Hell Forschung

download Hell Forschung

of 3

description

3

Transcript of Hell Forschung

  • Forschungsschwerpunkte

    Seit dem 17. Jahrhundert ist das Lichtmikroskop ein Schlssel zu wissenschaftlichen

    Erkenntnissen. Doch fokussiert man Licht auf einen Punkt, so entsteht in der Brennebene

    des Objektivs ein Beugungsfleck, dessen Durchmesser mindestens eine halbe

    Lichtwellenlnge (>200 Nanometer) betrgt. Beugung findet auch statt, wenn das Objektiv

    Licht aus der Probe sammelt und auf einen Detektor abbildet. Daher sollte ein

    Lichtmikroskop nur Details auflsen knnen, die mindestens eine halbe Lichtwellenlnge

    voneinander entfernt sind. 1873 von Ernst Abbe entdeckt und in einer Formel festgehalten,

    erschien dieses Gesetz als unberwindbar.

    Um dennoch feinere Strukturen untersuchen zu knnen, wurden im Laufe des 20.

    Jahrhunderts das Elektronen- und das Rastersondenmikroskop erfunden, die mit ihrer

    deutlich hheren Auflsung enorm zum wissenschaftlichen Fortschritt beigetragen haben.

    Um auch mit Licht schrfer abbilden zu knnen, wurde auch eine lichtoptische Variante des

    Rastersondenmikroskops entwickelt. Doch all diese Verfahren finden ihre Grenzen darin,

    dass sie auf dnne Probenschnitte oder schlichtweg auf Oberflchen begrenzt sind. Das

    Innere einer intakten oder sogar lebenden Zelle abzubilden, vermag nur fokussiertes Licht.

    Daher ist es nicht berraschend, dass auch heute noch ~80 % aller Mikroskopie-

    Untersuchungen auf die Lichtmikroskopie entfallen - obwohl ihre Auflsung bestenfalls 200

    Nanometer betrgt. Ihre wichtigste Variante ist dabei die Fluoreszenzmikroskopie, bei der

    die Zellbestandteile mit einem fluoreszierenden Molekl markiert werden. Bestrahlt man die

    Probe mit Licht, so erkennt man die markierten Proteine oder Lipide durch abgestrahltes

    Fluoreszenzlicht einer charakteristischen Wellenlnge (Farbe).

    Anfang der 1990er Jahre erkannte Stefan Hell, dass sich die Auflsung eines mit

    fokussiertem Licht arbeitenden Fluoreszenzmikroskops trotz Beugung am Objektiv -

    dramatisch steigern liee. Als ersten Schritt erfand er 1990 das 4Pi Mikroskop, das zwar

    nicht die Beugungsgrenze berwandt, aber die Auflsung senkrecht zur Fokalebene um das

    3- bis 7-Fache verbesserte. Doch gleichzeitig entdeckte er, dass sich Abbes Beugungsgrenze

    radikal durchbrechen liee, wenn man die optisch-spektroskopischen Eigenschaften des

    Farbstoffs gezielt fr diesen Zweck einsetzt.

    Um diese Ideen zu verfolgen, beantragte er 1991 ein Postdoktorandenstipendium der DFG,

    welche diese Vorhaben 1992-1993 untersttzte. Auf der Suche nach geeigneten optisch-

    spektroskopischen Farbstoffmechanismen wurde er Ende 1993 mit dem Verhindern der

    Fluoreszenz durch stimulierte Emission (stimulated emission depletion, kurz: STED) fndig.

  • Das Prinzip des STED-Fluoreszenzmikroskops, 1994 theoretisch beschrieben, wurde das

    erste lichtmikroskopische Verfahren, das herkmmliche Objektive verwendet (Fernfeld-

    Verfahren), aber in seiner Auflsung nicht mehr grundstzlich durch die Lichtwellenlnge

    begrenzt war.

    Im STED-Mikroskop verwendet man einen Strahl um die Fluoreszenz (in seinem

    Beugungsfleck) anzuregen und einen zweiten, ringfrmigen Strahl, um die Fluoreszenz am

    Rande des ersten Beugungsflecks auszuschalten. Damit wird der fluoreszierende Leuchtfleck

    kleiner als der Beugungsfleck. Mehr noch: Je strker der Ausschaltstrahl, desto schrfer

    wird er und desto hher wird die Auflsung, die man erhlt, wenn man die beiden Strahlen

    durch die Probe rastert und dabei ein Bild erstellt. Die Auflsung lsst sich jetzt trotz

    Beugung kontinuierlich steigern und zwar prinzipiell bis auf die Gre eines Molekls. Abbes

    Formel wurde dazu durch einen Wurzelterm erweitert. Damit hat die STED-Mikroskopie

    erstmalig und berraschend die Vorstellung ber die Leistungsfhigkeit eines

    fokussierenden Lichtmikroskops verndert.

    In der Praxis erhlt man bisher Auflsungen von 15-50 nm. Damit konnte man

    Proteinverteilungen in einer Zelle 7- bis 10-mal schrfer als bisher darstellen. Die hhere

    Auflsung in einem Lichtmikroskop fhrte zu neuen Erkenntnissen, die man mangels

    Methoden zuvor nicht htte gewinnen knnen. So konnte die STED-Mikroskopie Protein-

    Cluster aus einzelnen synaptischen Vesikeln (Blschen mit Nervenbotenstoffen) auflsen

    und einen wichtigen molekularen Mechanismus der Neurokommunikation klren. Auch half

    die STED-Mikroskopie dabei, herauszufinden, wie viele Proteine einer bestimmten Art

    (Syntaxin1) fr diese Verschmelzung erforderlich sind. Da Proteinkomplexe im

    Grenbereich von 10-200 nm liegen, hat dieses Mikroskop das Potenzial, besser als bisher

    in die molekulare Skala des Lebens vorzudringen.

    Weil der Schlssel zur Hochauflsung in der Einbeziehung der Farbstoffeigenschaften lag,

    war STED nur der erste erfolgreiche Reprsentant einer nanoskaligen Lichtmikroskopie. So

    konnte Hell bereits 1995 zeigen, dass es neben STED auch andere geeignete molekulare

    Mechanismen gibt. Zum Beispiel schlug er vor, die Fluoreszenz durch die transiente

    Besetzung eines Dunkelzustands (Triplett-Zustand) auszuschalten. Diese Idee wurde 2003

    durch die Verwendung molekularer fluoreszenter Schalter erweitert, wie sie zum Beispiel in

    reversibel photoaktivierbaren fluoreszierenden Proteinen oder in reversibel optisch

    schaltbaren organischen Fluoreszenzmarker zu finden sind. Damit konnte er eine ganze

    Familie von beugungs-unbegrenzten Lichtmikroskopen definieren und den Boden fr ein

  • neues bis vor kurzem fr kaum mglich gehaltenes Instrumentarium der

    Naturwissenschaften bereiten.

    STED-Mikroskope sind bereits kommerziell verfgbar und die der Fernfeld-Optischen

    Nanoskopie zugrunde liegende Technologie hat sich in den letzten Jahren erheblich

    vereinfacht. Auch haben sich die Leistungsdaten wie Auflsung, Sensitivitt und

    Aufnahmezeiten erheblich verbessert. Es ist daher zu erwarten, dass lichtnanoskopische

    Verfahren in den nchsten Jahren in fast allen Laboren der Lebenswissenschaften Einzug

    halten und diese nachhaltig verndern wird.

    Stefan Hell

    Januar 2008