Heft 10 September 2010

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AGRAR FORSCHUNG SCHWEIZ Oktober 2010 | Heft 10 Agroscope | BLW | SHL | AGRIDEA | ETH Zürich Umwelt Kurze Flugdistanzen zwischen Nist- und Nahrungshabitaten fördern eine reiche Wildbienenfauna Seite 360 Nutztiere Fettgehalt und Fettsäurezusammensetzung von konserviertem Raufutter Seite 366 Pflanzenbau Verbesserung der Stickstoffeffizienz von Gülle durch Aufbereitung Seite 378

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Heft 10 September 2010

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AgrArforschung schweiz

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Umwelt Kurze Flugdistanzen zwischen Nist- und Nahrungshabitaten fördern eine reiche Wildbienenfauna Seite 360

Nutztiere Fettgehalt und Fettsäurezusammensetzung von konserviertem Raufutter Seite 366

Pflanzenbau Verbesserung der Stickstoffeffizienz von Gülle durch Aufbereitung Seite 378

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ImpressumAgrarforschung Schweiz / Recherche Agronomique Suisse ist die Zeitschrift der landwirtschaftlichen Forschung von Agroscope und ihren Partnern. Die Zeitschrift erscheint auf Deutsch und Französisch. Sie richtet sich an Fachpersonen aus Forschung, Industrie, Lehre, Beratung und Politik, an kantonale und eidgenös sische Ämter und weitere Fachinteressierte.

HerausgeberinAgroscope

Partnerb Agroscope (Forschungsanstalten Agroscope Changins-Wädenswil

ACW; Agroscope Liebefeld-Posieux ALP und Schweizerisches Nationalgestüt SNG; Agroscope Reckenholz-Tänikon ART)

b Bundesamt für Landwirtschaft BLW, Bernb Schweizerische Hochschule für Landwirtschaft SHL, Zollikofenb Beratungszentralen AGRIDEA, Lindau und Lausanne b Eidgenössische Technische Hochschule ETH Zürich,

Departement Agrar- und Lebensmittelwissenschaften

Redaktion Andrea Leuenberger-Minger, Agrarforschung Schweiz / Recherche Agro-nomique Suisse, Forschungs anstalt Agroscope Liebefeld-Posieux ALP, Postfach 64, 1725 Posieux, Tel. +41 26 407 72 21, Fax +41 26 407 73 00, E-Mail: [email protected]

Judith Auer, Agrarforschung Schweiz / Recherche Agronomique Suisse, Forschungsanstalt Agroscope Changins-Wädenswil ACW, Post-fach 1012, 1260 Nyon 1, E-Mail: [email protected]

Redaktionsteam Vorsitz: Jean-Philippe Mayor (Direktor ACW), Eliane Rohrer (ACW), Ger-hard Mangold (ALP und SNG), Etel Keller-Doroszlai (ART), Karin Bovigny-Ackermann (BLW), Beat Huber-Eicher (SHL), Philippe Droz (AGRIDEA), Jörg Beck (ETH Zürich).

AbonnementPreiseZeitschrift: CHF 61.–* (Ausland + CHF 20.– Portokosten),inkl. MWSt. und Versandkosten, Online: CHF 61.–** reduzierter Tarif siehe: www.agrarforschungschweiz.ch oder [email protected]

AdresseNicole Boschung, Agrarforschung Schweiz / Recherche Agronomique Suisse, Forschungsanstalt Agroscope Liebefeld-Posieux ALP, Postfach 64, 1725 Posieux, Tel. +41 26 407 72 21, Fax +41 26 407 73 00, E-Mail: [email protected]

Internet www.agrarforschungschweiz.chwww.rechercheagronomiquesuisse.ch

ISSN infosISSN 1663-7852 (Print)ISSN 1663-7909 (Internet)Schlüsseltitel: Agrarforschung SchweizAbgekürzter Schlüsseltitel: Agrarforsch. Schweiz

© Copyright Agroscope. Nachdruck von Artikeln gestattet, bei Quellenangabe und Zustellung eines Belegexemplars an die Redaktion.

Berner FachhochschuleHaute école spécialisée bernoiseSchweizerische Hochschulefür Landwirtschaft SHLHaute école suisse d’agronomie HESA

InhaltOktober 2010 | Heft 10

359 Editorial

Umwelt

360 Kurze Flugdistanzen zwischen Nist- und Nahrungshabitaten fördern eine reiche WildbienenfaunaAntonia Zurbuchen, Andreas Müller und

Silvia Dorn

Nutztiere

366 Fettgehalt und Fettsäurezusammen-setzung von konserviertem Raufutter Yves Arrigo

Umwelt

372 Aquatische Risikobewertung von PflanzenschutzmittelnKatja Knauer, Stefanie Knauert, Olivier Felix

und Eva Reinhard

Pflanzenbau

378 Verbesserung der Stickstoffeffizienz vonGülle durch Aufbereitung Christine Bosshard, René Flisch, Jochen Mayer,

Sonja Basler, Jean-Louis Hersener, Urs Meier

und Walter Richner

Pflanzenbau

384 Einfluss von Rinderausscheidungen auf die auswaschungsbedingten Verluste unter einem GräserrasenJakob Troxler, Jean-Pierre Ryser, Jean-Paul

Pittet, Hélène Jaccard und Bernard Jeangros

Kurzbericht

392 News von den Agroscope Forschungsprogrammen Ueli Bütikofer, Anna Crole-Rees, Christian

Flury und Martin Lobsiger

396 Porträt

397 Aktuell

399 Veranstaltungen

Sortenlisten

Beilage Liste der empfohlenen Sorten von Futterpflanzen 2011–2012Daniel Suter, Hans-Ulrich Hirschi,

Rainer Frick und Mario Bertossa

Weibchen der Natterkopf-Mauerbiene (Hoplitis adunca) am Pollensammeln auf Natterkopf (Echium vulgare). Wild-bienen haben als unverzichtbare Bestäuber von Wild- und Kulturpflanzen einen hohen ökologischen und ökonomi-schen Nutzen. Rund die Hälfte der 600 Wildbienenarten der Schweiz ist jedoch gefährdet. (Foto: Albert Krebs, Winterthur)

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Editorial

359Agrarforschung Schweiz 1 (10): 359, 2010

Brauchen wir Agrar-marketingforschung?

Liebe Leserin, lieber Leser

Das Feld der Agrarmarketingforschung boomt. Das weltweit viertgrösste

Detailhandelsunternehmen, Tesco, hat der Universität Manchester 25 Millio-

nen Pfund für jüngst angelaufene Forschung im Bereich des nachhaltigen

Konsums zur Verfügung gestellt. Wissenschaftliche Seminare zu «Sustaina-

bility in the Food Sector» im Juli 2010 in Italien oder zu «The Economics of

Food, Food Choice and Health» im September 2010 in Deutschland geben

sich die Klinke in die Hand. An diesen Anlässen findet ein reger Austausch

der zahlreichen Lehrstühle für Agrarmarketing statt. Die australische Monash

University vergibt gar jährlich einen «Agribusiness Award» für besonders

erfolgreiche Vermarktung im Lebensmittelbereich.

Auch wenn fast alle derartigen Aktivitäten ohne Beteiligung der Schweiz

vonstattengehen, tut sich etwas im Inland. In Frick werden durch Forschende

des Forschungsinstituts für biologischen Landbau FIBL Fragen des Marke-

tings für Bio-Produkte wissenschaftlich bearbeitet. Daneben fördert das

Netzwerk «Swiss Food Research» unter Beteiligung vieler Organisationen der

Agrarforschung die Innovation im Ernährungssektor. Doch hier wird weitge-

hend naturwissenschaftliche Forschung betrieben. Marktforschung, Wer-

beerfolgsforschung oder der Vergleich unterschiedlicher Distributionsstrate-

gien wird hierzulande, zumindest ausserhalb des Biobereichs, noch recht

kampflos kleineren Beratungsfirmen überlassen.

Nun kann mit Recht argumentiert werden, ein so kleines Land wie die

Schweiz könne nicht jedes Forschungsfeld besetzen. In diesem Fall müssten

besondere Gründe gefunden werden, weswegen gerade die Agrarmarke-

tingforschung von so hoher Wichtigkeit ist. Das Argument liegt jedoch dann

auf der Hand, wenn wir in den Agrarfreihandel mit der Europäischen Union

einsteigen. Verschärft sich dadurch der Wettbewerb im Agribusiness massiv,

wäre die hiesige Ernährungsindustrie und der Detailhandel deutlich besser

aufgestellt, wenn es zumindest einen universitären Lehrstuhl oder eine For-

schungsgruppe gäbe, die sich wissenschaftlich mit Agrarmarketing beschäf-

tigt. Es reicht bekanntlich nicht, mit hochwertigen Produkten zu glänzen.

Gute Leistungen müssen auch professionell kommuniziert werden. Und dies

besser mit wissenschaftlicher Präzision als ohne.

Stefan Mann, Agroscope Reckenholz-Tänikon ART

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360 Agrarforschung Schweiz 1 (10): 360–365, 2010

U m w e l t

Abb. 1 | Weibchen der Natterkopf-Mauerbiene (Hoplitis adunca) am Pollensammeln auf Natterkopf (Echium vulgare). Um Brutzellen mit Pollen als Larvenproviant zu versorgen, sammelt diese speziali-sierte Biene ausschliesslich Pollen auf der Pflanzengattung Echium. Als Teilsiedlerin ist sie auf ein reiches Wirtspflanzenangebot inner-halb ihres Flugradius um den Neststandort angewiesen.

E i n l e i t u n g

Nebst der bekannten Honigbiene gibt es in der Schweiz

rund 600 verschiedene Wildbienenarten. Auch sie sind

sehr wichtige Bestäuber von Wild- und Nutzpflanzen

und leisten damit einen äusserst wichtigen Beitrag zur

Erhaltung und Stabilisierung verschiedener Landökosys-

teme und der Nahrungsmittelvielfalt. In den vergange-

nen fünf Jahrzehnten haben aber sowohl die Artenviel-

falt als auch die Populationsgrössen der Wildbienen in

Mitteleuropa stark abgenommen. In der Schweiz sind

mindestens 45% der Wildbienenarten gefährdet (Amiet

1994). Die meisten Bienen sind typische Teilsiedler und

nutzen häufig unterschiedliche Lebensräume für den

Nestbau einerseits und für das Sammeln von Pollen und

Nektar als Larvenproviant andererseits. Für den Nestbau

geeignete Kleinstrukturen sind z.B. Totholz, Trocken-

mauern oder offene und gut besonnte Bodenstellen.

Eine gute Nahrungsgrundlage sind artenreiche Blumen-

wiesen. Der quantitative Pollenbedarf der Bienen ist

enorm gross. Um nur einen einzigen Nachkommen zu

erzeugen, brauchen zahlreiche Wildbienenarten den

gesamten Pollengehalt von mehreren hundert Blüten

(Müller et al. 2006). Dazu müssen die Weibchen je nach

Bienenart zwei- bis 50mal zwischen ihren Nestern und

geeigneten Futterpflanzen hin und her fliegen (Neff

2008, Zurbuchen et al. 2010a).

Durch den zunehmenden Flächenverlust, die Frag-

mentierung der Landschaft und die Intensivierung der

Landwirtschaft gehen vermehrt Kleinstrukturen und

artenreiche Blumenwiesen verloren, mit negativen Aus-

wirkungen auf den Fortpflanzungserfolg vieler Bienen-

arten. Das Verschwinden von geeigneten Nist- und Nah-

rungshabitaten hat auch zur Folge, dass sich die

räumliche Anordnung der entsprechenden Ressourcen

verändert und die Bienen zwingt, grössere Flugdistan-

zen zwischen Nest und Futterpflanzen zurückzulegen.

Wachsende Flugdistanzen können dazu führen, dass Bie-

nen mit eingeschränktem Flugradius geeignete Blüten-

ressourcen ausserhalb dieses Radius nicht mehr nutzen

können und deshalb ihren Neststandort aufgeben müs-

sen. In vielen Fällen dürften Bienen jedoch fähig sein,

sich bis zu einem gewissen Mass an grössere Sammel-

flugdistanzen anzupassen, was aber mit erheblichen

Kosten einhergehen dürfte (Williams und Kremen 2007).

Damit die Wildbienenbestände langfristig erhalten und

gefördert werden können, ist es wichtig zu wissen, wie

unterschiedliche Arten auf räumliche Veränderungen

des Ressourcenangebotes reagieren. Eine erste Zielset-

zung dieser Arbeit war es herauszufinden, wie weit pol-

lensammelnde Weibchen der Natterkopf-Mauerbiene

(Hoplitis adunca) und der Lauch-Maskenbiene (Hylaeus

punctulatissimus) maximal fliegen und wie gross die Dis-

tanzen zwischen Nest und Futterquellen sein dürfen,

damit die Wirtspflanzen noch von einem beträchtlichen

Antonia Zurbuchen, Andreas Müller und Silvia Dorn, ETH Zürich, Institut für Pflanzen-,

Tier- und Agrarökosystem-Wissenschaften, Angewandte Entomologie, 8092 Zürich

Auskünfte: Antonia Zurbuchen, E-Mail: [email protected], Tel. +41 44 632 39 26

Kurze Flugdistanzen zwischen Nist- und Nahrungs-habitaten fördern eine reiche Wildbienenfauna

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Kurze Flugdistanzen zwischen Nist- und Nahrungs habitaten fördern eine reiche Wildbienenfauna | Umwelt

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Agrarforschung Schweiz 1 (10): 360–365, 2010

Wildbienen haben als unverzichtbare

Bestäuber von Wild- und Kulturpflanzen

einen hohen ökologischen und ökonomi-

schen Nutzen. Rund die Hälfte der 600

Wildbienenarten der Schweiz ist jedoch

gefährdet. Anhaltender Flächenverbrauch

und die Intensivierung der Landwirtschaft

führen zu einem reduzierten Angebot

geeigneter Nist- und Nahrungshabitate. Dies

wiederum zwingt die Bienen, Pollen und

Nektar in zunehmenden Distanzen von ihren

Nestern zu sammeln. In dieser Studie wurden

maximale Sammelflugdistanzen ausgewähl-

ter Wildbienenarten untersucht und die

Auswirkung von zunehmenden Flugdistan-

zen auf deren Fortpflanzungsleistung

analysiert. Bienenarten, die auf eine einzige

Pflanzengattung als Pollenquelle angewiesen

sind, wurden in einem Gebiet ohne geeig-

nete Wirtspflanzen dazu gebracht, Pollen auf

Topfpflanzen in unterschiedlichen Distanzen

von ihren Nestern zu sammeln. Einige

wenige Individuen der Natterkopf-Mauer-

biene (Hoplitis adunca) und der Lauch-

Maskenbiene (Hylaeus punctulatissimus)

erwiesen sich als Langstreckenflieger, die

mehr als 1000 m zwischen Nest und Nah-

rungspflanzen zurücklegten. Die Mehrheit

der Individuen hatte aber bereits bei einer

Distanz von 100 – 300 m ihre Nistaktivität

aufgegeben. Zunehmende Flugdistanzen

zwischen Nest und Futterpflanzen scheinen

hohe Kosten zu verursachen. Tatsächlich

hatten Distanzzunahmen ab 150 m eine

substantielle Reduktion der Fortpflanzungs-

leistung bei der Natterkopf-Mauerbiene und

der Glockenblumen-Scherenbiene (Chelo-

stoma rapunculi) zur Folge. Kurze Distanzen

zwischen geeigneten Nist- und Nahrungsha-

bitaten könnten wesentlich zur Förderung

einer arten- und individuenreichen Wildbie-

nenfauna beitragen.

Anteil der Individuen einer Population besammelt wer-

den können. Eine zweite Zielsetzung war es, den Einfluss

von zunehmenden Sammelflugdistanzen auf die Flug-

zeiten und die daraus resultierenden Fortpflanzungsleis-

tungen der Natterkopf-Mauerbiene (Hoplitis adunca)

und der Glockenblumen-Scherenbiene (Chelostoma

rapunculi) experimentell zu quantifizieren.

M a t e r i a l u n d M e t h o d e

Für die vorliegende Untersuchung wurden drei Wildbie-

nenarten unterschiedlicher Grösse ausgewählt, die für

die Versorgung ihrer Brutzellen nur auf je einer einzigen

Pflanzengattung Pollen sammeln: die Natterkopf-Mau-

erbiene (Hoplitis adunca) (Körperlänge 11 – 13mm, Tro-

ckengewicht 19,7mg) (Abb. 1), die Glockenblumen-Sche-

renbiene (Chelostoma rapunculi) (8 – 10mm, 8,6mg) und

die Lauch-Maskenbiene (Hylaeus punctulatissimus)

(6 – 8mm, 5,3mg). Die Natterkopf-Mauerbiene ist auf

Natterkopf (Echium) spezialisiert, die Glockenblumen-

Scherenbiene sammelt Pollen ausschliesslich auf Glo-

ckenblumen (Campanula) und die Lauch-Maskenbiene

ist ein Spezialist von Zwiebeln (Allium). Bei allen drei

Arten handelt es sich um solitär lebende Wildbienen, die

ihre Fortpflanzungsperiode im Sommer (Juni-August)

haben und in Hohlräumen nisten, was ihre Ansiedlung

in künstlichen Nisthilfen relativ einfach ermöglicht.

Die drei Bienenarten wurden in einer intensiv

genutzten Agrarlandschaft bei Selzach (SO) angesiedelt,

in der die artspezifischen Wirtspflanzen fehlten. Dazu

wurden verschlossene Bienennester, die im Jahr zuvor in

hohlen Bambusstäben angelegt worden waren, an

unterschiedlichen Niststandorten im Untersuchungsge-

biet ausgebracht. Diese Niststandorte enthielten ein

grosses Angebot an künstlichen Nestgängen in Form von

Bohrlöchern in Hartholzblöcken (Abb. 2). Als einzige

geeignete Pollenquellen für die drei Bienenarten im

Umkreis von 1600m dienten blühende Pflanzen des

Gemeinen Natterkopfes (Echium vulgare), der Rapunzel-

Glockenblume (Campanula rapunculus) und der Küchen-

zwiebel (Allium cepa), welche in transportierbaren Töp-

fen in das Gebiet gebracht und bei Untersuchungsbeginn

direkt neben den Niststandorten platziert wurden.

Frischgeschlüpfte Bienenweibchen wurden individuell

mit verschiedenen Farbcodes markiert, die mit Modell-

baufarben auf Thorax und Abdomen aufgebracht wur-

den.

Maximale Sammelflugdistanzen

Um die maximale Sammelflugdistanz der Natterkopf-

Mauerbiene und der Lauch-Maskenbiene zu bestimmen,

wurden die Töpfe mit den blühenden Wirtspflanzen an

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Umwelt | Kurze Flugdistanzen zwischen Nist- und Nahrungs habitaten fördern eine reiche Wildbienenfauna

362 Agrarforschung Schweiz 1 (10): 360–365, 2010

jeweils zwei verschiedenen Standorten schrittweise von

den Nestern der Bienen weggerückt. Die Bienen hatten

jeweils einen Tag Zeit, um sich an den neuen Pflanzen-

standort zu gewöhnen. Nach dieser Gewöhnungsphase

wurden auf den Wirtspflanzen und an den Nestern wäh-

rend jeweils zwei Stunden alle markierten Bienen regist-

riert. Alle Individuen, die sowohl auf den Wirtspflanzen

beim Pollensammeln als auch am Niststandort beim Pol-

leneintragen beobachtet werden konnten, wurden als

Individuen gewertet, die bei der getesteten Sammel-

flugdistanz noch Brutzellen verproviantierten. Anschlies-

send wurden die Pflanzentöpfe erneut weiter von den

Nestern weggerückt. Das Experiment wurde so lange

weitergeführt, bis alle Bienen ihre Nistaktivitäten aufge-

geben hatten.

Einfluss von Sammelflugdistanzen auf die Fortpflan-

zung

Um den Einfluss von zunehmenden Sammelflugdistan-

zen auf die Fortpflanzungsleistung zu untersuchen, wur-

den die Natterkopf-Mauerbiene an zwei und die Glo-

ckenblumen-Scherenbiene an drei Niststandorten

angesiedelt. Für beide Arten wurde jeweils ein einzelner

grosser Wirtspflanzenbestand in Form von Topfpflanzen

so im Untersuchungsgebiet platziert, dass die Weibchen

an den zwei beziehungsweise drei verschiedenen Nist-

standorten unterschiedliche Flugdistanzen zurücklegen

mussten, um auf demselben Pflanzenbestand unter den

gleichen Bedingungen Pollen zu sammeln. Durch das

Verschieben des Pflanzenbestandes konnten die Sam-

melflugdistanzen verändert werden. Es wurden drei

unterschiedliche Distanzpaare für die Natterkopf-Mau-

erbiene und ein Distanztriplett für die Glockenblumen-

Scherenbiene getestet. An den verschiedenen Niststand-

orten wurden gleichzeitig durch je einen Beobachter die

individuellen Sammelflugzeiten pollensammelnder

Weibchen ermittelt und daraus die durchschnittliche

Dauer eines Pollensammelfluges für jede Sammelflugdi-

stanz berechnet. Da in einem vorgängigen Experiment

gezeigt werden konnte, dass die transportierte Pollen-

menge einer Biene unabhängig von der Flugdistanz ist,

kann davon ausgegangen werden, dass alle Bienen einer

Art ungefähr gleich viele Pollensammelflüge brauchen,

um eine Brutzelle mit einer durchschnittlichen Pollen-

menge zu versorgen. Für jede Sammelflugdistanz wurde

die durchschnittliche Zeit für die Verproviantierung

einer einzelnen Brutzelle bestimmt, indem die durch-

schnittliche Sammelflugdauer mit der vorgängig ermit-

telten durchschnittlichen Anzahl Pollensammelflüge

multipliziert wurde, die für die Verproviantierung einer

Brutzelle notwendig ist.

Abb. 2 | Die drei untersuchten Bienenarten wurden in einer inten-siv bewirtschafteten Agrarlandschaft bei Selzach (SO) in künstli-chen Nisthilfen angesiedelt. Im ganzen Untersuchungsgebiet fehl-ten natürliche Bestände der artspezifischen Wirtspflanzen. Die ein-zigen nutzbaren Wirtspflanzen wurden in Töpfen ins Gebiet ge-bracht. Durch das Verschieben der Töpfe konnten die Bienen dazu gebracht werden, Pollen in genau bestimmten Distanzen von ihren Nistplätzen zu sammeln.

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Natterkopf-Mauerbiene

0.0

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0.2

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0.7

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0.9

1.0

Sammelflugdistanz [m]

Ante

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3

15

2829

14

4 4 4

31

2

10

21

2

24 15

13 12

64

3 3 2 20 0

2 1

11

10

6

00

Lauch-Maskenbiene

0.00.10.20.30.40.50.60.70.80.91.0

<1 100 200 300 380 400 500 600 700 750 800 900 1100 1275

<1 75 200 300 400 500 600 700 800 900 1000 1100 1270 1400 1600

Ante

il Bi

enen

Standort A

Standort B

Abb. 3 | Anteil der ursprünglich markierten Weibchen der Lauch-Maskenbiene (Hylaeus punctulatissimus) und der Natterkopf-Mau-erbiene (Hoplitis adunca), die im zweiten Untersuchungsjahr beim Pollensammeln auf Topfpflanzen in zunehmenden Distanzen von ihrem Nistplatz beobachtet wurden. Die Experimente wurden an je zwei Standorten mit verschiedenen Distanzintervallen durchge-führt. Daten für die Lauch-Maskenbiene wurden während 32 Tagen, jene für die Natterkopf-Mauerbiene während 45 Tagen erhoben (Zurbuchen et al. 2010b). Die Zahlen über den Balken geben die Anzahl beobachteter Individuen an.

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Kurze Flugdistanzen zwischen Nist- und Nahrungs habitaten fördern eine reiche Wildbienenfauna | Umwelt

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Agrarforschung Schweiz 1 (10): 360–365, 2010

Die Resultate der vorliegenden Untersuchung zeigen

deutlich, dass es bezüglich der Sammelflugdistanzen

individuelle Unterschiede innerhalb der untersuchten

Wildbienenpopulationen gab. Mit zunehmenden Sam-

melflugdistanzen nahm der Anteil Bienenweibchen, die

Brutzellen verproviantierten, stark ab, was im Endeffekt

zu starken lokalen Bestandeseinbussen führen kann.

R e s u l t a t e & D i s k u s s i o n

Maximale Sammelflugdistanzen

Aufgrund früherer Studien, die einen positiven Zusam-

menhang zwischen Körpergrösse und maximaler Sam-

melflugdistanz nachweisen konnten (Gathmann und

Tscharntke 2002, Greenleaf et al. 2007), wurde zu Beginn

der Untersuchung eine maximale Sammelflugdistanz

von 400m-600 m für die grosse Natterkopf-Mauerbiene

und eine maximale Sammelflugdistanz von 100 m-250 m

für die kleine Lauch-Maskenbiene erwartet. Mit 1400 m

respektive 1100 m waren die ermittelten maximalen

Sammelflugdistanzen sowohl der Lauch-Maskenbiene

als auch der Natterkopf-Mauerbiene erstaunlich lang

(Abb. 3). Allerdings wurden diese langen Sammelflugdi-

stanzen bei beiden Bienenarten nur von wenigen Indivi-

duen zurückgelegt. Die Mehrheit der getesteten Indivi-

duen erwies sich dagegen als Kurzstreckenflieger. So

hatte die Hälfte der Weibchen der Natterkopf-Mauer-

biene bereits bei einer Sammelflugdistanz von 300 m

ihre Nistaktivitäten aufgegeben und die Hälfte der

Weibchen der Lauch-Maskenbiene flog nicht weiter als

225 m im ersten und 100 m im zweiten Untersuchungs-

jahr. Dass diese Weibchen nicht Opfer von Feinden wur-

den oder altershalber starben, zeigte sich daran, dass

viele Weibchen beider Arten zwar noch am Niststandort,

aber nicht mehr beim Pollensammeln auf den Wirts-

pflanzen beobachtet werden konnten. Andere Weib-

chen, die ihre Nistaktivitäten an den Niststandorten auf-

gegeben hatten, dürften sich wohl neue Neststandorte

und Pollenquellen gesucht haben.

Bienenart nDistanzpaar/-triplett [m]

tFlug[h:min:s]

tBrutzelle[h:min]

Brutzelle pro Stunde

Reduktion der Fortpflan-zungsleistung bei längerer

Distanz [%]Statistik

Natterkopf-Mauerbiene18 225 0:27:35a 21:09 0,047

17 375 0:35:51b 27:29 0,036 23 (375 m vs. 225 m) t-Test, p<0,01

Natterkopf-Mauerbiene9 100 0:18:27a 14:09 0,071

17 300 0:26:49b 20:34 0,049 31 (300 m vs. 100 m) t-Test, p<0,01

Natterkopf-Mauerbiene18 150 0:33:15a 25:30 0,039

25 450 0:44:50b 34:22 0,029 26 (450 m vs. 150 m) t-Test, p<0,001

Glockenblumen-Scherenbiene

11 400 0:18:10a 5:42 0,174

6 500 0:15:04a 4:46 0,210 36 (1000 m vs. 400 m) ANOVA, p<0,05

6 1000 0:27:28b 8:41 0,114 46 (1000 m vs. 500 m) mit TukeyHSD

Tab. 1 | Reduktion der Fortpflanzungsleistung der Natterkopf-Mauerbiene (Hoplitis adunca) und der Glockenblumen-Scherenbiene (Chelostoma rapunculi) bei unterschiedlich langen Sammelflugdistanzen unter gleichen äusseren Bedingungen. Basierend auf den durch-schnittlichen Messwerten für die Dauer eines Pollensammelfluges (tFlug) und der Anzahl Pollensammelflüge, die für die Verproviantierung einer Brutzelle benötigt wird (FBrutzelle), konnte der Zeitaufwand für die Verproviantierung einer Brutzelle (tBrutzelle=tFlug×FBrutzelle) abgeschätzt werden. Die Reduktion der Fortpflanzungsleistung bezieht sich auf die Anzahl Brutzellen, die bei unterschiedlichen Sammelflugdistanzen pro Zeiteinheit mit Pollen versorgt werden können (Zurbuchen et al. 2010a). Unterschiedliche Buchstaben geben einen signifikanten Unterschied an. n=Anzahl Individuen, die getestet wurden.

Abb. 4 | Durchschnittliche Dauer (± Standardfehler) eines Pollen-sammelfluges der Natterkopf-Mauerbiene (Hoplitis adunca) für sechs verschiedene Distanzen. Es wurden jeweils zwei Distanzen gleichzeitig und unter identischen Bedingungen getestet. Unter-schiedliche Buchstaben geben einen signifikanten Unterschied an (Zurbuchen et al. 2010a). t-Tests: 225 m/375 m, p<0,01, n225=18, n375=17; 100 m/300 m, p<0,01, n100=9, n300=17; 150 m/450 m, p<0,001, n150=18, n450=25.

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Umwelt | Kurze Flugdistanzen zwischen Nist- und Nahrungs habitaten fördern eine reiche Wildbienenfauna

Agrarforschung Schweiz 1 (10): 360–365, 2010

Einfluss von Sammelflugdistanzen auf die Fortpflan-

zung

Die Zunahme der Sammelflugdistanz um 150 m bis 600 m

verlängerte die durchschnittliche Dauer für einen Pol-

lensammelflug signifikant (Abb. 4, Tab. 1). So benötigte

die Natterkopf-Mauerbiene bei einer Zunahme der Flug-

distanz um 150 m, 200 m beziehungsweise 300 m rund

acht bis zwölf Minuten länger für einen Pollensammel-

flug, und die Sammelflugdauer der Glockenblumen-

Scherenbiene verlängerte sich bei einer Distanzzunahme

um 400 m beziehungsweise 500 m um rund neun bis

zwölf Minuten (Tab. 1). Die Natterkopf-Mauerbiene

musste durchschnittlich 46 Pollensammelflüge absolvie-

ren, um eine einzige Brutzelle mit genügend Pollen zu

füllen, die Glockenblumen-Scherenbiene brauchte dazu

rund 19 Pollensammelflüge (Abb. 5). Bei längeren Sam-

melflugdistanzen führte die zusätzlich benötigte Zeit für

einen einzelnen Sammelflug deshalb zu einem deutlich

grösseren Zeitaufwand für die Verproviantierung einer

einzelnen Brutzelle und entsprechend zu einer geringe-

ren Anzahl Nachkommen während einer Fortpflan-

zungssaison. Die Natterkopf-Mauerbiene versorgte bei

einer Zunahme der Flugdistanz um 150 m, 200 m bezie-

hungsweise 300 m rund 23 %, 31 % respektive 26 %

weniger Brutzellen. Bei der Glockenblumen-Scheren-

biene reduzierte sich bei einer Zunahme der Flugdistanz

um 500 m bzw. 600 m die Anzahl Brutzellen um 46 %

respektive 36 %. Mehrere Untersuchungen zeigten, dass

bei den Bienen mit erhöhter Flugaktivität der Alterungs-

prozess beschleunigt und die Lebensdauer reduziert

wird (Torchio und Tepedino 1980, Schmid-Hempel und

Wolf 1988). Diese Aspekte wurden in dieser Arbeit nicht

berücksichtigt. Es ist also bei zunehmenden Flugdistan-

zen in Wirklichkeit mit noch grösseren Fortpflanzungs-

einbussen zu rechnen. Wachsende Sammelflugdistanzen

haben aber nicht nur negative Auswirkungen auf die

Fortpflanzungsleistung der adulten Bienenweibchen,

sondern dürften auch die Mortalität der Larven erhöhen.

Je länger ein offenes Nest unbeaufsichtigt bleibt, desto

höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Brutzellen

durch natürliche Feinde parasitiert werden (Goodell

2003, Seidelmann 2006). In einer Studie mit der Luzerne-

Blattschneiderbiene (Megachile rotundata) wurde der

tatsächliche Fortpflanzungserfolg bei zwei unterschied-

lichen Sammelflugdistanzen unter Berücksichtigung von

Alterungsprozessen und dem Einfluss von Parasiten

untersucht (Peterson und Roitberg 2006). Bienenweib-

chen, die 150 m weit fliegen mussten, um Pollen zu sam-

meln, produzierten rund 74 % weniger lebensfähige

Nachkommen als Weibchen, deren Nester sich direkt

neben den Pollenquellen befanden.

S c h l u s s f o l g e r u n g e n

Für die Erhaltung und Förderung arten- und individu-

enreicher Wildbienenbestände sollten geeignete Nest-

und Nahrungshabitate nicht weiter als 100 m bis 300 m

von einander entfernt liegen. Kurze Sammelflugdistan-

zen erhöhen den Fortpflanzungserfolg der Wildbienen

wesentlich, indem sie es den pollensammelnden Weib-

chen ermöglichen, die Nahrungsressourcen effizient zu

nutzen. Durch gezielte Förderungsmassnahmen auf

Landschaftsebene, wie zum Beispiel der Schaffung von

blütenreichen Flächen und Kleinstrukturen in enger

Nachbarschaft zueinander, hat die Landwirtschaft die

Chance, einen grossen Beitrag zur Erhaltung und För-

derung einer reichen Wildbienenfauna zu leisten. Eine

arten- und individuenreiche Wildbienenfauna ist wie-

derum Garant für die sichere Bestäubung von Wild-

und Nutzpflanzen. Die grossartige Unterstützung

dieser Forschungsarbeit durch ausnahmslos alle

Betriebsleiter in der Selzacher Witi zeigt das grosse

Interesse der Landwirtschaft an einer reichen Bestäu-

berfauna deutlich auf. n

Diese Arbeit wurde durch das Competence Centre Environment and Sustainability

(CCES) finanziell unterstützt.

Abb. 5 | Geöffnete Nester der Glockenblumen-Scherenbiene (Che-lostoma rapunculi) (oben) und der Natterkopf-Mauerbiene (Hoplitis adunca) (unten). Sichtbar sind die Brutzellen, die beidseits durch Zellwände aus Erde begrenzt und mit einem Gemisch aus Pollen und Nektar als Proviant für die Larven gefüllt sind. Für die Verprovian-tierung einer einzigen Brutzelle benötigt die Glockenblumen-Sche-renbiene im Durchschnitt rund 19, die Natterkopf-Mauerbiene rund 46 Pollensammelflüge.

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Page 9: Heft 10 September 2010

365

Kurze Flugdistanzen zwischen Nist- und Nahrungs habitaten fördern eine reiche Wildbienenfauna | Umwelt

Ria

ssu

nto

Sum

mar

y

Agrarforschung Schweiz 1 (10): 360–365, 2010

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Close neighbourhood of nesting sites and foraging

habitats enhances a diverse fauna of native bees

Native bees are essential pollinators of wild and crop

plants providing high ecological and economical

benefits. However, half of the 600 native bee species

of Switzerland are endangered. Ongoing soil sealing

and intensification of agricultural land use result in

fewer suitable nesting sites and foraging habitats,

which is expected to force female bees to cover

longer distances between nest and flower-rich

patches. In this study, maximum foraging distances

of selected solitary bee species were investigated

and the effect of increasing foraging distances on

their reproduction was analyzed. Bee species, which

restrict pollen foraging to a single plant genus, were

established in an agricultural landscape lacking their

specific host plants. Females were forced to collect

pollen on potted host plants at different distances

from their nests. Only few individuals of Hoplitis

adunca and Hylaeus punctulatissimus covered long

distances of more than 1000 m to collect pollen. The

majority of females already discontinued foraging at

a distance of 100 – 300 m, which indicates that long

distances between nesting sites and flower resources

impose high costs on reproduction. In fact, increased

distances by 150 m and more substantially reduced

the number of progeny produced by females of

Hoplitis adunca and Chelostoma rapunculi. Thus, a

close neighbourhood of nesting and foraging

habitats clearly contributes to a diverse native bee

fauna and to an increase of bee population sizes.

Key words: foraging distance, bee conservation,

fitness cost, habitat fragmentation.

Distanze brevi tra il luogo di nidificazione e le

zone di bottinatura favoriscono le api selvatiche

Le api selvatiche sono impollinatori indispensabili

della flora selvatica e coltivata. Esse ricoprono anche

un ruolo importante sul piano ecologico ed economico.

Circa metà delle 600 specie d’api selvatiche presenti in

Svizzera sono minacciate. Il crescente sfruttamento

delle superfici e l’intensificazione dell’agricoltura

riducono gli ambienti adatti alla nidificazione e alla

bottinatura. Le api devono quindi percorrere distanze

sempre maggiori per raccogliere nettare e polline.

Questo studio mira a determinare la distanza massima

che alcune specie d’api selvatiche riescono a percorrere

per la bottinatura e ad analizzare l’impatto delle cre-

scenti distanze sulla riproduzione. Delle specie d’api

selvatiche, strettamente infeudate a un genere di

piante, sono state poste in un ambiente privo di

appropriate piante ospite, inducendole a bottinare su

specie in vaso poste a diverse distanze dagli alveari.

Alcuni individui delle specie Hoplitis adunca e Hylaeus

punctulatissimus hanno percorso lunghe distanze,

superando i 1000 metri, tra il nido e la pianta nutritrice.

La maggior parte degli individui ha abbandonato

l’attività di nidificazione già quando la distanza era tra

i 100 – 300 metri. L’aumentare delle distanze di

bottinatura sembra quindi comportare costi elevati.

A partire da una distanza di 150 metri, la capacità ripro-

duttiva è sostanzialmente ridotta, sia per individui

della specie Hoplitis adunca che per quelli della specie

Chelostoma rapunculi. Distanze brevi tra il sito di

nidificazione e zone di bottinatura potrebbero

contribuire considerevolmente a favorire la diversità

delle specie e la crescita delle popolazioni di api

selvatiche.

Page 10: Heft 10 September 2010

366 Agrarforschung Schweiz 1 (10): 366–371, 2010

N u t z t i e r e

vierungsmethode beeinflusst werden (Dewhurst & King

1998, Nada & Delic 1976). Die Auswirkungen der Fett-

säuren im Raufutter auf den Fettgehalt der Milch

wurden in vielen Studien untersucht (Morel et al. 2006a

& b ). Die vorliegende Studie zeigt, in welchem Maß sich

der Fettgehalt und der Fettsäuregehalt des unterschied-

lich konservierten Raufutters von dem des ursprüngli-

chen Grünfutters unterscheidet. Sie schliesst das Projekt

ab, in welchem bereits der Einfluss der Konservierung

auf den Aminosäurengehalt (Arrigo 2006) sowie auf die

Verdaulichkeit und den Mineralstoffgehalt des Futters

(Arrigo 2007) geprüft wurde.

M a t e r i a l u n d M e t h o d e n

Das Grünfutter wurde in zwei Entwicklungsstadien (früh

und spät) im Abstand von 30 Tagen als erster Schnitt in

den Jahren 2000 und 2002 sowie als dritter Schnitt im

Jahr 2001 geerntet. Nach dem Mähen wurde das Grün-

futter der gleichen Parzelle unterschiedlich konserviert:

Tiefkühlen (-20°C), schonende Trocknung (Versuchsan-

lage, die mit Luft bei 30 °C und einer relativen Feuchtig-

keit von <45 % betrieben wird), Heubelüftung, Trock-

nung auf dem Feld, als Silage bei 30 % Trockensubstanz

(TS) und als Silage bei 50 % TS.

Die Proben im Grünfutter wurden bei der Ernte ent-

nommen und diejenigen der Konserven zirka 200 Tage

später. Die Proben wurden mittels Petrolether-Extrak-

tion auf ihren Fettgehalt untersucht. Die Fettsäuren

wurden im Ausgangsmaterial gaschromatografisch

bestimmt.

E r g e b n i s s e u n d D i s k u s s i o n

Das untersuchte Raufutter entsprach beim ersten Schnitt

2000 einer ausgewogenen Mischung (A), wenn das Fut-

ter früh geschnitten wurde und einer gräserreichen

Mischung (G), wenn es spät geschnitten wurde. Das im

Jahr 2001 als dritter Schnitt geerntete Futter war reich

an feinblättrigen Kräutern (KF). Der erste Schnitt im Jahr

2002 wurde als ausgewogen mit Raigras-Dominanz (AR)

eingestuft. Die während der Mahd durchgeführten

botanischen Analysen zeigten die Homogenität des

E i n l e i t u n g

Freigesetzte Fettsäuren können einen Einfluss auf die

chemischen, organoleptischen und diätetischen Eigen-

schaften von Lebensmitteln tierischer Herkunft haben

(Morand-Fehr & Tran 2001). Der Fettgehalt (FG) sowie

der Fettsäureanteil des Futters können durch die Konser-

Fettgehalt und Fettsäurezusammensetzung von konserviertem Raufutter Yves Arrigo, Forschungsanstalt Agroscope Liebefeld-Posieux ALP, 1725 Posieux

Auskünfte: Yves Arrigo, E-Mail: [email protected], Tel. +41 26 407 72 64

Befüllen der Kisten für die Trocknung mit Warmluft bei 30 °C und unter 40 % Feuchtigkeit.

Page 11: Heft 10 September 2010

Fettgehalt und Fettsäurezusammensetzung von konserviertem Raufutter | Nutztiere

367

Zusa

mm

enfa

ssu

ng

Agrarforschung Schweiz 1 (10): 366–371, 2010

Das Grünfutter von ein- und derselben

Parzelle wurde drei Jahre lang in zwei

verschiedenen Stadien - Abstand von

30 Tagen – geerntet undnach sechs verschie-

denen Verfahren konserviert. Es wurden

42 Proben mittels Petrolether-Extraktion auf

ihren Fettgehalt und mittels Gas-Chromato-

graphie auf den Anteil an Fettsäuren

untersucht.

Die Fettgehalte variieren stark (11 bis

40 g/kg TS). Das Futter im frühen Wachstums-

stadium weist die höchsten Fettgehalte auf

(26 vs. 20 g/kg TS; P < 0,01) und der Fettge-

halt der Pflanzen im dritten Schnitt lag über

jenem des Futter im ersten Schnitt (26 gegen-

über 21 g/kg TS;P < 0,05). Die silierten

Konserven haben den höchsten Fettgehalt;

42 % mehr als das Grünfutter. Das auf dem

Feld getrocknete Futter wies den niedrigsten

Wert auf;30 % niedriger als das Grünfutter.

Die Linolensäure ist die dominante Fettsäure

mit einem Wert über 55 Prozent. Die Fett-

säuregehalte werden durch das Vegetations-

stadium beeinflusst. Die Trocknungsverfahren

reduzieren den Anteil an Linolensäure. Um

den Fett- und Fettsäuregehalt , welche im

Grünfutter vorliegen, zu bewahren, muss

das Heuen schnell und schonend durchge-

führt werden.

Grünfutters der Parzelle, wobei in den Konserven der

Anteil der Leguminosen und anderen Pflanzen um bis zu

10 % zugunsten der Gräser zurückging. Dies bestätigte

bisherige Beobachtungen, dass die Vorbereitung des

Futters für die Konservierung zu erheblichen Blattverlus-

ten führen kann. Ihr Einfluss, auf den Nährwert des kon-

servierten Futters ist fast ebenso gross wie das eigent liche

Konservierungsverfahren (Fermentationen, Saftverlust

usw.). Die Fettgehalte und die Fettsäuregehalte des

untersuchten Grünfutters werden in Tabelle 1 dargestellt.

Einfluss von Schnitt und Entwicklungsstadium der

Pflanzen auf den Fettgehalt

Der Fettgehalt der Pflanzen des dritten Schnittes lag

über jenem des ersten Schnittes (26,1 g vs. 21,2 g/kg TS,

P < 0,05; Tab. 2). Der Fettgehalt des im frühen Stadium

geernteten Raufutters war höher als der des im späten

Stadium geernteten Futters (26,1 g vs. 19,6 g/kg TS, P <

0,001, Abb. 1). Diese Ergebnisse bestätigen die Schluss-

folgerungen von Hawke (1963), dass je jünger und rei-

cher das Grünfutter an Blättern und Lipiden in den Chlo-

roplasten ist, um so höher ist der Fettgehalt.

Einfluss der Konservierung auf den Fettgehalt

Der Fettgehalt des untersuchten Raufutters variiert im

ersten Schnitt 2000 stark. Für das auf dem Feld getrock-

nete, spät geschnittene Gras wurden 11,0 g/kg TS analy-

siert und für die spät geschnittene Silage (30% TS)

40,1 g/kg TS (Tab. 3, Abb.2). Die Fettgehalte der Silagen

bei 30 % TS sind höher (P < 0,001) als diejenigen des

Grünfutters und der anderen Konserven. Diese lassen

Fettgehalt

0

5

10

15

20

25

30

35

1.Schnittfrüh2000

1.Schnittspät2000

g kg TS

g kg

TS

1.Schnittfrüh2002

1.Schnittspät2002

3.Schnittfrüh2001

3.Schnittspät2001

Abb. 1 | Fettgehalt des Grünfutters.

sich mit dem Verlust von wasserlöslichen Nährstoffen im

Silosaft oder in den Fermentationsprodukten erklären,

was zu einer Konzentration des Fettgehaltes in der TS

führt. Die übrigen Futterkonserven unterscheiden sich

nur im früh geschnittenen Gras (P < 0,01), bei dem durch

das Trocknen auf dem Feld gegenüber dem Grünfutter

ein niedrigerer Fettgehalt entsteht (19,5 vs. 27,4 g/kg TS).

Die niedrigeren Fettgehalte des Trockenfutters im Ver-

gleich zu jenen des Grünfutters könnten auf der Oxida-

tion und Polymerisation der mehrfach ungesättigten

Fettsäuren beim Heuen (Morand-Fehr & Tran 2001) oder

auf dem Verlust von Blättern beruhen. Dewhurst et al.

(2001) zeigten, dass ein Einfluss des Anteils an Blättern

auf den Fettsäuregehalt im Verlauf des Pflanzenwachs-

tums besteht.

Page 12: Heft 10 September 2010

Nutztiere | Fettgehalt und Fettsäurezusammensetzung von konserviertem Raufutter

368 Agrarforschung Schweiz 1 (10): 366–371, 2010

frisches Grünfutter

tiefge-froren

schonened getrocknet

belüftetauf dem Feld getrocknet

bei 30 % TS siliert

bei 50 % TS siliert

Fettgehalt, g/kg TS1

1. Schnitt früh 2000 24,9 19,6 23,7 21,1 18,0 40,1 30,2

1. Schnitt spät 2000 16,8 14,9 11,4 11,4 11,0 25,6 19,3

1. Schnitt früh 2002 27,4 23,7 24,2 20,9 17,8 35,1 28,1

1. Schnitt spät 2002 18,9 16,4 16,2 14,8 11,9 29,3 21,7

3. Schnitt früh 2001 30,0 30,0 25,2 23,6 22,8 36,2 26,4

3. Schnitt spät 2001 26,0 26,3 21,6 20,2 20,5 35,4 21,2

C16:0 % (∑FS)2

1. Schnitt früh 2000 14,1 16,1 19,2 20,1 20,4 14,8 14,9

1. Schnitt spät 2000 19,0 20,4 21,7 25,2 29,4 17,4 19,5

1. Schnitt früh 2002 12,8 14,7 17,5 18,2 20,4 15,4 16,6

1. Schnitt spät 2002 16,8 19,2 21,6 23,1 27,7 18,0 20,0

3. Schnitt früh 2001 13,8 15,0 17,4 16,9 18,3 15,0 16,8

3. Schnitt spät 2001 15,6 16,4 18,8 19,3 20,4 15,9 18,9

C18:0 % (∑FS)3

1. Schnitt früh 2000 1,4 1,8 2,5 2,3 2,4 1,3 1,5

1. Schnitt spät 2000 2,1 2,2 2,4 2,4 3,2 1,6 1,8

1. Schnitt früh 2002 1,4 1,7 1,9 1,9 2,0 1,5 1,6

1. Schnitt spät 2002 1,7 2,4 2,3 2,4 2,8 1,7 2,0

3. Schnitt früh 2001 1,1 1,4 1,6 1,5 1,5 1,2 1,5

3. Schnitt spät 2001 2,0 2,2 2,1 1,9 1,9 1,5 2,2

C18:1 % (∑FS)4

1. Schnitt früh 2000 2,8 3,0 3,3 3,2 3,2 3,1 2,8

1. Schnitt spät 2000 4,5 5,1 5,3 5,3 7,2 4,9 4,1

1. Schnitt früh 2002 2,4 2,4 2,5 2,7 2,8 2,5 2,9

1. Schnitt spät 2002 3,6 4,0 4,1 4,1 5,1 3,7 3,6

3. Schnitt früh 2001 2,7 2,0 2,1 2,1 2,4 2,3 2,3

3. Schnitt spät 2001 4,3 4,6 4,5 3,8 3,5 3,5 3,8

C18:2 % (∑FS)5

1. Schnitt früh 2000 16,7 15,7 18,1 18,1 17,7 16,8 17,2

1. Schnitt spät 2000 20,5 18,0 20,5 19,7 20,8 21,1 21,5

1. Schnitt früh 2002 16,0 14,1 18,2 17,8 18,2 16,9 18,7

1. Schnitt spät 2002 19,0 17,1 19,3 20,7 20,3 20,2 20,4

3. Schnitt früh 2001 14,2 12,6 15,8 14,7 15,6 16,0 15,4

3. Schnitt spät 2001 19,9 18,8 22,2 19,8 18,4 18,5 18,8

C18:3 % (∑FS)6

1. Schnitt früh 2000 64,4 60,5 52,9 53,7 54,8 63,4 61,8

1. Schnitt spät 2000 54,0 52,7 50,2 47,4 39,4 53,5 51,9

1. Schnitt früh 2002 65,4 65,5 58,1 57,3 55,5 61,4 57,9

1. Schnitt spät 2002 57,2 57,4 51,2 48,1 41,8 53,6 51,7

3. Schnitt früh 2001 67,5 67,2 61,0 63,8 61,2 64,9 62,5

3. Schnitt spät 2001 58,2 56,4 51,3 54,1 54,5 52,1 46,2

Tab. 1 | Fettgehalt und Fettsäuregehalt (%) im Grünfutter

1Ts Trockensubstanz, 2 c16 :0 Palmitinsäure in Prozent der fettsäuren, 3 c18 :0 stearinsäure, 4 c18 :1 Ölsäure, 5 c18 :2 Linolsäure, 6 c18 :3 Linolensäure

Page 13: Heft 10 September 2010

Fettgehalt und Fettsäurezusammensetzung von konserviertem Raufutter | Nutztiere

369

Agrarforschung Schweiz 1 (10): 366–371, 2010

geschnitten wurde, bis 3,2 % im auf dem Feld getrock-

neten Heu des ersten Schnittes 2000, welches spät

geerntet wurde. Betrachtet man das früh und spät

geschnittene Gras zusammen, unterscheiden sich die

Konserven untereinander im Hinblick auf diese Fettsäu-

ren nicht.

Ölsäure (C18:1)

Der Anteil von C18:1 an den Fettsäuren ist beim früh

geschnittenem Raufutter geringer als beim spät ge-

schnittenen (2,6 vs. 4,4 %; P < 0,001). Die Art der Konser-

vierung hat keinen Einfluss auf den C18:1-Anteil.

Einfluss der Konservierung auf die Fettsäuregehalte

Nur der Gehalt der Palmitinsäuren mit 2,2 ± 0,6 g/kg TS,

Stearinsäuren mit 0,2 ± 0,1 g/kg TS, Ölsäuren mit 0,4 ±

0,1 g/kg TS, Linolsäuren mit 2,2 ± 0,7 g/kg und Linolen-

säuren mit 7,4 ± 3,4 g/kg TS lässt einen Vergleich zu. Der

Anteil der übrigen Fettsäuren ist zu gering (< 0,1g/kg TS)

oder liegt jeweils unter der Nachweisgrenze. Die Summe

der Fettsäuren in der TS macht durchschnittlich 53,4 %

des Fettgehaltes aus. Dieses Verhältnis ist beim spät

geschnittenen Raufutter mit 47,6% geringer als bei früh

geschnittenem (58,8 %; P < 0,001). Der Fettsäuregehalt

der Futterkonserven ist mit Ausnahme der feuchten

Silage ( 30 % TS) geringer als der des Grünfutters (P <

0,001). Auch bei stark vorgetrockneten Silagen (> 70%

TS) wurden geringere Gehalte, insbesondere was die Öl-

und Linolensäuren betraf, im Vergleich zum Grünfutter

nachgewiesen (Elgersma et al. 2003). Diese Verringerung

könnte auf der Wirkung von Mikroorganismen oder

Enzymen pflanzlicher Herkunft während des Fermentati-

onsprozesses beruhen.

Palmitinsäure (C16:0)

Im früh geschnittenen Gras unterscheidet sich der

C16:0-Anteil des Grünfutters (13,6%) von dem der feuch-

ten Futterkonserven tiefgefroren und siliert mit 30% TS

(15,3 – 15,1%, P < 0,01), der wiederum geringer ist als der

des getrockneten Futters (>18,1%; P < 0,01). Im spät

geschnittenen Gras liegt nur das auf dem Feld getrock-

nete Heu mit einem C16:0-Wert von 25,9% über dem der

Feuchtkonserven (< 19,5%; P < 0,01).

Stearinsäure (C18:0)

Der Anteil an C18:0 stellt den geringsten Fettsäurean-

teil der fünf aufgeführten Säuren dar (1,9%). Er variiert

von 1,1% im Grünfutter, welches im dritten Schnitt früh

1. Schnitt

3. Schnitt

Sx p früh spät Sx p

n: 28 14 21 21

FG1 21,2a 26,1b 1,4 0,03 26,1a 19,6b 1,3 <0,01

FSGesamt2 12,2 13,5 1,1 0,42 16,0a 9,3b 0,8 <0,001

C16:0 (%) 19,1 17,0 0,7 0,07 16,6a 20,2b 0,7 <0,001

C18:0 (%) 2,0a 1,7b 0,9 0,04 1,7a 2,1b 0,1 <0,001

C18:1 (%) 3,7 3,1 0,2 0,12 2,6a 4,4b 0,1 <0,001

C18:2 (%) 18,5 17,2 0,5 0,06 16,4a 19,8b 0,3 <0,001

C18:3 (%) 55,1 58,6 1,4 0,10 61,0a 51,6b 1,0 <0,001

Tab. 2 | Gesamtfett- und Fettsäuregehalt in g/kg Trockensubstanz und Fettsäuregehalt in % der FSGesamt gemäß Zyklus oder Entwicklungs-stadium

1fg gesamtfettgehalt, 2fsgesamt gesamtfettsäuregehalt, werte in der gleichen zeile, die verschieden gekennzeichnet sind, unterscheiden sich statistisch.sx steht für die standardabweichung.

0

5

10

15

20

25

30

35

40

45

Versuchsanlage Feldtrocknung Silage 30% TS Silage 50% TS

g / kg TS

Grünfut

ter

Tiefkü

hlung

Versu

chsan

lage

Belüftu

ng

Feldtr

ockn

ung

Silag

e 30%

TS

Silag

e 50%

TS

g/kg

TS

1. Schnitt 2000, früh

Abb. 2 | Fettgehalt des Grünfutters und seiner Konserven.

Page 14: Heft 10 September 2010

370

Nutztiere | Fettgehalt und Fettsäurezusammensetzung von konserviertem Raufutter

Agrarforschung Schweiz 1 (10): 366–371, 2010

Linolsäure (C18:2)

Der C18:2-Anteil im früh geschnittenen Raufutter ist

geringer als der im spät geschnittenen (16,4 vs. 19,8 %;

P < 0,001). Die geringsten Anteile werden im durch Tief-

gefrieren konservierten Futter festgestellt. Dieses unter-

scheidet sich beim früh geschnittenen Gras aus dem ers-

ten Schnitt (P < 0,01) von den anderen Konserven, aber

nicht vom Grünfutter. Die höchsten Anteile enthält das

auf dem Feld getrocknete, das schonend getrocknete

und das bei 50 % TS einsilierte Futter.

Linolensäure (C18:3)

Die Fettsäure C18:3 stellt mit durchschnittlich 56,3 % den

größten Anteil der Fettsäuren dar, wobei dieser Wert

stark schwankt. Er bewegt sich zwischen 39,4 % (spät,

erster Schnitt 2000, auf dem Feld getrocknetes Heu) und

67,5 % (früh, dritter Schnitt 2001, Grünfutter;). Das spät

geschnittene Futter hat niedrigere C18:3-Anteile als das

früh geschnittene (51,6 vs. 61,0%; P < 0,01). Das getrock-

nete Futter und die Silage (50 % TS) wiesen in allen

Schnitten und zu allen Schnittzeitpunkten leicht niedri-

gere Werte auf als Grünfutter und Feuchtkonserven

(P > 0,05).

S c h l u s s f o l g e r u n g e n

Das Vegetationsstadium (früh oder spät) und die Art der

Konservierung haben einen größeren Einfluss auf den

Fett- und Fettsäuregehalt als der Vegetationszyklus. Mit

Ausnahme der Silagen wird durch die Konservierung der

Fettgehalt im Vergleich zum Ausgangsmaterial verrin-

gert, was auch in anderen Versuchen an ALP beobachtet

wurde (Morel et al. 2006b). Die höheren Anteile an

C16:0, C18:0, C18:1 zu Lasten von C18:3 in der getrockne-

ten gegenüber den feuchten Konserven bestätigen, dass

die Trocknungsdauer diese Gehalte beeinflusst. Um die

Gehalte an Fett und C18:3 im getrockneten Futter nicht

zu verlieren, muss das Heuen schnell durchgeführt wer-

den. Das Grünfutter ist dabei schonend zu behandeln,

um die in den Blättern der Pflanzen enthaltenen wert-

vollen Nährstoffe zu bewahren. n

Grünfutter TiefkühlungEntfeuch-

tungBelüftung

Feld- trocknung

Silage 30 % TS

Silage 50 % TS

Sx p

TS(g/kg)1 166d 175d 864a 890a 873a 280c 477b 2,1 <0,001

FG2 26,2bc 21,7cd 24,0bcd 21,0cd 17,9d 37,6a 29,2b 1,4 <0,001

FS gesamt.3 19,9ac 17,0ab 13,6bc 11,6b 11,1b 22,1a 18,9ab 1,6 <0,01

C16:0 (%) 13,5b 15,4b 18,4a 19,2a 20,4a 15,1b 15,8b 0,7 0,002

C18:0 (%) 1,4 1,7 2,2 2,1 2,2 1,4 1,5 0,2 0,03

C18:1 (%) 2,6 2,7 2,9 3,0 3,0 2,8 2,8 0,3 0,92

C18:2 (%) 16,4ab 14,9b 18,1a 17,9a 18,0a 16,8a 18,0a 0,4 <0,01

C18:3 (%) 64,9a 63,0ab 55,5b 55,5ab 55,2ab 62,4ab 59,9ab 1,8 0,02

Tab. 3 | Gesamtfett- und Fettsäuregehalt in g/kg Trockensubstanz und Fettsäuregehalt in % des Gesamtfettfettsäuregehaltes gemäß Konserve in den ersten Schnitten, n:2

1 Trockensubstanz, 2fg gesamtfettgehalt, 3fsgesamt gesamtfettsäuregehalt werte in der gleichen zeile, die verschieden gekennzeichnet sind, unterscheiden sich statistisch.sx steht für die standardabweichung.

Page 15: Heft 10 September 2010

371

Fettgehalt und Fettsäurezusammensetzung von konserviertem Raufutter | Nutztiere

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Agrarforschung Schweiz 1 (10): 366–371, 2010

Fat and fatty acids in preserved

forages

This article shows the difference in fat

and fatty acid levels between pre-

served forages and grass. Grass was

harvested from the same plot of land

at two different stages (30 days apart)

over three years and stored using six

different processes. 42 samples were

analysed by extraction using petro-

leum ether for fat and by gas chroma-

tography for fatty acids.

There was considerable variation in the

fat levels (11 to 40 g/kg dry matter

(DM)): fodder cut early showing the

highest levels (26 versus 20 g/kg DM

p < 0,01), and regrowth higher levels

than the first cycle (26 versus 21 g/kg

MS p = 0,03). Fodder stored as silage

had the highest fat level (42 % more

than grass content) and fodder dried

on the ground the lowest (30 % less

than grass content). Linolenic acid was

the most important fatty acid with >

55 %. Fatty acid proportions are

influenced by the stage of maturity

and dry conservation methods reduce

linolenic acid proportion. Grass

harvested quickly as well as careful

handling of the fodder maintain the

fat and fatty acid levels.

Key words: fat, fatty acids, preserved

forages.

Tenore in materia grassa e composi-

zione in acidi grassi di foraggio

conservato

Il presente articolo descrive in quale

misura i tenori in materia grassa (MG)

e acido grasso (AG) dei foraggi

conservati si differenziano da quelli

dell'erba d'origine. Per tre anni è stata

raccolta da una stessa particella erba a

due stadi di sviluppo diversi (30 giorni)

e in seguito conservata in base a sei

processi differenti. Sono stati analizzati

42 campioni mediante estrazione con

etere di petrolio per la MG e cromato-

grafia in fase gassosa per l'AG.

I tenori in MG variano fortemente

(11-40 g/kg MS): il foraggio precoce

presenta i valori più alti (26 vs. 20 g/kg

MS p<0,01); le piante al terzo taglio

hanno tenori superiori a quelle dei

primi cicli (26 vs. 21 g/kg MS p=0,03).

Ad avere i tenori più elevati sono gli

insilati (superiori del 42 % a quelli

dell'erba), mentre il foraggio essiccato

nei campi presenta quelli più bassi

(inferiori del 30 % a quelli dell'erba).

L'acido linolenico è l'AG dominante con

un tasso superiore al 55 per cento. Le

percentuali di AG sono influenzate

dallo stadio di maturazione, mentre

quelle di acido linolenico sono ridotte

dai processi di essicazione. Al fine di

conservare i tenori di MG e AG presenti

nell'erba, la fienagione deve essere

effettuata rapidamente e trattando

con cura il foraggio.

Literatur b Arrigo Y., 2006. Einfluss der Konservierung auf den Aminosäurengehalt des Futters. Agrarforschung 13 (07), 272 – 277.

b Arrigo Y., 2007. Verdaulichkeit und Mineralstoffgehalte von konser-viertem Futter. Agrarforschung 14 (08), 370 – 375.

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b Elgersma A., Ellen G., van der Horst H., Muuse B.G., Boer H. & Tamminga S., 2003. Compararison of fatty acid composition of fresh and ensiled pe-rennial ryegrass (Lolium perenne L.), affected by cultivar and regrowth interval. Animal Feed Science and Technology 108, 191 – 205.

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b Morand-Fehr P. & Tran G., 2001. La fraction lipidique des aliments et les corps gras utilisés en alimentation animale. INRA Productions Animales 14, 285 – 302.

b Morel I., Wyss U., Collomb M. & Bütikofer U., 2006a. Grün- oder Dürrfut-terzusammensetzung und Milchinhaltstoffe. Agrarforschung 12, 496 – 501.

b Morel I., Wyss U., Collomb M. & Bütikofer U., 2006b. Grünfutter- oder Sila-gezusammensetzung und Milchinhaltstoffe. Agrarforschung 13, 228 – 233.

b Nada V., Delic I., 1976. The changes of lipids and amino-acids in leaves of wilting green alfalfa. Veterinaria 25, 137 – 140.

Page 16: Heft 10 September 2010

372 Agrarforschung Schweiz 1 (10): 372–377, 2010

Mesokosmenanlage von Syngenta in Stein (AG).

E i n l e i t u n g

Umweltrisikobewertungen sind in den letzten Jahrzehn-

ten Teil vieler Programme zum Schutze der Umwelt

geworden. So gehören sie obligatorisch zu jeder Zulas-

sung von Pflanzenschutzmitteln (PSM), Bioziden und seit

einigen Jahren auch zur Beurteilung von pharmazeuti-

schen Produkten sowie zur Meldung und Registrierung

von Industriechemikalien.

Pflanzenschutzmittel enthalten biologisch aktive

Stoffe, die neben den gewünschten Schutzwirkungen

gegen Schadorganismen auch Nebenwirkungen auf

Nicht-Zielorganismen haben können. Deshalb muss für

die Zulassung neben der Wirksamkeit mit aufwändigen

Testverfahren auch die Sicherheit für Nicht-Zielorganis-

men nachgewiesen werden. Die rechtliche Basis legt die

Pflanzenschutzmittelverordnung (PSMV) fest, die die

Datenanforderungen und Bewertungsgrundsätze

bezüglich Wirksamkeit und Schutz von Mensch und

Umwelt spezifiziert. Die Schweizer PSMV entspricht in

grossen Zügen der Europäischen Pflanzenschutzmittel-

gesetzgebung (91/614/EC bzw. inskünftig 1107/2009/EC).

Um unannehmbare Nebenwirkungen von PSM auf die

Umwelt auszuschliessen, kann die Zulassung eines PSM

Katja Knauer, Stefanie Knauert, Olivier Felix und Eva Reinhard, Bundesamt für Landwirtschaft BLW, 3003 Bern

Auskünfte: Katja Knauer, E-Mail: [email protected], Tel. +41 31 323 11 34

Aquatische Risikobewertung von Pflanzenschutzmitteln

U m w e l t

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Page 17: Heft 10 September 2010

373

Zusa

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Agrarforschung Schweiz 1 (10): 372–377, 2010

mit spezifischen Risikoreduktionsmassnahmen (z. B.

Abstandsauflagen zu Oberflächengewässer, zeitliche

Anwendungsbeschränkungen) verknüpft werden.

Die Umweltrisikobewertung gemäss PSMV bezweckt,

Ökosysteme wie Gewässer, Böden und Luft zu schützen,

um nichtakzeptable Schäden auf die dort lebenden

Organismen zu verhindern. Bei der aquatischen Risiko-

bewertung ist der Schutz von Wasserlebewesen, die

typischerweise in Bächen und kleinen Flüssen angren-

zend an das Agrarland anzutreffen sind, im Fokus. Der

Schutz von Oberflächengewässern vor schädlichen Aus-

wirkungen von PSM wird ebenfalls in anderen Rechtser-

lassen, wie zum Beispiel in der auf das Umweltschutzge-

setz gestützten Gewässerschutzverordnung (GSchV)

behandelt. Anhang 2, Ziffer 12 GSchV stellt für PSM die

folgende quantitative Anforderung: «0.1 µg/L je Einzel-

stoff, vorbehalten bleiben andere Werte auf Grund von

Einzelstoffbeurteilungen im Rahmen des Zulassungsver-

fahrens».

M e t h o d e

Ziel einer Umweltrisikobewertung ist es, nicht akzepta-

ble Schäden und negative Effekte auf Ökosysteme zu

verhindern. Dafür werden Expositionskonzentrationen

abgeschätzt und ökotoxikologische Daten erhoben. In

der Folge werden ökologische Risiken abgeschätzt,

indem die potenzielle Exposition und die möglichen

Effekte ins Verhältnis gesetzt werden (Risiko = Exposi-

tion / Effekte). Um in der EU ein einheitliches Vorgehen

bei der Risikobewertung zu gewährleisten, wurden die

Datenansprüche und die Vorgehensweise in verschiede-

nen Wegleitungen unter anderem im aquatischen

Guidance-Dokument (SANCO/3268/2001 rev.4) festge-

halten.

Expositionsabschätzung

Für die Expositionsabschätzung werden Angaben über

Aufwandmengen, Stoffeigenschaften und das Verhalten

der in PSM enthaltenen aktiven Stoffe in der Umwelt

benötigt. Die Expositionsabschätzung erfolgt meistens

mit Computermodellen, die voraussichtliche Umwelt-

konzentrationen (PEC, vgl. Glossar) berechnen. Bei den

Berechnungen werden sogenannte «Worst-case-Annah-

men» in Bezug zum Beispiel auf Abbau der Substanzen,

Klima- und Bodenbedingungen getroffen, um mögliche

Spitzenkonzentrationen von PSM in Gewässern bei der

Risikobewertung einzubeziehen. Zudem werden bei der

Expositionsabschätzung verschiedene Eintragswege wie

Abdrift, Abschwemmung und Drainage in Oberflächen-

gewässer berücksichtigt. Bei einer Spritzapplikation

kann zum Beispiel PSM-haltiger Sprühnebel in angren-

Umweltrisikobewertungen zielen darauf hin,

Ökosysteme wie Gewässer, Böden und Luft

zu schützen, um nichtakzeptable Schäden auf

die dort lebenden Organismen ausschliessen

zu können. Für die Bewertung von Pflanzen-

schutzmitteln (PSM) in Gewässern stehen

typische Bäche und kleine Flüssen angren-

zend an das Agrarland im Fokus. Risikobe-

wertungen basieren auf der Abschätzung

von Expositionskonzentrationen und der

Erhebung von einer Vielzahl ökotoxikologi-

scher Daten. Bei der Abschätzung der

Toxizität eines PSM werden Wirkungen auf

Individuen, Populationen und Lebensgemein-

schaften erhoben, um kurz- wie auch

langfristige Folgen einer Belastung ermitteln

zu können. Risikobewertungen werden für

Umweltmanagemententscheidungen

zwingend benötigt, da die Zusammenstel-

lung umweltrelevanter Informationen es

ermöglicht, potenzielle Risiken zu erkennen

und Vermeidungsstrategien zum Schutze der

Umwelt zu entwickeln. Die Handlungsoptio-

nen, um das Risiko auf einem akzeptablem

Niveau zu halten, sind vielseitig. Durch das

Vorschreiben konkreter Auflagen auf

spezifische PSM wie zum Beispiel das

Einhalten von bestimmten Abständen zu

Oberflächengewässern oder der obligatori-

sche Einsatz von abdriftmindernder Technik

bei der Anwendung, können PSM weiterhin

sicher in der Landwirtschaft eingesetzt

werden und unannehmbare Effekte auf

Lebensgemeinschaft weitgehend ausge-

schlossen werden.

Aquatische Risikobewertung von Pflanzenschutzmitteln | Umwelt

Page 18: Heft 10 September 2010

Umwelt | Aquatische Risikobewertung von Pflanzenschutzmitteln

374 Agrarforschung Schweiz 1 (10): 372–377, 2010

zende Gewässer gelangen (Abdrift). Bei Regen, beson-

ders bei Starkregen oder Regenfall auf gefrorenem

Boden, oder während der Schneeschmelze können PSM

abgeschwemmt und in Oberflächengewässer eingetra-

gen werden (Abschwemmung). Auch durch Drainagen -

landwirtschaftlich genutzte Böden sind oft drainiert -

können PSM schnell versickern, abfliessen und von den

behandelten Flächen in angrenzende Oberflächenge-

wässer gelangen.

Toxizitätsabschätzung

Bei der Abschätzung der Toxizität eines PSM werden Wir-

kungen auf Individuen, Populationen und Lebensgemein-

schaften ermittelt. Toxizitätsdaten werden nach einem

stufenförmigen Prozess generiert (Abb. 1).

Auf der ersten Stufe wird für die Bewertung eines

potenziellen Risikos für Wasserorganismen ein Basisdaten-

satz erstellt, dem akute und chronische ökotoxikologische

Labortests mit Algen, Daphnien und Fischen zu Grunde

liegen. Diese Tests werden nach international harmoni-

sierten Richtlinien durchgeführt (OECD-Testverfahren

nach GLP). In Kurzeittests werden akute Effekte wie zum

Beispiel Mortalität erfasst, während in Langzeittests chro-

nische Effekte vorwiegend auf die Reproduktion unter-

sucht werden. Aus den Ergebnissen werden ökotoxikolo-

gische Werte wie der akute EC50 (oder der chronische

NOEC (vgl. Glossar) berechnet.

Um unvermeidliche Ungenauigkeiten bei der Übertra-

gung von Laborergebnissen von einzelnen wenigen Orga-

nismen auf reale Gewässerverhältnisse Rechnung zu tra-

gen, wird das Testergebnis für die empfindlichste Art mit

einem Sicherheitsfaktor (AF) versehen. Die Berücksichti-

gung resultiert in einem sogenannten PNEC (PNEC = EC50/

AF und PNEC = NOEC/AF) (Tab. 1), einer Konzentration, bei

der keine negativen Effekte auf das aquatische Ökosystem

zu erwarten sind (Abb. 2). Die PNEC werden dabei so

berechnet, dass selbst bei einer langfristigen Pestizidexpo-

sition keine Beeinträchtigung der aquatischen Organis-

men zu erwarten ist.

Kenngrössen Organismen Tests Methoden

PNEC = EC50 / AF Auswertung von Speziesdaten Akute Laborstudien Dosis-Wirkungskurven

PNEC = NOEC / AF Auswertung von Speziesdaten Chronische Laborstudien Dosis-Wirkungskurven

HC5 * AF Spezies-Sensitivitätsverteilungen Akute und chronische Studien Probabilistische Auswertung

NOEAEC * AFAuswertung der Populations- und

GemeinschaftsdatenMikro- und Mesokosmendaten,

komplexe UmweltsystemePrinciple-Response-Kurven, Gemein-schaftindices, Dosis- Wirkungskurven

EAC oder RAC Alle verfügbaren Daten Alle Tests Alle Methoden

Tab. 1 | Ökotoxikologische Kenngrössen in der Risikobewertung von Pflanzenschutzmitteln

2

3

1

4Realistisch

2

3

1

4

Einfach(Wenige Daten)

Komplex

KonservativStandardtests+ Sicherheitsfaktor

(Viele Daten)

Zusätzliche Studien+ Speziessensitivitätsverteilungen

Semi-Feldstudien(Micro-Mesokosmen)

Effekt-Modelle

Abb. 1 | Stufenweises Vorgehen in der Effektbewertung.

Gefahrenbewertung von PSM in Oberflächengewässern

Akuter T

Akuter Test (EC50) Chronischer Test (NOEC)Repräsentative sensitiveSpezies von drei

trophischen Ebenendes Ökosystems

Sicherheitsfaktor

PNEC

Abb. 2 | Gefahrenbewertung für Ökosysteme im Rahmen der PSM-Zulassung.

Page 19: Heft 10 September 2010

Aquatische Risikobewertung von Pflanzenschutzmitteln | Umwelt

375

Agrarforschung Schweiz 1 (10): 372–377, 2010

Ergibt sich aus dem Vergleich der Toxizitätsdaten der

1.  Stufe (PNEC) mit der Expositionskonzentration (PEC)

ein potenzielles Risiko für aquatische Organismen, so

geht man auf die nächst höhere Stufe in der Risikobe-

wertung (Abb. 1, Daniel 2007). Nun müssen zusätzliche

Studien herangezogen werden, um die Unsicherheit der

Übertragung von Laborergebnissen auf die reale Situa-

tion zu überprüfen. Es können dafür weitere Tests mit

anderen Organismen der sensitivsten Gruppe, Versuche

mit realistischeren Expositionen und Multispeziestests

durchgeführt werden.

Für die Auswertung von Ergebnissen (EC50 und

NOEC) mehrerer Organismen der sensitiven Gruppe kön-

nen probabilistische Methoden angewendet werden,

mit denen die Gefährdung der aquatischen Organismen

abgeschätzt wird. Der ökotoxikologisch relevante Wert

aus den Spezies-Sensitivitätsverteilungen ist die Gefah-

renkonzentration (HC5, vgl. Glossar) (Tab.1).

Bei Versuchen, die realistische Expositionsszenarien

berücksichtigen, wird häufig der Einfluss des Sediments

auf die Wirkung einer Substanz beurteilt oder der Abbau

der Substanz in der Wasserphase simuliert, wie sie unter

natürlichen Bedingungen zu erwarten wäre.

Für die Multispeziestests wurden eine Reihe von

Modell-Ökosystemen entwickelt, wie zum Beispiel

Micro- und Mesokosmen, die es ermöglichen, Effekte

von PSM auf komplexe aquatische Lebensgemeinschaf-

ten zu untersuchen. Neben den direkten Effekten wird

in diesen Systemen auch die Regenerationsfähigkeit, das

heisst auch das Erholungspotenzial von Populationen

und Lebensgemeinschaften untersucht und in der Risi-

kobewertung berücksichtigt. Temporäre Effekte, von

denen sich Populationen in einem kurzen Zeitraum

erholen können, werden als akzeptabel eingestuft. Für

diese Multispeziestests werden sogenannte NOEAEC

(vgl. Glossar) festgelegt.

Auch auf die Ergebnisse dieser «Higher-tier»-Studien

(auf höherer Stufe) können zur Abschätzung des tat-

sächlichen Risikos zusätzliche Sicherheitsfaktoren einge-

rechnet werden. Die Höhe der Faktoren ist abhängig

von der Qualität und Quantität der vorhandenen ökoto-

xikologischen Studien. Für die Entscheidung, welche

Vorgehensweise im Rahmen der Risikobewertung sinn-

voll ist, sind das Wissen und die Erfahrungen von Exper-

ten unabdingbar. Guidance-Dokumente, die die Metho-

den der Durchführungen komplexer Tests und die

Auswertung empfehlen, können herangezogen werden

(HARAP 1999, CLASSIC 2001).

Eine Gesamtbewertung aller ökotoxikologischen

Daten ermöglicht in einem abschliessenden Schritt in der

Risikobewertung, eine akzeptable Umweltkonzentra-

tion (EAC) für ein PSM festzulegen. Der EAC ist zu ver-

Abb. 3 | Der Seebach im Agrarland des Kantons Bern.

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Glossar

•• PSM: Pflanzenschutzmittel

•• PSMV: Pflanzenschutzmittelverordnung

•• GSchV: Gewässerschutzverordnung

•• PEC: predicted environmental concentration

•• GLP: good laboratory practice; gute Laborpraxis

•• EC50: effect concentration; Konzentration, bei der

50 Prozent des Effekts auftritt

•• NOEC: no observed effect concentration; Konzen-

tration, bei der kein Effekt auftritt

•• NOEAEC: no observed ecologically adverse effect

concentrations; Konzentrationen, bei denen keine

für die Umwelt nachteiligen Effekte auftreten

•• AF: assessement factor, Sicherheitsfaktor

•• PNEC: EC50/AF sowie NOEC/AF

•• HC5: hazard concentration; Gefahrenkonzentration

bei der fünf Prozent der getesteten Organismen einen

50-prozentigen oder gerade noch keinen Effekt

zeigen

•• EAC oder RAC: ecologically acceptable concentration,

annehmbare Umweltkonzentration oder regulatory

acceptable concentration, regulatorisch akzeptable

Konzentration

Page 20: Heft 10 September 2010

376

Umwelt | Aquatische Risikobewertung von Pflanzenschutzmitteln

Agrarforschung Schweiz 1 (10): 372–377, 2010

gleichen mit dem PNEC, der auf der ersten Stufe der Risi-

kobewertung festgelegt wird, und wird heute auch oft

als regulatorisch akzeptable Konzentration (RAC)

bezeichnet. Je mehr Studien vorhanden sind, umso bes-

ser und sicherer lässt sich eine Risikobewertung durch-

führen. Liegen neue Erkenntnisse vor, müssen die Werte

neu berechnet werden, damit die geltenden Bewilli-

gungsvoraussetzungen erfüllt sind (Art. 21, PSMV). Die

Erhebung dieser für die Risikobewertung relevanten

Daten ist für jeden Wirkstoff und jedes Produkt obliga-

torisch.

D i s k u s s i o n u n d S c h l u s s f o l g e r u n g e n

Wofür wird eine Risikobewertung verwendet?

Aquatische Risikobewertungen werden für Umweltma-

nagemententscheidungen zwingend benötigt. Sie stel-

len umweltrelevante Informationen zusammen, um die

grössten Risiken zu erkennen und um Wissenslücken zu

identifizieren. Basierend auf diesen Informationen kön-

nen Auflagen auf PSM-Produkte gesetzt werden, zum

Beispiel Abstände zu Oberflächengewässern oder der

obligatorische Einsatz von abdriftmindernder Technik

bei der Anwendung eines spezifischen Produktes, um

unannehmbare Effekte für die aquatische Lebensge-

meinschaft weitgehend auszuschliessen.

Was sind die Schutzziele der PSMV?

Die PSMV stellt sicher, dass PSM gemäss international

vereinbarten Kriterien hinreichend geeignet sind, aber

auch bei vorschriftsmässigem Umgang keine unannehm-

baren Nebenwirkungen auf Mensch, Tier und Umwelt

haben (Art. 1 PSMV).

Um dieses Schutzziel für die Umwelt zu gewährleis-

ten, muss jede Umweltrisikobewertung spezifische

Bewertungskriterien festlegen. Sie muss einerseits geeig-

nete Endpunkte definieren, deren Verwendung es

ermöglicht, Umweltwerte wie zum Beispiel die aqua-

tische Lebensgemeinschaft zu schützen. Andererseits

muss das Schutzniveau definiert werden. Hierbei ist fest-

zulegen, welche Effekte akzeptiert werden und mit wel-

cher Unsicherheit die Vorhersage der Effekte belegt sein

darf.

Wie geeignet sind die Vorhersagen einer Risiko-

bewertung?

Entsprechend der PSMV dürfen ökotoxikologische Kenn-

grössen wie PNEC, EAC oder RAC (Tab. 2) nicht über-

schritten werden. Die Modellierung der Exposition

berücksichtigt verschiedene Eintragswege wie Abdrift,

Abschwemmung und Drainage für Oberflächengewäs-

ser. So wird garantiert, dass keine unannehmbaren

Effekte für die aquatischen Lebensgemeinschaften zu

erwarten sind. Erst dann ist die Zulassung eines PSM

möglich. Mit Hilfe gezielter Messkampagnen zur Bestim-

mung von PSM-Konzentrationen in Oberflächengewäs-

sern wird die Richtigkeit der Risikobewertung und des

darauf basierenden Zulassungsentscheids überprüft und

gegebenenfalls eine Anpassung der Produktzulassung

initiiert. Dieser Vergleich ist für jedes PSM durchführbar

und macht eine Einschätzung des potenziellen Risikos

für die aquatischen Lebensgemeinschaften möglich

(Chèvre 2003). Massnahmen zur Reduktion der PSM-Ein-

träge in Oberflächengewässer sind gegebenenfalls zu

treffen. Dabei sind in einem ersten Schritt mögliche

Emissionsquellen zu reduzieren, die Einhaltung von

Anwendungsbeschränkungen zu kontrollieren und das

Auflagenmanagement zu überprüfen. n

Wirkstoff Kenngrössen (μg/L)

Beflubutamid 0,55

Benalaxyl- M 3

Bifenazat 1,7

Clothianidin 10

Cyflufenamid 2,4

Etofenprox 0,0054

Flonicamid 310

Fluoxastrobin 0,63

Kaliumbicarbonat 7314

Kaliumiodid 57

Kaliumthiocyanat 27

Laminarin >1000

Mandipropamid 28

Mepiquat-chlorid 260

Metrafenone 8,2

Oxardiagyl 0,09

Pelargonsäure 1190

Pethoxamid 0,5

Picloram 55

Pinoxaden 44

Tembotrion 0,85

Triazoxid 0,78

Tritosulfuron 4,8

6-Benzyladenin 205

Tab. 2 | Ökotoxikologische Kenngrössen (PNEC) für Pestizide in Oberflächengewässern berechnet nach den Vorgaben der Pflanzen-schutzmittelverordnung

Page 21: Heft 10 September 2010

377

Aquatische Risikobewertung von Pflanzenschutzmitteln | Umwelt

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Agrarforschung Schweiz 1 (10): 372–377, 2010

Pesticides risk assessment for aquatic

ecosystem

The analyse of environmental risks aims

to protect water, soils and the air so that

the organisms living in these ecosystems

do not suffer an unacceptable level of

damage. To analyse the effects of plant

protection products in rivers and streams,

the focus is typically on small waters

adjacent to farmland. Risk assessment is

based on an estimation of the exposure

and on various ecotoxicological data. In

order to estimate the toxicity of a plant

protection product, its effects on individu-

als, populations and communities are

investigated so that both short and

long-term consequences of an exposure

can be determined. Risk analyses are

essential for decisions concerning environ-

mental management, since a compilation

of environmental relevant informations

can lead to the identification of potential

risks and to the development of strategies

to avoid damage to the environment.

There are many ways of keeping risks to

an acceptable minimum. By introducing

compulsory practical conditions for

specific plant protection products, like the

utilisation at an obligatory distance from

surface waters, or the compulsory use of

technology to prevent spread, it will still

be possible to use such substances in

agriculture while unwanted effects on

aquatic organisms are largely avoided.

Key words: plant protection products,

risk assessment, surface water,

protection goals.

Valutazione dei rischi rappresentati dai

prodotti fitosanitari per l’ecosistema

acquatico

Le valutazioni dei rischi ambientali sono

finalizzate a proteggere ecosistemi come

le acque, il suolo e l'aria, onde poter

escludere danni inaccettabili agli organi-

smi che li abitano. Nella valutazione del

rischio rappresentato dai prodotti fito-

sanitari per i corsi d'acqua si analizzano

soprattutto ruscelli tipici e piccoli fiumi

confinanti con le superficie agricole,

stimando le concentrazioni d'esposizione

e rilevando un gran numero di dati

ecotossicologici. La stima della tossicità

di un prodotto fitosanitario verte sulla

rilevazione degli effetti dello stesso su

individui, popolazioni e cenosi allo scopo

di determinare le conseguenze a breve e

lungo termine. Le valutazioni dei rischi

sono imprescindibili per le decisioni in

materia di gestione ambientale, poiché la

raccolta di informazioni rilevanti per

l'ambiente permette di individuare rischi

potenziali e di sviluppare strategie

preventive adeguate per la sua tutela.

Vi sono varie opzioni operative per

mantenere il rischio a un livello accetta-

bile. Mediante l'imposizione di condizioni

concrete nei confronti di prodotti fitosani-

tari specifici, come ad esempio quella di

rispettare una determinata distanza dalle

acque superficiali o l'obbligo di ricorrere a

una tecnica di applicazione che riduce la

deriva, sarà possibile continuare a impie-

gare tali prodotti in agricoltura in maniera

sicura, escludendo in larga misura effetti

inaccettabili sulla cenosi acquatica.

Literatur b Campbell P.J., Arnold D.J.S., Brock T.C.M., Grandy N.J., Heger W., Heimbach F., Maund S.J. & Streloke M. 1998. Guidance document on Higher tier risk assessment for pesticides (HARAP). Proceedings from the HARAP workshop. SETAC pub. ISBN 90 – 5607 – 011 – 8.

b Chèvre N. 2003, 2006. Pestizide in Schweizer Oberflächengewässern, gwa 4: 297 – 307.

b Daniel, O. Gandolfi, M., Aldrich, A., Baumann H. & Büchi, R. 2007. Öko-toxikologische Risikobewertungen von Pflanzenschutzmitteln. Agrarforschung 14 (6), 266 – 271.

b Europäische Pflanzenschutzmittelverordnung (1107/2009/EC) b Gewässerschutzverordnung vom 28.Oktober 1998 (GSchV) (SR 814.201) b Giddings J.M., Brock T.C.M., Heger, W., Heimbach F., Maund S.J., Nor-man S.M., Ratte H.T., Schafers C. & Steloke M (2001) Community – Level

aquatic system studies – interpretation criteria. Proceedings from the CLASSIC workshop. SETAC pub. ISBN 1 – 880611 – 49-x.

b SANCO/3268/2001 rev.4 (final) 17 October 2002. Working document, Guidance document on aquatic ecotoxicology in the context of the direc-tive 91/414/EEC.

b Verordnung vom 18. Mai 2005 über das Inverkehrbringen von Pflanzen-schutzmitteln (Pflanzenschutzmittelverordnung, PSMV) (SR 916.161).

Page 22: Heft 10 September 2010

378 Agrarforschung Schweiz 1 (10): 378–383, 2010

Gefässversuche mit Mais und Sommerweizen zur Ermittlung der Stickstoffausnutzungseffizienz von aufbereiteter Gülle.

P f l a n z e n b a u

Christine Bosshard1, René Flisch1, Jochen Mayer1, Sonja Basler2, Jean-Louis Hersener3, Urs Meier4 und Walter Richner1

1Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART, 8046 Zürich2LZ Liebegg, 5722 Gränichen3Ingenieurbüro Hersener, 8542 Wiesendangen4Meritec GmbH, 8357 Guntershausen

Auskünfte: Christine Bosshard, E-Mail: [email protected], Tel. +41 44 377 71 11

Verbesserung der Stickstoffeffizienz von Gülle durch Aufbereitung

E i n l e i t u n g

Hofdünger (Gülle und Mist) spielen in der landwirt-

schaftlichen Praxis im Bereich der Pflanzenernährung

eine zentrale Rolle. Die in Hofdüngern enthaltenen

Nährstoffe sind wichtige Produktionsfaktoren im Pflan-

zenbau. Vor allem Stickstoff (N) ist für die Ertragsbil-

dung von grosser Bedeutung. Ein Teil des Dünger-N

dient der Erzeugung von pflanzlichen und tierischen

Produkten, der Rest wird in der organischen Bodensub-

stanz gebunden (Immobilisierung) und/oder geht gas-

förmig oder durch Auswaschung unproduktiv verloren.

Die Tierhaltung zur Milch- und Fleischproduktion führt

zu erheblichen Mengen an Hofdüngern. Regionale

N-Überschüsse aufgrund zu hoher Nutztierdichte erhö-

hen das Risiko von N-Emissionen. Stickstoffverluste

belasten nicht nur die Umwelt (Versauerung und Über-

düngung natürlicher Ökosysteme, Belastung von Ober-

flächengewässern und Grundwasser, Verstärkung des

Treibhauseffektes), sondern verringern auch die Sys-

temeffizienz. Während durchschnittlich nur zirka 50 %

des mit Mineraldünger ausgebrachten N von den Pflan-

zen aufgenommen wird, ist die Ausnutzung von Hof-

dünger-N in der Regel tiefer und auch viel variabler

(Dobermann 2005; Gutser et al. 2005). Die N-Ausnut-

zungseffizienz (NAE) von Hofdüngern muss deshalb

gesteigert und der Verlust umweltrelevanter N-Verbin-

dungen reduziert werden. Neue Technologien zur Auf-

bereitung von Hofdüngern, wie zum Beispiel anaerobe

Vergärung (aV) von Gülle zur Biogasgewinnung in

Kombination mit Membrantrenntechniken (Ultrafiltra-

tion, UF; Umkehrosmose, RO), versprechen die NAE von

Gülle zu verbessern. Weitere Vorteile der technischen

Aufbereitung von Gülle sind: Reduktion des Transport-

volumens der Gülle sowie Produktion erneuerbarer

Energie (Biogas).

Unbehandelte Gülle

Anfangsprodukt Verfahren Zwischenprodukt Endprodukt

MechanischeSeparierung

FeststoffeVergoreneDünngülle

Ultrafiltration UF-Retentat

UF-Permeat

Umkehrosmose RO-Retentat

RO-Permeat

Vergorene Gülle

AnaerobeVergärung

Abb. 1 | Verfahrensschritte der Gülleaufbereitung zur Erzeugung der verschiedenen Düngerprodukte. Nur die fett geschriebenen Düngerprodukte wurden in den Gefäss- und Feldversuche unter-sucht.

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Page 23: Heft 10 September 2010

Verbesserung der Stickstoffeffizienz von Gülle durch Aufbereitung | Pflanzenbau

379

Zusa

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ssu

ng

Agrarforschung Schweiz 1 (10): 378–383, 2010

Stickstoffemissionen aus Agrarökosystemen

in die Umwelt haben in den letzten Jahrzehn-

ten aufgrund der Intensivierung der land-

wirtschaftlichen Produktion zugenommen.

Die Landwirtschaft ist Hauptemittentin von

Stickstoffverbindungen wie Ammoniak,

Nitrat und Lachgas, die sich negativ auf die

Umwelt auswirken können. Die effizientere

Nutzung von Düngerstickstoff sowie die

Reduktion umweltschädigender Stickstoffe-

missionen sind deshalb den meisten Indust-

rienationen ein dringendes Anliegen. Neue

Technologien der Hofdüngeraufbereitung,

wie zum Beispiel anaerobe Vergärung von

Gülle kombiniert mit anschliessender

Ultrafiltration und Umkehrosmose, können

für die Landwirtschaft deshalb attraktiv sein,

da sie das Potenzial besitzen, den Nährstoff-

einsatz zu optimieren, das Transportvolumen

von Gülle zu senken und erneuerbare

Energie zu erzeugen.

In dieser Studie wurden vergorene Gülle und

Düngerprodukte aus der nachfolgenden

Membrantrennung (Ultrafiltration und

Umkehrosmose) auf ihre Eigenschaften

untersucht sowie deren scheinbare Stickstoff-

ausnutzungseffizienz mittels der Differenz-

methode in Gefäss- und Feldversuchen

ermittelt. Durch die Aufbereitung der Gülle

stieg der Ammoniumstickstoffgehalt in den

aufbereiteten Düngerprodukten an, womit

die Pflanzenverfügbarkeit des Güllestick-

stoffs verbessert wurde. Da während der

Aufbereitung aber gleichzeitig auch der

pH-Wert anstieg, erhöht sich das Risiko

gasförmiger Stickstoffverluste während der

Lagerung und Ausbringung. Neue Aufberei-

tungstechnologien können, sind sie mit

emissionsarmen Ausbringtechniken gekop-

pelt, die Stickstoffausnutzung von Gülle

verbessern und die Stickstoffemissionen in

die Umwelt senken.

In dieser Studie wurden verschiedene Düngerpro-

dukte aus der Aufbereitung von Gülle (aV, UF, RO) in

Gefäss- und Feldversuchen getestet, mit dem Ziel, den

Beitrag der technischen Gülleaufbereitung zur Verbesse-

rung der NAE und der Reduktion von N-Verlusten zu

ermitteln. Zudem wurde untersucht, wie die Eigenschaf-

ten von Schweinegülle durch die Gülleaufbereitung

beeinflusst werden.

M a t e r i a l u n d M e t h o d e n

Gülleaufbereitung: Anaerobe Vergärung kombiniert

mit Membrantrennverfahren

Die verschiedenen Aufbereitungsschritte, aus denen die

Düngerprodukte, die in der Studie untersucht wurden,

hervorgingen, sind in Abbildung 1 ersichtlich. Die

Schweinegülle wurde in einem ersten Schritt anaerob

vergoren und anschliessend mechanisch separiert, um

die Feststoffe von der Flüssigphase (Dünngülle) zu tren-

nen. In einem zweiten Schritt fand die Weiteraufberei-

tung der vergorenen Dünngülle mittels Membrantrenn-

verfahren (UF und RO) statt. Bei der UF wird eine

Flüssigkeit – in unserem Fall die Dünngülle – mit Druck

durch eine semipermeable Membran gezwungen. Hoch-

molekulare Substanzen (z. B. Bakterien, Proteine, Mak-

romoleküle) werden an der Membran zurückgehalten

(Abb. 2). Dabei entsteht ein konzentrierter Teilstrom,

das UF-Retentat. Niedermolekulare Substanzen (z. B.

Ionen) können die Membran passieren und resultieren

in einem weniger konzentrierten Teilstrom, dem UF-Per-

Ultrafiltration0,1 – 0,01 μm

Umkehrosmose< 0,001 μm

Separation> 100 μm

Fasern& Partikel

IonenNieder-molekulareVerbindungen

Wasser-Moleküle

Kolloide

Bakterien

Viren

ProteineMakro-moleküle

Feststoffe UF-Retentat RO-Retentat RO-Permeat

© MERITEC GmbH

Abb. 2 | Stoffabtrennung mittels Separierung und Membrantren-nung (Ultrafiltration, UF und Umkehrosmose, RO) bei der Aufberei-tung von Gülle.

Page 24: Heft 10 September 2010

Pflanzenbau | Verbesserung der Stickstoffeffizienz von Gülle durch Aufbereitung

380 Agrarforschung Schweiz 1 (10): 378–383, 2010

meat. In einem letzten Schritt wurde das UF-Permeat

mittels RO (Abb. 3) weiter aufbereitet. Durch Anlegen

eines Drucks, der den osmotischen Druck übersteigt,

wird die Flüssigkeit von einer Region höherer zu einer

Region tieferer Konzentration (Gegenteil von Osmose)

wieder durch eine semipermeable Membran gezwun-

gen (Abb. 2). Die niedermolekularen Substanzen, die bei

der UF die Membran noch passierten, werden nun als

RO-Retentat zurückgehalten und aufkonzentriert. Was-

sermoleküle hingegen können die Membran passieren

und gelangen in das RO-Permeat. Ausser den Feststoffen

und dem RO-Permeat wurden alle aus der Gülleaufbe-

reitung resultierenden Zwischen- und Endprodukte

(Abb. 1) charakterisiert und deren NAE in Gefäss- und

Feldversuchen ermittelt.

Gefäss- und Feldversuche

Die Gefässversuche wurden mit Sommerweizen (Triti-

cum aestivum L. var. Fiorina) und Mais (Zea mays var.

Delitop) in der Vegetationshalle von ART, die Feldversu-

che an zwei Standorten (Zürich-Affoltern und Oensin-

gen) mit Winterweizen (Triticum aestivum L. var. Zinal)

durchgeführt. Bei der Versuchsanordnung handelte es

sich um ein vollständig randomisiertes Blockdesign mit

jeweils vier Wiederholungen für jedes Düngerprodukt.

Folgende Düngerverfahren wurden untersucht:

•• Unbehandelte Schweinegülle (Anfangsprodukt)

•• Vergorene Schweinegülle

•• Vergorene Dünngülle

•• UF-Retentat

•• UF-Permeat

•• RO-Retentat

•• Ammoniumsulfat aus Ammoniakstrippung

(nur in Gefässversuchen)

•• Mineraldünger (Ammoniumnitrat)

•• Ungedüngtes Kontrollverfahren

Die Düngung betrug in den Gefässversuchen beim Som-

merweizen total 1 g, beim Mais 1,3 g mineralischer N pro

Gefäss (0,038 m²) und in den Feldversuchen mit Winter-

weizen 135 kg N ha–1.

Berechnungen

Die scheinbare N-Ausnutzungseffizienz der verschiede-

nen Düngerprodukte wurde mittels der Differenzme-

thode (Muñoz et al. 2004) berechnet:

NAE (%) = [(N-Aufnahmegedüngt –

N-Aufnahmeun gedüngt)/total Ngedüngt] x 100

wobei N-Aufnahmegedüngt (g pro Gefäss oder kg ha–1) der

Aufnahme von N in die oberirdische Pflanzenmasse der

mit N gedüngten Kultur und N-Aufnahmeungedüngt (g pro

Gefäss oder kg ha–1) der Aufnahme von N in die oberirdi-

sche Pflanzenmasse der ungedüngten Kultur entspricht.

Total Ngedüngt (g pro Gefäss oder kg ha–1) ist die total aus-

gebrachte N-Menge. Die N-Aufnahme in die Pflanze im

ungedüngten Verfahren entspricht dem totalen N-Ent-

zug aus dem Boden. Die Differenz in der N-Aufnahme

zwischen dem gedüngten und dem ungedüngten Ver-

fahren entspricht deshalb dem N-Entzug aus dem jewei-

ligen Dünger.

Statistische Analyse

Die Varianzanalyse wurde mit dem statistischen Analyse-

programm SYSTAT 11 (Systat Software Inc., USA) durch-

geführt. Der Effekt der untersuchten Düngerprodukte

auf die NAE wurde mittels «General Linear Model»

(GLM) entsprechend dem komplett randomisierten

Blockdesign überprüft. Bei signifikantem Effekt wurde

Abb. 3 | Umkehrosmose-Anlage.

Düngerprodukt

TSpH

(H2O)Ntot

NH4-N

Anteil NH4-N am Gesamt-N

(%) (g/kg FS) (%)

Unbehandelte Schweinegülle

2,8 8,26 4,6 3,1 67,4

Vergorene Schweinegülle

1,9 8,30 3,9 3,4 87,2

Vergorene Dünngülle

1,9 8,52 4,0 3,4 85,0

UF-Retentat 4,6 8,53 6,0 3,8 63,3

UF-Permeat 1,1 8,68 3,4 3,3 97,1

RO-Retentat 3,7 8,81 7,8 7,6 97,4

Tab. 1 | Ausgewählte Eigenschaften (Trockensubstanz [TS], pH-Wert, Gesamt-N [Ntot], Ammonium-N [NH4-N]) der verschiedenen Düngerprodukte aus der Gülleaufbereitung

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Page 25: Heft 10 September 2010

Verbesserung der Stickstoffeffizienz von Gülle durch Aufbereitung | Pflanzenbau

381

Agrarforschung Schweiz 1 (10): 378–383, 2010

UF-Retentat der Anteil von NH4-N am totalen N mit dem

von unbehandelter Gülle vergleichbar war (Tab. 1). Dies

kann damit erklärt werden, dass während der UF organi-

sche N-Verbindungen (z. B. Proteine) die semipermeable

Membran nicht passieren können und so im UF-Retentat

angereichert werden, während Ionen (z. B. NH4+) die

Membran passieren und ins UF-Permeat gehen. Die

Umwandlung von organisch gebundenem N in NH4-N

während der Aufbereitung erhöhte den Gehalt an direkt

pflanzenverfügbarem N gegenüber der unbehandelten

Gülle. Die N-Freisetzung aus Düngerprodukten aus der

Gülleaufbereitung wird dadurch vorhersagbarer und

lässt damit einen präziseren Einsatz des Gülle-N zu. Da

jedoch gleichzeitig mit der Zunahme des NH4-N-Gehalts

auch der pH-Wert der Gülle ansteigt, erhöht sich das

Risiko von potenziellen NH3-Verlusten während der

Lagerung und Ausbringung.

Massenbilanz:

Die Berechnung der Massenbilanz ergab, dass durch die

Aufkonzentrierung der Gülle über die gesamte Aufbe-

reitungskette (aV, UF und RO) ein beachtlicher Anteil an

Wasser aus der Gülle entfernt werden konnte. Das Volu-

men des RO-Retentats konnte gegenüber der unbehan-

delten Gülle um ungefähr 60 % reduziert werden (Daten

nicht gezeigt).

NAE der Düngerprodukte aus der Gülleaufbereitung

Gefässversuche:

Verglichen mit der unbehandelten Gülle wiesen die Dün-

gerprodukte aus der Gülleaufbereitung in den Gefässver-

suchen mit Sommerweizen und Mais in der Regel eine

höhere NAE auf (Tab. 2). Ausnahmen bildeten das UF-

und zum Teil auch das RO-Retentat. Wie schon erwähnt

und wie auch aus Tabelle 2 ersichtlich, reicherten sich die

organischen N-Verbindungen während der UF im Reten-

tat an, weil sie die Membran nicht passieren konnten. Das

UF-Retentat war mit einem Anteil von 63 % direkt pflan-

zenverfügbarem N am totalen N mit der unbehandelten

Gülle vergleichbar (Tab. 1). Im Gegensatz dazu wiesen die

vergorene Gülle sowie das UF-Permeat und RO-Retentat

mit 87 % bzw. jeweils 97 % einen wesentlich höheren

NH4-N-Anteil am totalen N auf (Tab. 1). Die NAE war in

diesen Düngerprodukten deshalb signifikant höher als im

UF-Retentat oder in der unbehandelten Gülle (Tab. 2).

Trotz einem Anteil von 97 % direkt pflanzenverfügbarem

N war die N-Ausnutzung des RO-Retentats durch den

Mais bescheiden (Tab.  2). Dies konnte im Gefässversuch

mit Sommerweizen nicht festgestellt werden. Möglicher-

weise wurde die N-Ausnutzung durch den salzempfindli-

chen Mais wegen der hohen Salzkonzentration im RO-

Retentat (Daten nicht gezeigt) gehemmt.

der Tukey-HSD-Test mit einem Signifikanzniveau von

P ≤ 0,05 verwendet. Prozentzahlen wurden für die Vari-

anzanalyse arcsin-transformiert.

R e s u l t a t e u n d D i s k u s s i o n

Einfluss der Aufbereitung auf die Gülleeigenschaften

Trockensubstanz-Gehalt:

Durch die anaerobe Vergärung wurde der Trockensubs-

tanzgehalt (TS) der Gülle reduziert (Tab. 2). Die Reduk-

tion des TS-Gehaltes vermindert die Viskosität der Gülle

und verbessert somit deren Fliessfähigkeit (Chatigny et

al. 2004). Dadurch kann die Gülle schneller von den

Pflanzen abfliessen und schneller in den Boden einsi-

ckern, was gasförmige N-Verluste reduzieren kann. Ult-

rafiltration und RO erhöht den TS-Gehalt in den Reten-

taten (Tab. 1).

pH-Wert:

Da während der anaeroben Vergärung ein Teil des

or ganisch gebundenen N in Ammoniumkarbonat über-

führt wird, steigt der pH-Wert der Gülle in der Regel an

(Kirchmann und Witter 1992). In dieser Studie war der

pH-Wert der vergorenen Gülle gegenüber der unvergo-

renen jedoch nur geringfügig höher, was auf den schon

relativ hohen pH-Wert der unbehandelten Gülle zurück-

zuführen sein könnte. Die weitere Aufbereitung mit UF

und RO führte zu einem weiteren pH-Anstieg im Per-

meat und den Retentaten (Tab. 1). Ab einem pH-Wert

von 7 verschiebt sich das Dissoziationsgleichgewicht zwi-

schen Ammonium (NH4) und Ammoniak (NH3) in Rich-

tung höherer NH3-Konzentrationen. Dies erhöht das

Risiko von NH3-Verlusten während der Lagerung und

Ausbringung (Pötsch et al. 2004). Düngerprodukte mit

hohen NH4-Konzentrationen müssen deshalb unmittel-

bar nach dem Ausbringen in den Boden eingearbeitet

werden.

Stickstoffgehalt:

Durch den Vergärungsprozess sollte sich der absolute

Gehalt an totalem N – wenn überhaupt – nur geringfü-

gig verändern, da nur ein geringer Teil des N ins Biogas

überführt werden kann. Die Abnahme des Total-

N-Gehalts der Gülle um 15 % nach der Vergärung (Tab. 1)

konnte nicht schlüssig erklärt werden. Während des Ver-

gärungsprozesses wird organische Substanz abgebaut.

Organisch gebundener N wird dabei durch Mikroorga-

nismen in pflanzenverfügbaren N überführt, so dass der

NH4-N-Gehalt zu- und der Gehalt an organischem N in

der Gülle gleichzeitig abnimmt (Gutser et al. 2005). Die

UF und RO führten zu einem weiteren Anstieg des

NH4-N-Gehalts, vor allem im RO-Retentat, während im

Page 26: Heft 10 September 2010

382

Pflanzenbau | Verbesserung der Stickstoffeffizienz von Gülle durch Aufbereitung

Agrarforschung Schweiz 1 (10): 378–383, 2010

Im Vergleich zum Mineraldünger (Ammoniumnitrat)

wiesen sowohl die vergorene Gülle wie auch die Dün-

gerprodukte aus der UF und RO eine signifikant tiefere

NAE auf (Tab. 2). Einzig das Ammoniumsulfat aus der

Ammoniakstrippung führte zu einer ähnlich hohen NAE

wie beim Mineraldünger (Tab. 2).

Feldversuche:

In den Feldversuchen unterschied sich die NAE der

meisten Düngerprodukte aus der anaeroben Vergä-

rung, der UF und RO statistisch nicht von der NAE der

unbehandelten Gülle und des Mineraldüngers (Tab. 2).

Dies könnte auf die höhere Variabilität in den Feld-

gegenüber den Gefässversuchen zurückzuführen sein.

Tendenziell war die N-Ausnutzung der Aufbereitungs-

produkte durch den Winterweizen jedoch höher als bei

der unbehandelten Gülle.

S c h l u s s f o l g e r u n g e n

•• Die Ergebnisse aus den Gefäss- und Feldversuchen

zeigen, dass die aus der Aufbereitung gewonnenen

Düngerprodukte (UF-Retentat, UF-Permeat,

RO-Retentat) zur landwirtschaftlichen Düngung

ge eignet sind.

•• Neue Technologien in der Gülleaufbereitung wie zum

Beispiel anaerobe Vergärung kombiniert mit Ultrafilt-

ration und Umkehrosmose haben das Potenzial, die

Stickstoffausnutzungseffizienz von Gülle zu verbes-

sern und Stickstoff-Emissionen in die Umwelt zu

verringern, wenn die Aufbereitungsprodukte sachge-

mäss gelagert und emissionsarm ausgebracht (z. B.

Schleppschlauchverteiler) werden.

•• Wegen des hohen Anteils an direkt pflanzenverfügba-

rem Stickstoff vor allem im Permeat aus der Ultrafilt-

ration und im Retentat aus der Umkehrosmose

könnten diese Produkte Mineraldünger zumindest

teilweise ersetzen.

•• Durch die Reduktion des Transportvolumens der Gülle

könnte das Problem von regionalen Stickstoff-Über-

schüssen entschärft werden (erleichterter Transport in

Regionen mit N-Bedarf). n

Literatur b Chatigny M. H., Rochette P., Angers D. A., Massé D. & Côté D., 2004. Ammonia volatilization and selected soil characteristics following appli-cation of anaerobically digested pig slurry. Soil Science Society of Ameri-ca Journal 68, 306–312.

b Dobermann A., 2005. Nitrogen use efficiency – state of art. Paper prä-sentiert am IFA International Workshop on enhanced-efficiency fertili-zers, Frankfurt, Deutschland, 28.–30. Juni 2005.

b Gutser R., Ebertseder T., Weber A., Schraml M. & Schmidthalter U., 2005. Short-term and residual availability of nitrogen after long-term applica-tion of organic fertilizers on arable land. Journal of Plant Nutrition and Soil Science 168, 439–446.

Düngerprodukt

GefässversucheFeldversuch

Zürich-Affolterna

Sommerweizen Mais Winterweizen

NAE (%)

Unbehandelte Schweinegülle

30,9 (4,3) d 28,0 (3,8) ce 37,1 (8,0) b

Vergorene Schweinegülle

48,3 (4,3) c 52,6 (4,5) b 55,9 (11,3) ab

Vergorene Dünngülle

50,9 (4,2) bc 46,8 (2,3) b 56,3 (6,9) ab

UF-Retentat 36,8 (7,3) d 21,7 (1,2) e 42,9 (1,3) b

UF-Permeat 58,2 (3,3) b 47,7 (2,6) b 53,7 (8,4) ab

RO-Retentat 50,1 (2,8) bc 36,6 (2,0) c 54,6 (7,3) ab

Ammoniumsulfatb 77,0 (4,9) a 62,0 (4,7) a n.u.

Mineraldüngerc 67,8 (15,5) a 69,9 (4,7) a 63,3 (9,0)

Tab. 2 | Scheinbare Stickstoffausnutzungs-Effizienz (NAE) der verschiedenen Düngerprodukte aus den Gefäss- und Feldversuchen. Standardabweichung in Klammern. n = 4

b Kirchmann H. & Witter E., 1992. Treatment of solid animal manures: Iden-tification of low NH3 emission practices. Nutrient Cycling in Agroecosys-tems 52, 65–71.

b Muñoz G. R., Kelling K. A., Powell M. J. & Speth P. E., 2004. Comparison of estimates of first-year dairy manure nitrogen availability or recovery using nitrogen-15 and other techniques. Journal of Environmental Quality 33, 719–727.

b Pötsch E. M., Pfundtner E., Resch R. & Much P., 2004. Stoffliche Zusam-mensetzung und Ausbringungseigenschaften von Gärrückständen aus Biogasanlagen. In: Biogasproduktion – alternative Biomassenutzung und Energiegewinnung in der Landwirtschaft, 10. Alpenländisches Experten-forum, Irdning, Österreich.

a nur standort zürich-Affoltern, da keine signifikanten unterschiede zwischen den beiden standorten und keine standort x Düngerinterkation bei beiden standorten.b Aus Ammoniakstrippung.c Ammoniumnitrat.n.u. nicht untersucht.

innerhalb einer spalte sind die mit verschiedenen Buchstaben gekennzeichneten Mittelwerte nach Tukey’s-multiple-range Test signifikant voneinander verschieden (P ≤ 0,05).

Dank

Die Autoren bedanken sich beim BLW sowie bei den Kantonen Aargau, Appenzell

Ausserrhoden und Schaffhausen für die finanzielle Unterstützung.

Page 27: Heft 10 September 2010

383

Verbesserung der Stickstoffeffizienz von Gülle durch Aufbereitung | Pflanzenbau

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Sum

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y

Agrarforschung Schweiz 1 (10): 378–383, 2010

Migliorare l’efficacia dell'azoto del liquame

attraverso la sua lavorazione

Le emissioni atmosferiche di azoto degli

ecosistemi agricoli sono aumentate nell'ultimo

decennio, a seguito dell'intensificazione della

produzione agricola. L'agricoltura è la princi-

pale fonte di emissioni di composti azotati

quali ammoniaca, nitrati e protossido d'azoto

che possono avere un impatto negativo

sull'ambiente. Nella maggior parte dei paesi

industrializzati l’utilizzo efficace dell’azoto

contenuto nei concimi e la riduzione delle

emissioni dannose per l'ambiente sono

dunque dei problemi urgenti da trattare. Le

nuove tecnologie per la lavorazione dei

concimi aziendali, quali ad esempio la fermen-

tazione anaerobica del liquame, in combina-

zione con l'ultrafiltrazione e l'osmosi inversa,

possono rappresentare una soluzione allet-

tante per l'agricoltura, in quanto potenzial-

mente in grado di ottimizzare l'impiego delle

sostanze nutritive, ridurre i volumi di liquame

da trasportare e generare energia rinnovabile.

Nel presente studio sono state analizzate le

proprietà di liquame fermentato e concimi

ottenuti mediante membrane di ultrafiltra-

zione e osmosi inversa nonché la rispettiva

efficienza apparente dell'azoto in base al

metodo differenziale in prova in contenitori e

sul campo. Attraverso la lavorazione del

liquame il tenore in azoto ammoniacale dei

concimi ottenuti aumenta, così come la

quantità di azoto nel liquame disponibile per

le piante. Siccome vi è pure un aumento del pH

durante la lavorazione il rischio di perdite di

azoto allo stato gassoso durante lo stoccaggio

e lo spandimento segue la medesima ten-

denza. Le nuove tecnologie di lavorazione, se

combinate con tecniche di spandimento a

basso carico di emissioni, possono migliorare

la gestione dell'azoto del liquame e ridurne le

emissioni nell'ambiente.

Improving Nitrogen Efficiency via Slurry

Treatment

Over the last few decades, intensified agricul-

tural production has greatly increased fluxes

of nitrogen (N) between different compart-

ments of the biosphere, and more specifically,

emissions of N compounds from agroecosys-

tems. Agriculture is one of the main emitters

of N compounds (e.g. ammonia, nitrate,

nitrous oxide) with negative impacts on the

environment like greenhouse-gas emissions

and contamination of surface and ground

water. Greater efficiency in N-fertiliser use and

the reduction of environmentally harmful N

losses are therefore still urgent matters of

concern for most industrial countries. New

technologies such as anaerobic fermentation

(AF) of slurry combined with subsequent

ultrafiltration (UF) and reverse osmosis (RO)

can be attractive options for agriculture,

potentially enabling to optimise nutrient

management, reduce volumes of transported

slurry, and generate renewable energy. In this

study, anaerobically fermented pig slurry and

fertilizer products from the subsequent

mechanical separation (UF and RO) were

characterised and their apparent N-use

efficiency determined in pot and field experi-

ments by means of the difference method.

Treatment of pig slurry with AF, UF and RO

increased the ammonium N concentration,

which improved plant N availability. Since the

pH value also increases in parallel during

treatment, the risk of gaseous losses during

storage and application also rises. Neverthe-

less, new slurry-treatment technologies

coupled with low-emission application

techniques (e. g. spreader with trailed hoses)

can potentially both increase the N efficiency

of slurry and reduce N emissions to the

environment.

Key words: anaerobic fermentation, nitrogen

use efficiency, pig slurry, reverse osmosis,

ultrafiltration.

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384 Agrarforschung Schweiz 1 (10): 384–391, 2010

Um die Risiken von Nährstoffverlusten unter einer Weide zu untersuchen, wurden die Einflüsse verschiedener Mengen an Kot und Harn in Lysimetern untersucht.

E i n l e i t u n g

Auf einer intensiv bewirtschafteten Weide können im

Durchschnitt während einer Weidesaison eine oder zwei

Kot- oder Harnstellen pro m² gezählt werden. Verschie-

dene Studien haben gezeigt, dass die Rinderausschei-

dungen Auswirkungen auf die Grasproduktion, aber

auch auf die Verluste von Nährstoffen hatten (Decau et

al. 2004; Smith et al. 2002; Stout et al. 1997; Cuttle et

Bourne 1993). Um die Auswirkungen unter unseren

Bedingungen näher zu erfassen, wurde in Changins ein

Versuch mittels Lysimetern angesetzt. In einem ersten

Artikel beschrieben Troxler et al. (2008) die Auswirkun-

gen der Rinderauscheidungen auf das Wachstum und

den Nährstoffgehalt einer aus Gräsern bestehenden

Grasnarbe. Das Einbringen von Harn bewirkte eine ein-

deutige Zunahme der Ausbeute an Trockenmasse. Die

Wirkung von Rinderkot war viel bescheidener, setzte

später ein und hielt länger an als diejenige von Harn.

Ziel dieses zweiten Artikels ist es, die Auswirkungen

der Kot- und Harnausscheidungen auf die Nährstoffver-

luste durch Auswaschung zu bestimmen, und daraus

praktische Empfehlungen zur Minimierung der Verlustri-

siken und Umweltschäden zu formulieren.

Jakob Troxler, Jean-Pierre Ryser, Jean-Paul Pittet, Hélène Jaccard und Bernard Jeangros,

Forschungsanstalt Agroscope Changins-Wädenswil ACW, 1260 Nyon 1

Auskunft: Bernard Jeangros, E-Mail: [email protected], Tel. +41 22 363 47 38

Einfluss von Rinderausscheidungen auf die auswa-schungsbedingten Verluste unter einem Gräserrasen

P f l a n z e n b a u

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Einfluss von Rinderausscheidungen auf die auswaschungsbedingten Verluste unter einem Gräserrasen | Pflanzenbau

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Agrarforschung Schweiz 1 (10): 384–391, 2010

M a t e r i a l u n d M e t h o d e n

Der Versuch wurde in Changins von 1997 bis 2000 mittels

19 Lysimetern gefüllt mit Boden, der auf dem Betrieb

von Changins entnommen wurde, durchgeführt (pH: 8.1,

organische Substanz: 1.4%, Lehm: 27%; Troxler et al.

2008). Die Narbe bestand zu 95 % aus Englischem Ray-

grass (Lolium perenne, var. Arion) und zu 5 % aus Wie-

senrispengras (Poa pratensis, var. Monopoly). Der Ver-

such gliederte sich in zehn Verfahrensweisen (Tab. 1).

Die Kontrolle ohne Ausscheidungen und die acht Ver-

fahren mit Ausscheidungen wurden in je zwei Lysime-

tern wiederholt, das Verfahren «unbewachsener Boden»

und ohne Einfuhr hingegen nicht. Die acht Verfahren

mit Ausscheidungen wurden durch eine Kombination

von zwei Ausscheidungstypen (Kot und Harn, Tab. 2),

zwei Einfuhrepochen (nur im Herbst oder im Frühling

und im Herbst) und einer einfachen (eine 2 kg-Kotgabe

oder eine 2 l-Harngabe) oder zweifachen Gabe (zwei

Kotgaben oder zwei Harngaben) erhalten. Der Kot und

der Harn wurden in den Jahren 1997 und 1998 einge-

bracht und die Nachwirkungen bis Ende 2000 gemessen.

In allen Verfahren von 1997 bis 2000, mit Ausnahme des

Verfahrens «unbewachsener Boden», wurde eine iden-

tische Mineraldüngung (6 × 20 kg/ha N, 16 kg/ha P,

27 kg/ha K und 20 kg/ha Mg) angewendet. Um die Weide

nachzuahmen wurde der Grasbewuchs alle vier Wochen

gemäht (acht Schnitte/Jahr). Die Mengen des Auswa-

schungswassers und dessen Gehalt an Gesamtnährstof-

fen (N, P, K und Mg) wurden mit den Methoden des

Sol-Conseil-Labors in Nyon regelmässig gemessen. Von

der Applikation der ersten Kot- und Harngaben an

(15.05.97) bis Dezember 2000 (15.12.00) wurden insge-

samt 22 Sequenzen gemessen.

R e s u l t a t e u n d D i s k u s s i o n

Stickstoffverluste

Die von 1997 bis 2000 gemessenen Verluste an Ge-

samtstickstoff durch Auswaschung schwanken zwischen

den Verfahrensweisen (Abb. 1). Während sie ohne

Ausscheidungen (Kontrolle) oder mit ein bis zwei Kot-

gaben/Jahr (Verfahren 1Kh, 2Kh und 2Kfh) eindeutig

weniger als 100 kg/ ha betragen, erreichen sie ca. 500 kg/

ha im Verfahren mit vier Harngaben/Jahr (4Hfh).

Die mittleren Stickstoffverluste sind dreimal höher in

den Verfahren mit Harngaben als in denjenigen mit Kot-

gaben, wobei die grössten Verluste im Verfahren mit

zwei Harngaben im Herbst (2Hh und 4Hfh) festgestellt

wurden. Zwei auf den Frühling und den Herbst verteilte

Harngaben (2Hfh) haben weniger Verluste zur Folge als

zwei Harngaben im Herbst (2Hh). Dies ist zu einem guten

Rinderkot und -harn wurden während zwei

Jahren, in zwei Jahreszeiten und in einfacher

oder in doppelter Menge, auf einem in

Lysimetern angebauten Gräserrasen ausge-

bracht, um Nährstoffverluste durch Auswa-

schung zu erfassen. Die Gesamtsticksoffver-

luste schwankten zwischen 18 und 226 kg/

ha/Jahr: während sie in den Verfahren «ohne

Ausscheidungen» oder «mit Kot» 50 kg/ha/

Jahr unterschritten, gingen sie in den

Verfahren mit zwei Harngaben pro m² im

Herbst weit über 100 kg/ha/Jahr hinaus. Die

Gesamtphosphorverluste waren unbedeu-

tend und immer tiefer als 1 kg/ha/Jahr. Trotz

einer je nach Verfahren sehr unterschiedli-

chen scheinbaren Bilanz (Einfuhren – Aus-

fuhren durch die acht Jahresernten) waren

die Gesamtkaliumverluste kaum von den

Ausscheidungen beeinflusst. Während sie

sehr nah bei 30 kg/ha/Jahr lagen, erreichten

sie 49 kg/ha/Jahr im Verfahren mit der

überschüssigsten K-Bilanz (+716 kg/ha/Jahr

mit vier Uringaben pro Jahr). Die Gesamtma-

gnesiumverluste betrugen im Durchschnitt

70 kg/ha/Jahr. Sie waren immer höher als die

Bilanzwerte und wurden wenig von den

Ausscheidungen beeinflusst. Zur Limitierung

der Nährstoffverluste auf der Weide, vor

allem beim Stickstoff, sollte eine homogene

Verteilung der Exkremente durch eine

angepasste Koppelanordnung und -zahl, eine

kurze Verweildauer pro Koppel und einen

regelmäßigen Weiderhythmus über die

ganze Saison begünstigt werden. Im Herbst

sollte die Vollweide gemieden werden.

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Pflanzenbau | Einfluss von Rinderausscheidungen auf die auswaschungsbedingten Verluste unter einem Gräserrasen

386 Agrarforschung Schweiz 1 (10): 384–391, 2010

Teil auf ein besseres Wachstum der Narbe und auf höhere

Stickstoffausfuhren im 2Hfh-Verfahren zurückzuführen

(Tab. 1).

Verschiedene Studien bestätigen, dass die Menge des

im Boden vorhandenen Stickstoffes umso grösser ist, je

später der Termin der Uringabe ist (Cuttle und Bourne

1993; Stout et al. 1997). Wenn die Pflanzen diesen Stick-

stoff nicht aufnehmen, nehmen die Auswaschungs-

risiken stark zu. Vertes et al. (1997) beobachteten eine

Stickstoffauswaschung von 48 kg/ha nach einer Harn-

gabe im Monat Mai, während sie für dieselbe Harngabe

im September 127 kg/ha betrug. Eine feinere Analyse

der Abbildung 1 zeigt, dass die Unterschiede zwischen

den Verfahren mehrheitlich am Ende des ersten Winters

(Messung 27.02.98) und vor allem des zweiten (Messung

26.03.99) zustande kamen. Die hohen Verluste, die am

Ende des Winters 1998/99 beobachtet wurden, erklären

sich durch die starken Niederschläge im Februar und im

März 1999 (200 mm, während sie im 1998 in der gleichen

Periode 35 mm betrugen). Seit dem 15.04.99, d. h. sechs

Monate nach der letzten Gabe von Ausscheidungen,

nehmen die Stickstoffverluste durch Auswaschung

erheblich ab und die Unterschiede zwischen den Verfah-

ren gleichen sich allmählich aus. Bis 27.02.98 waren die

Verfahren Kontrolle 1Kh 2Kh 2Kfh 4Kfh 1Hh 2Hh 2Hfh 4HfhUnbew. Boden

Ausscheidungstyp – Kot Kot Kot Kot Harn Harn Harn Harn –

Applikation im Frühling1 – – – 1 2 – – 1 2 –

Applikation im Herbst2 – 1 2 1 2 1 2 1 2 –

Stickstoff (N)

Zufuhr Mineraldüngung 120 120 120 120 120 120 120 120 120 0

Zufuhr Ausscheidungen3 0 71 142 130 260 144 288 268 536 0

Atmosphärische Deposition 25 25 25 25 25 25 25 25 25 25

Export durch die Ernten3 85 81 105 94 106 111 126 177 235 0

Scheinbare Bilanz4 60 135 181 181 299 178 307 236 447 25

Verlust durch Auswaschung5 18 20 26 26 46 91 144 87 226 147

Phosphor (P)

Zufuhr Mineraldüngung 16 16 16 16 16 16 16 16 16 0

Zufuhr Ausscheidungen3 0 25 50 42 83 0 0 1 1 0

Export durch die Ernten3 18 16 21 19 21 20 22 29 33 0

Scheinbare Bilanz4 -2 25 45 39 79 -4 -6 -13 -16 0

Verlust durch Auswaschung6 0,14 0,15 0,30 0,20 0,33 0,21 0,15 0,20 0,18 0,26

Kalium (K)

Zufuhr Mineraldüngung 27 27 27 27 27 27 27 27 27 0

Zufuhr Ausscheidungen3 0 21 42 48 96 252 504 495 990 0

Export durch die Ernten3 115 106 125 117 133 143 165 231 301 0

Scheinbare Bilanz4 -88 -58 -56 -42 -10 135 365 291 716 0

Verlust durch Auswaschung6 24 23 33 28 26 30 31 28 49 23

Magnesium (Mg)

Zufuhr Mineraldüngung 20 20 20 20 20 20 20 20 20 0

Zufuhr Ausscheidungen3 0 18 35 30 60 4 8 6 12 0

Export durch die Ernten3 10 9 11 10 11 13 13 19 22 0

Scheinbare Bilanz4 10 29 44 40 69 12 15 8 10 0

Verlust durch Auswaschung6 70 68 66 67 70 70 82 76 74 67

Tab. 1 | Jährliche Stickstoff-, Phosphor-, Kalium- und Magnesiummengen (kg/ha/Jahr), die durch Mineraldüngung und Ausscheidungen zugeführt wurden, durch Ernten exportiert wurden und durch Auswaschung verloren gingen (Durchschnittswert von 2 Lysimetern, aus genommen für das Verfahren «unbewachsener Boden»)

1 Applikation Mitte Mai, 1= einfache Applikation, 2= zweifache Applikation2 Applikation Mitte september, 1= einfache Applikation, 2= zweifache Applikation3 Durchschnittswert 1997–1998

4 summe der zufuhren – export durch grasernten, Durchschnittswert 1997 – 19985 (summe der Verluste vom 15.05.97 bis 15.04.99)/26 (summe der Verluste vom 15.05.97 bis 17.04.00)/3

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Einfluss von Rinderausscheidungen auf die auswaschungsbedingten Verluste unter einem Gräserrasen | Pflanzenbau

387Agrarforschung Schweiz 1 (10): 384–391, 2010

und diejenigen mit Harngaben einzeln genommen wer-

den (Abb. 2). Jedes Kilogramm Stickstoff, das in den Aus-

scheidungen enthalten ist, von den Pflanzen nicht auf-

genommen und durch die Ernten ausgeführt wird, hat

bei Harngaben eine Zunahme der Stickstoffverluste von

0,53 kg zur Folge, während die Zunahme bei Kotgaben

nur 0,12 kg beträgt.

Die bei diesem Versuch festgestellten Mengen an

ausgewaschenem Stickstoff stimmen mit den Beobach-

tungen von Laurent et al. (2000) und von Vertes et al.

(1994 und 1997) überein. Die höheren Verluste bei Harn-

gaben gegenüber einer Mineraldüngerzufuhr oder Aus-

scheidungen in Form von Kot wurden bereits beschrie-

ben (Decau et al. 2004; Stout et al. 1997). Urin enthält

mehr Stickstoff als Kot (Tab. 2), wobei dieser Stickstoff

vor allem als Harnstoff vorliegt. Eine Harnstoffgabe

bewirkt hohe Stickstoffkonzentrationen, welche die

Aufnahmefähigkeit der Pflanzendecke und das mikrobi-

elle Reorganisationsvermögen bei weitem übersteigen

(Laurent et al. 2000). Zudem versickert der Harn sofort in

den Boden, wo der Harnstoff hydrolysiert und nitrifiziert

wird, und damit auswaschbar wird. Demgegenüber liegt

der Kot-Stickstoff grösstenteils in organischer Form vor

und muss vor dem Versickern in den Boden mineralisiert

werden.

Bei Vollweide in tiefen Lagen können im Durch-

schnitt 1,3 Kot- und Harnstellen pro m² und Weidesaison

gezählt werden (persönliche Beobachtungen). Somit

festgestellten Verluste im Verfahren «unbewachsener

Boden» am höchsten. Diese Verluste sind hauptsächlich

durch die Mineralisation der organischen Substanz

bedingt, hat doch keine Zufuhr stattgefunden, weder an

mineralischen Düngern noch an Ausscheidungen.

Tabelle 1 gibt die mittlere scheinbare Stickstoffbilanz

(Zufuhr – Ausfuhr durch Grasernten) über die Jahre 1997

und 1998 an. Diese Bilanz ist für alle Verfahren mit einer

aus Gräsern bestehenden Grasnarbe positiv (von +60 bis

+447 kg/ha/Jahr), zum Teil weil diese in den Lysimetern

nicht sehr gut wuchs (Troxler et al. 2008). In den Jahren

1997 und 1998 schwankten die jährlichen auswaschungs-

bedingten Stickstoffverluste zwischen 18 und 226 kg/ha/

Jahr. Der Vergleich der scheinbaren Bilanzen mit den

jährlichen auswaschungsbedingten Verlusten zeigt eine

sehr gute Beziehung, wenn die Verfahren mit Kotgaben

TS OS Ntot P K Mg

Kot 112,1 89,5 3,25 1,04 1,21 0,75

Harn 53,0 22,7 6,70 0,01 12,38 0,15

Tab. 2 | Durchschnittsgehalt an Nährstoffen (g/kg) von Rinderkot und -harn, die in den Verfahren mit Ausscheidungen in 1997 und 1998 verabreicht wurden (Durchschnittswerte von 4 Analysen)

Ts: Trockensubstanzos: organische substanz

0

100

200

300

400

500

600

Kontrolle 1Kh 2Kh 2Kfh 4Kfh 1Hh 2Hh 2Hfh 4Hfh unbew.Boden

Stickstoffv

erluste

(kg/ha)

15.12.0016.11.0025.10.0006.09.0011.07.0017.04.0002.03.0014.10.9916.08.9916.06.9915.04.9926.03.9914.10.9816.09.9816.07.9815.06.9814.04.9827.02.9817.11.9711.09.9714.07.9715.05.97

Stic

ksto

ffver

lust

e (k

g/ha

)

Abb. 1 | Gesamtstickstoffverluste durch Auswaschung vom 15.05.97 bis 15.12.00 (22 Sequenzen) bei verschiedenen Kot- und Harngaben (Legende zu den Verfahren: s. Tab. 1).

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Pflanzenbau | Einfluss von Rinderausscheidungen auf die auswaschungsbedingten Verluste unter einem Gräserrasen

388 Agrarforschung Schweiz 1 (10): 384–391, 2010

können die durch Auswaschung verursachten Stickstoff-

verluste auf einer von Englischem Raygrass betonten

Weide und mit einer Mineraldüngung von 120 kg/ha/

Jahr auf ca. 50 kg/ha/Jahr geschätzt werden unter der

Voraussetzung, dass die Ausscheidungen gleichmässig

verteilt sind. In den Zonen mit einer hohen Harnstellen-

Konzentration können die Verluste viel höher sein. Die-

ser Situation kann durch eine gute Weideführung vorge-

beugt werden: gezielte Anordnung und Anzahl der

Koppeln, kurze Verweildauer in den einzelnen Koppeln

und regelmässiger Weidegang während der ganzen

Weidesaison. Da die Verlustrisiken unter den im Herbst

entstandenen Harnstellen besonders hoch sind, sollte

eine Vollweide am Ende der Weidesaison vermieden

werden. Schliesslich kann eine Nutzung, wo die Mahd

abwechselnd mit Weidegang betrieben wird, weitge-

hend zur Herabsetzung der Stickstoffverluste beitragen

(Laurent et al. 2000).

Phosphorverluste

Die im Auswaschungswasser von 1997 bis 2000 gemesse-

nen Gesamtphosphorverluste sind sehr tief. Sie liegen

zwischen 0,5 und 1,3 kg/ha (Abb. 3) und sind etwas aus-

geprägter in den Verfahren mit 2 Kotgaben im Herbst

(2Kh und 4Kfh). In allen Verfahren traten die P-Haupt-

verluste spät gegen Ende des Winters 1998/99 ein (Mes-

sung 26.03.99), vor allem gegen Ende des Winters

1999/00 (Messung 2.03.00), der sich durch starke Nieder-

schläge im Februar (122 mm) auszeichnete.Die scheinbare Phosphor-Jahresbilanz ist in der

Kontrolle ohne Ausscheidungen und in den Verfah-

ren mit Harngaben leicht negativ (Tab. 1). Sie fällt in

den vier Verfahren mit Kot positiv aus, wobei letzterer

viel mehr Phosphor als der Harn enthält (Tab. 2).

Wenn auch die P-Jahresverluste sehr schwach sind,

sind sie zum Teil mit der scheinbaren Bilanz verbun-

den (R2 = 0,60).

Die geringen in diesem Versuch gemessenen Gesamt-

phosphorverluste bestätigen die Beobachtungen von

Sinaj et al. (2002). Diese Autoren zeigten, dass die meis-

ten Böden ein hohes P-Fixierungsvermögen besitzen

und dass auch bei starker P-Konzentration in der Boden-

lösung und trotz bevorzugter Fliesswege im Profil die

Auswaschungsrisiken schwach waren.

Kaliumverluste

Die zwischen 1997 und 2000 gemessenen Kalium-

verluste sind ziemlich ausgeprägt (Abb. 4). Von den

zehn untersuchten Verfahren weisen neun Verluste

von nahezu 100 kg/ha nach. Das 4Hfh-Verfahren sticht

Scheinbare Stickstoffbilanz (kg/ha/Jahr)

Stickstoffverluste (kg/ha/Jahr)

Stic

ksto

ffver

lust

e (k

g/ha

/Jahr

)

0

50

100

150

200

250

0 50 100 150 200 250 300 350 400 450 500

Stickstoffverluste (kg/ha/Jahr)

Kontrolle

Harn

Kot

Linear (Harn)

Linear (Kot)

R² = 0,97y = 0,53x - 16,4

y = 0,12x + 6,1 R² = 0,88

Abb. 2 | Zusammenhang zwischen der scheinbaren Stickstoffbilanz und den aus-waschungsbedingten Stickstoffverlusten (Durchschnitt der Jahre 1997 und 1998); rotes Symbol = Kontrolle ohne Ausscheidungen, blaue Symbole = Verfahren mit Harngaben, grüne Symbole = Verfahren mit Kotgaben; durchgehender Strich = Regression über die Kontrolle ohne Ausscheidungen und die Verfahren mit Harn-gaben; unterbrochener Strich = Regression über die Kontrolle ohne Ausscheidun-gen und die Verfahren mit Kotgaben).

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Einfluss von Rinderausscheidungen auf die auswaschungsbedingten Verluste unter einem Gräserrasen | Pflanzenbau

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Agrarforschung Schweiz 1 (10): 384–391, 2010

Magnesiumverluste

Die ziemlich hohen von 1997 bis 2000 beobachteten Mag-

nesiumverluste liegen in der gleichen Grössenordnung

wie Stickstoffverluste. Die Verluste liegen in allen Ver-

fahren ziemlich nahe beieinander, und zwar kaum tiefer

in der Kontrolle und in den Verfahren mit Kotgaben

oder  bei «unbewachsenem Boden» (zwischen 237 und

249 kg/ha) als in den Verfahren mit Harngaben (zwischen

249 und 285 kg).

Die höchsten Mg-Verluste wurden jedes Jahr End-

winter beobachtet (Messungen 27.02.98, 26.03.99 und

2.03.00). Die scheinbare Mg-Bilanz ist in allen Verfahren

positiv, und zwar leicht erhöht in den Verfahren mit Kot-

gaben gegenüber denjenigen mit Harngaben (Tab. 1).

Die auswaschungsbedingten Mg-Verluste gehen immer

über die Bilanz hinaus und werden von dieser kaum

beeinflusst. In den Verfahren mit Harneinfuhr sind die

Verluste fünf- bis zehnmal höher als die scheinbare Bilanz.

Die in diesem Versuch gemessenen Mg-Verluste sind

erstaunlich hoch, wenn man von der scheinbaren Bilanz

sowie von den einigen in der Literatur erwähnten Werten

ausgeht. Grund dafür sind wahrscheinlich die Bodenei-

genschaften des in diesem Versuch verwendeten Bodens,

weshalb diese Werte nur mit Vorsicht verallgemeinert

werden sollen.

durch höhere Verluste (174 kg/ha) hervor. Die K-Ver-

luste verteilen sich ziemlich gleichmässig über die

ganze Versuchsperiode und die Endwinter-Höchst-

werte waren viel weniger ausgeprägt als für N und P.

Die scheinbare K-Bilanz schneidet für die Kontrolle

und für die Verfahren mit Kot negativ ab und ausge-

sprochen positiv in den Verfahren mit Harngaben, wo

die K-Einfuhr durch die Ausscheidungen sehr hoch ist

(Tab. 1). Mit Ausnahme des Verfahrens 4Hfh sind hin-

gegen die auswaschungsbedingten Jahresverluste in

den Verfahren mit Harngaben nicht höher als in der

Kontrolle und in den Verfahren mit Kotgaben

(ca. 30 kg/ha/Jahr). Vorausgesetzt, dass die scheinbare

Bilanz nicht +400 kg/ha/Jahr überschreitet, scheinen

also in unserem Versuch die K-Verluste kaum von den

Ausscheidungen beeinflusst zu werden. Die Mengen

des durch Auswaschung verlorengegangen K liegen in

unserem Versuch leicht unter denjenigen, die von

Alfaro et al. (2004) und von Kayser et al. (2007) beob-

achtet wurden. Die Autoren stellten fest, dass die Ver-

luste durch hohe und späte Gaben von K, sei es als

Mineraldünger oder als Harn, begünstigt werden.

Unsere Ergebnisse zeigen, dass der in unserem Versuch

genutzte Boden ein gutes Kaliumretentionsvermögen

besitzt.

0.0

0.2

0.4

0.6

0.8

1.0

1.2

1.4

Kontrolle 1Kh 2Kh 2Kfh 4Kfh 1Hh 2Hh 2Hfh 4Hfh unbew.Boden

Phosphorverluste (kg/ha)

15.12.0016.11.0025.10.0006.09.0011.07.0017.04.0002.03.0014.10.9916.08.9916.06.9915.04.9926.03.9914.10.9816.09.9816.07.9815.06.9814.04.9827.02.9817.11.9711.09.9714.07.9715.05.97

Phos

phor

verlu

ste

(kg/

ha)

Abb. 3 | Gesamtphosphorverluste durch Auswaschung vom 15.05. 97 bis 15.12.00 (22 Sequenzen) für verschiedene Kot- und Harngaben (Legende zu den Verfahren: s. Tab. 1).

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390

Pflanzenbau | Einfluss von Rinderausscheidungen auf die auswaschungsbedingten Verluste unter einem Gräserrasen

Agrarforschung Schweiz 1 (10): 384–391, 2010

S c h l u s s f o l g e r u n g e n

•• In den Bedingungen unseres Versuchs erreichten die

auswaschungsbedingten Jahresverluste ca. 50 kg N, 30

kg K und 70 kg Mg pro ha und pro Jahr. Die Phosphor-

verluste waren praktisch gleich Null (weniger als 1 kg/

ha/Jahr).

•• Die Stickstoff-Auswaschungsrisiken wurden von den

Harngaben erheblich erhöht. Die Verluste verhielten

sich proportional zur scheinbaren Stickstoff-Bilanz

(Einfuhr – Ausfuhren durch die Ernten) und in den

Verfahren mit zwei Harngaben pro m² im Herbst lagen

sie über 100 kg/ha/Jahr.

•• Die Kalium- und Magnesium-Verluste wurden wenig

von den Rinderausscheidungen beeinflusst.

•• Die in diesem Versuch erhaltenen Ergebnisse können

ohne Berücksichtigung der Vegetations-, Boden- und

Klimabedingungen (Niederschläge) nicht verallgemei-

nert werden.

•• Um die auswaschungsbedingten Verluste auf der

Weide zu begrenzen sind Massnahmen, welche eine

gleichmässige Verteilung der Ausscheidungen auf der

gesamten Weidefläche begünstigen, immer empfeh-

lenswert: gezielte Anordnung und Anzahl der Kop-

peln, kurze Verweildauer in den einzelnen Koppeln

und regelmässiger Weidegang während der ganzen

Weidesaison. Im Herbst sollte die Vollweide vermieden

werden. n

0

25

50

75

100

125

150

175

200

Kontrolle 1Kh 2Kh 2Kfh 4Kfh 1Hh 2Hh 2Hfh 4Hfh unbew.Boden

Kaliumverluste (kg/ha)

15.12.0016.11.0025.10.0006.09.0011.07.0017.04.0002.03.0014.10.9916.08.9916.06.9915.04.9926.03.9914.10.9816.09.9816.07.9815.06.9814.04.9827.02.9817.11.9711.09.9714.07.9715.05.97

Kaliu

mve

rlust

e (k

g/ha

)

Abb. 4 | Gesamtkaliumverluste durch Auswaschung vom 15.05. 97 bis 15.12.00 (22 Sequenzen) für verschiedene Kot- und Harngaben (Legende zu den Verfahren: s. Tab. 1).

Page 35: Heft 10 September 2010

391

Einfluss von Rinderausscheidungen auf die auswaschungsbedingten Verluste unter einem Gräserrasen | Pflanzenbau

Ria

ssu

nto

Sum

mar

y

Agrarforschung Schweiz 1 (10): 384–391, 2010

Influenza delle deiezioni bovine sulle perdite

da lisciviazione sotto un prato di graminacee

Sull’arco di due anni sono state applicate

delle deiezioni bovine di sterco e urina in

2 periodi dell’anno e in quantità semplice

e doppia, su di un prato di graminacee

coltivato in lisimetri, per valutare la perdita

di sostanze nutritive da lisciviazione. Le

perdite di azoto totale da lisciviazione

variavano tra i 18 ed i 226 kg/ha/anno. Nei

processi senza deiezioni o con solo sterco,

le perdite erano inferiori ai 50 kg/ha/anno,

superando invece nettamente i 100 kg/ha/

anno nei processi con 2 apporti d’urina / m²

in autunno. Le perdite totali in fosforo sono

state trascurabili, sempre inferiori a 1 kg/ha/

anno. Nonostante un bilancio apparente

(contributi - esportazioni dagli otto raccolti

annuali) molto variabile a seconda del

procedimento, le perdite totali in potassio

non sono state influenzate dalle deiezioni.

Molto spesso vicine ai 30 kg/ha/anno, hanno

raggiunto i 49 kg/ha/anno nel processo con il

K bilancio più eccedente (+ 716 kg/ha/anno

con 4 apporti d’urina all'anno). Le perdite in

magnesio totale sono pari ad una media di

70 kg/ha/anno. Sempre superiori al bilancio

sono state poco influenzate dalle deiezioni.

Per contenere il rischio di perdite al pascolo,

in particolare in azoto, dovrebbe essere

favorita un’equa distribuzione delle deiezioni

attraverso una disposizione, un numero

adatto di parchi, una breve durata di sosta

per parco e un ritmo di pascolo regolare

durante tutta la stagione. In autunno il

pascolo integrale dovrebbe essere evitato.

Effect of cattle excreta on leaching losses

under a grass sward

Urine and dung of dairy cattle have been applied

for two years at two periods of the year and in

single or double quantity on a grass sward to

assess nutrients losses by leaching. The total

nitrogen losses varied from 18 to 226 kg/ha/year.

Treatments without excreta or with dung applica-

tions led to N losses under 50 kg/ha/year, while

losses exceeded clearly 100 kg/ha/year in the

treatments with 2 urine applications in autumn.

The total phosphorus losses were negligible,

always under 1 kg/ha/year. For potassium, the

apparent balance (input - export by the eight

annual harvests) varied very much depending on

the treatment, but K losses were hardly influ-

enced by cattle excreta. K losses were very often

close to 30 kg/ha/year and reached 49 kg/ha/year

in the treatment with the largest K surplus (+716

kg/ha/year with 4 urine applications per year).

The total magnesium losses averaged 70 kg/ha/

year. They exceeded always the apparent balance

and were little influenced by cattle excreta. To

limit the risk of leaching losses during grazing,

particularly of nitrogen, an even distribution of

cattle excreta should be promoted by an ade-

quate design and number of paddocks, a short

length of stay per paddock and a regular pace

throughout the grazing season. In autumn, full

grazing should be avoided.

Key words: cattle excreta, grass sward, leaching

losses, nitrogen, phosphorus, potassium.

Literatur b Alfaro M. A., Jarvis S. C. & Gregory P. J., 2004. Factors affecting potassium leaching in different soils. Soil Use and Management 20, 182 – 189.

b Cuttle S. P. & Bourne P. C., 1993. Uptake and leaching of nitrogen from ar-tificial urine applied to grassland on different dates during the growing season. Plant and soil 150, 77 – 86.

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Page 36: Heft 10 September 2010

392 Agrarforschung Schweiz 1 (10): 392–395, 2010

Forschung für eine ökonomisch erfolgreiche und ökologisch optimale Nahrungsmittelproduktion.

In den 2008 gestarteten Agroscope Forschungsprogram-

men werden nach zweieinhalb Jahren Laufzeit immer

mehr Projektergebnisse sichtbar. Parallel dazu erarbei-

ten die in den Programmen eingebundenen Projekte

gemeinsam erste Syntheseprodukte. Neben den laufen-

den Forschungsaktivitäten hat zudem die Weiterent-

wicklung der Programme im Hinblick auf das Arbeits-

programm 2012 – 2013 begonnen.

Agroscope hat mit den Forschungsprogrammen Agri-

Montana, NutriScope und ProfiCrops drei für die Ent-

wicklung der Schweizer Landwirtschaft wichtige For-

schungsschwerpunkte festgelegt. Profi-Lait ergänzt

diese im Bereich Milchproduktion. Dass die Programm-

forschung grundsätzlich richtig ist, zeigen die bisheri-

gen Erfahrungen ebenso wie das Interesse nationaler

und internationaler Forschungsinstitutionen an die-

Ueli Bütikofer1, Anna Crole-Rees2, Christian Flury3 und Martin Lobsiger1

1Forschungsanstalt Agroscope Liebefeld-Posieux ALP, 3003 Bern2Forschungsanstalt Agroscope Changins-Wädenswil ACW, 8820 Wädenswil3Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART, 8356 Ettenhausen

Auskünfte: AgriMontana: Christian Flury, E-Mail: [email protected], Tel. +41 52 368 32 36;

NutriScope: Ueli Bütikofer, E-Mail: [email protected], Tel. +41 31 323 84 82;

ProfiCrops: Anna Crole-Rees, E-Mail: [email protected], Tel. +41 44 783 61 58;

Profi-Lait: Martin Lobsiger, E-Mail: [email protected], Tel. +41 26 407 73 47

News von den Agroscope Forschungsprogrammen

K u r z b e r i c h t

Foto

: ART

Page 37: Heft 10 September 2010

News von den Agroscope Forschungsprogrammen | Kurzbericht

393Agrarforschung Schweiz 1 (10): 392–395, 2010

sem Ansatz. Trotzdem gibt es noch Verbesserungspo-

tenzial. Im Vordergrund stehen dabei eine bessere Ver-

netzung der Projekte und ein Ausbau der

projektübergreifenden Zusammenarbeit innerhalb

von Agroscope. Gleichzeitig sollen die inhaltlichen

Schwerpunkte verdichtet werden.

Neben der Weiterentwicklung der Programme im Hin-

blick auf das Arbeitsprogramm 2012 – 2013 von Agro-

scope laufen die Forschungsaktivitäten im geplanten

Rahmen weiter. Der vorliegende Kurzbericht gibt einen

Einblick in ausgewählte Ergebnisse und Arbeiten.

A g r i M o n t a n a

AgriMontana greift Fragen zur künftigen Entwicklung

der Berglandwirtschaft auf und sucht nach umsetzungs-

tauglichen Lösungen. Schwerpunkte sind zum Beispiel

die Offenhaltung des Kulturlandes und die Landschafts-

pflege oder die Frage nach der Ausrichtung der Land-

wirtschaftsbetriebe im Berggebiet. AgriMontana hat sich

an zwei Veranstaltungen zu diesen Themen eingebracht.

Minimalnutzung: (k)eine Strategie zur Offenhaltung?

Die fortschreitende Aufgabe von landwirtschaftlichen

Nutzflächen und Alpweiden wirft die Frage nach der

zukünftigen Flächennutzung im Berggebiet auf. Im Rah-

men der AgriMontana-Tagung «Berglandwirtschaft:

Minimalnutzung als Teil der Multifunktionalität» wur-

den verschiedene Aspekte rund um das Thema Offenhal-

tung und Minimalnutzung diskutiert. Die Tagung zeigt,

dass es zur Sicherung der an die Flächennutzung gebun-

denen multifunktionalen Leistungen einen Mix verschie-

dener Nutzungsverfahren braucht. Minimalverfahren

wie das Mulchen sind zwar kostengünstig, weisen jedoch

gewichtige ökologische Nachteile auf. Dennoch besteht

ein Bedarf an kosten- und arbeitsextensiven Verfahren

zur Offenhaltung und damit zur Erhaltung der kultivier-

baren Flächen.

Ein Fazit der Tagung ist, dass das Vordringen des Waldes

im Berggebiet mit grosser Wahrscheinlichkeit weiterge-

hen wird. Mit Blick auf den fortschreitenden Struktur-

wandel und den Rückgang der landwirtschaftlichen

Arbeitskräfte stellt sich die Frage, wer die Offenhaltung

der Flächen in Zukunft sicherstellen wird.

Biolandbau: Ausstieg trotz steigender Nachfrage?

Der Biolandbau hat in der Schweiz seit Anfang der neun-

ziger Jahre stark an Bedeutung gewonnen. Seit 2005

flacht die Strukturentwicklung jedoch ab und die Zahl

der Biobetriebe sinkt. Die im Rahmen der 5. Biofor-

schungstagung «Aktuelles zum Biorind» vorgestellte

Auswertung der Strukturdaten für die Bergbetriebe

zeigt, dass von 2005 bis 2008 die Betriebsaufgaben und

die Bioausstiege insgesamt nicht durch Neu- und Umstei-

ger kompensiert wurden (Abb. 1). Eine Umfrage der Forschungsanstalt Agroscope

Reckenholz-Tänikon ART bei mehr als 3400 Landwirt-

schaftsbetrieben zeigt, dass vor allem wirtschaftliche

Gründe, wechselhafte und strenge Richtlinien sowie Prob-

leme bei der Beschaffung von geeignetem Kraftfutter den

Ausstieg aus dem Biolandbau erklären. Eine wesentliche

Rolle für die ursprüngliche Beteiligung spielten finanzielle

Argumente wie höhere Direktzahlungen, die Möglichkeit

das Einkommen zu verbessern oder die Aussicht auf

höhere Preise. Diese Erwartungen scheinen sich bei den

ausgestiegenen Betrieben häufig nicht erfüllt zu haben.

Weitere Informationen zu den beiden Themen und zum

Forschungsprogramm AgriMontana finden Sie unter

www.agrimontana.admin.ch.

N u t r i S c o p e

NutriScope forscht entlang der ganzen Wertschöpfungs-

kette von der landwirtschaftlichen Produktion bis zum

genussfertigen Lebensmittel. Dabei stehen die Sicher-

heit und die Optimierung der Qualität von schweizeri-

schen Lebensmitteln im Vordergrund. Aus den viel-

fältigen Forschungsarbeiten werden zwei aktuelle

Dissertationen kurz vorgestellt.

NutriChip

Seit diesem Jahr kooperiert Agroscope mit den Eidge-

nössischen technischen Hochschulen in Lausanne und

Zürich, der Universität Basel und dem Nestlé Research

Center im Projekt Nano-Tera www.nano-tera.ch/pro-

jects/403.php

-77

-112

-70

-63

31

21

54

38

56-178

-200 -175 -150 -125 -100 -75 -50 -25 0 25 50 75 100

2005–2006

2006–2007

2007–2008

Ausstieg aus Bio zu ÖLN Betriebsaufgabe Neuer BiobetriebWechsel von ÖLN zu Bio Abnahme Biobetriebe total Zunahme Biobetriebe total

Quelle: Auswertung AGIS-Daten, Bundesamt für Landwirtschaft

Abb. 1 | Veränderung der Zahl der Biobetriebe in der Bergregion.

Page 38: Heft 10 September 2010

Kurzbericht | News von den Agroscope Forschungsprogrammen

394 Agrarforschung Schweiz 1 (10): 392–395, 2010

Das Ziel dieses Projekts ist die Entwicklung eines

schnellen, effizienten Systems zur Untersuchung der

Wirkung von Lebensmitteln und im Speziellen von

Milchprodukten (Milch, Rahm, Käse, Joghurt etc.) auf

das menschliche Immunsystem. Am Anfang steht ein in

vitro Verdauungsprozess der Lebensmittel gekoppelt

mit einem Zellkulturmodell zur Simulation der gastroin-

testinalen Resorption der Inhaltsstoffe. Die aus den

Lebensmitteln entstandenen, bioverfügbaren Kompo-

nenten werden mit Hilfe von hochmodernen Proteomics-

und Metabolomics-Techniken analysiert und auf ihre

immunmodulierende Wirkung in Blutzellen von gesun-

den Personen und Patienten mit chronischen Entzün-

dungen getestet. Parallel dazu wird dieses System in

Form eines NutriChips miniaturisiert werden.

Polyphenole in Äpfeln

Pflanzliche Lebensmittel, insbesondere Früchte und

Gemüse, leisten wichtige Beiträge zur Prävention von

verschiedenen Zivilisations-Krankheiten. In diesem

Zusammenhang sind die Sekundären Pflanzenstoffe

wichtig, die Tausende von verschiedenen Verbindungen

umfassen. Eine ganz wichtige Stoffgruppe sind die Poly-

phenole. In einer Dissertation wurden Analysenmetho-

den zur Quantifizierung dieser Polyphenole in Äpfeln

optimiert. Mit diesen Methoden konnte der Einfluss der

Vorerntefaktoren auf den Gehalt an Polyphenolen in

schweizerischen Apfelsorten untersucht werden. In über

80 untersuchten Tafel- und Most-Apfelsorten wurde

eine sehr grosse Variabilität im Polyphenolgehalt und

-muster aufgezeigt (Abb. 2). Der Einfluss der Produkti-

onsmethode, biologisch oder integriert, war gering. In

Apfelsäften konnten nur noch 25 – 50 % der Polyphenole

gefunden werden. Durch geeignete Lagerbedingungen

kann der Gehalt an Polyphenolen beeinflusst werden.

Das bei Lagerungsbeginn in Kühllagern angewandte

1-MCP (1-Methyl-Cyclopropen) hemmt die Rezeptoren,

an die Ethylen bindet, ein von manchen Früchten natür-

lich produziertes Hormon, das deren Reifung aktiviert.

Durch die 1-MCP-Behandlung lässt sich bei zahlreichen

Apfelsorten die Festigkeit des Fruchtfleischs sowie der

Säuregehalt auf einem Stand erhalten, der demjenigen

zum Erntezeitpunkt sehr nahe kommt. Des Weiteren

scheint die Anwendung von 1-MCP die Konzentration

an Polyphenolen zu beeinflussen.

Viele weitere interessante Publikationen und Vorträge

finden sie auf der Website www.nutriscope.ch.

P r o f i C r o p s

Ziel von ProfiCrops ist, zur Sicherung eines zukunftsfähi-

gen Pflanzenbaus in einem weitgehend liberalisierten

wirtschaftlichen Umfeld beizutragen. Um unter den

zukünftigen Rahmenbedingungen am Markt erfolgreich

zu sein, muss die Schweizer Landwirtschaft eine innova-

tive und effiziente Produktion anstreben und das Ver-

trauen der Konsumentinnen und Konsumenten in die

einheimischen Produkte stärken. Innovation, Effizienz,

Konsumentinnen und Konsumenten sowie Rahmenbe-

dingungen bilden die vier Module der interdisziplinären

Forschung von ProfiCrops, an der mehrere Forschungsan-

stalten beteiligt sind. Fünf Integrierte Projekte mit kul-

turbezogenen Themen vervollständigen das Programm.

0

20

40

60

80

100

120

140

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100

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50

100

150

200

250

300

350

400Quercetin-Rhamnosid

Rutin

Quercetin-Galactosid/GlucosidPhloretin-Xyloglucosid

Phloridzin

p-Coumaroylchinasäure

Chlorogensäure

Procyanidin B2

Procyanidin B1

Epicatechin

Catechin

Folin

Ges

amtp

heno

le in

mg/

100

g

Abb. 2 | Verteilung an Polyphenolen in verschiedenen Apfelsorten.

Page 39: Heft 10 September 2010

News von den Agroscope Forschungsprogrammen | Kurzbericht

395Agrarforschung Schweiz 1 (10): 392–395, 2010

Kostenoptimierung der Milchproduktion

Eine erfolgreiche gemeinsame Aktion war das Projekt

«Kostenoptimierung der Milchproduktion». In dieser

von den Schweizer Milchproduzenten SMP, den regiona-

len Milchproduzentenorganisationen, AGRIDEA, dem

Beratungsforum Schweiz BFS, den kantonalen Bera-

tungsstellen und Profi-Lait getragenen Kampagne

wurde einerseits ein Kostenberechnungsinstrument für

das Internet entwickelt und andererseits eine breit ange-

legte Informations- und Beratungsoffensive für die

Milchproduzenten lanciert. An Veranstaltungen, über

Fachartikel in den Medien und an Beratungskursen

wurde darauf hingewirkt, das Kostenbewusstsein bei

den Milchproduzenten zu stärken. Die Kosten kennen

und optimieren: Unter diesem Motto wurden die Land-

wirte ermuntert, die Selbstkosten der Milchproduktion

zu berechnen, zu vergleichen und Massnahmen zur

Kostenoptimierung anzupacken. Die Kampagne wurde

von allen Beteiligten als beispielhaft für die Zusammen-

arbeit über die Institutionen hinweg bezeichnet. Über

4000 Landwirte wurden an Informationsveranstaltun-

gen erreicht und gut 420 Milchproduzenten haben sich

entschlossen, die Selbstkosten in einem zweitägigen

Kurs zu analysieren.

Das Projekt «Kostenoptimierung der Milchproduktion»

ist auf drei Jahre ausgelegt, weitergehende Informatio-

nen sind auf www.swissmilk.ch/kostenrechner einsehbar.

Mit derartigen Aktivitäten will Profi-Lait die Stärken sei-

ner Partner bündeln, Synergien erzeugen und gemein-

sam die wichtigen Problemfelder in der Milchproduk-

tion ansprechen.

UFA AG neue Trägerin von Profi-Lait

Die Trägerschaft von Profi-Lait wird durch ein vorerst

zweijähriges Engagement der UFA AG erweitert. Somit

wird Profi-Lait neu durch die Organisation Schweizer

Milchproduzenten SMP, das BLW, Swissgenetics und UFA

AG finanziell getragen. Die übrigen Partner aus For-

schung und Entwicklung (Agroscope, SHL, ETH), der

Beratung (AGRIDEA, kt. Beratungen), und den Verbän-

den (Schweizerischer Bauernverband SBV, ASR, AGFF)

beteiligen sich mit Eigenleistungen am Netzwerk Profi-

Lait mit. n

Modul Konsumentinnen und Konsumenten

Koordination: Anna Bozzi und Christine Brugger,

Agroscope Changins-Wädenswil ACW

Um den Anteil des einheimischen Pflanzenbaus an den

in der Schweiz getätigten Einkäufen zu halten, muss der

Sektor die Präferenzen der Konsumentinnen und Konsu-

menten kennen und die «umfassende Schweizer Quali-

tät» am Markt in Wert setzen. Das sind die beiden Ziele

dieses Moduls.

Die Elemente der Produktdifferenzierung werden nach

agronomischen, regionalen, rechtlichen, analytischen,

wirtschaftlichen, ökologischen und weiteren Aspekten

untersucht. Angestrebt wird eine «Mehrwertkarte» der

Schweizer Produkte. Die Forschungsergebnisse eines

europäischen Projektes über Äpfel geben diesbezüglich

wertvolle Hinweise1: 92 bis 98 % der in unserem Land

konsumierten Äpfel sind Schweizer Herkunft, die Produ-

zentenpreise in der Schweiz sind über 50 % höher als in

den benachbarten Ländern. Mehr als 90 % der Produk-

tion erfolgen unter Einhaltung des ökologischen Leis-

tungsausweises (integrierter oder biologischer Anbau) –

ein Mehrwert im Vergleich zu anderen europäischen

Ländern. Die Betriebe mit Apfelkulturen in der Schweiz

tragen zudem mit kleinen Flächen und diversifizierten

Tätigkeiten zur Erhaltung einer vielfältigen Kulturland-

schaft und zur ländlichen Entwicklung bei. So bewirt-

schaften in der Schweiz nur 8 % der Betriebe mehr als

zehn Hektaren Äpfel, während dies in Holland und

Frankreich mindestens 30 % der Obstbetriebe sind. Die

grosse Mehrheit der Schweizer Betriebe mit Apfelkultu-

ren verfügt zudem über eine diversifizierte Ausrichtung;

60 % sind gleichzeitig in den Bereichen Spezialkulturen,

Acker- und Futterbau und Tierproduktion tätig. Nur 30 %

der Apfelproduzenten in der Schweiz sind ausschliesslich

auf den Obstbau spezialisiert. Demgegenüber produzie-

ren in Holland und Deutschland über 70 % der Obstbe-

triebe ausschliesslich Obst. In der Schweiz werden über

80 Sorten angebaut und verkauft. Darunter sind auch

alte Sorten. Hinter dem Mehrpreis in der Schweiz steht

also ein klarer Mehrwert für die Gesellschaft.

P l a t t f o r m P r o f i - L a i t

In Profi-Lait haben sich die wesentlichen Akteure aus For-

schung, Beratung und Praxis im Bereich der Milchproduk-

tion zusammengeschlossen. Ziel dieses seit nunmehr zehn

Jahren bestehenden Projekts ist die Förderung des Wissen-

stransfers und der Zusammenarbeit der beteiligten Partner.

1 für weitere informationen über diese studie sowie für die referenzen wenden sie sich an esther Bravin, Agroscope changins-wädenswil Acw.

Page 40: Heft 10 September 2010

396

P o r t r ä t

Agrarforschung Schweiz 1 (10): 396, 2010

Als ProfiCrops-Leiterin hat Anna Crole-Rees die Sicherung der Zukunft des Schweizer Pflanzenbaus zum Ziel.

«Lassen sich Mangos bald in der Schweiz anbauen?» lau-

tete eine der Fragen, die Anna Crole-Rees an den Tagen

der offenen Tür von Agroscope Changins-Wädenswil dem

Publikum gestellt hat. Dies passt vortrefflich zum Mango-

Fan Anna Crole-Rees. Die Frage symbolisiert zudem Verän-

derung und Weiterentwicklung – genau das, was die

Schweizerin mit englischen Wurzeln in die Welt hinaus tra-

gen will. Denn dies ist das Thema ihres Jugendtraums – für

eine Welt ohne hungernde Kinder. Dieser Traum stand

Pate, als sie an der ETH Zürich Agronomie studierte und

darin auch promovierte. «Ich wollte nach Afrika, aber

nicht, um Nahrungsmittel zu bringen, sondern um den

Menschen zu ermöglichen, sich zu entwickeln», betont

Anna Crole-Rees, die in Norddeutschland und in der

Westschweiz aufgewachsen ist. Ihren Wissenstransfer

passte sie sorgfältig der jeweiligen Situation an. Sie fügt

überzeugend hinzu: «Wir haben uns entwickelt, weshalb

sollte es den Menschen in Afrika nicht auch möglich sein,

sich auf ihre Weise zu entwickeln.»

Als Beraterin aktiv in vier von fünf Kontinenten

Nach dem Studium bewarb sich Anna Crole-Rees gleich für

eine Stelle in der Republik Niger. Doch der schwarze Konti-

nent, wo die aus Indien stammende Mango tatsächlich

angebaut wird, wollte seine Türen nicht öffnen für die

junge Agronomin voller Tatendrang. Ihr Traum wäre bei-

nahe geplatzt, erklärt sie: «Als Frau war es schwer, Mitte

der 1980er Jahre eine Arbeitserlaubnis im ländlichen Afrika

zu erlangen.» Nach fast vier Jahren als Beraterin im Kanton

Waadt, einem Studienjahr in England und einer Doktorar-

beit an der ETH Zürich wurde ihre Hartnäckigkeit belohnt:

Als selbständige Agro-Ökonomie-Beraterin erhielt sie

Mandate der UNO und von mehr als zwanzig anderen Ins-

titutionen im Bereich wirtschaftliche Zusammenarbeit und

Entwicklung. Endlich – ihre Mandate führten sie unter

anderem nach Mali, Burkina Faso, Mosambik, Benin und in

die Elfenbeinküste. Zentralasiatische, amerikanische und

europäische Länder kamen später hinzu. Insgesamt hat sie

rund vierzig Länder bereist, die Hälfte davon geschäftlich.

Mit Mangos arbeitete sie auch – in Burkina Faso, Mali und

Südafrika. Doch ihr Schwerpunkt lag bei anderen Früchten,

bei Gemüse, Getreide sowie Baumwolle. Einer ihrer gröss-

ten Erfolge hatte sie, als das Handelsministerium eines zen-

tralasiatischen Landes aufgrund ihrer Beratung die

Exportstrategie von Früchten und Gemüse änderte.

Eine Zukunft für den Schweizer Pflanzenbau

«Jeder Tag muss anders sein als der vorhergehende.

Darum reise ich so gerne», betont Anna Crole-Rees.

Schliesslich suchte sie eine neue Herausforderung und

fand sie beinahe vor der Haustür – bei Agroscope. Im

fachübergreifenden Agroscope-Forschungsprogramm

ProfiCrops ist ihre Aufgabe die Sicherung der Zukunft

des Schweizer Pflanzenbaus unter weitgehend liberali-

sierten Marktbedingungen – perfekt für die Frau, die

sich Veränderung und Weiterentwicklung auf die Fahne

geschrieben hat, gerne reist und mit Menschen zusam-

menarbeitet. Als Leiterin von ProfiCrops will sie

Kontakte zu Landwirten, Forschenden und Konsumen-

ten in der ganzen Schweiz knüpfen, damit diese die

Herausforderungen des 21. Jahrhunderts anpacken kön-

nen. Anna Crole-Rees sieht Parallelen zu ihren Aus-

landseinsätzen: «Der Kontakt zu den Menschen ist mir

in jedem Land wichtig, denn Veränderungen lassen sich

nur einleiten, wenn man die Leute überzeugt». Denn

nur überzeugte Forschende diskutieren ihre Resultate

im Licht einer wettbewerbsfähigen, umweltverträgli-

chen Landwirtschaft. Und wer weiss, vielleicht werden

bald Mango-Bäume für den Anbau im Tessin geprüft.

Carole Enz, Forschungsanstalt Agroscope Changins-Wädenswil ACW,

8820 Wädenswil

Wissenstransfer, Reiselust und Mango

Page 41: Heft 10 September 2010

397

A k t u e l l

Agrarforschung Schweiz 1 (10): 397–399, 2010

ART-Bericht 724

Nach einer fundierten Literaturstudie wurde die Wirkung

verschiedener Mähgeräte und der einzelnen Ernteschritte

in einer Wiese auf Heuschrecken, Raupen und Attrappen

aus Wachs untersucht. Die Studie dient als Grundlage für

eine Fauna schonende Bewirtschaftung von «Natur-

schutz-» und «ökologischen Ausgleichswiesen». Die Expe-

rimente ergeben folgende Reihenfolge bezüglich der

negativen Wirkung der verschiedenen Mähgeräte: Trom-

melmäher mit Aufbereiter > Bucher mit Trommelmäher >

Trommelmäher, Scheibenmäher oder Traktor-Balkenmä-

her > Hand- Motorbalkenmäher. Grossen Anteil an der

negativen Wirkung haben die Traktorräder.

Das folgende Zetten, Schwaden sowie das Aufladen

des Heues verursachen je ebenso grosse Sterberaten wie

die Mahd. Diese mit dem Traktor ausgeführten Folge-

schritte können eine vergleichsweise weniger schädliche

Wirkung durch eine Mahd mit dem Hand-Motorbalken-

mäher beinahe aufheben. Der Einsatz des Aufbereiters

führt auf den ganzen Ernteprozess bezogen zur höchs-

ten Sterberate. Insgesamt überleben nur wenige Tiere

bei den heute mehrheitlich üblichen Erntetechniken.

Deshalb wurde untersucht, ob Heuschrecken wäh-

rend der Mahd in ungemähte Bereiche ausweichen. In

ungeschnittenen Bereichen war die Heuschreckendichte

am Ende der Ernte zwei bis drei Mal höher als vorher.

Das Belassen von ungeschnittenen Bereichen wird emp-

fohlen, um Wiesen bewohnenden Tieren das Überleben

zu erleichtern. Weitere Empfehlungen für eine Fauna

schonende Grasernte werden begründet.

Jean-Yves Humbert, Nina Richner, Joachim Sauter und Thomas Walter,

Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART

Ghazoul Jaboury, ETH Zürich

ART-Bericht 725

Schweizer Kulturland. Agroforstwirtschaft kann diesem

Trend entgegenwirken, denn in Agroforstsystemen wer-

den Bäume auf den gleichen Flächen gepflanzt, die auch

dem Anbau einjähriger landwirtschaftlicher Nutzpflan-

zen für die Nahrungs- oder Tierfutterproduktion oder

die Tierhaltung dienen.

Was beinhaltet der Begriff Agroforstwirtschaft? Zum

einen sind bekannte Systeme gemeint, wie sie traditio-

nelle Hochstamm- Obstgärten oder Waldweiden darstel-

len, die zusehends Gefahr laufen, aus dem Landschafts-

bild zu verschwinden. Andererseits zählen auch moderne

Systeme wie die Wertholzproduktion auf Grünland oder

im Acker dazu.

Im vorliegenden Bericht werden verschiedene für die

Schweiz in Frage kommende moderne Agroforstsysteme

vorgestellt. Ihre Produktivität und Wirtschaftlichkeit

wird mit jener von Monokulturen verglichen.

Die Berechnungen zeigen, dass Agroforstsysteme

produktiver als Monokulturen sind und, sofern Beiträge

gesprochen werden, auch wirtschaftlich von Interesse

sein können.

Alexandra Kaeser, Firesenai Sereke, Dunja Dux und Felix Herzog,

Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART

Impressum

Herausgeber:Forschungsanstalt AgroscopeReckenholz-Tänikon ARTTänikon, CH-8356 Ettenhausen,Redaktion: Etel Keller, ART

Die ART-Berichte/Rapports ARTerscheinen in rund 20 Nummernpro Jahr. JahresabonnementFr. 60.–. Bestellung von Abonne-ments und Einzelnummern:ART, Bibliothek, 8356 EttenhausenT +41 (0)52 368 31 31F +41 (0)52 365 11 [email protected]: www.agroscope.ch

ISSN 1661-7568

Autorinnen und Autoren

Jean-Yves Humbert, Nina Richner,Joachim Sauter und ThomasWalter, ART

Ghazoul Jaboury, ETH Zürich

ART-Bericht 724

Wiesen-Ernteprozesseund ihre Wirkung auf die Fauna

April 2010

Abb. 1: Wirksamkeit von ungemähten Bereichen als Refugium für Heuschrecken. Feld-Demonstration für IG Natur und Landwirtschaft Kanton AG (4.7.2009; Fotos: Jean-YvesHumbert, ART).

Nach einer fundierten Literaturstudiewurde die Wirkung verschiedener Mäh-geräte und der einzelnen Ernteschritte ineiner Wiese auf Heuschrecken, Raupenund Attrappen aus Wachs untersucht. DieStudie dient als Grundlage für eine Faunaschonende Bewirtschaftung von «Natur-schutz-» und «ökologischen Ausgleichs-wiesen». Die Experimente ergeben fol-gendeReihenfolgebezüglichdernegativenWirkung der verschiedenen Mähgeräte:Trommelmäher mit Aufbereiter > Buchermit Trommelmäher > Trommelmäher, Schei-benmäher oder Traktor-Balkenmäher > Hand-Motorbalkenmäher. Grossen Anteil an dernegativen Wirkung haben die Traktorrä-der. Das folgende Zetten, Schwaden sowiedas Aufladen des Heues verursachen jeebenso grosse Sterberaten wie die Mahd.Diese mit dem Traktor ausgeführten Fol-

geschritte können eine vergleichsweiseweniger schädliche Wirkung durch eineMahd mit dem Hand-Motorbalkenmäherbeinahe aufheben. Der Einsatz des Aufbe-reiters führt auf den ganzen Ernteprozessbezogen zur höchsten Sterberate.

Insgesamt überleben nur wenige Tiere beiden heute mehrheitlich üblichen Ernte-techniken. Deshalb wurde untersucht, obHeuschrecken während der Mahd in unge-mähte Bereiche ausweichen. In unge-schnittenen Bereichen war die Heuschre-ckendichte am Ende der Ernte zwei bis dreiMal höher als vorher. Das Belassen vonungeschnittenen Bereichen wird empfoh-len, um Wiesen bewohnenden Tieren dasÜberleben zu erleichtern (Abb. 1). WeitereEmpfehlungen für eine Fauna schonendeGrasernte werden begründet.

ART-Bericht 725

Moderne Agroforstwirtschaft in der Schweiz

Innovative Baumgärten: Produktivität und Wirtschaftlichkeit

Autorinnen und Autoren

Alexandra Kaeser, FiresenaiSereke, Dunja Dux, Felix Herzog,[email protected]

Impressum

Herausgeber:Forschungsanstalt AgroscopeReckenholz-Tänikon ARTTänikon, CH-8356 Ettenhausen,Redaktion: Etel Keller, ART

Die ART-Berichte/Rapports ARTerscheinen in rund 20 Nummernpro Jahr. JahresabonnementFr. 60.–. Bestellung von Abonne-ments und Einzelnummern:ART, Bibliothek, 8356 EttenhausenT +41 (0)52 368 31 31F +41 (0)52 365 11 [email protected]: www.agroscope.ch

ISSN 1661-7568

Mai 2010

Abb. 1: Wertholzproduktion mit Vogelkirschen im Getreidefeld in Frankreich (F. Liagre,France).

Bäume verschwinden zusehends aus demSchweizer Kulturland. Agroforstwirtschaftkann diesem Trend entgegenwirken, dennin Agroforstsystemen werden Bäume aufden gleichen Flächen gepflanzt, die auchdem Anbau einjähriger landwirtschaftli-cher Nutzpflanzen für die Nahrungs- oderTierfutterproduktion oder die Tierhaltungdienen.Was beinhaltet der Begriff Agroforstwirt-schaft? Zum einen sind bekannte Systemegemeint, wie sie traditionelle Hochstamm-Obstgärten oder Waldweiden darstellen,die zusehends Gefahr laufen, aus demLandschaftsbild zu verschwinden. Ande-

rerseits zählen auch moderne Systeme wiedie Wertholzproduktion auf Grünlandoder im Acker dazu (siehe Abb. 1).

Im vorliegenden Bericht werden verschie-dene für die Schweiz in Frage kommendemoderne Agroforstsysteme vorgestellt.Ihre Produktivität und Wirtschaftlichkeitwird mit jener von Monokulturen vergli-chen. Die Berechnungen zeigen, dassAgroforstsysteme produktiver als Mono-kulturen sind und, sofern Beiträge gespro-chen werden, auch wirtschaftlich von Inte-resse sein können.

N e u e P u b l i k a t i o n e n

Wiesen-Ernteprozesseund ihre Wirkung auf die Fauna

Moderne Agro-forstwirtschaft in der SchweizInnovative Baumgärten:

Produktivität und

Wirtschaftlichkeit

Page 42: Heft 10 September 2010

M e d i e n m i t t e i l u n g e n

Aktuell

398

Agrarforschung Schweiz 1 (10): 397–399, 2010

22.09.2010 / ART Im Netz der Pilze Zürich ist zur Pilzhauptstadt der Schweiz avanciert. Heute

wurde am Stadtrand die erste nationale Sammlung

unterirdischer Knäuelpilze eröffnet. Pilzfäden halten das

Leben auf der Erde zusammen. Denn sie liefern Bäumen,

Gräsern und Nutzpflanzen überlebenswichtige Nähr-

stoffe. Wegen ihrer enormen Bedeutung für das Ökosys-

tem eröffnete heute die landwirtschaftliche Forschungs-

anstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART die erste

nationale Sammlung der so genannten Knäuelpilze, eine

Gruppe der Mykorrhizapilze.

19.09.2010 / SNG Equus helveticus – Ein weiterer Grosserfolg für das Schweizer Pferd Die zweite Ausführung des neuen Pferdefestivals Equus

helveticus zog während vier Tagen (16. – 19. September

2010) 20 000 Personen an und war ein Grosserfolg. Familien,

Reiter und Züchter aus der ganzen Schweiz und dem Aus-

land bewunderten über 1000 Pferde in sämtlichen existie-

renden Pferdesport- und Pferdezuchtdisziplinen. Das Pfer-

defestival Equus helveticus bescherte Avenches ein

einmaliges Wochenende.

16.09.2010 / ART Ammoniak aus Ställen auf der Spur Laufställe sind bedeutende Quellen von Ammoniak. Jetzt

zeigen Messungen, dass Ammoniakemissionen im Sommer

besonders hoch sind. Kühe produzieren eine Menge Kot

und Harn, die oft mehrere Stunden auf den Laufflächen

liegen. Dabei entweicht Ammoniak. Das Problem: Der

Landwirtschaft geht viel wertvoller Stickstoffdünger verlo-

ren, weil er sich buchstäblich in die Luft verflüchtigt.

Ammoniak in der Atmosphäre kommt schliesslich mit dem

Regen auf die Erdoberfläche und belastet dort als

Stickstoff¬dünger empfindliche Ökosysteme.

13.09.2010 / ACWAgroscope ACW bewertet 120 Aprikosensorten, die zwischen Juni und September geerntet wurden Das Aprikosenfest vom 6 bis 8. August 2010 in Saxon hat

viele tausend Menschen angelockt. In diesem Rahmen hat

das kantonale Amt für Obstbau im Wallis in Zusammenar-

beit mit der Forschungsanstalt Agroscope Changins-

Wädenswil ACW einen gemeinsamen Informationstag

organisiert. Anlässlich dieser Veranstaltungen konnten

neben vielen angesprochenen aktuellen Themen auch

zahlreiche Aprikosensorten vorgestellt werden. Agroscope

ACW bewertet an ihrem Standort in Conthey derzeit

120 Aprikosensorten, die in der Zeit von Mitte Juni bis Ende

September geerntet werden können.

09.09.2010 / ART Identitäts-Chip am Ohr

Das Leben eines Schweins könnte in Zukunft von der

Geburt bis zur Schlachtung mittels elektronischen Ohrmar-

ken rückverfolgt werden. Die Technologie dazu muss noch

entwickelt werden.

31.08.2010 / ART Landwirtschaftliche Einkommen sinken 2009 Die wirtschaftliche Situation der landwirtschaftlichen

Betriebe ist 2009 weniger gut als 2008. Sowohl das land-

wirtschaftliche Einkommen je Betrieb als auch der Arbeits-

verdienst je Familienarbeitskraft gehen zurück. Dies zeigen

die definitiven Ergebnisse der Zentralen Auswertung von

Buchhaltungsdaten der Forschungsanstalt Agroscope

Reckenholz-Tänikon ART. 2009 beträgt das landwirtschaft-

liche Einkommen je Betrieb 60 300 Franken gegenüber

64 100 Franken im Vorjahr (-6,0 %). Der durchschnittliche

Arbeitsverdienst je Familienarbeitskraft sinkt im Vergleich

zu 2008 um 1,3 % (von 41 700 Franken auf 41 200 Franken).

www.agroscope.admin.ch/medienmitteilungen

Page 43: Heft 10 September 2010

V e r a n s t a l t u n g e n

Aktuell

399

Geoportal des Bundes

www.geo.admin.ch

geo.admin.ch ist die Plattform für geolokalisierte Infor-

mationen, Daten und Dienste der Bundesverwaltung.

Diese werden von öffentlichen Einrichtungen zur Verfü-

gung gestellt und via Internet auf geo.admin.ch öffent-

lich zugänglich gemacht. Sie beschreiben die Gegeben-

heiten eines Landes in Form von Koordinaten, Ortsnamen,

Postadressen oder anderen Kriterien. Sie sind auf dem

Geoportal des Bundes frei zugänglich.

Informationen: www.agroscope.admin.ch/veranstaltungen

November 2010

24.11.2010Ökobilanzen in der Landwirtschaft, ein Wegweiser zur Nachhaltigkeit – Abschlusstagung Projekt ZA-ÖBAgroscope Reckenholz-Tänikon ART Reckenholz

25. – 29.11.2010Agroscope an der AGRAMAForschungsanstalten Agroscope ACW, ALP und ART Bern

29.11. – 03.12.2010WinterbesuchswocheAgroscope Reckenholz-Tänikon ART Reckenholz

Dezember 2010

02.12.2010Bioforschungs-InfotagAgroscope Reckenholz-Tänikon ART Yverdon

09.12.2010Bioforschungs-InfotagAgroscope Reckenholz-Tänikon ART Arenenberg

09.12.2010Aktuelles aus der AromaforschungAgroscope Liebefeld-Posieux ALP Liebefeld

Januar 2011

13. – 16.01.2011Agroscope an der Swiss'Expo 2011Forschungsanstalten Agroscope ACW, ALP und ART Lausanne

I n t e r n e t l i n k s

November – Dezember 2010 / Heft 11 – 12

•• In vitro Produktion von Kartoffel-Mikroknollen,

C. L. Lê und D. Thomas ACW

•• Ursachen für verwachsene Unterspälten beim Rind,

P.-A. Dufey und V. Gremaud ALP

•• Pflanzenschutzpraxis in einem Ackerbaubetriebsnetz

von 1992 bis 2004, J. Dugon et al. Agridea und ACW

•• Standardoutput-Koeffizienten für Schweizer

Landwirtschaft, D. Schürch und D. Schmid ART

•• Ableitung der Stickstoffdüngungsnormen von

Ackerkulturen, W. Richner ART

•• Chemische Kriegsführung zwischen Pilzen: ein Arsenal

an bioaktiven Molekülen, S. Schürch et al. ACW

•• Die Brunst des Rindes automatisch erkennen,

S. Kohler et al. SHL

•• Schweizerische Sortenliste für Kartoffeln 2011,

R. Schwärzel et al. ACW und ART

Das Biotechnologielabor von Agroscope Changins-Wädenswil ACW konserviert, regeneriert und vermehrt viele Kulturpflan-zen in vitro. (Foto: CRAFFT Kom-munikation AG)

V o r s c h a u

Page 44: Heft 10 September 2010

Mittwoch, 24. November 2010

Ökobilanzierung landwirtschaftlicher BetriebeAbschlusstagung des Projekts Zentrale Auswertung von Ökobilanzenlandwirtschaftlicher Betriebe

Worum geht es?Die Schweizer Landwirtschaft unternimmt seit 15 Jah-ren wichtige Anstrengungen, um die Produktion bes-ser mit der Umwelt in Einklang zu bringen. WeitereFortschritte erfordern eine verstärkte individuelleGestaltung der einzelbetrieblichen Massnahmen. Es istsomit zentral, dass der Landwirt eine Rückmeldungüber die Umweltwirkung seines Betriebes erhält undsie im Gesamtkontext einordnen kann.Das vom BLW und ART getragene, mehrjährige Pro-jekt «Zentrale Auswertung von Ökobilanzen landwirt-schaftlicher Betriebe» (ZA-ÖB) hat die Umweltwirkungvon rund 100 Schweizer Landwirtschaftsbetrieben er-mittelt und sie zusammen mit der wirtschaftlichenLeistung ausgewertet. Dabei wurde der Einfluss zahl-reicher Faktoren wie Betriebstyp, Produktkategorieund -menge, Landbauform, Region, Dünger, Energie-träger oder Pestizide untersucht. Die daraus gewonne-nen Ergebnisse dienen sowohl den teilnehmendenLandwirten (individuelle Rückmeldung), als auch derÖffentlichkeit.

Anmeldung / Detailprogramm und AuskunftAnmeldungen bis zum 31. Oktober 2010.Detailprogramm unter www.agroscope.ch >Veranstaltungen

Themen• Wie erfolgt eine betriebliche Ökobilanzierung?• Was sind die ökologischen Auswirkungen der unter-suchten Betriebe?

• Welches sind die bestimmenden Faktoren für ein-zelne Produkte und Betriebstypen?

• Wie kann der Landwirt die Ökobilanzergebnisse inseinem Management integrieren?

• Gibt es einen Zusammenhang zwischen wirtschaft­licher und ökologischer Leistung?

•Welche Schlussfolgerungen lassen sich für die Schwei-zer Landwirtschaft ziehen?

ZielpublikumEntscheidungsträger aus Verwaltung und Privatwirt-schaft, Akteure aus der Wissenschaft und der land-wirtschaftlichen Beratung, interessierte Landwirte.

Ort und ZeitForschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ARTVortragssaalReckenholzstrasse 191, CH-8046 ZürichMittwoch, 24. November 2010, 9.00 bis 16.45 Uhr

www.agroscope.ch

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