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HARMONISIERUNGSAMT FÜR DEN BINNENMARKT (MARKEN, MUSTER UND MODELLE) HAUPTABTEILUNG MARKEN UND NICHTIGKEIT Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung vom 31/03/2009 IN DEM VERFAHREN ZUR ERKLÄRUNG DER NICHTIGKEIT Aktenzeichen: 2512 C Gemeinschaftsmarke: 607 523, „WING TSUN“ Verfahrenssprache: Deutsch ANTRAGSTELLER: Marcus Schüssler Ruhrstr. 75 58452 Witten Deutschland VERTRETER: Schneiders & Behrendt, Rechts- und Patentanwälte Huestr. 23 44787 Bochum Deutschland gegen INHABER DER GEMEINSCHAFTSMARKE: Kernspecht, Keith R. Schloß Langenzell 69257 Wiesenbach Deutschland VERTRETER: Zellentin & Partner Rubensstr. 30 67061 Ludwigshafen Deutschland

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HARMONISIERUNGSAMT FÜR DEN BINNENMARKT (MARKEN, MUSTER UND MODELLE) HAUPTABTEILUNG MARKEN UND NICHTIGKEIT

Entscheidung

der Nichtigkeitsabteilung vom 31/03/2009

IN DEM VERFAHREN ZUR ERKLÄRUNG DER NICHTIGKEIT Aktenzeichen: 2512 C Gemeinschaftsmarke: 607 523, „WING TSUN“ Verfahrenssprache: Deutsch ANTRAGSTELLER: Marcus Schüssler Ruhrstr. 75

58452 Witten Deutschland VERTRETER: Schneiders & Behrendt, Rechts-

und Patentanwälte Huestr. 23

44787 Bochum Deutschland gegen INHABER DER GEMEINSCHAFTSMARKE: Kernspecht, Keith R.

Schloß Langenzell 69257 Wiesenbach

Deutschland VERTRETER: Zellentin & Partner Rubensstr. 30 67061 Ludwigshafen Deutschland

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DIE NICHTIGKEITSABTEILUNG in der Besetzung: Wouter Verburg, Peter Quay und Alexandra Apostolakis hat am 31/03/2009 die folgende Entscheidung getroffen:

1. Dem Antrag zur Erklärung der Nichtigkeit der Gemeinschaftsmarke Nummer: 607 523 wird vollumfänglich stattgegeben.

2. Die Marke Nr. 607 523 wird für alle Dienstleistungen der Klasse 41 für nichtig erklärt. Die Marke bleibt für die verbleibenden nicht angefochtenen Waren und Dienstleistungen der Klassen 16, 25, 28 und 35 bestehen.

3. Der Inhaber der Marke trägt die Kosten.

setzt die Kosten wie folgt fest: Der Betrag der von dem Inhaber an den Antragsteller gemäß Artikel 81 (6) GMV in Verbindung mit Regel 94 (3) DV zu erstattenden Kosten wird auf 1.150 EUR (davon Vertretungskosten 450 Euro, Verfallsgebühr: 700 Euro) festgesetzt. TATBESTAND (1) Die Gemeinschaftsmarke Nr. 607 523 (WING TSUN; Wortmarke)

wurde am 05/08/1997 angemeldet und am 02/02/1999 für die Waren und Dienstleistungen der Klassen 16, 25, 28, 35 und 41 eingetragen.

(2) Mit Schriftsatz vom 24/10/2007 hat der Antragsteller einen Antrag auf

Erklärung der Nichtigkeit wegen Vorliegens von absoluten Nichtigkeitsgründen gestellt.

(3) Der Antrag stützt sich auf Artikel 51 Absatz 1 Buchstabe a) der

Verordnung über die Gemeinschaftsmarke („GMV“). (4) Der Antragsteller richten seinen Antrag gegen alle Dienstleistungen der

Klasse 41 Sportunterricht; Durchführung von Seminaren der Gemeinschaftsmarke.

(5) Der Antragsteller trägt vor, dass es sich bei dem

verfahrensgegenständlichen Zeichen um eine Bezeichnung für eine Selbstverteidigungstechnik handele, was durch Vorlage entsprechender Internetseiten belegt sei. Dabei handele es sich um einen chinesischen Kampfkunststil. Die Tatsache, dass auch alternative Schreibweisen, wie „Ving Tsun“, „Wing Tsun“ oder „Wing Chun“ bestehen, stehe dieser Beurteilung nicht entgegen, weil sie

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klanglich identisch mit dem Zeichen seien. Die vorgelegten Nachweise des Anmelders zur Erlangung der Unterscheidungskraft durch Benutzung seien nicht ausreichend, um diese zu erlangen.

(6) Nach Auffassung des Inhabers existiert keine eindeutige

Romanisierung des Begriffs. In der verfahrensgegenständlichen Schreibweise sei das Zeichen nicht beschreibend. Im Übrigen sei das Zeichen verkehrsdurchgesetzt.

(7) Am 23/09/2008 wurden beide Parteien darüber unterrichtet, dass

nunmehr eine Entscheidung getroffen wird. (8) Der Vorgang ist daher entscheidungsreif. A. Zulässigkeit des Antrags (9) Der Antrag entspricht den in der GMV und ihrer Verordnung genannten

Formvoraussetzungen und ist daher zulässig. B. Begründetheit des Antrags

(10) Der Antrag ist in vollem Umfang begründet. Die Gemeinschaftsmarke

wird gem. Artikel 51 Absatz 1 Buchstabe a) iVm Artikel 7 Absatz 1 Buchstaben b) und c) sowie Absatz 3 GMV im verfahrensgegenständlichen Umfang der Dienstleistungen der Klasse 41 für nichtig erklärt.

(11) Die Beurteilung, ob die fragliche Marke unter Artikel 7 GMV fällt, ist in

Abhängigkeit auf die angesprochenen Verkehrskreise zu treffen. Im vorliegenden Fall handelt es sich bei den von der angemeldeten Marke erfassten Dienstleistungen Sportunterricht; Durchführung von Seminaren um solche, die täglich in Anspruch genommen werden können, also für Durchschnittsverbraucher. Dementsprechend handelt es sich um verständige Verbraucher.

(12) Der Antrag auf Löschung der Gemeinschaftsmarke wird auf Artikel 51

Absatz 1 Buchstabe a) GMV gestützt. Hinsichtlich des Buchstabens a) sind die Kriterien zur Beurteilung der Frage, ob die Gemeinschaftsmarke gegen die Vorschriften des Artikels 7 GMV eingetragen worden sei, dieselben, die im Eintragungsverfahren bei der Überprüfung, ob absolute Eintragungshindernisse gem. der GMV vorliegen, zu beachten sind.

(13) Die verschiedenen in Artikel 7 Absatz 1 GMV genannten absoluten

Eintragungshindernisse stehen in keinem wie auch immer gearteten Stufenbau zueinander. Sie haben alle ihren jeweils eigenen Anwendungsbereich, was jedoch nicht ausschließt, dass sich manche Eintragungshindernisse überschneiden. Ein Zeichen ist schon dann

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nicht als Gemeinschaftsmarke eintragungsfähig, wenn eines der absoluten Eintragungshindernisse vorliegt.

(14) Nach Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe c) GMV sind Marken, die

ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, welche im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes der geographischen Herkunft oder der Zeit der Herstellung der Ware oder der Erbringung der Dienstleistung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Ware oder Dienstleistung dienen können, von der Eintragung ausgeschlossen. Zum Zwecke der Beurteilung des beschreibenden Charakters ist festzustellen, ob aus Sicht der maßgeblichen Verkehrskreise ein hinreichend direkter und konkreter Zusammenhang zwischen dem Ausdruck und den Waren oder Dienstleistungen besteht, deren Eintragung beantragt wird (Urteil vom 20. Juli 2004, Rechtssache T-311/02, Vitaly Lissotschenko und Joachim Hentze/HABM, (LIMO), Slg. II-2957, Randnummer 30). Im Nichtigkeitsverfahren ändert sich materiell-rechtlich an dem in Artikel 7 geregelten Sachverhalt nichts; prozessual sind jedoch aufgrund des zweiseitigen Verfahrens Unterschiede zu beachten. Dabei müssen bei der Beurteilung der Marke sowohl die Umstände am Anmeldezeitpunkt als auch am Datum der Eintragung berücksichtigt werden (vgl. Guidelines concerning the proceedings before the Office, Cancellation proceedings, Stand: November 2007, Punkt 4.1.1., Seite 10). Der Antragsteller hat dazu die entsprechenden Umstände zu erörtern und aussagekräftiges Beweismaterial vorzulegen. Unterschiede ergeben sich ferner in Bezug auf die Stellung des Nichtigkeitsantrags gem. Artikel 55 GMV und dessen Prüfung gem. Artikel 56 GMV.

(15) Insbesondere aus Anlage 1 der vorgelegten Unterlagen des

Antragstellers ergibt sich, dass eine Europäische WingTsun Organisation (EWTO) existiert. Daraus geht hervor, dass WingTsun verlorenes Wissen enthält, verschlüsselt in einer einzigartigen Kampf- und Bewegungskunst. WingTsun entwickelt dabei vollkommene Körper- und damit Geisteskontrolle. Die ausgeklügelten Bewegungen führen zum bewussten Umgang mit dem Körper und mit Emotionen wie Angst, Wut und Zorn. Daher liefert WingTsun insbesondere für Heranwachsende einen wertvollen Beitrag im Rahmen der Erziehung. Die EWTO garantiert dabei einen gleichbleibenden Standard. Die angemeldete Wortfolge ist somit die Bezeichnung einer bestimmten ostasiatischen Kampfsportart für Dienstleistungen aus dem Kampfsportbereich, und damit auch für die beanspruchten Dienstleistungen Sportunterricht; Durchführung von Seminaren. „WING TSUN“ ist neben Bezeichnungen wie „Ving Chun“, „WING CHUN“ und „Ving Tsun“ eine gebräuchliche Transskription eines chinesischen Frauennamens, der zur Bezeichnung einer der populärsten Formen der Kampfsportart „Kung Fu“ geworden ist. Die bestehenden unterschiedlichen Schreibweisen sind phonetisch sehr ähnlich, so dass im Gegensatz zu der Auffassung des Inhabers auch insoweit keine Schutzfähigkeit begründet werden kann.

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(16) Ein Wortzeichen kann von der Eintragung ausgeschlossen werden, wenn es zumindest in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal der in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen bezeichnet. Diese Grundsätze gelten auch für Anmeldungen, die aus einer Wortverbindung bestehen. Denn im Allgemeinen bleibt die bloße Kombination von Bestandteilen, von denen jeder Merkmale der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen beschreibt, selbst für diese Merkmale beschreibend. Die bloße Aneinanderreihung solcher Bestandteile ohne Vornahme einer ungewöhnlichen Änderung, insbesondere syntaktischer oder semantischer Art, kann nämlich nur zu einer Marke führen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben besteht, welche im Verkehr zur Bezeichnung von Merkmalen der genannten Waren oder Dienstleistungen dienen können. Somit hat eine Marke, die sich aus einem Wort mit mehreren Bestandteilen zusammensetzt, von denen jeder Merkmale der Waren oder Dienstleistungen beschreibt, für die die Eintragung beantragt wird, selbst einen die genannten Merkmale beschreibenden Charakter, es sei denn, dass ein merklicher Unterschied zwischen dem Wort und der bloßen Summe seiner Bestandteile besteht; dies setzt entweder voraus, dass das Wort aufgrund der Ungewöhnlichkeit der Kombination in Bezug auf die genannten Waren oder Dienstleistungen einen Eindruck erweckt, der hinreichend weit von dem abweicht, der bei bloßer Zusammenfügung der seinen Bestandteilen zu entnehmenden Angaben entsteht, und somit über die Summe dieser Bestandteile hinausgeht, oder dass das Wort in den allgemeinen Sprachgebrauch eingegangen ist und dort eine ihm eigene Bedeutung erlangt hat, so dass es nunmehr gegenüber seinen Bestandteilen autonom ist, soweit die neue Bedeutung nicht selbst beschreibend ist. Diese Voraussetzungen liegen im vorliegenden Fall nicht vor. Selbst wenn jedoch die Bezeichnung eine sprachliche Neuschöpfung darstellen würde, ist zu berücksichtigen, dass im Allgemeinen die bloße Kombination von Bestandteilen, von denen jeder Merkmale der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen beschreibt, selbst für diese Merkmale beschreibend bleibt (Urteil des Gerichtshofes in der Rechtssache C-363/99 vom 12. Februar 2004, „Postkantoor“, Rdnrn. 99-102). Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall gegeben.

(17) Der Inhaber übersieht, dass es für die Anwendung der

Tatbestandsvoraussetzungen des Artikels 7 Absatz 1 Buchstabe c) GMV ausreichend ist, wenn das Zeichen entsprechend zur Bezeichnung von Merkmalen von Waren und Dienstleistungen verstanden werden kann. Insoweit ist die Möglichkeit ausreichend, das Zeichen entsprechend zu verstehen, um die dafür vorgesehenen Rechtsfolgen eintreten zu lassen. Da dies aus den dargelegten Gründen der Fall ist, sind die erforderlichen Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt, die die entsprechenden rechtlichen Konsequenzen nach sich ziehen.

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(18) Der Inhaber hat auch nicht dargelegt, auf welche Art und Weise das Zeichen ansonsten verstanden werden könnte. Eine Mehrdeutigkeit, die im Zusammenhang mit weiteren einschlägigen Faktoren eine Schutzfähigkeit begründen könnte, ist somit nicht gegeben.

(19) Im Übrigen ist es Teil der Prüfung und Hintergrund der Regelung der

absoluten Eintragungshindernisse des Artikels 7 Absatz 1 Buchstaben b) bis e) GMV zu vermeiden, dass ein einzelner Wirtschaftsteilnehmer einen unzulässigen Wettbewerbsvorteil durch die Entstehung eines ausschließlichen Rechts an einem Zeichen, das allen frei zur Verfügung überlassen bleiben muss, erlangt. Im vorliegenden Fall muss der Begriff „WING TSUN“ auch anderen Mitbewerbern freistehen, um die o. g. Bedeutungen zu dokumentieren.

(20) Daher besteht der Ausdruck „WING TSUN“ im Sinne von Artikel 7

Absatz 1 Buchstabe c) GMV ausschließlich aus Zeichen oder Angaben, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art der angemeldeten Dienstleistungen dienen können.

(21) Gem. Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b) GMV sind Marken von der

Eintragung ausgeschlossen, die keine Unterscheidungskraft haben. Unterscheidungskräftig im Sinne dieser Rechtsvorschrift sind nur solche Zeichen, die im Hinblick auf die konkret beanspruchten Waren und Dienstleistungen in den Augen der angesprochenen Verbraucher geeignet erscheinen, die Waren oder Dienstleistungen dieses Unternehmens von denen eines anderen Unternehmens zu unterscheiden. Gemäß der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften kann aufgrund der Tatsache, dass ein Zeichen aus Begriffen besteht, die den Verkehrskreisen Auskunft über ein Merkmal der Waren geben, darauf geschlossen werden, dass das Zeichen keine Unterscheidungskraft besitzt (Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften vom 19. September 2002, Rechtssache C-104/00 P, DKV/HABM (Companyline), Slg. I-7561, Randnummer 21). Dies ist zweifellos auf den vorliegenden Fall anwendbar. Da die Marke in Bezug auf die Waren und Dienstleistungen, für die sie angemeldet wurde, eine eindeutig beschreibende Bedeutung besitzt, wird die Marke bei den maßgeblichen Verkehrskreisen den Eindruck erwecken, dass sie in erster Linie beschreibenden Charakter hat, wodurch jegliche Annahme, dass die Marke eventuell eine Herkunft bezeichnet, ausgeschlossen ist.

(22) Da keine darüber hinausgehenden Angaben vorliegen, wird der

Verkehr das Zeichen somit nicht als betriebliche Kennzeichnungsfunktion wahrnehmen. Die Hauptfunktion einer Marke, nämlich die Dienstleistungen eines Unternehmens von denen anderer zu unterscheiden, wird daher von dem angemeldeten Zeichen nicht erfüllt. Diese Beurteilung wird zusätzlich dadurch gestützt, dass sich der nur eine angemessene Aufmerksamkeit aufbringende Durchschnittsverbraucher, wenn ihn das Zeichen nicht sofort auf die

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Herkunft der gekennzeichneten Ware oder Dienstleistung hinweist, sondern ihm lediglich eine rein werbende und abstrakte Aussage vermittelt, nicht die Zeit nehmen wird, über die verschiedenen möglichen Funktionen des Zeichens nachzudenken oder es als eine Marke wahrzunehmen.

(23) Das angemeldete Zeichen ist daher nach Artikel 7 Absatz 1

Buchstaben b) und c) GMV nicht schutzfähig. (24) Soweit der Inhaber die Erlangung der Unterscheidungskraft durch

Benutzung geltend macht, gilt Folgendes: Ist die Gemeinschaftsmarke gem. Artikel 51 Absatz 2 GMV eingetragen worden, kann sie nicht für nichtig erklärt werden, wenn sie durch Benutzung im Verkehr Unterscheidungskraft für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, erlangt hat. Absatz 2 verbietet damit die Löschung der entgegen Artikel 7 Absatz 1 Buchstaben b), c) oder d) eingetragenen Gemeinschaftsmarken für den Fall, dass sie für Produkte ihres Waren-/Dienstleistungsverzeichnisses infolge Benutzung im Verkehr Unterscheidungskraft erlangt hat, also im Zeitpunkt der Entscheidung über den Nichtigkeitsantrag trotz ihres ursprünglichen mangels an originärer Unterscheidungseignung, die auch Ausfluss ihres beschreibenden oder umgangssprachlichen Charakters sein kann, vom Publikum als ursprungsidentifizierende Marke angesehen wird. Dann kann sie nämlich nicht mehr für nichtig erklärt werden, es tritt vielmehr eine Heilung ein. Dabei müssen die Anforderungen an die Erlangung der Unterscheidungskraft durch Benutzung gem. Artikel 7 Absatz 3 GMV erfüllt werden.

(25) Nach aktueller und geltender Rechtsprechung des Gerichts in der

Rechtssache T-262/04 vom 15. Dezember 2005, „Dreidimensionale Marke eines Steinfeuerzeugs“ müssen dazu insbesondere folgende Voraussetzungen vorliegen (vgl. Rdnr. 64):

1. Der von der Marke gehaltene Marktanteil; 2. Die Intensität und die Dauer der Benutzung der Marke; 3. Die geographische Verbreitung der Marke; 4. Der Werbeaufwand des Unternehmens für die Marke; 5. Der Teil der beteiligten Verkehrskreise, der die Ware aufgrund der

Marke als von einem bestimmten Unternehmen stammend erkennt; 6. Erklärungen von Industrie- und Handelskammern oder anderen

Berufsverbänden; 7. Meinungsumfragen; 8. Die Unterscheidungskraft, auch soweit sie durch Benutzung erworben

wurde, ist im Hinblick auf die in der Anmeldung beanspruchten Waren (und Dienstleistungen) zu beurteilen (Rdnr. 65);

9. Die Unterscheidungskraft durch Benutzung muss vor dem Anmeldetag erworben worden sein (Rdnr. 66).

(26) Dazu legt der Inhaber verschiedene eidesstattliche Versicherungen

u.a. von sich selbst über Werbeaufwendungen vor. Den vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen des Inhabers kommt aufgrund der

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parteilichen Aussage als Verfahrensbeteiligter zumindest keine erhöhte Aussagekraft zu. Bei eidesstattlichen Versicherungen handelt es sich zudem es sich zudem um bloße schriftliche Mitteilungen, deren Beweiswert eher gering ausfällt (Entscheidung der Beschwerdekammer R 0993/2005-4 vom 05. Juni 2007, „COSANA/SONANA“); sie eignen sich jedoch zumindest, um in gewisser Weise im Rahmen der Gesamtschau der vorgelegten Unterlagen einbezogen werden zu können. Vorliegend ist jedoch einschränkend zu berücksichtigen, dass zwar Werbeaufwendungen aus den Jahren 2002 bis 2006 mitgeteilt wurden, jedoch nicht erkennbar ist, worauf (auf welche Waren und Dienstleistungen) sich diese im Einzelnen beziehen. Da das Waren-/Dienstleistungsverzeichnis verschiedene Waren und Dienstleistungen umfasst, wird nicht deutlich, welche Produkte und/oder Dienstleistungen im Einzelnen gemeint sind. Darüber hinaus hätte der Inhaber eine Aufteilung zwischen den (unterschiedlichen) Dienstleistungen Sportunterricht sowie Durchführung von Seminaren vornehmen müssen, um dem Amt eine eindeutige Zuordnung zu ermöglichen. Da dies nicht geschehen ist, handelt es sich um Angaben mit sehr eingeschränkter Aussagekraft.

(27) Marktanteile wurden nicht mitgeteilt. (28) Verkehrsbefragungen/Meinungsumfragen liegen nicht vor. (29) Erklärungen von Industrie- und Handelskammern oder anderen

Berufsverbänden wurden nicht übersandt. (30) Die weiterhin vorgelegten Unterlagen, wie Ablichtungen aus

Magazinen, Muster und Kopien von Werbematerialien oder Ablichtungen von Schullisten sind aufgrund ihrer eingeschränkten Aussagekraft nur eingeschränkt geeignet, um wesentlich zum Nachweis beitragen zu können. Sie können lediglich als ergänzendes Material zu ansonsten einschlägigen Unterlagen herangezogen werden.

(31) Als Ergebnis ist somit erstens festzustellen, dass die Voraussetzungen

des Artikels 51 Absatz 1 Buchstabe a) iVm 7 Absatz 1 Buchstabe Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b) und c) GMV nach Auswertung der vorgelegten Unterlagen und Materialien erfüllt sind.

(32) Die Erlangung der Unterscheidungskraft durch Benutzung konnte

zweitens nicht nachgewiesen werden, weil die eidesstattlichen Versicherungen aufgrund ihrer fehlenden Aufteilung hinsichtlich der mitgeteilten Werbeaufwendungen auf die Waren/Dienstleistungen nicht durch weitere Unterlagen ergänzt werden, die diese Angaben vervollständigen. Sie sind per se aufgrund der Aussage eines parteilichen Vertreters ohnehin nur bedingt aussagekräftig. Die darin enthaltenen Angaben über Werbeaufwendungen lassen sich ohne weitere Angaben den verfahrensgegenständlichen Dienstleistungen

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nicht zuordnen. Marktanteile, Verkehrsbefragungen und/oder Meinungsumfragen, Erklärungen von Industrie- und Handelskammern liegen überhaupt nicht vor. Weitere Unterlagen können aufgrund ihrer eingeschränkten Aussagekraft nur ergänzend zu ansonsten einschlägigen Materialien herangezogen werden.

(33) Im Ergebnis ist somit drittens festzustellen, dass der Antrag gem.

Artikel 51 Absatz 1 Buchstabe a) iVm 7 Absatz 1 Buchstaben b) und c) sowie Absatz 3 GMV begründet ist.

KOSTEN (34) Gemäß Artikel 81 Absatz 1 GMV trägt der im Verfahren unterliegende

Beteiligte die von dem anderen Beteiligten zu entrichtenden Gebühren sowie die Kosten.

Da der Inhaber der im Verfahren unterliegende Beteiligte ist, trägt er alle dem anderen Beteiligten entstandenen Kosten.

DIE NICHTIGKEITSABTEILUNG

Wouter Verburg Peter Quay Alexandra Apostolakis Rechtsmittelbelehrung: Gemäß Artikel 58 der Verordnung über die Gemeinschaftsmarke kann jeder Beteiligte, der durch diese Entscheidung beschwert ist, gegen diese Entscheidung Beschwerde einlegen. Gemäß Artikel 59 der Verordnung über die Gemeinschaftsmarke ist die Beschwerde innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung dieser Entscheidung einzulegen; innerhalb von vier Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung ist die Beschwerde schriftlich zu begründen. Die Beschwerde gilt nur als eingelegt, wenn die Beschwerdegebühr von 800 Euro entrichtet wurde.

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Belehrung über die Möglichkeit der Überprüfung der Kostenfestsetzung: Die Festsetzung des Betrags der zu erstattenden Kosten kann nur auf Antrag auf Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung überprüft werden. Gemäß Regel 94 (4) der Durchführungsverordnung ist ein solcher Antrag innerhalb eines Monats nach Zustellung der Kostenfestsetzung zu stellen; er gilt nur als gestellt, wenn die Gebühr für die Überprüfung der Kostenfestsetzung von 100 Euro (Artikel 2 Nr. 30 der Gebührenverordnung) entrichtet wurde.