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Grundlagen und Einführung der Balanced Scorecard von Prof. Dr. Peter Greischel, München Übersicht Seite 1 Für wen dieses Buch von Nutzen ist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 2 Zwischenbilanz der BSC im deutschsprachigen Raum . . . . . . . . . . 3 3 Typische Fragestellungen im Management:Wo die BSC wirklich hilft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 4 Bestandteile und Wirkungsweise der Balanced Scorecard . . . . . . . . . 6 4.1 Ziele der BSC und ihre Verknüpfungen: Die Strategie . . . . . . . . . . . 6 4.1.1 Vision des Unternehmens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 4.1.2 Finanzziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 4.1.3 Kundenziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 4.1.4 Interne Ziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 4.1.5 Lern- und Wachstumsziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 4.1.6 Herunterbrechen von Zielen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 4.1.7 Das Ursache-/Wirkungsprinzip: Die Logik des Geschäfts . . . . . . . . 12 4.1.8 Strategisches Linkage-Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 4.2 Die komplette Balanced Scorecard: Das Cockpit im Überblick . . . . 14 4.2.1 Messgrößen: Die wichtigste Orientierungshilfe . . . . . . . . . . . . . . . 14 4.2.2 Zielvorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 4.2.3 Maßnahmen und Verantwortlichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 4.3 Das BSC Management-System: Auch in fünf Jahren erfolgreich . . . . 20 4.4 Die Vergütungsstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 4.5 Roll Out im Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 5 Einführungsprozess der BSC: Energiegeladener Start . . . . . . . . . . . . 24 5.1 Einführungsplanung für das BSC-Projekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 5.2 Sicherstellen des Vorliegens einer plausiblen Strategie . . . . . . . . . . . 27 5.3 Abbildung der Strategie im Strategischen Linkage-Modell . . . . . . . . 28 5.4 Erarbeitung der Messgrößen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 5.5 Abstimmung der Zielvorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 5.6 Entwicklung der Maßnahmen und Klärung der Verantwortlichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 5.7 Nutzung als BSC Management-System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 5.8 Umsetzung in der EDV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35

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Grundlagen und Einführung der Balanced Scorecard

von Prof. Dr. Peter Greischel, München

ÜbersichtSeite

1 Für wen dieses Buch von Nutzen ist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2

2 Zwischenbilanz der BSC im deutschsprachigen Raum . . . . . . . . . . 3

3 Typische Fragestellungen im Management:Wo die BSC wirklich hilft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4

4 Bestandteile und Wirkungsweise der Balanced Scorecard . . . . . . . . . 64.1 Ziele der BSC und ihre Verknüpfungen: Die Strategie . . . . . . . . . . . 64.1.1 Vision des Unternehmens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74.1.2 Finanzziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74.1.3 Kundenziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74.1.4 Interne Ziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84.1.5 Lern- und Wachstumsziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84.1.6 Herunterbrechen von Zielen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94.1.7 Das Ursache-/Wirkungsprinzip: Die Logik des Geschäfts . . . . . . . . 124.1.8 Strategisches Linkage-Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134.2 Die komplette Balanced Scorecard: Das Cockpit im Überblick . . . . 144.2.1 Messgrößen: Die wichtigste Orientierungshilfe . . . . . . . . . . . . . . . 144.2.2 Zielvorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174.2.3 Maßnahmen und Verantwortlichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184.3 Das BSC Management-System:Auch in fünf Jahren erfolgreich . . . . 204.4 Die Vergütungsstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224.5 Roll Out im Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

5 Einführungsprozess der BSC: Energiegeladener Start . . . . . . . . . . . . 245.1 Einführungsplanung für das BSC-Projekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255.2 Sicherstellen des Vorliegens einer plausiblen Strategie . . . . . . . . . . . 275.3 Abbildung der Strategie im Strategischen Linkage-Modell . . . . . . . . 285.4 Erarbeitung der Messgrößen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305.5 Abstimmung der Zielvorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 325.6 Entwicklung der Maßnahmen und Klärung der

Verantwortlichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 335.7 Nutzung als BSC Management-System . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345.8 Umsetzung in der EDV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35

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An Manager

An Interessierte

An mittelständi-sche Unternehmer

An Praktiker

An jungeFührungskräfte

An Studierende

1 Für wen dieses Buch von Nutzen ist

Dieses Buch wurde am Schreibtisch von Managern geschrie-ben.

Es informiert jene, die die Balanced Scorecard, im weiterenText auch Scorecard oder BSC genannt, in ihrer praktischenerfolgreichen Anwendung in erstklassigen Unternehmen näherkennenlernen möchten. Und es spricht die an, die bereits mitdiesem Instrument arbeiten.

Dieses Buch wendet sich

an Manager in der Verantwortung für Ihr Unternehmen:Vor-stände, Geschäftsführer, Bereichsleiter,Werksleiter, Projektleiteroder Geschäftsprozessverantwortliche;

an Interessierte, die die BSC bislang nicht anpacken wollten:Die Situation wird als noch nicht „reif“ angesehen, es liegt ei-ne scheinbar unpassende Management-, Personal- oder Orga-nisationsstruktur vor, oder andere Projekte werden als wichti-ger eingestuft;

an Mittelständler, die die BSC nur in großen Unternehmenwirkungsvoll eingesetzt sehen. Dabei zeigt die Erfahrung: DieBSC hilft kleinen und großen Unternehmen gleichermaßen;

an Praktiker, die die BSC als „theoretisches“ oder „bürokrati-sches“ Instrument sehen. Diese Gefahr besteht nur dann, wenndie BSC falsch eingeführt und gehandhabt wird;

an heranwachsende Führungskräfte, die die BSC als „Treib-satz“ für ihre Karriere verstehen und nutzen möchten. BSC-Teammitglieder werden häufig als künftige Führungskräfte ge-handelt; und

an Studenten, die mit der BSC viel über die spätere Praxis ler-nen können – und dabei einen exzellenten theoretischen Rah-men nutzen möchten.

2 Balanced Scorecard

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Aufsichtsorganeentdecken

Vorteile

Neigung zurGründlichkeit

Hoher Verbrei-tungsgrad bei

Konzernen undMittelstand

2 Zwischenbilanz der BSC im deutschsprachigen Raum

Nach gut einem halben Jahrzehnt Anwendungserfahrung inDeutschland hat die BSC eine beachtliche Erfolgsstory ge-schrieben: Ein aus sprachlicher Sicht schwieriger Name – allenoch so gut gemeinten Übersetzungsbemühungen und Ein-deutschungsversuche schlugen fehl, eine „ausgewogene Be-richtskarte“ als strategisches Steuerungssystem hatte keinenhinreichenden Realitätsbezug – hinderte nicht daran, einenhohen Verbreitungsgrad zu erzielen. Ein großer Teil der Top100-Unternehmen in Deutschland nutzt das Instrument, undebenfalls viele Mittelständler bedienen sich seiner Vorzüge.

Der amerikanische Originalname setzte sich durch. Das intel-lektuell durchaus anspruchsvolle Konzept wurde in der be-triebswirtschaftlichen Gemeinde begierig angenommen undfüllt Seminarveranstaltungen sowie Controller-Konferenzenaus. Beratungsunternehmen, Wissenschaftler sowie innovativeund interessierte Manager bilden die wesentlichen Treiber,Aufsichtsorgane hingegen entdecken erst langsam die Vorteileeiner konsequent genutzten BSC.

Während die BSC in den anglophonen Ländern überwiegendgenutzt wird, um ein „big picture“, einen Überblick über dasUnternehmen und seine Märkte, herzustellen und daran aus-gerichtet Steuerungsgrößen für das Tagesgeschäft zu definie-ren, neigen wir in Deutschland zu der uns eigenen Gründlich-keit. So wird mitunter ein exakter Zusammenhang zwischenden einzelnen Zielen im Sinne eines mathematisch begründe-ten Ursache-/Wirkungszusammenhangs gesucht: „Um wieviel%-Punkte wächst der Ertrag, wenn wir die Schulungsbudgetsfür EDV verdoppeln?“ Unsicherheiten, Zufälle, ungeplante Er-eignisse und vielleicht unbekannte Wirkungszusammenhänge– all dies möchte man am liebsten herausdefinieren und „absi-chern“.

Unbehagen bereitet einigen Managern der Gedanke, im Laufeder Erarbeitung einer BSC – beispielsweise im Rahmen vonInterviews zwischen dem BSC-Team und einzelnen Ge-schäftsführern oder Vorständen – nicht alle getätigten Aussagenkontrollieren zu können.Warum sollte dieses Risiko eingegan-gen werden? Die Interessen der Firma stehen dann ganzschnell hinter dem Einzelinteresse einer Führungskraft zurück.

Grundlagen und Einführung 3

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ErfolgreicheTeamarbeit mitBSC

Mehr funktionale,Prozess- undBranchen-BSCs

PragmatischerRahmen fürwirkungsvollesUmsetzen

Teamarbeit, wesentliches Element des täglichen Arbeitens mitder BSC, wird zwar in Ansprachen und PR-Dokumenten alswünschenswert erklärt, in der Praxis jedoch gerne vernachläs-sigt. Klare Chancen werden damit verspielt. Der Erfolg derBSC zeigt, dass eine offene und konstruktive Kommunikationzu ausgezeichneten Ergebnissen führt.

Ähnlich der Erfindung der Jeans-Hose („war mal modern, manträgt sie trotzdem nach wie vor, weil sie einfach praktisch ist“)scheint es der BSC zu ergehen: Auch nach Ablauf der erstenModewelle nutzt man sie – weil sie einfach praktisch undnutzbringend ist. Sie tritt zunehmend auch in ausdifferenzier-ter Form auf, als IT-Scorecard oder als BSC im Personalbe-reich. Sie wird ebenfalls in wachsendem Umfang für die Steue-rung von Kerngeschäftsprozessen eingesetzt. Ein Beispiel bildetder Auftragsabwicklungsprozess eines Automobilherstellers. Sieerfährt zudem markante Branchendifferenzierungen, und sielässt sich mit anderen Werkzeugen des Managers wirkungsvollintegrieren.

3 Typische Fragestellungen im Management:Wo die BSC wirklich hilft

Als klassisch gelten im Top-Management verabschiedete Visio-nen und Strategien, die hervorragende Ideen und Konzeptebeinhalten – jedoch nie beim Mitarbeiter oder Kunden an-kommen und damit wirksam werden könnten. Es fehlt daskonsequente Transportieren, das eindeutige Kommunizierenund das systematische Erarbeiten der richtigen Maßnahmensowie das Messbarmachen von Zielen. Hier bietet die BSC ei-nen pragmatischen Rahmen, um Strategien im Tagesgeschäftschlagkräftig umzusetzen – und sie mit ihren systematisch ein-gesetzten Feedback-Schleifen als dauerhaftes Management-In-strument zu nutzen.

4 Balanced Scorecard

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Komplexe Vorgän-ge überschaubar

gestalten

Beispiel:Ziele von

Management-Teams driften

auseinander

In festgelegteRichtung führen

BSC unterstütztKostenmanage-

ment wirksam

Grundlagen und Einführung 5

Das folgende Experiment sollte jeder Leser durchführen. Erwird fast immer zu ähnlichen Ergebnissen gelangen: TeilenSie an jedes Mitglied der Geschäftsführung fünf Metaplan-Karten aus und fordern Sie dazu auf, die fünf wichtigstenstrategischen Ziele des Unternehmens auf jeweils eine Kar-te zu schreiben. Betrachten Sie nun die ausgefüllten Kartenim Überblick, stellen Sie fest, dass gleiche und ähnliche, aberauch ganz unterschiedliche Ziele genannt werden. Die Zie-le werden häufig untereinander nicht stimmig sein, und siewerden sogar widersprüchlich sein.

Darüber hinaus lässt sich das Management-System der BSCauch mit Risikomanagement, Qualitätsmanagement,Wertma-nagement, Prozessmanagement einschließlich Reengineeringund Six Sigma oder dem Rating zur Kreditvergabe durch Ban-ken verbinden. So wird der Gesamtsteuerungsaufwand durchdie BSC erheblich begrenzt. Komplexe Vorgänge im Unter-nehmen werden überschaubarer und lenkbarer.

Die BSC gibt in diesen Fällen entscheidende Impulse, um dieWillensbildung im Management-Team in eine bestimmte undvon allen gewollte Richtung zu fördern. In der Folge unter-stützt sie nachhaltig und konsequent das tatsächliche Realisie-ren dieser gewollten Richtung. Dies gelingt gerade dann, wennunterschiedliche Teamzusammensetzungen gegeben sind:Theoretiker („… keine Ahnung vom Geschäft …“) und Kon-zeptionsleute sowie Strukturierer auf der einen Seite, Pragma-tiker, Ärmelhochkrempler und „Bauchmenschen“ auf der an-deren Seite. Die BSC fördert ein reißverschlussartiges Zusam-menarbeiten.

Weitere wirkungsvolle und nachhaltige Management-Unter-stützung bietet die BSC in der Anreizbildung für die Mitar-beiter, in der Steuerung kundennaher Prozesse sowie im Iden-tifizieren und schrittweisen Reduzieren von nicht betriebsnot-wendigen Projekten und Kosten. Ansatzpunkt ist die konse-quente Ausrichtung des Unternehmens an der Vision sowieden strategischen Zielsetzungen („Alignment“) und am folge-richtigen Reduzieren und Stoppen hierfür nicht notwendigerAktivitäten.

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Cockpit für dasUnternehmen

4 Bestandteile und Wirkungsweise derBalanced Scorecard

In der folgenden Darstellung werden die Elemente und dieFunktionsweise der BSC beleuchtet.

Die BSC ist ein strategisches Management-Instrument, das dieLogik eines Geschäfts konsequent abbildet und in das Tagesge-schäft umsetzt.Wie im Cockpit eines Flugzeugs werden Steu-erhebel eingerichtet, um das komplexe Unternehmensgesche-hen in die gewünschte Richtung zu lenken, bei schwierigenMarktbedingungen („Nebel“) genauso wie bei positiven Er-tragsaussichten („sonnigem Wetter“).

4.1 Ziele der BSC und ihre Verknüpfungen:Die Strategie

Das Konzept basiert auf der Erkenntnis, dass finanzielle Zielenicht ausreichen, sondern durch die Kundenperspektive, dieinterne Prozessperspektive sowie durch die Lern- und Wach-tumsperspektive angereichert werden sollen. Somit sind vierZielebenen definiert, die die zentralen Bestandteile des Er-folgsrezepts eines Unternehmens in seiner Vielschichtigkeit ab-bilden.

6 Balanced Scorecard

Abbildung 1: Zielebenen der Balanced Scorecard

Quelle: in Anlehnung an Robert Kaplan und David Norton

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Finanzziele alsHaupterfolgs-

maßstab

Vision: Mehr alsnur fortschreiben

4.1.1 Vision des Unternehmens

Den Ausgangspunkt bildet die Vision eines Unternehmens:Wowill man in drei bis fünf Jahren stehen? Nr. eins in Europa?Qualitätsführerschaft in zwei Marktsegmenten? InnovativstesUnternehmen der Branche?

Eine Vision sollte idealerweise nicht ein Fortschreiben bisheri-ger Entwicklung in die Zukunft sein, sondern markant darü-ber hinausgehen.

Aus der Vision sollten klare Zielsetzungen ableitbar sein, die fürMitarbeiter, Kapitaleigner und Kunden, aber auch Lieferantenund weitere relevante Interessengruppen hohe Aussagekraftund Relevanz besitzen.

Ausgehend von der Vision bildet jede der vier Zielebenen diejeweils wichtigsten strategischen Ziele ab.

4.1.2 Finanzziele

Klassische Finanzziele sind Umsatz, EBIT (Earnings Before In-terest and Tax), Jahresüberschuss, Geschäftswertbeitrag, ROCE(Return On Capital Employed) und cash flow. Im Falle einerNon-Profitorganisation oder eines Cost-Centers steht häufigauch ein Budgetziel an. Bei einer BSC auf operativer Ebene –beispielsweise bei einer Produktionsabteilung – lässt sich eben-falls ein Budgetziel definieren.

4.1.3 Kundenziele

Der Kunde kauft, wenn er seine Vorstellungen von einem Pro-dukt oder einer Leistung erfüllt sieht und seine Bedürfnisse da-mit befriedigen kann. Zwingende Folge für jedes Unterneh-men ist, die Leistung an exakt jenen Bedürfnissen auszurich-ten. In der Sprache der BSC heißt das, dass sich das Unterneh-men an den Kundenzielen ausrichtet; nicht an allen, aber anden Kaufentscheidenden. Daher sollen diese Ziele in der Ebe-ne der Kundenziele genannt werden. Im Falle eines Automo-bils können dies beispielsweise Design, Leistungskennziffernoder die Dichte des Werkstättennetzes sein, es kann jedochauch eine kurze Lieferzeit – wie bei Cabrios im Frühjahr – den

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* Zusammenfassung der Erfolgsfaktoren siehe Seite 191 f.

E 1*Durch Brille desKunden sehen

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kaufentscheidenden Ausschlag geben. Produktqualität setztman in diesem Markt mittlerweile als selbstverständlich voraus,folglich würde diese nicht als explizites Ziel einfließen. Ver-treibt ein Unternehmen seine Produkte über einen Absatz-mittler, so sind die Ziele dieses Absatzmittlers ebenfalls Be-standteil der Kundenziele.

4.1.4 Interne Ziele

Ein Unternehmen hat sich intern so zu strukturieren und zuorganisieren, dass es die Kundenziele weitestgehend befriedi-gen kann. Es hat im Falle des Automobils den Designprozess sozu gestalten, dass der Geschmack der Zielgruppe getroffenwird und der Lieferzeitpunkt passt. Folglich ist eine entspre-chende Auswahl der Designer vorzunehmen, diese sind mitden marktrelevanten Informationen zu versorgen, und glei-chermaßen sind die bestehenden technischen Fertigungsbe-dingungen und künftigen Investitionen in einem gegebenenengen Zeitrahmen zu gestalten.

Das Beispiel des Designprozesses verdeutlicht, dass bei internenZielen die gesamte Wertschöpfungskette eines Unternehmenszu berücksichtigen ist. Daraus erwachsender Umfang undKomplexität lassen erkennen, dass das Zielsystem einer BSCkeineswegs alle Prozesse bzw. internen Ziele berücksichtigenkann, sondern nur die für den insbesondere langfristigen Erfolgwichtigen Ziele.

4.1.5 Lern- und Wachstumsziele

Seit jeher sind Organisationen zu Veränderungen und Anpas-sungen an die Umwelt gezwungen, um zu überleben und Er-folg zu haben. Gute und sehr gute Organisationen zeichnensich dadurch aus, dass sie proaktiv Veränderungen erkennen,besser noch: diese herbeiführen. Folglich sind Lernprozessevital und notwendig.

Darüber hinaus sehen die meisten Unternehmen Wachstum alsein wünschenswertes Ziel an. Somit sind sie herausgefordert,die erforderlichen internen Voraussetzungen zu schaffen.

8 Balanced Scorecard

E 2Wichtige inter-ne Prozessepriorisieren

Wachstum als Ziel

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Die Basis für Lernen und Wachsen bilden an erster Stelle dieMitarbeiter mit Wissen, Kompetenz und Fähigkeiten. Ein Zielist es daher, Kompetenzen zu fördern und auszubauen undWissenstransfer effizient zu managen. Das gesamte vorhandeneWissen soll dem Wachstumsprozess fokussiert zur Verfügunggestellt werden, erforderliche Fähigkeiten sollen entwickeltund in der benötigten Menge verfügbar gemacht werden.

Mitarbeitermotivation und -zufriedenheit bildet ein weitereszentrales Ziel. Führungsfähigkeit durch das Management-Teamwird ebenfalls als ein wesentliches Ziel genannt. Darüber hin-aus spielt für den Wachstumsprozess eine geeignete IT-Infra-struktur meist eine wichtige Rolle, ERP-Systeme werden in-stalliert, Supply Chain Management (SCM) oder CustomerRelationship Management (CRM) erfahren durch geeigneteSoftware-Lösungen Unterstützung.

Es werden insbesondere jene Ziele in den vier Ebenen aufge-nommen, die zum Zeitpunkt der Zieldefinition nicht odernicht hinreichend erfüllt sind. Damit wird verständlich, warumeinerseits die Erfolgsfaktoren eines Unternehmens oder einerBranche eine Grundlage der Ziele bilden, und warum ande-rerseits das Stärken-/Schwächenprofil Berücksichtigung findet:Das Abstellen von Schwächen wie beispielsweise zu langeDurchlaufzeiten ist als Ziel aufzunehmen, Stärken wie bei-spielsweise eine exzellente Produktqualität werden als BSC-Ziel nicht mehr aufgeführt.

4.1.6 Herunterbrechen von Zielen

Nach der Beschreibung der vier Zielebenen wird nun näherauf den Zusammenhang zwischen den Zielen eingegangen.

Die Darstellung „Pfeile nach unten“ in Abbildung 2 verdeut-licht, dass ein schrittweises Ableiten und Herunterbrechen derVision auf die vier Zielperspektiven erfolgt. Zunächst werdenFinanzziele abgeleitet, aus diesen Kundenziele, aus diesen wie-derum Ziele interner Prozesse, und aus diesen schließlichLern- und Wachstumsziele.

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E 3Wissen imUnternehmennutzen

E 4Erfolgsfaktorenund Stärken-/Schwächen-profil formenGrundlage

Aus der Visionschrittweise Ziele

ableiten

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Beispiel:Amerikanischer IT-Unternehmer(1)

Im Rahmen einer hierzulande als typisch amerikanisch an-gesehenen Denkweise lässt sich dies gut vorstellen. Gehenwir davon aus, dass ein Unternehmer seine künftigen be-trieblichen Aktivitäten plant: Er geht beispielsweise von derVision aus, IT-Netzwerke in mittelständischen Firmen auf-zubauen und regionaler Marktführer zu werden. Damit isteine Grundrichtung vorgegeben.

Danach gibt er sich das zentrale Ziel vor: „I want to makemoney“, er möchte Geld verdienen, und zwar möglichstviel. Das zentrale Ziel seines Handelns wird damit das Fi-nanzziel „Profit“.

In der daraus abgeleiteten Überlegung, wie denn überhauptdas Geld zu verdienen sei, stellt der Unternehmer fest, dassdies nur über Kunden zu erreichen sei, welche seine Leis-tungen einkauften und damit Umsatz brächten.

Hieraus wiederum folgt die Überlegung, durch interne Pro-zesse eine Leistung zu erstellen, die die Kundenziele erfüllt.Diese internen Prozesse sind also so zu gestalten, dass dieWünsche des Kunden bestmöglich erfüllt werden.

Um diese Leistung im schnelllebigen Netzwerkmarkt auchkünftig bringen zu können und damit zu wachsen, ist stän-diges Hinzulernen erforderlich. Durch Lernen und weiterenKompetenzaufbau wiederum wird auch das Wachstum desUnternehmens forciert.

Kontrastiv hierzu eine vielleicht eher typisch deutsche Vorge-hensweise: Ein erstes Interesse gilt einer möglichst perfektentechnischen Lösung, die der Kunde aber vielleicht gar nichtbenötigt – und auch immer weniger bereit ist, zu bezahlen.

10 Balanced Scorecard

Perfekte Lösung:nicht benötigtund nicht bezahlt

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Grundlagen und Einführung 11

Abbildung 2: Ursache-/Wirkungsbeziehungen: Verknüpfungen zwischen Zielen

Quelle: in Anlehnung an Rober Kaplan und David Norton

Die durch Pfeile dargestellten Verknüpfungen werden als „Linkages“bezeichnet. Alle Verknüpfungen über die vier Zielebenen bilden da-her das „Strategische Linkage-Modell“ (SLM). Sie führen alle zu denFinanzkennzahlen. Verknüpfungen werden auch als kritische Erfolgs-faktoren, Key Performance Indicators und Leistungstreiber bezeichnet

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4.1.7 Das Ursache-/Wirkungsprinzip: Die Logik desGeschäfts

Betrachtet man nun bei den aufgezeigten Zielen die – durchPfeile nach oben dargestellten – erfolgsentscheidenden Ursa-che-/Wirkungsbeziehungen, so kann man folgende gedankli-che Kette aufzeigen:

Weil Kompetenzen beispielsweise für den Aufbau komple-xer Netzwerke eingekauft und weiterentwickelt wurden,können entsprechende unternehmensinterne Leistungspro-zesse dargestellt werden. Diese Fähigkeit bildet nun wieder-um die Basis dafür, Kundenziele der Vernetzung bislang un-abhängig voneinander arbeitender Module und damit einedeutlich schnellere Informationsweitergabe zu erfüllen. Dieshonoriert der Kunde mit einem definierten Kaufpreis, derunserem Hersteller Umsatz und Marge beschert – und da-mit seine Finanzziele erreichen lässt.Diese Ursache „Finanz-zielerreichung“ trägt zur Wirkung „der Vision ein Stücknäherkommen“ bei.

So werden Treiberbäume abgebildet, die letztlich immer zurRealisierung der Finanzziele und der Vision führen.

Insgesamt betrachtet bleiben damit Finanzziele die zentralenund wichtigsten Ziele im Unternehmen und damit der Haupt-erfolgsmaßstab; Kunden-, Interne- sowie Lern- und Wachs-tumsziele haben letztlich instrumentellen Charakter und sollendie Erfüllung der Finanzziele in der Zukunft sicherstellen. Siesollen uns sagen, was heute zu tun ist, um morgen Geld zu ver-dienen.

Gleichermaßen funktioniert die BSC als Frühwarnsystem.Nicht erreichte Ziele auf der Lern- und Wachstumsebene so-wie der internen Ebene schlagen sich mit zeitlicher Verzöge-rung im nur eingeschränkten Realisieren von Kundenzielennieder. Dies wiederum führt mit zeitlicher Verzögerung zu nurnoch eingeschränktem Erreichen von Finanzzielen, einigeMonate oder gar Jahre später.

12 Balanced Scorecard

E 5DurchgängigeKausalkettendarstellen

Beispiel:Amerikanischer IT-Unternehmer(2)

Was ist heute zutun, um morgenGeld zu verdie-nen?

BSC als Frühwarn-system

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Graphische Dar-stellung schafft

Übersicht

4.1.8 Strategisches Linkage-Modell

Die Gesamtheit der Ziele mit den Verknüpfungen des Herun-terbrechens und den Ursache-/Wirkungsbeziehungen stelltdas Abbild der Strategie dar und wird als Strategisches Link-age-Modell (SLM) bezeichnet.

Folgende Merkmale charakterisieren dieses Modell.

– Es stellt die wichtigsten strategischen Ziele, die kritischenErfolgsfaktoren und die Leistungstreiber graphisch über-sichtlich dar.

– Diese Übersichtlichkeit vereinfacht nachhaltig die Kom-munikation der Strategie an Mitarbeiter und Eigentümersowie an Kunden und Lieferanten, falls dies gewünschtwird. Das Argument, dass Konkurrenten durch eine unbe-fugte Weitergabe des SLM „schlau gemacht“ werden undeinen zu tiefen Einblick in ein Unternehmen erhalten, lässtsich aus der Praxis der letzten Jahre heraus entkräften. Zumeinen sind die Schwächen und Stärken der einzelnen An-bieter einer Branche in aller Regel bekannt, zum anderenerreicht das BSC-anwendende Unternehmen eine hoheGeschwindigkeit in der Umsetzung der eigenen Strategie.Die Wettbewerbsposition wird damit eher gestärkt und aus-gebaut.

– Das SLM ist für die Führungskräfte selbst eine hervorra-gende Hilfestellung. Da im Tagesgeschäft der Überblicküber die langfristigen Ziele sowie über die Leistungstreiberdes Geschäfts in ihrer Vollständigkeit mitunter verlorengeht, können sich Führungskräfte rasch immer wieder ori-entieren.

– Die Zielfindung bei Zielvereinbarungsgesprächen mit Mit-arbeitern wird durch das SLM wirkungsvoll unterstützt. Ei-ne weitgehende Überlappung sollte angestrebt werden.

– Die strategische Weiterentwicklung des Unternehmenswird durch das SLM systematisch und konsequent geför-dert: „Stehen wir heute noch genauso im Wettbewerbsum-feld wie vor – beispielsweise – drei Monaten? Oder hat sichdie eigene Positionierung verändert?“

– Mit dem SLM lässt sich schließlich die Funktionsweise derBSC als Frühwarnsystem visualisieren.

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E 6Zielvereinba-rungsgesprächeintegrieren

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In der praktischen Arbeit mit dem SLM sieht man oft Ver-knüpfungen zwischen sehr vielen einzelnen Zielen: Die Visua-lisierung zeigt dann ein mitunter verwirrendes Bild von vielenPfeilen. Das liegt daran, dass sich die Komplexität des betrieb-lichen Geschehens nicht vollständig auf ein Modell reduzierenlässt. Man sollte demzufolge die besonders wichtigen Ursache-/Wirkungsverknüpfungen identifizieren. Einige Unternehmennutzen hier gar mathematische Modelle der Korrelationsrech-nung und -prognose. Unterstützend lässt sich auch das Modelldes „Vernetzten Denkens“ und Handelns einsetzen, welchesam Beispiel der Zürcher Höhenklinik (S. 173 ff.) aufgezeigtwird.

4.2 Die komplette Balanced Scorecard:Das Cockpit im Überblick

Neben den strategischen Zielen enthält die Balanced Score-card Messgrößen, Zielvorgaben, Maßnahmenbündel und Ver-antwortlichkeiten.

4.2.1 Messgrößen: Die wichtigste Orientierungs-hilfe

Der Grundsatz der Steuerung mit der BSC lautet: Was mannicht messen kann, kann man nicht managen. Nur wirklichmessbare Größen also erlauben es einer Führungskraft, effizi-ent zu führen. Und die messbaren Größen machen es dem Ge-führten leichter, seine eigene Leistung einzuschätzen und ander eigenen Verbesserung konstruktiv und nachvollziehbar zuarbeiten.

14 Balanced Scorecard

E 7Nur messbareZiele definieren

Wichtige Ursache-/Wirkungs-beziehungenherausfiltern

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Grundlagen und Einführung 15

Konsequenterweise können nur solche Ziele im SLM verwen-det werden, die auch wirklich objektiv messbar sind. Eine„Hilfskonstruktion“ für die Messbarkeit komplexer Ziele bie-tet eine Projektplanung: Sie beinhaltet beispielsweise den Auf-bau einer leistungsstarken EDV-Struktur, welche wiederum inTeilprojekte bzw. Meilensteine unterteilt wird. Das Realisierenvon Meilensteinen wäre dann als das teilweise Erreichen vonZielen zu definieren.

Jede einzelne Messgröße hat einer Vielzahl von Kriterien zuentsprechen, die dem Merkmal der „Balance“ genügen:

– Sie sollte genau das strategische Ziel messen. Was sich soeinfach anhört, ist in der Praxis oft schwierig.Will man bei-spielsweise bei einem Ziel „Kundenzufriedenheit steigern“die objektive Leistung erhöhen bzw. verbessern, obwohl derKunde dies kaum wahrnimmt?

– Sie sollte einfach und verständlich sein: „KISS“, also „KeepIt Simple and Short“. Jeder Mitarbeiter sollte eine Mess-größe auch bei nur kurzem Hinsehen eindeutig verstehenund anwenden können. Sind Interpretationsspielräume ge-geben, so wird es zeitfressende Diskussionen geben, was

Kriterien für guteMessgrößen

KISS – keine Zeit-fresser zulassen

Abbildung 3: Ableitung der Messgrößen

Strategisches Linkage-Modell(SLM)

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denn nun eigentlich gemeint sei. Eine Messgröße „Alle Re-klamationen durch Kunden“ beispielsweise wird die Frageaufwerfen, ob neben schriftlichen auch mündliche Rekla-mationen gemeint seien. Bei mündlichen Reklamationenwiederum wäre zu klären, wie diese dokumentiert werden.

– Eine Messgröße sollte ein Ziel vollständig und ausgewogenmessen. Bei mehrdimensionalen Zielen erweist es sich daherals angemessen, jede Dimension einzeln zu messen. Das Bei-spiel „Profitables Neukundengeschäft generieren“ verdeut-licht dies, denn es wird sowohl die Anzahl der Neukundengemessen, als auch der Deckungsbeitrag pro Neukunde.

– Ziele sollten sowohl durch – auf die Vergangenheit bezoge-ne – Erfolgsgrößen als auch durch – künftig wirksame –Steuerungsgrößen gemessen werden. Dies verdeutlicht dasvergleichende Beispiel des Steuerns eines Automobils:

„Stellen Sie sich vor, Sie steuern Ihr Fahrzeug nur über denRückspiegel. Sie merken plötzlich, dass am rechten Randdes Spiegels Wald auftaucht. Sie können gerade noch gegen-steuern, aber nur mit erheblichem Aufwand.“

Ein Blick durch den Rückspiegel könnte die Betrachtung desletztjährigen Umsatzes – als Erfolgsgröße – gewesen sein, undder Blick nach vorne die EDV-Schulung Ihres Vertriebs-In-nendienstes mit der Messgröße von monatlich stattfindendenTrainings.

Messgrößen bringen ein hohes Maß an Arbeitserleichterungfür das Management – wenn sie mit Bedacht und Überlegungausgewählt werden. In der Regel bedeutet dies beträchtlicheVorarbeit – in Projekten rechnet man für die Erarbeitung soli-der und funktionsfähiger Messgrößen vier- bis fünfmal so vielZeit als für das Erarbeiten der strategischen Ziele im Rahmendes SLM. Gerade für das Messen von Zielen organisatorischerEinheiten bieten sich Vorteile an:

So lässt sich beispielsweise die Rentabilität eines Konzerns,der Tankstellen mit Treibstoff beliefert und gleichzeitig einTankstellennetz betreibt, als eine Messgröße für die Perfor-mance aller Mitarbeiter andenken. Als Gründe sprechendafür, dass beispielsweise die Fahrer der Tanklastzüge einegewisse Kontroll- und Beratungsfunktion ausüben können:

Beispiel: Leistungaller Mitarbeiterals Messgröße (1)

16 Balanced Scorecard

MessgrößenunterstützenTagesgeschäft

Beispiel: Autoüber den Rück-spiegel steuern

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Sie fahren die Tankstellen an, sehen, wie sich diese aus Kun-densicht positionieren nach Kriterien der Sauberkeit, aufge-füllten Regalen, bereitstehendem Wischwasser etc., undkönnen intervenieren, falls erforderlich. Sie verfügen auchüber den Vergleich zwischen vielen einzelnen Tankstellender gleichen Marke.

Übergreifende Messgrößen erweisen sich also in vielen Situa-tionen als tragfähig und wirksam.

Eine Gesamtanzahl von 20 bis 25 Messgrößen je BSC gilt inder Praxis als die Obergrenze der Handhabbarkeit.

4.2.2 Zielvorgaben

Nachdem mit dem strategischen Ziel die Richtung und mitder Messgröße die Maßeinheit festgelegt sind, ist nun das zuerreichende Ziel innerhalb einer Planperiode zu bestimmen.Wir nennen dies Zielvorgabe.

Planungsinstrumente wie Plan-GuV oder Vertriebsplanungsind notwendigerweise mit der BSC abzustimmen.

Grundlagen und Einführung 17

E 8BSC mit Planun-gen zusammen-führen

Beispiel: Leistungaller Mitarbeiter

als Meßgröße (2)

Abbildung 4: Erarbeiten der Zielvorgaben

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18 Balanced Scorecard

Abbildung 5: Definition der Maßnahmen und Projekte

Prozessmanagementgezielt verbessern

Projekt 6 sigma1. Stufe

4.2.3 Maßnahmen und Verantwortlichkeiten

Um die gesetzten Ziele zu erreichen, werden Maßnahmen for-muliert und zugehörige Ergebnisverantwortungen definiert.Entsprechend der Koordination von Zielen und Zielvorgabensind auch die Maßnahmen aufeinander abzustimmen. Da ein-zelne Maßnahmen meist noch in Aufgaben und Schritte zer-legt werden, ergibt sich häufig ein nicht nur umfangreiches,sondern auch recht komplexes Gesamtpaket. Einzelne Maß-nahmen nehmen auch Projektcharakter an. So ist eine gezielteWerbekampagne im Direktmarketing zwischen Marketing-

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Grundlagen und Einführung 19

E 9Programm-Managementeinsetzen

und Vertriebsabteilung abzustimmen und zu definieren, dieWerbeagentur zu briefen, die Kundenadressen zu segmentierenund zu aktualisieren etc., bis schließlich eine ErfolgskontrolleAussagen über den Nutzen geben kann.

Werden mehrere Projekte definiert, so setzen erfolgreichegrößere Organisationseinheiten ein Programm-Managementals übergreifendes Instrument der fortlaufenden Abstimmungein. Die intensive und mitunter zeitaufwendige Koordinationwird zum Planungszeitpunkt gerne unterschätzt.

Abbildung 6: Zuordnung der Verantwortlichkeiten

Prozessmanagementgezielt verbessern

Projekt 6 sigma1. Stufe