Herzlich willkommen im St. Elisabeth Krankenhaus, · PDF fileDr. Michael Lammertink • VBK...
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Herzlich willkommen im
St. Elisabeth Krankenhaus,
Wittlich
Der heutige Vortrag:
- Depression –
Modediagnose oder
Volkskrankheit ?
Referent: Chefarzt Dr. med. Michael Lammertink
Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie
am Verbundkrankenhaus Bernkastel / Wittlich
Dr. Michael Lammertink • VBK Bernkastel-Wittlich • Abt. für Psychiatrie und Psychotherapie
Gliederung
• Depression hat viele Gesichter
– Erscheinungsformen
• Depression kann jeden treffen
– Ursachen und Erklärungsmodelle
• Depression ist behandelbar
– Medikamentöse, psychotherapeutische und
andere Behandlungsansätze
Dr. Michael Lammertink • VBK Bernkastel-Wittlich • Abt. für Psychiatrie und Psychotherapie
Symptome der Depression
Pessimistische Gedanken
Selbstabwertung
Wahnvorstellungen Schuldgefühle
Grübelneigung
Konzentrationsstörungen
Gedächtnisprobleme
Denkhemmung
Entscheidungsschwäche
Rückzug
Verlangsamung
Ängste/Panik
Freudlosigkeit
Gefühl der Gefühllosigkeit
Morgentief
Hoffnungslosigkeit
Suizidalität
Appetitlosigkeit
Schlafstörungen
Abgeschlagenheit
Libidoverlust
Unruhe
Niedergeschlagenheit
Antriebsmangel
Freud- und Interessenverlust
Dr. Michael Lammertink • VBK Bernkastel-Wittlich • Abt. für Psychiatrie und Psychotherapie
Depression hat viele Gesichter
• F06.3 Organisch bedingte affektive Störung
• F1x.54 Substanzinduzierte depressive Störung
• F20.4 Postschizophrene Depression
• F25.1 Schizoaffektive Störung, aktuell depressiv
• F31 Bipolare Störung
• F32 Depressive Episode
• F33 Rezidivierende depressive Störung
• F34 Anhaltende affektive Störungen ▪ Zyklothymia
▪ Dysthymia
• F43.2 Depressive Anpassungsstörung
Dr. Michael Lammertink • VBK Bernkastel-Wittlich • Abt. für Psychiatrie und Psychotherapie
Verläufe
Depressive Episode
Rezidivierende
depressive Störung
Dysthymia
Bipolare affektive
Störung
mit und ohne plausiblen Auslöser*
* bei eindeutigem Auslöser und eher geringer Ausprägung auch „depressive Reaktion“ genannt
Dr. Michael Lammertink • VBK Bernkastel-Wittlich • Abt. für Psychiatrie und Psychotherapie
„Kerndepression“ (Melancholie, Somatisches Syndrom)
• Früherwachen
• Morgentief, circadiane Rhythmik
• Gewichtsverlust
• Starke Freudlosigkeit, Gefühl
der Gefühllosigkeit
• Starke Hemmung oder
Agitation
• Libidoverlust
• ggf. Wahnvorstellungen
Dr. Michael Lammertink • VBK Bernkastel-Wittlich • Abt. für Psychiatrie und Psychotherapie
Saisonale Depression
• Winterdepression: Beginn im November, Ende im
Februar
• Atypische Symptomatik: Energielosigkeit, Hypersomnie
(bis zu 16 Std. Schlaf/Tag), Hyperphagie (Heißhunger
auf Kohlehydrate), Gewichtszunahme
Behandlung: Lichttherapie (Lampen mit 5.000-10.000 Lux)
Dr. Michael Lammertink • VBK Bernkastel-Wittlich • Abt. für Psychiatrie und Psychotherapie
Postpartale Depression
• Baby Blues (sog. Heultage): 50-70%, 3.-10. Tag, stark hormonell bedingt
• Wochenbettdepression : 5-10%, entspricht einer typischen Depression, Rolle der Hormone gering
• Problem: Extreme Abweichung vom Rollenideal
Behandlung:
Psychoedukation
Entlastung
Im Zweifelsfall Abstillen,
antidepressive Behandlung
Cave: Erweiterter Suizid!
Dr. Michael Lammertink • VBK Bernkastel-Wittlich • Abt. für Psychiatrie und Psychotherapie
Depression versus Trauer
Trauerreaktion Depression
Verlauf Allmähliche Anpassung an die neue
Realität, abnehmende Intensität der
gefühlten Trauer.
Evtl. verzögerte Trauerreaktion.
Eher Zu- als Abnahme. Anpassung
misslingt.
Symptomatik Rückzug, häufiges Weinen. Fähigkeit,
Freude zu empfinden bleibt erhalten.
Stark von kulturellen Normen geprägt.
„Starrer Affekt, Gefühl innerlicher
Leere und allgemeiner Sinnlosig-
keit, Schuldgefühle, ggf. Wahnvor-
stellungen, Suizidgedanken,
veränderte Persönlichkeit
Gesundheit Langfristig keine gesundheitlichen
Folgen
Anhaltende Schlafstörung oder
Appetitminderung, Anfälligkeit für
Infektionserkrankungen
Soziale
Folgen
Kurzfristig Rückzug, langfristig keine
sozialen Folgen
Vernachlässigung des sozialen
Netzes, Einbußen im Bereich des
beruflichen Funktionierens,
Vereinsamung
Dr. Michael Lammertink • VBK Bernkastel-Wittlich • Abt. für Psychiatrie und Psychotherapie
Depression versus Burnout
A Mangelnde Motivation
Disziplinlosigkeit z.B.
Unterforderung
Überforderung
Keine Identifikation
Kein Interesse
Keine Kontrolle
Keine Einbindung
Kein Erfolg
B Akute
Erschöpfung Überarbeitung:
z.B.
Normale Müdigkeit nach intensiver Arbeitsphase
Bedürfnis nach Auszeit (Urlaub)
C Burnout
Chronische Erschöpfung
z.B.
Überforderung über längere Zeit
Aufbrauchen der körperlichen und
psychischen Reserven
D
KRANKHEIT z.B. Depression
z.B.
Oft plötzlicher Beginn
deutliche Veränderung der
Persönlichkeit
Probleme nicht nur bei Arbeit
Auch ohne klare Auslöser
„gesund“ „krank“
Dr. Michael Lammertink • VBK Bernkastel-Wittlich • Abt. für Psychiatrie und Psychotherapie
Ein paar Zahlen
• Lebenszeitrisiko: 10-20 %, Bipolar: 1-2 %
• Punktprävalenz: 3-5 %
• Frauen: jede 5., Männer: jeder 10.
• Häufigkeitsgipfel: 3.-4. Lebensjahrzehnt
• Nur 10% erkranken erstmals nach dem 60. LJ.
• Dauer: 6-10 Monate (unbehandelt)
• Rezidivrate: 50%, mit jedem Rez.
Anstieg um 15%
• Ca. 5 - 10% gehen über in einen chronischen Verlauf
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Frühverrentungen 2001 - 2012
Psychische Erkrankung auf Platz 1 der 6 wichtigsten Krankheitsarten für
gesundheitsbedingte Frühverrentung; Anteil (%) an Gesamtzugängen
Zahl der
Renten-
Neu-
zugänge
pro Jahr
Quelle: DRV-Statistik Rentenzugang, in: BPtK-Studie zur Arbeits- und Erwerbsunfähigkeit 2013
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Neuverrentung affektive Störungen
Zahl der
Renten-
Neu-
zugänge
pro Jahr
F3: Affektive Störungen: Anstieg um 95,6 % zwischen 2001 und 2012
Dr. Michael Lammertink • VBK Bernkastel-Wittlich • Abt. für Psychiatrie und Psychotherapie
Psyche statt Herz
8,6
28,5
42,1
0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
1983 2002 2012
Atmung
Nerven/Sinne
Skelett/ Muskel/Bindegewebe
Herz/Kreislauf
Stoffwechsel/Verdauung
Neubildungen
psychische Erkrankungen
sonstiges
Rentenversicherung in Zeitreihen, Deutsche Rentenversicherung Bund, Oktober 2013
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AU-Tage durch psych. Erkrankung
Anteil (%)
an Gesamt-
AU-Tagen
Quelle: Bundespsychotherapeutenkammer, BPtK-Studie zur Arbeits- und Erwerbsunfähigkeit 2013
Daten der großen gesetzlichen Krankenversicherungen (AOK, DAK, BKK, TK, BEK,
GEK bzw. B-GEK)
+ 95,7%
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Beeinträchtigung
durch depressive Störungen
0,0
2,0
4,0
6,0
8,0
10,0
12,0
unipolare Depression
Hörstörun
gen
Alko
holismus
Alzheim
er u. andere Dem
enzen
Osteo
arthritis
Seh
störungen
CO
PD*
Diab
etes mellitus
Asthm
a
Medikam
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Quelle:The global burden of disease: 2004 update; WHO 2008
Mit
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Depressionen in der
Hausarztpraxis
• Wie viele Pat. in einer Hausarztpraxis leiden an einer Depression)?
• 10% (Wittchen et al 2000; 400 Arztpraxen)
• Wie viele davon präsentieren sich mit ausschließlich körperlichen Beschwerden?
• 69% (Simon et a. 1999, 1146 Pat.)
Betroffene in
Deutschland:
4 Millionen
In hausärztlicher
Behandlung:
2,4 – 2,8 Millionen
Korrekt
diagnostiziert:
1,2 - 1,4 Millionen
Adäquate
Therapie:
400 Tausend
60-70% 30-35% 10%
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Letalität
• Über 80% depressiver Pat. haben Suizidgedanken
• Ca. 70% der Suizide sind auf eine Depression zurückzuführen
• Wegen Depression hospitalisierte Pat.: 10-15% Suizide im Langzeitverlauf
• Wahnhafte Depressionen: 20%
• Bipolare Störungen: 15-30%
Fazit: Depression ist eine gefährliche Erkrankung!
Dr. Michael Lammertink • VBK Bernkastel-Wittlich • Abt. für Psychiatrie und Psychotherapie
Todesursachenstatistik 2010
Aids
Mord /
Totschlag
Verkehr
Drogen
Suizid 10.021
1.237
455
478
3.942
(Quelle: Bundesamtes für Statistik/Gesundheitsberichterstattung des Bundes; 2011)
Dr. Michael Lammertink • VBK Bernkastel-Wittlich • Abt. für Psychiatrie und Psychotherapie
0
2.000
4.000
6.000
8.000
10.000
12.000
14.000
16.000
18.000
20.000
19
80
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84
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19
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19
88
19
89
19
90
19
91
19
92
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94
19
95
19
96
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19
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20
00
20
01
20
02
20
03
20
04
20
05
20
06
20
07
20
08
20
09
20
10
20
11
20
12
Anzahl Suizide
Anzahl Suizide
(Quelle: Todesursachenstatistik, Statistisches Bundesamt; www.gbe-bund.de (13.12.2013)
Suizidzahlen seit 1980
Dr. Michael Lammertink • VBK Bernkastel-Wittlich • Abt. für Psychiatrie und Psychotherapie
Nürnberger Bündnis gegen
Depression
1. Vorgehen:
Breitgefächerte Aufklärung über
Depressionen und Suizidalität
2. Ergebnis:
Reduktion der Suizide und
Suizidversuche um 25 %
Dr. Michael Lammertink • VBK Bernkastel-Wittlich • Abt. für Psychiatrie und Psychotherapie
Depression kann jeden treffen
Leiden Sie seit mehr als 2 Wochen unter : Ja Nein
1 Gedrückter Stimmung ☐ ☐
2 Interesselosigkeit und/oder Freudlosigkeit, auch bei sonst ☐ ☐
angenehmen Ereignissen
3 Schwunglosigkeit und/oder bleierner Müdigkeit und/oder innerer Unruhe ☐ ☐
4 Fehlendem Selbstvertrauen und/oder fehlendem Selbstwertgefühl ☐ ☐
5 Verminderter Konzentrationsfähigkeit und/oder starker Grübelneigung ☐ ☐
und/oder Unsicherheit beim Treffen von Entscheidungen
6 Starken Schuldgefühlen und/oder vermehrter Selbstkritik ☐ ☐
7 Negativen Zukunftsperspektiven und/oder Hoffnungslosigkeit ☐ ☐
8 Hartnäckigen Schlafstörungen ☐ ☐
9 Vermindertem Appetit ☐ ☐
10 Tiefer Verzweiflung und/oder Todesgedanken ☐ ☐
Selbsttest
Dr. Michael Lammertink • VBK Bernkastel-Wittlich • Abt. für Psychiatrie und Psychotherapie
Berühmte Persönlichkeiten
mit Depression
Dr. Michael Lammertink • VBK Bernkastel-Wittlich • Abt. für Psychiatrie und Psychotherapie
Selbsttest
Leiden Sie seit mehr als 2 Wochen unter : Ja Nein
1 Gedrückter Stimmung ☐ ☐
2 Interesselosigkeit und/oder Freudlosigkeit, auch bei sonst ☐ ☐
angenehmen Ereignissen
3 Schwunglosigkeit und/oder bleierner Müdigkeit und/oder innerer Unruhe ☐ ☐
4 Fehlendem Selbstvertrauen und/oder fehlendem Selbstwertgefühl ☐ ☐
5 Verminderter Konzentrationsfähigkeit und/oder starker Grübelneigung ☐ ☐
und/oder Unsicherheit beim Treffen von Entscheidungen
6 Starken Schuldgefühlen und/oder vermehrter Selbstkritik ☐ ☐
7 Negativen Zukunftsperspektiven und/oder Hoffnungslosigkeit ☐ ☐
8 Hartnäckigen Schlafstörungen ☐ ☐
9 Vermindertem Appetit ☐ ☐
10 Tiefer Verzweiflung und/oder Todesgedanken ☐ ☐
Dr. Michael Lammertink • VBK Bernkastel-Wittlich • Abt. für Psychiatrie und Psychotherapie
Anlage versus Auslöser
Früher:
Heute:
Endogene Depression Reaktive Depression
Endogener Pol (Veranlagung)
(Verursachung) Reaktiver Pol
Dr. Michael Lammertink • VBK Bernkastel-Wittlich • Abt. für Psychiatrie und Psychotherapie
Die Rolle der Gene
• 40-50% des Erkrankungsrisikos genetisch
– F43.2 → F34.1 → F33 → F31
– Monopolare Depression: • Übereinstimmung eineiiger Zwillinge 50%
• 1 Elternteil erkrankt: Risiko 10%
– Bipolare Störung: • Übereinstimmung eineiiger Zwillinge 80 %
• 1 Elternteil erkrankt: Risiko 20%
• polygenetische Erkrankung
– Suche nach Kandidatengenen
– Gen-Umwelt-Interaktion
Dr. Michael Lammertink • VBK Bernkastel-Wittlich • Abt. für Psychiatrie und Psychotherapie
Stoffwechselstörung?
Serotonin,
Noradrenalin
Rezeptor
Wiederaufnahme
– oder
Abbauhemmung
Antidepressiva verändern die Neurotransmitter-
Konzentration
• Aber: Antidepressiva wirken erst nach
10 – 14 Tagen
• Gegenregulation des Körpers
• Reduzierte Neurotransmitter-
Konzentration im Nervenwasser
konnte nie nachgewiesen werden
„I spent the first several years of my career doing full-time research on brain serotonin metabolism, but I never saw any convincing evidence that an psychiatic disorder, including depression, results from a deficiency of brain serotonin“ (Burns 2003)
„The serotonin theory of depression is comparable to the masturbatory theory of insanity“ (Healy 2005)
Dr. Michael Lammertink • VBK Bernkastel-Wittlich • Abt. für Psychiatrie und Psychotherapie
Organische Ursachen
• Hormonstörungen (Schilddrüse, Neben-
schilddrüse, Geschlechtshormone)
• Morbus Parkinson, Multiple Sklerose
• Beginnende Demenzen
• Kardiale Erkrankungen
• Post-stroke depression
• Tumorerkrankungen
• Chronische Schmerz-
syndrome
Dr. Michael Lammertink • VBK Bernkastel-Wittlich • Abt. für Psychiatrie und Psychotherapie
Medikamente als Ursache
• Reserpin
• α-Methyldopa
• Clonidin
• β-Blocker
• Prazosin
• Digitalis
• Lidocain
• Disopyramid
• Kortikosteroide
• Orale Kontrazeptiva
• Cimetidin
• Ranitidin
• Indometacin
• Antiglaukom-Medikamente
• Gyrasehemmer
• Isoniazid
• Vincristin
• Vinblastin
• Cyclosporin
• FK 506
• Interferone
• Physostigmin
• Andere Cholinergika
• Levodopa
• Neuroleptika
• Benzodiazepine
• Antikonvulsiva
• Opiate
Dr. Michael Lammertink • VBK Bernkastel-Wittlich • Abt. für Psychiatrie und Psychotherapie
Sucht als Auslöser
• Durch eine Substanz bzw. deren Fehlen – Alkohol, Beruhigungsmittel
– Kokain, Amphetamine
• Durch Vernachlässigung anderer Lebensbereiche und Schuldgefühle
• Durch Folgeprobleme – Scheidung
– Arbeitslosigkeit
– Juristische Probleme
– Gesundheitliche Folgen
Dr. Michael Lammertink • VBK Bernkastel-Wittlich • Abt. für Psychiatrie und Psychotherapie
Psychische Faktoren
• Frühe Verlusterlebnisse (Tod, Scheidung, Erkrankung,
Depression der Mutter) und andere neg. Erfahrungen
(u.a. Trauma, Vernachlässigung)
• Persönlichkeit (Typus melancholicus):
– Gewissenhaftigkeit, Fleiß, Pflichtbewusstsein
– Ordentlichkeit, Pünktlichkeit, Verlässlichkeit
– Hohe ethische Maßstäbe, Leistungsanspruch
– Stark ausgeprägtes Harmonie- und Sicherheits-
bedürfnis
• Aktuelle Belastungen / Konflikte / Stress
Dr. Michael Lammertink • VBK Bernkastel-Wittlich • Abt. für Psychiatrie und Psychotherapie
Psychologische Modelle I
Vulnerabilitäts-Stress-Modell
gesund krank
Stress-
intensität
Vulnerabilität
Dr. Michael Lammertink • VBK Bernkastel-Wittlich • Abt. für Psychiatrie und Psychotherapie
Psychologische Modelle II
Verstärkermodell (Lewinson)
• Depressive Symptomatik ist mit einer geringeren Rate an positiver Umweltverstärkung assoziiert
• Niedrige Gesamtrate potenzieller Verstärker kann durch verschiedene Aspekte zustande kommen
• Depressives Verhalten wird kurzfristig durch soziale Verstärkung aus der Umgebung aufrechterhalten
• Langfristig jedoch werden depressive Personen eher gemieden
Verstärkerverlust & Verstärkung der De-pression
Dr. Michael Lammertink • VBK Bernkastel-Wittlich • Abt. für Psychiatrie und Psychotherapie
Beispiel:
Körperliche Krankheit /Verletzung
Abnahme der
körperlichen
Belastbarkeit
Weniger Sport,
seltener aus dem
Haus
Weniger soziale
Kontakte
Vereinsamung Depressivität Weniger Sport,
seltener aus dem
Haus
Dr. Michael Lammertink • VBK Bernkastel-Wittlich • Abt. für Psychiatrie und Psychotherapie
Psychologische Modelle III
Modell der erlernten Hilflosigkeit (Seligman)
• Depressive Menschen haben oft das Gefühl (erlernt), keine Kontrolle über
ihre Umwelt zu haben – Positive Erlebnisse attribuieren sie auf Glück, Zufall etc.
– Negative Erlebnisse attribuieren sie auf eigenes Versagen
Dr. Michael Lammertink • VBK Bernkastel-Wittlich • Abt. für Psychiatrie und Psychotherapie
Psychologische Modelle IV
Kognitives Modell (Beck)
• In der Kindheit erworbene dysfunktionale kognitive Schemata, welche die Wahrnehmung und
Interpretation der Realität negativ verzerren
• Reaktivierung durch Situationen, die der Entstehungssituation ähneln
• Dabei entstehen automatische Gedanken, welche sich in Fehlschlüssen äußern
Dr. Michael Lammertink • VBK Bernkastel-Wittlich • Abt. für Psychiatrie und Psychotherapie
Dysfunktionale Gedanken I
• Alles-oder-nichts-Denken:
– Ich bin Toll oder ein Nichts
• Übertriebene Verallgemeinerungen:
– Aus einem Misserfolg wird eine Pechsträhne
• Selektive Wahrnehmung:
– Konzentration auf einzelne negative Details
• Abwehr positiver Erfahrungen:
– Positive Erlebnisse „zählen nichts“
• Voreilige Schlussfolgerungen:
– Aus Interpretationen werden Tatsachen
Dr. Michael Lammertink • VBK Bernkastel-Wittlich • Abt. für Psychiatrie und Psychotherapie
Dysfunktionale Gedanken II
• Über- und Untertreibungen:
– Überschätzen eigener Schwächen, Unterschätzen eigener Fähigkeiten
• Emotionale Beweisführung:
– Aus meinem Gefühl wird eine Tatsache
• Befolgung vermeintlicher Regeln:
– Man sollte, man muss, es gehört sich ….
• Etikettierungen:
– Bewertung von Personen statt von Ereignissen
• Dinge persönlich nehmen:
– Verantwortung übernehmen für Ereignisse,
für die man nichts kann
Dr. Michael Lammertink • VBK Bernkastel-Wittlich • Abt. für Psychiatrie und Psychotherapie
Depression ist gut behandelbar
Medikamentöse Behandlung
• Antidepressiva (antriebssteigernde und dämpfende):
– Tri- und Tetracyklika (Amitriptylin, Doxepin, Maprotilin)
– SSRI (z.B. Citalopram, Sertralin, Fluoxetin)
– SNRI (Reboxetin, inzwischen vom Markt genommen)
– SSNRI (Venlafaxin, Duloxetin)
– NaSSA (Mirtazapin)
– MAO-Hemmer (Tranylcypromin, Moclobemid)
• Begleitbehandlung: – Benzodiazepine (passager)
– Neuroleptika (bei wahnhafter Depression)
– Mood stabilizers (Lithium, CBZ, VLP, Lamotrigin) bei wiederkehrenden Depressionen oder bipolarer Störungen
Dr. Michael Lammertink • VBK Bernkastel-Wittlich • Abt. für Psychiatrie und Psychotherapie
Fluch oder Segen?
• Nur bei 1/3 schlagen Antidepressiva gut, bei 1/3 teilweise an
• Nur geringe Überlegenheit gegenüber Placebo – Je schwerer (und biologischer) die Depression, desto höher die
Überlegenheit
• Zahlreiche (in der Regel ungefährliche) Nebenwirkungen – Problematisch: Provokation einer Manie
– Suche nach eigenen Bewältigungsmöglichkeiten u.U. erschwert
• Bei leichten und mittelschweren Depressionen Psychotherapie gleich wirksam – Nachhaltigkeit von PT höher
Dr. Michael Lammertink • VBK Bernkastel-Wittlich • Abt. für Psychiatrie und Psychotherapie
Andere biologische Verfahren
• Lichttherapie – vor allem bei saisonaler Depression wirksam
• Schlafentzug – Unbequem; meist nur stationär möglich
• Elektrokrampftherapie – Hohe Wirkungsquote, auch bei Therapieresistenz
• TMS, VNS, Tiefenhirnstimulation – bisher nur im universitären Bereich
Dr. Michael Lammertink • VBK Bernkastel-Wittlich • Abt. für Psychiatrie und Psychotherapie
Depression ist gut behandelbar
Psychotherapie
• Verschiedene Verfahren (Tiefenpsychologie, Verhaltenstherapie etc.)
• Wichtig: – Gute Beziehung
– Problemverständnis
– Problemaktualisierung
– Ressourcenaktivierung
– Problembewältigung
• In der Regel Kassenleistung!
Dr. Michael Lammertink • VBK Bernkastel-Wittlich • Abt. für Psychiatrie und Psychotherapie
Raus aus der
Depressionsspirale
1. Sie fühlen sich
niedergeschlage
n und haben
keine Lust,
etwas zu tun
2. Sie haben im
Alltag keine
positiven
Erlebnisse mehr 3. Ihre Stimmung
wird schlechter
und Sie tun nur
noch das
Nötigste
4. Sie haben
überhaupt nichts
mehr an dem Sie
sich freuen
können 5. Ihre Stimmung
ist auf dem
Nullpunkt, und
Ihnen ist alles
zuviel
5. Ihre Stimmung
wird immer besser,
und Sie planen
weitere Unterneh-
mungen, die Ihnen
Freude machen
3. Sie freuen
sich über Ihren
Erfolg und Ihre
Laune wird
besser
1. Ihre Stimmung
ist auf dem
Nullpunkt, und
Ihnen ist alles
zuviel
4. Heute tun Sie
außer Ihren
Pflichten noch
etwas, was
Ihnen Spaß
macht
2. Sie raffen sich
auf und machen
das, was sie
schon lange tun
wollten
In die Depression
hinein Aus der Depression
hinaus
Dr. Michael Lammertink • VBK Bernkastel-Wittlich • Abt. für Psychiatrie und Psychotherapie
Aktivierung
• Wochenplan – Zunächst zum besseren Verständnis
• Gefühle?
• Gedanken?
• Verhalten?
– Später als Tagesstrukturplan (möglichst konkret)
• Erarbeitung angenehmer Aktivitäten – Was geht noch?
– Was hat Ihnen früher Freude gemacht?
– Wen könnten Sie mal wieder kontaktieren?
Dr. Michael Lammertink • VBK Bernkastel-Wittlich • Abt. für Psychiatrie und Psychotherapie
Soziales Kompetenztraining
• Kommunikative Basisfertigkeiten
(Mimik, Gestik, Stimmlage, Blickkontakt etc.)
• Verbale Grundfertigkeiten (Fragen stellen, auf andere eingehen, Gefühle ausdrücken, loben)
• Eigene Wünsche erkennen und erfolgreich äußern
• Anforderungen anderer erfolgreich entgegentreten können
• Probleme gemeinsam meistern
lernen
Dr. Michael Lammertink • VBK Bernkastel-Wittlich • Abt. für Psychiatrie und Psychotherapie
Kognitive Umstrukturierung
• Dysfunktionale Gedanken und Grundannahmen identifizieren und überprüfen
• Hilfreichere Gedanken entwickeln
• Grundannahmen zuwider handeln (Verhaltensexperimente)
→ Sokratischer Dialog
Dr. Michael Lammertink • VBK Bernkastel-Wittlich • Abt. für Psychiatrie und Psychotherapie
Depressionsprogramm im
Verbundkrankenhaus Bernkastel-Wittlich
• Jeden Tag eine Therapieeinheit a 60 Minuten über 4 Wochen
Psychoedukation Kunsttherapie Psychoedukation Walking Musiktherapie
Montag Dienstag Mittwoch Donnerstag Freitag
• Daneben erfolgt eine individuelle Einzeltherapie
Dr. Michael Lammertink • VBK Bernkastel-Wittlich • Abt. für Psychiatrie und Psychotherapie
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit !