HOAI • Newsletter 2017 - ggsc.de · (11.04.2017, 11 Verg 4/17). Das Problem...

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Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB Tel. 030 726 10 26 0 www. ggsc.de Stralauer Platz 34 Fax 030 726 10 26 10 [email protected] 10243 Berlin HOAI • Newsletter Juli 2017 Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Mandantschaft, mit dieser Ausgabe unseres HOAI- Newsletters möchten wir Sie erneut über aktuelle und praxisrelevante Entwicklungen für Planungsbüros und für Auftraggeber von Planungsbüros informieren. Mit dem ersten Beitrag möchten wir Sie zunächst zu unse- rem [GGSC] Projektentwicklertag einladen: [GGSC] Projektentwicklertag am 19. Oktober 2017 in Berlin Die dort behandelten Themen sind auch für Planungsbüros von praktischer Relevanz. Anschließend finden Sie eine Reihe von Berichten über aktuelle Gerichtsentschei- dungen, zum Dauerbrenner „Akquisitions- phase“, zum Mindestsatzgebot der HOAI und zur Prüfung von Bauzeitnachträgen in der LP 8. Ferner erläutern wir einige Ent- scheidungen, die für die Ausschreibung und Vergabe von Architektenleistungen wichtig sind. Mit freundlichen Grüßen aus Berlin, Frankfurt (Oder) und Augsburg Ihr [GGSC] Anwaltsteam DIE THEMEN DIESER AUSGABE: [GGSC] Projektentwicklertag am 19.10.2017 BGH: Keine „entgeltliche Akquisition“; HOAI ist zwingend Auftragsvergabe nach Architekten- wettbewerb – Punktevorsprung für den ersten Preisträger LP 8 und gestörter Bauablauf: Wer bezahlt für schlechtes Wetter? EU-Klage gegen HOAI ist eingereicht Kommunale Wohnungsbaugesellschaf- ten sind öffentliche Auftraggeber – Ausschreibungspflicht für Planungsleis- tungen Enge und lange Zusammenarbeit: Kein Grund für eine Mindestsatzunterschrei- tung [GGSC] auf Veranstaltungen [GGSC] online

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HOAI • Newsletter Juli 2017

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Mandantschaft,

mit dieser Ausgabe unseres HOAI-Newsletters möchten wir Sie erneut über aktuelle und praxisrelevante Entwicklungen für Planungsbüros und für Auftraggeber von Planungsbüros informieren. Mit dem ersten Beitrag möchten wir Sie zunächst zu unse-rem [GGSC] Projektentwicklertag einladen:

[GGSC] Projektentwicklertag am 19. Oktober 2017 in Berlin

Die dort behandelten Themen sind auch für Planungsbüros von praktischer Relevanz. Anschließend finden Sie eine Reihe von Berichten über aktuelle Gerichtsentschei-dungen, zum Dauerbrenner „Akquisitions-phase“, zum Mindestsatzgebot der HOAI und zur Prüfung von Bauzeitnachträgen in der LP 8. Ferner erläutern wir einige Ent-scheidungen, die für die Ausschreibung und Vergabe von Architektenleistungen wichtig sind.

Mit freundlichen Grüßen aus Berlin, Frankfurt (Oder) und Augsburg

Ihr [GGSC] Anwaltsteam

DIE THEMEN DIESER AUSGABE:

• [GGSC] Projektentwicklertag am 19.10.2017

• BGH: Keine „entgeltliche Akquisition“; HOAI ist zwingend

• Auftragsvergabe nach Architekten-wettbewerb – Punktevorsprung für den ersten Preisträger

• LP 8 und gestörter Bauablauf: Wer bezahlt für schlechtes Wetter?

• EU-Klage gegen HOAI ist eingereicht

• Kommunale Wohnungsbaugesellschaf-ten sind öffentliche Auftraggeber – Ausschreibungspflicht für Planungsleis-tungen

• Enge und lange Zusammenarbeit: Kein Grund für eine Mindestsatzunterschrei-tung

• [GGSC] auf Veranstaltungen

• [GGSC] online

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[GGSC] HOAI·Newsletter – Juli 2017

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[GGSC-PROJEKTENTWICKLERTAG AM 19.10.2017]

Am 19.10.2017 führen wir in Berlin den [GGSC] Projektentwicklertag durch und möchten Sie dazu herzlich einladen.

In der ganztägigen Veranstaltung werden wir die Neuregelungen des Werkvertrags-rechts und des BauGB vorstellen, die am 01.01.2018 in Kraft treten. Wir werden diese Gesetzesänderungen praxisnah in den kon-kreten Projektablauf einordnen und also verdeutlichen, welche Arbeitsschritte in der Projektentwicklung sich durch die neue Gesetzeslage konkret ändern werden. Ferner gehen wir die Projektphasen der Immobi-lien-Projektentwicklung durch und erörtern mit Ihnen klassische und aktuelle Praxis-probleme.

Wir freuen uns, dass wir erfahrene Praktiker aus Unternehmen und staatlichen Stellen als Ko-Referenten für die Veranstaltung gewinnen konnten. Einzelheiten zu Inhalt, Termin und Ort finden Sie hier

[GGSC] Projektentwicklertag am 19. Oktober 2017 in Berlin

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Rechtsanwalt Dr. Sebastian Schattenfroh

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[BGH: KEINE "ENTGELTLICHE AKQUISITION"; HOAI IST ZWINGEND]

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat der Annahme einer langandauernden "Akquisi-tionsphase" eine deutliche Grenze gesetzt: Spätestens in dem Moment, in dem Bauherr und Architekt eine Bezahlung vereinbaren – und sei es ein geringes Zeithonorar – ist die Akquisitionsphase beendet. Ab diesem Moment besteht dann aber Anspruch auf den HOAI-Mindestsatz (16.03.2017; VII ZR 35/14). Die Entscheidung stärkt die Auftragnehmerrechte deutlich.

Das Problem

In der Frühphase eines Projekts steht häufig noch nicht fest, ob überhaupt gebaut wer-den soll. Es werden die ersten Planungsideen entwickelt, aber man ist noch von einer systematischen Projektplanung nach Leis-tungsphasen entfernt. Wenn Architekten in dieser Phase Leistungen erbringen, ohne klare Vereinbarungen zu treffen, und später

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[GGSC] HOAI·Newsletter – Juli 2017

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wird das Projekt abgebrochen, entsteht oft Streit über die Bezahlung der bis dahin erbrachten Leistungen. Dazu existiert eine Unzahl von Gerichtsentscheidungen, in denen jeweils versucht wird abzugrenzen, was noch Akquisition ist, und was als beauf-tragte Leistung anzusehen ist.

In diesem Kontext hat es mehrere Urteile zu Konstellationen gegeben, in denen Bauherr und Architekt eine "Aufwandsentschädi-gung" für die Frühphase vereinbart hatten. Diese Gerichtsentscheidungen haben zum Teil bestätigt, dass man solche Aufwands-entschädigungen vereinbaren könnte, ohne dass damit ein Auftrag erteilt sei. Es handele sich eben nur um eine Entschädigung in der Akquisitionsphase, aber noch um keinen vergütungspflichtigen Auftrag ("entgeltliche Akquise"). Das führte dazu, dass zum Teil komplette Vorplanungen für minimale Zahlungen erbracht werden mussten und dann nach Abbruch des Projekts nichts weiter gezahlt werden musste.

Die Entscheidung des BGH

Der BGH entscheidet: Eine "entgeltliche Akquise" gibt es nicht; dies sei mit der HOAI nicht zu vereinbaren. Entweder der Architekt befindet sich in der Akquisitionsphase; dann bekommt er für seine Leistungen gar kein Geld. Oder er ist beauftragt; dann gilt zwin-gend die HOAI. Die Beauftragung muss er nachweisen, und wenn er das nicht kann,

geht er dann auch tatsächlich leer aus. Diese Möglichkeit besteht also unverändert fort. Sobald aber Bauherr und Architekt eine Vereinbarung über eine Bezahlung getroffen haben, endet - so der BGH - diese Akquisiti-onsphase endgültig. Ab diesem Moment besteht dann ein Vertrag, und für die dann beauftragten Leistungen (welche das sind, bleibt immer zu klären), gilt dann die HOAI. Der Architekt kann für diese Leistungen dann also das Mindesthonorar nach HOAI verlangen.

Folgerungen für die Praxis

Die Akquisitionsphase wird durch diese Gerichtsentscheidung deutlich verkürzt. Der weitere "Kniff" an der Entscheidung ist aber dass jede noch so niedrige Honorarvereinba-rung die Akquisitionsphase beendet und dann die HOAI ohne Wenn und Aber gilt. Stundensatzvereinbarungen liegen aber oft unterhalb des HOAI-Mindesthonorars und sind deshalb unwirksam (§ 7 HOAI). An die Stelle dieser unwirksamen Vereinbarung tritt dann die HOAI, mit dann oft deutlich höheren Honoraransprüchen.

Unverändert bleibt aber auch dann zu klä-ren, welche Leistungen in dieser Frühphase überhaupt beauftragt waren. Es ist keines-wegs so, dass der Bauherr die LP 1 und 2 komplett beauftragt, wenn er erste Zeich-nungen ordert. Dies hängt entscheidend davon ab, was vertraglich festgelegt wurde.

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Rechtsanwalt Dr. Sebastian Schattenfroh und

Rechtsanwalt Grigori Lagodinsky

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[AUFTRAGSVERGABE NACH ARCHITEKTENWETTBEWERB - PUNKTEVORSPRUNG FÜR DEN ERSTEN PREISTRÄGER]

Das OLG Frankfurt hat sich zu einem immer wiederkehrenden Praxisproblem geäußert, das an der Schnittstelle zwischen Architek-tenwettbewerb und Auftragsvergabe liegt: Muss der Sieger des Wettbewerbs gegen-über den anderen Bietern im Vergabeverfahren einen Punktevorsprung erhalten? (11.04.2017, 11 Verg 4/17).

Das Problem

Architektenwettbewerbe stellen die Qualität des Entwurfs in den Mittelpunkt. Geht es nach Abschluss des Wettbewerbs aber darum, den Planungsauftrag zu erteilen, oft zu einem jahrelangen Projekt mit Baukosten

im Millionenbereich, dann spielen neben der Entwurfsqualität weitere Kriterien eine Rolle für die Entscheidung des Bauherrn, wer beauftragt werden soll: etwa die fachliche Erfahrung, Qualität und Arbeitsweise des Teams, aber auch vertragliche Themen und nicht zuletzt das Honorar.

Deshalb sieht das Vergaberecht als Normal-fall vor, dass nach dem Architekten-wettbewerb nicht allein mit dem Sieger verhandelt wird, sondern mit allen Preisträ-gern. Der Bauherr soll keinem Zwang unterworfen sein, automatisch den Sieger des Wettbewerbs zu beauftragen. Das wirft aber wiederum die Frage auf, welchen Sinn der Wettbewerb dann noch haben soll.

Die Richtlinien für Planungswettbewerbe (RPW) legen dazu in § 8 Absatz 2 seit 2013 fest, dass "in der Regel" der erste Preisträger den Auftrag erhalten "soll". Diese Regelung war Ergebnis eines zähen Ringens zwischen Vertretern der öffentlichen Hand und den Architekten- und Ingenieurkammern. In der Praxis zeigt sich aber, dass dieses Regel-Ausnahme-Verhältnis bei der Gestaltung der Zuschlagskriterien häufig nicht respektiert wird und dem ersten Preisträger kein oder nur ein geringer Vorsprung gewährt wird. Genau das war nun Gegenstand einer gerichtlichen Auseinandersetzung. Im kon-kreten Fall hatte das Wettbewerbsergebnis nur einen Anteil von 10% an den Zuschlags-kriterien; der Bauherr wollte den

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Planungsauftrag an den zweiten Preisträger erteilen. Dagegen wehrte sich der Wettbe-werbssieger.

Die Entscheidung des OLG

Das OLG entscheidet zunächst, dass § 8 Absatz 2 RPW verbindlicher Teil des Verga-berechts ist und es dem Auftraggeber wegen dieser Vorschrift gerade nicht mehr frei stehe, welches Architekturbüro er beauf-trage. Wenn der Bauherr mit allen Preisträgern verhandele, dann müsse er bei der Gestaltung der Zuschlagskriterien das Wettbewerbsergebnis angemessen berück-sichtigen. Dem Bauherrn sei ganz offensichtlich nicht einmal bewusst gewe-sen, dass er den Preisträger in gewissem Umfang privilegieren müsse; schon deshalb sei die Zuschlagsmatrix fehlerhaft. Auch der geringe Anteil von nur 10% und die nur sehr geringe Abstufung zwischen erstem, zwei-ten und dritten Preisträger belege dies. Die Zuschlagsmatrix sei deshalb fehlerhaft. Deshalb hat das OLG das Verfahren an den Anfang zurückversetzt; das Vergabeverfah-ren musste wiederholt werden.

Folgerungen für die Praxis

Die Entscheidung ist sehr zu begrüßen. [GGSC] hatte im Zusammenhang mit einer Bundesgartenschau exakt die gleiche Frage-

stellung vor der Vergabekammer zu verhan-deln, und dort wie hier stellte sich der öffentliche Auftraggeber auf den Stand-punkt er müsse § 8 Absatz 2 RPW nicht beachten. Jetzt ist also geklärt, dass § 8 Absatz 2 RPW sehr wohl zu beachten ist.

Zum anderen macht die Entscheidung auch die Konsequenz deutlich: Nämlich, dass die Zuschlagsmatrix ganz konkret einen spürba-ren Vorsprung für den Wettbewerbssieger enthalten muss. Aus dem "in der Regel" in § 8 Absatz 2 RPW folgt: Die Zuschlagsmatrix muss so ausgestaltet werden, dass der erste Preisträger durch den Punktevorsprung den Zuschlag bekommen muss, es sei denn, er erreicht bei den übrigen Zuschlagskriterien (Teamqualität, vertragliche Regelungen, Honorar u.ä.) eine signifikant schlechtere Punktzahl als die Mitbewerber. Die Mitbe-werber müssen also die rechnerische Chance erhalten, den Punkterückstand aufzuholen, sonst hätte das Vergabeverfahren keinen Sinn. Aber für eine solche erfolgreiche "Auf-holjagd" müssen dann schon erhebliche Gründe vorliegen.

Einen festen Prozentsatz für die Gewichtung des Wettbewerbsergebnisses und für den Punktevorsprung vor den übrigen Preisträ-gern wird man hieraus nicht ableiten können, aber eine klare Richtschnur: Der Wettbewerbssieger muss einen deutlichen Vorsprung erhalten. Ein Anteil des Wettbe-werbsergebnisses als solchem von 10% an

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der Gesamtpunktzahl genügt dafür auf keinen Fall.

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Rechtsanwalt Dr. Sebastian Schattenfroh

und Rechtsanwalt Dr. Joachim Wrase

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[LP 8 UND GESTÖRTER BAUABLAUF: WER BEZAHLT FÜR SCHLECHTES WETTER?]

Der Bundesgerichtshof hat die Frage ent-schieden, ob ein Auftragnehmer zusätzliches Geld verlangen kann, wenn sich die Bauzeit durch Schlechtwetter verlängert.

Nach Auffassung des BGH muss der Bauherr dafür nichts bezahlen, weil Schlechtwetter nicht seiner Risikosphäre unterfällt (20.04.2017; VII ZR 194/13). Die Entschei-dung ist auch für die Praxis von Architekten in der Bauphase wichtig (Nachtragsprü-fung).

Das Problem

Dass für "gestörte Bauabläufe" unter Umständen viel Geld gezahlt werden muss, hat sich inzwischen herumgesprochen. Waren vor 10 bis 15 Jahren komplexe Bau-zeitnachträge noch ein Thema, an das sich nur Bauindustrieunternehmen wagten, so ist es heute auch unter mittelständischen Bauunternehmen verbreitet und als Mög-lichkeit bekannt, für Verzögerungen im Bauablauf Entschädigungen zu verlangen. Zeit ist Geld. Solche Forderungen können auch durchaus berechtigt sein, wenn der Auftraggeber im weitesten Sinn in den Bauablauf störend eingreift; wir haben darüber schon in mehreren [GGSC] Bau-newslettern berichtet.

Einer der möglichen Ansatzpunkte dafür ist, dass der Auftraggeber verpflichtet ist, das Baugrundstück zur Verfügung zu stellen und für "Baufreiheit" zu sorgen hat. Tut er dies nicht - z.B., weil Vorgewerke noch nicht fertig sind – behindert er den Unternehmer, verletzt seine Mitwirkungspflicht und muss dafür eine Entschädigung bezahlen (§ 642 BGB). In vielen Bauzeitnachträgen und ent-sprechend auch in vielen gerichtlichen Auseinandersetzungen stellte sich dann konsequent die Frage, ob der Auftraggeber es auch bezahlen muss, wenn sich die Bau-zeit wegen schlechten Wetters verlängert - denn auch dann ist ja keine "Baufreiheit"

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gegeben und das Grundstück ist nicht bebaubar.

Die Entscheidung des BGH

Der BGH entscheidet mit deutlichen Wor-ten: Für schlechtes Wetter könne niemand etwas; und weder dem Vertrag, noch dem BGB könne man eine Mitwirkungspflicht des Auftraggebers entnehmen, wonach er die Baustelle vor schlechtem Wetter schützen müsse. Dazu bräuchte es expliziter vertragli-cher Vereinbarungen. Durch die Einbeziehung der VOB/B und die dort ent-haltenen Regelungen zu Schlechtwetter (siehe § 6 VOB/B) sei erkennbar, dass AG und AN zwar Regelungen zum Schlechtwet-ter treffen wollten und auch getroffen haben, aber nicht über den dortigen Umfang hinaus. Und § 6 VOB/B regelt bei schlechtem Wetter bestenfalls einen Anspruch des AN auf Verlängerung seiner Fristen, aber keinen Anspruch auf zusätzliche Bezahlung.

Folgerungen für die Praxis

Auf der rein baurechtlichen Ebene (Bauver-träge) ist damit ein schwelender Streitpunkt endgültig geklärt: Für schlechtes Wetter gibt es ggf. Fristverlängerungen, aber kein Geld.

Für Architekten, die in der LP 8 tätig sind und Nachträge prüfen, kann man aus der Ent-scheidung ableiten: Sobald ein Bauzeitnachtrag auf dem Tisch liegt, mit

dem der Unternehmer zusätzliches Geld für gestörte Bauabläufe verlangt, muss man sich damit naturgemäß befassen. Die Zeit-räume aber, die durch schlechtes Wetter behindert wurden, gehen bei der Bewertung nicht zu Lasten des Bauherrn und müssen daher bei der Nachtragsprüfung "gestri-chen" werden.

Rückfragen bei [GGSC] bitte an:

Rechtsanwalt Dr. Joachim Wrase und

Rechtsanwalt Till Schwerkolt

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[EU-KLAGE GEGEN HOAI IST EINGEREICHT]

Die EU-Kommission hat nun ihre Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland eingereicht, in der es um die HOAI-Mindestsätze geht. Wie bereits in früheren HOAI-Newslettern berichtet, steht die EU auf dem Standpunkt, dass ein in Deutsch-land gesetzlich vorgeschriebener Honorar-Mindestsatz Architekten aus anderen Mit-gliedsstaaten davon abschrecken könnte, sich in Deutschland niederzulassen.

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Darin liege also ein Verstoß gegen EU-Recht. Nachdem längere Verhandlungen über eine Kompromisslösung gescheitert sind - die Bundesregierung hält in Übereinstimmung mit praktisch allen öffentlichen Auftragge-bern und Verbänden an der HOAI fest - hat die EU-Kommission nun ihre Klage beim Europäischen Gerichtshof eingereicht. Die Bundesrepublik muss hierzu bis Herbst 2018 im Einzelnen Stellung nehmen.

Das Verfahren wird nicht vor 2019 beendet sein. Inhaltlich wird es voraussichtlich um die zentrale Frage gehen, ob Deutschland eine sachliche Rechtfertigung für eine staat-liche Mindestpreisvorgabe beweisen kann, insbesondere, ob der HOAI-Mindestsatz die fachliche Qualität der Architektenleistung abzusichern hilft und ob also die Qualität leiden würde, wenn es keinen zwingenden Mindestsatz gäbe.

Sollte der EuGH das Mindestsatzgebot für europarechtswidrig halten, so muss die Bundesrepublik die HOAI ändern. Bis dahin bleibt die Rechtslage so wie sie ist. Das OLG Naumburg hat dazu im April 2017 entschie-den, dass laufende Rechtsstreitigkeiten über die HOAI weiterhin nach der geltenden HOAI zu beurteilen sind und auch nicht abgewar-tet werden muss, bis der EuGH entschieden hat (13.04.2017, 1 U 48/11).

Rückfragen bei [GGSC] bitte an: Rechtsanwalt Dr. Sebastian Schattenfroh und

Rechtsanwalt Dr. Jasper von Detten

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[KOMMUNALE WOHNUNGSBAU-GESELLSCHAFTEN SIND ÖFFENTLICHE AUFTRAGGEBER – AUSSCHREIBUNGSPFLICHT FÜR PLANUNGSLEISTUNGEN]

Das Brandenburgische Oberlandesgericht hat nun explizit entschieden, dass kommu-nale Wohnungsbaugesellschaften als öffentliche Auftraggeber anzusehen sind und deshalb ihre Aufträge ausschreiben müssen (06.12.2016; 6 Verg 4/16).

Die Entscheidung ist insbesondere für die neuen Bundesländer wichtig, wo es in fast allen Städten als GmbH organisierte Woh-nungsbaugesellschaften gibt, die aus den früheren kommunalen Wohnungswirtschaf-ten der DDR hervorgegangen sind.

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Das Problem

Gemeinden, Zweckverbände und andere öffentlich-rechtlich strukturierte Körper-schaften unterliegen fast ausnahmslos dem Vergaberecht und müssen deshalb Bau- und auch Planungsleistungen ausschreiben. Bei niedrigen Auftragswerten gibt es dazu Aus-nahmen, aber im Grundsatz gilt für solche staatlichen Stellen die Ausschreibungs-pflicht.

Für privatrechtlich organisierte staatliche Stellen (z.B. GmbH) ist das nicht automa-tisch der Fall, sondern nur, wenn diese GmbH aufgrund ihrer Aufgaben und ihrer Art der Tätigkeit wie eine staatliche Stelle fungiert. Das Gesetz (§ 99 GWB) unterwirft solche Gesellschaften nur dann dem Verga-berecht, wenn sie von einer staatlichen Stelle beherrscht werden (Tochtergesell-schaft einer Kommune) und „nicht gewerblich“ tätig sind.

Die von den Kommunen gegründeten Woh-nungsbaugesellschaften („Wohnungs-wirtschaft GmbH“) haben in aller Regel den ausdrücklichen Gesellschaftszweck, für sozialverträglichen Wohnraum in der Stadt zu sorgen. Hierdurch entsteht der Streit-punkt: Handelt es sich bei solchen Gesellschaften dann quasi um staatliche Stellen, die nur einen gemeinnützigen (nicht-gewerblichen) Zweck verfolgen? Dann unterliegen sie dem Vergaberecht. Oder sind

es Gesellschaften, die im Wettbewerb mit anderen Anbietern Wohnungen bauen und diese vermieten? Dann sind sie gewerblich und unterliegen sie nicht dem Vergaberecht.

In Brandenburg wehrte sich nun ein Bauun-ternehmen gegen eine beabsichtigte Vergabe an ein Konkurrenzunternehmen und rief die Vergabekammer an. Die Woh-nungsbaugesellschaft verteidigte sich damit, dass sie gar kein öffentlicher Auf-traggeber sei und deshalb das Vergaberecht für sie gar nicht gelte.

Die Entscheidung des OLG

Das Brandenburgische OLG schließt sich der Auffassung anderer Gerichte an, wonach kommunale Wohnungsbaugesellschaften öffentliche Auftraggeber sind und deshalb dem Vergaberecht unterliegen. Das Gericht folgert die aus dem ausdrücklich im Gesell-schaftsvertrag der GmbH verankerten Ziel einer „sozial verantwortbaren Wohnungs-versorgung“ in der betroffenen Stadt. Dass die Wohnungsbaugesellschaft dabei auch versuche, Gewinne zu erzielen, sei kein tragfähiger Einwand, denn solche Gewinne würden – so das OLG – erneut in die sozial-verträgliche Wohnungsversorgung investiert.

Damit hat sich nun eine Mehrheit von Gerichtsentscheidungen herausgebildet, die kommunale Wohnungsbaugesellschaften

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dem Vergaberecht unterwirft. Nur in einem Ausnahmefall, in dem in einer Großstadt die kommunale GmbH in einem echten Konkur-renzkampf mit vielen anderen Wohnungsbauunternehmen stand, hat das OLG Karlsruhe dies einmal verneint. Alle übrigen Gerichtsentscheidungen stufen die Wohnungsbaugesellschaften als öffentliche Auftraggeber ein.

Auswirkungen auf die Praxis

Die Entscheidung ist von besonderer Bedeu-tung für die Ausschreibung von Planungsleistungen. Denn dass die Bauleis-tungen von solchen Wohnungsbau-gesellschaften nach VOB/A ausgeschrieben werden, ist inzwischen weit verbreitete Praxis; aber die Vergabe von Planungsleis-tungen verläuft bei vielen Gesellschaften dieser Art immer noch freihändig und ohne jede Markttransparenz.

Für Auftragswerte oberhalb von 209.000 € ist die Rechtslage daher nun klar: Auch die kommunalen GmbHs müssen die Planungs-leistungen EU-weit ausschreiben. Unterhalb dieses Schwellenwerts gilt hingegen nur Landeshaushaltsrecht, und das Landeshaus-haltsrecht richtet sich eindeutig nur an öffentlich-rechtlich organisierte Körper-schaften (Kommunen, Zweckverbände, Land etc.), nicht aber an privatrechtliche GmbHs. Daher müssen Wohnungsbaugesellschaften unterhalb des Schwellenwerts die Planungs-

leistungen unverändert nur ausschreiben, wenn es dazu eine Vorgabe des Gesellschaf-ters gibt, also der Gemeinde.

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Rechtsanwalt Dr. Joachim Wrase und

Rechtsanwalt

Dr. Jasper von Detten

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[ENGE UND LANGE ZUSAMMEN-ARBEIT: KEIN GRUND FÜR EINE MINDESTSATZUNTERSCHREITUNG]

Zwei unlängst veröffentlichte Gerichtsurtei-le bestätigen unabhängig voneinander: Auch eine langjährige enge Zusammenar-beit rechtfertigt es nicht per se, Honorare zu vereinbaren, die den zwingenden HOAI-Mindestsatz unterschreiten (OLG Jena, 10.10.2016, 1 U 509/15; OLG Düsseldorf, 14.07.2016, 5 U 73/14).

Das Problem

Die HOAI regelt (noch? Siehe dazu den Bei-trag zur Klage der EU gegen die HOAI), dass das in der HOAI definierte Mindesthonorar

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nur in seltenen Ausnahmefällen unterschrit-ten werden darf (§ 7 HOAI). Der Bundesgerichtshof hat solche Ausnahmefäl-le für möglich gehalten bei engen familiären Beziehungen oder bei explizit als pro-bono-Tätigkeit vorgesehenen Planungsleistungen. Das sind aber seltene Ausnahmen von der Regel. Die Konsequenz ist, dass Auftrag-nehmer, wenn der Vertrag ein Honorar vorsieht, das die Mindestsätze unterschrei-tet, in aller Regel auch berechtigt sind, das Mindesthonorar nachzuberechnen.

Heftig gestritten wird hierüber insbesondere in den Fällen, in denen Auftraggeber und Auftragnehmer zuvor jahrelang, manchmal in dutzenden Projekten zusammengearbei-tet haben, es dann zum Bruch kommt und der Auftragnehmer dann das Mindesthono-rar nachberechnet.

Die Entscheidungen

Beide Gerichtsentscheidungen bestätigen die im Grundsatz harte Linie der Rechtspre-chung: Die HOAI ist zwingendes Recht; der Auftragnehmer hat einen gesetzlichen Anspruch auf Bezahlung des Mindesthono-rars. Und selbst langjährige Beziehungen genügen nach beiden Gerichtsentscheidun-gen nicht, um eine Ausnahme zu rechtfertigen. Das OLG Düsseldorf betont dabei, dass ein Auftragnehmer, der jahre-lang einen Großteil seines Umsatzes mit demselben Auftraggeber erwirtschafte, sich

in eine starke wirtschaftliche Abhängigkeit begebe. Gerade deshalb brauche er den Schutz der gesetzlichen Gebührenordnung HOAI. Das OLG Jena ergänzt dazu noch, dass auch eine über die Jahre entstandene freundschaftliche Beziehung nicht ausrei-che, um einen zulässigen Ausnahmefall zu schaffen.

Auswirkungen auf die Praxis

Nachträglich Mindesthonorar nachzube-rechnen, ist ein mühseliges Geschäft. Deshalb ist beiden Vertragspartnern zu empfehlen, Mindestsatzunterschreitungen möglichst von Anfang an zu vermeiden. Auftraggeber vermeiden dadurch ein im Ernstfall existenzbedrohendes Nachzah-lungsrisiko, und Auftragnehmer vermeiden die im Streitfall schwierige Entscheidung, ob man sich eine jahrelange Auseinanderset-zung antun will.

Rückfragen bei [GGSC] bitte an: Rechtsanwalt Dr. Sebastian Schattenfroh und Rechtsanwalt Till Schwerkolt

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Bauvertragsgestaltung und wichtige Formalien nach BGB und VOB/B

Seminar der Brandenburgischen Architektenkammer -> 28.09.2017 in Potsdam

Rechtsanwalt Dr. Sebastian Schattenfroh Die Haftung des bauüberwachenden Architekten

Seminar der Brandenburgischen Architektenkammer -> 16.10.2017 in Potsdam

Rechtsanwalt Dr. Sebastian Schattenfroh

Das Neue Planervertragsrecht des BGB

BDLA Wirtschaftsforum -> 13.11.2017 in Würzburg

Rechtsanwalt Dr. Gerrit Aschmann

Genehmigungsprobleme beim Bauen im Bestand Seminar der Brandenburgischen Architektenkammer -> 13.11.2017 in Potsdam

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