Grundlagen und Strategien zielorientierter Gesprächsführung Staatliche Schulberatung München Dr....
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Grundlagen und Strategien zielorientierter Gesprächsführung
Staatliche Schulberatung MünchenDr. Helga Ulbricht, Ulrike Röthlingshöfer, 2010
2Staatliche Schulberatungsstelle München, Ulbricht, Röthlingshöfer, 2010
Eltern zum Übertritt beraten –
welche Erfahrungen haben Sie?
3Staatliche Schulberatungsstelle München, Ulbricht, Röthlingshöfer, 2010
Textbeispiel 1
Eine Mutter zur Lehrerin:
„Ich weiß überhaupt nicht, was ich tun soll. Welches ist denn nun die richtige Schule für meine Julia? Von Ihnen habe ich in dieser schwierigen Frage auch noch keine wirkliche Hilfe bekommen.“
4Staatliche Schulberatungsstelle München, Ulbricht, Röthlingshöfer, 2010
Von Ihnen habe ich in dieser schwierigen Frage auch noch keine wirkliche Hilfe bekommen.
Ich kann Ihnen heute zahlreiche Informationen zum Übertritt geben.
Sie sind wohl nicht mit mir zufrieden!
Ich werde Ihre Tochter selbstverständlich beim Übertritt unterstützen!
Ich habe in der Klasse 28 Schüler zu betreuen!
Was hat die Lehrerin verstanden?
Ich will wissen, warum sie sich nicht um meine Bedürfnisse kümmert!
Ich will Informationen zum Übertritt meiner Tochter haben.
Ich will, dass sie meine Tochter stärker unterstützen.
Ich bin mit Ihnen nicht zufrieden.
5Staatliche Schulberatungsstelle München, Ulbricht, Röthlingshöfer, 2010
Antwort der Lehrerin
„Übersetzte“ Frage
Was hat die Lehrerin gehört?
Welche Seite der Nachricht?
Ich kann Ihnen heute zahlreiche Informationen zum Übertritt Ihrer Tochter geben.
Sie will Informationen zum Übertritt Ihrer Tochter haben.
Ich habe in der Klasse 28 Schüler zu betreuen!
Sie will wissen, warum ich mich nicht um Ihre Bedürfnisse kümmere.
Sie sind wohl nicht mit mir zufrieden!
Sie ist nicht mit mir zufrieden.
Ich werde Ihre Tochter selbstverständlich beim Übertritt unterstützen!
Sie will, dass ich ihre Tochter stärker unterstütze.
Sachseite
Selbstmitteilungsseite
Beziehungsseite
Appellseite
6Staatliche Schulberatungsstelle München, Ulbricht, Röthlingshöfer, 2010
Selbstmitteilung:
Was ich von mir mitteile
Selbstmitteilung:
Er will mir etwas über sich sagen
Appellseite:
Wozu ich dich veranlassen möchte
Beziehungsseite:
Wie ich zu dir stehe
Sachseite:
Worüber ich dich informiere
Beziehungsseite:
So steht er zu mir
Sachseite:
Ich erhalte eine Information
Appellseite:
Ich soll etwas tun
Sprecher Zuhörer
Die Vielzahl der Intentionen beim Sprecher und die Vielzahl von Interpre-tationsmöglichkeiten beim Zuhörer können zu Missverständnissen führen.
Die 4 Seiten einer Nachrichtnach Schulz von Thun
Missverständnisse
7Staatliche Schulberatungsstelle München, Ulbricht, Röthlingshöfer, 2010
Der KönigswegGesprächsregeln in Kürze (1)
Habe ich Sie richtig verstanden, sie meinen …
Übung 1
8Staatliche Schulberatungsstelle München, Ulbricht, Röthlingshöfer, 2010
Wer hat hier das Problem?
Von Ihnen habe ich in dieser schwierigen Frage auch noch keine wirkliche Hilfe bekommen.“
Ich tue was ich kann! Allerdings habe ich 28 Kinder in der Klasse und muss mich allen widmen.
Die Lehrerin hat ein Problem:
Sie fühlt sich von der Mutter angegriffen und verteidigt sich.
Die Mutter hat ein Problem:
Sie macht sich Sorgen und fühlt sich mit ihrem Problem allein gelassen.
9Staatliche Schulberatungsstelle München, Ulbricht, Röthlingshöfer, 2010
Verhaltensrechteck
Verhaltensrechteck
lachen
aufstehen
umdrehen
reden
schlafen
etwas suchen
gähnen
annehmbarer Bereich
unannehmbarer Bereich
Der Andere besitzt ein Problem, leidet, hat Bedürfnisse.
Ich besitze ein Problem, leide, habe Bedürfnisse.
Kein Problem, problemfreie Zone
10Staatliche Schulberatungsstelle München, Ulbricht, Röthlingshöfer, 2010
Übung 2: Wer hat das Problem?
Problemsituationen/Beispiele:
1. Während einer freundschaftlichen Diskussion wird ihre Kollegin plötzlich schweigsam. Sie möchte das Thema wechseln.
2. Ein Schüler schwätzt laut, während Sie versuchen, jemandem zu helfen.
Ihre Kollegin hat ein Problem.
Sie haben ein Problem.
Übung 2
11Staatliche Schulberatungsstelle München, Ulbricht, Röthlingshöfer, 2010
Ich kläre: Wer hat das Problem, du
oder ich?
Habe ich Sie richtig verstanden, sie
meinen …
Der KönigswegGesprächsregeln in Kürze (2)
12Staatliche Schulberatungsstelle München, Ulbricht, Röthlingshöfer, 2010
Was soll ich bloß machen?
Aus: Bachmair/Faber, Beratung will gelernt sein, 1982, S.1
Wenn ich ein Problem habe, muss
ich mir helfen –
Wenn der Andere ein Problem hat, muss ich dem
Anderen helfen
13Staatliche Schulberatungsstelle München, Ulbricht, Röthlingshöfer, 2010
Der Andere hat ein Problem …
Was kann ich tun, wenn der Andere ein Problem hat?
1. Ich stelle fest: Der Andere hat ein Problem (es kostet mich aktuell weder Zeit, Geld noch Kraft)
2. Meine Intention: Ich helfe dir, dein Problem zu lösen.3. Meine Strategie: Ich höre dir aufmerksam zu.4. Ich arbeite mit den Methoden der hilfreichen
Gesprächsführung.
14Staatliche Schulberatungsstelle München, Ulbricht, Röthlingshöfer, 2010
Hilfsfunktionen des Verstehens
Türöffner-Offene Einladung für den Anderen, weiter zu sprechen-Erzählen Sie ....-Möchten Sie ...
Aufmerksamkeit
-Hinwendung zum Gesprächspartner
-Blickkontakt
-Offene Körperhaltung
-Angenehmer Abstand
Stillschweigen
-Ruhig zuhören
-Nicht unterbrechen
-Still sein
Bestätigung
-Nicht wertende Antworten
-Rückmeldung, dass man verstanden hat
-Rückmeldung, dass man noch bei der Sache ist
Ich höre dem Anderen aufmerksam zu, weil er ein Problem hat.
15Staatliche Schulberatungsstelle München, Ulbricht, Röthlingshöfer, 2010
Gefühle und Wünsche erkennen. Die „Botschaft“ entschlüsseln.
Mit den eigenen Worten das Gehörte wiederholen.
Spiegeln bzw. mit denselben Worten das Gehörte wiederholen.
Vom Zuhören zum aktiven Zuhören
Von Ihnen habe ich in dieser schwierigen Frage auch noch keine wirkliche Hilfe bekommen. Ihnen fehlen also
noch Hilfen von meiner Seite.
Sie haben das Gefühl, mit Ihren Sorgen alleine zu sein.
Sie sagen, dass sie in dieser Frage von mir noch keine wirkliche Hilfe bekommen haben.
16Staatliche Schulberatungsstelle München, Ulbricht, Röthlingshöfer, 2010
Habe ich Sie richtig
verstanden, sie meinen …
Ich kläre: Wer hat das Problem,
du oder ich?
Ich höre dem Anderen
aufmerksam zu, wenn er ein Problem
hat.
Der KönigswegGesprächsregeln in Kürze (3)
17Staatliche Schulberatungsstelle München, Ulbricht, Röthlingshöfer, 2010
Die Beziehung zum Du beginnt beim Ich
Ich-Botschaften
PersonA
PersonB
Du-Botschaften
PersonA
PersonB
18Staatliche Schulberatungsstelle München, Ulbricht, Röthlingshöfer, 2010
Ich-Botschaften
Eine Botschaft, welche meine eigenen, inneren Gedanken und Gefühle beschreibt, ist eine Selbstenthüllung. Selbstenthüllungen sind Ich-Botschaften:
Ich verstehe Ihre Ansichten nicht.
Ich mache mir Sorgen um Ihren Sohn.
Ich habe den Eindruck, dass es Ihre Tochter überfordert.
19Staatliche Schulberatungsstelle München, Ulbricht, Röthlingshöfer, 2010
Du-Botschaften
Du-Botschaften beschreiben den Anderen. Sie sprechen und urteilen über den Anderen:
Sie haben merkwürdige Ansichten.
Ihr Sohn verursacht nur Ärger.
Der Übertritt überfordert Ihre Tochter.
20Staatliche Schulberatungsstelle München, Ulbricht, Röthlingshöfer, 2010
Was soll erfolgreiche Konfrontation bewirken?
?1. Die Botschaft soll mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Änderung bewirken.
2. Sie soll ein geringes Risiko haben, der Selbstachtung des Anderen zu schaden.
3. Sie soll ein geringes Risiko haben, der Beziehung zu schaden.
4. Sie soll dem Anderen Gelegenheit geben, Verantwortung zu entwickeln.
21Staatliche Schulberatungsstelle München, Ulbricht, Röthlingshöfer, 2010
Konfrontieren mit der dreiteiligen Ich-Botschaft
Was ist der Anlass?
= unannehmbares Verhalten
Welche Folge hat das für mich?
= konkrete Konsequenz
Welches Gefühl löst das bei mir aus?
Du schreist auf dem Flur herum …
Das stört mich beim Erklären einer Aufgabe …
… und macht mich ganz nervös.
Sie fordern von mir ein schnelleres Vorgehen in Mathematik
Ich muss die Übungs- und Wiederholungsphasen einschränken …
Das mangelnde Vertrauen in meine Planungsfähigkeit ärgert mich.
Übung 4
22Staatliche Schulberatungsstelle München, Ulbricht, Röthlingshöfer, 2010
Habe ich Sie richtig
verstanden, sie meinen …
Ich höre dem Anderen aufmerksam zu, wenn er ein Problem hat.
Ich kläre: Wer hat das Problem,
du oder ich?
Ich konfrontiere mit einer dreiteiligen
Ich-Botschaft
Der KönigswegGesprächsregeln in Kürze (4)
23Staatliche Schulberatungsstelle München, Ulbricht, Röthlingshöfer, 2010
Umschalten – aktiv zuhören und konfrontieren
hoch
tief IB AZ IB AZ IB
Erregungskurve des Gesprächspartners
24Staatliche Schulberatungsstelle München, Ulbricht, Röthlingshöfer, 2010
Gesprächsstrategien
Wer hat das Problem? Ich Du
Wem soll geholfen werden?
Wie helfe ich am besten? reden zuhören
Mir Dir
Welche Technik hilft weiter? Ich-Botschaft, konfront. Aktives Zuhören
Wer hat das Problem aktuell? Im Wechsel du und ich
Welche Technik hilft weiter? Umschalten – aktives Zuhören und konfrontieren
Wir führen ein Problemgespräch; wir wollen eine Lösung finden; ich führe und lenke das Gespräch durch Umschalten (Wechsel zwischen aktivem Zuhören und Konfrontieren).
25Staatliche Schulberatungsstelle München, Ulbricht, Röthlingshöfer, 2010
Habe ich Sie richtig
verstanden, sie meinen …
Ich höre dem Anderen aufmerksam zu, wenn er ein Problem hat.Ich kläre: Wer
hat das Problem, du oder ich?
Ich konfrontiere mit einer dreiteiligen
Ich-Botschaft
Der KönigswegGesprächsregeln in Kürze (5)
Ich schalte um:Aktives Zuhören
und Konfrontation
26Staatliche Schulberatungsstelle München, Ulbricht, Röthlingshöfer, 2010
Struktur eines zielorientierten Beratungsgesprächs
Aus: Arbeitsunterlagen zur lösungsorientierten Gesprächsführung, Heinz Schlegel, 2010
1. Kontaktaufnahme
2. Ziele des Gesprächs klären
3. Bestandsaufnahme der aktuellen Lernvoraussetzungen
4. Chancen und Risiken der Schullaufbahnwahl
5. Förder- und Entwicklungsbedarf des Schülers
6. Auswahl der ersten/nächsten konkreten Lösungsschritte
7. Gesprächsabschluss
27Staatliche Schulberatungsstelle München, Ulbricht, Röthlingshöfer, 2010
Übung 1 - Auswertungshinweis
Eine Schülermutter/ ein Schülervater sagt zu Ihnen:In der Parallelklasse wurde in Mathematik schon das schriftliche Dividieren geübt.Selbstmitteilung Ich mache mir Sorgen, dass mein Sohn das Dividieren nicht
rechtzeitig lernt.
Sache Ich informiere Sie über den Stand in der Parallelklasse.
Appell Gehen Sie schneller voran!
Beziehung Ich vertraue Ihrer Zeitstruktur nicht.
Zurück zu F8
28Staatliche Schulberatungsstelle München, Ulbricht, Röthlingshöfer, 2010
Übung 2 - Auswertungshinweis
Wer besitzt das Problem?Entscheiden Sie bei jeder der folgenden Situationen, wer das Problem besitzt. Verwenden Sie I für „ich“ und A für „der Andere“.
1.Ein Schüler Ihrer Klasse beklagt sich darüber, dass er es zeitlich nicht schafft, alle Aufgaben, die Sie gegeben haben, zu erledigen. Er muss nämlich am Nachmittag auf seine kleine Schwester aufpassen.
A
2. Eine Schülerin nimmt häufig Bücher vom Regal und lässt sie herumliegen. Sie sammeln sie schließlich ein und stellen sie zurück.
I
3. Ihre Schulleiterin sagt Ihnen ohne Rücksicht auf Ihre Tagesplanung, dass Sie um 13.30 Uhr eine Besprechung mit Ihnen haben möchte.
I
Zurück zu F11
29Staatliche Schulberatungsstelle München, Ulbricht, Röthlingshöfer, 2010
Übung 4 - Auswertungshinweis
Zurück zu F22
Verhaltensbe-schreibung
Spürbare Folge für mich
Mein Gefühl
Sie erfahren, dass die Klassenelternsprecherin hinter Ihrem Rücken die Eltern mobilisiert, damit sie Einspruch gegen die letzte Matheprobe einlegen. Sie rufen an.
Sie haben die Eltern der Klasse aufgefordert, Einspruch gegen die letzte Matheprobe einzulegen.
Damit untergraben Sie meine fachliche Autorität und stören das Vertrauensverhältnis zwischen den Eltern und mir.
Ich bin sehr verärgert.
Ihr Schulleiter hat heute Morgen Ihren Unterricht dreimal mit Ankündigungen über den Lautsprecher unterbrochen. Keine der Mitteilungen hat Sie direkt betroffen. Sie sehen ihn in der Pause.
Sie haben heute Morgen dreimal durch die Lautsprecherdurchsagen meinen Unterricht unterbrochen.
Ich musste jeweils die Konzentration der Kinder neu aufbauen.
Das belastet mich.