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Titelbild: Das „neue” Wesselbachtal mit Wohnbebauungen im ehemaligen „Kritzler-Gelände” (Mitte rechts) und dem ehemaligen Gelände der Friedr. GustavTheis Kaltwalzwerke GmbH. Blick vom Schloß Hohenlimburg.

Foto: Peter Mager, 4. Juli 2004

Mitarbeiter dieses Heftes:

Dr. Wilhelm Bleicher, Martin-Luther-King-Straße 19, 58638 Iserlohn

Anja Brand, Wesselbachstraße 76, 58119 Hagen-Hohenlimburg

Volker Bremshey, Langenkampstraße 1, Pressehaus (WP),58119 Hagen-Hohenlimburg

Hanspeter Dittrich, Iserlohner Straße 84, Dittrich-Foto-Design,58119 Hagen-Hohenlimburg

Widbert Felka, Im Sibb 32, 58119 Hagen-Hohenlimburg

Martin Kaiser, Hohenlimburger Straße 198, 58119 Hagen-Hohenlimburg

Ulrike Lipps-Knüttel, Wesselbachstraße 40a, 58119 Hagen-Hohenlimburg

Peter Mager, Neuer Schloßweg 40b, 58119 Hagen-Hohenlimburg

Tina Manfraß, Am Hange 22, 58119 Hagen-Hohenlimburg

Michael Schneider, Wesselbachstraße 40, 58119 Hagen-Hohenlimburg

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In diesem Heft lesen Sie:

– Vom Wesselbach . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 362

– Straßen im Wesselbachtal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 364

– Spedition Wahlmann: Von Pferdekutschen und Fernlastzügen . . . . . . . . . 370

– Firma Breer & Becker Autotransporte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 373

– Das Wesselbachtal und seine Bewohner –– Aus einem Adressbuch von 1909 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 374

– Das Haus des Webers Steltmann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 377

– Zur schönen Aussicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 384

– Der (rote) Regent vom Schloß Hohenlimburg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 387

– Der VfL Wesselbach in der Zeit von 1931 bis 1940 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 394

– Über 100 Jahre: Wesselbachschule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 396

– 52 Jahre Arbeiterwohlfahrt im Wesselbachtal –– vom Ledigenheim zum Seniorenzentrum Hohenlimburg . . . . . . . . . . . . . . . 403

– Die Krieger-Steine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 405

– Die „kleine” Bäckerei Grobe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 412

– Von den Boeckers in der Wesselbach . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 415

– Zur Geschichte der Firma Carl Kritzler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 421

– 1990 – 2010: 20 Jahre Bürgerverein Wesselbach . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 429

– 100 Jahre Schloß-Apotheke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 469

– Bilder zum Wiedererkennen:– Josef Köster aus der Wesselbachstraße 10 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 475

– KINNERMÛLE I . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 479

– KINNERMÛLE II . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 479

– Hohenlimburger Szenen: Rohrleitungsbau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 480

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Die Hohenlimburger Bäche führen in derHeimatliteratur eher ein Schattendasein.1)

Einige von ihnen sind im öffentlichenBewusstsein kaum bekannt. Die existentielleNotwendigkeit des Bezähmens, des Urbar-machens und Nutzens von Landschaft undNatur beeinflusste die Einstellung derMenschen über Generationen hinweg so,dass Bäche häufig selbst dort unter dieErde gelegt wurden, wo ihnen auch ohne Be-einträchtigung der menschlichen Entfaltungihr freier Lauf hätte gelassen werdenkönnen. Erst in den letzten Jahrzehnten istdieses Denken neuen Einsichten in die öko-logische Bedeutung von Fließgewässerngewichen.

Vergleichsweise wenig bekannt ist derEmsenbach in Elsey, kaum jemand kennt denunscheinbaren Elseyer Bach. Der Hasselbachin Reh ist im Bewusstsein schon geläufiger,weil eine Landschaft und eine Straße nachihm benannt sind. Der größere Nahmer Bachund der Wesselbach dagegen spielen durchdie historische Nutzung ihrer Wasserkraft(Drahtrollen) jedenfalls in der Geschichts-schreibung vor allem zur HohenlimburgerIndustriegeschichte bis heute eine Rolle. Vorallem aber sind beide sprachlich überallpräsent, haben sie Hohenlimburger Stadt-teilen doch ihre Namen gegeben. Doch wieverhält es sich im Ortsbild mit dem GewässerWesselbach selbst?

Widbert Felka

Vom Wesselbach

Untere Herrenstraße, Höhe damaliges Postamt, August 1986: Beim Bau der Fußgängerzonetritt unter der alten Straßendecke das ehemalige Kanalbett des Wesselbachs zutage.

Foto: Archiv Heimatverein

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„Hoch in den waldigen Bergen, die sich süd-lich von Hohenlimburg erheben, liegt dieQuelle des Wesselbachs. Er ist nicht halb solang wie die Nahmer, die, beide nur durcheinen Bergesrücken getrennt, in gleicherRichtung der Lenne zueilen. Um so besserkönnen wir das ganze Tal überschauen; einehalbstündige Wanderung genügt, es in seinergesamten Länge zu durchschreiten.“ – Diesist ein Zitat aus dem „HohenlimburgerHeimatbuch“ von 1925, „herausgegeben imAuftrage der Lehrerschaft Hohenlimburgs“.Verfasser waren Hermann Esser, AnnaGladen, Elisabeth Sackermann und Jo-hannes Bönner. Sie stützten sich dabei starkauf Essers Werk „Hohenlimburg und Elsey“aus dem Jahre 1907.

Der Hohenlimburger nennt das Wesselbach-tal „die Wesselbach“. Zu großen Teilen ist derWesselbach in den Wohngebieten verrohrt.Erst der Wandel des Tals vom SchwerpunktIndustriegebiet zum reinen stadtnahenWohngebiet und die Planung von Wohn-flächen auf ehemaligem Industrieareal in denneunziger Jahren des 20. Jahrhundertsmachten es möglich, den Bach streckenweisewieder freizulegen. Doch ist das rekonstru-ierte Bachbett oberhalb der Fabrikstraßenicht so recht gelungen, denn das Gewässersucht sich in der regenarmen Zeit offenbartiefer im Erdreich unsichtbar seinen eigenenWeg.

Im unteren Wesselbachtal ist der Bach seitMenschengedenken endgültig dem Auge desBetrachters entrückt und geht in die Ver-rohrung über, die ihn erst wieder an derEinmündung in die Lenne in Höhe desGemeindehauses der Reformierten Kirchefreigibt. Das war nicht immer so. Als dieuntere Herrenstraße zwischen Bahngleisenund Einmündung Freiheitstraße im Sommer1986 zur Fußgängerzone umgebaut wurde,traten linksseitig – also auf der Seite desdamaligen Postamtes an der Straße untenund des damaligen Hohenlimburger Hofs(heute Standort Hohenlimburger Bürgersaal)oben – beim Aushub der alten Straßendeckeund des angrenzenden Gehwegs entlang demStraßenzug zwei aufgemauerte Ziegelstein-

reihen zutage. Nicht tief unter der altenStraßendecke verliefen sie parallel in einemAbstand von etwa einem Meter zueinander.Soweit durch einen bei den Baumaßnahmengezogenen Quergraben sichtbar, hatten beideMauerwerke eine Tiefe von auch etwa einemMeter oder mehr. Der Raum zwischen beidenMauern war verfüllt. Nach Aussage derStraßenarbeiter stieß man auf ein sehrhartes Gemäuer. Die Westfalenpost identifi-zierte das Mauerwerk damals als das einstigeKanalbett des Wesselbachs, der hier in alterZeit wohl offen oder verdeckt durch dieHerrenstraße floss, bevor er lange vor unse-rer Zeit verrohrt und tiefer gelegt wurde.

Auch diese alte Kanalisierung war schon einSchritt zur Bezähmung des Wesselbachsgewesen. Zitieren wir noch einmal aus demHohenlimburg-Buch von 1925: „Unterirdischeilt heute der Wesselbach durch die untereHerrenstraße der Lenne zu, um in der Näheder reformierten Kirche zu münden. Nur inZeiten großer Überflutungen verläßt er bis-weilen sein ihm aufgezwungenes Bett. Nochvor 100 Jahren strömte er ungehemmt durchMittel- und Kampstraße, so daß man beistarken Regenfällen nur mit Hilfe vonSprungsteinen von einer Seite der Straße zuranderen gelangen konnte. Wie mag es erstgewesen sein, als noch kein Mensch ihm Laufund Richtung vorschrieb? Ob er wohl deshalbden Namen Wesselbach d. i. Wechselbachempfing?“

Aus diesen Aussagen von Hermann Esserund Mitautoren lässt sich ableiten:

1. Um 1825 floss der Wesselbach noch durchdie heutige Lohmannstraße (früher Mittel-straße) wie durch den ehemaligen, heuteteils überbauten Straßenzug am Markt-platz, jetzt Gaußstraße (Fachwerkhäuser;früher Kampstraße).

2. 100 Jahre später, im Jahre 1925, war derWesselbach in der unteren Herrenstraßeschon verrohrt.

__________________1) Ausnahme: Die zwei Folgen des Aufsatzes von W. Bleicher

„Im Reiche des Wassers Teil 1-2: Hohenlimburger HeimatblätterJg. 27, 1966, S. 65-72 und 81-86 sowie die zwei Aufsätze zurIndustrie im Wesselbach- und Nahmertal.

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Das Wesselbachtal verdankt seine Erschlie-ßung und Besiedlung der Gründung derLimburg von 1232 (Sieben Gräben) bis 1242(erste Limburg).

Von der alten Lennestraße – ob von Hagen-Holthausen und Sundernhof oder von Hohen-syburg/Berchum/Reh – über Elsey und derLennefurt am Schwemmkegel des damalsnoch unbenannten „Wesselbachs“1) zum„Nahmer Feld“/Lenneufer und Schurbrauknach Veserde / Wiblingwerde / Lüdenscheidführte der frühmittelalterliche Hauptweg.

Als Dietrich von Isenberg-Limburg mit denTruppen seines Onkels, des Herzogs von Lim-burg, seinen neuen zentralen Herrschaftssitzgewählt hatte, entstand zuerst ein Wege-

gebilde im Verlauf der heutigen Herrenstraßemit der Gabel Wesselbachstraße und AlterSchloßweg.

Möglicherweise sind die folgenden Pferde-karren- und Fußwege ab Herrenstr. (C.M.Pieper heute) gleich alt: Aufgang Kaiser-straße / Unterm Hagen / alte Schloßbergstraße(=Forstweg) und an der Nahmer Seite Stein-straße / Uferstr. (Steinuferweg)2).

Das älteste Kommunikations- und Wegedrei-eck unter der Burg (Schloß; „unterm Hagen“)war das Dreieck „Unterm Hagen / Steinufer /Alter Forstweg3).

Die Wesselbachstraße und der heutige „AlterSchloßweg“, an dem immerhin das ältesteHaus der „Freiheit Limburg“ steht, die

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Wilhelm Bleicher

Straßen im Wesselbachtal

Das obere Stück des „Neuer Schloßweg“ im Jahre 1913 Repro-Foto: Slg. W. Bleicher

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Wesselbach 1928(Original 1:10000)hier verkleinert

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Karte von 1959(Original 1:10000)hier verkleinert

Slg. W. Bleicher

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Wesselbach 1965(Original 1:10000)hier verkleinert

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ehemals gräflich-limburgische Zehntscheuer(Nr. 4), die den Brand von 1584 überstand,bürgen als älteste eigentliche Wesselbachtal-straßen für das höchste Alter vom 13.-15.Jahrhundert4).

Widbert Felka, der von Peter Mager nachdem Alter der Straßen im Tal gefragt wurde,wies auf das hohe Alter dieses Weges an derZehntscheuer, der um 1920 „Schloßberg-straße“ hieß, hin. Heute heißt er „AlterSchloßweg“.

Auch der „Neuer Schloßweg“ hieß, wie Felkaim April 2010 an Peter Mager schrieb, in den20er Jahren „Neuer Weg“. Er existiert nachunserer Kenntnis seit der Mitte des 19. Jahr-hunderts, während die Sackgasse „AmSchloßberg“ erst nach dem Zweiten Weltkrieg(50er Jahre) entstand und bebaut wurde.

Bei den kleinen westlichen SeitentalstraßenLolochstraße, „Hierseier Siepen“ und „Am

Dubberg“ sind die Flurnamen Ursprungder Benennungen, die etwa je im 19. und20. Jahrhundert5) zu städtischen Straßenwurden.

Widbert Felka schreibt nach dem Studiumdes alten Stadtplanes von 1928 (Maßstab1:10000): „Die Lolochstraße (in dieserSchreibweise), Seitenstraße der Wesselbach-straße, existierte 1928 bereits (und auchschon 1921, wobei in jener Quelle die Schreib-weise «Lollochstraße» verwendet wird). DieStraßenbezeichnung „Hierseier Weg“ gab es1928 noch nicht, doch ist an jener Stelle imalten Stadtplan (1928) ein unbebauter Wegmit der Bezeichnung – für dieses Gebiet –„Hierseier Siepen“ eingezeichnet. Aus dieserFlurbezeichnung wird mit der Bebauungspäter der Straßenname entstanden sein.“

Vergessen wollen wir nicht die zwei altenWege, dann Straßen, als Querverbindungenin NW-SE-Richtung: die Bachstraße6) und die

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Die alte Wesselbachstraße am 25. 2. 1959 Repro-Foto: Slg. W. Bleicher

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Fabrikstraße nördlich der KritzlerschenFabrik, in deren Kontext sie seit 1850stand.

Dass der geschlossene Verkehrskreis, derBogen zwischen Wesselbachstraße und NeuerSchlossweg nach dem Zweiten Weltkrieg vonder Flur unterhalb nördlich den Namen„In der Arche“ bekam, sei abschließenderwähnt.

___________________________

1) Name vom Wechseln seines Laufes ab der Stelle Rath/ AlterBahnübergang.

2) Denn es musste ein Abgang zur Nahmer Mühle geschaffen wer-den. Im Wald sdl. des Schlosses sind die Wege über die „7 Gräben“nach Brechtefeld und der Eselsweg zur Hardt alt. Die Nahmerwar von Oege aus im unteren Teil schon vor der Burggründungbesiedelt.

3) Für das hohe Alter des sog. alten Forstwe-ges bürgen a) der gräfliche Schweinekoven,der etwa bei der späteren Metzgerei Knust(Boecker) lag; b) das Fachwerk- (Nr. 26) unddas Försterhaus (Nr. 29) am oberen Endedes Forstweges; c) der älteste Viehhof, dernur vom Forstweg aus erreichbar war (vgl.Aufs. in dieser Zeitschrift); d) die Wegeteileder Gemälde im Fürstensaal „Prospect ausSüden“ und „Prospekt aus Nordwesten“ mitGarten, alle um 1750.

4) Wir ergänzen noch eine Trasse. Es ist zwarkeine Straße, aber doch ein berühmter Weg– der „Röhrenweg“, eben jene Trasse, die dieWasserversorgung der gräflichen Residenzaus dem hohen Wesselbachtal jenseits derBesitzung Schellhaas im 18. Jh. sicher-stellte. Die Röhren waren damals noch ausdurchbohrten Holzstämmen mit Kupfer-rohrverbindung verlegt worden.

5) Dubberg nach dem Zweiten Weltkrieg „AmDubberg“ existiert in Stadtplänen der 50erJahre.

6) Die Bachstraße ist heute nur noch als Fuß-gängerweg passierbar.

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Der sogenannte „Alter Schloßweg” mit Blickauf das Fachwerkhaus der ehemaligen Zehnt-scheuer (Hengstenberg)

Foto: W. Bleicher 12. 7. 2010

Das ehemalige Steltmannsche Haus am„Alter Forstweg” Foto: W. Bleicher 12. 7. 2010

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Die Versorgung des Wesselbachtales mitLeistungen der Transportlogistik wurde auchdurch die Spedition Wahlmann sichergestellt.Aus kleinsten Anfängen entwickelte sich dasUnternehmen über Jahrhunderte zur inter-nationalen Spedition und begleitete so dieindustrielle Entwicklung der Unternehmendes Wesselbachtales und seiner Bevölkerung.

Mitte des 19. Jahrhunderts gründete AugustWahlmann seine Spedition. Über vier Gene-rationen entwickelte sich das Einzelunter-nehmen später zur OHG, um schließlich ab1984 als GmbH & Co. KG zu firmieren. DieFührung des Unternehmens lag immer inFamilienhand und bemerkenswert ist, dassauch die Geschäftsführer der Generationennach dem Firmengründer den Namen AugustWahlmann trugen. Sitz des Unternehmenswar im Wesselbachtal am Neuer Schloßweg,gegenüber der Wesselbachschule. Erst 1970

erfolgte der Umzug nach Reh neben das ehe-malige Autohaus Teuscher, denn im Wessel-bachtal war es inzwischen zu eng geworden.

Die Spedition Wahlmann unternahm amAnfang Kohletransporte, betrieb auch denHandel mit Kohle und versorgte so die Unter-nehmen des Wesselbachtales mit Energie,aber auch die Bevölkerung mit Hausbrand.Darüber hinaus unternahm die SpeditionWahlmann Leichentransporte, beschränktesich aber auch darauf – und besorgte keineBestattungen. Prominentester „Kunde” istwohl der Prinz Carl aus dem Hause Bent-heim-Tecklenburg gewesen, der Ende der30er Jahre verstarb und durch die SpeditionWahlmann zu seiner letzten Ruhe geleitetworden ist.

Die Transportleistungen wurden zunächstmit Pferdekutschen erbracht, vor dem Zwei-ten Weltkrieg dann parallel mit Kutschen

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Martin Kaiser

Spedition Wahlmann:Von Pferdekutschen und Fernlastzügen

August Wahlmann und August Grüll bei einer Fernfahrt im Jahre 1940 Foto: Slg. Wahlmann

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und Lastzügen; Ende der 40er Jahre wurdendie Pferdekutschen verkauft. Die Kutschenwurden von drei Pferden gezogen. „Daswaren drei belgische Ackergäule mit NamenElla, Lotte und Max”, erinnert sich AugustWahlmann noch heute.

Die Spedition Wahlmann transportiertehauptsächlich die Produkte der heimischenKaltwalzindustrie und entwickelte sich mitzunehmender Industrialisierung vom Nah-verkehr über nationale Transporte hin zurinternationalen Spedition. Dabei lieferte siedie Kaltwalzprodukte hauptsächlich an dieAutomobilindustrie. Kunden waren abernicht nur die Unternehmen Kritzler, H. W.Boecker, Theis und andere metallverarbei-tende Betriebe des Wesselbachtales. AuchEisendraht aus dem Nahmertal und Federnder Firma Vogtland wurden schließlich inseuropäische Ausland transportiert. Darüberhinaus wurden die Produkte der metallverar-beitenden Betriebe im Nahverkehr aus denumliegenden sauerländischen Orten insWesselbachtal gebracht, um dann von hier

aus im Fernverkehr weitertransportiert zuwerden.

Mit der Industrialisierung des Wesselbach-tales und der damit steigenden Nachfragenach Transportleistungen hielt die SpeditionWahlmann Schritt. Von den ehemals dreiPferdekutschen erfolgte eine kontinuierlicheEntwicklung zur internationalen Spedition.In den 60er Jahren des vergangenen Jahr-hunderts erreichte man schließlich siebenFernverkehrsgenehmigungen, zwei blaueBezirksfernverkehrsgenehmigungen sowieeine Vielzahl von Nahverkehrsgenehmigun-gen. Darüber hinaus wurde zusätzlich eineReihe von Fremdunternehmen mit Unterauf-trägen beschäftigt.

Als Arbeitgeber war die Spedition Wahlmannfür die Familien im Wesselbachtal von Bedeu-tung. „In den 70er/80er Jahren war die Beleg-schaft auf über 50 Personen angestiegen”,erinnert sich August Wahlmann nicht ohneStolz. Das Unternehmen und seine Beleg-schaft blieben trotz kleinerer Unfälle weitest-

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Einer der ersten Lastzüge um 1940 Foto: Slg. Wahlmann

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gehend von Schicksalsschlägen verschont.„Nur Ende der 50er, Anfang der 60er, Jahreereignete sich ein schreckliches Unglück”,räumt August Wahlmann ein. „Damals ver-starb unser Fahrer Erich Seuthe bei einemUnfall am Bahnübergang Bergstraße inLetmathe und der Beifahrer Erich Oss über-lebte schwer verletzt den Zusammenstoß miteiner Eisenbahn nach technischem Versagender Schranken.”Aber das Transportwesen war keine Ein-bahnstraße, und so trug die Spedition Wahl-mann schon seit ihren Anfängen zurVersorgung der Bevölkerung bei. Nicht ohneAugenzwinkern belegt August Wahlmanndies mit der Rechnungskopie der Kornbren-nerei Heiner Wagner aus dem Jahre 1887.Die Spedition Wahlmann hatte damals z. B.1 Ohm (= 129 l) „Münsterländer Kornbrannt-wein” in Fässern an Franz Ostheide in Elseygeliefert und nahm die leeren Fässer derVorlieferung retour. So wurde auch dieVersorgung der Nachbargemeinden durch dieLeistung der Fuhrleute aus dem Wesselbach-tal sichergestellt.

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Beleg über den Branntweintransport für dieGastwirtschaft Ostheide in Elsey

Foto: Slg. Wahlmann

Restaurant

Mykonos

58119 Hagen - Hohenlimburg

Hohenlimburger Straße 216

Telefon 0 23 34 - 35 98

Jeder Zeit erreichbar

Öffnungszeiten:

Montag bis Samstag 18.00 – 23.00 Uhr

Sonn- und Feiertage 12.00 – 14.30 Uhr

18.00 – 23.00 Uhr

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Oft auf die alten Garagen an der Loloch-straße angesprochen, trage ich hier an dieserStelle gerne zur Klärung bei. Nein, nichtimmer gehörte dieses Grundstück zur FirmaTheis, vor rund 40 Jahren noch beherbergtees die Firma Breer & Becker.Mein Urgroßvater Gustav Friedrich Beckerhat, als einer der Männer der ersten Stunde,die Firma Theis in der Wesselbachstraße mitaufgebaut. Er arbeitete als Werkmeister beiTheis, kehrte aber leider aus dem erstenWeltkrieg nicht zurück. In der tiefen Verbun-denheit mit Theis gründete sein Sohn Fried-rich Wilhelm Becker mit Friedrich Breerzusammen ein Fuhrunternehmen, das dieFahrten der Firma Theis übernahm. So erle-digte man die Fahrten innerhalb des Unter-nehmens Theis, wie auch den Transport desRohmaterials, aber auch Kundenfahrten mitdem fertiggestellten Material.In den Anfängen lag das Büro des kleinenFuhrunternehmens im Werk der FirmaTheis, später wurden die Räumlichkeitenanderweitig verplant und so kaufte die FirmaAutotransporte Breer & Becker, wie sich diebeiden Jungunternehmer nannten, dasGrundstück auf der anderen Straßenseite.Hier entstanden 2 Garagen für die LKW`s,wie auch ein Büroraum. Zu den beiden

Unternehmern, Fritz Breer leitete den kauf-männischen, Fritz Becker den praktischenAblauf, gehörte einige Jahre Frau Ida Len-zen, welche die Schreibarbeiten übernahm.Ich erinnere mich noch gut daran, dass ich alsKind die Besuche im Büro meines Großvaterssehr genossen habe. Da Opa Fritz für seineGroßzügigkeit uns Kindern gegenüberschnell bekannt war, sind wir nicht selten zumehreren Kindern zu seinem Büro gelaufen,wohl wissend, dass da immer für jeden von uns20 Pfennig für ein „Jollitop“, bei Bäcker Bornin der unteren Wesselbachstraße, abfielen.Das Unternehmen geriet nach dem Tod vonFritz Breer in den Jahren um 1970 inschwere wirtschaftliche Zeiten und mussteden Betrieb einstellen. Als die Tore schließenund die Fahrer gehen mussten, verlor meinGroßvater, der mir als einer der großartigstenund liebevollsten Menschen immer imGedächtnis bleiben wird, alles, an was ergeglaubt und wofür er gearbeitet hatte.Er starb 1972.

Anja Brand

Firma Breer & Becker Autotransporte

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Angefangen hat alles damit, dass mir voreiniger Zeit ein dicker Wälzer zugelaufenist: ein Adress- und Telefonbuch der StadtHagen aus dem Jahre 1909. Darin unteranderem enthalten eine Adressenliste derStadt Hohenlimburg. Mit großem Interessestöbernd und lesend fand ich altbekannteFamilien- und Straßennamen und sah, dassim Gegensatz zu heutigen Adressbüchern beiallen Namen auch der ausgeübte Berufstand.

Ich begann damit Namen, Berufe und Wohn-stätten aus dem Wesselbachtal herauszu-suchen. Dieses Tal war, wie viele SeitentälerHohenlimburgs, im Zuge der Industrialisie-

rung von Drahtrollen „bevölkert“ worden; derWasserkraft sei Dank.Von all diesen Kleinbetrieben war zu KaisersZeiten im Wesselbachtal fast nichts mehrübrig geblieben.Aus der Rolle von J. H. Klinkeentstand die Fabrik Kritzler und nahm baldeinen großen Teil des Tals, etwa zwischender Fabrikstraße und der heutigen Haus-nummer 55, ein.Die Drahtfabrik C. M. Pieper in der oberenHerrenstraße war ein weiterer wichtigerArbeitgeber.Fachwerkhäuser säumten die Wesselbach-straße, viele von ihnen sind abgerissen undteilweise durch neue Gebäude ersetzt wor-

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Ulrike Lipps-Knüttel

Das Wesselbachtal und seine Bewohner –Aus einem Adressbuch von 1909

Einband Adress-Buch für den Stadt- und Landkreis Hagen i. W. nebst Adressbuch für die StadtHohenlimburg, 1909

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den. Die alten Häuser schmiegten sich engan den Hang oder an den Bach und waren,für heutige Verhältnisse unvorstellbar, mitFamilien übervoll gestopft.

So genannte „kleine Leute“ waren es, Arbei-ter und Tagelöhner mit ihren Familien, diezu einem hohen Prozentsatz bei Kritzler, beiC. M. Pieper oder in Kleinbetrieben des Talsihr Auskommen fanden.

Von den im Buch angegebenen Berufen wieDrahtzieher, -richter, -weber, -spuler,-schmirgler, Rietrichter, -walzer, -zieher,-schneider, Walzer, Moletteur finden sich Ver-treter in fast jedem Haus, dazu die obengenannten Arbeiter und Tagelöhner.

Da ich mit den Begriffen „Riet“ und „Molet-teur“ nichts anzufangen wusste, ergab eineRecherche, dass das Riet das stählerneWebblatt in der hin und her schwingendenLade eines Webstuhls ist und ein Moletteurein Muster in Kupferwalzen einprägt, dieals Tiefdruckformen für den Textildruckdienen.

Das Wesselbachtal bestand aber nicht nuraus der ebenso genannten Straße, sondernauch noch aus dem Neuenweg (Neuer Schloß-weg), der Schloßbergstraße (Alter Schloß-weg), der Lolochstraße und der Fabrikstraße.

Im Großen und Ganzen war die Zusammen-setzung der Berufe in den Häusern überallgleich. Der Neuenweg macht eine kleine Aus-nahme: Im unteren Bereich, etwa bis zurHausnummer 17, waren die Bewohner auchmehr oder weniger Familien, deren Schicksalvon den beiden großen Betrieben abhing. Imweiteren Verlauf der Straße zeigt sich aber,dass die so genannten „besseren“ BerufeEinzug gehalten hatten. Einige Lehrer derWesselbachschule z. B. wohnten in ihremunmittelbaren Umfeld. In der Schule selbsthatten nur der Herr Fritz Bolte, Schulwärter,und sein Sohn Karl, Tagelöhner, Platz. Auchder Sohn der Witwe des FirmengründersKritzler baute im Neuenweg eine repräsenta-tive Villa, die heute noch steht. Seine MutterBerta Kritzler wohnte in der Wesselbach-straße 49, einem Haus, das auch noch exis-tiert. Der obere Neuenweg war bis auf dieNummer 50 noch nicht bebaut.

An der Schloßbergstraße (Alter Schloßweg)standen im Gegensatz zu heute nicht vieleHäuser, erst ab der Nummer 17 finden sichlaut der Adressenliste Anwohner. Hierzu istzu sagen, dass sich offenbar die Nummern-führung seit der damaligen Zeit geänderthat. Auffällig ist, dass hier Menschen mitäußerst verschiedenen Berufen gelebt haben:Lehrer, Buchdrucker, ein Postbote und vorallem

1. der Landwirt Friedrich Schmerbeck, derzudem auch noch Fuhrunternehmer undKneipier war,

2. der Inhaber des sehr bekannten Schloß-bergrestaurants Friedrich Funke und

3. natürlich der Schloßherr, Karl Prinz zuBentheim, der Großonkel des heutigenPrinzen Maximilian.

Das Schloß hatte und hat immer noch dieHausnummer 30. Mit im Schloß wohnte derKammerdiener des Prinzen Karl. Der Name(Hermann) Zabel wird vielen Hohenlimbur-gern bekannt sein.

Ein „typisches“ Wesselbachhaus gab es aberdennoch, nämlich die damalige Nr. 36, mitDrahtzieher, Rietstäbemacher und Walzer.

Die damals bekannten Nebensträßchen desTals, Fabrikstraße und Lolochstraße, warenim Großen und Ganzen von Familienbewohnt, die ein dem Tal übliches Bild boten.Anzumerken ist aber, dass das bekannteSpeditionsunternehmen August Wahlmannwohl in der Fabrikstraße 7 seinen Anfanghatte.

Beim Studium dieses Adressverzeichnissesfiel mir auf, dass in fast jedem Haus Invalidenoder auch Witwen wohnten. In jenen Tagen,einer Zeit ohne Alten- und Pflegeheime, wardie Versorgung durch die Familie eine Selbst-verständlichkeit. Es gab also eine intakteSozialstruktur.

Dazu passt auch, dass kein Wesselbacher zurBefriedigung seines täglichen Bedarfs dieBahnlinie überqueren musste. Die meistenwichtigen Geschäfte wie Bäckereien, Kolonial-warenhandlungen und Kneipen gab es,und zwar mehrfach, direkt „um die Ecke“.Während der Kaiserzeit waren zudem, heutekaum noch vorstellbar, Lenneuferstraße,

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Schulstraße (heute Obere Isenbergstraße)und obere Herrenstraße rege Geschäfts-zentren mit Möbelladen, Schuhgeschäft,Hutgeschäft, Juwelier, Konditorei usw. Sowaren die Bewohner südlich der Bahnlinienur in seltenen Fällen gezwungen, ihre funk-tionierende Welt in Richtung heutiger Innen-stadt oder gar Elsey zu verlassen.

Das Studium des Buches hat mir großeFreude gemacht und ich kann nicht behaup-ten, dass ich in allen Belangen wissenschaft-lich Fundiertes herausgefunden habe.

Das Wesselbachtal hat sich in den letzten50 Jahren grundlegend verändert. VieleHäuser, die ich als Kind der oberen Herren-straße noch bewohnt wusste, gibt es nichtmehr. Der Zusammenhalt der Wesselbacherund das Interesse an der Geschichte des

Tales ist, nicht zuletzt durch die „Zuwande-rer“, in erfreulichem Maße gestiegen.

Eine letzte Bitte hätte ich: Dieser Artikelüber die Berufe im Wesselbachtal kamdadurch zustande, dass ich nach Belegendafür suchte, dass sich im unteren Bereichder Wesselbachstraße viele Familien von derStrumpfstrickerei ernährt haben, und zwaretwa hundert Jahre vor der oben beschriebe-nen Zeit. Gerne hätte ich Auskunft darüber,ob es Dokumente darüber gibt.1)

____________________1) Anmerkung der Redaktion: Bisher sind in Limburg und Elsey

nur wenige Strumpfproduzenten bekannt: 1821 der Strumpf-weber Christoph Feikert, der Strumpfweber David Hermannisowie Caspar und Henrich Wilhelm Griese und Luther Stein inElsey, dazu noch Friedrich Wilhelm Stamm im Mühlendorf. Im19. Jahrhundert strickten noch viele Frauen, vor allem der ein-fachen Stände, die Strümpfe für die Familie selbst. Als mit demAufkommen der Textilindustrie die Stümpfe um 1900 relativ preis-wert wurden, ging das alte Hausgewerbe in Hohenlimburg unter.

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Anzeige Schloßbergrestaurant. Quelle: Adreß-Buch für den Stadt- und Landkreis Hagen i. W.nebst Adreßbuch für die Stadt Hohenlimburg, 1909

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Erstes Kennenlernen

„In der Wesselbach“1) oberhalb bzw. südlichdes Lolochtälchens2) liegt es an der Westseiteder Wesselbachstraße am steilen Berghang,das Doppelhaus Nr. 64 und 62c als Fachwerk-bau auf einem Bruchsteinsockel. Im Hohen-limburgbuch von Fritz Emde (Altena 1961,S.37) fand sich der Doppelbau zuerst abge-bildet, im Blick vom Schloßberg, zusammenmit dem ehemaligen Viehhof des Schlosses(Besitzung Schmerbeck/Quadbeck). Rechtsim Tal erblickt man vielleicht noch daskleinere Haus des Leinewebers JohannDiedrich Marks im Wesselbachtal. Es ist ein

Gemälde, das sich – ebenfalls aus der Handdes für Hohenlimburg so bedeutendenMalers Heinrich Arnold Tilmann – um 1880wiederholt mit weiteren Bauten am nörd-licheren Hang zur Stadt hin und mit einemNeubau nach 1830 auf der östlichen Straßen-seite3). Der kleine Stall oder Extra-Bausüdlich des Hauses ist alt. Bei einer Land-fläche von 6 Morgen hielt der Weberbestimmt etliche Tiere wie Schafe oderZiegen und vielleicht sogar eine Kuh oderein Schwein.4)

Das Urkataster der Gemeinde Limburg ausdem Jahre 18215) enthält weitere wichtige

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Wilhelm Bleicher

Das Haus des Webers Steltmann

Maler Tilmanns Sepiazeichnung vom Schloßberghang (Vieh-Hof des Schlosses) mit Blick aufdas Anwesen Peter Caspar Steltmanns (Bestand des ehemaligen Museums Hohenlimburg)

Foto: Slg. W. Bleicher

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Nachrichten über das Gebäude. Danachbesitzt der Leineweber Peter Caspar Stelt-mann das Wohnhaus auf der Parzelle 257, diesich am Hang oberhalb und unterhalb derStraße bis zum Bach erstreckt6). Die Be-sitzung ist 6 Morgen, 69 Quadratruten und15 Quadratfuß groß. Nach den damaligen10 Steuerklassen scheint Peter Caspar mitGruppe 5 und den 6 Talern, 20 SilbergroschenGebäudesteuer und 10 Talern, 22 Sgr., 10 Pfg.

Grundsteuer eher zum kleinbürgerlichenKreis mit mittlerem Einkommen zu zählen.Eine weitere fast gleichgroße Parzelle amSchloßberghang gehört den Brüdern Georgund Peter Steltmann gemeinsam. Das klei-nere Fachwerkhaus dort gehört zur minderenSteuerklasse 8. Es ist das Haus oben westlichdes Forstweges, das später der GärtnerOppermann kaufte (heute Forstweg Nr. 26Familie Rissmann).

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Webstühle von vorn bzw. seitlich hinten mit Warenbaum und Ware Fotos: Slg. W. Bleicher

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Zur Bedeutung des Textilgewerbes inHohenlimburg

Es ist allgemein bekannt, dass vor derindustriellen Revolution das Textilgewerbeinsgesamt mit dem textilen Hausgewerbeeine große Bedeutung hatte, zumal erst einefortentwickelte maschinelle Mechanisierungdie Selbstversorgung eines Landes sicher-stellen konnte, was bis 1870 zur Freisetzungbzw. Aufgabe der gewerblichen Hausweberei-stellen führte.

Im Jahre 1997 haben wir im Jubiläumsbuchzur 750 Jahrfeier in Hohenlimburg (S.179-185) die Bedeutung der Textilindustrie nocheinmal (nach 1975) herausgestellt und vonden ca. 20 Leinewebern in Limburg gespro-chen (z.B. C.H. Muhlmann, P.C. Breucker,H.W. Walther, Fr.W. Walter, D. Hülsberg,H.D. + H.W. Reinert, P.C. Helbert, H.D.Brand, Hr. Keller, Hr. Wahlmann), wobeiauch von dem wichtigen Wesselbachgebietmit den beiden Webern Steltmann die Redewar7).

Im Wesselbachtal sind um 1820 außer denSteltmanns noch folgende Weber bekannt:Henr. Wilhelm Fischer, Joh. Diedr. Hülsberg,Joh. Henr. Schulte, Joh. Diedr. Marks. Zusam-men mit den größeren Textilbetrieben derBlaufärber (z.B. M. Ribbert), der Blaudrucker(z.B. Nettmann), der Tuchfabrikanten (z.B.Hr.W. Griese), der Strumpfwirker und Blei-cher (z.B. Meloh) stellen die Textilarbeiter um1820 schätzungsweise 50% aller Gewerbe-treibenden in Limburg und Elsey.

Was nun die Familien Steltmann im Wessel-bachtal betrifft, so ist anzunehmen, dassschon in der ersten Hälfte des 18. Jahrhun-derts8) zumindest zwei Familien im Tal bzw.am Schloßberghang wohnen. Folgende Datensprechen dafür.

a) Am 6. 1. 1763 stirbt Hermann Steltmanngt. Becks im Alter von 84 Jahren.

b) Am 16. 5. 1770 wird das Kind CasparHenrich Steltmann im Alter von 3 1/2 Jah-ren beerdigt.

c) Am 4. 7. 1770 wird Catharina Margarethegeb. Nölken, die Frau des Jacob Stelt-mann, im Alter von 35 1/2 Jahren beerdigt,nachdem sie 8 Jahre und 2 Monate ver-heiratet war.

d) Am 9. 8. 1778 verstirbt das MädchenAnna Catharina Elisabeth Steltmann imAlter von 2 1/2 Jahren.

Um 1820 lebt im Hause Wesselbachstraße 64der Gebildfabrikant9) Peter Caspar Stelt-mann. Er war verheiratet mit Marie Catha-rine Humme10). Peter Caspar fungiertzweimal auch als Taufpate, einmal bei derTochter des Schusters Heinrich Tilmannnamens Henriette Friederike, geb. am12. 9. 1823, dann vorher bereits bei PeterHeinrich Menken (Eltern Georg Heinr. undMaria Catharina Menken).

Das Ehepaar hat zumindest 6-8 Kinder, unterihnen Luise Caroline (6. 2. 1814), MariaCatharina (1810)11), Lisette (get. 5. 8. 1811)12),Luise Henriette (25. 4. 1818 – 23. 4. 1893) und

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vermutlich Friedrich Wilhelm, der als Gebild-fabrikant das elterliche Geschäft fortführtund mit Wilhelmine Hüsecken verheiratetist, die am 27. 7. 1858 eine Tochter Adelheidzur Welt bringt.

In der 3. Generation im 19. Jahrhundertübernimmt der Kaufmann Ludwig Stelt-mann das Erbe. Er taucht als Pate auf bei derTaufe von Berta Knapp, der Tochter desbekannten Maurermeisters Friedr. WilhelmKnapp, der Luise Wilhelmine Hüseckengeheiratet hatte.

Die Linie der Steltmann am Schloßberg ist ab1814 durch das Ehepaar Leineweber GeorgSteltmann und Maria Catharine Menkenfassbar.

Von den Kindern sind bekannt MoritzWilhelm (1815), Friedrich Moritz Carl(* 10. 10. 1816), der als Gebildfabrikant denväterlichen Betrieb fortführt.

Carl ist Pate bei der Taufe des Kindes GeorgAugust seines Neffen August Steltmann, derals Gebildweber mit Lisette Tweer vonEilerde verheiratet war und bereits die3. Generation am Schloßberg vertritt. SeinSöhnlein Hugo wurde leider nur 1 Jahr alt.Ein älterer Sohn des August ist der am25. 10. 1858 geborene Georg August Stelt-mann am Schloßberg13).

Die Steltmanns im Wesselbachtal, überdrei Generationen mit der HohenlimburgerTextilindustrie verbunden, gibt es dort nichtmehr. Aber ihre Häuser, die spätestens zuBeginn des 18. Jahrhunderts errichtet wur-den, stehen noch.

Das Doppelhaus Wesselbachstraße 64 istsogar hervorragend restauriert und gepflegtworden. Von ihm soll nun die Rede sein.

Das Haus der Familie Müller-BraunIm Jahre 1987 kaufte der heutige BesitzerMartin Müller-Braun für sich und seineFamilie die linke Hälfte Nr. 64 des ehema-ligen Weberhauses, das der Vorbesitzer, HerrSiems, bereits in den 80er Jahren hatteumbauen lassen. Die ersten Umbauten betra-fen das Dach, den Ausbau des Dachateliers,den hangseitigen Flur und damit die Ver-

legung des ehemaligen traufseitigen Haus-eingangs zur südlichen Giebelseite. Die par-tielle Neuverkleidung des Bruchsteinsockelsmit ortsfremdem Bruchsteinmaterial warschon früher bei der Tieferlegung der Straßeerfolgt.

Der alte Bruchsteinsockel bestand vorher ausweiß überstrichenen Elseyer Kalken. Manbesserte mit Ruhrsandstein aus, was nichtgerade die beste Lösung war14).

1987 stand das Fachwerkhaus mit seiner wieüblich kleinräumigen Zimmereinteilung imInneren noch nicht unter Denkmalschutz, sodass man zur Erweiterung nach der Ein-gangsverlegung alte Fachwerkwände öffnenbzw. von Putz, Strohlehm, Hölzern undReisiggeflecht befreien konnte. Ab 1988 wardann das Denkmalamt (untere Denkmal-behörde in der Stadt Hagen) mit eingeschaltet.

Damals wurden dann die Gefache außenrestauriert und renoviert, die Balken außenwie innen schwarz gestrichen und die Giebelzweiseitig neu verglast. Hangseitig hatte derVorbesitzer von Herrn Müller-Braun denWC- und Badbereich bereits ausgebaut (ca.20 m2). Das brachte in Folge eine Terrasse(Freisitz) im 1. Stock sowie eine Terrassie-rung des vorher nicht so steilen Hangberei-ches mit sich.

Der Besitzer von Haus Nr. 62, Herr Latzke,hatte seinen Hausteil zunächst 1988/89 aneine Familie Kroll verkauft. Von ihr konnteHerr Müller-Braun den rechten Hausteil imJahre 2000 ebenfalls übernehmen. Damitkonnte er insgesamt über ein Grundstückvon 3300 m2 verfügen15). Davon zweigte erca. 1000 m2 im Süden ab (ca. 1985) für denNeubau der Familie Rieke (Nr. 66).

Auch das Haus Nr. 62c hatte schon vor demKauf im Jahre 2000 manche Veränderungerfahren. Zwar liegt im Keller noch derschöne alte Polygonboden der mitteldevo-nischen Plattensandsteinschiefer. Aber dereinst schöne unterkellerte Bereich – Nr. 64hatte keinen Keller – mit den 3 vergitter-ten niedrigen und breiten Fenstern mitSandsteinfassung ist doch durch die alteHeizungsinstallation nicht ideal besetzt.

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Schön hell sind dagegen die entkerntenoberen Räumlichkeiten geworden. Mit vielGeschmack sind die Hölzer als konstruktiveElemente in beiden Teilen stehen geblieben,sind die Wände nach dem Ersetzen desGefachinhalts neu gestaltet und die Möblie-rung den Gegebenheiten stilvoll angepasstworden.

Die interessanteste Optik bietet zweifellosder Kaminbereich mit seinen warmen, viel-leicht karbonischen Eisensandsteinen gegen-über dem ehemaligen Eingang und diedahinter gestaltete moderne Küche im TeilNr. 64. Es sieht so aus, als sei die heutigeEssecke südlich der Küche die alte Webstubegewesen (vgl. Tableau). Aber ein Gebildfabri-kant wird – vielleicht im rechten Teil desHauses – weitere Webstuhlpositionen gehabthaben.

Betrachtet man das nach einem alten Fotogezeichnete Bild des Hauses aus den 80erJahren, so wird schon äußerlich klar, welcheine Verwandlung das alte, wirklich denk-malwerte Bauwerk hat miterleben müssen.Der Familie Müller-Braun jedoch sei

abschließend gedankt für ihren Einsatzzur Rettung eines alten Weberhauses ausdem 17./18. Jahrhundert in die lebendigeGegenwart des 21. Jahrhunderts. Die Ein-tragung in die Denkmalliste erfolgte 1994.___________________

1) Topographische Überlieferung im Volksmund2) Vgl. W. Bleicher: Einige Bemerkungen zum Lolochtal, in:

Hohenlimburger Heimatblätter, 67.Jg., 2006, H.5, S.156-1673) Das Bild im Hohenlimburgbuch ist ein Ausschnitt der Sepia-

zeichnung Tilmanns im Eigentum von Frau Inge Quadbeck.4) Dass man Hühner hielt, ist nahezu selbstverständlich.5) Z.B. abgebildet auf den Seiten 57-68 (Aufs. Karl Voss†) im Buch

von W. Bleicher: 750 Jahre Hohenlimburg, Hohenlimburg 19796) Unterer Teil Wiese, oberer Teil Gartenland (Ackersignatur)7) In den anderen Stadtteilen Elsey, Reh, Nahmer wären noch fol-

gende Leineweber um 1820 zu nennen: Conrad u. Fr. Breuer,Hr.W. u. Fr. Fischer, C.D. Hoelke, Herm.Hr. Steffen, Dietr. Bas-tian, Hr.Dietr. Rinke, P.D. Brand, Herm.Hr. Schulte.

8) Nach Ausweis der Kopien der alten Kirchenbücher der ElseyerGemeinde im Lutherhaus an der Freiheitstraße

9) Steltmann war also nicht lediglich ein einfacher armer Haus-weber, der auf Kommission arbeitete.

10) Die Hummen waren immer eine angesehene Familie in Lim-burg.

11) Hier ist die Tante, Maria Cath. Trappe, geb. Steltmann, Patin.12) Bei Lisette ist u.a. Georg Steltmann Pate.13) Bleibt noch zu ergänzen, dass Catharina Elisabeth Steltmann,

vermutlich eine Tochter Peter Caspars, mit Caspar Diedr. Men-ken, einem Bruder von Moritz Menken, verheiratet war.

14) Die Tieferlegung der Straße betrug mindestens 70 cm.15) 2300 m2 zu Nr. 64; 1000 m2 zu Nr. 62c.

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Zeichnung des ehemaligen Weberei- und Wohnhauses aus der Zeit vor 1920Foto: Eig. Martin Müller-Braun

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Im Jahre 1909 nannte es sich „Schloßrestau-rant“, 1913 war hier an der Schloßbergstraße27 (heute Alter Schloßweg 27) Friedrich Funkder Betreiber des Lokals1). 1928 hatte längstPaul Törmer die Regie in dem so schön amHang gelegenen Lokal mit der herrlichenAussicht auf Hohenlimburg, das Wesselbach-und Lennetal übernommen. Damals hieß dasLokal „Zum Schloßberg“2). Bis in die 50erJahre und länger konnten sogar zwei Aus-flugsgaststätten am „Alter Schloßweg“ 23 und27 gut existieren. Dazu kam ja als entfernteKonkurrenz noch das sogenannte „Schloß-Café“ und Konditorei A. Möller, HagenerStr. 23), an der Straßenbahnendstation vonHagen aus gelegen. Das Ende der beidenLokale am „Alter Schloßweg“ nahte mit derEinrichtung des Schloßrestaurants Anfangder 70er Jahre des 20. Jahrhunderts unddem Einstieg der beiden Herren BerndLindekamp und Werner Humme im Mai 1976.

Natürlich spielen auch die verändertenKonsumentengewohnheiten in Bezug aufhäuslichen Konsum, Getränkegroßmärkteetc. eine Rolle, dass man nicht mehr so oft inGaststätten ging. Die Geschichte der ehe-maligen Gaststätte Alter Schloßweg Nr. 23 istinteressant genug, um auch darüber kurz zusprechen.

Der Fuhrunternehmer Heinrich Schmerbeckim schönen alten Bauernhof unterhalb derGaststätte befürchtete, dass die gerade 1900eingerichtete Schwer- und Kleinbahn für denGüterverkehr ins Nahmertal seinen Fuhr-betrieb erheblich schädigen würde, darumwollte er sich ein zweites Standbein mit demBetrieb einer Gaststätte verschaffen. Erstellte wie damals üblich den Antrag amLandratsamt in Iserlohn zwecks Erhalteiner beschränkten Schankerlaubnis bzw. -wirtschaft (für Wein, Kaffee und Bier).

Wilhelm Bleicher

Zur schönen Aussicht

Der Anblick der „Burgschänke“ im Jahre 1930 Foto: Eig. Inge Quadbeck

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Die wurde ihm mit Wirkung vom 1. 10. 1902zunächst versagt, da gemäß Reichsgewerbe-ordnung vom 14. September 1879 Hohenlim-burg eine Ortschaft mit weniger als 15.000Einwohnern war, in der es zudem schon

– 29 Gastwirtschaften,

– 14 Kleinhandlungen mit Branntwein,

– 12 Schankwirtschaften mit Einschluss des Branntweinausschanks und

– 11 Schankwirtschaft mit Ausschluss des Branntweinausschanks, nämlich die vonRennefordt (nahebei Nr. 23 heute), gab.

Mit Hilfe des RAW Löwenthal aus Iserlohnfocht Heinrich Schmerbeck den Beschluss an,indem er folgende Argumente für eine neuer-liche Bedarfssituation vorbrachte:

1. Die elektrische Straßenbahn von Hagenerhöht die Zahl der Ausflügler.

2. In den letzten Jahren ist die Zahl derFremden, die den Schloßberg besuchenwollen, sichtbar angestiegen.

3. Die Stadtverordneten unterstützenSchmerbecks Gesuch des Bedarfs wegenmit Schreiben vom 10. 8. 1902.

4. Rennefordts Wirtschaft oberhalb ist ledig-lich eine nicht unterkellerte Halle miteiner schadhaften Dachdeckung ausDachpappe.

Das Gebäude von 1898 musste also noch einpaar Jahre auf eine Nutzung als Gaststättewarten. Die währte dann allerdings auch bis1996.

Eine Zeitlang wird das Restaurant am HofSchmerbeck, die „Burgschänke“, unter wech-selnden Wirten wie Wülfing, Lehmann,Thiele, Kleine, Kuprat, Wilms oder am Endedurch den Jugoslawen Brahimi noch weiterbetrieben bis 1996.

Dann erfolgte Ende der 90er Jahre einUmbau. Der Südwesteingang wurde zuge-mauert, der Südosteingang eröffnet. Aber seitvielen Jahren ist das Lokal geschlossen undwird von vier Parteien als Wohnhaus genutzt.

Im Hotel „Schloßberghöhe“ links oberhalbwurde durch Kauf von Eigentümer Siebertnach dem Zweiten Weltkrieg Wilhelm Wandel

der Betreiber und Eigentümer. Die schöneGaststätte, die Krombacher Biere im Aus-schank hatte, liegt seit Jahrzehnten (etwa1974) wie verwaist da.

Aber im schön gelegenen Haus mit braungestrichenem Bruchsteinsockel, dunkel abge-setzten Öffnungsumrahmungen und beige-farbenem Anstrich läuft der Pensionsbetriebdes Eigentümers weiter. Jürgen Wandel undseine Frau führen Regie.

Die Sterngolfanlage hinter dem Haus undunterhalb liegt allerdings seit 4 Jahren still.Sie wurde vom SSC betrieben, dem „Stern-golf-Sport-Club“ Hohenlimburg. Die Bahnensind vom Grün überwachsen. Vermutlich fälltalles einmal der Geschichte anheim4).

____________________

1) Zwei Hausnummern unterhalb, ebenfalls an der Talhangseitebetrieb Friedrich Schmerbeck (1913) seine Gaststätte. Er hatte1928 bereits an Richard Hartmann übergeben. Richard Hart-mann nannte sein Lokal „Schloß-Restaurant“. Auch er pries dieAussicht an, die gut eingerichteten Räume, den schönen Gartenund das Dortmunder Actienbier.

2) Zwei Fotos sind auf S.38 des Buches von W.Bleicher „Hohenlim-burg, westfälisches Heidelberg“, Hohenlimburg 1978, veröffentlicht.

3) Rechts daneben (später Mykonos) lag der Gasthof E. Möller(Hagener Straße 4) mit seiner Veranda und dem Biergarten. DasSchloß-Café inserierte schon 1913 mit seinen Konditorwaren,Konfitüren, Pralinées, Schokoladen, Kaffee- und Teegebäck(Hagener Straße 2).

4) So wie das Fachwerkhaus der fürstlichen Waldarbeiter, das aufdem Bauplatz des neuen Hauses von B. Lindekamp bis Ende der60er Jahre noch stand. Zuletzt wohnte noch eine Familie Lappedarin.

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Gäste auf der Aussichtsterrasse des Gast-hofes „Schloßberghöhe“

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Integraler Bestandteil der Neugestaltungder Gartenanlagen am Schloß Hohenlimburg1)

ist seit Errichtung am 27. Mai 2005 derkleine „Weinberg“2). Weitere Bestandteile derAußenanlagen sind die Streuobstwiese imehemaligen Dienerschaftsgarten3), der barockeSchloßgarten sowie der Kräutergarten4). AlleMaßnahmen der Neugestaltung5) sind auf-einander abgestimmt und haben sich zueinem Publikumsmagneten der bedeutendenHöhenburg Schloß Hohenlimburg unterhalbdes Schleipenberggipfels entwickelt. Zudemerfreuen sich die Wesselbach-Aktiven desRotweins Regent – vom Weinberg in Hohen-limburg.

Die Schloßterrassen (kleiner „Weinberg“)befinden sich vor der Schloßsüdwand. ImRahmen des Gesamtkonzepts für die Außen-anlagen6) wurden die ehemaligen Wein- undKräuterterrassen im Jahr 2003 wieder her-gestellt.

Für die Finanzierung, Errichtung und Unter-halt des kleinen „Weinbergs“ zeichnet dergemeinnützige Bürgerverein Wesselbach e.V.7)

– mit Mitgliedsbeiträgen und Spenden – ver-antwortlich. Der Bürgerverein unternahmam 4. Oktober 2004 einen (Fahrrad-)Ausflugnach Gut Lenninghausen8) an den Ruhrwiesenim Märkischen Kreis. Dort präsentierte FrauIna Bimberg9) – mit den Außenanlagen amSchloß Hohenlimburg betraute Landschafts-architektin – die Pläne der Schloßgärten10).Auf ihre Anregung hin hat sich der Bürger-verein den Schloßterrassen angenommen.

In enger Kooperation mit einem Winzer vonder Obermosel wurde das Konzept der Reali-sierung erarbeitet. Der Winzermeister HorstFrieden vom Weingut Frieden-Berg11) ausNittel an der südlichen Weinmosel, direkt imGrenzbereich nach Luxemburg und Frank-reich gelegen, ist vielen Vereinsmitgliedernseit z.T. über 25 Jahren verbunden. Mit sei-ner Hilfe wurden die Pläne erstellt und nachPrüfung der Bodenbeschaffenheit die Reb-sorte ausgewählt.

Die Rotweinsorte Regent wurde 1967 durchProf. Dr. agr. sci. Gerhardt Erich Alleweldt12)

am damaligen Institut für Rebenzüchtung13)

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Peter Mager

Der (rote) Regent vom Schloß Hohenlimburg

2008er Regent vom Schloß Hohenlimburg, abgefüllt in schmucken 0,5 Liter-Rotweinflaschenmit Naturkorken. Foto: Peter Mager, 15. August 2009

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in Geilweilerhof / Pfalz gekreuzt, und zwaraus Diana (Silvaner x Müller-Thurgau) undChambourcin. Die Rebe erhielt im Jahr 1993den Sortenschutz14) und darf seitdem ange-baut werden. Zwei herausragende Eigen-schaften zeichnen den Regent aus: Erstensdie sehr großen farbdichten (undurchdringli-ches, dunkles Rot), voluminösen und südlän-disch anmutenden Weine. Und zweitens seineResistenz gegen Pilzkrankheiten. Die Rebekann sich selbst gegen die vielen Pilze weh-ren, die die Rebe sonst bedrohen und gegendie gespritzt werden müsste. Also ist derRegent nicht nur gut für Weintrinker, son-dern auch für die Umwelt. Letzteres ist fürdie Außenanlagen am Schloß Hohenlimburgbesonders wichtig, gilt die Fläche des „Hohen-limburger Weinbergs“ doch als Austausch-fläche für die Umwandlung der ehemaligenforstwirtschaftlichen Fläche zur Streuobst-wiese östlich des Schlosses.15)

Der Weinberg wurde nach Ratschlägen desWinzers fachkundig durch Mitglieder desBürgervereins errichtet. Genaue Hinweisehinsichtlich der Bodenaufbereitung, des Set-

zens von Pflanz-, Mittel- und Endpfahlen undDraht galt es zu beachten. Die hier gewählteForm der Drahterziehung („Spaliererzie-hung“) ist für die nördlichen Weinbaugebieteobligatorisch. Es wird eine optimale Sonnen-einstrahlung der Pflanzen genutzt. DieseForm der Drahterziehung ist in den MonatenMai bis Mitte Juli eines Jahres sehr arbeits-und zeitintensiv. Zudem sind laufend komple-mentäre Aufgaben zu erledigen, v. a. die Ent-fernung des Efeus an den Terrassen. Es istvor allem dem Bürgervereinsvorsitzenden,Peter Spohr, zu verdanken, dass mit inten-siver Regelmäßigkeit der kleine Weinberggepflegt wird.

Etwa 30 Mitglieder des Bürgervereins habenan der Errichtung mitgewirkt und pflegenseitdem den Weinberg fachkundig. Die(zunächst) 40 Reben sind in einer Tiefe von30 – 40 cm gepflanzt worden und hatten zwi-schenzeitlich – bis zur ersten Beschneidungvor Weihnachten 2005 – eine Höhe vonzum Teil über 3 Metern erreicht. Eingerahmtwurden die Reben am 15. Oktober 2005:Anlässlich der Bepflanzung der Streuobst-

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Skizze Spaliererziehung.Quelle: http://www.landwirtschaft-mlr.baden-wuerttemberg.de/servlet/PB//menu/1039946_l1/index.html(abgerufen am 14. Juli 2010)

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wiese wurden die Weinterrassen in denRandbereichen auf Anregung von MarissaPrinzessin zu Bentheim-Tecklenburg mitweißen und cremefarbenen Rosen der Sorten„Schneewittchen“ und „Rokoko“ bepflanzt.Seitdem wurden die Rosen ergänzt underneuert. Eine Erweiterung des Weinbergsauf rund 50 Reben wurde in den Jahren 2006und 2007 realisiert. Die Lebensdauer derReben liegt bei über 40 Jahren.

Beim jährlich durchgeführten (vorweihnacht-lichen) Besuch von Mitgliedern des Bürger-vereins Wesselbach beim Sekt- und WeingutFrieden-Berg kam es am 16. Dezember 2006erstmals seit Errichtung des Weinbergs zurBestimmung des Mostgewichts mittels einesRefraktometers16) durch Winzermeister HorstFrieden. Der Bürgervereinsvorsitzende, PeterSpohr, hatte die Trauben am 15. Dezember2006 geerntet. „Das Ergebnis übertrifftmeine Erwartungen“, sagte Horst Frieden.17)

Mit 95 Grad Öchsle, so die Maßeinheit fürdas Mostgewicht, lag der Regent vom SchloßHohenlimburg weit über dem normalenMostgewicht eines mittleren Jahrgangs in

Deutschland. Dieser liegt zwischen 70 und 80Grad – allerdings auch zur Lese in früherenJahreszeiten. Über das Mostgewicht lässtsich der potenzielle Alkoholgehalt des Weinesbestimmen, d. h., der gesamte Zucker imWein wurde in Alkohol umgewandelt. Einhoher Zuckergehalt im Most lässt auf einebessere Reife der Trauben schließen. Und dasErgebnis aus Hohenlimburg ist überragend –Freude kommt auf bei den etwa 20 Mitge-reisten.

Dass dieses Ergebnis auf eine gute Reife derTrauben schließen lässt, ist eine wichtigeKomponente der Weinherstellung. Entschei-dend ist in einem zweiten Schritt, was derWinzer hieraus macht. Die Überlegungenzur Realisierung der ersten Schloßabfüllungreifen...

Im Rahmen des 1. Schloßgartenfestes vom15. bis 17. Juni 2007 beteiligte sich der Bür-gerverein Wesselbach erstmals mit einemWeinstand – oberhalb der Reben, direkt vorder Schloßsüdwand. Auch WinzermeisterHorst Frieden war Besucher und hat die vonAnnette Rosenthal (Bäckerei Grobe, Jahn-

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Erste Weinlese am Schloß. Thomas Kretschmer lädt das Lesegut in die Behältnisse zum Trans-port und Weiterverarbeitung. Foto: Hanspeter Dittrich, Dittrich-Foto-Design (Hohenlimburg),11. Oktober 2008

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straße) modellierte Schloßtorte zu Gunstendes Bürgervereins versteigert.

Die erste Lese führte der Bürgerverein am11. Oktober 2008 durch. Zahlreiche Helferfanden sich ein. Der Arbeitseinsatz dauerteetwa eine Stunde. Unmittelbar danachwurden die Trauben in Spezialbehältnissenzur Weiterverarbeitung in das Weingut nachNittel transportiert.

Nach Ankunft des Transports erfolgte – nocham Tag der Lese – das Ablösen und Entfernender Beeren vom Rappen im Weingut. Winzer-meister Horst Frieden schrieb dazu in einerMail am 13. Oktober 2008 an den Bürger-verein u.a.: „. . .62° Oechsle, 124 LiterMaische.“

Danach kam der Wein in ein Holzfass zurfachkundigen Bearbeitung. Im Rahmen einesIdeenwettbewerbs wurde ein erstes Etikettfür den Wein gestaltet und ausgewählt.

Das Filtrieren und Füllen des ersten Schloß-bergweines erfolgte am 17. Juni 2009 durchden Winzer. Die Weinanalyse wurde durchein amtlich anerkanntes Weinlabor durchge-führt.

Nach der Auslieferung durften sich dieerwachsenen Mitglieder des Bürgervereinsüber jeweils 1 Flasche (0,5 Liter) Rotweinvom Schloßweinberg erfreuen. Einige weitereFlaschen erhielten Gönner und Förderer desBürgervereins. Der Wein ist nicht verkäuf-lich.

Am 10. Oktober 2009 erfolgte die 2. Lese. Wie-der im Dezember des selben Jahres konntenzahlreich mitgereiste Wesselbachfreunde denneuen Wein vom Fass kosten. Die nächsteAbfüllung und Auslieferung sind im Juli 2010geplant.

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Etikett des Schloßbergweins. Neben einerZeichnung von Schloß Hohenlimburg enthältdas Etikett amtliche Angaben.

Analyseergebnisse des ersten Schloßberg-weins durch das anerkannte Weinlabor Wer-ner Michaeli, Techniker für Weinbau undKellerwirtschaft, vom 17. Juni 2009.

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Realisiert wurde zudem am 17. Dezember2008 die Anbringung einer Errichtungstafelaus Stein, die der Skulpturenkünstler KlausHabicht18) aus Drensteinfurt – als Spende anden Bürgerverein – gefertigt hat. Der Sand-stein stammt aus Anröchte. Die Inschrift desSandsteins lautet:

„Gestaltung der WeinterrassenBürgerverein Wesselbach e.V.

2005 buergerverein-wesselbach.de“.

Der kleine „Weinberg“ an den Terrassen amSchloß Hohenlimburg reiht sich ein in dieneu entstandenen Attraktionen im Außen-und Innenbereich des Schlosses und bietetfür die Besucher und den Rundweg einenintegralen Bestandteil der Gartenanlagen.Der Bürgerverein lädt jährlich alle Bürgerin-nen und Bürger im zeitlichen Zusammen-hang mit der Lese zum „kleinen Weinfest“ein. Seit drei Jahren findet es an undin der Remise vor dem kleinen Weinbergstatt.

___________________________

1) Felka, Widbert: Schloß Hohenlimburg und seine Perspektiven,in: HOHENLIMBURGER HEIMATBLÄTTER, 66. Jahrgang,12/2005, Dezember 2005, Seiten 405 - 432

2) Mager, Peter: Der „Weinberg” am Schloß Hohenlmburg alsintegraler Bestandteil der Neugestaltung der Gartenanlagen,in HOHENLIMBURGER HEIMATBLÄTTER, 67. Jahrgang,Juli 2006, Nr. 7/2006, S. 222 - 224

3) Felka, Widbert: Eine Streuobstwiese auf Schloß Hohenlimburg,in: HOHENLIMBURGER HEIMATBLÄTTER, 67. Jahrgang,April 2006, Nr. 4/2006, S. 131 - 133

4) vgl. Mager, Peter: HOHENLIMBURGER STADTCHRONIK,1. Halbjahr 2006, 67. Jahrgang, November 2006, und HOHEN-LIMBURGER STADTCHRONIK, 2. Halbjahr 2006, 68. Jahr-gang, März 2007. Im Internet abrufbar unter:

http://www.heimatverein-hohenlimburg.de/rathaus/stadtchronik/index.html(abgerufen am 14. Juli 2010)

5) Felka, Widbert: Die wiedergewonnenen Gartenanlagen vonSchloß Hohenlimburg, in: HOHENLIMBURGER HEIMAT-BLÄTTER, 68. Jahrgang, Oktober 2007, Nr. 10/2007,S. 325 - 348

6) Öffentliche Beschlussvorlage Stadt Hagen vom 4. April 2005für die Beratungen im Landschaftsbeirat und Umweltaus-schuss; DS-Nr. 0291/2005

7) http://www.buergerverein-wesselbach.de(abgerufen am 14. Juli 2010)

8) http://www.gut-lenninghausen.de(abgerufen am 14. Juli 2010)

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Franz-Michael Uhlig und Peter Spohr bei der Anbringung des Errichtungssteins an den Wein-und Kräuterterrassen.

Foto: Hanspeter Dittrich, Dittrich-Foto-Design (Hohenlimburg), 17. Dezember 2008

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9) http://www.la-bimberg.de(abgerufen am 14. Juli 2010)

10) Bimberg, Ina: Bürgerschaftliches Engagement für das SchloßHohenlimburg zahlt sich aus, in: HOHENLIMBURGERHEIMATBLÄTTER, 66. Jahrgang, 2/2005, Februar 2005,Seiten 69 - 70

11) http://www.frieden-berg.de(abgerufen am 14. Juli 2010)

12) http://www.economypoint.org/g/gerhardt-alleweldt.html(abgerufen am 14. Juli 2010)

13) http://de.wikipedia.org/wiki/Institut_f%C3%BCr_Rebenz%C3%BCchtung_Geilweilerhof(abgerufen am 14. Juli 2010)

14) http://www.deutscheweine.de/Alles-ueber-Wein/Rebsorten/rote-Rebsorten/Regent(abgerufen am 14. Juli 2010)

15) s. Fußnote 3

16) Die Bestimmung des Mostgewichts mit der Maßeinheit„Öchsle“ geht auf Christian Ferdinand Öchsle, einem Mecha-niker, Goldschmied und Erfinder, zurück. Öchsle wurde am26. Dezember 1774 in Buhlbach bei Baiersbronn geboren undverstarb am 17. März 1852 in Pforzheim. Im Jahr 1836 wurdeseine Arbeit „Über den Gebrauch der Most- und Weinwaage“veröffentlicht. Hier beschrieb Öchsle seine Methode zurBestimmung der spezifischen Dichte im frisch gepresstenTraubensaft.

17) WESTFALENPOST, Hohenlimburger Zeitung, 19. Dezember2006

18) Es befinden sich über 50 Exponate des (Stein-)Künstlers imWesselbachtal. Unter anderem sind diese in Vorgärten zusehen: Friedrich-Gustav-Theis-Weg 21 und 63, Neuer Schloß-weg 40 b und 40 c

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Das Wesselbachtal hat zweifelsfrei auchSportler aus seiner Bevölkerung herausentwickelt. Die Fußballer unter ihnen habenin der Zeit von 1931 bis 1940 auch beimVfL Wesselbach gekickt. Was hatte es damitauf sich?

Die Stadtchronik erwähnt die Fußballer ausdem Wesselbachtal. In Dr. Wilhelm BleichersStandardwerk1) zum Stadtjubiläum steht:„1940 kam der im Jahr 1931 gegründeteVfL Wesselbach wieder zum SV 1910 zurück.”Was hatte es damit auf sich, waren sportlicheoder lokale Rivalitäten die Motivation, warenschon politische Überlegungen aktuell oderwar es nur die Lust der jungen Wesselbacher,in einer eigenen „Ersten Mannschaft” derKreisliga zu spielen, wozu sie in den großenHohenlimburger Vereinen weniger Chancenhatten? Man weiß es nicht.

Die Einsichtnahme in das Vereinsregisterbeim Amtsgericht in Hagen ergibt, dass derVfL Wesselbach nicht amtlich eingetragenworden ist. Nun war die Zeit damals politischwie sportlich schwierig und wir wissen nicht,ob Vereine, Behörden und auch der Fußball-bund so gewissenhaft arbeiteten, wie wir dasheute kennen. Tatsache ist es jedoch, dass dieFußballer aus dem Wesselbachtal am aktivenSpielbetrieb der nationalen Fußballliga inder ersten Kreisklasse teilgenommen haben.

Die Neue Hohenlimburger Zeitung (heuteunsere Westfalenpost) berichtete schonanfangs der 30er Jahre über die sportlichenAktivitäten des VfL Wesselbach. Leider gabes keine redaktionellen Berichte über dieHintergründe und den Vollzug der Vereins-gründung, den Verlauf des Bestehens desVereins sowie die Gründe für seine Auf-lösung, jedoch über den Spielbetrieb. DerVfL Wesselbach spielte mit seiner erstenHerrenmannschaft in der ersten Kreisklasseund das war für die ehrgeizigen WesselbacherFußballer Anreiz genug. Hier durften siemitspielen, hier waren sie in wohlbekannterGesellschaft, denn unsere Nachbargemein-den waren zunächst alle vertreten.

Die Fußballer aus dem Wesselbachtal warendamals um die 18 Jahre alt, heute sind oderwären sie also um die 97 Jahre. Das zeigt, wieschwierig es ist, heute noch Zeitzeugen zubefragen und brauchbare Antworten zuerhalten. Auch die Befragung einzelnerNachkommen oder Verwandter gestaltetesich schwierig, denn über die hier wissens-werten Details wurde wohl nur wenigüberliefert. Selbst die Lokalisierung derSportstätte ist schwierig, einerseits hört manvon der Weinhofkampfbahn, andererseitsheißt es, die Wesselbacher hätten auf derLennewiese gespielt und laut Zeitungsberich-ten spielten sie 1939 im Rahmen der Kriegs-meisterschaftspiele auch mal auf demSportplatz im Ostfeld. Auch für die Behaup-tung, es habe sich um die „Rabauken” unterden heimischen Fußballern gehandelt undihr Vereinslokal sei bei Arthur Born gewesen,gibt es keine handfesten Belege. Beschränkenwir uns also auf das, was uns im Zeitungs-archiv zur Verfügung steht.

Anfang 1940 zeigte das Tabellenbild derersten Kreisklasse bereits, dass es einezunehmend schwere Zeit für die Fußballeraus dem Wesselbachtal gewesen sein muss.Die Liga umfasste nach Rückzug vonOestrich und SV Hennen 12 nur nochsechs Vereine. Angeführt von Schwerte undvor Hohenlimburg 1910, finden wir denVfL Wesselbach auf dem fünften Rang – hin-ter Letmathe 98 und der SportgemeinschaftGrüne. Nur Schwerte 06 konnte durch dieFußballer aus dem Wesselbachtal in Schachgehalten werden. Sowohl Hohenlimburg 1910als auch der VfL Wesselbach hatten aller-dings noch ein Spiel weniger als die lokalenKonkurrenten . . .

Am Sonntag, dem 7. Januar 1940, fanddann ein besonderes Fußballspiel statt. DerVfL Wesselbach spielte gegen eine Wehr-machtsauswahl. Diese war nach dem einigeZeit vorher stattgefundenen Spiel gegenHohenlimburg 1910 wesentlich verstärktworden, verfügte angabegemäß über nationalbekannte Spieler mit technisch bemerkens-

Martin Kaiser

Der VfL Wesselbach in der Zeit von 1931 bis 1940

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werten Fähigkeiten unddie Zeitung (das warinzwischen „Der Gemein-nützige”) empfahl denBesuch des Spiels. Auchnannte sie die Mann-schaftsaufstellung derWesselbacher:Kirchhoff, Opitz, Schnei-der, Winter, Hütter,Rausch, Gutmann, Horch,Bachmann, Stemmer-mann und Schmidtkunztraten an. Das Spiel amSonntag war ein Debakelfür die Wesselbacher.Nach 0:4 Halbzeitstandging das Spiel mit 7:10schon fast knapp verlo-ren. Die Zeitung berichtet, dass eher dieUnentschlossenheit der Wesselbacher vordem Tor und zweifelhafte Eckstoßentschei-dungen der Schiedsrichter zu Gunsten derWehrmachtsmannschaft das Spielgeschehenbestimmten. Auch wenn „Der Gemeinnützige”nicht gerade heimatfreundlich berichtete, sodeuten doch viele Details darauf hin, dasssich die Fußballer aus dem Wesselbachtaleiner unbezwingbaren Übermacht gegenübersahen. Kritisiert wurde an den Wesselba-chern hauptsächlich fehlender kämpferischerEinsatz und das zu kurze Zuspiel, währendbei der national zusammengestellten Wehr-machtsmannschaft die individuelle Leis-tungsstärke gelobt wurde, ohne einzelneSpieler namentlich hervorzuheben.

Am 9. April 1940 berichtete „Der Gemeinnüt-zige” wieder über den lokalen Fußball: DerSV Hohenlimburg 1910 hatte 2:1 (nach 1:0Halbzeitstand) gegen Letmathe 98 gewon-nen. Die Tabelle zeigt jedoch ein ernüchtern-des Bild: Von den bereits eingangs erwähntenMannschaften sind nur noch vier, nämlichVfL Schwerte, SV Hohenlimburg 1910, dieSportgemeinschaft Grüne sowie Letmathe 98verblieben. Der VfL Wesselbach ist ohnenähere redaktionelle Erläuterung aus derLiga verschwunden. Die Wesselbacher hattenebenso wie die Mannschaften aus Hennen,Oestrich und Schwerte 06 „zurückgezogen”,was auch immer das bedeutet haben muss.

Waren es die schwierigen Umstände derKriegszeit, politisch wie sportlich?

Über das Ende des VfL Wesselbach hat diese„Heimatzeitung” nicht berichtet.2)

Fest steht jedoch, dass das Wesselbachtalauch in schwieriger Zeit aus seiner Bevölke-rung heraus mit seinen jungen Fußballern imVfL Wesselbach seine Leistungsfähigkeitauch sportlich unter Beweis gestellt hat.___________________________1) Dr. Wilhelm Bleicher: „750 Jahre Hohenlimburg” (1979), S. 299

linke Spalte

2) Nach Redaktionsschluss wurde bekannt, dass der VfL Wessel-bach Anfang 1960 „aus der Versenkung aufgetaucht” (WESTFA-LENPOST vom 16. August 1961) sei und am Spielbetrieb der2. Kreisklasse teilnahm. Die WP berichtet vom „beachtlichen2 : 4 gegen die Zweitvertretung des Verbandsligisten SSV Hagen“und sieht folgend den VfL Wesselbach als „Geheimtip“ der bevor-stehenden Saison. Der VfL spielte in einer Ligagruppe mit denVereinen FC Ende, ESV Hagen, RSV Selbecke, TuS 06 Haspe,ESV Vorhalle, Post Hagen, SG Hagen, Herdecke II, Hagen 11 II,Hagen 1860, Hohenlimburg II und TuS Holthausen. Weiterberichtet die „Heimatzeitung”, dass der Verein am 2. und 3.September 1961 sein 30-jähriges Bestehen mit einem Pokalfuß-ballturnier in der Weinhofkampfbahn sowie Jubiläumsfeierlich-keiten in der Gaststätte Schloßberghöhe begangen hat.Teilnehmende Mannschaften am Turnier waren die Zweitvertre-tung von SV Hohenlimburg 1910, Hagen 11, RSV Selbecke undder gastgebende VfL Wesselbach. Sieger wurde der gastgebendeVfL, der als Veranstalter auf den Pokal verzichtete. Den habendie zweitplazierten Selbecker durch Bürgermeister Knapp inEmpfang nehmen dürfen. Die anschließenden Jubiläumsfeier-lichkeiten „sollen in einem Rahmen durchgeführt werden, der zurGröße des Vereins und zu seiner finanziellen Kraft im rechten Ver-hältnis steht...“ Weiter in der WESTFALENPOST vom 1. Sep-tember 1961: „Man muß dem kleinen VfL WesselbachAnerkennung zollen. Es ist gewiß nicht leicht, sich solchen Jubilä-umsfeierlichkeiten zu unterziehen. Man darf hoffen, daß die Wes-selbacher Erfolg haben werden. Die Konkurrenz ist gerade amkommenden Wochenende besonders groß: (Kirmes auf der Lenne-wiese, Sommerfest SV 1910 im Bentheimer, und Sommerfest MGV„Frohsinn-Eintracht“ Holthausen.)... Nach 1961 verliert sich dieSpur dann wieder.

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Das Foto zeigt die (Fußball-)Mannschaft innerhalb der Epochezwischen 1931 und 1940. Foto: Slg. Thomas Kretschmer

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Singende, rufende Stimmen und hüpfendeSchritte – das sind Geräusche, die oftmalshier zu hören sind. Herumlaufende Kinder,die entdecken und lernen. Ein Bild, das ver-mutlich seit Gründung bis heute auf demPausenhof der Wesselbachschule zu sehenist. Nur die Zeiten und damit verbundenenLebensumstände, die manchmal sogar eherals Zustände zu beschreiben waren, sindandere. Die Wesselbachschule ist seit 1968eine katholische Grundschule. Eine Schulemit einer langen Geschichte. In den zugäng-lichen Quellen steht geschrieben, dassbereits ab dem 17. Jahrhundert Lehrerin unterschiedlichen Schulgebäuden ihrWissen vermittelt haben.1) Den Mittelpunktdieses Beitrags stellt die freilich nochjunge Geschichte der GS Wesselbach dar,die beinahe 60 Jahre nach der Errichtung desGebäudes am Neuer Schloßweg begann.

Im Jahr 1908 entstand das neue Gebäude,welches bis heute mit seinen alten Gemäuernins Auge fällt. Grund für den Neubau war dieKnappheit der Schulräume am alten Stand-

ort.2) Der Architekt der Wesselbachschule warAlbert Loose. Albert Loose hat zahlreicheGebäude und Wohnhäuser in Hohenlimburgentworfen, die meist durch auffällige Fassadenund durch ein Jugendstil geprägtes Aussehencharakterisiert waren.3) Wie in der Schulchro-nik des Lehrers und ehemaligen VHS-LeitersErich Jaeck „300 Jahre Limburger evange-lische Volksschule“ zu lesen ist, war dieWesselbachschule seit dem Statut für die„Limburger Schule“ (ihre Vorläuferin an derSchulstraße) vom 1. 4. 1903 eine städtische all-gemeine Volksschule. Bekannte Lehrer, die ab1908 noch bzw. neu an ihr unterrichteten,waren die Rektoren Quade und Pleugersowie die Lehrkräfte Konrektor Ibing, dieLehrerinnen Möller und Schütz oder dieLehrer: Blecher, Soennicken, Stemann undWeischede.4)

In den 30er Jahren und bis 1945 sind wegender verlorenen Unterlagen aus dem DrittenReich wenig Fakten bekannt. Seit April 1945ruhte der Schulbetrieb, da die Schule vonFlüchtlingen belegt war, wie man mir sagte.

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Tina Manfraß

Über 100 Jahre: Wesselbachschule

Schloßberg mit Wesselbachschule (links unten) Postkarte um 1920

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Am 1. Oktober 1947 begann an der städti-schen Wesselbachschule wieder der Unter-richt mit zwei Schuljahrgängen. 189 Schüler5)

waren es insgesamt. Die anderen Räume inder Schule waren teilweise noch bewohntoder wurden für Behördenzwecke benutzt. ZuBeginn des Jahres 1948 wuchsen erstmalsdie Schülerzahlen auf 318 Kinder, die in6 Klassen-Gruppen und vier Räumen unter-richtet wurden. Neue Lehrer wurden eben-falls eingesetzt.

Am 3. Dezember 1948 war das gesamteGebäude wieder im Schulbetrieb. Die Schüler-zahl betrug 493. Die Schule entwickelte sichnun rasch fort. Im Jahr 1949 konnte als beson-derer Erfolg erstmalig für die Schüler eineigener Schulküchenbetrieb mit Speisemög-lichkeit angeboten werden.6)

Das waren Ereignisse an der damaligenGemeinschaftsschule Wesselbach. Sie zeigen

aber auch die deutliche Entwicklung dieserSchule. Der zweite Teil dieses Artikelsspiegelt nun eher die jüngere Vergangenheitwider. Dinge, die vermutlich manchem Leserbekannter sind als die Erlebnisse der Schülerin den Nachkriegszeiten.

Nach dem Gesetz zur Reform des Schul-wesens in NRW (in Kraft ab 1. 8. 1968)wurden alle Volksschulen zu Gunsten vonGemeinschaftsschulen der Typen Grund-und Hauptschulen aufgelöst. Das traf diekatholische Gemeinde im Weinhof mit ihrerKonfessionsschule hart. Da das Gesetz dieOption auf eine konfessionelle Grundschule(1.-4. Schuljahr) offen hielt, gelang es derkatholischen Gemeinde durch eine reguläreAbstimmung im Rathaus mit einem positivenVotum von 95% der infrage kommendenEltern, diese Konfessionsgrundschule zuermöglichen. So konnte im Rahmen einerSchulneuordnung zum 1. 8. 1968 die „Katho-

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Das Schulgebäude mit dem neuen Anbau im Süden Foto: Peter Mager, 20. 6. 2009

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lische Grundschule Wesselbach“ eröffnetwerden. Als Schule für ganz Hohenlimburgwar sie damals durchgehend zweizügig.

In den Jahren 1968-96 fanden in der nun-mehr katholischen Grundschule Wesselbachzahlreiche Entwicklungen und Ereignissestatt, über die in den Medien berichtet wurde,wodurch ein guter Zugang für die Recherchemöglich war. Ein neuer Mann betrat alsSchulleiter das Schulgelände in der Wessel-bach. Reinhard Brauckmann löste am09. 04. 1986 seinen Vorgänger FerdinandNetzeband, der ebenfalls langjährig Schul-leiter war und zu einem späteren Zeitpunktnoch erwähnt wird, ab und wurde neuerRektor. Geprägt durchsein pädagogisches Stu-dium, seine zuvor beruf-lichen Schritte alsPolizeibeamter, vor allemaber durch seine Nähezum Glauben, führte ihnsein neuer Weg zurkatholischen Wesselbach-grundschule. Brauck-mann brachte ein regesTreiben mit neuen Rich-tungen an die Schule. Inseinen ersten Interviewshob er besonders dieOffenheit der Schule7)

hervor und berichteteüber die griechischenKinder und den damitverbundenen griechi-schen Lehrer, der an derWesselbachgrundschuletätig war.8) ZahlreicheSchulfeste, Sommerfesteund Trödelmärkte fandenin den nächsten gut zehnJahren statt. Dabei stan-den Musik, Modenschau-en, Ritter- und Märchen-spiele etc. im Mittelpunktder Feste. Immerzu wur-den aber auch griechischeund italienische Traditio-nen in unterschiedlichs-ter Form mit in dieFeierlichkeiten integriert.

Im Jahr 19959) war sogar „Europa“ daszentrale Thema des Schulfestes. Sicherlichwegen der griechischen und italienischenWurzeln der Kinder an der Schule, aberauch vor allem um den Kindern die Einheitder Welt mit ausländischer Musik, Tänzenund Köstlichkeiten nahe zu bringen. DasInteresse von Zuschauern war riesig.

Aber nicht nur feierliche Momente standen inden nächsten gut zehn Jahren im Vorder-grund. Der Schulweg der Kinder zur Wessel-bachschule nahm großen Raum bei allenBerichtserstattungen ein. Viel zu schmaleGehwege, parkende Autos – trotz Verbots andiesen Straßen und die damit verbundenen

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Überquerungen der Straßen – bringen dieKinder in ernst zu nehmende Gefahren.Zudem ist der Weg zum Sportunterricht ander Jahnstraße so besorgniserregend, dassdie Lehrer ihn mit Erstklässlern gar nichtmehr wagen, sondern den Musikraum fürden Sportunterricht nutzen. Brauckmannsetzt sich mit zahlreichen Initiativen für eineBesserung der Bedingungen ein. Die Stadtund die Bezirksregierung wurden gerade imJahr 1990 direkt durch einen offenen Briefund die persönliche Übergabe einer Unter-schriftenaktion durch betroffene Eltern bzw.die Schulpflegschaft mit der Größe derGefahren konfrontiert. Gefordert wurdenvon Brauckmann und anderen ein Buspen-deldienst, ein striktes Halteverbot für Autosund ein Zebrastreifen für das Überqueren derStraße. Für das Letztere setzte sich auch derBürgerverein Wesselbach10) im Jahr 1990 ein,und sammelte über 600 Unterschriften fürzur Schaffung eines Zebrastreifens. Verände-rungen fanden leider nicht statt. Folglichsahen die Eltern die Notwendigkeit zu rea-gieren und bauten einen Eltern-Lotsendienstauf. Ab dem 17. September 1996 wechseltensich täglich 20 Eltern ab und sicherten somitdie zahlreichen Gefahrenstellen der Schul-wegstrecke eigenständig ab. Dafür wurdensie mit Kappe, Weste und Kelle ausgerüstet.Ein Thema, das die Wesselbachschule bisheute noch beschäftigt. Der Eltern-Lotsen-dienst an der Wesselbachschule sowie am„Platz der 7 Kurfürsten“ besteht fort.

Zur Entwicklung der Schülerzahlen in denJahren 1986 bis Ende 1998 ist noch zuerwähnen, dass diese von 240 auf 265 anstie-gen. In den Projektwochen der Schule in die-sem Zeitraum setzten sich die Schüler mitvielen kreativen Dingen wie Malen, Basteln,Tanz, Theater oder Singen auseinander,was sogar dazu führte, dass im August 1990eine Klasse in einem Malwettbewerb zum30-jährigen Bestehen der Städtepartner-schaft11) Liévin und Hohenlimburg den1. Platz erhielt. Was besonders Freudemachte, war, dass in den vielen Veröffent-lichungen über die Projektwochen oder dieTage der offenen Türen gerade die Kinderbzw. die Schüler voller Begeisterung über dieThemen und gar ein wenig stolz auf ihre

Projektergebnisse waren. Dies ist sicherlichvielen Verantwortlichen der Wesselbach-schule zu verdanken.Der Blick in die jüngste Vergangenheit (1999-2008) der Wesselbachgrundschule knüpft andiese Traditionen an. Die Schüler und Lehrerentführen mit ihren kreativen Aufführungen,egal ob Theater und gar ein Abend im „ZirkusFridolin“, die Zuschauer in die Welt derFreude und Phantasie.Auf der anderen Seite engagieren sich auchdie Eltern und der Förderverein der Wessel-bachschule12) für die „Dinge der neuen Zeit“.Computer werden angeschafft, und somitwird den Kindern viel Nähe zur Realitätdes Arbeitsalltags geboten. Aber auch derSchulweg bleibt in der jüngsten Vergangen-heit für die Eltern und Lehrer ein Thema.Durch die rege Beteiligung der Eltern undLehrer werden kurzzeitig zwar meist Ansätzegefunden, die eine Minderung mancherGefahren bewirken, allerdings werden keineGrundentscheidungen getroffen, die Pro-bleme lösen können, wie z.B. die Schaffungeines Zebrastreifens.Auch ist immer ein Stück weit die Religionein zentrales Thema in der GrundschuleWesselbach. Dabei geht es nicht darum,allein den katholischen Glauben in den Mit-telpunkt zu setzen, sondern den Glaubengenerell den Schülern in ihrer Sprachelohnenswert und kostbar zu machen. Seien esdie bunten Gottesdienste in der St. BonifatiusGemeinde, die Weihnachtsfeiern, z.B. auch imAWO-Seniorenheim, oder gerade der leben-dige Religionsunterricht in der Schule, derden Schülern Raum für die unterschiedlichenSichtweisen des Glaubens gibt.13) 14)

Unteilbar verbunden mit der Wesselbach-schule ist Ferdinand Netzeband, der auch imVerein für Orts- und Heimatkunde Hohen-limburg e.V. engagiert war. Ende 2008 stirbtder bereits im Ruhestand stehende und lang-jährige Schulleiter,15) mit dem auch nachseiner Dienstzeit an der Wesselbachschuleimmer ein reger Kontakt bestand.Im Mai 2008 wird erstmalig der Begriff „akti-ver Pausenhof“ mit der Grundschule Wessel-bach verbunden. Der eigentliche Grund istder Wunsch der Schüler, den einzigen Spiel-

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platz in der Schulnähe (ehemaliges Theis-Gelände) zu erneuern. Da der Spielplatz aberfür Kleinkinder ausgerichtet ist, liegt derGedanke nahe, für die Schüler einen anderenOrt zu nutzen, und warum nicht gleich denPausenhof? Eine Aktion, die die Schule seitdiesem Zeitpunkt auch gegenwärtig nochbeschäftigt und in kleinen Schritten Neuge-staltungen mit sich bringt. Mitte 2008 ver-lässt der langjährige Schulleiter ReinhardBrauckmann die Wesselbachschule und gehtin den wohlverdienten Ruhestand. In seinen22 Dienstjahren hat er zahlreiche Projekte,Feste, Initiativen der Schule ins Leben geru-fen. Und manchmal war es einfach nur seinegeduldige und ruhige Art, gemeinsam mitden Lehrern und natürlich auch mit denSchülern, am Schulalltag mit all seinenFacetten mit Freude zu arbeiten. Im August2008 stößt Jens Homberger als neuer kom-missarischer Schulleiter auf die Wesselbach-schule und wird offiziell ab dem 1. Februar2009 Schulleiter der katholischen Grund-schule. Auch Homberger führt das engagierteAuftreten der Schule weiter. Die Feste undInitiativen werden weitergeführt und lebenvon den interessierten Lehrern, Eltern, aberauch den Schülern. Eine neue Verbindungbauen die Schüler zur der populären SportartBasketball auf. Die Schüler der Wesselbach-schule können an einer Basketball-AG16) teil-nehmen und die bekannten und so beliebtenBundesliga-Basketballspieler von PhoenixHagen17) besuchen.Darüber hinaus setzte sich Homberger bereitskurz nach seinem Antritt bis ins Jahr 2009auch mit schwierigen Themen der Zeit aus-einander. Verlagerung oder gar Schulschlie-

ßung stand für die Wesselbachschule zur Dis-kussion. Doch durch zahlreiche AktivitätenHombergers und seines Lehrerkollegiums,die auch durch den Förderverein, Eltern unddurch die Schüler in ihrem Handeln unter-stützt wurden, konnte das Vorhabenzunächst abgewendet werden.Ein Rückblick setzt immer Zeichen, erinnertuns an die Vergangenheit und schafft einenAusblick für die Zukunft. Die Verfasserin die-ses Beitrages wünscht der katholischen Wes-selbachschule weiterhin die Energie, Freudeund Ausdauer aller Beteiligten, auf dieZukunft zuzugehen und an die wundervollenEreignisse anzuknüpfen.__________________1) Vgl. Jaeck (o.J.), 300 Jahre Limburger ev. Volksschule, S. 1-2.2) Vgl. Bleicher, W. (1979), 750 Jahre Hohenlimburg. S.2533) Vgl. Hanemann, I. / Holtmann, P. (1994), S. 41-48.4) Vgl Schulchronik Wesselbachschule (1939), S.184; Vgl. Wikipe-

dia (2010) http://de. Wikipedia.org/wiki/Simultanschule5) 75 Schüler des zweiten und 114 Schüler des dritten Schuljahres.

Damals, nach dem Kriege unter den Rektoren Pleuger und Dep-pendorf, war die Wesselbachschule wie eh und je noch eine städ-tische Gemeinschaftsschule.

6) Am 16. August 1949 erfolgte die Eröffnung des Küchenbetriebes.7) Damit ist gemeint, dass die seit 1. 8. 1968 existente katholische

Grundschule Wesselbach auch für andere Religionen grundsätz-lich „geöffnet“ war.

8) Jacobs (1986), Presseinterview9) 27.05.199510) http://www.buergerverein-wesselbach.de/ (abgerufen 5. Juni

2010)11) http://www.holibru.eu/ (abgerufen am 5. Juni 2010)12) http://www.grundschule-wesselbach.de/ (abgerufen 5. Juni 2010)13) Vgl. Homberger, J. - Schulchronik (2010), S. 1.14) Beispielsweise besuchen 2 Basketballspieler von Phoenix Hagen

den Religionsunterricht der Wesselbachschüler und sprechenüber ihren Glauben und Nähe zur Religion.

15) http://www.heimatverein-hohenlimburg.de/wirueberuns/nachruf/index.html (abgerufen 5. Juni 2010)

16) Die Basketball-AG entstand in Zusammenarbeit mit PhoenixHagen und dem THG (Theodor-Heuss-Gymnasium, Hagen),http://www.thg-hagen.info/ (abgerufen am 5. Juni 2010)

17) http://www.phoenix-hagen.de/ (abgerufen 5. Juni 2010)

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Zwei Häuserin der Wesselbach

Zu verschiedenen Zeitenzwischen 1958 und 1959muss Hohenlimburgs rühri-ger Chronist Rudolf Antediese drei Fotos geschossenhaben. Sie zeigen die heutenoch in veränderter Formim oberen Tal existierendeDoppelhaus-Szenerie mitder ehemaligen Gastwirt-schaft Gustav Lueg (um1910) im Nordteil (r.). Siehaben eine bewegte Ein-wohnergeschichte hintersich von Loose bis Böing,von Wahlmann bis Ribbertund wurden z.B. von MalerTilmann für ein Drahtge-webe mit Wasserrad amHaus benutzt. Ob dieHäuser die Position derDrahtrolle Wessel Lappen-bergs angeben, ist bis heutenicht geklärt.

w.b.

3 Reprofotos:Sammlung W. Bleicher

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Blick aufs LolochtalIm Jahre 2006 (H.5, S.156-167) hat Wilhelm Bleicher über das Lolochtal einiges geschrieben.Der Dortmunder Maler Richard Röder muss am 28. 11. 2005 wohl die herbstliche Idylle diesesNebentälchens vom Wesselbachtal gespürt haben, dass er Stift und Pinsel zur Hand nahm, umdiesen Zustand zu verewigen. Lo(h)loch bedeutet Waldloch. Das Wesselbachtal hat noch zweisolcher Waldtäler, die aber wegen ihrer modernen Bebauung längst nicht so anziehend wirken:die Zone am Dubberg-Siepen und jene am Hierseier Siepen. Dort stand 1928 noch kein Haus.

Telefon-Anlagen

Alarmanlagen

Sat-Anlagen

Video-Überwachung

EDV-Netzwerke

Torantriebe

Nachtspeicher

Solar-Anlagen

Klimaanlagen

Forstweg 1058119 Hagen-Hohenlimburg

� (0 23 34) 16 16

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Begonnen hat die Geschichte des einstigen„Alten-und Ledigenheim” mit der Planung imJahre 1957. Nach großen Schwierigkeiten mitder Finanzierung und deren Überwindungdurch großzügige Unterstützung durch dieStadt Hohenlimburg, konnte die damaligeVorsitzende der Hohenlimburger AWO,Martha Müller, im Oktober 1958 mit dem ers-ten Spatenstich den Baubeginn einleiten.

Das Haus wurde im Mai 1959 gerichtet undam 09. März 1961 als bezugsfertig demAWO-Ortsverband übergeben. Die Kostenbeliefen sich damals auf 1,5 Millionen Mark.Wenn auch der AWO-Bezirksverband alsBauherr fungierte, hatte er die Steuerungund Ausführung des Bauvorhabens demHohenlimburger Ortsverein, und damit-Martha Müller, verantwortlich übertragen.

Im Juli 1968 erfolgte die Übergabe einesAnbaus, der die Vergrößerung von Tages- undSpeiseräumen ermöglichte. Auch dieursprüngliche Bettenzahl des Hauses konntevon 70 auf 110 erweitert werden.

1986 glich das damalige Seniorenheim „HausWaldfrieden” einer Großbaustelle, vermitteltenicht die Ruhe, die man am Waldrand erwar-tete. Ein Um- und Ausbau war abermals not-wendig geworden, um das Gebäude einemneuen Standard und den gesetzlichenBestimmungen anzupassen. Mit dieserErweiterung konnte jedoch erst nach Fertig-stellung des Seniorenzentrums Elsey amTrappenweg begonnen werden, da ein Groß-teil der Bewohner baubedingt dahin umzie-hen musste. Durch den Einbau von Duschenund Toiletten wurde die alte Bettenkapazitätjetzt nicht mehr erreicht. In Einzel-undDoppelzimmern war künftig nur noch Platzfür 72 Senioren. Zu den umfangreichen

Erweiterungen gehörte damals die Moderni-sierung der Küche und der Aufzüge. JedeEtage erhielt einen Speise-und Aufenthalts-raum. Die Fertigstellung erfolgte in zweiEtappen. Der erste Bauabschnitt wurde imFrühjahr 1987 belegt, der zweite im Herbst.

In diesem Jahr (2010) wird der Waldfriedenabermals gestört und das zum Seniorenzen-trum Hohenlimburg gewordene Haus – seit2000 sind das Martha-Müller-Haus mit jetzt68 Plätzen und Haus Elsey mit 60 Plätzenorganisatorisch unter einem Dach – voll-ständig saniert. Geschätzter Baubeginn istSeptember 2010. Mit der Fertigstellung2012 wird die Teileinrichtung in Elsey alsPf1egebetrieb aufgegeben und das Haus amWesselbach auf 84 Betten aufgestockt.

Ziel ist ein modernes voll stationäres Senio-renzentrum mit 80% Einzelzimmeranteil,komfortablen Bädern und Milieutherapie-räumen in jeder Etage. Ein kleines Café undein geschützter Gartenbereich werden dieAnlage, auch für eine gewachsene Anzahl vonKurzzeitpflegegästen, ergänzen.

„Der gute Ruf des TÜV-zertifizierten Senio-renzentrums wird damit endlich durch eineentsprechend attraktive Erscheinung imStadtteil ergänzt,” freut sich Ulrich Kisker,Leiter des Seniorenzentrums.

52 Jahre Arbeiterwohlfahrt im Wesselbachtal – vom Ledigenheim zum Seniorenzentrum Hohenlimburg

SeniorenzentrumHohenlimburg

Wesselbachstraße 93-97 • 58119 Hagen-HohenlimburgTrappenweg 8 + 10 • 58119 Hagen-Hohenlimburg

Fon 0 23 34 / 44 25 - 0 • Fax 0 23 34 / 44 25 - [email protected] • www.awo-ww.de

Sicher, geborgen und

zu Hause

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Zwei SteineDes Menschen-Gedenken (ohne Hilfe vonMedien) ist kurz. Die Trauer, aber auch der„Ruhm wie alle Schwindelware“, so WilhelmBusch, halten „selten über 100 Jahre“.

So ist es auch mit den zwei mit Namenbeschrifteten Sandsteinen1) in der langen undzweiteiligen Böschungsmauer aus schariertengroßen Bruchsteinen unterhalb der Wessel-bachschule.

Der unterste der beiden Steine ist gegenüberdem Hause Wesselbachstraße 8 (Reda) in dieMauer eingelassen und trägt die Inschrift„W. Krieger, A. Krieger 1889“. Der zweiteStein in etlichen Metern Entfernung ober-halb an der Straße liegt etwa gegenüber demHaus Wesselbachstr. Nr. 10a2). Der ebenfallsrechteckige Stein trägt die Inschrift „W. Krie-ger 1888“.

Die Steine, das war in Hohenlimburg immerklar, erinnern an Mitglieder der dort auchheute noch verbreiteten3) Familie Krieger inHohenlimburg. Bürger im Wesselbachtalkönnen sich noch an zwei Familien dort ander alten Wesselbachstraße erinnern, zweiBrüder namens Wilhelm und Walter, die imHause Nr. 31 einen Lebensmittelladen bzw.dahinter eine Schreinerei betrieben4).

Aber es gab auch noch weitere Familien in„Limburg“. Steine im Wesselbachtal müssenja nicht an Wesselbacher Familien erinnern.Die Kopien der alten Kirchenbücher derEv.-lutherischen Kirche zu Elsey im Ge-meindeamt im Lutherhaus geben da einigeAuskunft, wenn man sich der Mühe derNachforschung unterzieht.

Zumindest zwei GruppenZumindest zwei Familien-Gruppen Kriegersind um die Jahrhundertwende bzw. zuBeginn des 19. Jahrhunderts mit derIndustriealisierung aus dem Siegerlandnach Hohenlimburg gekommen. Zwei Haupt-Eintragungen sollen besonders herausge-stellt werden.

Am 9. Juli 1888 stirbt um 3 Uhr nachmittagsim Wesselbachtal an Altersschwäche derSchreiner Heinrich Krieger, der am 12. 7. 1888in Elsey begraben wird5). Er war verheiratetseit dem 12. 9. 1829 mit Wilhelmine Boeckerund hatte z. B. die Geburt der TochterHenriette Lisette am 3. 2. 1833 verzeichnenlassen.

Heinrich Krieger war bei seinem Tode Witwerund hatte die Schreinerei längst an seinengleichnamigen Sohn übergeben. Er selbst warder Sohn der „unverehelichten Marie Elisa-beth Krieger“6), die die Tochter des verstorbe-nen Siegener Bürgers Hans Heinrich Kriegerwar.

Heinrich Krieger jun., von Beruf ebenfallsSchreiner, hatte Luise Breucker „aus derWesselbach“ geheiratet. Am 5. 4. 1866 gebarihm seine Frau den Sohn Carl Heinrich, deram 21. 4. 1866 getauft wurde, wobei CarlHeinrich Ribbert aus der Nachbarschaft dererste der drei Paten war.7)

Ein zweiter Familienzweig der Krieger ausSiegen wohnte in der „Freiheit Limburg“.

Am 7. 10. 1865 wurden „copuliert“ in derreformierten Kirche in Hohenlimburg derBürstenmacher Hermann Krieger, derdamals 44 1/2 Jahre alt war und eine zweiteEhe nach dem Tod der ersten Frau mit derWwe. Luise Maus geb. Winter aus derNahmer einging8). Die Eltern des Manneswaren der verstorbene Wollenweber AugustKrieger und Elisabeth Krieger aus Siegen.Hermann wurde am 11. 3. 1821 noch inSiegen geboren. Das Paar scheint keineKinder bekommen zu haben, dagegen gibt esvon den Kindern aus der 1. Ehe Nachrichten.Am 26. 1. 1875 wird ein Mädchen namensWilhelmine Luise geboren, das – nur8 Monate und 24 Tage alt, am 20. 10. 1875an „Darmverengung“ verstirbt und am23. 10. 1875 in Elsey begraben wird. DieEltern sind der Bürstenmacher WilhelmKrieger und seine Frau Amalie, geb. Dornis,aus der Stadt. Weitere Ereignisse aus derFamilie des Wilhelm Krieger sind tragische

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Wilhelm Bleicher

Die Krieger-Steine

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Totgeburten, so 1870, 1871, 1872 und 18739).1874 wird ein Junge namens Johann Hein-rich Wilhelm geboren, 1875 ein Mädchennamens Wilhelmine Luise sowie 1880 einePauline.Auf welche Linie der Kriegers muss nun derEinbau der Inschriftensteine bezogen wer-den? Seit vielen Jahren rätseln schon dieWesselbacher Bürger und HohenlimburgerHeimatfreunde darüber, was die zweiGedenksteine, denn das sind sie ohneZweifel, in der Stützmauer zu bedeutenhaben.Eine Anfrage von Herrn Peter Spohr, demVorsitzenden des Wesselbachvereins, beim„Historischen Centrum“ der Stadt Hagenerbrachte die Fakten, dass im Archiv derStadt Hagena) Protokolle der Verhandlungen der städt.

Wege- und Baukommission erst ab demJahr 1898 verfügbar sind,

b) Unterlagen der Baudeputation erst ab1927 existieren,

c) Unterlagen der Bauverwaltung erst mitdem Jahr 1934 einsetzen,

d) bei den vorhandenen Unterlagen zumKommunal-Etat der Stadt Hohenlimburgsich keine Einträge über Arbeiten in derWesselbachstraße um 1888/8910) fanden.

Allerdings ist durch Mitteilung im „DerGemeinnützige“ vom 24. 11. 1880 bekannt,dass die Stadtverwaltung in Hohenlimburgein Ortsstatut erließ, nach dem gemäß § 5 dieAnwohner bei einem Straßenausbau dieKosten für Pflasterung, Einfriedung vonBöschungen etc. selbst zu übernehmenhaben.Die Leiterin des Historischen Zentrums bzw.der Archivleiter geben abschließend alsErgebnis ihrer umfangreichen Recherchefolgende Antwort, nämlich, „dass die auf demBild zu sehende Mauer höchstwahrscheinlichim Zusammenhang mit der Verbreiterungund Pflasterung der Wesselbachstraße steht,die zwischen 1884 und 1889 betrieben wurde.Laut dem 1880 veröffentlichten Ortsstatutwaren die Anwohner verpflichtet, die Kostenfür derartige Arbeiten zu übernehmen. Offen-bar besteht der Zusammenhang, dass die inder Wesselbachstraße ansässige SchreinereiWilhelm Krieger die Mauer finanziert hat.“11)

Diese Ferndiagnose ist nun leider nichtzutreffend, da die Schreinerei Krieger weiteroberhalb, aber in der alten Wesselbachstraßelag und nicht im Zuge des „neuen Weges“. DerName Wilhelm taucht im WesselbacherZweig anscheinend erst im 20. Jahrhundertauf.

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Im 19. Jahrhundert kann er eigentlich nurmit dem Baugeschäft Wilhelm Krieger in derStadt verbunden werden. So jedenfallsberichtete mir der längst verstorbene hoch-belesene und erfahrene ehemalige Bücherei-leiter Ernst Saltmann aus Hohenlimburg,den ich 1976 interviewte.

Er wird bei der Namenskontinuität Wilhelmim Limburger Zweig sicher Recht haben. Ernannte mir zwar die Namen Walter und AnnaCaroline für den unteren Stein. Aber wir neh-men jetzt an, dass die Inschrift sich auf dasEhepaar Wilhelm und Amalie geb. Dornis ausLimburg bezieht (1889). Deren Sohn Wilhelmwar nach Ernst Saltmann der Inhaber desBaugeschäftes und hat den ersten wie denzweiten Stein einsetzen lassen. Der Bezugdes Steines von 1888 wurde mir von ErnstSaltmann allerdings im Kontext mit dem ers-ten Weltkrieg und irgendeinem Todesfall dar-gestellt. Ich habe in Erinnerung, dass er erstnach Fertigstellung der Wesselbachschule1908 noch 1918 eingesetzt worden sei.

Schade, dass ich da zu wenige klare Erinne-rungen an Saltmanns Darlegungen habe. Einpapierenes Gedächtnis wäre hier förderlichergewesen. Aber vielleicht findet sich nochetwas im „Der Gemeinnützige“.

___________________

1) ordentliche Steinmetzarbeit; leider blättert der von Natur oftschichtige Sandstein schon ab. Fotos im Artikel: W. Bleicher,12. 07. 2010

2) Haus von „Marie-Luise und Maximilian; im Hinterhof an derehemaligen nun gesperrten Bachstr. befindet sich die FirmaSchuster & Partner; mindestens seit 10 Jahren schon.

3) Vgl. z.B. 4 Eintragungen im Telefonbuch von 2006/2007.

4) Der eine der Brüder fiel im Zweiten Weltkrieg; das Lebensmit-telgeschäft existierte noch in den 50er Jahren des 20. Jhs.

5) Die Grundlage des Predigttextes in der Elseyer Kirche war derVers 18 des 1. Buches Mose, Kap. 25: „Und sie wohnten vonHevila an bis gen Sur vor Ägypten und bis wo man nach Assy-rien geht. Er ließ sich aber nieder gegen alle seine Brüder.“ Hatder Pfarrer, was man getrost unterstellen darf, hier eineAnspielung verborgen, so verweist das auf einen Konflikt inder zahlreichen Verwandtschaft der Krieger.

6) Später heiratete sie den August Krieger, mit dem sie wohl nursehr entfernt verwandt war.

7) Es würde zu weit führen, hier alle Geburten aus dem Wessel-bachtal zu verzeichnen. Beispielhaft seien genannt: 1864 dieTochter Henriette Wilhelmine; 1866 der Sohn Carl Heinrichs.o.; 1868 die Tochter Henriette Luise; 1870 der Sohn WilhelmHermann; 1876 der Sohn Hermann Heinrich und 1885 einKnabe, der vor der Taufe verstarb (†25.4.1885), weil er nichtlebensfähig war. Er wurde am 29. April auf dem Elseyer Fried-hof „still beigesetzt“.

8) Die Braut war am 22. 12. 1833 geboren, also 32 Jahre alt, unddie Tochter des Maurers Christian Winter und der WilhelmineMöller aus der Nahmer. Winters Haus lag und liegt an derunteren Wilhelmstr. rechts hinter dem „Gasthof zum Adler“.

9) Auch der Bruder Wilhelms in der „Freiheit“ namens Heinrichhat 1875 eine Totgeburt zu verzeichnen und 1873 und 1882 dieGeburten der Mädchen Ida und Emma Emilie. Eine weitereFamilie gründete um 1860 Friedrich Krieger in Limburg.

10) Vgl. Brief der Leiterin des „Historisches Centrum“ vom1. 2. 2010.

11) Brief der Leiterin des „Historisches Centrum“, S.1-2 vom1. 2. 2010

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Auch das Schöne muss sterben . . .Im Jahre 1971 hatten Hohenlimburgs Stadtväter trotz der Proteste des Heimatvereins denAbbruch der ehemaligen Besitzung Fritsch/Heidsieck/Funke, Ecke Herrenstraße/Kaiserstraße,aus verkehrstechnischen Gründen beschlossen. Der Kaufmann Andreas Fritsch hatte dasAckerbürgerhaus mit drei Nebengebäuden (Schuppen und Lager, später Einliegerwohnungen)um 1800 gegenüber den sogenannten „7 Kurfürsten“ übernommen und den herrlichen Baum-garten mit Rosenbeeten hinter einer soliden Bruchsteinmauer einrichten lassen. – Heute liegtdort der „Platz der 7 Kurfürsten“. Repro-Foto von 1935; Slg. W. Bleicher

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Ein Bild voller ErinnerungenDa wo im Wesselbachtal die Herrenstraße in die Wesselbachstraße/Neuer Schlossweg übergeht,lag einst – schon oberhalb der eigentlichen alten „7 Kurfürsten“ – ein schönes Fachwerkensemblemit der alten Synagoge von 1870 im Hintergrund. Das Foto vom 20. Mai 1958 zeigt zur Linkennoch das Fachwerkhaus von Julius Stern, vorn mittig traufseitig das Haus des Bäckers PeterBrenne, später Gastwirtschaft Knapp (7 Kurfürsten). Rechts, am Aufgang zur Jahnstraße(früher Eggestraße), die Besitzung von Michael und Feist Cain (nach 1930 Biendara). DiesesFachwerkhaus und das von Grunwald (vorn rechts) sind übrig geblieben.

Repro-Foto: Slg. W. Bleicher

Federn- und MetallwarenfabrikTelefon: (0 23 34) 96 13 57Telefax: (0 23 34) 96 13 96Internet: www.loebke-federn.deE-mail: [email protected]

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Die SchloßbrauereiDas schöne Foto der ehemaligen Schloßbrauerei von Karl Nerge und Karl Lücke zeigt heuteein Werkhof-Gebäude. Über die Geschichte beider Institutionen schrieb W. Bleicher in dieserZeitschrift 1978 und 2005. Heute bietet sich das Gebäude, in das der Werkhof 1985 einzog, sovon Süden hinter dem neu geschaffenen Platz der „7 Kurfürsten“ dar. Die zwei Firmenkopf-bögen vom 31. 12. 1905 und vom 6. 10. 1911 zeigen noch einmal, wie sich der ehemalige Zustandder Bebauung zwischen 1905 und 1907 im Bereich Schulstr./östl. Herrenstr./Kaiserstraße ver-änderte durch den Neubau dieser größten einstigen Privatbrauerei Hohenlimburgs.

Foto: Peter Mager

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„Bei uns wird alles noch mit der Handgemacht. Alles“, sagt Michael Grobe. Undseine Schwester Annette Rosenthal, Mit-Inhaberin des Familienbetriebes, ergänztzustimmend. „Bei uns gibt es keine Backmi-schungen.“

So ist die Bäckerei ein Kleinod in der heutigenLandschaft der Großbäckereien. Hier, ander Jahnstraße, unterhalb des fürstlichenSchlosses und somit am Tor zum Wesselbach-tal, ist der Kunde noch König. Und das imwahren Sinne des Wortes. Hier wird jederfreundlich begrüßt und freundlich bedient.Egal, ob er ganz normale Brötchen, das weitüber Hohenlimburg bekannte und prämierteEckige, Puddingplätzchen oder eine Sahne-torte kauft. Und das seit mehr als fünfzigJahren.

Es war das Jahr 1957, als Walter und MartaGrobe die kleine Bäckerei von Onkel Rudolfübernahmen. Seither ranken Anekdoten undLegenden um den Familienbetrieb. So soll Ehe-frau Marta in den 60er Jahren ihren Mann,bei den Spielen des SV Hohenlimburg 10 inder Weinhof-Kampfbahn, auch schon mal

vom Stadionsprecher haben ausrufen lassen:„Walter Grobe nach Hause kommen. DieSahne ist alle.“

So ist die Bäckerei ein Stück HohenlimburgerGeschichte. Und in diesem Bewusstseinpflegen sie die Tradition, so auch an jedemMontag in der Gaststätte Haus Busch an derLohmannstraße, wenn sie sich mit Freundenzum Stammtisch treffen. Oder bei den Heim-spielen des ATS Nahmer, wenn Michael anden Tischtennisplatten um Punkte kämpft.

Walter und Marta Grobe sind jedoch beson-ders stolz darauf, dass Annette und Michaeldiese Tradition mit großer Liebe und Leiden-schaft zum Bäcker-Handwerk fortsetzen.Denn das hat für die Jahnstraßen-Anwohnerwahrlich nicht mehr den oft zitierten Gol-denen Boden. Die Zeiten sind schwierigergeworden. Zumindest in den zurückliegendendrei Jahren. Da hat die Dauerbaustelle ander Isenbergstraße so manchen Kundengekostet, weil die kleine Bäckerei phasen-weise nicht mehr an der wirtschaftlichenLebensader angeschlossen war. Jetzt blickenAnnette und Michael wieder zuversichtlich in

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Volker Bremshey

Die „kleine“ Bäckerei Grobe*)

Die „Grobes“: Michael Grobe, Annette Rosenthal, Marta und Walter Grobe vor der Bäckerei inder Jahnstraße Foto: Volker Bremshey, 15. Juli 2010

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die zweite Halbzeit. „Wir wissen schon denMonat, in dem die Baustelle abgeschlosssensein wird und der Verkehr wieder normalfließt. Wir wissen nur noch nicht das Jahr“,scherzte Michael im Frühsommer mit einergewissen Portion Bitterkeit darüber, was siein den zurückliegenden 36 Monaten erlebthatten.

Die Familie hat in schwierigen Zeiten zusam-mengehalten, insbesondere als Senior WalterGrobe im Juni 2010 einen Schlaganfall erlittund praktisch über Nacht nicht mehr zurVerfügung stand. Da lastete die Verantwor-tung, dass tagtäglich mit Ausnahme desSonntags die frischen Brötchen morgens um6 Uhr im Brötchenkorb lagen, urplötzlichallein auf den Schultern von Michael. Dersteht in jeder Nacht zwischen ein Uhr undzwei Uhr auf, um nicht nur Brötchen zubacken, freitags, weil samstags in vielenFamilien Brötchentag ist, sogar schon um22 Uhr, damit alle Kundenwünsche erfülltwerden können. „Die Brötchen werden nochmit der Hand gemacht. Dann werden sieknuspriger“, erzählt der 45-Jährige, der auchimmer mehr Vollkornprodukte ins Angebot

genommen hat. „Die Nachfrage danach ist inden zurückliegenden Jahren ständig gestiegen.“

Weit über Hohenlimburg hinaus bekanntsind auch die Schlosstorten, die Annette undMichael als besonderen Clou zu Kinderge-burtstagen zaubern und damit bei den Mäd-chen und Jungen für Begeisterung sorgen.

Aber auch „das Eckige“ ist legendär.1)

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*) Anmerkung der Redaktion: Ein ausführlicher Artikel über dieGeschichte der Bäckerei Grobe liegt vor im Maiheft 1998 (59. Jg.,S.173-191) dieser Zeitschrift aus der Feder von W. Bleicher.

1) Die Öffnungszeiten: Montags 6 Uhr bis 10 Uhr; dienstags bisfreitags 6 Uhr bis 12.30 Uhr; 14 Uhr bis 18 Uhr; samstags 6 Uhrbis 13 Uhr; sonntags 14 Uhr bis 16 Uhr.

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Liebevoll dekorierte Fensterfront im über 300 Jahre alten Fachwerkhaus in der Jahnstraße.Foto: Volker Bremshey, 28. Juni 2010

An der Kehle 40 · 58119 Hagen-Hohenlimburg

� 0 23 34 / 27 61

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Ehemaliger „Wasserturm” – oberhalb der Boeingstraße, erbaut 1885. Der achteckigeTurm steht auf einem quadratischen Sockelgeschoss und ist mit gelben und rotenZiegeln gemauert. Der Turm ist ein Zier-Aufbau auf dem Wasserbehälter im Erdreich(Kaverne). Foto: Peter Mager, September 2006

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Name und Bedeutung der BoeckersIm Septemberheft 2010 dieser Zeitschriftkonnten wir im Rahmen der Vorgeschichtedes 200-jährigen Bestehens der FirmaPhilipp Boecker-Deitenbeck (heute BWS) zei-gen, von welch überragender Bedeutung dieaus „der Nahmer“1) stammende FamilieBoecker im Nahmertal, für die Industrie desTales, speziell in der Drahtproduktion war. Esist hier einleitend nur kurz in Erinnerung zurufen, dass die riesig verzweigte Familie ausdem Gebiet an der „Fehrenschlacht“ in derUnternahmer stammt, dass Jacob Büecker„in der Fährenschlacht“ (ca. 1550 – 1620) derbisher älteste nachweisbare Vorfahr derNahmeraner Boeckers war und dass drittensder Name Boecker plattdeutsch Büecker

gesprochen wurde und den Arbeiter an der„Buecke“2), d.h. an der „Polterbank“, bezeichnet.

Nun bezeugen aber die Forschungen Her-mann Essers wie die Aufsätze über die soge-nannten „7 Kurfürsten“ in der Wesselbach ander oberen Herrenstraße südlich der Bahn,dass die Gräfin Magdalena zu Neuenahr,Limburg und Bentheim-Tecklenburg-Stein-furt mit ihrem Sohn, dem Grafen KonradGumprecht am 1. 11. 1612, (nach der Rück-gewinnung der Grafschaft durch Abzug der„Kölnischen Besatzung“) 7 alten Untertanenin der sogenannten „Freiheit“ Limburg(Bereich des sog. suburbiums) einige Privile-gien erneuert, Gebote aufstellte und Dienst-leitungen fordert. Zu diesen „Bürgern“ zählendie für unser Thema wichtigen Namen Engel-

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Wilhelm Bleicher

Von den Boeckers in der Wesselbach*)

Gebiet der sog. „7 Kurfürsten“ Federzeichnung Herbert Boecker, 15. 11. 1988

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bert Holthäuer, Tönnes und Franz Böcker3).Ein Nachweis der Verwandtschaft mit denNahmeraner Büeckers ist bisher nicht mög-lich. Das mag auch daran liegen, dass es einezweite Ursprungs- bzw. Deutungsmöglichkeitdes Namens Böcker/Böker von dem Wort„Buche“ her gibt4).

Die Boecker und ihre BesitzungenÜber die Lage der Häuser der sogenannten„7 Kurfürsten“ im Bereich der Herrenstraßehat Verfasser 1989 einiges gesagt5). Tönnesund Franz tauchen auch in den Schriftver-sionen Thönnis Diedrich oder Frantz Die-drich ohne den Boecker-Zusatz auf. 1989haben wir beweisen können, dass HoltheuersHaus im Winkel zwischen Herren- und Jahn-straße lag, dass Töns Dierichs Haus dasspäter Umbecksche daneben war und FrantzBüeckers Haus etwa beim Haus des MalersTilmann daneben stand (vgl. T1 a.a.O., S.34).

Die Abbildung von Herbert Boecker-Wind-feder 1988 zeigt also nur mit den 5 rechtsabgebildeten Bauten echte alte Hauspositio-nen der sogenannten „7 Kurfürsten“ (vonHellfeier bis Koest). Knapps Gastwirtschaftund das Heidsiecksche Haus links sind imLaufe der Geschichte nach 1610 hinzukommen.

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Das Haus auf dem Bauplatz von Boecker-Holtheuer Foto: Slg. W. Bleicher

Die Rolle von Boecker-Holtheuer in der Arche 1930 Foto: Slg. W. Bleicher

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Aber nun zurück zu den Holtheuers. DerName, der hochdeutsch Holzhauer lautenmüsste, geht noch vor Errichtung des Ur-katasters 18216) durch Einheirat einesBoecker in den Beinamen dieser Boeckerlinieüber, die auch als Boecker „im Tüünken“(Zäunchen) benannt wird. Denn vor demalten ehemaligen Fachwerkhaus südlich vonUmbecks Haus im Straßenwinkel lag einstein kleines Gärtchen, das natürlich mit demNeubau Ende des 19. Jahrhunderts ver-schwand.

Über die Familie Boecker-Holtheuer7) ist 1976im Artikel über die Industrie im Wesselbach-tal einiges gesagt worden8), so dass wir unshier nicht wiederholen müssen. Nur soviel seigesagt, dass aus der Boecker-Holtheuer-Familie Heinrich Boecker ein weiteres Hausim Tal „am Hohlen Wege“ etwas unterhalbder Bachstraße übernommen hat. Als Draht-produzent in der obersten Wesselbachrolle inder Arche (s. Abb.) tritt Joh. Peter Boecker gt.

Holtheuer ab 7. 10. 1822 auf. Seine ElternPeter Boecker sen. und Anna Louise geb.Sundermann besitzen das Holtheuer-Gut beiUmbecks seit 1789. Peter Boecker sen. warDrahtweber. Auch der Sohn von Joh. PeterBoecker jun. und Wilhelmine geb. Holzrich-ter, der Friedr. Wilhelm heißt, war wiederDrahtweber. Dessen Sohn Wilhelm erbt dieImmobilien und muss seine GeschwisterFritz, Carl, Ludwig und einige Schwesternabfinden.

Über die Familie des Drahtrollenbesitzers(Borggrefenrolle) Georg bzw. Jürgen Boeckerim späteren Umbeckschen Haus neben Holt-heuer9) ist mehrfach berichtet worden10).Friedrich Moritz Boecker, der letzte Boeckerim Umbeckschen Hause, war „Kratzendraht-produzent“.

Die Linie des Franz Diedrich Büecker im ehe-maligen Gässchen hinter Maler TilmannsHaus ist zur Zeit noch unbekannt.

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Zwei Firmenbriefköpfe von Hr. W. Boecker 1900 und 1913 Slg. W. Bleicher

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Im Bereich der unteren Wesselbach ist nichterst seit der Aufstellung des Urkatasters imspitzen Winkel zwischen Wesselbachstraßeund Neuer Schloßweg die Drahtrolle vonAdolf Wever, später Heinrich WilhelmBoecker, bezeugt. 1976 haben wir denReidemeister Heinrich Wilhelm Boecker(1885 – 1938) auch mit einem Foto vorge-stellt11). Heinrich Wilhelm Boecker wohnte indem schmucken Reidemeisterhaus „An derKehle 12“. Der Vater von Hr. W. Boecker,übrigens gleichen Namens12), war auch noch ander Sandhövelschen Rolle oberhalb beteiligt.

Eine alte Annonce aus den 30er Jahren des20. Jahrhunderts erinnert an Boeckers 1974in Konkurs gegangenen Betrieb. Das 1827gegründete kleine Kaltwalzwerk produziertez.B. um 1960 kaltgewalztes Bandeisen inverschiedenen Güten und Abmessungen,8 - 300 mm breit, 0,20 - 4mm stark; Profil-draht aus Eisen und Stahl als Flach- undHalbrunddraht sowie Hohleisen; Rietschie-nen13) so wie Zubehör für Webeblattherstel-lung; Neusilber-Ankerstanzdraht für dieZahnbürsten- und die Pinselindustrie.

1913 stellten die Abteilungen Präzisionszie-herei und Walzwerk neben Rietstäben auchGussstahldraht für Klavierseiten, Federn etc.und gestanzte Massenartikel her.

Ein kurzer Abriss der Firmengeschichtefindet sich im Industrieteil des Buches

„Hohenlimburg – Industriestadt im Kranzgrüner Wälder“ (Altena 1961, S.194, f.)14).

Weiter oberhalb im Tal liegt Wesselbach-straße 20, das schöne Haus von Boecker-Brune. In einem eigenen Artikel haben wir1997 die erreichbare Geschichte seinerBewohner wie des Bauwerks dargestellt15).Das älteste Bewohnerpaar waren der Draht-webermeister Joh. Christian FriedrichBoecker (1817 – 1867) und seine Frau Wilhel-mine, geb. Boecker (1820 – 1901).

Auch auf der Position der ehemaligen Fein-drahtrolle von Karl Friedrich Ribbert (DickesFachwerkhaus mit Zierteich) war 1845/46 derWesselbacher Conrad Boecker Pächter oderEigentümer (heute Nr. 51).

Und noch oberhalb der Rolle in der Arche,vermutlich oberhalb des heutigen Heimes derArbeiterwohlfahrt, lagen seit dem 18. Jahr-hundert zwei Fischteiche16), die vom Fischerdes Schlosses bewirtschaftet wurden. Im18. Jahrhundert bewirtschaftete vermutlichJohann Peter Böcker gt. „Fischer in derWesselbach“ (21. 11. 1777 – 28. 6. 1823) dieTeiche. Die Boecker gt. Fischer in der Wessel-bach besaßen noch im unteren Teil derWesselbachstraße (Parz. 40) überm Stauteichvon Hr. W. Boecker und der Parzelle desMaurermeisters Henrich Rademacher einHäuschen um 1820. Vermutlich ist der erstebezeugte gräfliche Fischmeister Bernhard

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Die Firma Hr. W. Boecker um 1960 Foto: Slg. W. Bleicher

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Boecker (ca. 1711 – 1760) einBruder des Joh. Peter Boeckeraus der Nahmer und ein naherVerwandter des DrahtwebersBernhard Boecker (1768-1847).Einer der wichtigsten Vertreterdes Namens Boecker im Wessel-bachtal sei damit abschließenderwähnt. Es ist BernhardBoecker (Strickstock-Behrend1768 – 1847), dessen Vorfahrenaus der Nahmer stammen17).

Nachdem der Wirt ConradTremper im Fachwerkhausrechts der Wesselbachmündungseine Gaststätte aufgegebenhatte, übernahm BernhardBoecker der Erfinder, der mitseiner Kusine Anna LouiseBoecker verheiratet war, für einige Jahre dieGebäulichkeiten, die dort standen, wo sichheute das Pressehaus befindet und produ-zierte feinste Drahtgewebe auf umgebautenLeinwandwebstühlen. Da über den ErfinderBernhard Boecker, seine Familie und Werke(mit Karl Haver) ein eigener Aufsatz vorliegt,können wir darauf verweisen18). BoeckersBedeutung liegt u.a. darin, dass er in Hohen-limburg den neuen blühenden Industrie-zweig der Drahtweberei begründete.

Als Ergebnis der obigen Betrachtungen maggelten, dass – auch im Hinblick auf dasNahmertal – die Boecker in Hohenlimburgeine der bedeutendsten Familien waren,vor allem durch ihre Leistung in der Draht-industrie19).

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*) Es heißt im Volksmund seit alter Zeit gemäß der Tradition ausdem Altsächsischen über das Mittelniederdeutsche: die! biki(becki), also „die Bach(e)“. Man wohnt „in der Wesselbach“, washeute formuliert werden müsste als „im Tal des Wesselbachs“,weil es heute „der Bach“, m. heißt.

1) Auch hier heißt der Bach (wie das Tal) feminin „die Nahmer“.

2) In die Wirkwelt der Buëcke oder Büecke gehört auch die meta-phorische Redensart „Dat es ower 'ne Buëckemüelle“ in derBedeutung „Das ist harte, schwere Arbeit“; man ist abends„geschlagen“ und „gerädert“.

3) Vgl. H. Esser, Hohenlimburg und Elsey, Dortmund 1907, S.310f. ebenfalls Hohenlimburger Heimatblätter 3.Jg., 1929, S.193-200

4) Manche Böcker/Böker haben auch einen Buchenbaum im bür-gerlichen Familienwappen. In den unbezeichneten RhedaerAkten tauchen die beiden Böcker aber auch richtiger als„Bücker“ oder „Bucker“ (ohne Umlautzeichen) auf.

5) Vgl. Bleicher, W.: Die ehemalige Gaststätte „Zu den 7 Kurfürs-ten ...“, in Hohenlimburger Heimatblätter,T.1-3 Jg. 1989 (H.10-12), S.337; 373, 404; T4 in Jg. 1990, S.21-25

6) Schon 1789 besaßen die Boeckers das ehemalige Holtheuer-sche Haus.

7) Ähnlich hatten andere Boecker-Zweige die Zusätze wie:Boecker-Kleine, Boecker gt. Fischer, Boecker-Brune, Boecker-Immenkönig, Boecker-Windfeder, Boecker Hau, hau, etc.

8) Vgl. a.o.O., in dieser Zeitschrift 1976, H.4, S.61-80; hier bes. S.77, Fußnoten 9, 9a, 10.

9) Nachfolger des Tönnis Diedrich Boecker von 1610.

10) Z.B. Vgl. W. Bleicher: Eine Urkunde aus dem alten Um-beckschen Haus, in: Hohenlimburger Heimatblätter, 68.Jg.,2007, H.1, S.1-4.

11) Vgl. W. Bleicher: Zur Industrie im Wesselbachtal, in: Hohenlim-burger Heimatblätter, 37.Jg., 1976, H.4, S.61-80 und Fußnote15a (S.79).

12) Daten 1788-1862. Es ist der im Urkataster Genannte.

13) Rietschiene entspricht den Ausdrücken Rietstäbe bzw. Webe-blattzähne.

14) Über das Ende des Werkes berichtet der WR-Artikel Nr. 7, vom9.1.1975 (Hohenlimburg).

15) Vgl. W. Bleicher: Boecker-Brunes Haus in der Wesselbach, in:Hohenlimburger Heimatblätter, 58. Jg., 1997, H.12, S.444-467.

16) Heute stark verändert im Gelände der Spedition Schellhaas,Wesselbachstr. 103

17) Der Großvater war Joh. Jacob I Boecker (1683-1759) in derNahmer.

18) Vgl. W. Bleicher: Aus der Geschichte der Familie und der FirmaBernhard Boeckers, in. Hohenlimburger Heimatblätter, 36.Jg.,1975, H.8, S.187-206.

Des Weiteren sei der Aufsatz von Wilhelm Boecker erwähnt„Aus dem Leben Bernhard Boecker's, in: Hohenlimburg –Industriestadt im Kranz grüner Wälder, Altena 1961, S.116 f.

19) Die weiteren Vertreter der Familie wie Wirte (August Boecker,Herrenstr. 4; Walter Boecker, Elseyer Str. 31, Otto Boecker,Moritz Boecker [Oege] etc.), Ingenieure etc. seien durchausnicht vergessen. Es sind Hunderte.

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Umgestalteter ehemaliger Fischteich, Wesselbachstraße 103Foto: W. Bleicher 1. 6. 2010

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Alte Zeiten

Im Wesselbachtal, in dem bis ins 19. Jahr-hundert immer etwa 7-8 Produktionsstättenvom Wasser des Baches ihre Energie bezogen,meist waren es Drahtrollen, lag auch dieFirma Kritzler. Eine der wichtigsten altenDrahtrollen befand sich etwa in der Mitte desTales südlich der späteren Fabrikstraße.1850, als Carl Kritzler, der Drahtzieher undDrahtwalzer, der bei Philipp Boecker gelernthatte1), mit seinem Nahmeraner CompagnonWilhelm Kruse vom (10. 1. 1850 – 31. 9. 1851)die Rolle anmietete, war der Altenaer Reide-meister Johann Hermann Klinke noch derEigentümer. Aber bereits am 15. März 1851verkaufte Klinke sein kleines Werk an dieneuen Besitzer. Wilhelm Kruse2) schied imSeptember 1851 als Teilhaber aus3), und CarlKritzler entwickelte mit Geschick, Fleiß,Ausdauer den Betrieb, wobei er durch seine

Frau Wilhelmine Reinert tatkräftig unter-stützt wurde4). Die Kritzlers aus der Nahmerwohnten im Haus Nr. 58 nahe dem Kronen-burgplatz und waren Nachbarn der Kruse,Winter, Böcker und Möller. Der Vater vonCarl Kritzler, Christian Kritzler (5. 11. 1784 –17. 1. 1855), war der erste Kritzler in Hohen-limburg. Die Familie stammt ursprünglich(Beleg 1636) aus dem bergischen Ort Rebbel-roth. Der Name leitet sich von „Krütz“(Kreuz) ab und wandelt sich über folgendeZwischenstufen: Krützel, Krützelen, Kritze-ler, Kritzler.

Christian hatte 1816 die reiche Witwe AnnaElisabeth Selve aus der Nahmer in derElseyer Kirche geheiratet und konnte somitdie Gastwirtschaft an der UnternahmerStraße nordwestlich des Nahmer Bachs über-nehmen. Seine Kinder sind: Karoline (*1814Stieftochter aus 1. Ehe der Frau), Peter

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Wilhelm Bleicher

Zur Geschichte der Firma Carl Kritzler

Villa Werner Kritzler, Wesselbach / Neuer Schloßweg Nr. 26 Foto: W. Bleicher 8. 7. 2010

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Wilhelm (*1817), Luise (*1820), Sofia (*1824),Carl, der Firmengründer (27. 10. 1826 –1. 2. 1882) und Emilie (*1832)5).

Carl Kritzlers Söhne Gustav und Ludwigleisteten den eigentlichen Aufbau desWerkes. Man vergleiche den perspektivischauch groß bzw. breit angelegten Firmenbrief-kopf aus der Zeit um 1914, über den noch zusprechen sein wird.

Gustav Kritzler (22. 12. 1854 – 24. 8. 1922)war nämlich verheiratet mit Helene Deiten-beck (7. 6. 1869 – 9. 1. 1954). Helene, die derFirma als Tochter des einflussreichen Unter-nehmers Wilhelm Deitenbeck (1835 – 1894)6)

Geld und Ansehen brachte, stammte aus der1. Ehe Wilhelm Deitenbecks mit Ida von derCrone. Es ist hier sicher angebracht, aucheinmal das im Blick auf erfolgreiches Wirt-schaften wichtige familiäre Geflecht derHohenlimburger Unternehmer im 19. und20. Jahrhundert anzudeuten.

Im Kontext Deitenbeck sind folgendeHeiraten zu nennen:

1. Elise Deitenbeck(20. 11. 1833 – 18. 1. 1896) � Philipp II Boecker († 18. 11. 1866)

2. Helene Deitenbeck (* 7. 6. 1869) � Gustav Kritzler

3. Olga Deitenbeck(2. 4. 1878 – 10. 3. 1970) � Fritz Boecker, Fabrikant (* 29. 6. 1874)

4. Werner Kritzler � Erika Deitenbeck(* 2. 7. 1928)

Ein besonderes Anliegen ist es uns, dieehemalige Villa Kritzler am „Neuer Schloß-weg 26“ als ein historisch-kunstgeschichtlichesDenkmal ersten Ranges im Wesselbachtalherauszustellen. Angefangen bei dem wun-derbaren, wenn auch rostigen schmiedeeiser-nen Zaun mit dem Tor und dem eisernenCK-Emblem über die im rechten Winkelplatzierten Dachgiebelzüge, die allseitig ver-teilten Repräsentativbalkone, die Fenster-rahmungen mit Pilastern und korinthischenKapitellelementen, Akrotere, Friese bis zurden klassischen Dachzimmerungselementen,Mansarddach-Metopen (Girlanden), Medail-lons mit Putten- und Frauenbildnissen undkleinen Details (Vögelchen und Mittelrose)bei Fensterrahmungen im Norden etc. etc. isthier ein Neoklassizismus schönsten Scheinsam Werk.

Die Gründerzeit protzt mit „geliehenen Ver-satzstücken im Konfektionsstil“. Man willrepräsentieren. Die wilhelminische Ära nach1871 lässt Banken und Kapitalismus sprie-ßen, entwickelt die Klassengesellschaft wei-ter und feiert rauschende Feste. Man leseeinmal das Kapitel über „Gründerprunk undGründerzeit“ im Werk von Richard Hamannund Jost Hermand über die „Epochen deut-scher Kultur“.

Neben dem Geflecht der Verwandtschaft wardie „Gesellschaft Erholung“ für die Honora-tioren Hohenlimburgs im Bentheimer Hof diewichtigste Geschäfts- und Informationsbörse.

Die Nachkommen aus der Ehe von GustavKritzler und Helene, geb. Deitenbeck, seienhier kurz tabellarisch aufgeführt.

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Eines der schön gestalteten Fenster der VillaKritzler Foto: W. Bleicher, 12. 7. 2010

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1. Sohn Carl Kritzler(27. 7. 1888 – 24. 7. 1953) � Elisabeth Hilgemann7)

(5. 4. 1893 – 15. 4. 1975)

1.1 Margot Kritzler (* 1916) � Walter Genzmer (14. 1. 1905)8)

1.11 Ralf Genzmer (* 25. 9. 1946)

1.12 Jutta Genzmer (* 16. 9. 1953)9)

2. Sohn Werner Kritzler(2. 3. 1896 – 15. 3. 1939) � Hilda Koch (6. 12. 1899 – 15. 1. 1970)

2.1 Günther Kritzler (5.1.1923-19.10.1944) als Soldat gefallen

2.2 Werner Kritzler (* 30. 8. 1921) � Erika Deitenbeck10) (* 2. 7. 1928);1. Ehe geschieden

2.21 Cornelia Kritzler (* 7. 11. 1950)

2.22 Werner Kritzler (* 16. 4. 1953)11)

2.2 Werner Kritzler (* 30. 8. 1921) �Renate Griess (13. 4. 1942); 2. Ehe

2.23 John Oliver Kritzler (* 24. 6. 1966)

Zur FirmengeschichteDen schnellen Aufstieg der Firma Kritzlersymbolisieren am besten drei Abbildungen,zwei davon im Aufsatz aus dem Buch„Hohenlimburg – Industriestadt im Kranzgrüner Wälder“12).

Die Firmen-Avis-Karte von 186513) zeigt dieGestalt des Kaltwalzwerkes und der Stab-zieherei im Wesselbachtal mit dem drei-stöckigen Ziegelbau anstelle der alten Rolleund dem Dampfmaschinenbau wie Rietwalz-werk neben dem Teich davor. Der Teichwurde später zugeschüttet und mit demneuen Kaltwalzwerk bebaut (vor 1900).

Die Produktpalette von 1865 bestand ausEisen- und Stahldraht (normal bzw. façon-niert); Springfedern; Rietstäben (aus Stahloder Messing; gezogen oder gewalzt); Stahl-oder Messingmaillons, Zinkmaillons; sog.Drahtaugen, Harnischeisen etc.

Am Ende der 90er Jahre des 19. Jahrhundertswar die Belegschaft bei ca. 14 Lehrlingenauf über 100 Beschäftigte angewachsen.Interessant ist das gute Abschneiden derFirma auf der Deutsch-Nordischen Handels-und Industrieausstellung in Lübeck von 1895.Darüber schrieb der Wiener „Finanzieller

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Vignette der Firma Carl Kritzler im Wesselbachtal um 1865 Repro-Foto: Slg. W. Bleicher

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Werbegrafik der Firma Carl Kritzler um 1910 Repro-Foto: Slg. W. Bleicher

Kritzler-Annonce aus dem Jahre 1928 Kopien: Slg. W. Bleicher

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Reporter“ in der Ausgabe vom 1. September1895:

„Die Exposition der Firma Carl Kritzler,Eisen- und Stahlwerke in Hohenlimburgerregt bei Allen Bewunderung. Sie rechtfer-tigt den allgemein bekannten Ruf diesesEtablissements in höchstem Maße. Diegenannte Firma ist auch eine der bedeutend-sten ihrer Art in Deutschland. An der Aus-stellung dieser Firma sind die viellerlei Artenihrer Erzeugnisse des Hervorhebens werth.Jedenfalls ist diese Branche auf der ganzenAusstellung nicht besser und schöner reprä-sentirt als durch diese Firma und es istvorauszusehen, daß dieselbe den ersten Preiserringen wird.“14)

Die breitgezogene Firmenvignette aus derZeit vor dem Ersten Weltkrieg (vgl. Abbil-dung) zeigt die gewachsenen Anlagen desBandstahl- bzw. Draht- und Kaltwalzwerks

Carl Kritzler zwischen den zwei Villen aufeiner Länge von ca. 160 Metern auf einerFläche von rund 13000 m2. Der mittlereSchornstein, fast ein Wahrzeichen des Tales,war 63 m hoch15). Um 1910 dachte man nochwenig umweltbewusst. Qualmende Schorn-steine waren ein Symbol der Produktivität.Darum qualmen neben den drei größerenauch sechs kleinere Schornsteine. Das zwi-schen der alten Wesselbachstraße und demnoch unbebauten neuen Schloßweg ausge-breitete Gelände zeigt etwa sechs Mal ein fürdie Zeit vor 1918 typisches Kulturrelikt: dasPferdegespann zum Transport der Eisen-stäbe und Drahtringe. Es sind sechsmal dieden Hohenlimburgern so bekannten fastsagenhaften „Kritzlers Bollerkâr“, die mitgroßem Geräusch schwer „rumpelnden“,„bollernden“ Lastkarren, die von stabilenbelgischen Kaltblütern gezogen wurden.

Gegenüber der Zeit 50 Jahre früher ist dieProduktpalette einerseits etwas erweitert,andererseits aber auch relativ konstantgeblieben. Das Werk wurde 1911 bereits vonder dritten Generation geführt: von Carl undWerner Kritzler. Sie hatten z. B. neu eineWellendreherei eingerichtet. Die vierte Gene-ration wurde dann von Werner Kritzler jun.und Walter Genzmer weitergeführt. WalterGenzmer hatte Margot, die Tochter von CarlKritzler jun., geheiratet. In den 60er Jahrendes 20. Jahrhunderts produzierte man immernoch Rietschienen für Webeblätter, dazuDraht für Kaltstauch- und Prägezwecke,Automatenblankstahl, Blankstahlwellen von10-160 mm Durchmesser und Bandeisen von4-350 mm Breite und 0,05-4 mm Dicke.

Die Palette von 1910 sei abschließend zitiert:„gezogene und gewalzte Rietstäbe und Riet-schienen für Webeblätter; Eisen-, Stahl- undMessingdraht in allen Formen; genau gerich-teter Draht in beliebigen Längen; gehärteterStahldraht für Krinolinen, Korsettstäbe,Bürsten und Federn; Klavierseitendraht;Maillons von Stahl, Messing und Zink;Harnischeisen, Spiralfedern, Bandstahl undBandeisen”. Eine Annonce von 1928 zeigt nocheinmal die Produkte eines der vielen, leiderverschwundenen Kaltwalzwerke Hohenlim-burgs.

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Turmsprengung auf dem Kritzler-Geländevom 22. 1. 1992

Foto: Archiv Bürgerverein Wesselbach

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Zu neuen UfernNatürlich haben in den 70er Jahren mehrMenschen das Verschwinden der Firmabedauert als in den Neunzigern. Heute sindalle drei Wesselbacher Kaltwalzwerke amUrsprungsort längst Geschichte; und dieAnwohner warten, nachdem die Industrie-brachen von Kritzler und Theis so beispiel-haft positiv saniert und umgestaltet wurdenmit Schmerzen darauf, dass auch der Ein-gangsbereich der Firma H. W. Boecker (späterNutzung durch die Spedition Müller bzw.Handwerkerhof) verschwindet. Wenn es umdie Umstrukturierung des Wesselbachtalesgeht, sind neben der formal zuständigen LEGoder den Ämtern der Stadt Hagen auch diebesonderen Leistungen der Firma Theisbei der Renaturierung ihres Geländes und beider Renaturierung und Bebauung desKritzler-Geländes die Einsätze der Ent-sorgungsspezialisten von Lobbe-Xenex imLennetal16), der Firma CASA (J. Junge undMichael Glod)17), die 4000 m2 des Kritzler-Areals zur Wohnbebauung kauften (1996), zunennen.

CASA schrieb die zu bebauende, zugestaltende Kritzlerfläche in Form einesArchitekturwettbewerbes aus, den dieHohenlimburger Architekten des Teams„Miele & Rabe“ gewannen18). Die zur Sonnenach Süden geöffneten fünf Gebäudekom-plexe mit Tiefgarage, zwei Normalgeschossenund einem Staffelgeschoss waren Ende1998 / Anfang 1999 fertiggestellt, als weitereKosten für Grünanlagen und Spielplatz nochzu tragen waren19).

Zusammen mit dem Siedlungshauskomplexauf dem ehemaligen Theis-Gebiet hat dassüdliche Wesselbachtal ein freundlichesneues Gesicht bekommen.

_______________________

1) Bekanntlich hatte auch Friedr. Gustav Theis, der später seinRietwalzwerk südlich von Kritzler aufbaute, bei PhilippBoecker in der Nahmer als Kaufmann gearbeitet.

2) Sohn des Schreiners Peter Conrad Kruse *1823, Hausnummer61 in der Nahmer

3) Vgl. im Übrigen den Aufsatz von W. Bleicher „Zur Industrie imWesselbachtal“, in Hohenlimburger Heimatblätter, 37.Jg.,1976, H.4, S.61-80, hier bes. S.67-69

4) Wilhelmine war die Tochter des Schumachermeisters Reinert(1796-1854) aus der Freiheit Limburg. Die Reinerts sind alstreue Untertanen des Grafen auf Domänengrund seit 1624 inLimburg, u.a. auch als Leineweber in der Wesselbach nachge-wiesen.

5) Sie war mit dem Nahmeraner Drahtzieher Carl Muhlmannverheiratet.

6) Zusammen mit seinem Bruder Emil (11.2.1838 - 19.10.1887)leitete er die Firma Phil. Boecker in der Nahmer.

7) Tochter von Pastor Hilgemann (auch Lisbeth genannt)

8) Wohnhaft Hohenlimburg, Liévinstr. 8

9) Wohnhaft Hohenlimburg, Tel. 43612 (u. Büttner Manfred)

10) Tochter von Werner Deitenbeck (16.12.1897-16.9.1957) undKarla, geb. Weber (21.7.1902-6.3.1976)

11) Ing. bei Thyssen in Witten ca. 1980

12) Hrsg. Fritz Emde, Altena 1961, Industrieausgabe S,200-201

13) A.a.O., S.200 oben

14) Die Medaille ist dann auch im Firmenkopfbogen des 1. Viertelsim 20. Jh. abgebildet.

15) Am 16.12.1991 wurde der 750 to schwere Koloss fast punktge-nau gesprengt (um 11.08 Uhr; mit 2 kg Gelamon 30). Vgl. IKZNr. 295 v. 17.12.1991; WR H'lbg. Nr. 295 v. 17.12.1991.

16) 1500 m2 Erde aufbereiten, vgl. IKZ Nr. 244 v. 19.10.1994

17) IKZ Nr. 69 v. 21.3.1996. CASA plante damals im westlichen Teildes Kritzler-Gebietes 35-40 Eigentumswohnungen zu erstel-len. 9000 m2 sollten Grünfläche bleiben. Der Bach wurde par-tiell renaturiert.

18) Vgl. IKZ Nr. 91 v. 18.4.1996

19) Vgl. WR H'lbg. Nr. 92 v. 21.4.1999

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Die AnfängeDer Bürgerverein Wesselbach ist hervorge-gangen aus einer Bürgerinitiative, die sichmit den Verkehrsproblemen des Wesselbach-tales beschäftigte. Im Sommer 1990 wurdeder Verein in das Vereinsregister eingetra-gen. Der Schwefelsäureunfall in den altenHallen des „Kritzler-Geländes“ war nur einAnlaß, sich dieses Geländes anzunehmen.Heute sind Mitglieder des Wesselbachvereinsund Bewohner des Tals stolz, daß hier eineWohnbebauung mit viel Grünfläche entstan-den ist. Ein Industrietal mutierte hin zueinem Wohntal mit hoher Lebensqualität.Der Bürgerverein erinnert an die alte Fabrikund die Bürgervereinsaktivitäten mit einemSichtfenster – am Fußweg zwischen NeuerSchloßweg und „Kritzler-Gelände“. Eine Zeit-reise des noch jungen Vereins mit Höhen undTiefen.

Industriegelände der ehemaligenFirma Carl Kritzler, Kaltwalzwerk undStabziehereiFür zahlreiche Anwohner im Wesselbachtalwar die Erinnerung an die ehemals „blühende“Firma Kritzler, gegründet 1850, noch lebhaft.Gab die Firma doch vielen Menschen, geradeaus dem umliegenden Tal, Arbeit. Im Jahr1982, vermutlich bereits zuvor, fanden sichAnlässe, sich dieses Kritzler-Geländes anzu-nehmen.

Das Brachgelände war hoch gefährlich für dieAnwohner und besonders für Kinder. DieseGefährdungseinschätzung wurde nicht vonallen Bewohnern gleichermaßen geteilt; dieGegebenheiten untermauerten die Gefähr-dungseinschätzung. Nach einem Unwettermußte die Wesselbachstraße gesperrt werden,da über eine Länge von etwa 30 Metern einMauerteil auf die Straße gefallen war. Diesewurde folgend mit Stahlstützen „gesichert“.Ein leerer Öltank – Bewohner des Taleshatten zuvor die Gelegenheit genutzt, das Ölfür „Eigenzwecke“ anzuzapfen – war nacheinem Sturm auf die Wesselbachstraße inHöhe des heutigen Hauses mit der Hausnum-

mer 42b gefallen. Die Industriebrache warfür Kinder an vielen Stellen nicht gesichertund somit frei zugänglich, z. B. von derFabrikstraße aus. Auf dem Gelände bestandvielerorts die Gefahr, metertief auf Beton zustürzen. Es gab Tauchbecken aus Beton, diesich mit der Zeit mit Wasser gefüllt hattenund durch Müllablagerungen (z. B. Batterien)„begehbar“ aussahen. Ein beinahe tragischerZwischenfall ereignete sich mit einem Kind.Hinweisschilder zeigten, daß in großer MengeRattengift ausgelegt werden mußte – ganz zuschweigen von dem äußeren Eindruck desGeländes. Das schmale Tal war mit demSchwerlastverkehr der Firma Theis sowieeiner Spedition, die Gebäudeteile des Kritzler-Geländes nutzte, überfordert. Eine Auto-lackiererei war ebenfalls auf dem Geländetätig. Der Wesselbach führte häufig für dieAnwohner undefinierbaren Schaum undzudem Öl mit sich. Der dann folgende Säure-unfall war nur ein „Tropfen auf dem heißenStein“.

Erster öffentlicher Auftritt imNovember 1989Im Jahr 1989 fanden sich Bewohner zu einerInitiative, die mit umfänglichen Vorschlägenzur Verkehrsberuhigung des gesamten Wes-selbachtals Forderungen artikulierte undpräzisierte. Die entstandene „Initiative Wes-selbachtal“ trat am 11. November 1989 unterEinschaltung der hiesigen Lokalredaktionenan die Öffentlichkeit und lud ein zu einem„Info-Bummel“ am 18. November 1989 durchdas Wesselbachtal. Zu den Protagonisten derersten Phase des späteren Bürgervereinsgehörten vor allem Heike Schonert undBirgit Schulte. Die „Initiative Wesselbachtal“vermerkte in dem Protokoll der „BegehungWesselbachtal“ die Teilnahme der Hohenlim-burger Repräsentanten der Parteien Glodund Eschenbach (SPD), Hulvershorn (CDU),Buschkühl (FDP) und Nickoleit (Grüne).Westfälische Rundschau, Westfalenpost undIserlohner Kreisanzeiger waren ebenso prä-sent. Das Thema sollte noch Jahre später einSchwerpunktthema des Bürgervereins sein.

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Peter Mager

1990 – 2010: 20 Jahre Bürgerverein Wesselbach

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Ein weiterer Schwerpunkt der „InitiativeWesselbachtal“ war der Umgang mit denbekannt gewordenen Altlasten auf demGelände der Firma Kritzler. Substanziellformulierte die Initiative 5 „offene Fragen“zur Abrißankündigung:

1. Grundwassergefährdung: Nach demvorliegenden Gutachten ist das Grundwas-ser gefährdet. Der Abriß und die (hoffent-lich) folgende Sanierung soll aber teilweiseerfolgen (nur Abriß des nicht vernichtetenHallenkomplexes). Damit wird nur eineteilweise Beseitigung der Grundwasserge-fährdung erreicht. Weshalb diese Flick-schusterei?

2. Schwermetallstäube: Dem Vernehmennach liegen in den Hallen in erheblicherMenge Schwermetallstäube. Trifft diesauch für die vernichtete Halle zu? WelcheVorkehrungen werden getroffen, damit dieStäube beim Abriß nicht freigesetzt werden

und das gesamte darunter liegende Talgefährden, das in Westwindrichtung liegt?

3. Sanierung des Geländes: Schließt dieSanierung des Geländes zeitlich unmittel-bar an den Abriß an? Oder ist damit zurechnen, daß die Fläche längere Zeit unsa-niert liegen bleibt, mit der Folge, daß giftigeStäube abwehen, sich im Tal verbreitenund durch Regenwasser weitere Schad-stoffe im Boden versickern, wodurch dieGrundwassergefährdung erhöht wird?

4. Nutzung des Schutzstreifens zurFirma Theis: Weshalb wird auf dem alsGewerbebaufläche ausgewiesenen Schutz-streifen zur Fa. Theis eine Spedition belas-sen, die ihrerseits ein erheblich störendesGewerbe darstellt, das sich damit inunmittelbarer Nachbarschaft zur umlie-genden Wohnbebauung befindet? Weshalbwird dieser Schutzstreifen z.B. nicht alsLKW-Wartezone für die Firma Theis

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Inhalt des Sichtfensters am Standort des „Kritzler-Geländes“. Der Betrachter sieht, wie dasGelände ehemals aussah, und blickt auf die entstandene Wohnbebauung. Die Sichttafel wurdemehrfach neu gestaltet und fordert Bürger zum „Mitmachen“ im Wesselbachverein auf.

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benutzt, damit die Verstopfung der Wessel-bachstraße aufhört?

5. Spätere Nutzung des Geländes: Wie solldas sanierte Gebäude genutzt werden? Inder vermieteten Halle lagern Maschinen.Wird damit eine weitere Gewerbeansied-lung klammheimlich vorbereitet, obwohldas Gelände als Wohnbebauung ausgewie-sen ist?

Fragen zur Folgenutzung der Industrie-brache und zur Gesamtkonzeption fürdas WesselbachtalEnde November 1989 schrieb die „InitiativeWesselbachtal“ an den seinerzeitigen Vorsit-zenden der SPD-Fraktion im Rat der StadtHagen, Dietmar Thieser, in Angelegenheiten„Lücken-Programm“: „...aus der WP vom22. November 1989 entnehmen wir, daß dieSPD-Fraktion darauf hinarbeitet, daß vor-handene Baulücken für den Wohnungsbaugenutzt werden sollen. Anläßlich einer Bege-hung des Wesselbachtales am 18. 11. 1989 mitdem Bezirksvorsteher und den Fraktionsvor-sitzenden aller Parteien in der Bezirksvertre-tung Hohenlimburg wurde von der hiesigenBürgerinitiative gefordert, daß die Ruinen aufdem ehemaligen Kritzler-Gelände abgerissenund die gut 12.000 m2 der Wohnbebauungzugeführt werden. Das Gelände wird mit Aus-nahme eines schmalen Streifens zur FirmaTheis hin im Flächennutzungsplan als Wohn-baufläche ausgewiesen. Eigentümer ist dieLEG, die das Gelände unseres Wissens zu demZweck der Sanierung und Wohnbebauungaufgekauft hat. Sicherlich ist das zumindestebenso sinnvoll, wie neue Wohngebiete zuerschließen..., da hier an eine vorhandeneWohnbebauung angeschlossen wird und einevollständige Infrastruktur bereits vorhandenist, die in einem neuen Gebiet erst geschaffenwerden muß. Desweiteren bitten wir zu prü-fen, ob nicht die Firma Theis ausgesiedelt unddas Gelände ebenfalls der Wohnbebauungzugeführt werden kann. Seitens des Bezirks-vorstehers in Hohenlimburg wurde uns ange-deutet, daß abgesehen von finanziellenProblemen auch die Frage der Ersatzgelände-beschaffung schwierig sei. Nunmehr entneh-men wir ebenfalls der WP vom 22. 11. 1989,daß im Gewerbegebiet Lennetal noch gut

181.000 m2 zur Verfügung stehen, außerdembesitzt die Firma Theis noch Erweiterungs-gelände im Lennetal und auf der Hohenlim-burger Seite wird derzeitig eine weitereGewerbefläche erschlossen. Im Lennetal befin-den sich bereits eine Reihe umgesiedelterBetriebe. Eine Umsiedlung der Firma Theiswürde eine Reihe von Problemen hier imWesselbachtal lösen und eine weitere Wohn-baufläche in bester Lage angebunden an einevollständig vorhandene Infrastruktur freima-chen. Unverständlich ist uns, daß das freieGelände in der Hohenlimburger Innenstadtan der Grünrockstraße, dessen Eigentümerunseres Wissens die Stadt Hagen ist, nichtsofort mit Wohnungen bebaut wird. DasGelände bedarf keiner weiteren Aufarbeitung.Wir geben zu bedenken, daß eine weitereWohnbebauung im Wesselbachtal und in derHohenlimburger Innenstadt den hiesigenEinzelhändlern fühlbar höhere Umsätzebrächte und damit zu deren Existenzsiche-rung beitrüge. Schließlich bitten wir zu beden-ken, daß für Sanierungsmaßnahmen, wie wirsie fordern, staatliche Mittel beansprucht wer-den können. Wir meinen, daß unsere Vor-schläge vorteilhaft für die Stadt Hagen undihre Bürger sind und unsere Probleme gleich-zeitig lösen würden...“

Wohngebiet oder gewerbliche Nutzung?Das Thema „Kritzler-Gelände“ war gegen-ständlich in der Bezirksvertretung, dem Ratder Stadt Hagen und dem hier zuständigenAusschuß für Beschäftigungs- und Wirt-schaftsförderung. Im Ausschußprotokoll derSitzung vom 20. Februar 1990 ist dokumen-tiert: „Herr Horn (Anm. Verfasser: WilfriedHorn, CDU) kritisiert das langwierige Verfah-ren sowie fehlende Konzepte. Er stellt dieFrage nach dem Verursacher der Bodenverun-reinigungen. Herr Schüring antwortet, derZeitablauf richte sich nach der LEG. Allei-niger Verursacher der Bodenverunreinigungdürfte die Firma Kritzler sein.“

Später schrieb die Initiative an den seiner-zeitigen Bezirksvorsteher Gerd Glod (SPD)am 29. Juli 1990: „...die bisher bekanntgewordenen Altlasten auf dem... Geländeund die offensichtlichen Bestrebungen derLEG und der Stadt Hagen, das Gelände

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zumindest teilweise wieder gewerblich zu nut-zen und damit die seit Jahren eingeleiteteEntwicklung zu einem Wohngebiet abzubre-chen, haben zu erheblichen Irritationen derhier wohnenden Menschen geführt. Auf eineram 27.7.1990 abgehaltenen Bürgerversamm-lung stand dieses Thema im Mittelpunkt. Esherrschte Einigkeit darüber, daß eine Gewer-beansiedlung auf dem Kritzlergelände grund-sätzlich unerwünscht ist. Im Hinblick auf diein Kürze anstehenden ersten Maßnahmen,ergaben sich folgende Fragen, die wir in derSitzung der Bezirksvertretung am 8.8.1990beantwortet haben möchten:

1. Weshalb nur ein Teilabriß und folglich nureine Teilsanierung?

2. Welche Schutzvorkehrungen werden beimAbriß getroffen, um das Freisetzen vonSchwermetallstäuben und anderengesundheitsgefährdenden Stoffen zu ver-meiden?

3. Ist eine Sanierung überhaupt vorgesehenund wenn ja bezogen auf welche Flächenund in welchem Umfang?

4. Schließt sich eine mögliche Sanierung zeit-lich sofort an? Wenn nein: Welche Vorkeh-rungen werden getroffen, um eine erhöhteUmweltbelastung durch die dann frei derWitterung (Regen, vermehrtes Eindringenin den Untergrund, Wind, Belastung derLuft durch belasteten Staub) ausgesetzteFläche zu vermeiden?...“

Birgit Schulte 1. Vorsitzende bei der Ver-einsgründung 1990

Die Bürgerversammlung verständigte sichauf eine Vereinsgründung und lud zu einerweiteren Versammlung zur Vereinsgründungam 8. August 1990 ein. Angeraten zur Ver-einsgründung hatten Fachkreise, die einegrößere Einflußmöglichkeit durch dieseRechtsform erwarteten. Zur Eröffnung und

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Die Initiative Wesselbachtal geht mit einer Flugblattaktion „Neue Gewerbeansiedlung im Wes-selbachtal?“ an die Öffentlichkeit und lädt zur Bürgerversammlung am Freitag, 27. Juli 1990,in den Werkhof ein. Tagesordnung u. a.: „Vorbereitungen zur Gründung des >BürgervereinsWesselbach<“.

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Leitung stand Otto Kamphues, der mit denBürgeranliegen vertraut war, zur Verfügung.Die Wahl des Versammlungsleiters zurVereinsgründung fiel auf Martin Müller-Schonert, der vor diesem Zeitpunkt nicht ander Initiative Wesselbach beteiligt war. DieVereinsgründung und die Satzung wurdenbeschlossen und ein Vorstand gewählt. Indem Protokoll der Gründungsveranstaltungdes Bürgervereins ist nachzulesen, daß 22stimmberechtigte Personen anwesend waren.Als 1. Vorsitzende des Bürgervereins wurdeBirgit Schulte (21 Stimmen, 1 Enthaltung)gewählt. 2. Vorsitzender Detlef Mucke,Schatzmeisterin Sigrid Kramer, 1. Schriftfüh-rerin Heike Schonert, 2. Schriftführer Heinz-Hermann Stock, Kassenprüfer RaimundPacholleck und Reinhard Gamperl. Die beider Gründungsversammlung beschlosseneSatzung wurde vom Amtsgericht (Vereinsre-gister) und vom Finanzamt (Gemeinnützig-keit) geprüft. Auf Anregung beider Stellenwurden kleine Änderungen eingepflegt, diedann zu einer ersten Änderung der Satzungbei der Mitgliederversammlung am 17. Sep-tember 1990 führten. Die notarielle Beglaubi-

gung erfolgte am 25. Oktober 1990 durchHerrn Notar Dr. Erkeling in Hohenlimburg.Justizhauptsekretärin Rolffs als Urkundsbe-amtin der Geschäftsstelle des AmtgerichtsHagen dokumentierte am 9. November 1990die Eintragung des Bürgervereins unter derNummer 4 VR 1804 im Vereinsregister. Derneue Bürgerverein hatte 24 Gründungsmit-glieder. Die gewählten Kassenprüfer des neugegründeten Vereins stellten per 31. Dezem-ber 1990 einen Kassenbestand von 827,24DM fest. Die Einnahmen kamen aus Mit-gliedsbeiträgen: 2 Einzelmitglieder, 7 Ehe-paare und ein Schüler-/ Studentenbeitrag.

Harsche Pressemitteilung des Vereins1991Ein Arbeitskreis übernahm die Themen-verantwortung für das Kritzler-Gelände.Zahlreiche Initiativen, wie Bürgeranträgeund Bürgeranhörungen, fanden regesöffentliches Interesse. Eine Zuspitzung derSituation veranlaßte den Bürgerverein, miteiner harschen Pressemitteilung am 24. Juni1991 die Öffentlichkeit einzuschalten. Unterder Überschrift „Industriebrache Wesselbach –

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Das Logo des neu gegründeten Wesselbachvereins wurde von Herta Schonert (* 21. Mai 1922 –† 13. März 2009) gestickt. Es zeigt Fachwerkhäuser im Wesselbachtal und die Erkennungdes „W“ für >Wesselbach< als Zugvögel. Die Vorlage des Vereinslogos hatten Heike Schonertund Birgit Schulte am heimischen PC erarbeitet, mit damaligen (eingeschränkten) Software-möglichkeiten. Foto: Peter Mager, 18. Juli 2010

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Menue der verdorbenen Mägen“ positionierteder Verein: „Die Stadt lenkt und der Bürger...denkt sich, was wohl hinter folgendem parla-mentarischen Armutszeugnis verborgen ist.Es tagte der Umweltausschuß am 20. 6. 91,der eine derartig versalzene Suppe bereitete,mit der selbst wir nicht gerechnet haben; unddies ausgerechnet von einem Ausschuß, derfür die gute (umwelt-)verträgliche Kostzuständig ist: – Gewerbeansiedlung auf demalten Kritzlergelände war sein Votum – alsDessert?! Warum?! Die Zutaten für dieSitzung waren eindeutig: – Bürgerwille undBezirksvertretung stimmten für die Wohn-bebauung, – die UEP (Umwelterheblichkeits-prüfung) vom Umweltamt war eindeutig, –das Signal der LEG nach der Bürgeran-hörung vom 14. 6. 91: keine Schranken mehrfür eine Wohnbebauung. Da hätten mitGeduld und Sachverstand auch viele Köchehervorragende Arbeit in Hohenlimburg leistenkönnen. Aber:! Der Wille der Bezirksver-tretung wurde übergangen, vom Willen derBürger ganz zu schweigen; die LEG wurdenicht geladen; keine Antwort auf wichtigeFragen; nach einer Pseudo-Diskussion über-hastete Abstimmung, sodaß nicht einmal alleAusschußmitglieder mitbestimmen konnten!!Das wundert nicht, war doch vorher internvon der stärksten Partei gegen Wohnbebauungabgestimmt worden. Da wundert es dengeneigten Zuhörer nicht, daß die neue Wei-chenstellung der LEG nicht berücksichtigtwurde. Sehr geehrter Leser, dem Bürgerbekommt nur (umwelt-)verträgliche Kost! Wirwerden uns auch weiterhin dagegen wehren,daß wir durch Entscheidungen, die gegenden Bürgerwillen getroffen werden, Magen-geschwüre bekommen.“

Wo liegt das Wesselbachtal?Als besonders problematisch erwies es sichfür die Verantwortlichen des Bürgervereins,frühzeitig die politischen Vertreter in denzahlreichen Ausschüssen zu erreichen, diemit dem Fortgang und der Entscheidungs-findung zum Kritzler-Gelände betraut waren.Es stellte sich für den Bürgerverein heraus,daß umfangreiche Vorlagen von der Verwal-tung vorgelegt wurden, diese aber – sodie Einschätzung von Verantwortlichen des

Bürgervereins – nicht einmal gelesen wur-den. Einige politische Vertreter wußten nicht(einmal), wo das Wesselbachtal überhauptliegt... Dies waren Gründe, beteiligte Aus-schußmitglieder in das Wesselbachtal einzu-laden, um ihnen das Tal und die Anliegen desVereins näher zu bringen.

Bürgerschaftliche Begegnungen undSommerfeste in den neunziger JahrenNeben den Arbeitsschwerpunkten „Verkehrs-beruhigung – Zone 30“ und „Wohnbebauungim Kritzler-Gelände“ suchten die Aktiven diebürgerschaftliche Begegnung. Diese erfolgtenunter anderem bei den Sommerfesten. ImJahr 1991 fand das erste Sommerfest aufdem Schulgelände der katholischen Grund-schule Wesselbach statt – mit Attraktionenfür Jung und Alt. Das 2. Sommerfest auf demGelände der Wesselbachschule am 29. August1992 (Einladungsplakat: „...von 15.00 Uhrbis tief in die Nacht...“) kündigte ein gegen-über dem Vorjahr erweitertes Programm an:Neben Trödelständen, Kaffee, Kuchen undGegrilltem, „Getränke in Hülle und Fülle“,Zauberer für Kinder traten der Hohenlimbur-ger Chor „La Voce“ sowie abends die Fernuni-Jazz-Band auf. Besucher erinnern sich, daßder angekündigte Zeitrahmen (...bis tief indie Nacht) eingehalten wurde. Das 3. Som-merfest am 28. August 1993 beinhaltete dieSchwerpunkte „Trödeln macht Laune“ (kos-tenfrei) sowie – wie zuvor und Jahre später –zahlreiche Kinderspiele als Parkour:Nagelball, Frisby-Brett, Mikado, Gleit-Roll-brett, Roll-Wipp, Laufdollies, Hütchenspiel.Und immer dabei bis zum Jahr 2005 beim„Weihnachtsfreffen im Freien“ auf demKritzler-Rondell – die Märchentante mit demschicken Kostüm: Herta Schonert.

Die größte Herausforderung einer Veran-staltung des Bürgervereins im damaligenZeitraum sollte am 27. August 1994 beim4. Sommerfest folgen. Mit Unterstützungder Spedition Cordes & Simon wurden fürdie Abendveranstaltung „THE LENNE-ROCKERS“ engagiert – und rund 300 Besu-cher fanden sich auf dem Hof derWesselbachschule bei bester Stimmung ein.Der Hagener „Stadtanzeiger“ hatte hierzueine Schwerpunktseite veröffentlicht.

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Neben der üblichen städtischen Genehmi-gung mußte eine Meldung an die GEMA(Gesellschaft für musikalische Aufführungs-und mechanische Vervielfältigungsrechte,Bezirksdirektion Dortmund) erfolgen. DieGesellschaft schrieb hierzu am 6. September1994 an den Bürgerverein: „...nach § 13a Abs. 2des Urheberrechtswahrnehmungsgesetzes undnach den Bestimmungen des Pauschalvertra-ges haben Sie eine Aufstellung über die bei derVeranstaltung genutzten Werke (Musikfolge)an uns zu übersenden. Sollten Sie zur Ausfül-lung selbst nicht in der Lage sein, so wendenSie sich an die Kapellen...“ Und dies hatteder Bürgerverein zuvor bereits getan. StefanKoch von THE LENNEROCKERS bestätigteam 30. August 1994 bereits gegenüber derGEMA den vorgesehenen Auftritt mit5 Musikern und Sängern. Art der Besetzung:„Rock’ n’ Roll Band“.

Anstelle eines Sommerfestes fand am 26.August 1995 erstmals ein „Klön am Baum“auf dem Kritzler-Gelände statt. Neben denGetränkepreisen („Getränke 100 Pf, Würst-chen 200 Pf“) wird die Einladungsbotschaftso formuliert: „...Mal wieder in aller Ruhe

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Plakat zum 4. Wesselbachfest mit THE LEN-NEROCKERS am 27. August 1994 auf demSchulhof der Wesselbachschule

Aufräumarbeiten nach dem Wesselbachfest 1994. In der Küche der Wesselbachschule von links:Sabine Mucke, Heike Schonert, Sigrid Fahrmeier, Helga Stock und Birgit Schulte.

Foto: Dagmar Funke, 27. August 1994

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mit den Nachbarn, den Freunden undBekannten und allen, die es vielleicht werdensollen, zu klönen, zu plaudern, ein Gläschenoder auch zwei oder drei oder... zu trinken,dazu ein Würstchen essen... Das wäre dochetwas, oder? Wir möchten Sie dazu herzlicheinladen! Bitte weitersagen ...“ Zahlreicheweitere Einladungen zu Begegnungen folgtenan die Mitbewohner in den darauffolgendenJahren, überwiegend auf dem Kritzler-Gelände und bei weiteren Sommerfesten aufdem Gelände der Wesselbachschule, z. B. am22. August 1998 (Musik: “DJ Nico”). EinigeVeranstaltungen wurden v. a. wegen derWitterungsverhältnisse mit einem negativenFinanzergebnis abgeschlossen, andere mitGewinn. Der Bürgerverein hat die Erlöseregelhaft gespendet. Begünstigte waren u.a.der Werkhof, die Wesselbachschule und derSchloßspielverein.

Neben öffentlichen Begegnungen wareninterne Treffen regelhaft, z.B. zu Weihnachts-feiern der Vereinsmitglieder bei FamilieSchonert im Wesselbachtal, in der Burg-schänke, im Werkhof, Haus Busch oder zumWeihnachtskegeln in der Hünenpforte.

Dokumentation durch Protokolledes VereinsDie Vereinsarbeit ist seit der Gründung imJahr 1990 umfänglich durch Protokolle undNiederschriften der Mitglieder- und Jahres-hauptversammlungen dokumentiert. Sowird bei der Mitgliederversammlung am30. Januar 1991 durch die 1. Vorsitzende,Birgit Schulte, über die Sitzung des Beschäf-tigungsausschusses der Stadt Hagen vom29. Januar 1991 hinsichtlich der Berichter-stattung über die „Industriebrache Kritzler“informiert. „Hauptproblem ist danach daszum 28. 02. 1991 auslaufende Mietverhältnisder LEG und der Fa. Hülsbusch. Da bisherfür die Fa. Hülsbusch kein Ersatzgeländegefunden worden sei, werde derzeitig über dieVerlängerung des Mietverhältnisses verhan-delt... Es schließt sich eine ausführlicheDiskussion über die damit entstandeneSituation an, in deren Verlauf bekannt wird,daß es durchaus konkrete Möglichkeiten gibt,der Fa. Hülsbusch einen Ersatzstandort zubeschaffen. Der Vorstand wird den Hinweisen

nachgehen.“ Ein weiterer Schwerpunkt derVereinsarbeit war die Ausgestaltung der„Zone 30“. Nachdem bereits am 31. Oktober1990 ein Treffen der Wesselbacher mit derSchulpflegschaft in der Burgschänke amAlter Schloßweg stattgefunden hatte, wurdedieses Thema auch bei den folgenden Mit-glieder- und Jahreshauptversammlungenintensiv bearbeitet. So kommt die Mitglieder-versammlung am 30. Januar 1991 überein,daß „unter Einbeziehung von Unterlagen, dievom ADAC besorgt wurden, entsprechendeGestaltungsvorschläge erarbeitet und zur Dis-kussion gestellt werden.“

Am 29. April 1991 berichtete Bürgervereins-vorstandsmitglied Heinz-Hermann Stock derMitgliederversammlung über die angelegteAkte über das Wesselbachtal beim Bauauf-sichtsamt der Stadt Hagen. Unter „TOP 2“ istin dem Protokoll nachzulesen: „...Anlaß wardie erfolgte Abrißverfügung der Stadt Hagenan die LEG, die der Einsichtnahme (Anm.Verfasser: durch den Bürgerverein Wessel-bach) zustimmte. Die Abrißverfügung umfaßtden gesamten Gebäudekomplex auf demKritzlergelände bis zur Bodenplatte. Zur Min-derung der zu erwartenden Umweltstörungendurch den Abriß sind der LEG entsprechendeAuflagen, wie z.B. die Sicherung des Wesselba-ches durch eine Ölsperre und die Wässerungder Abrißstelle zur Staubminderung, erteiltworden... Frau Schulte ergänzt, daß frühes-tens Ende Mai 1991 mit dem Beginn derAbrißarbeiten begonnen werden kann.“

Das Thema „Kritzler-Gelände“ war auch inden politischen Gremien von außerordentlichhoher Bedeutung. Birigt Schulte, ReinhardGamperl und Heinz-Hermann Stock infor-mierten bei der Mitgliederversammlung am4. Juni 1991 über ihre Besprechung mitMitgliedern des Ausschusses für Stadt-entwicklung und Wohnen vom 16. Mai 1991.Protokoll: „...Übereinstimmend herrscht dieEinschätzung, daß aus überwiegend finan-ziellen Gründen auch von Mitgliedern diesesAusschusses eine Mischnutzung des ehemali-gen Kritzlergeländes befürwortet wird. NachMeinung der anwesenden Vereinsmitgliederist dies sehr bedauerlich, weil damit dieChance vertan wird, zu einer optimalen

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Sanierung zu gelangen, zumal der gesamtefinanzielle Aufwand vom Land NRW getra-gen wird.“

Aufbereitung des kontaminiertenBodensIm Protokoll der Jahreshauptversammlungdes Vereins vom 26. März 1992 ist nachzule-sen zu „TOP 3“ (Bericht der 1. Vorsitzenden –Frau Schulte): „Das Kritzlergelände ist abge-räumt und ausgebaggert mit Ausnahme einernoch bestehenden Halle und der bisherigenHoffläche, unter der sich ölverseuchtes Erd-reich befindet. Das ölverseuchte Erdreich sollmit Hilfe von Bakterien aufbereitet werdenund wird, soweit es bereits ausgebaggert ist,in der noch vorhandenen Halle zwischen-gelagert. Das restliche ölverseuchte Erdreichwird erst ausgebaggert, wenn feststeht, woes aufbereitet werden kann. Der Wesselbachwird in seinem Lauf mit dem Ziel der Renatu-rierung verändert. Zur Modellierung desGeländes bestehen noch keine genauenVorstellungen...“. Zur Zukunft des Kritzler-geländes ist im Folgenden unter „TOP 9“nachzulesen: „Zur Zeit herrscht Baustop. Esist mehr mit Öl belasteter Boden vorhanden,als nach der ursprünglichen Minimalschät-zung angenommen wurde. Ein geringerer Teilist ausgebaggert worden. Zur Aufbereitungdes belasteten Bodens mit Bakterien sollteeine Hoesch-Halle angemietet werden. Dieszerschlug sich. Auch in der Bezirksvertretungwurde hiernach gefragt. Nunmehr soll dieAufbereitung, die erheblich preisgünstiger istals eine Deponielagerung, im Lennetal erfol-gen. Unklar ist auf der Versammlung, was mitdem mit Schwermetallen und Fluorkohlen-wasserstoffen belasteten Boden geschehen ist.(Anm. Verfasser: Dem Bürgervereinsvorstandwurde folgend auf Nachfrage mitgeteilt, daßsich dieser Boden gesichert in Containernbefindet.) Die gesamten Arbeiten werden voneiner Fachfirma ständig labormäßig betreut...Die derzeitigen Planungen zielen auf eineWohnbebauung, Grünfläche und Staubecken(Aufstauung des Wesselbachs). Dabei hat dieLEG die Vorstellung, mehrere Staubeckenanzulegen. Der Bürgerverein Wesselbach hatz. Zt. die Chance mitzugestalten. Der Vor-stand, Dr. Petzold von der betreuenden Firma

Krutz sowie Herr Flockert und Herr Gamperlwerden sich mit der Planung befassen undder Stadt Hagen entsprechende Vorschlägeunterbreiten. Bezüglich der Renaturierungdes Wesselbaches hat Herr Stock Kontakte zuFachleuten vom Bund für Naturschutz undzum Ministerium für Umwelt, Raumordnungund Landwirtschaft des Landes NRW...“

„Zone 30“Parallel zu den Kritzler-Aktivitäten hieltDetlef Mucke als 2. Vorsitzender des Wessel-bachvereins intensive Kontakte zur Schul-pflegschaft der Wesselbachschule, um dasThema Verkehrsberuhigung zu begleiten. ImRahmen einer Projektwoche an der Wessel-bachschule sollten ab dem 22. Mai 1992 dannSchüler der Grundschule Plakate zumThema „Zone 30“ malen. Die Stadt Hagenerteilte die Nutzungsgenehmigung zum Aus-hang der Schilder auf „öffentlichem Grund“im Wesselbachtal zeitlich zunächst befristetbis Ende 1992 verbunden mit der Option derVerlängerung. Zwischenzeitlich eingeschaltetin die Verkehrsberuhigungspläne hatte sichauch der stellvertretende Amtsleiter desStraßenverkehrsamtes, der darauf hinwies,daß „diese Schilder nicht zusammen mitGefahrenschildern angebracht werden“ dür-fen. „Obwohl in der Genehmigung nichts der-gleichen stehe, wolle Herr (...) im Ergebnis,daß alle Schilder wieder entfernt werden, diemit Gefahrenschildern zusammenhängen.Mitte November / Dezember 1992 sollen alleSchilder wieder abgenommen werden...“ Der>Zone-30-Ausschuß< des Wesselbachvereinssetzte sich hierzu zusammen. In der Sit-zungsniederschrift der Mitgliederversamm-lung vom 10. November 1992 ist nachzulesen:„Frau Schulte berichtet über das Ende derSchilderaktion im Tal: Nach den Herbstferiensind am 26.10. die Schilder bis auf 4 oder 5abgenommen worden. Dies wurde nachAndrohung einer Ordnungsstrafe seitens desStraßenverkehrsamtes nötig. Die Schilderseien an dafür nicht vorgesehenen Stellenangebracht worden. Obwohl der Vorstandsehr ungehalten war, sah er keine Hand-habung und hat sich dann entschlossen, inder Öffentlichkeit die Aktion offiziell alsbeendet anzukündigen. Die Presse war bei der

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Abnahme anwesend. Geplante Aktionen: Kon-taktaufnahme mit dem ADAC, da Kenntnisdarüber besteht, daß ein Herr sich besondersmit Zone 30-Problemen beschäftigt; Polizeiansprechen bzgl. Radarkontrollen; prüfen, obMittel für die Verkehrsberuhigung bereitgestellt werden können.“ Nach Auflagener-füllung und Anbringung der Schilder gab esseitens der Wesselbachschule positive Reso-nanz, so daß alte Schilder aufgearbeitet undneue gefertigt wurden. Die Schilder wurdenzum Schulbeginn des Jahres 1993, am 23.August, aufgehängt. So auch am Betriebs-gelände der Firma Spedition Richard Müllermit der Aufschrift: „Zone 30, auch für Anlie-ger“. Die Aktionen wurden zu Beginn derSchuljahre 1994 und 1995 wiederholt. Zuletztstanden achtzehn Schilder zur Verfügung.

Als weiteres Thema der Jahreshauptver-sammlung im Jahr 1992 wird festgehalten,daß „Einigkeit darüber...(besteht), die Proble-matik Bahnübergang Herrenstraße im Augezu behalten.“

Zum Fortgang „Kritzler“ ist in der Nieder-schrift der Mitgliederversammlung vom 15.Juni 1992 nachzulesen, daß ein Gespräch zur„Lagebesprechung“ mit Vertretern der StadtHagen stattgefunden habe, zu der auch dieLEG eingeladen worden, aber nicht erschie-nen sei. U.a. habe die Stadt der LEG Vorga-ben zur Geländeprofilierung gemacht: „Imengen Zusammenhang damit ist die Renatu-rierung des Wesselbaches zu sehen. Daseigentliche Problem liegt darin, daß es keinekonkrete Vereinbarung zwischen der Stadtund der LEG darüber gibt, in welchem Auf-bereitungszustand das Gelände an die Stadtzu übergeben ist. Unmittelbar vor und wäh-rend der Sitzung der Bez.-Vertretung fand einGespräch mit Vertretern der LEG statt.Danach hat diese der Stadt zugesagt, daß derWesselbach schon ungefähr in sein späteresBett gelegt wird. Offen ist noch die Beauftra-gung eines Planungsbüros durch die LEGoder die Stadt. An die Bez.-Vertretung richteteder Bürgerverein ein Schreiben mit einerReihe von Fragen, weil ihm ein Rederechtnicht eingeräumt wurde. Die Fragen wurdenvom Umweltdezernenten, Herrn Dr. Schmidt,sofort in der Sitzung beantwortet.“ Zum Fort-

gang dokumentiert die Sitzungsniederschriftder Mitgliederversammlung vom 26. Januar1993: „...ist bis jetzt nichts weiteres geschehen,da der inzwischen 5. Baugenehmigungsan-trag der ausführenden Firma Lobbe erst am22.01.1993 vom Bauordnungsamt der StadtHagen genehmigt worden sei. In ca. fünfWochen werde die Firma Lobbe nach einge-holten Erkundigungen beginnen können.Wann tatsächlich weitergearbeitet werde, seiallerdings noch völlig offen. Weiter führt FrauSchulte aus, daß ein Ferngespräch mit derLEG desweiteren u.a. ergeben habe, daßbezüglich der künftigen Nutzung des Gelän-des bei der Stadt Hagen plötzlich eine 5. Nut-zungsvariante im Gespräch sei...“

Verlegung des WesselbachsBestreben des Bürgervereins war fortan, daßeine sofortige Planung für das Geländeerstellt wird. Informationen lagen darübervor, daß bereits Mitte Mai 1993 der erstegereinigte Boden eingebaut werden könnte.Die Jahreshauptversammlung am 12. März1993 drückte die Befürchtung aus, daß „dieStadt die Planung nicht rechtzeitig erstelltund ohne die Hilfe eines versierten Planungs-büros, das insbesondere auch mit der Renatu-rierung von Gewässern vertraut ist, keinezufriedenstellende Planung leisten wird.“ Diezunächst auf dem Kritzler-Gelände durchge-führten Schreddervorgänge wurden wegenBeschwerden über die Lärmbelästigung ver-lagert. Bei der Mitgliederversammlung am16. Juni 1993 werden hinsichtlich einer dis-kutierten dreistöckigen Bebauung „einhellig“Bedenken geäußert – aus landschaftlichenGründen und wegen der unzureichendenBelüftung des Tales. Hinsichtlich des Bebau-ungsverfahrens hatte sich der Bürgervereinin den folgenden Mitgliederversammlungenzu positionieren, welchem Bebauungsverfah-ren – vereinfachtes Beschlußverfahren vs.Satzungsverfahren nach BauGB - der Vorzuggegeben werden sollte (vgl. Protokoll Mit-gliederversammlung vom 21. Oktober 1993).Als Gast der Mitgliederversammlung am23. November 1993 konnte ein Vertreter derStadt Hagen mitteilen, daß das Problem derFinanzierung der Bachverlegung durch eineMittelzusage in Höhe von 80.000 DM durch

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das Ministerium beseitigt sei. Somit könneder Bach – wie ursprünglich geplant – durchdie LEG in das Bachbett verlegt werden. DerVertreter der Stadt informierte weiter, daßfür den geplanten Spielplatz weitere Boden-proben „rund um die Buche“ genommen wer-den müssen, um diesen zu realisieren.Hinsichtlich des Bebauungsverfahrens werdeseitens der Stadt versucht, dieses zu vereinfa-chen. Hierfür sei ein Gutachten hinsichtlichder Schallbelästigung der Firma Theis zu fer-tigen. Mündliche Ergebnisse hätten ergeben,daß die Belästigung nicht so gravierend seiund deshalb damit gerechnet werde, daß § 34BauGB (Baugesetzbuch: „Zulässigkeit vonVorhaben innerhalb der im Zusammenhangbebauten Ortsteile“) anwendbar wird. Ange-kündigt wurde eine öffentliche Ausschrei-bung für Mitte 1994 für eine angedachteöffentliche Wohnbebauung mit mindestenszwei Etagen zuzüglich Dachausbau. DieGrünflächen sollten in öffentlicher Hand ver-bleiben. Hinsichtlich der Zahl von Interessen-ten führt der Vertreter der Stadt aufNachfrage aus, daß es sehr wenige seien,käme es zu einem öffentlichen Wohnungsbau.Die Nachfrage, ob eine Bürgerbeteiligung beieinem Verfahren nach § 34 BauGB möglichsei, wurde verneint. Nach erfolgter Ausspra-che mit dem städtischen Vertreter positio-nierte sich der Bürgerverein, daß für einen„freien Wohnungsbau“ eingetreten wird undführte als Gründe an, daß „dies besser in dievorhandene Bebauung paßt“ und „umweltge-rechtes Bauen möglich wird“.

Der Verein bezieht Position:Reines WohngebietBei der Jahreshauptversammlung am28. Februar 1994 kandidierte Detlef Muckenicht mehr erneut als stellvertretenderVorsitzender. Zu seiner Nachfolgerin wurdeDagmar Funke-Bach gewählt. Zum Kritzler-gelände ergab die Diskussion, daß „derBürgerverein Wesselbach für eine sozialeMischung eintritt und betont, daß dasGelände Wohnbauzwecken zugeführt wird.Betont wird, daß es nicht im Interesse desTales und seiner Bewohner liegt, wenn hierstädtebauliche Fehler wiederholt werden“.(vgl. Protokoll) Beschlossen wurde ferner,

„...daß sich der Verein für eine Lösung ein-setzt, die sicherstellt, daß die Architektur undNutzung der künftigen Wohnbebauung dersozialen Struktur des Tales angepaßt ist.“ Bei der Mitgliederversammlung am 26. Juli1994 wurde darüber informiert, daß sichder Ausschuß für Städtebau und Wohnen fürein verkürztes Verfahren (vereinfachtesBebauungsverfahren nach § 34 BauGB)ausgesprochen und sich der Rat der StadtHagen diesem Vorschlag angeschlossen habe.Demnach müsse kein Bebauungsplanverfah-ren durchgeführt werden. Zum Sachstandwurde bei der Mitgliederversammlung am8. November 1994 mitgeteilt, daß ein Investo-renwettbewerb gestartet sei und die hierzuerforderlichen Ausschreibungsunterlagenvervollständigt worden seien. Im Übrigenhabe der Kritzler-Ausschuß (Anm. Verfasser:des Bürgervereins) durch das Umweltamtund das Grünflächenamt erfahren, daß diegroße Blutbuche auf dem Gelände vomAbsterben bedroht sei. Hierzu gebe es einGutachten vom Grünflächenamt. Am 7. März1995 stimmte auch die BezirksvertretungOst dem vereinfachten Bebauungsverfahrenzu. Bei der am selben Tage stattfindendenJahreshauptversammlung des Vereins gingder Vorstand von Ergebnissen des Bebau-ungsverfahrens in „ca. 4 - 5 Monaten“ aus.

Eine einstweilige Verfügung zieht Mitte 1995einen Baustop am Bachbett nach sich. EineAnwohnerpartei hatte einen umfangreichenForderungskatalog aufgestellt. Zum Zeit-punkt der Mitgliederversammlung am 3. Juli1995 wird mitgeteilt, daß der Ausschrei-bungswettbewerb angelaufen sei und dieAusschreibungsunterlagen versandt wordenseien. Aus der Versammlung heraus wirdgemutmaßt, daß die Stadt Hagen den Wett-bewerb in der ursprünglich geplanten Formvereiteln wolle. Die Versammlung erteiltedem >Kritzler-Ausschuß< die Zustimmung,an die Öffentlichkeit zu gehen, um denMißstand publik zu machen. Dies vollziehtfolgend auch der Ausschuß mit erheblicher„Öffentlichkeit“ in der Lokalpresse. Die Ver-öffentlichungen vom 31. Juli 1995 und4. August 1995 in der Westfälischen Rund-schau, Lokalausgaben Hohenlimburg, stehen

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im Mittelpunkt der Mitgliederversammlungvom 22. August 1995: Rede (Bezirksvorstehe-rin Roswitha Deichsel) und Gegenrede (Bür-gerverein Wesselbach, HohenlimburgerBauverein, Kolumne Ulrich Leifert, Leser-brief Rafaela Habicht).

Aus einer Einladung zu einer Sitzung derBezirksvertretung Ost war zu entnehmen,daß in nichtöffentlicher Sitzung über diezukünftige Bebauung des Kritzler-Geländesberaten und der Stadt Hagen eine Kaufemp-fehlung zu Gunsten des HohenlimburgerBauvereins gegeben werden sollte – und zwarohne vorherige Auslobung und Investoren-wettbewerb. Die Bezirksvertretung stimmtemehrheitlich diesem SPD-Antrag zu. Folgendnutzten Vertreter des Bürgervereins Wessel-bach eine Fragestunde im Rat der StadtHagen, um diese Entscheidung der Bezirks-vertretung „zu kippen“.

ArchitektenwettbewerbZu den Anforderungen hinsichtlich des „Rea-lisierungswettbewerbs“ schrieb die StadtHagen (Frau Christine Grebe, Städt. Ober-verwaltungsrätin) am 7. Juli 1995 an interes-sierte Investoren: „...Eigentümerin diesesGrundstückes ist die Landesentwicklungsge-sellschaft (LEG). Diese hat im Rahmen ihreröffentlichen Aufgabe die frühere Industrie-brache aufbereitet und beabsichtigt jetzt denVerkauf der zur Bebauung geeigneten Teil-fläche. Aufgrund einer Vereinbarung zwischender LEG und der Stadt Hagen schlägt dieStadt der LEG einen geeigneten Käufer vor.Die Stadt wird also quasi als „Makler ohneProvision“ tätig, wobei aus ihrer Sicht wich-tige Kriterien bei dem Vorschlag zu berück-sichtigen sind... Damit die interessiertenInvestoren sich ein Bild über die Anforderun-gen an einen solchen Wettbewerb machen kön-nen, wurde durch das Planungsamt die Ihnenim Entwurf zur Verfügung gestellte „Aus-lobung für Investoren zum Erwerb derGrundstücksfläche“ zur Verfügung gestellt.Durch die Wortwahl dieses Titels und auchdurch verschiedene Formulierungen in demText ist offensichtlich bei einigen Interessentender Eindruck entstanden, daß es bereits jetztum die Auslobung eines solchen Wettbewerbsgeht. Dieses Mißverständnis wird ausdrück-

lich bedauert. Dieser Text soll lediglich dieGrundlage für eine später von dem tatsäch-lichen Erwerber durchzuführende Auslobungeines Wettbewerbs sein. Die Bewerber, die inte-ressiert sind, das Grundstück von der LEG zudem angebotenen Preis zu erwerben und dieBedingungen erfüllen, entsprechend des vor-bereiteten Auslobungstextes einen Wettbewerbdurchzuführen, sollen bei der Stadt Hagen,Liegenschaftsamt, ihr Interesse am Erwerbbekunden. Sollte mehr als ein Erwerber beidiesen Bedingungen einen Kaufwunschäußern, wird die Verwaltung eine Vorprüfungdurchführen, welcher der Bewerber aufgrundseiner bisherigen Tätigkeiten, Erfahrungenund Solvenz für einen Erwerb infrage kommt.Die zuständigen politischen Gremien treffendanach die endgültige Entscheidung. DieLEG wird dann mit dem von der Stadt Hagenvorgeschlagenen Erwerber einen entsprechen-den Kaufvertrag abschließen. In diesemKaufvertrag muß der Erwerber sich u. a. ver-pflichten, den Wettbewerb auf der Grundlageder überlassenen Unterlagen durchzufüh-ren... Abschließend bitte ich noch einmal umIhr Verständnis, daß dieser doch sehr kom-plexe Sachverhalt nicht in einer Immobilien-anzeige ausreichend dargestellt werdenkonnte...“

Hierzu heißt es weiter in einem anderenSchreiben der Stadt Hagen zur Verwertungdes Grundstücks: „...Besondere Bedeutungkommt bei der Vermarktung des Grundstücksstädtebaulichen Aspekten zu. So wird der Ver-kauf des Grundstücks nicht über die Höhe desKaufpreises erfolgen... Die Verwaltung hattezunächst vorgeschlagen, von allen Kaufinte-ressenten eine Ideen-Skizze zur Bebauung desGrundstücks anzufordern. Dafür wurde einKriterien-Katalog entwickelt. Die Bezirksver-tretung Hohenlimburg hat sich dem Vor-schlag der Verwaltung nicht angeschlossen,weil sie der Auffassung war, daß es ein unver-tretbarer Aufwand für interessierte Investorensei, ein Bebauungskonzept zu entwickeln,ohne die Sicherheit des Erwerbs des Grund-stücks zu haben. Sie forderte die Verwaltungvielmehr auf, einen Investor zu suchen, derbereit ist, bei Erwerb oder Einräumung einerKaufoption für dieses Grundstück einen ent-

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sprechenden Architektenwettbewerb durchzu-führen. Deshalb wurde in der Immobilienan-zeige auch darauf hingewiesen, daßVoraussetzung für den Verkauf des Grund-stücks die Bereitschaft zur Durchführungeines städtebaulichen Wettbewerbs ist...“

Bauträger CASA Häuser undEigentumswohnungen GmbHMitte Januar 1996 meldet die Lokalpresseunter Bezug auf die Leiterin des HagenerLiegenschaftsamtes, Christine Grebe, daßmit der Firma CASA Häuser und Eigen-tumswohnungen GmbH ein Bauträgergefunden wurde. Der städtebauliche Realisie-rungswettbewerb „für das Gebiet Hohenlim-burg / Kritzlergelände“ erfolgte in folgenderTerminierung: 9. Februar 1996 (Versand derWettbewerbsunterlagen), 19. Februar 1996(Fristablauf für Rückfragen), 22. Februar1996 (Kolloquium), 22. Februar 1996 (Besich-tigung des Wettbewerbsgebietes), 21. März1996 (Abgabetermin für die Wettbewerbsun-terlagen), 4. April 1996 Preisgericht). Eswurden mehrere Architektenbüros zur Teil-nahme am Wettbewerb aufgefordert. Zu denWettbewerbsaufgaben heißt es: ...Auf den fürdie Bebauung vorgesehenen Flächen an derWesselbachstraße (ca. 3.225 qm) und an derFabrikstraße (ca. 700 qm) sollen 2 bis 2 1/2

geschossige Wohngebäude in offener Bauweiseentstehen. Die besondere städtebaulicheSituation im Bestand stellt erhöhte Anforde-rungen an die gestalterische Qualität derGebäude, die Materialwahl sowie der Farbge-staltung... Um möglichst vielen Bewohnerndes Stadtteils Hohenlimburg den Erwerb vonWohneigentum an dieser Stelle zu ermögli-chen, ist eine Bebauung unter Einbeziehungder topographischen Möglichkeiten desGeländes sowie der Maßstäbe des § 34 BauGBzu realisieren (ca. 40 Wohneinheiten). Um die-ser Zielsetzung gerecht zu werden, sollten dieWohnungen unterschiedliche Größen haben(ca. 50 - 100 qm)... Die Oberkante des Erdge-schosses soll max. 50 cm über dem Straßenni-veau liegen, so daß die Gebäude an dasGefälle des Straßenverlaufes angepaßt wer-den. Gleichzeitig muß der Geländeverlauf derGrünfläche im rückwärtigen Bereich derHäuser beachtet werden... Der ruhende Ver-

kehr soll in einer Tiefgarage unter den Gebäu-den untergebracht werden... Die Entsorgungdes Schmutzwassers findet durch den vorhan-denen Schmutzwasserkanal in der Wessel-bachstraße statt. Das auf den Dachflächenanfallende Regenwasser wird getrennt gesam-melt und direkt in den offengelegten Wessel-bach eingeleitet.“ Die ArchitektenkammerNRW hatte dem Inhalt der Auslobung (unterder Nummer W 7/96 vom 5. Februar 1996)zugestimmt und war durch einen Juristen beidem Wettbewerb am 4. April 1996 vertreten.Die Prüfung und Bewertung der Ideenent-würfe erfolgte durch Fachpreisrichter Stadt-rat Dipl.-Ing. Dieckmann, Dezernat fürStadtplanung und Bauwesen (Hagen), Prof.Dipl.-Ing. Dietwald Engelbrecht (Altena),Gabriele Heidner, LEG Landesentwicklungs-gesellschaft (Dortmund), Hartmut Welters(Dortmund). Stellvertretender Fachpreisrich-ter: Dr. Pesch (Herdecke). Sachpreisrichter:Joachim Junge, Geschäftsführer CASA Häu-ser und Eigentumswohnungen GmbH(Hagen), Michael Glod, GeschäftsführerCASA Häuser und Eigentumswohnungen(Hagen), Klaus Peter Kriegbaum, Bezirksver-tretung Hohenlimburg. StellvertretenderPreisrichter: Peter Schöne, Sparkasse Hagen.Als Vorprüfer fungierte Prof. Egon Obliers(Schwerte). In einem 10seitigen Protokoll –unterzeichnet von den Fachpreisrichtern – istfestgehalten, daß der 1. Preis an das Archi-tekturbüro Miele – Rabe – Architekten inHohenlimburg ging.

Standortbestimmung 1996 und neueVereinsvorsitzende Dagmar FunkeBei der Jahreshauptversammlung am22. März 1996 wurde Dagmar Funke alsNachfolgerin von Birgit Schulte zur 1. Vorsit-zenden des Wesselbachvereins gewählt;neuer stellvertretender Vereinsvorsitzenderwurde Heinz-Hermann Stock. Birgit Schultehatte ihren Rückzug vom Amt der Vorsit-zenden bei der Mitgliederversammlung am16. Januar 1996 mitgeteilt. Die neugewählteVorsitzende nutzte die Jahreshauptver-sammlung im Hotel Holzrichter zu einermoderierten Themenveranstaltung. Hierzupriorisierten die Vereinsmitglieder dieZukunftsaufgaben in Themenbereiche, z. B.

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Bahnübergang, Wohnbebauung Theis-Gelände, „geselliges Beisammensein“, Inte-gration neuer Bewohner mit offenenMitgliederversammlungen, Gestaltung Platzder 7 Kurfürsten, Unterstützung der Schloß-spiele, Grünflächen- und Spielplatzgestal-tung auf dem Kritzler-Gelände. Diestrukturierte Mitgliederbefragung gliedertesich in die Fragen: Welchem Hauptthemasollte sich unser Verein zukünftig widmen?Was soll der Verein für Dich tun? Mitglieder-versammlungen mit Pfiff; welche Ideen hastDu? Was sollte unser Verein besser machen?Spiel, Spaß, Spannung...

Aus der Sammlung der Prioritäten herauswurden Verantwortlichkeiten verabredet.Bereits am 22. April 1996 beantragte derBürgerverein die Genehmigung für die Reali-sierung verschiedener verkehrstechnischerMaßnahmen bei der Stadt Hagen, unteranderem das Anbringen von Piktogrammenin der „Zone 30“ des Wesselbachtals. Eine

große Beteiligung erfolgte bei der gemeinsammit der Bürgerinitiative „ArbeitsplätzeHohenlimburg“ im Bürgersaal durchgeführ-ten öffentlichen Veranstaltung zum Thema„Neugestaltung Bahnübergang“ am 30. Mai1996. Die kulturellen Erwartungen wurdenam 2. Juni 1996 bei einer ersten „historischenFührung rund um das Wesselbachtal“ mitsachkundiger Leitung von Peter Schöneerfüllt. Ein Bürgertreff wurde realisiert, umdas Miteinander der künftigen Kritzler-Bewohner in den 34 Wohnungen des neugestalteten Geländes zu fördern. Die FirmaCASA als Bauherr des Kritzler-Geländesspendierte drei Fässer Bier: Der Erlös derVeranstaltung kam dem Kauf einer Rotbuchezu, die den kranken Baum auf dem Geländeersetzte. Der Baum war am 24. August 1996Standort zum „Treff am Baum“, um dieBebauungspläne der Firma CASA vorzustel-len. Die konkrete Bebauung sollte im Herbst1996 folgen.

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Neue Wohnbebauung auf dem Gelände der ehemaligen Firma KritzlerFoto: Peter Mager, 17. März 2004

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Peter Spohr Vereinsvorsitzenderseit 1997

Dagmar Funke gab bei der Mitgliederver-sammlung am 29. Oktober 1996 bekannt, imdarauffolgenden Jahr nicht erneut als 1. Vor-sitzende zu kandidieren. Dies nahmen dieMitglieder bei der Versammlung mit großemBedauern zur Kenntnis. Die Vereinsmitglie-der ließen es sich bei der Weihnachtsfeier -diesmal im Haus Busch am 1. Dezember -gutgehen: „Gänsebraten mit allem Drum undDran“... Mit einer ersten Themenveranstal-tung beginnt das Bürgervereinsjahr am 21.Februar 1997 im Gemeindehaus der evange-lisch-reformierten Gemeinde in der Freiheit-straße: „Tschüß Vorruhestand – arbeiten bisin's Greisenalter? Das neue Rentenrecht – undwas sonst noch auf uns zukommt.“ (Anm.:Referent ist der Autor dieser Beitrages, Versi-chertenberater der Deutschen Rentenversi-cherung Bund seit 1994).

Die 7. Jahreshauptversammlung des nochjungen Vereins am 20. März 1997 in der Gast-stätte „Altstadt“ sollte die Wahl des (dritten)Vereinsvorsitzenden in der jungen Vereinsge-schichte beinhalten: Peter Spohr wird – beieigener Enthaltung – einstimmig zum neuenVorsitzenden gewählt und hat diese Aufgabebis heute inne.

Mit ideeller Unterstützung der Straßenver-kehrsbehörde und der Polizei realisierte derBürgerverein am 9. und 23. August 1997 dasAufbringen von 12 Piktogrammen „Tempo-30“im Wesselbachtal. Die Aktion wird in Eigen-leistung mit Schablonen durchgeführt, umdie Kosten überschaubar zu halten. 100 DMpro Piktogramm wurden aus der Vereins-kasse getragen. In den folgenden Jahrenwurden die Piktogramme regelhaft erneuertund zudem erweitert. Im Jahr 2008 beschloßdie Mitgliederversammlung, diese Pflege ein-zustellen.

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Die Vorsitzenden des Bürgervereins von links: Dagmar Funke (22. März 1996 bis 20. März 1997),Peter Spohr (20. März 1997 bis heute), Birgit Schulte (8. August 1990 bis 22. März 1996).

Foto: Rafaela Habicht, 20. Juni 2008

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Teilnahme des Vereins amIdeenwettbewerb 1998 der Stiftung fürBildung und BehindertenförderungZu den größten und konzeptionell umfas-sendsten Initiativen des Bürgervereinsgehörte die Beteiligung an dem Ideenwett-bewerb „Nachhaltige Entwicklung einesehemaligen Industriegeländes in Hagen-Hohenlimburg“. Am 29. Mai 1998 schriebhierzu der Vorstand an die Stiftung fürBildung und Behindertenförderung GmbH,Förderbereich Ökologie, in Stuttgart:„...Anfang dieser Woche erhielt unser Vereinauf Umwegen Kenntnis von Ihrer Projektaus-schreibung. Mit großer Eile haben wir uns

bemüht, für das in unserem Tal anstehendeProjekt eine Projektskizze zu erstellen, dawir glauben und hoffen, daß dieses Vor-haben von Ihrem Gremium als förderwürdigeingeschätzt wird...“ Zu einer Förderungdurch den Projektträger sollte es nichtkommen.Gleichwohl bietet die vom Bürgervereinerarbeitete Gesamtkonzeption für eine nach-haltige Entwicklung des Wesselbachtals undim Speziellen für das ehemalige Gelände derFirma Kritzler einen wichtigen städtebau-lichen Hintergrund für all' die Einzelinitiati-ven, die seit der Gründung der „InitiativeWesselbach“ bedeutsam waren.

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FÜR SIE UND IHRE FAMILIE DIE BESTE WAHL . . .

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Projektskizze zur Teilnahme an derAusschreibung / dem Ideenwettbewerb

zur Umsetzung des Konzeptes der nachhaltigenEntwicklung

Ausgeschrieben von der Stiftung für Bildung und Behindertenförderung GmbH,Förderbereich Ökologie; Stuttgart

Titel„Nachhaltige Entwicklung eines ehemaligen Industriegeländes

in Hagen-Hohenlimburg”

Der Bürgerverein Wesselbach e.V. ist hervorgegangen aus einer Bürgerinitiative, diesich mit den Verkehrsproblemen unseres Tales beschäftigte. Im Sommer 1990 wurde derVerein eingetragen.

Er ist als gemeinnützig anerkannt.

Seit seiner Gründung haben die Mitglieder eine Vielzahl von Problemen aufgegriffen, dieim wesentlichen auch heute noch Gegenstand seiner Aktivitäten sind. Dabei verfolgt derVerein nachhaltig und erfolgreich die satzungsmäßigen Ziele: vor allem die Förderung derKultur, des Umwelt-, Landschafts- und Denkmalschutzes.

So ist es dem Verein z.B. gelungen, schon vor Jahren im Wesselbachtal eine Zone 30 durch-zusetzen; die letzte diesbzgl. Aktion war das Aufbringen von Zone 30 Piktogrammen.

Hauptschwerpunkt der Aktivitäten war über 7 Jahre der Einfluß auf die Sanierung undNeugestaltung einer Industriebrache (Kritzler-Gelände).

Ein solche Chance bietet sich auch bei dem vorgestellten Projekt, dessen Ausgangspunktdie städtebauliche Entwicklung einer ehemaligen Industriefläche ist:

AusgangssituationIm Ortsteil Hohenlimburg im westfälischen Hagen stellt sich die Frage nach der Umnut-zung eines alten Industriegeländes. Das gesamte Wesselbachtal wurde bereits seit mehre-ren Jahrhunderten als Standort für metallverarbeitende Industrie genutzt.

Nach einem Schwefelsäureunfall in den alten Hallen der o.g. Industriebrache hatte sichdie damalige Bürgerinitiative dieses Themas angenommen; der Verein wurde zur besserenDurchsetzbarkeit der Bürgerinteressen gegründet. Das ca. 13000 qm große Gelände wardamals im Besitz der LEG; die Böden schwer verseucht mit Altlasten. Gegen den Willenvon Politikern und Verwaltung ist es dem Verein gelungen, hier eine Wohnbebauung (ca.3300 qm) und Grünfläche (Rest) durchzusetzen. Die Wohnbebauung (34 Einheiten) wirdvoraussichtlich in diesem Jahr fertiggestellt. Der ehemals unterirdisch verrohrte Wessel-bach ist freigelegt und naturnah gestaltet.

Die Gestaltung der Grünfläche (nunmehr im Besitz der Stadt Hagen) steht noch zur Rea-lisierung an. Ein Student wird hierüber seine Diplomarbeit schreiben.

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Nunmehr hat das letzte hier vorhandene Kaltwalzwerk seinen Betriebaufgegeben (gegründet 1910).Die Hallen stehen leer; die Mietverträge der auf dem Gelände stehenden Wohngebäudesind gekündigt und teilweise sind die Wohnungen geräumt.Das Gelände grenzt unmittelbar an das oben dargestellte Kritzler-Gelände; eine Neuge-staltung würde vermutlich zu einer „Verschmelzung“ der Gelände führen.Das ca. 1,3 ha große Betriebsgelände dieser Firma THEIS soll nach dem Abbau der Pro-duktionsanlagen und -hallen einer neuen Nutzung zugeführt werden. Dabei wird lautPresse eine Wohnnutzung in Verbindung mit einer Freifläche vom Eigentümer angestrebt.Dieses Ziel wird grundsätzlich auch von Seiten der Stadtverwaltung verfolgt.Gefährdet sind diese Pläne durch die zu erwartenden hohen Sanierungskosten. Schon jetztwird an andere Nutzungsmöglichkeiten wie z.B. Vermietung als Lagerhallen gedacht.Die Mitglieder des Bürgervereins Wesselbach beabsichtigen nunmehr, die viel-fältigen Erfahrungen, die sie bei der angrenzenden Industriebrache gesammelthaben, in dieses Projekt einzubringen.Ziel ist hierbei, für den Ortsteil eine Lösung im Sinne der Nachhaltigkeit zu fin-den. Eine Lösung also, bei der ökologische, ökonomische und soziale Belangegleichermaßen berücksichtigt werden.Dabei würde eine finanzielle Zuwendung es dem Bürgerverein ermöglichen,sich an den unterschiedlichsten Stellen noch stärker einzubringen (z.B. Gutach-ten, juristischer Rat, Anschubfinanzierungen etc.)Bestimmend für die zukünftige Flächennutzung sind zum einen der Wesselbach, der dasPlanungsgebiet weitgehend verrohrt durchquert und nun mit dem Abbau der Werkshallenüber einen weiteren, großen Teil offengelegt werden kann, zum anderen die Eigenart undTopographie des relativ engen und steilen Wesselbachtales.Die direkte Umgebung besteht aus einem Wohngebiet, bei dem ein- bis zweigeschossigeEinfamilienhäuser mit meist größeren Gartenflächen überwiegen. Eine Ausnahme bildetdie 21/2-3-geschossige Bebauung auf dem benachbarten Grundstück (ehemals Kritzler-Gelände). Daran grenzt die ca. 9000 m2 große öffentliche Freifläche, die nun in Zusammen-hang mit der Neugestaltung des THEIS-Geländes zu einem Grünzug erweitert undgestalterisch entwickelt werden soll.Räumlich umschlossen wird das Tal von einem dichten Waldbestand.Aufgabe der Planung sollte es also sein:• die neue Wohnbebauung in den vorhandenen Bestand und die Topographie einzupassen• die Offenlegung und naturnahe Gestaltung des Wesselbachs und Berücksichtigung des

Bachs bei der gesamten Entwurfsbearbeitung• die Gestaltung der Außenanlagen der Wohnbebauung• die Gestaltung des entstehenden öffentlichen Freiraums zu einem durchgängigen

Grünzug möglichst gemeinsam• mit der Gestaltung der vorhandenen Freifläche auf benachbartem städtischem Grund-

stück Voraussetzung ist die Lösung des Problems der Altlastensanierung, bei der eine verant-wortungsvolle Lösung im Interesse der nachfolgenden Generationen und der Belange desNaturhaushalts gefunden werden muß, so wie dies in den Jahren 1991-1992 auf demKritzler-Gelände möglich war.

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Nachhaltige Entwicklung WesselbachtalBereich Ökologie Bereich Ökonomie Bereich Soziales

Durch den Abbau der Werks-anlagen besteht die Chance zueiner großflächigen Boden-entsiegelung. Beim Neubau derWohnungen soll auf eine mög-lichst flächensparende und öko-logische Bauweise geachtetwerden.

Dazu zählen:

• geringstmögliche Versiege-lung bei Gebäuden undErschließungsflächen durchoptimierte Grundrisse

• einfache und sparsameBauweise, keine unnötigkomplizierten Konstrukionen,dadurch Vermeidung vonWärmebrücken und Materi-aleinsparung

• Verwendung überwiegendbauphysikalisch einwand-freier und nach Möglichkeitnachwachsender Baustoffe;hierzu gehört auch die viel-seitige Anwendung vonHölzern aus dem europäi-schen Raum

• passive Solarenergie-nutzung, d.h. Ausrichtungder Gebäude nach Süden, umHeizenergie einzu-sparen und somit denPrimärenergieverbrauch zusenken. Angestrebt wirdmindestens Niedrigenergie-hausstandard.

• Aufgegliederte Fassadendurch Balkone, Erker undDachflächen

• Teilweise Dachbegrünungzur Reduzierung versiegelterFlächen. Das Regenwasser,das über die Häuser fällt, solleiner sinnvollen Nutzung fürGartenbewässerung und WCzugeführt werden.

Die ökonomischen Gewinnedes Projekts verteilen sichauf verschiedene Seiten:

• Unternehmensgewinne:

Das Unternehmen verläßtaus eigener Entscheidungden Standort und wechselt inein Gewerbegebiet, in demeine bessere Erschließungund Infrastruktur besteht,geringere Auflagen in punktoLärm als am bisherigenStandort mit angrenzendemWohngebiet. Für das Unter-nehmen bieten sich somitbessere Produktionsbedin-gungen.

• Durch den Verkauf desGrundstücks erzielt dasUnternehmen einen zusätz-lichen Gewinn. Der erziel-bare Preis wird um so größersein, je gewinnbringender dieFläche später genutzt werdenkann (Wohnungsbau).

Der Bürgerverein unter-stützt eine Lösung, bei derein Teil der bestehendenGebäudesubstanz erhaltenwerden kann. Dadurch könn-ten Abrißkosten eingespartwerden. Ob das allerdingsmöglich ist, muß erst tech-nisch geklärt werden.

• Eine 2-2 1/2-geschossigeBebauung mit abwechslungs-reicher Gliederung der Bau-körper sowohl in Höhe alsauch Tiefe der Gebäudeermöglicht eine optimaleNutzung der Fläche, auchi.S. maximaler Wohnein-heiten.

• Unterbringung der PKWzumindest teilweise in Tief-garagen, um Wohnbereicheoptimal nutzen zu können.

• Günstiger WohnraumUm möglichst vielen Bewoh-nern des Stadtteils denErwerb von Wohnungseigen-tum an dieser Stelle zuermöglichen, ist die Planungunter Einbeziehung der topo-graphischen Möglichkeitendes Geländes (sowie ver-mutlich der Maßstäbe des§ 34 BauGB) zu realisieren.Die Größe der Fläche läßteine Verwirklichung vonca. 25 Wohneinheitenrealistisch erscheinen.

• Soziales GefügeBei der Architektur sollKonzepten der Vorranggegeben werden, die einsoziales, kommunikativesund dauerhaftes Zusammen-leben der Bewohnerermöglichen. Dabei soll dieMöglichkeit der teilweisenMitplanung zukünftigerBewohner zur individuellenRaumnutzung und besserenIdentifikation eingeräumtwerden.

Sozial verträgliche Wohnungs-planung: der Wohnstrukturdes Tales entsprechendeGliederung der Wohnungs-größe für Alleinstehende,ältere Menschen, Behinderte,Kleinfamilien, Familien mitmehreren Kindern,evtl. Wohngemeinschaften.

Einbeziehung von Begeg-nungsräumen als Möglich-keit der Kommunikation imInnen- und Außenraum.

• Engagement bringt Verände-rung, bringt Engagement

Durch das Einbringen dereigenen Interessen und dereigenen Person wird bei allenBeteiligten ein Klima gegen-seitigen Vertrauens und

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Nachhaltige Entwicklung WesselbachtalBereich Ökologie Bereich Ökonomie Bereich Soziales

• Vielfältiges Angebot zurKompostierung organischerRohstoffe aus Haushalt undGarten.

• Den Umgang mit denAltlastenverdachtsflächenwill der Bürgervereinkritisch begleiten und imRahmen seiner (finanziellen)Möglichkeiten evtl. eigeneunabhängige Gutachtenerstellen lassen.

• Der Wesselbach, der in die-sem Abschnitt verrohrtunterhalb des Werksgeländesfließt, soll offengelegt undnaturnah ausgebaut werden.Direkt im Anschluß an dasWerksgelände fließt der Bachzwar offen, aber im soge-nannten Kasten-profil, d.h. in einersteinernen Rinne. Durch dieglatte und künstliche Ober-fläche haben Lebewesen hierkeine Chance, sich anzusie-deln. Durch Zukauf privaterGartenflächen könnte auchhier Raum für einen natur-nahen Ausbau zur Verfügunggestellt werden.

Somit könnte ein weitererBeitrag zur Durchgängigkeitdes Baches geleistet werden,was eine bedeutende Verbes-serung für die an Fließge-wässer gebundenenPflanzen- und Tierartenwäre.

• Bei der Gestaltung derFreiflächen soll ein Konzeptverfolgt werden, daß aus-schließlich oder überwiegendheimische und standort-gerechte Pflanzenartenbevorzugt.

• WohnungsbauDer Bauherr, der die Errich-tung der Wohnbebauungverwirklicht, hat die Möglich-keit, Kosten einzusparendurch einfache und kosten-dämpfende Bauweisen.

• Für die späteren Bewohnerdrückt sich der wirtschaft-liche Vorteil direkt greifbarin günstigen Mieten bzw. qm-Preisen aus.

So wurde/wird auf demangrenzenden Kritzler-Gelände ein qm-Preis vonunter 4000 DM und einMietpreis von rund 13 DMrealisiert, was der Orts-üblichkeit mehr alsentspricht.

gegenseitiger Achtungangestrebt, das sich vondem sonst häufig üblichenVerhältnis zwischen Bürgernund Stadtverwaltung,Planern, Wohnungsbauge-sellschaften oder Investorendeutlich unterscheidendürfte.

• Zudem finden Entscheidun-gen eine größere Akzeptanz,wenn sie zuvor auf öffent-licher Ebene ausführlich dis-kutiert worden sind und dieMöglichkeit zur „Ein-mischung” besteht.

Die mehrjährige Erfahrungdes Bürgervereins bestätigtdiese Einschätzung.

Durch das Projekt soll einBeispiel gesetzt werden,welches Anregungen bietenund Mut machen soll fürähnliche lokale Projektideenin dem jeweiligen Umfeld.

Über die Erfolge wird jeweilsin den Medien berichtet.

• Im Rahmen der Verwirk-lichung des Projektes wirdStudenten unterschiedlicherFachbereiche die Möglichkeitgegeben, an einem realexistierenden Projekt Ideenund Anregungen einzu-bringen. Es besteht eineZusammenarbeit mit demFachbereich Landschafts-architektur der U / GHEssen, gedacht ist ebenfallsan die Bereiche Architektur,Kunst (-erziehung).

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Umfangreiche Beispiele kreativer Architekten, Bauherren und Investoren zeigen, daß dieser„Anforderungskatalog“ nicht utopisch ist, sondern in vielen nachweisbaren Projekten rea-lisiert wurde. Durch sorgfältige und ideenreiche Planung muß weitestgehend biologischesBauen auch nicht teurer sein als konventionelles, so daß bei derartigen Vorgaben ein inte-ressanter und herausfordernder sowie professioneller Anspruch an die Planer gegeben ist.

Wir erhoffen uns durch diesen Kriterienkatalog, daß das Gesamtbefinden der Bewohnerund Anwohner durch die Auswirkungen der Gebäude und des Umfeldes ein gesundesWohnen ermöglicht und die Stadt Hagen mit dem Stadtteil Hohenlimburg eine zukunfts-weisende Möglichkeit bürgerfreundlichen Planens und Bauens für die Region aufzeigt.

FinanzierungZum jetzigen Zeitpunkt ist es dem Bürgerverein Wesselbach e.V. seriöserweise nicht mög-lich, einen Finanzierungsplan aufzustellen.

Begründung:

Der Verein hat beschlossen, sich um die Gestaltung des Theis-Geländes mit der obenbeschriebenen Zielrichtung zu kümmern. Es sind nunmehr erste diesbezügliche Kontakt-aufnahmen mit dem Grundstückeigentümer und der Stadt Hagen notwendig. NachKenntnis des Bürgervereins wird derzeit durch den Grundstückeigentümer dieAltlastenproblematik geprüft und mit eventuellen Kaufinteressenten diskutiert.

Die Vorgehensweise des Vereins und die notwendigen Aktivitäten können zum derzeitigenZeitpunkt nicht genau definiert werden. Der persönliche Einsatz der Vereinsmitgliedererfolgt ehrenamtlich. Insofern wird finanzieller Aufwand nur für Drittkosten notwendigwerden. Der Verein sieht hier grundsätzlich derzeit folgende Möglichkeiten:

• eigene oder ergänzende Beplanungen des Geländes

• Heranziehung eigener Sachverständiger oder Gutachter zur Unterstützung derProjektziele

• Übernahme von Teilaufgaben z.B. bei der Renaturierung des Wesselbaches (z.B. eigen-verantwortliche Wiederherstellung von Fauna und Flora in Zusammenarbeit mit demBUND e.V. oder ähnlichen Institutionen)

• Beteiligung an der Finanzierung von Teilaspekten des Projektes in Anlehnung anKonzepte von Private-Public-Partnership

Aufgrund der Erfahrungen bei der Gestaltung des Kritzler-Geländes ergeben sich notwen-dige Aktivitäten regelmäßig im Zuge des Projektfortschrittes. Sie sind daher aktuell nichtin hinreichender Weise planbar und spezifizierbar. Bei der Gestaltung des Kritzler-Gelän-des mußte der Verein leider von seinen Vorstellungen abweichen, da seitens der Kommunekeine ausreichenden Mittel zur Gestaltung des Geländes vorhanden waren und der Vereinnicht über eigene Mittel verfügte. Hier war es lediglich möglich, mit Unterstützung derBewohner des Tales die finanziellen Mittel für eine Ersatzpflanzung einer abgestorbenen80-jährigen Blutbuche zur Verfügung zu stellen.

Aus diesen genannten Gründen würde sich der Verein über die Zuwendung von finanziellenMitteln nicht nur sehr freuen, sondern es würde seine Möglichkeiten deutlich verbessern,die Projektziele zu erreichen.

Hierbei ist der Verein selbstverständlich nicht nur bereit und in der Lage, einen profes-sionellen Verwendungsnachweis zu führen, sondern er wird auch Bedingungen für dieVerwendung der Finanzmittel im Sinne der Projektziele akzeptieren.

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In den folgenden Jahren sollten die bei derJahreshauptversammlung 1996 genanntenAufgaben weiterhin im Mittelpunkt derVereinsarbeit stehen. Zudem folgten regelmä-ßig Einladungen „Zum Martinsumtrunk“,Laternenfest, Frühlingsfest – auf dem neugestalteten „Kritzler-Rondell“.

Die Entwicklung des Kritzler-Geländes wirdseit Mitte Juni 2001 mit einer kleinen Schau-tafel (seinerzeit 70 X 100 cm) des Bürger-vereins am Fußweg zwischen Neuer Schloß-weg und Kritzler-Fußweg dargestellt. BeiBewohnern der Fabrikstraße stieß die Reali-sierung auf Kritik. Die Mitgliederversamm-lung am 5. Juni 2001 teilte nicht dieMeinung, daß durch die Werbeträger Fuß-gänger „angelockt“ werden, die störend aufdie Anwohner des Hauses wirken können.

Gestaltung und Pflege der GrünanlageDer Bürgerverein finanziert und unterstütztseit dem Jahr 2000 nachhaltig und mithohem finanziellen Aufwand die Gestaltung

der Grünanlagen auf dem Kritzler-Gelände.So wurden am Fußweg und um das Rondellvom Verein zwei Bäume finanziert. In derMitte des Rondells wurde z.B. ein Ahorngepflanzt und am Fußweg eine Rotbuche.Die Beteiligung aus der Vereinskasse (v.a.Mitgliedsbeiträgen) lag bei 1600 DM.

Das Engagement des Bürgervereins wurdedurch weitere Initiativen finanziell unter-stützt. So gelang es dem Bürgerverein, auchdie Allianz-Versicherung für die Idee desUmweltsponsorings zu gewinnen.

„...Die Versicherung fördert unter dem Motto„Blauer Adler“ bundesweit sinnvolle Projekte.So zeigte sich Werner Matschke, Inhaberder Agentur in der Freiheitstraße, in Ab-sprache mit seiner Direktion großzügig undunterstützte die Anfrage des Bürgervereinsauf einen finanziellen Zuschuß. Dieser kaufteund pflanzte eine Rotbuche, zwei Bänkeund acht Nistkästen“. (aus: Westfalenpost;6. Oktober 2001).

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Das „Kritzler-Rondell“. Foto: Peter Mager, 17. März 2004

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Die Existenzfrage

Aus sehr unterschiedlichen Gründen wurdendie Vereinsaktivitäten geringer. Die letztegroße Aktivität war ein Vereinsausflug in dasMuttent(h)al am 8. Juni 2002. Danach gab esim Vereinsleben eine Umbruchsituation:

Einige Vereinsaktive hatten sich Wohnungenoder Häuser in den Neubauten des Kritzler-Geländes oder des ehemaligen Theis-Gelän-des gekauft und planten den Umzug. Andereverließen das Tal oder orientierten sichhinsichtlich des Engagements anderweitig.Eine Jahreshauptversammlung wurde imJahr 2003 nicht durchgeführt. Bei einer ein-berufenen Vorstandssitzung am 9. Februar2004, an der 5 Verantwortliche teilnahmen,sollte eine finale Entscheidung getroffen wer-den: Auflösung des Vereins wegen fehlenderPerspektiven oder Neuausrichtung. In den

Jahren seit Bebauung des Kritzler-Geländeshatte sich die Bewohnerzahl des Wesselbach-tals um 100 Prozent auf über 1000 gesteigert,darunter zahlreiche Kinder.

Ausrichtung als Bürgerschaftsverein

Es kam nach intensiver Diskussion zu derMehrheitsentscheidung, den Verein neu undmodern auszurichten als Bürgerschaftsver-ein mit dem Anspruch, Alt- und Neubewoh-ner des Wesselbachtals zusammenzuführen.Die in der Abstimmung unterlegenen Vor-standsmitglieder äußerten die verbindlicheZusage, aktiv an der Neuausrichtung teilzu-nehmen. Es wurde ein Flyer entwickelt undzu einer Bürgerversammlung eingeladen.Hier sollten bisherige wie neue Talbewohnermit den Themen konfrontiert werden, die sichin der Gemeinschaft eines Bürgervereins bes-ser meistern lassen.

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„Wohnen am Wesselbach”: Alte und neue Eigentümer der ehemaligen Industriefläche treffensich am 10. November 2000 auf dem bisherigen Theis-Gelände. CASA-Geschäftsführer MichaelGlod und Hans-Joachim Junge (von links) stellen den Plan für die Wohnbebaung vor,Dr. Viola Hallman, Chefin der Friedr. Gustav Theis Kaltwalzwerke GmbH (3. von links), undDr.-Ing. Wilhelm Bolte, Mitglied der Theis-Geschäftsführung, zeigen sich über das Ergebniserfreut. Foto: WR Hohenlimburg

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Zur einberufenen Jahreshauptversammlungam 8. April 2004 erschienen 11 Mitglieder.Die Vorstandsidee zur Vereinsneuausrich-tung fand Unterstützung. Eine Internetprä-senz sollte aufgebaut werden. Eine weitereMitgliederversammlung wurde für den 10.Mai einberufen, um zahlreiche Aktivitäten zukonkretisieren und vereinbaren (...Besichti-gung der Dauerausstellung „LebendigesJudentum“ in der Alten Synagoge Hohenlim-burg am 5. Juni 2004, Planung des Vereins-ausfluges am 12. Juni 2004 nach SchloßSchwansbell mit Besuch von „LAUTERSetwas verrücktes Galerie-Restaurant“, Vorbe-reitung des Bürgertreffens am 29. Juni 2004,Planung einer geführten Wanderung durchdas Wesselbachtal am 4. Juli 2004 mitanschließendem Grillen). Die Lokalpresseberichtete umfänglich über die Sitzung unddie für den Sommer des Jahres 2004 anste-henden Aktivitäten und Planungen. Zur Vor-bereitung des großen Bürgertreffens fand am

2. Juni 2004 eine weitere Mitgliederver-sammlung statt.Dem Bürgertreffen kam eine große Bedeu-tung im Hinblick auf den Fortbestand desWesselbachvereins zu. Nur wenn es gelingensollte, eine „breite Plattform“ in inhaltlichenThemen und Aktiven zu finden, sollte derVerein eine Zukunft haben. Über 400 Flyermit Einladungen wurden an die Haushalteverteilt. Über 20 Bürger folgten der Einla-dung in die „Altstadt“-Gaststätte. Zunächstwurden mit einer Beamer-Präsentationwesentliche Stationen des Bürgervereinsgezeigt, anschließend folgte moderiert eineListung von Themen, die das Wesselbachtalund dessen Bürger besonders interessieren.Erste Beitritte in den Bürgerverein folgtenspontan. Es wurde ein weiteres Bürgertreffenam 15. Juli 2004 vereinbart, an dem die The-men für das 2. Halbjahr 2004 zur Sprachekommen sollten, die beim ersten Treffen ver-einbart wurden.

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Themen und Aufgaben im 2. Halbjahr 2004, die bei dem Bürgertreffen am 29. Juni 2004 in derGaststätte „Altstadt“ angeregt wurden und weiterverfolgt werden sollen.

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Kooperation mit dem Heimatvereinseit 2004Unmittelbar am kommenden Sonntag nachdem 1. Bürgertreffen wurde für eine öffent-liche „historische“ Wanderung durch dasWesselbachtal mobilisiert. Über 50 Anwohnerund Besucher fanden den Weg zum Platz der7 Kurfürsten, der als Treffpunkt ausgegebenwar. Dieser Tag, Sonntag, der 3. Juli 2004,sollte der Beginn einer kooperativen Zu-sammenarbeit mit dem Verein für Orts- undHeimatkunde Hohenlimburg e.V. werden,deren Ergebnisse im Folgenden noch dar-gestellt werden. Zu Beginn der Führungdurch das Tal durch den Kulturwart des Ver-eins für Orts- und Heimatkunde, PeterSchöne, begrüßten der Bürgervereinsvorsit-zende, Peter Spohr, und der Vorsitzende desHeimatvereins, Widbert Felka, die Wanderer.„Gut, daß es den Bürgerverein gibt!“, so eröff-nete Felka in einer kurzen Ansprache zumhistorischen Industrietal die Veranstaltung.

Anlaß seines Besuches war die Entgegen-nahme einer zweckgebundenen Spende desBürgervereins Wesselbach für die am SchloßHohenlimburg geplante Streuobstwiese imehemaligen Dienerschaftsgarten.

Der Beginn eines weiteren jährlich festste-henden Programminhalts wurde die Fahrtam 1. August 2004 zum Pferderennen nachDrensteinfurt. Alljährlich wird dieser Terminan der Rennbahn im Sportpark „Im Erlfeld“zu einem Familienausflug genutzt, um Spaßzu haben und „Mut zum Hut“ zu zeigen.

Zur Themenliste des Bürgervereins gehörteauch das für das Wesselbachtal heikle Thema”Kinder & Hygiene”. Dahinter verbirgt sichder Hundekot, der an zahlreichen Stellen desTales vorzufinden ist, v. a. auch dort, woKinder spielen. Der Bürgerverein hat mitseiner Aktion „Versöhnen – statt spalten“ –nach einem Zitat des ehemaligen NRW-Ministerpräsidenten und späteren Bundes-

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Bürgervereinsvorsitzender Peter Spohr übergibt Widbert Felka vom Heimatverein eine zweck-begundene Spende in Höhe von 250 EUR für die Realisierung des Projekts „Streuobstwiese“am Schloß Hohenlimburg und kündigt die aktive Mitarbeit der Vereinsmitglieder an.

Foto: Rafaela Habicht, 4. Juli 2004

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präsidenten Johannes Rau – sich diesesThemas angenommen und versucht, Hunde-besitzer zu sensibilisieren. Zitat aus demFlyer: „....Wir möchten damit sensibilisieren,nicht verurteilen. Und wir wissen auch, daßnicht jeder Empfänger dieses Briefes gleicher-maßen betroffen ist. Was wir wollen: Ein nichtstreitbehaftetes Miteinander von allen Tal-bewohnern einschließlich Kinder und Hunde,Getreu dem Motto: >Versöhnen – statt spalten<.“

„Tempo 30 im Wesselbachtal!“ war ein abge-stimmtes Schwerpunktthema bei den beidenBürgerversammlungen. Am 6. September2004 konnte dann in Kooperation mit derDeutschen Verkehrswacht e.V. eine Ge-schwindigkeitsüberwachung vor der Wessel-bachschule realisiert werden.

Ein Besuch auf Gut Lenninghausen mitFolgenAm 3. Oktober 2004 folgte der Bürgervereins-ausflug nach Gut Lenninghausen im Ruhr-

tal. Ein Teil der Ausflügler nutzte dasAngebot einer Radtour über Berchum,Villigst und Hennen, andere reisten mit demPKW an. Dieser Ausflug sollte thematischzwei Segmente berühren.

1.) Die Vorstellung des Konzepts zur Wieder-herstellung des barocken Schloßgartens amSchloß Hohenlimburg durch die mit denAußenanlagen am Schloß Hohenlimburgbetraute Landschaftsarchitektin, Frau Dipl.-Ing. Ina Bimberg.

2.) Eine Führung durch Gut Lenninghausenmit der historischen Kornbrennerei Bimberg.Der Gutshof befindet sich seit dem Jahr 1811im Besitz der Familie Bimberg. Auf 110 Hek-tar Land reifen Frucht und Korn für ganzbesondere Schnäpse. Die Brennerei stehtunter Denkmalschutz. Anschließend gab esein gemeinsames Essen von „LenninghauserPellemännern“ und Schnittchen mit Kräuter-quark oder Schmalz. Daß dieser Besuch

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Sigrid Fahrmeier, Gründungsmitglied und Schatzmeisterin des Bürgervereins von 1990 bis10. Mai 2007, zeigt „Mut zum Hut“ – auf der Rennbahn „Im Erlfeld“ in Drensteinfurt.

Foto: Hanspeter Dittrich, Dittrich-Foto-Design, 19. August 2007

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Anlaß für eine dauerhaft werdende Verant-wortung eines Teils der neu gestaltetenAußenanlagen werden sollte, wurde erst nachdem Besuch konkret. Der BürgervereinWesselbach griff die Anregung von InaBimberg auf, die im Jahr 2003 wieder herge-stellte Schloßsüdwand mit Weinreben zubepflanzen.

Zahlreiche weitere Veranstaltungen – darun-ter 5 Mitgliederversammlungen -– wurdenim 2. Halbjahr 2004 realisiert.

So die 2. Themenveranstaltung „EFT – EinLeben ohne Streß und Angst – die Technikder emotionalen Freiheit“ am 27. September2004 mit Heike Schonert als Referentin.

Ferner der „Aufruf zur Blutspende imWesselbachtal - 1/2 Liter Gutes...“ für den1. Dezember 2004 im DRK-Haus in derJahnstraße.

BaumpatenschaftenPositives – bei negativem Grund – vernahmder Bürgerverein im November von der StadtHagen. So wurden die vom Bürgervereingespendeten Bäume am Kitzler-Geländedurch das Grünflächenamt abgetragen undneu gepflanzt. Die Bäume wurden ehemalsaus Mitgliedsbeiträgen und Spenden vomBürgerverein bezahlt und wiesen erheblicheBeschädigungen auf. „Ein Baum wies tiefeKratzer auf, die vielleicht mit einem scharfenMesser zugefügt wurden. Ein weiterer Baumwurde sogar im Wurzelbereich angeschnittenund die Rinde bis zur Krone abgerissen. DieSchäden waren so groß, daß wir davon ausge-hen, dass dies kein Kinderstreich gewesen ist“,so Peter Spohr bei der Mitgliederversamm-lung am 22. November 2004 in der Loungedes Werkhof-Restaurants. Die Mitgliederwaren schockiert über die Ignoranz und

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Besuchergruppe des Bürgervereins am 3. Oktober 2004 auf Gut Lenninghausen. Mitte 2. vonrechts: Ina Bimberg, mit den Außenanlagen von Schloß Hohenlimburg betraute Landschafts-architektin. Foto: Archiv Bürgerverein Wesselbach

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Heftigkeit des Vandalismus. Die Versamm-lung entschließt sich, mit einer „pädagogi-schen Maßnahme“ die Neubepflanzung zubegleiten. Mit vorweihnachtlichem Flairwurde am Sonntag, 12. Dezember 2004, einekleine Zeltstadt auf dem Kritzler-Rondellaufgebaut und zu einem weihnachtlichenNachbarschaftstreffen mit Programm einge-laden. Dabei übernahmen acht Kinder desWesselbachtals die Baumpatenschaften fürfünf junge Ahornbäume. Später, am 10. Juli2005, wurden zu Beginn einer weiterenBürgerwanderung mit Peter Schöne als„Wanderführer“ und rund 50 Teilnehmern dieNamensschilder der Baumpaten-Kinderangebracht: Sie heißen Jule, Julia, Hannah,Noah, Gabriel, Ben, Carla und Philipp.

Bepflanzung der Weinterrassen vonSchloß Hohenlimburg

Bei den folgenden Mitgliederversammlungen– Anfang 2005 – standen die Bepflanzung der

Kräuter- und Weinterrassen sowie die Aktivi-tätenplanungen des Jahres im Mittelpunkt.Im Februar folgte eine weitere Themenveran-staltung „Bürgerversicherung vs. Prämienmo-dell – Ist unsere Gesundheit noch bezahlbar?“,im März 2005 die Besichtigung des 21000 m2

großen Areals der neuen Rettungswache Ostim Lennetal. Bei der Jahreshauptversamm-lung konnte Peter Spohr die „Verdreifachungdes Mitgliederbestandes seit 2004“ verkün-den. Einstimmig beschlossen wurde dieFinanzierung und Bepflanzung der Wein-terrassen am Schloß. Die umfangreichenVorarbeiten übernahm der Vereinsvorsit-zende, um am 27. Mai 2005 in einer großenGemeinschaftsaktion das Projekt zu voll-ziehen.

Im Anschluß gab es für die Helfer ein kleines„Stelldichein“ mit Getränken und Essen.Marianne Dunkel von der Schloß Hohenlim-burg gGmbH dankte für die Tat mit einer„Wesselbachtorte“.

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Klaus Buhl (rechts, knieend), Forstamtsrat i.PD. des Fürstlich zu Bentheim-TecklenburgischenForstamts, nahm die Auszeichnung für die jungen Baumpaten der Ahornbäume vor.

Foto: Archiv Bürgerverein Wesselbach, 12. Dezember 2004.

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Am (Bundestags-)Wahlsonntag, 18. Septem-ber 2005, kam es zu einer weiteren Großver-anstaltung des Wesselbachvereins. AmKritzler-Rondell wurde ein „Event-Park“ fürGroß und Klein errichtet mit bestem Pro-gramm. Besondere Attraktion war ein altesKinderkettenkarussel. Wieder eine gute Tat,um neue und alte Talbewohner ins Gesprächzu bringen.

Eine weitere Schwerpunktaktivität des Jah-res war dann die Unterstützung der „AktionStreuobstwiese“ im ehemaligen Diener-schaftsgarten am 15. Oktober 2005. DerVerein für Orts- und Heimatkunde Hohen-limburg hatte es übernommen, diese Aktionauszurichten. Der Bürgerverein unterstütztesie monetär mit einer Spende für das Einsäender Wildblumenwiese und tatkräftig bei derPflanzaktion. 15 sechs Jahre alte Obstbäume

wurden durch insgesamt rund 80 Helfergepflanzt.

Bei der Jahreshauptversammlung am18. Januar 2006 konnte der Verein dieVervierfachung des Mitgliederbestandes (seit2004) verkünden. Annette Ryß wird als Nach-folgerin von Heinz-Hermann Stock zur 2. Vor-sitzenden gewählt. Ende Januar folgte dieWinterwanderung mit rund 40 Teilnehmernzur Besichtigung der Bio-Hofkäserei inVeserde.

Einsatz am Kräutergarten, Hilfsdiensteam SchloßwehrgangZu weiteren Aktionen rund um die Außenan-lagen am Schloß Hohenlimburg kam es inden Monaten April und Mai 2006. Auf Kostendes Heimatvereins und mit zahlreichen Hel-fern des Wesselbachvereins wurde die Anlageeines Kräutergartens am Bergfried realisiert.

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Mitglieder des Bürgervereins bepflanzen die ehemaligen Kräuter- und Weinterrassen amSchloßsüdhang mit (zunächst) 40 „Regent“-Reben. Fachliche Unterstützung erhielten die Akti-ven durch Winzermeister Horst Frieden vom Wein- und Sektgut Frieden-Berg aus Nittel an dersüdlichen Weinmosel. Das Foto zeigt die angewandte Spaliererziehung. Die Lebensdauer derReben ist auf ca. 40 Jahre angelegt. Foto: Archiv Bürgerverein Wesselbach, 27. Mai 2005

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„Wahltreffen im Freien“ am Kritzler-Rondell. Attraktionen und nachbarschaftliche Begegun-gen standen im Mittelpunkt. Die Realisierung erforderte den Einatz von etwa 25 Mitgliederndes Bürgervereins. Foto: Archiv Bürgerverein Wesselbach, 18. September 2005

Helfertreffen im neu errichteten Kräutergarten am Bergfried.Foto: Miriam Platte, Westfälische Rundschau, 2. Juli 2006

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In einer Gemeinschaftsaktion von Wessel-bach- und Heimatverein wurden alle Aktivenzu einem „Helfertreffen“ im neu errichtetenKräutergarten eingeladen, zu dem PeterSchöne (Heimatverein) und Peter Mager(Bürgerverein Wesselbach) die Gäste mitPasta, Saucen, Parmesan und frischen Erd-beeren verköstigten. Bei Sonnenschein ließenes sich die Helfer gut gehen.

Ebenfalls tatkräftig zu Werke ging es amSamstag, 5. August 2006, bei den „Hand- undZiehdiensten zur Anbringung von Drahtver-strebungen“ des Heimatvereins am saniertenWehrgang oberhalb des Kaltwalzmuseums.Unter fachkundiger Leitung einer LetmatherSchlosserei und des Architekten MichaelRabe engagierten sich zahlreiche Wessel-bacher, die sich später über kühles „Pott's“-Landbier und einen Eintopf von Peter Magerfreuen durften.

Internetauftritt

Die im Jahr 2004 aufgebaute Internetprä-senz wurde in den Sommermonaten des Jah-res 2006 mit hohem Aufwand erneuert. Dies

war auch verbunden mit dem Wechsel desWebmasters. Bürgervereinsgründungsmit-glied Heike Schonert übergab die Aufgabe anJürgen Nagel aus Herdecke, der seitdemtechnisch verantwortlich zeichnet. Die Inter-netpräsenz erfreut sich einer hohen Besu-cherzahl und wird seit dem 14. August 2006tagaktuell gepflegt. Inhaltlich stark diversifi-ziert erfährt der Besucher ein umfassendesBild vom Verein, von der Historie des Wessel-bachtals, vom Umfeld und allen Aktivitäten.

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Helfer des Bürgervereins bei den „Hand- und Ziehdiensten“ am Wehrgang. Von links: PeterSpohr, Rafaela Habicht, Thomas Kretschmer, Markus Drölle und Peter Mager sowie ArchitektMichael Rabe. Foto: Sebastian Grote, Westfalenpost, 5. August 2006

Vom 14. August 2006 bis 31. Mai 2010 haben62.249 Besucher den Internetauftritt desBürgervereins unter

www.buergerverein-wesselbach.deangeklickt.

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Zuletzt – im Juli 2010 wurde erstmals einFilm eingestellt, der die Aktivitäten desBürgervereins bei der Hagener Museums-nacht im Rahmen von Local Hero („LokaleHelden“) der RUHR.2010 zeigt.

Am 10. September 2006 beteiligte sich derBürgerverein am „Tag des offenen Denkmals“mit kleinen Weinbergführungen. Die Herbst-wanderung 2006 führte etwa 40 Mitgliederund Freunde zur Raffenburg und weiterdurch das Holthauser Bachtal, Hunsdiek,Sürenhagen und Brechtefeld. Zurück überSchloß Hohenlimburg gab es eine Einladungzum Grillen im Friedrich-Gustav-Theis-Weg.

Weihnachtsmarkt am Schloß Erstmals beteiligt war der BürgervereinWesselbach vom 8. bis 10. Dezember 2006beim Schloßweihnachtsmarkt. Angebotenwird seitdem jährlich als Attraktion der vonBürgervereinsmitgliedern selbst hergestellte„weiße Glühwein“ (Grundwein Müller-Thurgau, Weingut Frieden-Berg aus Nittel)beim Bürgervereinsstand im Schloßhof –neben dem Bergfried.

Die jährlich stattfindende Weihnachtsfeierwurde wegen der Schloßweihnachtsmarkt-aktivitäten erstmals verlegt und neu justiert.Seitdem beginnt der Bürgerverein das Jahrmit einem Neujahrsempfang. Der erste Neu-jahrsempfang fand im Werkhof die Resonanzvon 50 Mitgliedern und Freunden. In denfolgenden Jahren fanden die Veranstaltun-gen an unterschiedlichen Orten statt, so inder Hünenpforte, im Bentheimer Hof, imZehner Treff und im Restaurant Adler. DerCharakter und die Inhalte sind gleich-bleibend: Gutes Essen, feine Getränke, netteBegegnungen und ein Rahmenprogramm.Dieses wird gestaltet von Arno Ryß, der miteiner Beamer-Präsentation das vergangeneVereinsjahr in Bildern nachzeichnet undRafaela Habicht, die alte Texte und Aufsätzeaus und über das Wesselbachtal vorliest.

Rund um die neue Brücke

Im Jahr 2007 wurde ein „alter“ Arbeits-schwerpunkt wieder zementiert. Es ist dasThema „Brückenbau“ an der Herrenstraße.Ein Arbeitskreis des Bürgervereins arbeitet

seit 1995 an Plänen der Realisierung einesbarrierefreien Zugangs zu den Bahngleisen.Im Kern geht es um zwei zentrale Forderun-gen, die planerisch-skizzenhaft vom Bürger-verein erarbeitet und in die öffentlicheDiskussion gebracht wurden: Erstens: derbarrierefreie Zugang zu den Bahngleisen.Zweitens: eine Kreisverkehrlösung imBereich der Isenbergstraße. Die Planungs-vorschläge wurden der Öffentlichkeit, denPlanungs- und Finanzierungsverantwortli-chen und den politischen Gremien in diver-sen Zusammenkünften vorgestellt. Fernerder Presse gelegentlich von Pressekonferen-zen am 30. August 2007 und 20. August 2008.In den Pressemitteilungen heißt es u. a. zurForderung nach einem barrierefreien Zugangzu den Bahngleisen:

„...Der Fußgängertunnel am BahnübergangHerrenstrasse / Langenkampstraße soll imRahmen des Brückenbaus ausgebaut werden.Es ist eine neue Treppenanlage geplant undAufzuganlagen an beiden Enden des Tunnels.Ein barrierefreier Zugang zum Bahnsteig istin den Planungen derzeit nicht vorgesehen.Auch die Deutsche Bahn AG lehnt diesen vor-läufig insbesondere mit Hinweis auf diezusätzlichen Kosten ab und schlägt eineLösung mit privaten Investoren vor...

Warum bisher ein barrierefreier Zugangzum Bahnsteig als nicht realisierbarangesehen wird:

1. Eine ursprüngliche Planung einer Treppen-und/oder Aufzugsanlage von der neuenBrücke zum Bahnsteig wird insbesondere ausGründen eines zu engen Bahnsteigs nichtrealisiert.

2. Ein barrierefreier Zugang vom bisherigenFußgängertunnel zum Bahnsteig, z.B. durcheinen „Sichttunnelaufgang” vom auszubauen-den Tunnel zum Bahnsteig wird insbesonderewegen des Strommastens als nicht realisier-bar angesehen. Bauliche Vorschriften verbie-ten einen Tunnel unter dem Masten. EineUmsetzung des Mastens ist sehr teuer.

3. Andere Lösungen sind von den Planernüberschlägig geprüft und als nicht realisier-bar eingestuft worden.

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Wie der Wesselbachverein die derzeitigePlanung bewertet:

1. Eine Treppen-/Aufzugsanlage von derneuen Brücke zum Bahnsteig erscheint wenigsinnvoll: Behinderte, Rollstuhlfahrer oderMütter / Väter mit Kinderwagen müßten erstauf die Brücke, um dann auf den Bahnsteigzu gelangen. Das ist kaum zumutbar.

2. Der Ausbau des vorhandenen Tunnels miteinem Zugang zum Bahnsteig ist nicht dieeinzige Möglichkeit. Die Aufzuganlagen anden Tunnelenden sind keine geeignete Lösung.Die Aufzüge sind zu klein, wartungsintensivund durch Vandalismus gefährdet. NachInformationen des Bürgervereins belaufensich allein die regelmäßigen Instandhaltungs-kosten auf mindestens 40.000 Euro pro Jahr.Die zusätzliche regelmäßige Beseitigung vonVandalismusschäden wird möglicherweisenoch deutlich teurer.

Was der Wesselbachverein vorschlägt:

Statt Tunnelausbau, neuen Treppen und Auf-zügen: Ein neuer Tunnel mit Rampe.

1. Neuere Tiefbautechniken lassen denNeubau eines Fußgängertunnels zwischenbisherigem Tunnel und Bahnhof sinnvollerscheinen.

2. Der Zugang zu dem neuen Tunnel könnteüber Rampen erfolgen: behinderten-, kinder-wagen- und gepäckfreundlich.

3. Ebenso könnte vom neuen Tunnel ein Auf-gang mit Rampe zum Bahnsteig realisiertwerden.

Warum der Bürgerverein nach verschie-denen Prüfungen seinen Planungsvor-schlag für besser hält:

1. Der neue Tunnel würde die barrierefreieUnterquerung der Gleise und einen barriere-freien Zugang zum Bahnsteig ermöglichen.

2. Der neue Tunnel würde sowohl die Innen-stadt als auch den zentralen Busbahnhof anden Bahnsteig anbinden.

3. Durch eine transparente Überdachung derTunnelzugänge könnte der Tunnel für eineangstfreie Nutzung hell gestaltet werden.

4. Der Strommast als Hindernis spielt keineRolle mehr.

5. Die Lösung mit Rampen ist zuverlässigerals Aufzugsanlagen, unempfindlich gegenVandalismus und ohne Folgekosten fürWartung.

6. Nach einer ersten Prüfung ist der notwen-dige Platz für die Rampen sowohl auf beidender Gleise als auch auf dem Bahnsteig vor-handen.

7. Auch mit einer Rampe als Zugang zumBahnsteig ist noch genug Breite und Längedes Bahnsteigs für einen Zughalt vorhanden.

8. Die neuen, in der Zukunft am BahnhofHohenlimburg haltenden Züge („Abellio“)ermöglichen auch bei unzureichenden Bahn-steighöhen einen barrierefreien Ein- undAusstieg. Eine Erhöhung des Bahnsteigs (wieer für die bisherigen alten Züge notwendigwäre) ist nicht nötig.

9. Der Bürgerverein hat seinen Vorschlag miteiner ersten Planung unterlegt.

Was der Bürgerverein fordert:1. Die Verwaltung soll die ersten Planungendes Bürgervereins Wesselbach einer konstruk-tiven Prüfung unterziehen.

2. Die lokale Politik (Parteien und Bezirksver-tretung) ist aufgefordert, dies zu unterstützenund unsere Vorschläge zu ergänzen.

3. Der Bürgerverein fordert, daß möglichenPlanungsproblemen s o f o r t mit Lösungs-vorschlägen begegnet wird. Es ist das Selbst-verständnis des Bürgervereins, nicht immernur vorhandene Planungen als unzureichendzu kritisieren, sondern konstruktive Alter-nativvorschläge zu machen.

4. Neben der technischen Machbarkeit istder Kostenaspekt genauer zu prüfen. Hierbeimüssen die erheblichen Folgekosten derderzeitigen Planung einbezogen werden.

5. Die Deutsche Bahn AG soll zu einemkonstruktiven Beitrag gedrängt werden. Siekann durch diese Lösung teure andere Bau-maßnahmen für einen barrierefreien Zugangvermeiden...“

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Zur Realisierung einer Kreisverkehrlösungan der Isenbergstraße (neue Brücke) positio-nierte sich der Bürgerverein wie folgt:

„...Die Konsequenz des derzeitigen Planungs-stands ist, dass ab- und zufließender Verkehr,z. B. aus oder in das Wesselbachtal, bis zurBrücke Herrenstraße diverse Ampeln überque-ren müssen. Dies ist umweltpolitisch irrsinnig,bietet sich doch eine Kreisverkehrlösunggeradezu an. Überall in Deutschland werdenAmpelanlagen zugunsten anderer Lösungenabgeschafft, in Hohenlimburg sollen dieseaufgebaut werden... Der Abriß des ehemaligenGymnasiums ermöglicht die erforderlicheNutzungsfläche für einen Kreisverkehr, diezudem wegen des Entfalls von laufendenWartungskosten für die Ampelanlagen wirt-schaftlich(er) wäre... Die Chance sollte ge-nutzt werden, doch noch eine Verkehrsführungohne Ampeln zu realisieren.... Kreisverkehr ander Isenbergstraße ist analog der Ortsdurch-fahrt Herdecke realisierbar. Auch dort führtder Linienbusverkehr (Gelenkbus) und derLKW-Verkehr zum Gewerbegebiet und nachWetter über die Kreisverkehre als Linksab-

bieger. Ampeln sind in Herdecke abgebaut,außerdem wurden die Kreisverkehre in zweiHälften gebaut, damit der Verkehr in derBauphase fließen konnte. Die Größen derKreisverkehre sind vergleichbar mit dem zurVerfügung stehenden Platz, wenn die Schuleabgerissen ist. Zudem kann auch eine Zufahrtvon und zur Cowenstraße integriert werden.(Derzeit sieht der Planungsstand einen Ver-kehrsabfluß nur in Richtung Kronenburg-platz vor.)...

Zusammenfassend: Bei kreativer Planungder Verantwortlichen von Bauamt und Bahnkönnen die Vorschläge kostengünstig und ziel-fördernd realisiert werden. Der BürgervereinWesselbach wird weiterhin konstruktiv mitar-beiten, damit die unendliche Geschichte„Bahnübergang Herrenstraße“ doch noch miteinem für alle guten Ergebnis realisiert wer-den kann. Insbesondere auch dann, wenn dieUmgestaltung des gesamten Bahnhofsberei-ches und die Vorschläge der Investoren mitberücksichtigt werden. Hierzu gehört auchdie notwendige Verkehrsberuhigung derBahnstraße.

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Planungsskizze des Bürgervereins zur Realisierung eines barrierefreien Zugangs über eineRampe zu den Gleisen am Bahnhof Hohenlimburg Planungsstand: 20. August 2008

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Der Bürgerverein appelliert deshalb erneutan die politisch und planerisch Verantwort-lichen, sich für den Bürgerwillen nach Anbin-dung des Wesselbachtales an die Bahn miteinem barrierefreien Zugang zu den Bahn-steigen einzusetzen. Der Ampellösung an derIsenbergstraße ist ein Kreisverkehr vorzu-ziehen. Der Bahnübergang soll während derBauphase des Tunnels für Fußgänger weiter-hin geöffnet bleiben.“

Im Herbst des Jahres 2007 nahm sich derBürgerverein der Parkbank an der Boeing-straße oberhalb des Wasserturms an, sorgtefür Freischnitt und sanierte die Parkbank.

„Stolperstein“Zahlreiche weitere Aktivitäten stehen fol-gend für das Engagement der Wesselbacher.So die Finanzierung eines „Stolpersteins“,einer Aktion des Kölner Künstlers GünterDemning, die an die Deportation jüdischerMenschen durch die Nationalsozialisten erin-nern soll. Ein „Stolperstein“ wurde im Wes-selbachtal im November 2008 verlegt. Einegroße Freude konnte der Bürgerverein auchden Bewohnern des Seniorenzentrums „Mar-

tha-Müller-Haus“ in der Wesselbach machen.Der Bürgerverein spendete einen Grill undrichtete für die Bewohner am 21. Juni 2009ein Grillfest aus.

AusblickDie vielfältigen Initiativen lassen sichzusammenfassen mit den Schlagworten„bürgerschaftliches Engagement“, gemein-same Taten und Aktivitäten mit befreunde-ten Vereinen wie dem HohenlimburgerHeimatverein oder der Bürgerbewegung Pro-Nahmer, regelhaftes Engagement für denWeinberg am Schloß, Ausrichtung von Wein-festen an und in der Remise sowie Beteili-gung an den Schloßweihnachtsmärkten undaktuell (Juli 2010) an der Hagener Museums-nacht im Rahmen von RUHR.2010. Alle Akti-vitäten sind umfassend mit Fotoserien aufder Internetpräsenz des Bürgervereins zuersehen.

20 Jahre Bürgerverein ist auch eine Zeitreisedurch Höhen und Tiefen. Letztere sind in derGesamtbetrachtung in der Minderheit,gleichwohl bedeutsam. So kann hinsichtlichder Gründungsintention im Zusammenhang

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Planungsskizze des Bürgervereins zur Realisierung eines Kreisverkehrs am Ende der Bahn-brücke in Höhe Cowenstraße. Planungsstand: 20. August 2008

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Einen großen Besucherzuspruch erlebte der Bürgerverein beim 2. Schloßgartenfest vom 15. bis17. Juni 2007. Ein großer Weinstand an der Südwand vom Schloß – oberhalb des kleinen „Wein-bergs“ – erfreute die Besucher. Foto: Peter Mager, 17. Juni 2007

„Einer der schönsten Plätze Hohenlimburgs...“ so Rosemarie und Horst Pinkvoss aus derBoeingstraße, wurde vom Bürgerverein wieder hergerichtet. Ein Schild mit der Inschrift„2007. gest. Bürgerverein Wesselbach“ wurde angebracht.

Foto: Kristina Feste, Westfalenpost, 12. Oktober 2007

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mit dem Kritzlergelände von Teilerfolgen desEngagements berichtet werden. Das Wessel-bachtal bietet heute eine hohe Wohnqualitätfür alte und neue Talbewohner und Vereins-mitglieder. Daß dieses erreicht werdenkonnte, ist das Ergebnis des Zusammenhaltsund der professionellen Unterstützung eini-ger Vereinsmitglieder, aber auch Externer,von Fachleuten, einigen Politikern und

Bewunderern der Erfolge in frühen Jahren.All dies wäre ohne das zeitaufwendige, inten-sive, emotionale und zudem professionelleEngagement von Birgit Schulte und HeikeSchonert nicht möglich gewesen. Die ausBürgervereinssicht heute noch richtigen(eigenen) Planungsvorschläge zum barriere-freien Zugang zu den Bahngleisen sowie zumeinem Kreisverkehr im Bereich Isenberg- /Cowenstraße ließen sich nicht durchsetzen.Mit dem Abriß des ehemaligen Gymnasiumsdürfte das Thema „Kreisverkehrlösung“ innicht allzu weiter Zukunft jedoch wiederaktuell werden. Gemeistert hat der Vereinmit seinen engagierten Mitgliedern und demrührigen Vorsitzenden Peter Spohr die Situa-tion des Jahres 2004, ging es hier doch fürden kleinen Talverein um „Alles oder Nichts“.Hierzu kann in der Nachbetrachtung festge-stellt werden, daß die für das Wesselbachtalund Hohenlimburg insgesamt richtige Ent-scheidung getroffen wurde. Der Mitgliederzu-spruch und die -zufriedenheit drücken dieseindrucksvoll aus.

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Sicherlich werden nur wenige Vereine aufeinen Mitgliederzuwachs von 535% innerhalbvon 6 Jahren zurückblicken können. ZumGlück kann es der Bürgerverein Wesselbach.

Skizzierung einer möglichen neuen Vorstandsstruktur ab dem Jahr 2011 (Diskussionsstand).

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Für den Bürgerverein sind wichtige und wei-tere Maßnahmen erforderlich, um die Ver-einsarbeit zukunftsfähig zu machen. Derzeitwird intern daran gearbeitet, die Satzungneu zu fixieren. Hier geht es einerseits um dieNeudefinition der Ziele des Vereins, aberauch um gesetzliche Änderungen des Ver-einsrechts (z.B. Haftungsbeschränkungen fürVorstandsmitglieder, elektronischer Vereins-beitritt) oder Konsequenzen aus dem „Gesetzzur Förderung des bürgerlichen Engage-ments“ und den hierdurch rückwirkend zum1. Januar 2007 in Kraft getretenen Änderun-gen. Auch die interne Leitungsstruktur wirdneu zentriert. Dies ist zwingend, da die der-zeitigen Strukturen auf Bedingungen desJahres 1990 abgestellt sind. Die Zukunftsfä-higkeit mit den vielfältigen Aufgaben derAdministration erfordert bei gleichzeitigemMitgliederwachstum eine neue Ausrichtung.

Es ist das Ziel des Bürgervereins, die wesent-lichen Weichen für die Neuausrichtung beider Jahreshauptversammlung im Frühjahrdes Jahres 2011 zu stellen.

Bis dahin bleibt die Freude an den bevorste-henden Ereignissen: der Weinlese, dem„kleinen Weinfest an der Remise“(jeweils imOktober 2010), dem Schloßweihnachtsmarkt(an den ersten 2 Dezemberwochenenden2010), der Jahreseröffnung 2011 (EndeJanuar 2011 im Restaurant ,Hünenpforte’)und den weiteren geplanten Aktivitäten, dieauf der täglich aktualisierten Internetprä-senz des Vereins verfolgt werden können.Was bleibt, ist: „Gut, daß es den Bürgervereingibt...“ (Widbert Felka, Vorsitzender desVereins für Orts- und Heimatkunde Hohen-limburg e.V. am 4. Juli 2004 am Platz der7 Kurfürsten).

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Bau-Ensemble am Platz der 7 Kurfürsten Foto: Peter Mager

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Blick vom Schloß Hohenlimburg in das Wesselbachtal. Rechts im Tal erkennbar das Neubau-gebiet „Wohnpark Wesselbach“, links das Neubaugebiet „Friedrich-Gustav-Theis-Gelände“.Oberhalb des Hierseier Weges zeigt die kahl gezeichnete Fläche die Folgen des Orkantiefs„Kyrill“ aus der Nacht vom 18. bis 19. Januar 2007. Zwischenzeitlich erfolgte die Wiederauf-forstung. Die Kohlestiftzeichung von Michael Schneider wurde im August 2010 fertig gestellt,hat im Original die Größe Din-A3 und befindet sich in seinem Besitz.

Vielleicht ist es das zweitschönste Haus im Wesselbachtal:die Fabrikantenvilla mit dem 4000 qmgroßen Parkgrundstück.

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Am AnfangWer die Einrichtung der alten barockenHofapotheke von Bamberg im Apotheken-museum in Heidelberg einmal gesehen hat,der hat es etwas leichter, sich die kultur-kundliche Herkunft allein des aus demGriechischen stammenden, gewissermaßen„Gelehrtenwortes“ «Apotheke» vorzustellen.

Das griechische �������� (aus ���-���entstanden) bezeichnet eigentlich einenSpeicher- und Lagerraum nach dem altdeut-schen Begriff „Niederlage“1). Die Apothekewar eben eine Offizin2), die als Gewerbe-betrieb mit fachlicher Leitung zum Verkaufvon Arzneiwaren nach ärztlicher Vorschrift(Rezept) in den Abteilungen: Verkaufsraum,Vorratsraum (Material- und Kräuterkam-mer) Laboratorium und Arzneikeller (Raum

für kühl aufzubewahrende Arzneimittel)existierte.

Und so existierte auch die erste alte Hohen-limburger Apotheke, die etwa gegenüber derheutigen Schloßapotheke (Freiheitstr. 32-34)lag; so war auch die alte Schloßapotheke inder Nahmer eingerichtet. Denn dort, amSteilhang „Zum Ufer“ (Kaiserstr. / Uferstr.)gegenüber Böings Drogerie (heute türkischerFußballclub; Nr. 37) mit der HausnummerLenneufer 22, begann die Geschichte derOffizin vor über 100 Jahren.

Hermann Hildebrandt, ursprünglich Apothe-ker zu Wickede, hatte das Grundstück (Parz.559/54 neu, 255/54 alt) zwischen HermannSchäfer (Didian, Breitbach) und GustavKöppern (Klinke) 1909 gekauft und mitdem heute noch stehenden, einst prächtigenGebäude3) bebauen lassen.

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Wilhelm Bleicher

100 Jahre Schloß-Apotheke

Porträtfoto des Apothekers Tilmann PeterHausmann (geb. 19. 3. 1892), etwa aus demJahre 1965

Foto: Eig. Arno Haarmann-Thiemann

Die Schloß-Apotheke in der Nahmer amLenneufer, als noch die Kleinbahn fuhr (1910)

Foto: Eig. Arno Haarmann-Thiemann

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Am 26. Januar 1910 eröffnete H. Hildebrandtseine Schloßapotheke als die zweitälteste inHohenlimburg. Nach dem Tod des Nahmera-ner Apothekers übernahm am 1. 12. 1937 derGroßvater des heutigen Besitzers der„Schloß-Apotheke“ an der Freiheitstraße,Herr Tillmann Peter Hausmann, das wie einkleines Schloß errichtete Gebäude zur Miete4)

(vgl. Abb.).Da die Nahmer mit ihrer damals nochstarken, leistungsfähigen Industrie, demNeubaugebiet Ort/Ebendstraße wie dembevölkerungsreichen Nebenzentrum „Lenne-ufer – Kronenburgplatz – Unternahmer“ eineattraktive Geschäftsregion5) war, führtenauch Tillmann Peter Hausmann und seinSchwiegersohn Fritz Haarmann-Thiemannin der Nahmer eine sehr gut besuchte Offizin.Die zwei Fotos aus dem Jahre 1942 zeigeneinerseits das Laboratorium mit der Mutterund der Großmutter des heutigen ApothekersArno Haarmann-Thiemann. Sie mischenwohl gerade eine Salbe in der Emulsions-Apparatur (1942); andererseits sehen wir dieInneneinrichtung.Aus der Nahmer ist auch noch das alte„Giftbuch“ erhalten, das natürlich schon zurKontrolle aus juristisch-kriminalistischenGründen exakt geführt werden musste. Sowurden die Käufer von Gift zur Ratten- bzw.

Mäusevernichtung namentlich und mitAdresse erfasst (vgl. Abb.).Schon sehr früh muss sich Arno Haarmann-Thiemann im Apothekenmilieu wohlgefühlthaben, wie ein Foto mit ihm im weißen Kittelder Mutter von 1956 etwa zeigt.

Auf neuen WegenZunächst aber ergab sich in der Nahmer auf-grund der drohenden Wirtschaftkrisen undder anstehenden Hohenlimburger Stadt-sanierung eine Änderung. Tillmann PeterHausmann ergriff die Chance, eine eigeneImmobilie zu erwerben und verlegte dieApotheke am 14. 6. 1960 ins Zentrum derkleinen 30.000er Stadt Hohenlimburg an dieFreiheitstraße 30. Diese Entscheidung hatsich bis heute als richtig erwiesen. Denn trotzder Zunahme der Hohenlimburger Apothe-kenzahl und der Tatsache der Eingemein-dung Hohenlimburgs nach Hagen (1975) hatdie Apotheke sich nicht nur behaupten, son-dern sogar positiv entwickeln können, wieder fertiggestellte Neubau auf dem Nachbar-grundstück Nr. 32-34 am 29. 11. 1982 sowiedie gestiegene Zahl der angestellten Mitar-beiter bezeugen.Aber erst einmal tragen wir noch das wich-tige Datum des 1. September 1967 nach, andem der Großvater des heutigen Eigentümers

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Verkaufsraum der Schloß-Apotheke in derNahmer am 23. 8. 1942

Foto: Eig. Arno Haarmann-Thiemann

Die Mutter (l) und Großmutter des heutigenApothekers Arno Haarmann-Thiemann beider Arbeit im Labor der Nahmeraner Offizin(1942) Foto: Eig. Arno Haarmann-Thiemann

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Neben Fritz Haarmann-Thiemann will auch der etwa 5-jährige Arno schon Apotheker sein.Foto: Eig. Arno Haarmann-Thiemann

Die neue Schloß-Apotheke nach der Umsiedlung in die Freiheitstraße 30 (zwischen Mühlen-siepen und Lünen). Rechts das Heck eines Fords 17 M. Foto: Eig. Arno Haarmann-Thiemann

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die Apotheke an den Schwiegersohn FritzHaarmann-Thiemann übergibt. Kurze Zeitspäter schon übernahm Arno Haarmann-Thiemann die Leitung im neuen Hause.Natürlich setzt er beherzt und kenntnisreichdie Tradition der vorangehenden Generatio-nen fort, und doch ist vieles anders gewordenund muss methodisch neu gehandhabt wer-den6).

Der Redakteur der WP, Volker Bremshey,schrieb im Januar 20107):

«“Es hat sich einiges verändert“, blickt ArnoHaarmann-Thiemann zurück. „Die Zeiten,als der Apotheker noch der klassische Pillen-dreher war, sind vorbei. Dafür hat dieBürokratie schleichend zugenommen. DieAbrechnungsmodalitäten für Rezepte sindimmer komplizierter geworden.“ – Deshalbist er froh, dass Marlies Mehl, die gegen-wärtig nach einer Operation eine Reha-Maßnahme durchläuft und deshalb denbesonderen Geburtstag nicht mitfeiern kann,auch nach fünfzig Jahren (!) als Apotheken-helferin weiterhin ihre Frau steht und einigeStunden in der Woche leistet.

In einhundert Jahren Schloß-Apotheke hates natürlich auch das ein oder andere Anek-dötchen und somit auch manch' lustigeVerordnung gegeben. Die hat Arno Haar-mann-Thiemann fein säuberlich archiviert.So verschrieb eine Ärztin einer Patientin aufeinem Rezept zunächst „Augentropfen“ unddarunter „ein Kind“. Gemeint war natür-lich, dass die Tropfen für ein Kind seinsollten . . .

Dafür dass Sohn8) oder Tochter nicht in dieFußstapfen ihres Vaters, Großvaters undUrgroßvaters treten und somit den Beruf desApothekers nicht ausüben möchten, hat erVerständnis. Deshalb wird er einmal dieLeitung der Schloß-Apotheke in andereHände geben. Doch daran verschwendet erjetzt noch keinen Gedanken, schließlich ist erals Jahrgang 1951 noch jung genug, dieGeschicke an der Freiheitstraße 32-34 nochetliche Jahre zu bestimmen.»

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1) Mit der Präposition ��� wird hier eine Herkunft von etwas(von – her) an den Kunden verdeutlicht. Die Medizin wird ihmvorgelegt. Niederlage = geschäftliche Niederlassung.

2) Werkstätte, Arbeitsraum3) Eine Stuckverzierung unter dem Fenster verweist mit Stab,

Schlange und Giftschale noch auf die Profession.4) Wenn auch heute die Verkaufsräume in der Nahmer seit langem

leerstehen, so ist doch die Immobilie immer noch im Besitz derErben Hildebrandt in Dortmund. Wir berichteten auf S.179(Fußnote) des Maiheftes der Hohenlimburger Heimatblätterkurz über die Pächterfolge. Wichtige Teile der alten Einrichtunggelangten nach der Aufgabe der Nahmeraner Apotheke durchHerrn Tammen ins Freilichtmuseum nach Hagen.

5) So wie Elsey ab den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts6) Die Welt hat sich verändert:

a) andere Werbung, neue Medien, die Bedeutung der Gesund-heitszeitschriften

b) Die Menschen werden älter, leben gesundheitsbewusster,belasten die Kassen stärker.

c) Das Problem der Generika ist neu.d) Die ständigen Gesundheitsreformen bringen neue Umstände

mit sich, genau wie die Einzelverträge zwischen diversenKassen und Arzneimittelherstellern. Die Kassen „erfinden“ unterschiedlichste Kostendämpfungsmaßnahmen.

e) Globalisierung und Konzentration der Pharmafirmen schaffeneine ungewohnte Dynamik.

f) Kostensteigerungen durch mehr Kontrollen, Papierkrieg,längere Kundenberatung, längere Rezeptbearbeitungszeiten etc. etc. Während früher (80er Jahre noch) eine Angestellte (Frau Mehl) noch die Krankenkassenabrechnung erstellen konnte, ist heute eine große professionelle Abrechnungsstelle tätig, die so genau arbeiten muss, dass an jedem Monatsende eine CD von ihr erstellt wird, die eine Kontrolle jedes ein-zelnen Rezepts ermöglicht.

7) Vgl. IKZ Nr. 21, vom 26. 1. 20108) Der Sohn (32) ist studierter, erfolgreicher Informatiker.

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Arno Haarmann-Thiemann und seine

MitarbeiterinnenUrsula Sturm,

Anke Hohl,Nadine Blenke und

Julia Kuznikim Jubiläumsjahr

WP-Foto:Volker Bremshey

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Josef Köster wanderte vor rund 45 Jahren vom Wesselbachtal nach Kanada aus. Ererfreut sich der Möglichkeiten des Internet und ist regelmäßiger Besucher des Heimat –(www.hohenlimburg.net) und Wesselbachvereins (www.buergerverein-wesselbach.de).Im Jahr 2006 stellte Josef den Hohenlimburger Vereinen ein Foto seines Wohnhauses(ehemals Wesselbachstraße 10) zur Verfügung. Jährlich besucht Josef mit seiner Frau imFrühjahr die Wasserfälle des Niagara-Flusses, an der Grenze zwischen dem US-amerika-nischen Bundesstaat New York und der kanadischen Provinz Ontario gelegen. Das WortNiagara heißt in der indianischen Sprache der Ureinwohner „donnerndes Wasser“.

Einen letzten Kontakt vor der Drucklegung dieses Schwerpunktheftes der HOHEN-LIMBURGER HEIMATBLÄTTER hatte der Wesselbachverein Anfang September 2010.Josef ist sehr am Austausch mit Hohenlimburgern interessiert und freut sich überZuschriften. pm

Josef Köster

Mail: [email protected]

Anschrift: 121 Hunter St. W. 1208, Hamilton, ON LSP 1R3, Canada

Ehemaliges Wohnhaus von Josef Köster in der Wes-selbachstraße 10, ca. 1934. Foto: Slg. Josef Köster

Josef Köster mit seiner Frau im Jahr2006 in Niagara on the Lake.

Foto: privat

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Wesselbachstraße/Einmündung Neuer Schloßweg (heute: „Handwerkerhof”) im September 1969.Foto: Archiv Heimatverein

Ehemaliges Theis-Verwaltungsgebäude im neuen Wohngebiet „Friedrich-Gustav-Theis-Weg”.Foto: Hanspeter Dittrich, Dittrich-Foto-Design (Hohenlimburg), Juli 2010

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Winter an der Jahnstraße/Einmündung Herrenstraße (oben) und am Platz der SiebenKurfürsten (unten) Fotos: Michael Schneider, 2005

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Kinnermûle ISchnuppers Klaösken es met sîneMamma ût dä Wesselbiëcke inneStadt gaohn un draff eähr bim Inkau-pen helpen. Hä haöllt dat Küörwkenun daiht dä Kräöme, becke dä aolleSchnuppersche käupet, dao drin.Et dûert ´ne ganz Wiele, büs hä opäimao' sîne Mämme am Schlippentüht un siët:„Mamma, Mamma.“„Jao, wat wesse dann, Junge?“„Mamma, käup'se mî es mao' en Piäp-permintklümpken, Mamma, et könntauck twäi sîn?“„En Piäppermintklümpken, Junge?Jao baorüm dann op äimao' en Piäpper-mintklümpken, dat hiässe jao nochnüe hat?“, siët sîne Mämme.Doch Klaösken hiät ne Antwuordparât: „Sturms Akko hiät tiëgen misaggt, eck möch es en Piäppermint-klümpken probäiern, dao kraig mesone schöine Lochtverännerung vaninne Mûle.“

Otto Krägeloh

Kinnermûle IISchnuppers Klaösken kömmet metsînem Flitzepee ût dä Wesselbiëckeüöwer dä Bahn gestuuwet un brûsetnu dä Heärnstraote runner. In däHöchte van dä Post haölt ne dä Schan-darm Köppelmann an. „Sau, nu haoltmao ân. Becke büss du dann? Bûschriewes du di?“„Eck sin doch Klaos Schnupper ût däWesselbiëcke“, siët Klaösken sewwes-bewusst.„Sau, sau“, siët dä dicke Köppelmann,„Klaos Schnupper ût dä Wesselbiëcke.Nu höer es, Klaos, dä Lampe an dînemRäddken, dä es kapott, din Lecht klap-pet nit. Du mauss affstiegen un schuu-wen.“„Dat hewwe eck a' daon”, siët Klaös-ken tiëgen dän dicken Köppelmann,“aower dann klappet dat Lecht auk nit.“

Otto Krägeloh

Iserlohner Straße 44

58119 Hagen-Hohenlimburg

�(0 23 34) 22 84

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Manchmal wurde der jahrhundertealte Fuß-weg zwischen der oberen Herrenstraße undder Jahnstraße („auf dem Dorfe“) gar nicht inden Karten vermerkt. Und doch war dieserDurchgang zwischen dem Fachwerkhaus desBürgermeisters Brass (C. M. Pieper) und demHaus des Malers Hr. A. Tilmann eine wich-tige Abkürzung gegenüber dem südwest-licher gelegenen kurvigen Straßenstück dereinstigen Eggestraße (heute Jahnstr.).

Ein gepflasterter Weg mit Gosse, rechts undlinks, Werkstätten in Ziegelbauweise, das

unterkellerte Fachwerkhaus mit der Bäcke-rei zur Linken und das Arbeiterwohnhausmit Trockenboden zur Rechten. Davor in den50er Jahren, als dieses Szenenfoto entstand,die Rohrleger und Schweißer an der Ferngas-leitung.

Während eine junge Frau in Weiß sich amErdaushub vorbei einen Weg sucht, bestauntein Junge im Mantel den großrädrigen Trans-portständer mit den Gasflaschen.

w.b.

Rohrleitungsbau

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Unsere wichtigsten Themen im nächsten Heft– Böing-Stein – Stein des Anstoßes, von Wilhelm Bleicher

– Eine Chaussee von Schwerte nach Letmathe, von Gerhard E. Sollbach

– Geteiltes Leid ist halbes Leid, von Edith Vogtland

Geburtstags-GratulationAn dieser Stelle gratuliert der Verein für Orts- und Heimatkunde Hohenlimburg e.V.seinen Mitgliedern bei „runden” Geburtstagen und vom vollendeten 70. Lebensjahr an.

November Herzlichen Glückwunsch!02. Paul Bäbler 82 Jahre03. Gert Winter 71 Jahre05. Wilhelm Lett 71 Jahre07. Ingrid Klingsporn-Osthoff 72 Jahre08. Ursula Lindemann 73 Jahre09. Sebastian Reh 20 Jahre13. Elisabeth Wulfert 90 Jahre13. Michael Höh 20 Jahre14. Gabriele Schuh 72 Jahre15. Ursula Kniese 79 Jahre17. Christel Patzer 72 Jahre17. Olaf Eickmann 30 Jahre

18. Hans Herbert Tomfohrde 79 Jahre19. Rosemarie Pinkvoss 71 Jahre20. Ellen Terhorst 74 Jahre21. Ruth Gerdts 76 Jahre21. Herbert Oppermann 80 Jahre23. Margret Barstadt 82 Jahre24. Erika Teigelmeister 72 Jahre26. Carl-Wilhelm Winzerling 71 Jahre27. Hans Albert Stoffer 76 Jahre28. Prof. Dr. Dr. Hinrich Rahmann 75 Jahre29. Klaus Langescheid 72 Jahre30. Herbert Ullrich 81 Jahre

Veranstaltungen des Vereins für Orts- und Heimatkunde Hohenlimburg e.V.01. 11. 2010: Entlang der Ruhr von Haus Kemnade (Bochum) bis Burgaltendorf

Anfahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln · Abfahrtszeit wird frühzeitig in der Presse bekanntgegebenAnmeldung bis zum 25. Oktober 2010 bei Gerd Woeste, Telefon 0 23 34 / 20 88

03. 11. 2010: Hohenlimburger GeschichtswerkstattLeitung: Peter Schöne · Beginn: 19.00 Uhr · Ort: Vereinsraum im Rathaus Hohenlimburg (Zimmer 135)

06. 11. 2010: Kaffee, Kuchen, Kurzgeschichten · Gemütliches Beisammensein mit Kaffee und Kuchen im Gemeindehaus der Reformierten Kirche, Freiheitstraße 37. Eine Gemeinschaftsveranstaltung mit dem Freundeskreis „HohenlimBuch”. Beginn:15.00 UhrAnmeldung bis zum 30. Oktober 2010 an Folkert Schuerhoff, Telefon 0 23 34 / 25 98

14. 11. 2010: Gedenkstunde zum Volkstrauertag · Mahnmal Esserstraße · Beginn: 11.00 Uhr

Impressum:HOHENLIMBURGER HEIMATBLÄTTER für den Raum Hagen und Iserlohn – Beiträge zur LandeskundeMonatsschrift des Vereins für Orts- und Heimatkunde Hohenlimburg e.V., [email protected]: Hohenlimburger Heimatblätter e.V. (Amtsgericht Hagen VR 1559), [email protected]: www.hohenlimburg.net oder www.hohenlimburger-heimatblaetter.deVorsitzender: Widbert Felka, Im Sibb 32, 58119 Hagen-Hohenlimburg, Telefon (0 23 34) 24 47Redakteur: Dr. Wilhelm Bleicher; Abonnement- und Anzeigenverwaltung, Vertrieb: Erika Bleicher,Martin-Luther-King-Straße 19, 58638 Iserlohn, Telefon (0 23 71) 4 15 73, E-Mail: [email protected] oder [email protected]äftsführerin: Ruth Koordt, Weißensteinstraße 35, 58093 Hagen, Telefon (0 23 34) 4 10 26Konten: Sparkasse Hagen (BLZ 450 500 01) Kto. 128 004 142 · Volksbank Hohenlimburg e.G. (BLZ 450 615 24) Kto. 400 1170 800 Satz und Layout: HPH Grafik-Design, Horst-Peter Höh, Syburgweg 44, 58119 Hagen-Hohenlimburg, Telefon (0 23 34) 50 44 75Druck: Geldsetzer und Schäfers GmbH, Am Burgberg 2, 58642 Iserlohn (Letmathe-Oestrich), Telefon (0 23 74) 93 85 - 0Einzelpreis: 9,50 Euro, Jahresabonnement (Ausgaben Jan. - Dez. incl. Versand): 42,00 Euro. Alle Preise sind Endpreise und enthaltendie gesetzliche Mehrwertsteuer (zzt. 7 %). Anzeigenpreise auf Anfrage. Beendigung des Abonnements nur durch schriftliche Kündigungmit einer Frist von drei Monaten zum Ablauf des Kalenderjahres.Die Verantwortung für den Inhalt einzelner Artikel im Sinne des Presserechts oder des BGB liegt beim jeweiligen Autor.© Hohenlimburger Heimatblätter e.V. Nachdrucke, Veröffentlichungen, Vervielfältigungen jeder Art und Aufnahme in andereMedien bedürfen der vorherigen schriftlichen Zustimmung des Herausgebers.

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