsprachen gleichermaßen. 4 Resistenz der Kasusmorphologie besonders in den Personalpronomina der 1.- 3. Pers. Sg., die häufig mit belebten Referenten korrelieren. 5 3. Pers. Sg. häufig Dativformen. vgl. engl. him/her (aengl. Dativ: him/hire) vgl. dän. ham/henne (askand. Dativ honum/henni) vgl. frz. lui (afrz. li, vulgärlat. li, lat. illi) 6 Akkusativformen häufig als Defaults (den, ‚n etc.), auch im Neutrum. 7 Vereinfachung der Nominalflexion: Gegenüberstellung von -e -(e)n 8 Abbausequenz? Regularisierung > Simplifikation/Defaults > Morphologieabbau (mit Substitution, z.B. durch Wortstellung) 9 Markiertheitsabbau in Nominalflexion, nicht in Pronominalflexion10 Distinktion kasussemantischer Kernfunktionen
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1 Kasussynkretismus in irregulärer Morphologie geringer als in regulärer. 2 Dativformen in Flexion der Personalpronomina hochfrequent (gegenüber Akkusativ- oder Nominativformen im Nominalbereich und generell in der regulären Morphologie). 3 Dies gilt für Sprachinseln mit morphologisch reichen wie morphologisch armen Kontaktsprachen gleichermaßen. 4 Resistenz der Kasusmorphologie besonders in den Personalpronomina der 1.- 3. Pers. Sg., die häufig mit belebten Referenten korrelieren. 5 3. Pers. Sg. häufig Dativformen. vgl. engl. him/her (aengl. Dativ: him/hire) vgl. dän. ham/henne (askand. Dativ honum/henni) vgl. frz. lui (afrz. li, vulgärlat. li, lat. illi) 6 Akkusativformen häufig als Defaults (den, ‘n etc.), auch im Neutrum. 7 Vereinfachung der Nominalflexion: Gegenüberstellung von -e -(e)n 8 Abbausequenz? Regularisierung > Simplifikation/Defaults > Morphologieabbau (mit Substitution, z.B. durch Wortstellung) 9 Markiertheitsabbau in Nominalflexion, nicht in Pronominalflexion10 Distinktion kasussemantischer Kernfunktionen
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1 Kasussynkretismus in irregulärer Morphologie geringer als in regulärer. 2 Dativformen in Flexion der Personalpronomina hochfrequent (gegenüber Akkusativ- oder Nominativformen im Nominalbereich und generell in der regulären Morphologie). 3 Dies gilt für Sprachinseln mit morphologisch reichen wie morphologisch armen Kontaktsprachen gleichermaßen. 4 Resistenz der Kasusmorphologie besonders in den Personalpronomina der 1.- 3. Pers. Sg., die häufig mit belebten Referenten korrelieren. 5 3. Pers. Sg. häufig Dativformen. vgl. engl. him/her (aengl. Dativ: him/hire) vgl. dän. ham/henne (askand. Dativ honum/henni) vgl. frz. lui (afrz. li, vulgärlat. li, lat. illi) 6 Akkusativformen häufig als Defaults (den, ‚n etc.), auch im Neutrum. 7 Vereinfachung der Nominalflexion: Gegenüberstellung von -e -(e)n 8 Abbausequenz? Regularisierung > Simplifikation/Defaults > Morphologieabbau (mit Substitution, z.B. durch Wortstellung) 9 Markiertheitsabbau in Nominalflexion, nicht in Pronominalflexion10 Distinktion kasussemantischer Kernfunktionen
Fazit: Befunde zur (ir)regulären Morphologie in Sprachinseln
1 Kasussynkretismus in irregulärer Morphologie geringer als in regulärer. 2 Dativformen in Flexion der Personalpronomina hochfrequent (gegenüber Akkusativ- oder Nominativformen im Nominalbereich und generell in der regulären Morphologie). 3 Dies gilt für Sprachinseln mit morphologisch reichen wie morphologisch armen Kontaktsprachen gleichermaßen. 4 Resistenz der Kasusmorphologie besonders in den Personalpronomina der 1.- 3. Pers. Sg., die häufig mit belebten Referenten korrelieren. 5 3. Pers. Sg. häufig Dativformen. vgl. engl. him/her (aengl. Dativ: him/hire) vgl. dän. ham/henne (askand. Dativ honum/henni) vgl. frz. lui (afrz. li, vulgärlat. li, lat. illi) 6 Akkusativformen häufig als Defaults (den, ‚n etc.), auch im Neutrum. 7 Vereinfachung der Nominalflexion: Gegenüberstellung von -e -(e)n 8 Abbausequenz? Regularisierung > Simplifikation/Defaults > Morphologieabbau (mit Substitution, z.B. durch Wortstellung) 9 Markiertheitsabbau in Nominalflexion, nicht in Pronominalflexion10 Distinktion kasussemantischer Kernfunktionen
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1 Kasussynkretismus in irregulärer Morphologie geringer als in regulärer. 2 Dativformen in Flexion der Personalpronomina hochfrequent (gegenüber Akkusativ- oder Nominativformen im Nominalbereich und generell in der regulären Morphologie). 3 Dies gilt für Sprachinseln mit morphologisch reichen wie morphologisch armen Kontaktsprachen gleichermaßen. 4 Resistenz der Kasusmorphologie besonders in den Personalpronomina der 1.- 3. Pers. Sg., die häufig mit belebten Referenten korrelieren. 5 3. Pers. Sg. häufig Dativformen. vgl. engl. him/her (aengl. Dativ: him/hire) vgl. dän. ham/henne (askand. Dativ honum/henni) vgl. frz. lui (afrz. li, vulgärlat. li, lat. illi) 6 Akkusativformen häufig als Defaults (den, ‚n etc.), auch im Neutrum. 7 Vereinfachung der Nominalflexion: Gegenüberstellung von -e -(e)n 8 Abbausequenz? Regularisierung > Simplifikation/Defaults > Morphologieabbau (mit Substitution, z.B. durch Wortstellung) 9 Markiertheitsabbau in Nominalflexion, nicht in Pronominalflexion10 Distinktion kasussemantischer Kernfunktionen
Fazit: Befunde zur (ir)regulären Morphologie in Sprachinseln
1 Kasussynkretismus in irregulärer Morphologie geringer als in regulärer. 2 Dativformen in Flexion der Personalpronomina hochfrequent (gegenüber Akkusativ- oder Nominativformen im Nominalbereich und generell in der regulären Morphologie). 3 Dies gilt für Sprachinseln mit morphologisch reichen wie morphologisch armen Kontaktsprachen gleichermaßen. 4 Resistenz der Kasusmorphologie besonders in den Personalpronomina der 1.- 3. Pers. Sg., die häufig mit belebten Referenten korrelieren. 5 3. Pers. Sg. häufig Dativformen. vgl. engl. him/her (aengl. Dativ: him/hire) vgl. dän. ham/henne (askand. Dativ honum/henni) vgl. frz. lui (afrz. li, vulgärlat. li, lat. illi) 6 Akkusativformen häufig als Defaults (den, ‚n etc.), auch im Neutrum. 7 Vereinfachung der Nominalflexion: Gegenüberstellung von -e -(e)n 8 Abbausequenz? Regularisierung > Simplifikation/Defaults > Morphologieabbau (mit Substitution, z.B. durch Wortstellung) 9 Markiertheitsabbau in Nominalflexion, nicht in Pronominalflexion10 Distinktion kasussemantischer Kernfunktionen
A Konvergenz als Folge des Sprachkontakts? wenig wahrscheinlich, da strukturell gleiche Prozesse im Kontakt mit: (brasil.) Portugiesisch (morph. Kasus nur in Pronominalflexion) (US-amerik.) Englisch (morph. Kasus nur in Pronominalflexion) Russisch (6 Kasus in Nominal- wie Pronominalflexion)
B Konvergenz als Folge des Varietätenkontakts? wenig wahrscheinlich, da strukturell gleiche Prozesse bei: Gruppen mit starkem Dialektausgleich/labilen Gruppennormen Gruppen mit schwachem Dialektausgleich/stabilen Gruppennormen
C Typologische „Konvergenz“? polyzentrische „Konvergenz“ (Coseriu 1975): Abbauprozesse seit Langem in allen deutschen Sprachvarietäten (und anderen germanischen und romanischen Sprachen) Reduktion von „fusionierender“ Formenbildung (Wurzel 1996: 522) höhere Resistenz in Pers. Pron.
A Konvergenz als Folge des Sprachkontakts? wenig wahrscheinlich, da strukturell gleiche Prozesse im Kontakt mit: (brasil.) Portugiesisch (morph. Kasus nur in Pronominalflexion) (US-amerik.) Englisch (morph. Kasus nur in Pronominalflexion) Russisch (6 Kasus in Nominal- wie Pronominalflexion)
B Konvergenz als Folge des Varietätenkontakts? wenig wahrscheinlich, da strukturell gleiche Prozesse bei: Gruppen mit starkem Dialektausgleich/labilen Gruppennormen Gruppen mit schwachem Dialektausgleich/stabilen Gruppennormen
C Typologische „Konvergenz“? polyzentrische „Konvergenz“ (Coseriu 1975): Abbauprozesse seit Langem in allen deutschen Sprachvarietäten (und anderen germanischen und romanischen Sprachen) Reduktion von „fusionierender“ Formenbildung (Wurzel 1996: 522) höhere Resistenz in Pers. Pron.
A Konvergenz als Folge des Sprachkontakts? wenig wahrscheinlich, da strukturell gleiche Prozesse im Kontakt mit: (brasil.) Portugiesisch (morph. Kasus nur in Pronominalflexion) (US-amerik.) Englisch (morph. Kasus nur in Pronominalflexion) Russisch (6 Kasus in Nominal- wie Pronominalflexion)
B Konvergenz als Folge des Varietätenkontakts? wenig wahrscheinlich, da strukturell gleiche Prozesse bei: Gruppen mit starkem Dialektausgleich/labilen Gruppennormen Gruppen mit schwachem Dialektausgleich/stabilen Gruppennormen
C Typologische „Konvergenz“? polyzentrische „Konvergenz“ (Coseriu 1975): Abbauprozesse seit Langem in allen deutschen Sprachvarietäten (und anderen germanischen und romanischen Sprachen) Reduktion von „fusionierender“ Formenbildung (Wurzel 1996: 522) höhere Resistenz in Pers. Pron.
A Soziolinguistik der Konvergenz: Auflösung als Auslöser beschleunigten Sprachwandels?
Sprachinselvarietäten „in obsolescence“ (Dorian 1989) Auflösung von Gruppennetzwerken Verfall von „Normativität“ (Sprachwissen und Sprachloyalität) Zunahme von Zweitsprachlernern gegenüber Muttersprachlern
B Pidginisierung? Analogie zwischen „Sprachtod“ und Pidginisierung (Dressler/Wodak-Leodolter 1977) „Sprachtod“ als „creolization in reverse“ (Trudgill 1978) Morphologieabbau zugunsten des Ausdrucks grammatischer Funktionen durch Wortfolgebeziehungen Form-Funktions-Mustern nach 1:1-Principle (vgl. Andersen 1989: 386) Beseitigung von markierten (Kasus-)Strukturen zugunsten unmarkierter/ weniger markierter (vgl. Campbell/Muntzel 1989: 189, Jakobson 1936) bzw. zugunsten „natürlicherer“ (vgl. Mayerthaler et al. 1998: 167)
C Zusammenwirken „innerer“ und „äußerer“ Wandelprozesse
A Soziolinguistik der Konvergenz: Auflösung als Auslöser beschleunigten Sprachwandels?
Sprachinselvarietäten „in obsolescence“ (Dorian 1989) Auflösung von Gruppennetzwerken Verfall von „Normativität“ (Sprachwissen und Sprachloyalität) Zunahme von Zweitsprachlernern gegenüber Muttersprachlern
B Pidginisierung? Analogie zwischen „Sprachtod“ und Pidginisierung (Dressler/Wodak-Leodolter 1977) „Sprachtod“ als „creolization in reverse“ (Trudgill 1978) Morphologieabbau zugunsten des Ausdrucks grammatischer Funktionen durch Wortfolgebeziehungen Form-Funktions-Mustern nach 1:1-Principle (vgl. Andersen 1989: 386) Beseitigung von markierten (Kasus-)Strukturen zugunsten unmarkierter/ weniger markierter (vgl. Campbell/Muntzel 1989: 189, Jakobson 1936) bzw. zugunsten „natürlicherer“ (vgl. Mayerthaler et al. 1998: 167, Rabanus 2008: 43f.) i.S. von „Natürlichkeit“ als Ikonizität, Uniformität und Transparenz.
C Zusammenwirken „innerer“ und „äußerer“ Wandelprozesse
Irregularität Regularität
nicht-vorhersagbare Form vorhersagbare Form
Funktionswörter, „immediate experience“ unspezifisch
z.T. hochfrequenter Basiswortschatz unspezifische Frequenz
Speicherung im mentalen Lexikon Produktion nach regelmäßigen Mustern
assoziatives „Gewusst-was“-System:„Merkgedächtnis“
symbolisches „Gewusst-wie“-System:„Kombinationsgedächtnis“ (Pinker 2000)
Sprecherökonomie Hörerökonomie
nicht-ikonische Form-Bedeutungs-Beziehung
ikonische Form-Bedeutungs-Beziehung(vgl. Peirce 1932)
hohe learning load geringe learning load
L1-Domäne L2-Domäne
Eigenschaften irregulärer und regulärer Formenbildung
C Zusammenwirken „innerer“ und „äußerer“ Wandelprozesse:
Abbau verläuft nicht strukturlos und nicht ungerichtet!
• Simplifizierung regulärer Strukturen
• Regularisierung irregulärer Strukturen und Simplifizierung• Erhalt irregulärer Strukturen in semantischen Kernbereichen: Grammatikalisierung als Prozess, der „in der Desemantisierung, d.h. im Verlust semantischer Merkmale besteht bis hin zur Reduktion auf ein semantisches Kernmerkmal“ (Leiss 2004: 857). Grammatikabbau als Prozess der Vereinfachung (und des Abbaus) der morphologischer Strukturen bis hin zur Reduktion grammatischer Funktionen auf ein Kernmerkmal im Sinne einer „Resemantisierung“ (etwa des Dativs als „Kasus des belebten Empfängers“)?
C Zusammenwirken „innerer“ und „äußerer“ Wandelprozesse:
Abbau verläuft nicht strukturlos und nicht ungerichtet!
• Simplifizierung regulärer Strukturen
• Regularisierung irregulärer Strukturen und Simplifizierung• Erhalt irregulärer Strukturen in semantischen Kernbereichen: Grammatikalisierung als Prozess, der „in der Desemantisierung, d.h. im Verlust semantischer Merkmale besteht bis hin zur Reduktion auf ein semantisches Kernmerkmal“ (Leiss 2004: 857). Grammatikabbau als Prozess der Vereinfachung (und des Abbaus) der morphologischer Strukturen bis hin zur Reduktion grammatischer Funktionen auf ein Kernmerkmal im Sinne einer „Resemantisierung“ (etwa des Dativs als „Kasus des belebten Empfängers“)?
C Zusammenwirken „innerer“ und „äußerer“ Wandelprozesse:
Abbau verläuft nicht strukturlos und nicht ungerichtet!
• Simplifizierung regulärer Strukturen
• Regularisierung irregulärer Strukturen und Simplifizierung• Erhalt irregulärer Strukturen in semantischen Kernbereichen: Grammatikalisierung als Prozess, der „in der Desemantisierung, d.h. im Verlust semantischer Merkmale besteht bis hin zur Reduktion auf ein semantisches Kernmerkmal“ (Leiss 2004: 857). Grammatikabbau als Prozess der Vereinfachung (und des Abbaus) der morphologischer Strukturen bis hin zur Reduktion grammatischer Funktionen auf ein Kernmerkmal im Sinne einer „Resemantisierung“ (etwa des Dativs als „Kasus des belebten Empfängers“)?
Überflutete Sprachinseln.Grammatikabbau in deutschen Varietäten in Russland und Brasilien
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Peter Rosenberg(Europa-Universität Frankfurt/Oder)
Universität Potsdam – Zentrum Sprache, Variation und Migration – Kolloquium 30.11.2011
abrufbar unter: http://www.kuwi.euv-frankfurt-o.de/de/lehrstuhl/sw/sw1
Vollkasus
Randkasus
BezugskorrelationUmfangskorrelation
Gestaltungskorrelation
„Es ist für alle diese Gegensätze charakteristisch, daß das Gekennzeichnete eigentlich stets negativer Art ist: es setzt hierarchisch den Gegenstand herab, schränkt auf irgendeine Weise die Fülle seiner Selbstentfaltung ein. So wird durch die Bezugskasus (A, D) die Unselbständigkeit des Gegenstandes angezeigt, durch die Umfangskasus (die G-e und L-e) die Einschränkung seines Umfangs, durch die Randkasus (I, D und die L-e) seine periphere Stellung und durch die Gestaltungskasus (G II, L II) die Beschränkung seiner Funktion auf die des Enthaltens oder des Enthaltenseins. Je mehr Korrelationsmerkmale der Kasus in sich trägt, desto vielfältiger wird die Geltung des bezeichneten Gegenstandes in der Aussage beschränkt und herabgedrückt, und eine desto erheblichere Verwickeltheit des übrigen Sachverhaltes wird durch diesen Kasus angezeigt.“ (Jakobson 1936/1974: 282, Hervorheb.: im Orig. gesperrt, PR)
U M U MU M
UM M
U