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Alfred Beit Hamburger und Diamantenkönig

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Ein Finanzgenie hat man AlfredBeit (1853–1906) genannt. Als er1875 nach Südafrika geht, ahntniemand, dass der Sohn konver-tierter Hamburger Juden schonbald einer der reichsten Männerseiner Zeit sein wird – durch dieDiamanten von Kimberley unddas Gold vom Witwatersrand.Als Mitbegründer von De BeersLtd. und als enger Freund von Ce-cil Rhodes – dem charismatischenMotor des britischen Imperialis-mus im südlichen Afrika – wird erzu einem der kolonialen Vätervon Rhodesien. Seit 1898 briti-scher Staatsbürger, versucht er inden aufkeimenden Konfliktenzwischen Kaiserreich und Empirepolitisch zu vermitteln – erfolg-los.Selbst Kunstsammler ersten Ran-ges, hat Alfred Beit zahllose ge-meinnützige Einrichtungen groß-zügig unterstützt, an allen Sta-tionen seines Lebens. Auch dieHamburgische WissenschaftlicheStiftung verdankt ihre Gründungeiner seiner spektakulären Schen-kungen. Beits Testament übergabsein Vermögen einem Trust, derbereits seit 1906 Entwicklungshil-feprojekte finanziert.Die erste umfassende Biographiedieses außergewöhnlichen Kauf-manns, Kunstsammlers und in-ternational wirkenden Philan-thropen.

Aus der Reihe „Mäzene für Wissen-schaft“ sind bisher erschienen:

Band 1Die Begründer der HamburgischenWissenschaftlichen Stiftung

Band 2Sophie Christine und Carl HeinrichLaeisz. Eine biographische Annäherung an die Zeiten undThemen ihres Lebens

Band 3Eduard Lorenz Lorenz-Meyer. Ein Hamburger Kaufmann undKünstler

Band 4Hermann Franz Matthias Mutzenbecher. Ein Hamburger Versicherungsunternehmer

Band 5Die Brüder Augustus Friedrich und Gustav Adolph Vorwerk. Zwei Hamburger Kaufleute

Band 6Albert Ballin

Band 7Ernst Friedrich Sieveking. Erster Präsident des HanseatischenOberlandesgerichts

Band 8Franz Bach. Architekt undUnternehmer

Band 9Alfred Beit. Hamburger undDiamantenkönig

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Alfred Beit

Hamburger und Diamantenkönig

von Henning Albrecht

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Gefördert von der ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius

Gefördert von der Ferdinand Beit-Stiftung

Den Familien gewidmet, die durch ihre hochherzigen Stiftungen vor104 Jahren die Gründung der Hamburgischen WissenschaftlichenStiftung ermöglicht und den Grundstein dafür gelegt haben, dass dieStiftung auch heute noch Forschung, Lehre und Bildung fördern kann.

Mäzene für Wissenschaft

hg. von Ekkehard Nümann

Inhalt

Vorwort des Herausgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S. 3

1. Quellenlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S. 4

2. Der Familien- und Firmengründer Georg Friedrich Vorwerk . . S. 6

3. Zur Kindheit und Jugend der Vorwerk-Brüder . . . . . . . . . . . . S. 15

4. Eine Reise von Augustus Friedrich nach Nordamerika und Kuba . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S. 23

5. Die Firmen in Chile und Hamburg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S. 28

6. Friedrich, Adolph und deren Ehefrauen in den Erinnerungen dreier Enkel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S. 44

7. „Villa Josepha“ und „Haupthaus“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S. 54

8. Gustav Adolph als Bau- und Gartengestalter . . . . . . . . . . . . . S. 60

9. Entwicklungen nach dem Tod der Brüder . . . . . . . . . . . . . . . S. 67

10. Anhänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S. 70

11. Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S. 72

12. Namensregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . S. 74

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Inhalt

Vorwort des Herausgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4Vorwort der Direktorin des Instituts für die Geschichte der deutschen Juden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51. Prolog . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82. Die Beits in Hamburg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10Nach Hamburg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10Familie Beit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12Ein hoffnungsloser Fall – Schule, Militär- und Lehrzeit . . . . . . . . 193. Alfred Beit in Südafrika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254. Beit, Cecil Rhodes und de Beers . . . . . . . . . . . . . . . . 425. Beit und das Empire . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 566. Der „Randlord“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 667. Das Gold und die Politik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 758. Zwischen Empire und Reich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 879. Beit in London . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93Kunstsammler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93Internationaler Stifter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10310. Die Hamburger Universität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11311. Beits Vermächtnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12312. Epilog . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13613. Anhänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139Stammtafel (Auszug) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139Alfred Beits Lebensdaten im Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14014. Quellen, Literatur und Bildnachweis . . . . . . . . . 14115. Namensregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147

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Vorwort des Herausgebers

Im Jahr 2007 feierte die Hamburgische Wissenschaftliche Stiftung ihr 100-jähriges Jubiläum. Der vorliegende neunte Band ist Teil der zu diesem An-lass ins Leben gerufenen Schriftenreihe „Mäzene für Wissenschaft“. In ihrwird die Geschichte der Stiftung dargestellt; außerdem werden Stifterper-sönlichkeiten und Kuratoriumsmitglieder in Einzelbänden gewürdigt.

Die Absicht, diese Reihe ins Leben zu rufen, entspricht dem dankbarenGefühl den Personen gegenüber, die vor mehr als 100 Jahren den Muthatten, die Stiftung zur Förderung der Wissenschaften in Hamburg zugründen und erreichten, dass Hamburg eine Universität erhielt. Verknüpftdamit ist die Hoffnung und Erwartung, dass nachfolgende Generationen

sich hieran ein Beispiel nehmen mögen.

Ekkehard Nümann

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Die Hamburgische Wissenschaftliche Stiftung und das Institut für die Ge-schichte der deutschen Juden sind seit bald einem halben Jahrhundert engmiteinander verbunden – und Ausdruck dieser Verbundenheit ist nicht zu-letzt das jahrzehntelange Domizil des Instituts in der Rothenbaumchaus-see 7, ein Gebäude, das Alfred Beit in den neunziger Jahren des vorver-gangenen Jahrhunderts im Stilpluralismus der wilhelminischen Ära hatte

errichten lassen. Als sich eine Gruppe Hamburger Honoratioren zu Beginn der 1960er Jahrefür die Gründung eines Instituts zur Erforschung der deutsch-jüdischen Ge-schichte engagierte, nahmen ihre Pläne erst dann konkrete Gestalt an, alssich die Hamburgische Wissenschaftliche Stiftung bereit erklärte, vorüber-gehend die Treuhänderschaft einer solchen Einrichtung zu übernehmen.Nach einigen Turbulenzen erfolgte im November 1964 schließlich dieGründung das Institut für die Geschichte der deutschen Juden, das ein hal-bes Jahr später auch die passenden Räume beziehen konnte: Die Hambur-gische Wissenschaftliche Stiftung hatte sie in der Rothenbaumchaussee 7 zurVerfügung gestellt, in einem Gebäude, das nach Alfred Beits Tod im Jahre1906 zunächst in den Besitz seines jüngsten Bruders Otto Beit übergegan-gen und von diesem in den 1920er Jahren der Stiftung übereignet worden

war. Beides, sowohl die Übergabe des Hauses an die Hamburgische Wissen-schaftliche Stiftung als auch die Teilnutzung durch ein Forschungsinstitutwären vermutlich ganz im Sinne von Alfred Beit gewesen, der, wie nun inder eindrucksvollen Biographie von Henning Albrecht nachzulesen ist, ne-ben seinen zahlreichen internationalen Aktivitäten zeitlebens auch seiner

Vaterstadt als großer Mäzen verbunden blieb.Alfred Beit war kein Jude. Schon seine Eltern hatten sich kurz nach derHochzeit taufen lassen. Dennoch, oder besser: gerade deshalb ist seine Ge-schichte so typisch für das kaufmännische Hamburger Bürgertum, wo jü-dische, ehemals jüdische und protestantische Familien in einem engenNetzwerk miteinander verbunden lebten. Diese Lebenswelt wissenschaft-lich zu erforschen, aber auch an ihre Zerstörung zu erinnern, so lautete der

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Vorwort der Direktorin des Instituts für die Geschichte der deutschen Juden

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Gründungsauftag des Instituts für die Geschichte der deutschen Juden. Undso freut es uns besonders, dass nun die Hamburgische Wissenschaftliche Stif-tung mit einer biographischen Reihe zu ihren Gründervätern einen wei-

teren Baustein zu dieser Geschichte beiträgt.

Stefanie Schüler-Springorum

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Alfred Beit (1853‒1906)

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Macht man in Hamburg einen Spazier-gang um die Alster, verlässt das Gewässer amFährdamm und steigt dann über den Pösel-dorfer Weg in den noblen HamburgerStadtteil Harvestehude hinauf, so stößt manzur Rechten auf eine kleine, unansehnlicheSeitenstraße, den Alfred-Beit-Weg. Etwa 50Meter lang, linker Hand die Rückseite einerSchule, keine Bauten zur Straße hin – eineSackgasse mit Wendehammer. Wer geehrtwurde, indem man dieser Straße seinen Na-men gab, sitzt am Katzentisch der Erinne-rungskultur.···································································Und doch ist das Weglein auf eigentümli-che Weise seinem Namensgeber angemes-sen, hat der es doch Zeit seines Lebens vor-gezogen, sich nicht in den Vordergrund zuspielen und das Rampenlicht der Öffent-lichkeit, so weit es ging, gemieden. Dabeigalt Alfred Beit als einer der reichsten Män-ner seiner Zeit. Und geboren wurde er, vornun fast 150 Jahren, nur eine Straße von hierentfernt, am Mittelweg.···································································Beit, Sohn einer fast vergessenen Hambur-ger Kaufmannsfamilie, verließ im Jahr 1875,eben seine Lehrzeit in Hamburg und Ams-terdam hinter sich, die heimatliche Hanse-stadt, um in Südafrika im Diamanten- undGoldgeschäft zwei Vermögen zu verdienen.Später, 1898, nahm er die britische Staats-

bürgerschaft an und lebte in London. Imausgehenden 19. Jahrhundert war er einerder einflussreichsten Männer in Südafrikaund Rhodesien; er gab staunenswerte Sum-men für wohltätige Zwecke aus, und zwaran allen drei seiner Lebensorte, in Ham-burg, in London und vor allem im südlichenAfrika. Dort haben ihm seine wohltätigenStiftungen, insbesondere zum Aufbau derInfrastruktur und des Bildungssystems, blei-bendes Andenken gesichert, und dort arbei-tet noch heute eine Organisation, die erdurch sein Testament begründet hat: der„Beit-Trust“. ···································································In seiner Heimatstadt Hamburg war AlfredBeit unter den ersten, die sich 1905 bereit er-klärten, den Plan zur Gründung einer Uni-versität finanziell zu unterstützen. Und nichtnur das. Er gab 1906 mit großer Freude eineungewöhnlich hohe Summe, die auch fürheutige Verhältnisse noch beeindruckendist, stellt man sie in Relation. ···································································Durch seinen frühen Tod noch im selbenJahr geriet Beit jedoch bald in Vergessenheit,wahrscheinlich auch, da die folgenden zweiWeltkriege die Gräben zwischen den euro-päischen Nationen tief aufrissen und dasAndenken an diesen ungewöhnlichen, in-ternational agierenden Stifter erschwerten.Erst spät, 1962, hat seine Heimatstadt ihren

Prolog

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Dank dadurch bekundet, dass sie jene kleineStraße nach ihm benannte.1···································································Sie erinnert an einen Menschen, dessenIdentität, von außen betrachtet, unter viel-fältigen Spannungen stand, in nationaler,religiös-kultureller und sozialer Hinsicht.Geboren wurde Beit als Sohn konvertierterHamburger Juden; als deutscher Geschäfts-mann lebte er in Südafrika, unterstützteaber die britische Kolonialpolitik; in Lon-don lebend nahm er die britische Staatsbür-gerschaft an, die upper class jedoch betrach-tete den deutsch- und jüdischstämmigen,neureichen Randlord durchaus reserviert.Als naturalisierter Brite versuchte Beit in ei-ner Zeit wachsender politischer Spannungenzwischen dem Deutschen Reich und dembritischen Empire politisch zu vermitteln,als Mäzen wirkte er gleichermaßen großzü-

gig hier wie dort. Den Vorurteilsstrukturenund dem wachsenden Nationalismus undRassen-Antisemitismus dieser Jahre bot Beitzahlreiche Angriffsflächen, ja er war als Reiz-figur geradezu prädestiniert. Diese Angriffehaben seine Scheu wohl noch verstärkt, imLicht der Öffentlichkeit zu stehen, diedurch eine außergewöhnliche persönlicheBescheidenheit bereits angelegt war. ···································································Dies mögen Gründe dafür sein, dass Ham-burg Beit so lange vergessen hat. Bislangwurde er nur in englischsprachigen Publika-tionen gewürdigt. Diesen ungewöhnlichenMann, Finanzier und Philanthropen erst-mals einem deutschem Publikum bekanntzu machen und nicht zuletzt diesen Wande-rer zwischen Nord- und Südhalbkugel auchseiner Heimatstadt in Erinnerung zu rufen,ist das Anliegen dieses Buches.

··············································································································································1 Zinnow, Beit-Chronik, S. 58. Hierzu wurden Teilstrecken des Klosterstiegs und des Pöseldorfer Wegs umgetauft.··············································································································································

Am Beginn des Alfred-Beit-Wegs, Hamburg-Harvestehude

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Nach Hamburg···································································Die Beits kamen von weit her nach Ham-burg und vor langer Zeit. In Büchern oderArtikeln über Alfred Beit wird stets Wertdarauf gelegt, die Beits seien Sepharden ge-wesen,2 also eine jener Familien portugiesi-scher Juden, die als erste Juden den Wegnach Hamburg gefunden hatten, nachdemman ihnen in ihrem Heimatland ein Lebenim Einklang mit ihrem Glauben unmöglichgemacht hatte.···································································Die Sepharden waren so etwas wie ein jü-disches Patriziat, sie waren sehr stolz auf ihreAbstammung und sahen vielfach mit einemgewissen Hochmut auf die deutschstämmi-gen Juden, die so genannten Aschkenasim,herab.3

···································································Auf der iberischen Halbinsel lebten Judenseit dem 1. Jahrhundert unserer Zeitrech-nung. Unter der arabischen Herrschaft, demKalifat von Cordoba, waren sie weitgehendgeduldet und erlebten ab dem 10. Jahrhun-dert eine Zeit besonderer kultureller Blüte.Etwa im 11. Jahrhundert jedoch begann dieReconquista Spaniens, die Rückeroberungdurch die nordspanischen Fürsten vonLeon, Kastilien, Navarra und Aragon, denchristlichen Nachkommen jener Herrscher,die der Eroberung Iberiens durch die Ara-

ber und Berber standgehalten hatten. DerVertreibung der Mauren bis 1609 folgte derVerfall des ausgeklügelten Bewässerungssys-tems, des blühenden Landbaus, der Wirt-schaft und der Kultur – ein frühes Beispielfür die Folgen von religiös fundiertem Fana-tismus und religiös motivierter Intoleranz.4···································································Auch die Bedrückung der Juden nahm un-ter christlicher Herrschaft zu. Zu Pogromenkam es bereits 1391 in Sevilla. Vor allem nachder Eroberung von Granada, der letztenmuslimischen Herrschaft auf der Halbinsel,und unter der Regentschaft der „katholi-schen Könige“ Ferdinand II. von Aragonund Isabella I. von Kastilien wurde derDruck auf die Juden unerträglich: Im März1492 wurden sie vor die Wahl gestellt, ent-weder bis zum Juli zu konvertieren oder dasLand zu verlassen. Zehntausende Juden zo-gen es vor, ihrer Heimat den Rücken zu keh-ren, andere bekannten sich unter demZwang der Christen zum Christentum. Vie-le von ihnen hielten jedoch im Privaten undGeheimen treu an ihrem Glauben fest.Nachdem in den 1530er Jahren die Inqui-sition in Spanien und Portugal einen be-deutenden Aufschwung genommen hatte,nahm die mit geheimpolizeilichen Mittelnbetriebene Glaubensschnüffelei der katholi-schen Kirche neue Ausmaße an. Zehntau-sende zwangsgetaufte jüdische Konvertiten

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Die Beits in Hamburg

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flohen aus Portugal und Spanien und fan-den Schutz vor allem im muslimischenHerrschaftsbereich am Mittelmeer, im Os-manischen Reich, in Griechenland, Thra-kien und Makedonien, Istanbul und Kairo,im nordafrikanischen Maghreb, aber auchin Venedig.5···································································Eine kleinere Zahl Sepharden ging nachNordeuropa, wo sie sich vor allem in See-handelsstädten rund um die Nordsee nie-derließ. Es waren vielfach gebildete undwohlhabende Kaufmannsfamilien, die danach den Niederlanden gingen, nach Ant-werpen und Amsterdam, nach London und– Hamburg.···································································Die Sepharden waren die ersten Juden, dieum 1600 in die Hansestadt kamen. Siestammten vor allem aus Portugal.6 Wahr-scheinlich zog sie weniger der Ruf einesrepublikanischen, liberalen Stadtstaates an,wie es in einer frühen Beit-Biographieheißt,7 und wobei wohl eine unhistorischeVerklärung der inneren Verhältnisse Ham-burgs zugrunde liegt. Attraktiv war Ham-burg für die Migranten wahrscheinlich eheraus wirtschaftlichem Kalkül. Die Sephardenwaren vielfach in kapitalintensiven Ge-schäftszweigen tätig, als Großhändler undim Geldgeschäft. Die Seehandelsstadt ander Elbe bot ihnen ein viel versprechendesBetätigungsfeld.···································································Diese Kaufleute mit ihren oftmals weit rei-chenden Familien- und Handelsverbindun-gen bereicherten die Wirtschaftsstruktur derStadt. Der Senat befürwortete ausdrücklichdie Ansiedlung der „Portugiesen“ oder „Neu-christen“, wie die Exilanten genannt wur-den, um das Problem ihrer fremden Reli-gion sprachlich zu umgehen. Aus Spanien

und Portugal stammende Juden hatten viel-fach eine Schlüsselfunktion für den Handelmit Edelmetallen, Gewürzen, Rohrzucker,Kaffee und Tabak, die aus den neuen spani-schen und portugiesischen Kolonien Süd-amerikas in Europa anlangten und derenVertrieb in das nördliche Europa sich durchdie lang anhaltenden Kriege zwischen Spa-nien, Holland und England ausgesprochenproblematisch und risikoreich gestaltete.8···································································Ob es mit der Zuordnung der Beits zu denSepharden jedoch seine Richtigkeit hat, kanndurchaus bezweifelt werden. Um das Jahr1611 kamen auch die ersten deutschen Judenin den Hamburger Raum.9 Sie wurden, imUnterschied zu den portugiesischen Sephar-dim, Aschkenasim genannt und lebten fastausschließlich in Altona. Auch arbeiteten sieeher im Kleinhandel, als Hausierer, Pfand-leiher oder Handwerker.10 Einige aschkena-sische Familien hielten sich seit den 1620erJahren auch in Hamburg selbst auf und wa-ren wahrscheinlich während des Dreißig-jährigen Krieges in die befestigte Stadt ge-flohen.11 Als 1649 religiöse Eiferer aus derlutherischen Geistlichkeit danach riefen, dieJuden aus der Stadt zu vertreiben, warenhiervon nur die aschkenasischen Juden be-troffen. Die etwa einhundert Familien zäh-lenden, meist wohlhabenderen Sephardenblieben unbehelligt, und der Senat warnteausdrücklich vor den nachteiligen Auswir-kungen für den Hamburger Handel, diedurch einen von Hetzkampagnen ausgelös-ten Weggang der „Portugiesen“ zu erwartenseien.12 Im Stadtgebiet bleiben durftenschließlich nur die Aschkenasen, die als Be-dienstete von Sepharden galten.13 Nach Al-tona kamen Sepharden umgekehrt erst En-de des 17. Jahrhunderts aufgrund von Strei-tigkeiten in der Hamburger Gemeinde.14

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···································································Der Weinhändler Juda-Löb Reinbach, ge-boren um 1650 und noch benannt nach sei-nem Geburtsort Reinbach (zwischen Bonnund Bad Neuenahr), wie es bei Juden zu die-ser Zeit üblich war,15 ist der erste nament-lich bekannte Vorfahr Alfred Beits im Ham-burger Raum. 1699 verstarb er in Altona.Auch sein Sohn Isaac und dessen fünf Ge-schwister verstarben hier, ebenso alle uns be-kannten nächsten Nachkommen.16 Dies,wie auch die Herkunft aus der Rheinge-gend, spricht dafür, dass sie Aschkenasimwaren.17 Vielleicht ist die Zuordnung derBeits zu den Sepharden aus dem Wunschder Biographen geboren, die Familie vonfrüh an mit dem Esprit „edler Herkunft“ zu

umgeben und ihren späteren wirtschaftli-chen Erfolg in eine lange Tradition zu stel-len. Dabei waren viele der aschkenasischenJuden nicht weniger erfolgreich. Ihr ökono-mischer und gesellschaftlicher Aufstieg be-gann nur etwas später.18

···································································Isaac Reinbach (gest. 1724) nahm den Na-men Beit an, was auf das hebräische Wortfür „Haus“ zurückgeführt werden kann.Drei seiner Söhne wurden Kaufmänner imTuchhandel, einer von ihnen Salomon IsaacBeit (gest. 1772),19 der Ur-Urgroßvater vonAlfred Beit. Ob sie Sephardim oder Aschke-nasim waren: Auch die Beits sollten sichdurch Fleiß, Weitsicht und wirtschaftlichenErfolg ihren Platz in der Hamburger Gesell-schaft schaffen.···································································Familie Beit···································································Salomon hatte fünf Söhne, Levin, Isaac,Raphael, Marcus und Elieser Liepmann,und eine Tochter, Rebecka. Den bedeutend-sten wirtschaftlichen Aufstieg von ihnen er-reichte Marcus. Am 26. September 1770 ge-nehmigte der Hamburger Senat MarcusSalomon Beit (1732–1810) die Errichtung ei-nes Silber-Scheid- und Schmelzofens.20 Seitetwa 1787 betrieb er diesen gemeinsam mitseinem Bruder Raphael Salomon (1742–1824), dem Urgroßvater von Alfred.21

···································································Obwohl es auch andere Betriebe dieserArt gab, erlangte die Edelmetall-Scheidean-stalt der Beits eine wichtige Bedeutung fürdas Hamburger Wirtschaftsleben. Da Han-delsgeschäfte in jenen Jahren vornehmlichin bar angewickelt wurden und da zugleichin Deutschland und darüber hinaus zahlrei-che selbstständige Münzsysteme bestanden,ließ der Handel in Hamburg viel und ver-

Marcus Salomon Beit (1732–1810)

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schiedenartiges Münzgeld unterschiedlich-ster Qualitäten zusammenkommen, so dassfür den Geldwechsel und den Bankbetriebdie Aufarbeitung von Münzlegierungen ineiner Gold- und Silberscheiderei geradezueine Notwendigkeit wurde.22 Zudem nahmdie Hamburger Bank von den Kaufleutennur Feinsilber in Barren an.23

···································································Dank guter Verbindungen zur HamburgerBank gelang es den Beit-Brüdern ihre Kon-kurrenz zu überflügeln.24 1824 übernahmensie als erste das bereits 1802 von dem Fran-zosen d’Arcet entwickelte Gold- und Silber-scheideverfahren mittels heißer, konzen-trierter Schwefelsäure. Die Reinigung desMetalls gab dem Prozess den Namen: Abge-leitet vom französischen Verb „affiner“ –fein machen – und dem Substantiv „affi-nage“ oder „affinement“ – für Feinmachen,Läutern, Reinigen – spricht man von einemOrt, an dem Metalle gereinigt werden, voneiner Affinerie.25 Mit ihrem Betrieb legtendie Beits den Grundstein für das große,heute jedem Hamburger bekannte, metall-verarbeitende Werk im Süden der Stadt, dasbis 2009 „Norddeutsche Affinerie“ hieß unddessen Firmengeschichte unter diesem Na-men 1866 begann.

···································································Nach dem wenigen, was wir bislang übersie wissen, waren sowohl Marcus als auchRaphael Mitglieder der Hamburger „Patrio-tischen Gesellschaft“.26 Marcus starb bereits1810. In zweiter Ehe heiratete Raphael Salo-mon eine Tochter seines Bruders, Hannah.Ein enger Markt an ehefähigen Partnern, diesowohl von der Glaubensrichtung als auchvom gesellschaftlichen Ansehen her passendwaren, wie auch der Wunsch, den erarbei-teten Besitz der eigenen Familie zu erhal-ten, mögen bei dieser Ehe im engsten Fa-milienkreis eine Rolle gespielt haben. Ra-phaels Söhne John Raphael (gest. 1850) undLi(e)p(p)man(n) Raphael (1789–1852) ent-stammen dieser Verbindung.27

···································································Nach dem Tod ihres Vaters führten sie denBetrieb weiter, der seit 1843 unter dem Na-men „Beit, L. R., Gold- und Silberaffinerie“firmierte.28 1846 beteiligten sie sich an derGründung des „Elbkupferwerks“, aus dem1857 die „Elbhütten-Affinir- und Handels-gesellschaft“ entstand. Angeregt wurde dieGründung des „Elbkupferwerks“ von demHamburger Reeder Johann Caesar VI. Go-deffroy. Godeffroy war auf der Suche nachsicherer Rückfracht für seine nach Südame-

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Das Elbkupferwerk

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rika fahrenden Auswandererschiffe. Hierfürfasste er chilenisches Kupfer ins Auge undschlug dessen Verhüttung in Hamburg vor.29

Beteiligt an der Gründung war neben Go-deffroy und L. R. Beit auch Siegmund Ro-binow, der zur Verwandtschaft der Beits ge-hörte.···································································Raphael Salomons dritter Sohn, PhilippRaphael Beit (1787–1851) – Alfreds Groß-vater –, arbeitete als Tuchhändler in Ham-burg. Verheiratet war er mit Philippine Fei-del (Kassel) (1794–1851), der jüngsten Toch-ter des David Feidel (1759–1836), Sohn deslangjährigen finanziellen Beraters (Oberhof-agenten) des Landgrafen von Hessen.30 Phi-lipp Raphael hatte mit ihr vier Kinder: zweiSöhne und zwei Töchter; eine davon wurdenach ihrer Mutter Philippine genannt undheiratete später einen Enkel David Feidels,den Bankier Albrecht Feidel.···································································

Philipp Raphaels ältester Sohn, FerdinandBeit (1817–1870), wurde zu einem Mitbe-gründer der deutschen Chemieindustrie.Nach dem Besuch des Johanneums in Ham-burg und des Polytechnikums in Karlsruhestudierte er Medizin in München und er-warb den Doktortitel. Zurückgekehrt nachHamburg nahm er als Teilhaber der FirmaL. R. Beit seine chemisch-technischen Ar-beiten wieder auf.31 Im Elbkupferwerk wur-de er Technischer Direktor. 1850 heirateteFerdinand, und zwar Johanna Ladenburg(1829–1915), die Tochter des MannheimerBankiers Seligmann Ladenburg (1797– 1873),der 1865 ein Mitbegründer der BadischenAnilin- und Sodafabrik (BASF) und 1865–1873 Präsident des Verwaltungs- bzw. desAufsichtsrates der BASF war.32 Ferdinandselbst war 1857 Mitglied des Verwaltungsratsder maßgeblich von Godeffroy gegründetenNorddeutschen Bank und Vorsitzender desVerwaltungsrats der 1866 gegründeten Nord-deutschen Affinerie.33 Er starb bereits 1870,noch nicht 53-jährig. Seine Witwe Johanna,die ihn um 43 Jahre überlebte, ließ vomHamburger Architekten Martin Haller dasHaus Harvestehuder Weg 13 bauen, wo siebis zu ihrem Tod lebte.···································································Ihre Söhne Carl (1851–1910) und Gustav(1854–1927) – letzterer auch bekannt alsRennstallbesitzer und Mitbegründer derPferderennbahn in Groß-Borstel34 – führtendie Firma Beit & Co in Hamburg zu bedeu-tender Stellung im Salpeter- und vor allemim Druckfarbengeschäft.35 Ihr dritter Sohn,Ferdinand (1856–1937), war Mitinhaber derHamburger Kaffee-Importfirma GebrüderMichahelles. Der vierte und jüngste, Eduard(1860–1933), kam von allen zu größtemWohlstand: Er heiratete 1892 Hanna LucieSpeyer (1870–1918) und wurde Teilhaber

Ferdinand Beit (1817‒1870), Alfreds Onkel

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Werbeplakat der Firma Beit & Co für Druckfarben

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des Bankhauses Lazard Speyer-Ellissen inFrankfurt am Main und Speyer & Co, NewYork. Von Kaiser Wilhelm II. 1910 in denerblichen Adel erhoben, führte er den Na-men Eduard Beit von Speyer.36 Sein Vermö-gen wurde 1913 auf 80 Millionen Mark ge-schätzt.37 Auch in diesem Zweig der Familiewaren es die Frauen, welche die familiärenund gesellschaftlichen Verbindungen sowiedas Geld in die Ehen brachten. ···································································Philipp Raphaels zweiter Sohn, SiegfriedBeit (1818–1881), war Alfreds Vater. Auch erbesuchte das Johanneum, ging danach aberin den Familienbetrieb und machte sich an-schließend als Importeur französischer Sei-denstoffe selbständig, womit er eine Famili-entradition fortsetzte.38

···································································1850 heiratete Siegfried Laura CarolineHahn (1824–1918). Laura stammte aus eineralteingesessenen und weit verzweigten Ham-burger Familie jüdischen Glaubens. DieHahns waren wie die Beits vermutlich Al-tonaer Aschkenasim, einer der mutmaßli-chen Vorfahren Lauras, Jacob Joseph Hahn,könnte 1612 zu den Begründern der dorti-gen Jüdischen Gemeinde gehört haben.39

Auch Lauras Vater, Heymann Hahn (ca.1773–1840), hatte mit seiner Frau „einen gu-ten Fang“ gemacht, der seinem gesellschaft-lichen Aufstieg durchaus nützlich war: Erhatte Susanna Lazarus (ca. 1787–1860) ge-ehelicht, die den Bankiersfamilien Lazarusund Hertz entstammte. In ihrer Heiratsur-kunde findet sich ein heute merkwürdig an-mutender, aber aussagekräftiger Satz: „Hey-mann Hahn, Jude 2. Klase [sic], heirateteSusanna, des Lazarus Tochter. Bemerkung:Ohne Musik.“40

···································································Im Jahr nach der Heirat entschieden sich

Siegfried und Laura für einen tiefen Ein-schnitt in der Familiengeschichte: Am 6.September 1851 ließ sich das junge Paar in St.Petri taufen, keine zwei Monate nach Ge-burt des ersten Kindes, ihrer Tochter Bertha,und acht Monate nachdem beide ElternteileSiegfrieds im Januar verstorben waren.···································································Die Gründe für ihren Übertritt zum pro-testantischen Glauben sind vermutlich we-niger in persönlichen Überzeugungen zusuchen, als vielmehr in dem Wunsch, den ei-genen Kindern eine weniger durch die Vor-urteile anderer belastete Zukunft zu ermög-lichen. Denn die Judenfeindschaft hatteauch vor den Toren der Freien und Hanse-stadt Hamburg keinen Halt gemacht. ···································································In den 1830er Jahren kam es wiederholt zugewaltsamen Ausschreitungen gegen Juden.Die Gesetzgebung verwehrte ihnen auch inHamburg den Zugang zu bestimmten Beru-

Laura Beit, geb. Hahn (1824‒1918), Alfred Beits Mutter

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fen (etwa zu den Handwerkerzünften oderzum Beruf des Advokaten) und enthielt ih-nen Rechte vor, die anderen Bürgern ge-währt wurden. Die Juden wurden als Ein-wohner zweiter Klasse behandelt. Hamburgwar zwar ein Zentrum ihres Strebens nachEmanzipation – der Jurist Gabriel Riessersetzte sich hier unermüdlich für die bürger-liche und staatsbürgerliche Gleichbehand-lung der Juden ein –, doch ihre rechtlicheLage begann sich erst mit der Revolutionvon 1848 ⁄49 durchgreifend und, wie sichspäter herausstellen sollte, dauerhaft zu ver-bessern. Die vollständige rechtliche Gleich-stellung erlangten die Juden in Hamburgmit der neuen Verfassung vom März 1860.41

···································································War dies, verglichen mit den anderen Staa-ten des Deutschen Bundes, auch relativ früh,absehbar war diese Besserung für Siegfriedund Laura zum Zeitpunkt ihrer Heiratnicht, im Gegenteil. Nach dem Zusammen-bruch der Revolution von 1848 ⁄49 war imJahr ihrer Konversion die rechtliche Gleich-stellung der Juden, die zuvor das Parlamentin der Paulskirche erstmals für ganzDeutschland gesetzlich festgelegt hatte, perBundesgesetz wieder aufgehoben wordenund die alten, verletzenden Beschränkungentraten in zahlreichen deutschen Staaten wie-der in Kraft, wenn auch nicht in Hamburgselbst.42 Dass Siegfrieds Eltern nun beideverstorben waren und nicht mehr mit ihrenvielleicht traditioneller geprägten Erwartun-gen im Raum standen, mag dem Paar seinenSchritt zum Glaubensübertritt erleichterthaben.···································································Vor allem durch Laura wurde die neue Fa-milie Teil eines weit verzweigten verwandt-schaftlichen Beziehungsgeflechts wohlha-bender und angesehener jüdischer Hambur-

ger Großbürgerfamilien. Laura stammte auseiner kinderreichen Familie. Sie hatte zehnältere Geschwister, davon acht Schwestern,und insbesondere deren Ehen knüpftenneue familiäre Bande.···································································Ihre älteste Schwester, Rosa (1811–1870),heiratete den Mecklenburger KaufmannAdolph (Israel) Arnold, Teilhaber der FirmaArnold, Lippert & Co. Rosas Tochter Loui-se (1839–1919) heiratete dann in die ange-sehene Hamburger Bankiersfamilie Gold-schmidt ein. Isaac Meyer Goldschmidt(1790–1858) hatte 1815 das Bankhaus J.Goldschmidt Sohn begründet. Bereits IsaacsVater, Meyer Abraham Goldschmidt (1741–1815), war seinerseits mit einer Beit verheira-tet, nämlich mit Zippora Pe’sche (genanntBetty, ca. 1753–1831), einer Cousine RaphaelSalomon Beits.43 Isaacs Frau Adeline, geb.Wolffson (1799–1881), führte das Haus nachdem Tod ihres Mannes mit ihren SöhnenMartin (1823–1903) und Wilhelm (1824–1902) als Prokuristen weiter. Ihr SchwagerBernhard Abraham Dehn und dessen Schwa-ger aus erster Ehe, Sally [sic] Gerson Mel-chior (1814–1865),44 übernahmen später dieLeitung des Unternehmens, die sie 1865 ih-ren Söhnen Arnold Dehn und Moritz Mel-chior übertrugen. Moritz Melchior, spätererFinanzdirektor der Hamburger Sparkasse,heiratete Emilie Rée (1847–1873), die einerweit verzweigten und hoch angesehenen Fa-milie Hamburger Sepharden entstammte.Ihr gemeinsamer Sohn, Dr. Carl Melchior(1871–1933), wurde später Teilhaber desBankhauses M. M. Warburg und engsterMitarbeiter von Max M. Warburg. ···································································1894 wurde Martin Goldschmidts Sohn,Otto (1866–1927), Inhaber der Goldschmidt’-schen Bank. 1899 kam sein Bruder Eduard

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(1868–1956) als Mitinhaber hinzu. Bereitsihre Tante, Marianne (1825–1906), hatte sichmit Bernhard Abraham Dehn (1808–1863)verheiratet, eine familiäre Verbindung, dieEduard durch seine Heirat mit ElisabethDehn (1875–1947) vertiefte. Eduards Cou-sin, Otto Dehn (1852–1925), Sozius der an-gesehenen Anwaltskanzlei Wolffson undDehn, Mitglied des Vorstands der Anwalts-kammer und verschiedener renommierterAufsichtsräte, u. a. der Vereinsbank und derHypothekenbank sowie Mitglied der Ober-schulbehörde, war später eine der treiben-den Kräfte hinter den Plänen zur Gründungder Hamburger Universität, engster Ver-bündeter und unersetzlicher Ratgeber Wer-ner von Melles und Kuratoriumsmitgliedder Hamburgischen WissenschaftlichenStiftung. Eduard Goldschmidt selbst ge-hörte von 1910–1937 dem Vorstand der Va-terstädtischen Stiftung an, die von LauraBeit und einem ihrer Söhne, Otto, mitgroßzügigen Spenden bedacht wurde.45

···································································Eduard und Otto Goldschmidts jüngsterBruder, Carl (1875–1966), war Bankier inLondon und lebte in späteren Jahren aufBeits Landsitz, Tewin Water. Er scheint viel-fach als eine Art Vermittler zwischen deut-scher und britischer Verwandtschaft gewirktzu haben.46 Familiäre Verbindung bestan-den für die Beits über Laura so zu den Gold-schmidts, Dehns und Wolffsons und dar-über hinaus Verbindungen zu den Mel-chiors, Warburgs und Rées.···································································Laura Hahns zweitälteste Schwester, Adele(1812–1889), heiratete 1834 den HamburgerKaufmann David Lippert, Teilhaber von Ar-nold, Lippert & Co. Rosas und Adeles Män-ner wurden so durch ihre Eheschließungenvon Kompagnons zu Schwägern. Die Ver-

wandtschaft zu den Lipperts sollte für Al-freds Beits Lebensweg von besonderer Be-deutung sein, denn es war die Firma Lip-pert, die ihn geschäftlich nach Südafrikaentsenden sollte.···································································Lauras nächstälteste Schwester, Pauline(geb. 1823), heiratete Adolph Robinow (1809–1885), den Bruder von Siegmund (1808–1870), Max und Meinhard Robinow (1814–1895). Deren Vater, Marcus (177047–1840),der 1790 nach Hamburg gekommen war,hatte 1806 Emma Beit (1784–1830) geheira-tet, eine Tochter von Marcus Salomon Beit.(Bereits der alte Robinow war also einSchwager von Alfred Beits Urgroßvater).48

Verwandtschaft mit den Robinows bestandfür Alfred Beit also sowohl über die väterli-che als auch über die mütterliche Seite.Adolph und Max gingen nach einer kauf-männischen Ausbildung nach Schottland,wo sie Robinow Marjoriebanks & Co inLeith und Glasgow gründeten und woAdolph Hamburger Konsul wurde. ···································································Siegmunds Sohn, Hermann Moses Robi-now (1837–1922), Hamburger Kaufmannund Bürgerschaftsabgeordneter, hatte sie-ben weitere Geschwister. Sein Bruder, Jo-hannes Adolph (1838–1897), heiratete späterCäcilie Melchior (1841–1886), die Schwestervon Moritz Melchior49 – eine weitere ver-wandtschaftliche Querverbindung zu dieserFamilie. Ihr Sohn, Dr. Richard Robinowwar Vorstandsmitglied der VaterstädtischenStiftung von 1905–1938 und gehörte zu ei-nem Freundeskreis, dem auch Aby S. War-burg, Carl Melchior und Wilhelm Hertzangehörten.50

···································································Ein Netz aus familiären Bindungen hat aufdiese Weise Alfred Beits geschäftliches Agie-

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ren unterlegt und beeinflusst. Es ist möglichanzunehmen, dass Beit bei seinen Investiti-onsvorhaben darauf zurückgreifen konnte,wenn dies hier auch nicht näher untersuchtwerden kann.51 Das gleiche Netz hat AlfredBeit an seine Vaterstadt gebunden und spä-ter seine Bereitschaft mit begründet, ihr undeinzelnen Einrichtungen reiche Spenden zu-kommen zu lassen.···································································Ein hoffnungsloser Fall –Schule, Militär- und Lehrzeit···································································Laut Alfred Beits eigener Beschreibung warim Haus seiner Eltern während seiner Kin-derzeit kein besonderer Luxus möglich. Erhabe zu den „armen Beits“ gehört, sagte Beitspäter in einem Interview,52 nicht frei vonKoketterie. Wohnhaft war die Familie nach

der Geburt der Kinder am Mittelweg 45, ei-ner auch damals guten Wohngegend. Al-freds Vater scheint zeitlebens von angegrif-fener Gesundheit gewesen zu sein, wenn wirauch nichts Näheres über das Leiden wissen.Siegfrieds Krankheit soll auch sein Erwerbs-leben beeinträchtigt haben und so wuchsenseine Kinder unter weniger üppigen undsorglosen Verhältnissen auf als deren Cou-sins im Hause von Siegfrieds Bruder, Ferdi-nand. Es war wohl auch dem Geschick sei-ner Frau Laura zu verdanken, wenn dieFamilie finanziell über die Runden kam. Injedem Fall scheint sich Alfred eine großeSparsamkeit und Genauigkeit bei kleinenGeldbeträgen eingeprägt zu haben, die inspäteren Jahren mit einer außergewöhnli-chen Großzügigkeit bei größeren Summenkontrastierte.53

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Ein Familienbild der Beits – Alfred und seine Mutter im Zentrum

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···································································Das erste Kind von Laura und Siegfried wareine Tochter, Alfreds Schwester Bertha(1851–1907). 1875 sollte sie Gustav Zinnow(1846–1934) heiraten. Zinnow, 1866 nachHamburg gekommen und seit 1873 Teilha-ber der Firma Stammann & Zinnow in derFerdinandstraße 42 ⁄46, war ein bekannterHamburger Architekt und einer der siebenBaumeister des neuen Hamburger Rathau-ses. Daneben plante er zahlreiche Großbau-ten für mildtätige Organisationen wie dieVaterstädtische Stiftung.···································································Am 15. Februar 1853 bekam Laura ihren ers-ten Sohn, Alfred. Ihm folgten seine Schwes-tern Antonie (1854–1925) und Olga (1859–1890), die bereits mit 31 Jahren an einemLungenleiden starb.54 Auch Alfreds jüngererBruder Theodor, geboren 1861, begabterMusiker und Jurist, starb schon 1896, mitnur 35 Jahren. Die Beits starben jung, kaumjemand wurde älter als sechzig. Selbst derletztgeborene Sohn, Otto (1865–1930), er-reichte nur ein geringfügig höheres Lebens-alter. ···································································Leider wissen wir nicht viel über die Ju-gendzeit von Alfred Beit. Dies hat vor allemdarin seinen Grund, dass Alfreds BruderOtto, der angeboten hatte, das Jugend-Ka-pitel zu der ersten, 1932 erschienenen Bio-graphie über Alfred beizutragen, zu früh ver-starb, um das Versprechen noch erfüllen zukönnen. Auch alle anderen Geschwister wa-ren zu dieser Zeit bereits verstorben.···································································Ein Biograph Alfred Beits gerät nicht in dieVersuchung, wie im Falle anderer berühm-ter Menschen, dessen Kindheit retrospektivzu verklären und Wunderdinge in sie hin-einzulesen, die spätere herausragende Ent-

wicklungen oder Leistungen mit erklärensollen. Aus Alfred Beits Kindheit gibt esnichts Herausragendes zu berichten. Das ru-hige und wenig auffällige Kind zeichnetesich durch keine besonderen Vorlieben oderaugenfälligen Begabungen aus.55 Alfred be-suchte die Privatschule von Heinrich Schlei-den. Schleiden (1809–1890), ein Theologe,dem aufgrund seiner rationalistischen undliberalen Ansichten seit 1839 der Weg aufHamburger Kanzeln verschlossen war, hattesich nach seinem Predigtverbot ganz demLehrfach zugewandt und Ostern 1842 eineSchule begründet.56 Das Lehrangebot seinerAnstalt entsprach dem der Realschule desJohanneums, der sogenannten Bürgerschu-le. Zur Zeit von Beits Kindheit und Jugendwar das Johanneum noch die einzige staat-liche Schule in Hamburg, die eine höhereSchulbildung ermöglichte. Neben ihr be-stand eine Zahl angesehener Privatschulen,die vor allem auf die Ausbildung der Söhneder Kaufleute und Gewerbetreibenden aus-gerichtet waren, darunter auch die Schlei-den’sche Anstalt. Interessanterweise gehörteSchulleiter Schleiden zu den ersten Befür-wortern einer Universitätsgründung inHamburg57 – ein Plan, zu dessen Verwirkli-chung in späteren Jahren just zwei ehema-lige Schüler von ihm (Werner von Melleund Alfred Beit) bereit waren, viel beizutra-gen.···································································Beits schulische Leistungen, sein Betragenwie auch seine schriftliche Leistungen, wa-ren vollkommen durchschnittlich, um nichtzu sagen mittelmäßig. Hier war nichts Be-sonderes zu erwarten. In einer frühen Bio-graphie über Beit hat dies den Verfasser desVorworts verlockt zu schreiben, Beit sei ein„hoffnungsloser Fall“ gewesen („who as aboy was rather hopeless at school“).58 Ein

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Schulkamerad Beits, der spätere HamburgerBürgermeister Werner von Melle, der imallgemeinen das Bild lobt, das jene Biogra-phie von Beit zeichnet,59 hat dem wider-sprochen. In einem Brief an einen NeffenBeits, Gustav Zinnow jr., hat er betont, Beitsei zwar nicht durch besondere Begabungenaufgefallen, sei jedoch keineswegs einschlechter, sondern lediglich ein durch-schnittlicher Schüler gewesen – dies abergelte für viele. Daher könne man auch nichtvon Beits „comparative failure at school“sprechen, was wohl auch nur geschehe, umden Kontrast zu seinen späteren großenLeistungen künstlich zu erhöhen.60

···································································In jedem Fall war der junge Alfred zu Schul-zeiten noch wenig selbstbewusst, er war eineher vorsichtiges, vielleicht ängstliches, aberauch ein überlegtes Kind. Als er in derneuen Selekta der Schleiden’schen Schuledie Einjährigenprüfung machen sollte,fürchtete er, diese nicht zu bestehen. Seineenergische Mutter ging daraufhin mit ihmzu Dr. Schleiden, um sich von ihm Rat zuerbitten. Schleiden sagte, Alfred könne diePrüfung seiner Meinung nach wohl beste-hen, wenn er aber selbst so große Bedenkenhabe, sei es vielleicht richtiger mit dem Exa-men noch zu warten und sie beim nächstenTermin vorzunehmen. Der Rat wurde be-folgt und die Prüfung später glücklich be-standen.61

···································································Alfreds Eltern überlegten, welcher Beruffür ihren Spross geeignet sei. Eine akademi-sche Ausbildung schied aus, in intellektuel-ler Hinsicht galt als Hoffnungsträger der Fa-milie Alfreds Bruder Theodor.62

···································································Nach Beratungen mit verschiedenen Ver-wandten entschied man, Alfred in die Lehre

bei der Firma Lippert & Co zu geben, dieseit 1852 einen florierenden Handel als Im-porteur von Wolle aus überseeischen Gebie-ten, einschließlich des südlichen Afrikas,aufgebaut hatte. David Lippert, der Inhaber,hatte hierzu drei seiner Söhne nach Süd-afrika gesandt, Alfreds Vettern Ludwig(1835–1918), Eduard (1844–1925) und Wil-helm, die Filialen in Port Elizabeth, Kap-stadt und Durban gründeten. WährendLudwig bald nach Hamburg zurückkehrte,um die Firma nach dem Tod des Vaters wei-terzuführen, blieben seine Brüder im Sü-den.63 Seit 1860 leitete Eduard die Nieder-lassung der Firma in Port Elizabeth, Wil-helm die Filiale in Kapstadt. Alfred BeitsWege sollten sich vielfach mit den ihrenkreuzen.···································································Da der Handel mit Wolle ein Saisonge-schäft war, begann die Familie Lippert 1869auch mit Diamanten zu handeln, der neue-sten und kostbarsten Ware vom Kap, die seitKurzem in der Nähe des Flusses Vaal gefun-den wurden. Kontrollen gab es kaum, dieDiamanten wurden unter primitiven undteils improvisierten Sicherheitsvorkehrun-gen auf den Kontinent oder nach Englandverfrachtet und dort für das verkauft, wassich erzielen ließ.64

···································································So war es, als Alfred 1870 im Alter von 17Jahren als Lehrling in die Firma eintrat, inder er die nächsten drei Jahre arbeiten sollte.In dieser Zeit kamen immer mehr Gerüchtenach Hamburg über aussichtsreiche Speku-lationen im Diamantenhandel, die auch Al-freds Eltern zu Ohren kamen. Konnte manAlfred nicht etwas über Diamanten lernenlassen und ihn auch nach Südafrika schi-cken? Hier kamen wieder verwandtschaftli-che Beziehungen ins Spiel, diesmal zu den

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Robinows, der Familie von Lauras Schwes-ter Pauline. Man arrangierte, Alfred bei ei-nem bekannten Amsterdamer Diamanten-händler unterzubringen, also in einemZentrum der Verarbeitung und des Handelsmit den kostbaren Steinen.65

···································································Bevor er jedoch nach Amsterdam gehenkonnte, musste Alfred noch seinen Militär-dienst ableisten. Am 1. April 1873 kam alsEinjährig-Freiwilliger zur 4. Kompanie des2. Hanseatischen Infanterie Regiments Nr.76.66 Beits Militärpass können wir seineKörpergröße entnehmen: Alfred war 1 Me-ter, 63 Zentimeter und 5 Millimeter groß.Mit anderen Worten, er war von eher zierli-cher Gestalt, was sich harmonisch zu seinen

in jungen Jahren weichen, ein wenig kind-lich und träumerisch wirkenden Zügenfügte. ···································································Am 1. April 1874 wurde der junge Mann zurReserve entlassen. Bereits am 4. April erhielter eine auf zwei Jahre befristete „Dispen-sion“ (Beurlaubung) von der Pflicht zurTeilnahme an Reservistenübungen, undzwar für einen Aufenthalt in Amsterdam.Ohne Verzug also machte sich der „Einjäh-rige“ auf seinen Weg zu weiterer Ausbil-dung. Besonders hervor tat er sich dabei al-lerdings nicht. Beit selbst sagte später überseine Zeit in Amsterdam, er habe dort ledig-lich seine Arbeit getan und seine freie Zeit

Alfred Beits Wehrpass

Alfred Beit in jungen Jahren

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verschwendet wie andere junge Männerauch („I just did my work and wasted myspare time like other young men“).67

···································································In Holland hat Beit kaum mehr als ein Jahrverbracht. Bereits am 21. Juni 1875 erhielt erlaut Wehrpass eine Verlängerung des Ur-laubs – dieses mal für einen zweijährigen

Aufenthalt am „Cap der guten Hoffnung“.68

Als der Zweiundzwanzigjährige seine Vater-stadt im Sommer 1875 verließ, deutetenichts auf jene steile Kurve hin, die sein Le-ben fortan beschreiben sollte, und darauf,dass den kleinen Lehrjungen manche baldein Finanzgenie nennen sollten.

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··············································································································································2 Beit/Lockhart, The Will, S. 1 f.; Möring, Beit, S. 23; Roberts, Diamond Magnates, S. 160.3 Studemund-Halévy, Lexikon, S. 11 und 41 ff.4 Windler, Minderheiten, S. 117 f.; Bernecker, Geschichte, S. 16; Battenberg, Zeitalter, S. 28 ff.5 Ebd., S. 127 ff., insb. 135 ff.; Bernecker, Geschichte, S. 14 ff.6 Böhm, Sephardim, S. 22.7 Beit/Lockhart, The Will, S. 1.8 Ettinger, Geschichte, S. 10; Böhm, Sephardim, S. 26f.; Studemund-Halévy, Lexikon, S. 15.9 Marwedel, Geschichte, S. 22.10 Ebd., S. 27.11 Ebd., S. 23.12 Ders., Juden, S. 47; Böhm, Sephardim, S. 24 ff.13 Marwedel, Geschichte, S. 26; Studemund-Halévy, Lexikon, S. 41.14 Studemund-Halévy, Lexikon, S. 59 ff.15 Juden führten zu dieser Zeit vielfach an Stelle des Familiennamens ein Patronym, also einen Verweis auf denVornamen des Vaters.16 Zinnow, Beit-Chronik, S. 1 ff. und 109.17 Im 17. Jahrhundert lebten in Altona nur einzelne sephardische Juden, Marwedel, Geschichte, S. 21.18 Ebd., S. 22.19 Prior, Affinerie, S. 10.20 125 Jahre Norddeutsche Affinerie, S. 2 f.21 Ebd., S. 6.22 Prior, Affinerie, S. 10.23 Krohn, Juden, S. 114.24 125 Jahre Norddeutsche Affinerie, S. 5.25 Prior, Affinerie, S. 12. – Eine andere Erklärung des Begriffs geht davon aus, die Trennung verschiedener Me-talle mittels der Säure beruhe auf der Anziehungskraft verschiedener Stoffe untereinander, die auf ihrer chemi-schen Verwandtschaft beruhe, ihrer „affinité“.26 Zinnow, Beit-Chronik, S. 6 und Tafel 2.27 Liepmann Raphael heiratete eine Enkelin seines eigenen Großvaters: Marcus hatte, neben Hannah, zwei wei-tere Töchter, deren Namen wir nicht kennen. Eine von ihnen heiratete Moritz Jacob Immanuel (gest. 1854), mitdem sie vier Kinder hatte, darunter ihre Tochter Bella (gest. 1889), die Liepmann ehelichte. Das Paar verstarb kin-derlos, Rosenthal, New Light, S. 9 f.

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28 Prior, Affinerie, S. 11.29 Krohn, Juden 114 f.; Prior, Affinerie, S. 14 ff.30 Zinnow, Beit-Chronik, S. 7.31 So 125 Jahre Norddeutsche Affinerie, S. 22.32 Zinnow, Beit-Chronik, S. 8.33 125 Jahre Norddeutsche Affinerie, S. 22.34 Zinnow, Beit-Chronik, S. 9.35 Dr. Carl Beit, bereits Mitinhaber von L. R. Beit, rief mit seinem Teilhaber Dr. Otto Philippi 1876 eine Of-fene Handelsgesellschaft mit dem Namen Beit & Philippi ins Leben, die auf einem 20.000 qm großen Gelände ander Dorotheenstraße 68 in Hamburg-Winterhude eine Kalisalpeterfabrik betrieb. 1881 trat als dritter Gesellschaf-ter Gustav Beit, der jüngere Bruder Karls, in die Firma ein. Nach dem Tod von Philippi 1895 leiteten die Brüderdie Firma unter dem Namen Beit & Co weiter. Am benachbarten Poßmoorweg errichteten sie eine Druckfarben-fabrik. Zwischen 1886 und 1906 expandierte die Firma mit Zweigbetrieben in London, Paris, Brüssel, Mailand,Wien, Amsterdam, Moskau und Petersburg, vgl. Deppisch, Beit & Co.36 Möring, Beit, S. 23 f.37 Köhler, Wirtschaftsbürger, S. 123 f.38 Schwarz, Stiftung, S. 100; Zinnow, Beit-Chronik, S. 15.39 Ders., Hahn-Chronik, S. 1 und 58.40 Nach ebd., S. 2.41 Kleßmann, Geschichte, S. 388 ff. und 466 f.42 Krohn, Juden, S. 25 ff.43 Zinnow, Beit-Chronik, S. 109.44 Bernhard war mit Hanna Melchior (1821‒1843) verheiratet.45 Schwarz, Stiftung, S. 247 f. und 265 f.46 Zinnow, Hahn-Chronik, S. 7 f.47 Rosenthal, New Light, S. 9. 48 Robinow, Aus dem Leben, S. 24; 125 Jahre Norddeutsche Affinerie, S. 8; Schwarz, Stiftung, S. 272.49 Ebd., S. 266.50 Robinow, Aus dem Leben, S. 21.51 Eine Andeutung in dieser Richtung findet sich bei Cartwright, Corner House, S. 78 f.52 Fort, Beit, S. 103.53 Ebd., S. 50 f. und 109 f.; Zinnow, Beit-Chronik, S. 17.54 Ebd., S. 61.55 Fort, Beit, S. 51.56 Hoche, Schleiden, S. 416 f.57 Baasch, Geschichte Hamburgs, S. 274 f. und 277.58 Fort, Beit, S. 15.59 NL Werner von Melle, SUB Hamburg, Gustav Zinnow an Werner von Melle, 31. Dezember 1923.60 Ebd., Werner von Melle an Gustav Zinnow (Entwurf ), 9. Oktober 1932.61 Ebd.62 Fort, Beit, S. 51.63 Zinnow, Hahn-Chronik, S. 8 f.64 Beit/Lockhart, The Will, S. 5.65 Zinnow, Beit-Chronik, S. 44.66 Beits heute leider verschollener Militärpass findet sich teils reproduziert, teils wiedergegeben in ebd., Tafel 16und S. 93‒95. 67 Fort, Beit, S. 54 und 103.68 Zinnow, Beit-Chronik, S. 94 f.··············································································································································

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Alfred Beit in Südafrika

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Nicht tropische Hitze und Schwüle nah-men Beit an der südafrikanischen Küste inEmpfang. Das Klima bei Kapstadt, wo eranlangte, ist eher dem mediterranen ver-wandt. Und da die Kapkolonie auf der Süd-halbkugel liegt, sind die Jahreszeiten deneuropäischen entgegengesetzt. Beit verließHamburg also im Sommer und kam im süd-afrikanischen Winter an.···································································Eine enorm lange Küstenlinie umgrenztdie britische Kolonie. Sie erstreckt sich übermehr als 2.900 Kilometer, an zwei Ozeanegrenzend, den Atlantischen und den Indi-schen. Das Zentralplateau, das sich über dasgesamte Landsinnere erstreckt und das„Highveld“ genannt wird, liegt in einerHöhe zwischen 900 und 2.000 Metern. Derzu den Küsten hin abfallende Landgürtelmit einer Breite von 50 bis 240 km wirdGroot Randkant (Große Randstufe) ge-nannt. Den Anstieg in die Hochlandebenebildet ein unterschiedlich steiles, stark ter-rassiertes und zerklüftetes Randgebirge –den Bau von Straßen und Eisenbahnen hates stark behindert. Die komplizierten geolo-gischen Verhältnisse haben jedoch auch denausgesprochenen Reichtum des Landes anBodenschätzen hervorgebracht.···································································Das Highveld ist ein flachwelliges, nur voneinzelnen Inselbergen durchsetztes Land,

das sich fast baumlos zum Horizont hin er-streckt, im Nordosten auf die Drakensbergezu, deren höchster Gipfel fast dreieinhalb-tausend Meter aufragt. Die meisten Flüssedes südlichen Afrikas entspringen hier undfließen nach Osten zum Indischen Ozean,der längste aber, der Oranje, fließt nach We-sten und mündet in den Atlantik.···································································Bedingt durch die Größe des Landes, dieMeeresströme und Höhenlagen variiert dasKlima in den verschiedenen Teilen des Lan-des stark. Es reicht von extremer Wüste inder Kalahari an der Grenze zu Namibia biszu subtropischem Klima im Südosten. Ander Westküste ist es durch den Benguela-strom aus der Antarktis kühler und trocke-ner, an der Ostküste sorgt der warme Agul-hasstrom aus dem Indischen Ozean für eineher feuchtes und warmes Klima, die Luft-feuchtigkeit ist hoch und die Temperaturenliegen hier ganzjährig zwischen 25 und 35°C.···································································Allgemein ist das Landesinnere sonnigund trocken. Es ist der Mangel an Nieder-schlägen, der in großen Teilen des Landeszum Hindernis für menschliche Aktivitätenwird. Die Niederschläge nehmen von Süd-osten nach Nordwesten ab, die Temperatu-ren in gleicher Richtung zu. Auf dem Pla-teau im Osten des Landes ist es bereits rechtwarm, westlich jedoch, in der Karoo-Halb-

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wüste und der Kalahariwüste, werden ex-trem hohe Temperaturen erreicht. Im Nor-den hingegen, in den Drakensbergen, aufdem Highveld und der Umgebung von Jo-hannesburg, kann im Winter auch Schneefallen. ···································································Beit betrat eine für Nord- und Westeuro-päer fremde Welt, mit einer ausgesprochenfremdartigen und vielfältigen Tier- undPflanzenwelt. Zwar gab es seit den 1830 Jah-ren in Europa Zoologische Gärten, vor al-lem in England und nach einer Welle vonNeugründungen in den 1860er Jahren auchin vielen Großstädten auf dem Kontinent,nicht jedoch in Hamburg. Vielleicht kannteBeit einen Zoologischen Garten aus seinerAmsterdamer Zeit, wo seit 1838 ein solcherexistierte. Mochten Antilopen wie Impalaoder Kudu noch mit Rehen und Hirschenvergleichbar gewesen sein und die Büffelmit Rindern – dass Affen, Strauße, Flamin-gos und Zebras die freie Wildbahn des Lan-des bevölkerten, muss für Beit ein aufregen-der Eindruck gewesen sein. Auch der Löwewar in den südafrikanischen Weiten anzu-treffen – das Wappentier jener Macht, in de-ren Wirkungskreis Beit getreten war, unddie künftig sein Leben mit bestimmensollte: das britische Empire.···································································Aufs Ganze gesehen überwiegen im Landausgedehnte Gras- und Savannengebiete.Die Vegetation wird in Richtung Nordwes-ten immer spärlicher, was an den geringenNiederschlagsmengen liegt. Die Gras- undDornensavanne östlich der Kalahari-Wüstewandelt sich im Verlauf nach Nordosten hinzu einer Feuchtsavanne mit dichterem Be-wuchs. Die durch lang anhaltende Trocken-heiten geprägten Gebiete verwandeln sichnach dem Regen allerdings in Blütenmeere.

Aprikosen-, Pfirsich-, Zitronen-, Orangen-,und Mandarinenbäume gedeihen am Kap,Ananas, Feigen, Datteln und Bananen.69

Die Mehrzahl der wilden Pflanzen sind fürMitteleuropäer fremdartig wirkende im-mergrüne Hartlaubgewächse mit nadelför-migen Blättern. Während es eine ausgespro-chene Vielfalt an Blütenpflanzen gibt, sindWälder heute ausgesprochen selten und fastausschließlich im Süden und Südosten inder regenstarken Küstenebene entlang desIndischen Ozeans zu finden. Der ursprüng-lich vorhandene Wald wurde im Laufe derZeit von den europäischen Siedlern abge-holzt.70

···································································Das Land war nur dünn besiedelt. DenHauptteil der Bewohner stellte die indigenefarbige Bevölkerung. Größere Städte fandensich vor allem an den Küsten, ungepflasterteSandwege und eingeschossige Bretterhäuserdominierten das Bild. Eisenbahnen führtenallenfalls von den größeren Hafenstädten,Cape Town, Port Elizabeth, East Londonund Durban, landeinwärts, meist auf DeAar zu. Das Fortbewegungsmittel dieserJahre war das Pferd, für Lasttransporte nutz-te man Ochsenwagen. ···································································Die Zucht und Haltung von Schafen warzu einer wichtigen Einkommensquelle dereuropäischen Siedler geworden, doch auchihr waren Grenzen gesetzt. So gut verträg-lich das Klima in weiten Teilen des Landesfür Westeuropäer war: Wasser blieb einknapper Rohstoff, und von ihm hingenSiedlung und Wirtschaft, Leben und Über-leben ab. Die Windpumpe zur Förderungdes Grundwassers als einzige Wasserquelleprägt daher bis heute in vielen ländlichenGebieten das Bild der Landschaft.···································································

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Dies war das Land, das der junge Hambur-ger Kaufmann im Jahr 1875 betrat und daser nur knapp 14 Jahre später als mehrfacherMillionär wieder verlassen sollte. Das Landsah ein wenig aus wie der Wilde Westen, denuns Filmkulissen zeigen. Nur, dass es derwilde Süden war. Afrika.···································································Ein einheitlicher südafrikanischer Staat be-stand zur Zeit von Alfred Beits Ankunft amKap nicht. Niederländer waren die erstenEuropäer vor Ort gewesen.71 1652 hatte dieOstindische Kompanie ein Fort errichtet,die dazugehörige Siedlung wuchs stetig, undbereits 1658 langte eine erste SchiffsladungSklaven an – die Kolonie am Kap wurde zueiner Sklavenhaltergesellschaft. Seit 1710waren die Sklaven gegenüber den Freien inder Mehrzahl.72 Ende des 18. Jahrhunderts,nach der großen französischen Revolution,durchlief das Beben der europäischen Kon-flikte auch ferne Regionen der Welt. 1795besetzten die Briten das Kap, aus strategi-schen Erwägungen und um zu verhindern,dass es in französische Hände falle. Mit demFriedensschluss von 1814 kamen die nieder-ländischen Siedler, die „Boers“ – Buren –,endgültig unter britische Herrschaft, ohnedass man sie nach ihrer Meinung gefragthätte. ···································································Die Spannungen zwischen Briten und Bu-ren, die sich im Verlauf des 19. Jahrhundertsergaben, waren hierdurch bereits angelegt.Kulturelle Unterschiede vertieften den Gra-ben zwischen den ursprünglichen Siedlernund den neuen Herren. So sprachen die Bu-ren eine abgewandelte Form des Niederlän-dischen (Afrikaans); unter ihnen waren vielestrenggläubige Calvinisten; und sie hieltenSklaven. Das Verbot der Sklaverei im Briti-schen Empire 1833 heizte die Konflikte stark

an, denn hiervon war das wirtschaftlicheWohlergehen der Sklavenhalter betroffen. ···································································Um der britischen Oberherrschaft zu entge-hen, verließen nach 1836 in einer Abwande-rung, die später als „großer Treck“ bekanntwurde, etwa 6.000 Buren die Kapkolonienordwärts und ließen sich nördlich des Flus-ses Oranje im so genannten „leeren Land“nieder. Der Hauptteil siedelte in Natal, einkleiner Teil zog weiter nördlich in ein Ge-biet jenseits des Flusses Vaal, das nun Trans-vaal genannt wurde. Sah der Weggang derBuren aus den fruchtbaren Küstenregionenin das trockenere Landesinnere in Bezug aufdie von ihnen betriebene Land- und Vieh-wirtschaft wie ein schlechter Tausch aus, soveränderte wenige Jahre später eine wichtigeEntdeckung diese Sicht grundlegend. DieBuren hatten eine Region des südlichenAfrikas besetzt, deren Reichtum an Boden-schätzen nur mit wenigen anderen auf demKontinent vergleichbar war.···································································Zunächst erwogen die Briten eine Ex-pansion ihres Machtbereichs, aus wirt-schaftlichem und politischem Interesse so-wie angeblich, wie alle europäischen Kolo-nialmächte, aus Sorge um die Wohlfahrt derschwarzen indigenen Bevölkerung. 1842 be-setzten britische Truppen Port Natal. Dar-auf, die Autorität über die Gebiete nördlichvon Oranje und Vaal zu erringen, verzichte-ten die Briten aus strategischen Erwägungenvorerst. Dort etablierten sich 1852 und 1854als souveräne staatliche Gebilde der OranjeFreistaat und die Südafrikanische Republik(Transvaal). ···································································1877 unternahmen die Briten dann denVersuch, auch Transvaal zu annektieren. ImGegenzug fügten die Buren den britischen

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Streitkräften 1881 bei Majuba eine unange-nehme militärische Niederlage zu. Zwar wa-ren diese Kämpfe, auf das gesamte britischeEmpire gesehen, von marginaler Bedeu-tung, aber die Niederlage wirkte doch de-moralisierend. Politische Veränderungenbrachten in London eine Regierung in dieVerantwortung, die nicht bereit war, dieVorherrschaft in Südafrika um jeden Preiszu erringen und dort einen unverhältnismä-ßigen Teil der für Kolonialpolitik zur Verfü-gung stehenden Mittel in einen Krieg zu in-vestieren.73 Großbritannien entschloss sich,die Souveränität Transvaals in den Konven-tionen von Pretoria 1881 und London 1884anzuerkennen. ···································································Darüber allerdings, wie weit diese Souve-ränität im Inneren und Äußeren gehensollte, bestanden unterschiedliche Auffas-sungen. Während London von einer Selbst-ständigkeit im Inneren ausging, und von ei-nem Verbleib Transvaals unter dem Prinzipder Suzeränität, also der OberherrschaftQueen Victorias, was die Außenpolitik an-betraf, bestand Transvaal auf einer vollenUnabhängigkeit. Konflikte waren vorpro-grammiert,74 zumal der burische Nationalis-mus durch die Auseinandersetzungen dervergangenen Jahre starken Auftrieb erhaltenhatte.75 Die Briten glaubten, ein wirtschaft-lich bedeutungsloses Gebiet aufgegeben zuhaben. Hätten sie geahnt, dass sich bereitswenige Jahre später durch die Entdeckungbedeutender Goldvorkommen die wirt-schaftlichen Verhältnisse zugunsten der Bu-renstaaten verschieben würden, sie hättenwohl bereits 1881 alles daran gesetzt, ihrenWiderstand zu brechen.···································································Lange Zeit war die Landwirtschaft daswirtschaftliche Rückgrat des Region gewe-

sen und Wolle das wichtigste Exportpro-dukt. 1866 allerdings traten Veränderungenein, die auch das nach 1852/54 mühsam aus-tarierte Verhältnis zwischen der Kapkolonieund den Burenstaaten wieder aus demGleichgewicht brachten. In diesem Jahr ent-deckten spielende Kinder auf der Buren-farm „De Kalk“ nahe dem Fluss Oranje denersten Diamanten. ···································································Der Stein wurde in die nächstgrößere Stadtgebracht und dort geschätzt: Er hatte 221⁄2Karat und einen Wert von 500 Pfund. Grö-ßeres Aufsehen löste er nicht aus, denn manhielt ihn für einen Einzelfund. 1869 solltesich dies ändern, als ein weiterer Edelsteinentdeckt wurde. Dieser hatte 831⁄2 Karat.Der Finder, ein Farbiger, den man Swartboyrief, verkaufte den Stein für 500 Schafe, zehnOchsen und ein Pferd an den Farmer Schalkvan Niekerk. Über das Haus der GebrüderLilienthal, die ihn für 11.200 britische Pfundkauften, kam der Stein zu Juwelieren. DenBrillanten erwarb für 25.000 Pfund der Earlvon Dudley.76

···································································Ein Rush setzte ein, und die Diamantensu-cher gruben an vielen Orten an den Uferndes Vaal, nördlich vom Zusammenfluss mitdem Oranje.···································································Hatten sie sich mit der Existenz von ar-men, unterentwickelten Burenstaaten abfin-den können, so riefen die viel versprechendeFunde erneut die Briten auf den Plan. DasGebiet, in dem die Diamanten gefundenworden waren, wurde vom Oranje Freistaatbeansprucht, aber von ihm kaum effektivverwaltet. Die eigentlichen Herren des Lan-des waren die Tswana. Weiter westlich derDiamantengebiete lag, beiderseits des Vaal,das Siedlungsgebiet der Griqua, mit denen

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die Briten durch einen Schutzvertrag ver-bunden waren und die in der Vorzeit schoneinmal Anspruche auf das fragliche Gebieterhoben hatten. Die Briten machten diespublik und unterstützten die Forderungen.Die Südafrikanische Republik im Nordenließ sich, ihrer Sache gewiss, auf ein Schieds-verfahren unter dem britischen Gouverneurvon Natal ein, der 1871 zugunsten der Gri-qua und Tswana entschied. Die Griqua er-hielten das Diamantengebiet – um es dannden Briten zu überlassen. Als West-Griqua-land wurde es zunächst Kronkolonie und1880 der Kapkolonie übertragen.77

···································································Der Oranje Freistaat hingegen beharrte aufseinem Gebietsanspruch südlich des Vaal,aber auch hier konnten sich die Briten letzt-lich mit massivem politischen und militäri-schen Druck sowie einer Agitation unterden Schatzsuchern durchsetzen. Indem siespäter 90.000 Pfund als Kompensationzahlten, gaben sie indirekt zu, dass an denAnsprüchen des Freistaates im Grunde keinZweifel bestanden hatte.78 Die Summe fiel,gemessen an den gigantischen Erträgen desLandes, in der Höhe geradezu lächerlichaus. Von 1871–1888 wurden auf den Goldfel-dern von Kimberley Diamanten im Wertvon 50 Millionen Pfund gefördert.79

···································································Die Diamantenfunde führten zu einemDiamantenfieber. In einer zeitgenössischenSchilderung eines deutschen Autoren heißtes: „Die Nachricht von den Reichthümern,die dort dem glücklichen Finder in dieHände fielen, lockten in Kurzem eine zahl-reiche Bevölkerung weißer und farbigerGlücksjäger auf die vorher so einsamenSteppen, und bald wiederholte sich hier das-selbe Schauspiel, das sich an die Aufschlie-ßung der kalifornischen und australischen

Goldlager knüpfte. Den ersten kleinenSchaaren ehrlicher und fleißiger Diaman-tensucher folgten zahlreiche Haufen Gesin-del, das es vorzog, sich durch Diamanten-schmuggel mit den in den Gruben arbeiten-den Kaffern einen leichteren und sicherenGewinn zu verschaffen. Der Arbeitslohn fürdie geringste Verrichtung erreichte bald eineunsinnige Höhe. Riesensummen wurdenverdient und verpraßt. Ein Gründungs-schwindel kolossalsten Maßstabes riß dieHerrschaft auf den Diamantenfeldern ansich. Die ursprünglichen Gräber zogen all-mählich fort und verkauften meist ihre Ant-heile an d[en] Gruben an Spekulanten.“80

···································································Die Arbeit auf den Diamantenfeldern warhart. Per Hand wurden tiefe Löcher in dieErdoberfläche gegraben. Tagebau in Hand-arbeit. Vier große, ertragreiche Minen kri-stallisierten sich heraus: Kimberley, Old DeBeers, Bulfontain und Du Toits Pan. DasErdreich oder Gestein wurde zunächst mitEimern, Karren und Wagen aus den Minengeschafft, später in Förderkörbe gefüllt undüber von Tieren angetriebene Winden ausder Tiefe heraufgefördert. Danach kamenkleine Dampfmaschinen zum Einsatz. JedeNeuerung steigerte die Fördergeschwindig-keit und den Ertrag: Mit handgetriebenenWinden schaffte man gut 10 Ladungen Ge-stein am Tag aus der Grube, mit von Pfer-den angetriebenen schon 40 bis 60, mit denersten Dampfmaschinen 60 bis 100. Unzäh-lige Leitungen, Gestenge und hölzerne För-derräder prägten nach einigen Jahren dasBild der Minen. Sie ermöglichten, dass amRand wie im Zentrum der Arreale gleicher-maßen gearbeitet werden konnte. Seit 1874konnten in Kimberley 10.000 Männergleichzeitig in der Mine arbeiten. Die Mi-nen sahen nach einer zeitgenössischen Be-

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Pferdegetriebene Winden an der Kimberley Mine

Die Taue für die Förderkörbe

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Per Förderkorb gelangt das gelockerte Gestein aus der Tiefe hinauf

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obachtung aus wie gähnende Gruben überdie gigantische Spinnen ihr Netz gewobenhatten,81 ihre Böden glichen Ameisenhaufen.···································································Mit zahllosen Pferdekarren wurde das ausder Grube heraufbeförderte Erdreich undGestein auf Halden befördert und dort be-wässert und getrocknet. Über Meilen dehn-te sich die seltsame künstliche Landschaftum die Minen. Es brauchte Monate, ja biszu einem Jahr bis das Material zerfiel. Ver-suche, diesen Prozess per Hand zu beför-dern, erwiesen sich als unökonomisch, erstab den späten 1880er Jahren waren Maschi-nen im Einsatz, die diese Arbeit mit einemrationale Mehraufwand von Mitteln ermög-lichten.82 Die enthaltenen Steine wurden

auf Sortierplätzen gesichtet. Nach 1875 ka-men beim Aussortieren der Steine auch ro-tierende Waschanlagen zum Einsatz, die dieEffizienz beim Ausfiltern insbesondere derkleineren Steine erheblich steigerten.83

···································································Zunächst wurde die diamantenhaltigeErdreich mit der Spitzhacke und der Schau-fel abgetragen. Das betraf insbesondere den„yellow ground“, indem man zunächst grub.Dann traf man jedoch auf den wesentlichertragreicheren „blue ground“, der nicht al-lein per Hand zu zerkleinern war. Er musstemit Sprengstoffen gelockert werden. Zu-nächst kam dabei Schießpulver zum Ein-satz, später das wesentlich effizientere undverlässlichere Dynamit. An die Stelle derharten körperlichen Arbeit des Grabens tratdas nicht minder anstrengende Bohren derLöcher für den Sprengstoff. Zehn bis zwan-zig Fuß schaffte man in zwölfstündiger Ar-beit. Mit einem Kasten Dynamit (50 lbs)konnten etwa 400 Korbladungen „blueground“ gelockert werden.84 Der Bedarf anDynamit war enorm.···································································Jahr um Jahr grub man sich tiefer in dieErde. In Kimberley war das Ergebnis „BigHole“, das größte von Menschenhand ge-grabene Loch in der Erdoberfläche.···································································Vor allem schwarze Wanderarbeiter ver-dingten sich auf Zeit in den Minen. Sie ka-men zu Fuß aus verschiedenen angrenzen-den Regionen herbei und blieben meist dreibis sechs Monate, um Geld für den Erwerbeuropäischer Waren zu verdienen. Das Phä-nomen der freiwilligen Wanderarbeit wardabei nichts Neues: Bereits in den Jahrzehn-ten zuvor kamen Schwarze in die Kapkolo-nie, um in der Landwirtschaft Arbeit zu su-chen und sich Geld für Vieh, Pflüge,Das „Big Hole“ nahe Kimberley heute

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Ochsenwagen und Kleider zu verdienen.Besonders beliebt waren Gewehre. VomApril 1873 bis zum Juni 1874 wurden inKimberley 75.000 Gewehre verkauft.85

···································································Ein besonderes Kapitel in den Minen warder Diamantendiebstahl. Ziel der Gesell-schaften war es, zu verhindern, dass Arbei-ter ihre Funde in die eigene Tasche steckten.Visitationen nach der Arbeit widersetztensich diese jedoch vielfach. Die Maßnahmenzu ihrer Sozialdisziplinierung erreichten ihrerigideste Form mit der Einführung des„Compound-System“ seit 1885: bewachter,geschlossener Lager zur Unterbringung vorallem der schwarzen Arbeiter, welche diesenicht mehr frei verlassen durften. Das zielteauch darauf, die Zahl der Desertionen zuvermindern, denn diese waren unter denharten Arbeitsbedingungen zahlreich, ins-

besondere nachdem man zum Untertagebauübergegangen war. Die Zahl der Todesfälleauf 1.000 Arbeiter hatte sich dadurch vonüber vier im Jahr 1884 auf über dreizehn einJahr später erhöht.86 Der Protest der Schank-wirte und Geschäftsleute gegen die Kaser-nierung ihrer Kunden blieb wirkungslos.87

···································································Die Diamantenindustrie entwickelte sichzum wichtigsten Industriezweig Südafrikas,der bedeutende Entwicklungseffekte auf dasLand hatte. Angesichts der Standortnach-teile und infrastrukturellen Schwächen Süd-afrikas waren Edelsteine eine nahezu idealesProdukt: Dank der hohen Werts pro Ge-wichtseinheit spielten die Transportkostenkaum ein Rolle. Für den Abbau machtensich die Nachteile dennoch bemerkbar. Al-les Gerät musste anfangs von der Küste überschlechte Straßen auf Ochsenwagen heran-

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Ende eines Arbeitstages

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gekarrt werden und war entsprechend teuer.Dies galt auch für Lebensmittel und euro-päische Importartikel. Erst die Eisenbahnschaffte hier seit 1885 Abhilfe. Sie senkte dieProduktionskosten erheblich und erlaubte,auch Kohlen zur Energieerzeugung heran-zuführen.88

···································································Der Bergbau war in jenen Tagen ausge-sprochen kapital- und arbeitsintensiv. Ar-beitskräfte wurden nicht nur in großer Zahlin den Minen selbst benötigt, sondern auchals Fuhrleute oder beim Bau und Betrieb derEisenbahnen. Den Glücksrittern folgten aus-gebildete Bergleute und Ingenieure, Hand-werker, Geschäftsleute, Unternehmer undSpekulanten, Händler und Gastwirte,schließlich Lehrer, Anwälte, Ärzte.89

···································································Doch längst nicht jeder, der auf die Felderkam, fand auch Diamanten. Unser Blick wen-det sich gern den Glücklichen zu, den Fin-dern und Finanziers, ungezählt bleiben hin-gegen die Geschlagenen, die Erfolglosen unddie geplatzten Luftschlösser, unbeachtet dasHeer der Enttäuschten. Man tut gut daran, inden Diamantennestern auch jene Orte desElends zu erkennen, die sie waren. Wer aufseinem Claim keine Diamanten fand, hattesein Geld verbrannt, wer keinen Erfolg hatte,litt, hungerte und bettelte oder fand statt deserhofften Reichtums die harte Arbeit in denMinen.90 Alles hing vom Glück ab.···································································Im Sommer 1875 gelangte Alfred Beit inKapstadt an. Von dort aus reiste er in einer40-stündigen, beschwerlichen Reise nachPort Elizabeth, dann weiter in das nördlichvon Bloomfontein gelegene Kimberley, woer unter anderem Henry Robinow traf, ei-nen Cousin, der ebenfalls für Lippert & Coarbeitete.91

···································································In Kimberley, diesem aufstrebenden Kon-glomerat aus Zelten, Weiß- und Wellblech-hütten,92 das erst vier Jahre zuvor gegründetworden war, hatte die örtliche koloniale Po-lizei seit Kurzem so etwas wie Recht undOrdnung hergestellt. Lnych- und Selbstjus-tiz gehörten jetzt der Vergangenheit an.93

Wo 1869 noch freies Feld gewesen war,drängten sich 1872 bereits zwischen 28.000und 50.000 Menschen.94 Man konnte sieschon von Weitem riechen. Die Wege nachKimberley waren gesäumt von den Kada-vern erschöpfter Lasttiere, die man zum Ver-rotten dort liegen gelassen hatte, wo sie ver-endet waren; die Latrinen waren offeneGräben, umschwärmt von Fliegen; und daWasser knapp war, blieb sich zu waschen einLuxus. Im Sommer war die Ebene heiß wieein Backofen, im Winter bitterkalt, Sand-stürme fegten darüber hinweg. Wenn es reg-nete, verschwand zwar der allgegenwärtigeStaub, er verwandelte sich jedoch inSchlamm. „Camp-Fieber“ setzte ein, Durch-fälle, und raffte die Diamanten-Gräber ingroßer Zahl hinüber.95

···································································Der junge, schüchterne Hamburger wuchsnicht nur mit seinen Aufgaben, sondern esmachten sich ganz neue geistige Kräfte inihm bemerkbar.96 Vor allem entwickelte erin Südafrika mehr Selbstbewusstsein, andem es ihm zu Hamburger Zeiten noch ge-mangelt hatte, wie sich sein SchulfreundWerner von Melle erinnert.97 Schon von Be-ginn an zahlte sich Alfreds Lehrzeit in Ams-terdam aus. Das Wissen, welches er sichdort erworben hatte, ließ ihn erkennen, dassdie meisten Diamantenhändler den ge-nauen Wert der Steine, die sie kauften, nichtkannten. Um sicher zu gehen, boten sie denGräbern daher Preise an, die weit unter dem

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Verkaufswert lagen. Dank seiner Ausbil-dung kannte Beit den Wert der Ware aufdem europäischen Markt genau. Daherkonnte er Ankaufspreise bieten, die denGräbern entgegenkamen, ihm selbst aberimmer noch eine gute Gewinnmarge boten.So wurde er schnell zu einem beliebten Dia-mantenhändler in Kimberley. Die Leute ka-men zuerst zu ihm, so dass er die Auswahlunter den auf dem Markt befindlichen Stei-nen hatte. War er auch von eher schüchter-nem Wesen, so konnte er sich hierdurch re-lativ rasch ein Netz von Geschäftspartnernaufbauen.98

···································································Erst seit der Entwicklung des Facetten-schliffs hatten Diamanten begonnen, als diewertvollsten aller Edelsteine zu gelten. Jahr-hunderte lang galten Rubine, Smaragde,Opale oder Saphire als wertvoller, Perlen ge-nossen höchste Wertschätzung. Dank desSchliffs aber wurden Diamanten zu perfek-ten Reflektoren des Lichts, die ein Feuer-werk an Glanz und Farben entfalteten.···································································Brasilianische und indische Ware domi-nierte den Markt. Die südafrikanischenDiamanten galten lange als minderwertig –oder wurden als minderwertig bezeichnet,um das alte Monopol gegen die neue Warezu schützen. Vergeblich. 1872, als die süd-afrikanischen Diamanten den europäischenMarkt zu überschwemmen begannen, wur-de ein Stein, der um 1867 noch 5.000 Pfundwert war, nur noch mit 200 gehandelt.99

···································································Der Marktwert eines Diamanten hing vonseinem Gewicht, seiner Form und seinerFarbe ab. Große Steine waren rar, bevor Dia-manten am Kap entdeckt wurden. In Süd-afrika fanden sich innerhalb von zwei Jahr-zehnten, 1870 bis 1890, mehr große Dia-

manten als in Brasilien in 170 oder in Indieninnerhalb von 1000 Jahren. ···································································Der Preis von Diamanten steigt exponen-tiell mit ihrer Größe. Doch auch die Formist wichtig, denn ein Stein kann noch sogroß sein, wenn beim Schliff unproportio-nal viel Material abgetrennt werden muss.(War der Stein ein regelmäßiger Oktaederoder eine Rhombendodekaeder, war dasideal für den Schliff.)···································································Waren auch Form und Gewicht sehr wich-tig für den Wert eines Steins, so bestimmtendoch vor allem seine Reinheit und Transpa-renz, seine Färbung und Makellosigkeit denMarktwert. In der frühen Zeit von Kimber-ley wiesen viele der gefundenen Steine eineleicht gelbe Färbung auf. Dies belastete an-fänglich den Ruf der Steine vom Kap, sodass andersfarbige Exemplare von dort mitder gesuchten bläulich-weißen Qualität alsbrasilianische verkauft wurden. Farbe warallerdings kein Kriterium, dass den Werteines Steins von vornherein ruinierte. Es fin-den sich auch grünliche, bläuliche oder röt-liche Diamanten, die, wenn Sie von makel-loser Transparenz sind, außergewöhnlichePreise erzielen können.100 Durch seine Ams-terdamer Schule erkannte Beit, dass die süd-afrikanischen Steine jedem beliebigen ande-ren Diamanten gleichwertig waren und dasssie in Afrika unter Preis gehandelt wur-den.101

···································································Lippert & Co hatten Alfred Beit als Agen-ten der Firma nach Südafrika geschickt, umim Diamantengeschäft zu arbeiten. Sie zahl-ten ihm jedoch lediglich ein Anstellungsge-halt von 15 Pfund Sterling im Monat (etwa300 Mark). Die Möglichkeiten, die dasLand bot, waren zu groß für einen Mann

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mit Beits Kenntnissen, als dass er sich dau-erhaft hiermit hätte zufrieden geben kön-nen. Bereits 1879 trennte er sich von Lippert& Co, um auf eigene Faust sein Geld zu ver-dienen.···································································Seine erste größere Summe Geldes ver-diente er mit einem Immobiliengeschäft.Beit hatte den Mangel an Gebäuden inKimberley erkannt und rechnete fest mitdem weiteren Wachstum des Ortes. Also er-warb er ein Grundstück, kaufte Wellblechund Holz und errichtete ein Dutzend Well-blechhütten. Diese vermietete er und nahmeine selbst als Büro. Bereits die Mieteinnah-men beliefen sich auf monatlich 1.800Pfund. Später, als die Stadt gewachsen war,konnte er das Gelände angeblich für die be-trächtliche Summe von 260.000 Pfund ver-kaufen.102

···································································Einer Anekdote nach hatte Alfred Beit vorseiner Abreise einen seiner wohlhabenden

Onkel aufgesucht. Nachdem er eine Weilegeplaudert und seine künftigen Aussichtendargelegt hatte, schloss Alfred seine Ausfüh-rungen mit der Feststellung, dass er noch et-was Kapital benötige. Der Onkel plaudertenoch eine Weile weiter, ehe er Alfred ansahund sagte: „Ich werde Dir 20.000 Mark ge-ben, aber unter einer Bedingung: Ich willnichts mehr von Dir hören. Glaube nicht,dass ich Dir jemals wieder etwas gebenwerde. Von nun an existierst Du für michnicht mehr. Ich will nicht, dass Du Dich aufmich verlässt und glaubst, Du könntestnoch weitere Hilfe und Unterstützung vonmir erhalten. Hier ist der Scheck. Und nunauf Wiedersehen, Gott schütze Dich.“ Sokam Beit, unter Verlust eines Onkels, zu sei-nem Startkapital.103

···································································1880 bot dann der französische Diamanten-händler Jules Porgès dem jungen Mann an,als Angestellter in seine Firma einzusteigen. ···································································

Alfred Beits erstes Büro in Kimberley

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Jules Porgès (1839‒1921)

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Julius Wernher (1850‒1912)

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Porgès stammte aus Böhmen, hatte sichaber in Paris niedergelassen. Er war einMann von großer Eleganz und gewinnen-dem Charme und wird als ein gewiefter Ge-schäftsmann geschildert.104 Sein wichtigsterAngestellter war der 1850 in Darmstadt ge-borene Julius Wernher, der im deutsch-fran-zösischen Krieg 1870/71 als Kavallerist ge-dient hatte. 1873 schickte Porgès den vielversprechenden 22-jährigen nach Kimber-ley, um dort die Firma zu repräsentieren.1875 wurde die Ausbeute der Minen in Kim-berley so groß und auch die Qualität derSteine war so eindrucksvoll, dass Porgès Pa-ris und den Dingen, die er liebte, widerwil-lig Lebewohl sagte und sich selbst zu denDiamantenfeldern aufmachte, um dort ineiner Hütte aus Holz und Blech zu leben.105

Für die nächsten acht Jahre reisten er undWernher im südlichen Afrika umher, kauf-ten und verkauften Diamanten und inves-tierten die zum Teil beträchtlichen Gewinnein Aktien der Syndikate und in den Erwerbvon Schürfrechten. In Kimberley lernten sieden jungen erfolgreichen Diamantenhänd-ler Alfred Beit kennen, der begonnen hatteim gleichen Bereich zu investieren. Wernherund Beit wurden lebenslange Freunde.···································································Die Firma hatte ihren Sitz in der ChristianStreet in Kimberley in einem doppelstöcki-gen Gebäude. Am Eingang verwehrte eineMilchglasscheibe den Blick ins Innere, eineWendeltreppe führte in das obere Geschoss,wo sich die Sortierräume befanden, die be-sonders große Fenster hatten, um das Tages-licht optimal auszunutzen. Ein kleiner Liftstand für den Warentransport bereit. In denSortierräumen wurden die rohen Diaman-ten auf ihre Echtheit und Qualität hin ge-prüft, per Auge und in Becken mittels Fluss-säure. Beits roll-top desk stand in einem

eigenen kleinen Raum, der zwölf Fuß imQuadrat maß und mit einem kleinen Ka-min zu heizen war.106

···································································Porgès und Wernher hatten erkannt, dassdie Zukunft im Investment in Diamanten-aktien lag und so wurde es Beits Aufgabe,viel versprechende Geschäfte in diesem Be-reich ausfindig zu machen.107 Der einfacheKauf und Verkauf von Diamanten war nichtlänger das Feld, auf dem sich das geschäftli-che Können Beits beweisen musste. Porgès& Co wurde früh eine der führenden Fir-men im Handel mit Anteilsscheinen, dieauch in der Lage war, europäische Investo-ren für dies Geschäft zu interessieren. Dabeikamen Porgès sehr seine europäischen Kon-takte zugute.108 Der Privatbankier CharlesMege war ein früherer Partner von ihm, undsein Bruder war ein Partner der PrivatbankEphrussi und Porgès. Zudem war Jules Por-gès mit dem Pariser Bankier Rudolph Kannverwandt.109

···································································Bereits 1884 verließen Porgès und Wern-her Südafrika wieder, um in London einenneuen Hauptsitz der Firma zu errichten.Zuvor hatten sie ihre Claims in der Kimber-ley-Mine mit denen von Lewis und Marksvereinigt und die Compagnie Française desMines de Diamants du Cap gegründet. Beitblieb als der alleinige Repräsentant und un-abhängige Chef von Jules Porgès & Co inSüdafrika zurück. 1888 wurde er dann Teil-haber der Firma.110

···································································Als sich Jules Porgès 31. Dezember 1889 ausdem Geschäft zurückziehen sollte, trat dieFirma Wernher, Beit & Co die Nachfolgean.111 Von ihrer Persönlichkeit ergänztenWernher und Beit einander vorbildlich. Ob-wohl beide bedächtige Kaufleute waren, war

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Beit der spekulativere, kreativere Kopf mitder größeren Initiative, auf den Wernhermäßigend einwirkte, indem er auf die solideBasis und die finanziellen Reserven für diegemeinsamen Unternehmungen pochte.Obwohl Beit scheu war und deutlich weni-ger imposant als der groß gewachsene, breit

gebaute Wernher, repräsentierte er die Fir-ma stärker nach außen als sein etwas wort-karger Partner, der mit den Jahren sogarGrund fand darüber Klage zu führen, dieLeute hielten Wernher für den Vornamenvon Beit.112

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··············································································································································69 Klössel, Republiken, S. 60 und 70.70 Vgl. zur Landesnatur u. a. Fisch, Geschichte, S. 21 ff.71 Für das Folgende Smith, Imperialism, S. 84 ff.72 Fisch, Geschichte, S. 67.73 Ebd., S. 180.74 Rosenbach, Das Deutsche Reich, S. 27.75 Fisch, Geschichte, S. 184. 1877 erschien das erste historische Werk, das in Afrikaans verfasst war.76 Meredith, Diamonds, S. 16 f.; Klössel, Republiken, S. 94 f.77 Fisch, Geschichte, S. 164 f.78 Ebd., S. 165. 79 Klössel, Republiken, S. 97.80 Ebd., S. 95f.81 Turrell, Capital, S. 12.82 Ebd., S. 14.83 Ebd., S. 9 und 14. Vgl. auch Klössel, Republiken, S. 96 f.84 Turrell, Capital, S. 16.85 Fisch, Geschichte, S. 167.86 Worger, City of Diamonds, S. 197.87 Fisch, Geschichte, S. 170 f.88 Ebd., S. 166.89 Ebd., S. 167.90 Vgl. etwa Worger, City of Diamonds, S. 21 oder Meredith, Diamonds, S. 13 f. und 20 f.91 Robinow, Aus dem Leben, S. 21.92 Zinnow, Beit-Chronik, S. 46.93 Fort, Beit, S. 68 f.94 Fisch, Geschichte, S. 167.95 Meredith, Diamonds, S. 14.96 Fort, Beit, S. 54.97 NL Werner von Melle, SUB Hamburg, Gustav Zinnow an Werner von Melle, 31. Dezember 1923.98 Fort, Beit, S. 103 f.; Zinnow, Beit-Chronik, S. 46 f.99 Worger, City of Diamonds, S. 21.100 Turrell, Capital, S. 4 f.101 Fort, Beit, S. 103; Boyd/Phimister, Beit, S. 856.102 Fort, Beit, S. 104; Zinnow, Beit-Chronik, S. 47 f.; Boyd/Phimister, Beit, S. 856.103 Der Anekdote nach kam Alfred wenige Jahre später zu einem Besuch zurück nach Hamburg und hatte be-schlossen, seine Schulden zu begleichen. Er suchte seinen Onkel auf, der ihn mit den Worten „Wer sind sie?“ emp-fing – ganz getreu seinen Abschiedsworten und wohl weniger, weil sich sein Neffe so stark verändert hatte. Als die-ser entgegnete, er sei gekommen, um seine Schulden zu begleichen, gab sein Onkel zu, dies sei das erste Mal, dass ervon einem solchen Fall höre, Beit/Lockhart, The Will, S. 6 – nach der Pariser Zeitung „Le Gauloise“, 17. Juli 1906.104 Zinnow, Beit-Chronik, S. 48.105 Ebd.106 Rosenthal, New Light, S. 33 f.107 Zinnow, Beit-Chronik, S. 49.108 Turrell, Capital, S. 111 und 113.109 Beit/Lockhart, The Will, S. 8.110 Boyd/Phimister, Beit, S. 856.111 Cartwright, Corner House, S. 103; Beit/Lockhart, The Will, S. 12.112 Beit/Lockhart, The Will, S. 12.··············································································································································

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Für Alfred Beits Leben und dafür, dass ersich ein so beachtliches Vermögen erwerbenkonnte, hat der Umstand eine entschei-dende Rolle gespielt, dass der junge Ham-burger zum richtigen Zeitpunkt nach Süd-afrika kam, dass er zur Stelle war, als mit derErschließung und Ausbeutung eines derreichsten Diamantenfelder der Welt begon-nen wurde.113

···································································Ein weiterer Umstand sollte dabei jedochnicht vergessen werden, der mit Glück we-nig zu tun hat, sondern der auf Beits kauf-männisches Können verweist: Beit kam zurZeit der Krise nach Südafrika. Hierin lageine besondere Chance, wenn man bereitund vor allem fähig war, dies zu nutzen.···································································Immer wieder, zunächst Anfang der 1870erJahre, dann wieder 1876, hatte die Überpro-duktion auf den südafrikanischen Diaman-tenfeldern die Preise auf dem europäischenMarkt in den Keller geschickt, denn dieserwar nicht in der Lage, die produziertenMengen zu absorbieren.114 Der Preis fürArbeitskräfte lag zugleich paradoxerweisehoch. Aufgrund der geringen Preise, die siefür Diamanten erzielen konnten, hatten dieGräber versucht, die Löhne ihrer schwarzenArbeiter zu drücken, mit dem Resultat, dassdiese den Minen die Rücken kehrten und inihre Dörfer zurückgingen. Verzweifelt ver-

suchten die Gräber, sie zu binden, mit demErgebnis, dass die Löhne nach den Kür-zungsversuchen um 25 Prozent höher lagen.Außerdem war es für die Gräber aufgrundeines ganzen Bündels von Faktoren ausge-sprochen schwierig, Kredite zu bekommen,so dass das Kapital an den Minen knappwurde. Diese Situation prägte die Jahre zwi-schen 1877 und 1879.115 Weiß man dies, ver-wundert es weniger, dass Beit sein Startka-pital lieber in Immobilien investierte. ···································································Kapitalkräftigere Akteure nutzen dieandauernde Depression allerdings, um inKonzessionen zu investieren. Sie waren meistals Diamantenhändler zu Wohlstand ge-kommen, nicht als Gräber, und nutzten nundie Chance, die Claims ihrer ärmeren undoftmals bankrotten Nachbarn aufzukaufen.Einer der wichtigsten Investoren war Beitsspäterer Arbeitgeber, Jules Porgès. 1877 er-warb er für 70.000 Pfund einen Anteil vonzehn Prozent in der Kimberley Mine.116

···································································Bereits als Beit nach Kimberley kam, wa-ren die wilden Zeiten des Grabens auf ei-gene Faust und Rechnung vorüber und dieZeit der Gesellschaften mit ihren größerenRessourcen war gekommen. Mochte eineZahl kleinerer, konkurrierender Gesellschaf-ten effizient und ertragreich parallel zuein-ander arbeiten, das Problem, den Ausstoß

Beit, Cecil Rhodes und De Beers

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Nur Verbindungswege bleiben stehen

Immer tiefer werden die Claims

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der Minen gemeinsam festzulegen und da-mit allen einen ertragreichen Preis zu sichern,musste damit ungelöst bleiben.117 Und ohneeine solche Lösung konnte die Diamanten-industrie nicht prosperieren. Beits Aktivitä-ten waren Teil des großen Konzentrations-prozesses, der sich in diesen Jahren imMinengeschäft der Kolonie vollzog. ···································································Die Gründe für die Konzentration warenzunächst rein praktischer Art gewesen. ZuBeginn des Diamantenabbaus arbeiteteneinzelne Gräber auf abgesteckten, aneinan-der grenzenden Claims. Das war aber nichtunbegrenzt fortsetzbar. Probleme ergabensich an den Claimgrenzen beim Graben inimmer größere Tiefen. Verbindungswegewurden unterhöhlt und stürzten ein. Karrenund Wagen rutschten herab. Nach starkenRegenfällen waren zahlreiche tiefer gelegeneClaims, meist am Rand der Mine, überflu-tet und konnten nicht bearbeitet werden.118

Aufwendigere Hilfsmittel und Gerätschaf-ten wurden notwendig. So bildeten sich Ge-sellschaften, die Konzessionen aufkauften,bis nur noch eine überschaubare Zahl vonihnen übrig war.···································································Ein augenfälliger Konzentrationsprozessder Eigentumsverhältnisse in den Minenkam in Gang: 1.600 claim-holders in derKimberley Mine im Jahr 1872 standen 1877lediglich 300 gegenüber, von denen allein 20bereits mehr als die Hälfte der Mine besa-ßen (namentlich Lewis & Marks, die Pad-don Brüder, J. B. Robinson und Jules Por-gès ein Viertel).119 1879 waren drei Viertelder Mine in den Händen von nur noch 12Firmen.120

···································································Das Problem der Kapitalknappheit wurdejedoch erst dauerhaft überwunden durch

die Schaffung von Joint Stock Companies(eine Gesellschaftsform ähnlich der AG)und die Ausgabe von Anteilsscheinen seit1880. Vor allem ausländische Investorenkonnten endlich in den südafrikanischenDiamantenmarkt investieren;121 den Produ-zenten floss neues Kapital zu für Investitio-nen in den technischen Apparat zur Ausbeu-tung ihrer Claims. ···································································Die Minen schienen daraufhin in die Handausländischer Investoren zu fallen: Porgèsgründete die Compagnie Française, die einViertel der Kimberley Mine kontrollierte;Lippert & Co investierten in der De BeersMine. Um dieser Entwicklung entgegenzu-wirken, gründeten ortsansässige Diaman-tenproduzenten eigene Unternehmen, etwadie De Beers Mining Company. Von April1880 bis April 1881 wurden Joint Stock Com-panies mit einem Nominalwert von insge-samt sieben Millionen Pfund ins Leben ge-rufen.···································································Dies setzte eine massive Spekulation inGang, eine share mania.122 Die zum Wertvon 100 Pfund auf den Markt gebrachten750 Anteile der von J. B. Robinson gegrün-deten Standard Company mit einem Ge-samtkapital von 225.000 Pfund waren in-nerhalb eines Monats verkauft. Die Fieber-kurve erreichte ihren Höhepunkt in denfrühen Monaten des Jahres 1881, als BarneyBarnato die Barnato Company an die Börsebrachte. Als die Anteile im Wert von 75.000Pfund angeboten wurden, waren sie inner-halb einer Stunde zweifach überzeichnetund wurden bereits nach zwei Tagen miteinem Aufschlag von 25 Prozent gehandelt:„The competition for shares was so intensethat it soon became common for most stockto trade at premium ranging from 25 percent

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up to 300 percent and more as investmentcapital poured into the industry from mer-chants and bankers in Port Elizabeth andCape Town.“123

···································································Dem Boom folgte der Crash, denn die Fun-damente der Spekulation waren schwach.Die Companies hatten dazu geneigt, ihreVermögenswerte zu hoch zu bewerten; zahl-reiche lokale Akteure hatten sich an der Spe-kulation beteiligt. Oftmals hatten sie sichum Anteile beworben, ohne bezahlen zukönnen, denn sie hatten gehofft, die Anteilemit Gewinn wieder verkaufen zu können,bevor sie Geld dafür aufbringen mussten. Sohatten sie eine fatale Dynamik kreiert: Alsdie Preise immer weiter stiegen, hielten sichausländische Investoren zurück, da die Bör-se ganz offensichtlich überhitzt war.···································································Die Banken in Kimberley ließen die Speku-lationsblase platzen. Auf dem Höhepunktder share mania im April 1881 weigerten siesich, Diamanten-Papiere als Sicherheiten zuakzeptieren.124 In der Folgezeit machte dieMinenindustrie in Südafrika bis 1885 eineausgedehnte Depression durch. Da viele„mining company promoters“ sich an derSpekulation beteiligt hatten, anstatt dasneue Kapital in ihre Betriebe zu reinvestie-ren, kam es jetzt auch zu einem Stocken derProduktion. Technische Probleme häuftensich. Ende 1881 wurde nur noch ein Drittelder Claims in der Kimberley Mine bearbei-tet, der Rest war von Erdrutschen begrabenworden.125 Der Wert der geförderten Dia-manten sank von 1882 bis 1885 von 4 auf 2,5Millionen Pfund. Zudem fiel am LondonerMarkt der Diamantenpreis in diesen Jahrenum 42 Prozent. Eine Welle von Selbstmor-den in Kimberley setzte ein.126

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Zahlreiche Unternehmen im Diaman-tengeschäft verfügten jetzt über eine unzu-reichende Kapitaldecke und waren nahe amZusammenbruch. Die Zahl der weißen Ar-beiter in den Minen wurde um 61 Prozentreduziert, der schwarzen um 47 Prozent.127

In dieser Situation kam Beits eigentlichesTalent zur vollen Entfaltung. Mit großerVoraussicht, Energie und einer außeror-dentlichen Befähigung zur Organisationgelang es ihm, der Tag für Tag ein enormesArbeitspensum auf sich nahm, einige Unter-nehmen vor der Insolvenz zu bewahren undfinanziell auf eine neue solide Grundlage zustellen.128

···································································Während dieser Zeit reiften in Beit Pläne,einen größeren Zusammenschluss der ver-bliebenen Gesellschaften herbeizuführen.Denn erst eine weitergehende Konzentra-tion in den Minen konnte zu einer dauer-haften Konsolidierung führen, indem dieBetriebskosten erheblich verringert unddurch die Ausschaltung von Konkurrenzeine größere Übersichtlichkeit bei der Preis-gestaltung erreicht würde. Um 1883 waren inder Kimberley Mine noch elf Gesellschaftenund acht Privatmänner beteiligt, sieben Ge-sellschaften und drei Privatmänner in DeBeers, zwanzig Gesellschaften und einund-zwanzig Privatmänner in Du Toits Pan, achtGesellschaften und vierundzwanzig Privat-männer in Bulfontain.129

···································································Beit war von großer persönlicher Einsatz-bereitschaft. Er war jeden Morgen um sechsauf den Beinen, ritt zu den Minen, inspi-zierte die Arbeit, sprach mit Managern.Dann erst folgte das Frühstück. Direkt da-nach ging er in sein Büro, wo er bis spät inden Abend blieb. Sein Dinner nahm er imClub, wo aber die Arbeit weiter ging. Denn

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der Club in Kimberley war nicht nur einOrt für das Gespräch unter Kollegen undden Austausch der neuesten telegraphischenNeuigkeiten, sondern auch ein Ort, an demGeschäfte vor allem mit Anteilsscheinen ge-tätigt wurden, oft in großem Maßstab – unddas bei einer Unzahl von Drinks. Beits Tagendete um Mitternacht.130

···································································Organisationstalent, klare Vorstellun-gen von seinen Zielen und ein genaues Ge-spür für die Möglichkeiten und Gefahreneines Unternehmens zeichneten Beit aus,ferner die Fähigkeit, komplizierte Zusam-menhänge nach den wichtigsten Faktorenzu ordnen und überschaubar zu machen.Zudem besaß Beit ein glänzendes Gedächt-nis und eine breite und außergewöhnlicheAuffassungsgabe für wirtschaftliche Zusam-menhänge, auch im Detail.131 Er bestanddarauf, sich immer wieder selbst von Zu-ständen zu überzeugen, mit eigenen Augenzu sehen, da er überlieferten Angaben miss-traute.132

···································································Hans Sauer, einer der ersten Ärzte in Jo-hannesburg und zum Kreis um Cecil Rho-des und Beit gehörend, erinnert sich: „I wasamazed at the ease, celerity and accuracywith which he calculated the exact value ofany business proposal submitted to him. Hewas a complete master of figures, and hisbrain could arrive at correct results indealing with the complicated mass of fig-ures almost in a flash.“133 Über seine Auffas-sungsgabe heißt es an anderer Stelle, in ei-ner frühen Biographie: „Almost at a glanceBeit could explain and reduce to simpleterms the complications of a balance sheetor financial proposition. His mental processin dealing with figures was so rapid and ac-curate as to be regarded as phenomenal,

even by those whose occupations demandedquickness in mental arithmetic.“134 Auchüber Beits Erinnerungsvermögen und seinAuge für Steine kursieren in der biographi-schen Literatur sagenhafte Geschichten.135

···································································Beit wird jedoch nicht nur beschrieben alsein Mann von außergewöhnlicher Geistes-kraft, sondern von ebenso ungewöhnlicher„fineness of character“.136 Nicht nur seineEhrlichkeit wird immer wieder hervorgeho-ben, sondern auch seine Güte. Beits Groß-zügigkeit war in Kimberley legendär. Nie-mand in Südafrika, so erinnert sich SirHarry Graumann, der spätere Bürgermei-ster von Johannesburg, sei so gut undfreundlich gewesen und hilfreich gegenüberMenschen in Not, insbesondere wenn essich um altansässige Leute aus Kimberleyhandelte. Wann immer Beit von einem vonihnen gehört habe, der pleite sei, habe erihm Geld zukommen lassen.137

···································································Aufrichtigkeit, Lauterkeit, Ernsthaftig-keit, auf Englisch „sincerity“, ist eine Eigen-schaft, die an Beit immer wieder hervor-gehoben wird.138 Als offenherzig und aus-gesprochen wenig selbstbezogen wird ergeschildert, als ein „light-hearted spirit“, dersich eine kindliche Freude an den einfachenDingen des Lebens bewahrt habe, jemand,dem es große Freude bereitet habe, andereglücklich zu machen, etwa indem er Ge-schenke verteilte. Eine frühe Biographie, dieaus Zeugnissen von Freunden und Bekann-ten hervorgegangen ist, zeichnet ihn etwaauch als jemanden, der viel Zeit und Ener-gie darauf verwendet habe, die Liebesküm-mernisse von Freunden zu entwirren.139

···································································Modern gesprochen scheint Beit jemandmit einer ausgesprochen hohen sozialen

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„He was a complete master of figures, and his brain could arrive at correct results in dealing with the complicated mass of figures almost in a flash.“

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Kompetenz gewesen zu sein, die ihm denZugang zu anderen leicht machte, oder ge-nauer, die andere zu ihm führte. Ein wenigerstaunt liest man heute Aussagen von Be-kannten über Beit wie: „No mortal ever hada sweeter smile than Alfred Beit (…) and thesmile was the man“ – „kein Sterblicher hattejemals ein süßeres Lächeln als Alfred Beit –und das Lächeln war der Mann“.140

···································································Im Nebeneinander von Beits Eigenschaftenals Geschäfts- und Privatmann treten einigeinteressante, scheinbar unvereinbare Zügezu Tage: Beit war ein „self-made-man“, deraber weithin selbstlos agierte; der als Ge-schäftsmann zunächst hart kämpfen musste,bevor er zum Philanthropen werden konnte;der sich um das Allgemeinwohl und dieLage seiner Mitmenschen kümmerte, deraber im wirtschaftlichen Wettkampf mitgroßer Virtuosität seine Gegner unterwarf;der fairplay, Großzügigkeit und Freund-schaft in die Arena des wirtschaftlichenWettstreits brachte, aber darauf angewiesenwar, Schwächere zu überwinden. Als Wett-bewerber war Beit gleichermaßen geachtetwie gefürchtet, aber gleichzeitig galt er vie-len, die darüber Zeugnis gegeben haben, alsausgesprochen freundlicher Mann: „He wasa gentle, self-effacing, likeable (to manypeople, loveable) plutocrat; an exceptionalbeing indeed to rise amid the dust (…) ofKimberley.“141

···································································Es zeugt von einer gewissen Ironie desSchicksals, dass dieser Mann seine geistigenBegabungen ausgerechnet in der Kontrolleund im Management großer finanziellerUnternehmungen auslebte und auslebenmusste. Geld zu verdienen war das, was erkonnte, aber Geld war wohl nicht das, waser begehrte. Der Wohlstand und jene

Macht, die sich mit dem Wohlstand ein-stellt, fanden gewissermaßen trotz ihm zuihm.142 Das Schicksal hat ihn allerdings miteinem Menschen zusammengeführt, dersich hierin wie in vielem anderem von ihmunterschied, und mit dem ihn doch eine le-benslange Partnerschaft verbinden sollte:Cecil Rhodes.···································································Rhodes, der in späteren Jahren ein wenigspöttisch bemerkte, alles, was Beit sich wün-sche, sei seiner Mutter 1000 Pfund im Jahrzur Verfügung stellen zu können,143 war imgleichen Jahr wie Beit geboren worden. DerSohn eines englischen Landgeistlichen warim Alter von 17 Jahren nach Südafrika ge-kommen und hatte zunächst mit seinemBruder eine Baumwollplantage betrieben,dann jedoch die Diamantenfelder von Kim-berley kennen gelernt. 1873 kehrte er auf-grund von gesundheitlichen Problemennach England zurück, wo er am Oriel Col-lege in Oxford ein Jurastudium aufnahm.Auch von England aus betrieb Rhodes aberseine Geschäfte in Südafrika weiter. Auf dieFelder von Kimberley zurückgekehrt, grün-dete er im April 1880 gemeinsam mit seinemalten Partner Charles Rudd die De BeersMining Company.···································································Einer Anekdote nach wussten Beit undRhodes in Kimberley schon eine Zeit langvoneinander, lernten einander jedoch erstum 1879144 kennen, als Rhodes eines spätenAbends spontan Beits Büro betrat. Auf Rho-des’ Frage, ob er nie eine Pause mache, sollBeit geantwortet haben „Nicht häufig“, undauf die Frage, was er denn geschäftlich vor-habe, gab Beit die selbstbewusste Antwort,er werde den gesamten Diamantenausstoßin Kimberley kontrollieren, bevor er viel äl-ter sei, worauf Rhodes erwidert haben soll,

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genau das habe er auch vor, sie sollten sichbesser zusammentun.145

···································································Über die Umsetzung dieses Plans, denbeide übereinstimmend, doch unabhängigvoneinander gefasst hatten, entwickelte sichaus ihrer Bekanntschaft bald eine enge ge-schäftliche Zusammenarbeit. Zunächst wur-de Beit Mitglied des Vorstand der De BeersMining Company,146 dann betrieb Rhodesunterstützt von Beit die Gründung der DeBeers Consolidated Mines Ltd., die in derFolgezeit fast alle anderen Unternehmenschlucken sollte und noch heute marktbe-herrschend ist.147 Zeitweilig hatte De Beerseinen Anteil von 90 Prozent an der weltwei-ten Diamantenproduktion.148

···································································Ältere Berichte und Biographien schilderndie Gründung von De Beers als ein zähesund hartes wirtschaftliches Ringen zwischenden beiden Titanen Cecil Rhodes und BarneyBarnato von der Kimberley Central Mine.Demnach verlief die Geschichte wie folgt: ···································································Rhodes hatte frühzeitig den Plan gefasst,das gesamte Diamantengeschäft in Kimber-ley unter seine Kontrolle zu bringen. In denJahren 1880 bis 1887 hatte er zielgerichtet dieVereinigung der Anteile in der De BeersMine verfolgt. Der Konzentrationsprozessin der Kimberley Mine verlief langsamer,aber 1887 hatte Barnato dort den Löwenan-teil unter seine Kontrolle gebracht, bis auf90 reiche Claims, die von Porgès’ Compa-gnie Française bewirtschaftet wurden. InVerfolgung seines Traums erwarb Rhodesnun sämtliche Anteile der Compagnie. Ineinem brillanten Manöver verkaufte er dieCompagnie an Barnatos Kimberley Centralund platzierte so ein trojanisches Pferd imLager des Feindes, da er sich damit ein Fünf-

tel der Anteile an der Kimberley Mine si-cherte. Nachdem er durch eine gezielte Stei-gerung der Produktion absichtlich den Preisder Diamanten ruiniert hatte, setzte im Ok-tober 1887 ein Wettkampf um die auf demfreien Markt befindlichen Anteile der Kim-berley Mine ein, der im März 1888 vor allemdurch die kluge und unverbrüchliche Un-terstützung von Alfred Beit und durch diefinanzielle Hilfe der Rothschilds in Londonmit einem triumphalen Sieg von Rhodesendete, nachdem lange Zeit die Frage offenwar, wer wen übernehmen würde. Auf Rho-des’ Bedenken bezüglich der Finanzierbar-keit des Unternehmens soll Beit geantwor-tet haben: „we will get the money if we canonly buy the shares.“149 Demnach ging eszwar auch darum, andere zu finden, die voneinem Zusammenschluss der Minen höhereWirtschaftlichkeit, bessere Möglichkeitenzur Preisgestaltung und höhere Renditen er-warteten; in erster Linie galt es jedoch, ver-kaufswillige Anteilseigner für sich zu gewin-nen und sie zu überzeugen, nicht an Barnatozu verkaufen. So kam es. Barnato hatte esdemnach versäumt, sich mit verlässlichenHintermännern zu umgeben, die ihre An-teile festhielten. Seine Front begann zubröckeln, als die Anteilseigner den steigen-den Preisen nicht widerstehen konnten undan Rhodes und seine Hintermänner ver-kauften, der schließlich 3⁄5 der Anteile an derKimberley Mine hielt. Man fand sich amVerhandlungstisch wieder und nach einerdenkwürdigen erschöpfenden Nachtsitzungerklärte sich Barnato bereit, für über 5,3 Mil-lionen Pfund (106 Millionen Mark) seineAnteile in De Beers zu verkaufen.150

···································································Diese Version der Geschichte haben neu-ere historische Studien als eine Art bibli-schen Mythos bezeichnet, als einen Kampf

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zwischen Titanen, in dem Rhodes dieMächte des Lichts, der produktiven Indus-trie und des triumphierenden kapitalisti-schen Fortschritts repräsentiert und über dieMacht des Bösen und des quasi-kriminellenKommerzialismus und SpekulationsgeistBarnatos obsiegt.151 Sie zeichnen ein weni-ger personalisiertes Bild vom Vereinigungs-prozess und versuchen ihn durch eine struk-turelle Analyse zu erklären.

···································································Demnach hatte De Beers vier Hauptvor-teile gegenüber Kimberley Central beimRennen um das Monopol: De Beers hattedie Kontrolle seiner Arbeiter durch das „clo-sed compound system“ perfektioniert undwar effektiver in der Ausnutzung der Ar-beitskräfte; die De Beers Mine hatte zudemweniger gravierende Probleme beim Abbau(mit Erdrutschen, Wasserschäden etc.), sodass De Beers nie darauf hatte verzichtenmüssen, eine jährliche Dividende auszu-schütten. Drittens war das Führungsperso-nal der Mine fähiger. Und nicht zuletzt hattedie Mine eine enorme Menge von ergiebi-gem „blue ground“ unter sich.152

···································································Rhodes’ Plan sah vor, dass der Zusam-menschluss durch eine enorme Ausweitungder Fördermenge vorbereitet sollte (basie-rend auf einem Ausbau des unterirdischenAbbaus). Der hiervon ausgelöste Preisverfallsollte es ermöglichen, die verbilligten Aktiender anderen Minen aufzukaufen.153 DieseÜbernahmestrategie mit zu tragen, warenjedoch längst nicht alle Direktoren von DeBeers bereit. Es kam zu offenen Konflikten,und Frederic Stow profilierte sich als derHauptgegner von Rhodes. Als Unterstützergewann Rhodes Alfred Beit. Beit war zu die-ser Zeit noch nicht durch die Anteils-scheine, die er hielt, ein Schwergewicht –1884 gab er Banken gegenüber sein Vermö-gen mit 35.000 Pfund an; im Juni 1887 warer mit 100.000 Pfund allerdings in die Spit-zengruppe der Anteilshändler in Kimberleyvorgestoßen.154 Interessant machten Beit indiesen Jahren vor allem seine zahlreichen in-ternationalen Verbindungen, besonders zuJules Porgès und damit zu der führendenFirma im Diamanten-Investment auf demeuropäischen Markt.155 Beit hat später seine

Barney Barnato (ca. 1851‒1897) – Schauspieler und Alleinunterhalter, Diamantenhändler und

Multimillionär

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Einsicht, wie wichtig Kontakte und die Fä-higkeit zur Kooperation für den individuel-len wirtschaftlichen Erfolg sind, in dieWorte gefasst: „Remember you cannot ex-pect to make money unless others make itwith you“, und weiter: „To do anything bigyou must also be careful that others willprosper with you“.156

···································································Beits Verbindung zu Porgès war von gro-ßer Hilfe als es um die Zusammenfügungder Gesellschaften ging, die in der De BeersMine aktiv waren. Dieser Prozess konnte imJuni 1887 mit Porgès Unterstützung abge-schlossen werden,157 und De Beers wandtesich den anderen Minen zu.···································································Hier jedoch stand Porgès nicht ohne wei-teres an Rhodes’ und Beits Seite. Als DeBeers und Kimberley Central um die An-teile der Compagnie Francaise rangen, stie-gen die Preise erheblich. Porgès hatte mitRudolph Kann, dem Pariser Privatbankier,ein Syndikat gebildet, und wartete ab. Ermachte das Beste aus dem Wettbewerb zwi-schen De Beers und Kimberley Central undverkaufte erst zu einem sehr hohen Kurs anDe Beers. Dies brachte auch Beit in einenInteressenkonflikt zwischen seiner Haus-firma, Porgès, einerseits, sowie Rhodes undDe Beers andererseits.···································································In der Tat erwarb De Beers über Mittels-männer wie Ludwig Lippert, den CousinBeits, vor allem im europäischen Handel16.000 der auf dem Markt befindlichen28.000 Anteilscheine der Compagnie. Aberselbst diese Mehrheit „was not an adequatesafeguard to the complex financial guaran-tee that the Rothschilds had arranged for thetake-over.“ Um Rothschilds Unterstützungfür die Zukunft nicht zu verlieren, willigte

Rhodes ein, seine Anteile an der Compagniean Kimberley Central zu verkaufen undauch in der Kimberley Mine den Konzen-trationsprozess entscheidend voranzutrei-ben. Von der planvollen Platzierung eines„trojanischen Pferdes“ kann keine Redesein.158

···································································Der Rest der Geschichte war dann wenigerein zähes Ringen zwischen Barnato einer-seits sowie Beit und Rhodes andererseits, alsvielmehr ein durch die Finanzmacht derRothschilds eingerahmter, von allen Seitenakzeptierter und zugunsten von De Beersentschiedener Prozess, bei dem die Roth-schilds jenen, die sich kooperativ verhielten,einflussreiche Positionen in der neuen Ge-sellschaft zusicherten.159 Barnato sichertesich so neben den erwähnten Millionenauch einen der neu geschaffenen Gouver-neurs-Posten von De Beers und mit ihm ge-wichtigen Einfluss im Diamantengeschäftauf Lebenszeit. ···································································Dieser Deutung nach stand am Ende derVerhandlungen nicht allein Rhodes an derSpitze der neuen, mächtigen De Beers Com-pany als Sieger da, sondern auch Barnato,der finanziell enorm profitierte. Der Mythosüber den Zusammenschluss wurde vor al-lem deswegen so lange gepflegt, weil dieneuen Direktoren den Anteilseignern nichtmitteilen wollten, wie tief die Gesellschaft inder Schuld der Banken stand, weil sie ge-zwungen worden waren, Barnato für seinEinlenken zu bestechen.160

···································································Auch Alfred Beit ging als Gewinner ausdem Vereinigungsprozess hervor. Wie seinFreund und Partner Julius Wernher erhielter im Mai 1888 einen der fünf lebenslangen,wohldotierten Gouverneurs-Posten von De

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Beers;161 im gleichen Jahr wurde er Teilha-ber von Jules Porgès & Co.162 Beit war jetzteiner der Großen auf dem Feld.···································································Die geschäftliche Verbindung von Beit undRhodes wurde in der Folgezeit überaus eng.Rhodes hielt offenbar sehr viel auf die Fä-higkeiten des kleinen Hamburgers, und inseinem Zirkel wurde die Frage „Was würdeBeit sagen?“ zu einer festem Bestandteil deswirtschaftlichen Denkens. Rhodes’ regelmä-ßige Antwort auf alle Fragen, die er nicht be-antworten konnte oder wollte, wurde „Asklittle Alfred“.163 Auch sind von ihm die Wor-te überliefert „In finance we have Beit“.164

···································································Rhodes und Beit bildeten schon rein äu-ßerlich ein ziemlich ungleiches Paar. Rho-des, der große, ideenreich-verträumte wierücksichtslose junge Mann mit den leicht

hervortretenden Augen und dem energiege-ladenen Gesicht, und der rundköpfige,praktisch denkende, sensible, kleine, freund-lich und aufgeweckt dreinschauende Beit.165

Auch ansonsten hatten sie nicht vieles ge-meinsam: Rhodes, der nichts so sehr liebtewie vierzehn Tage unter freiem Himmel imKreis guter Freunde und mit gemeinsamerJagd (nicht als Sport, sondern für den Topf );Beit, der nie eine Waffe in die Hand nahm,der auf seinem riesigen, knochigen Fuchs(„standing over sixteen hands“) einen eherverlorenen Eindruck machte, und dessenVersuche Fahrrad zu fahren in Kimberleyzur Attraktion wurden.166 Völlig verschie-den waren sie auch ihrer Herkunft, Erzie-hung und Ausbildung nach.167 In ihrer Un-terschiedlichkeit aber ergänzten beide ein-ander auch. War Rhodes ein Visionär, sowar Beit der bessere Geschäftsmann und

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Cecil Rhodes und Alfred Beit

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„Was würde Beit sagen?“

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größere Realist: „If Rhodes knew the worthof an enterprise, Beit knew the marketvalue.“168

···································································Schließlich gab es auch Dinge, die sieteilten. Keiner von beiden war ein Intellek-tueller oder Gelehrter, der je den Drang ver-spürte, die eigene Person und die eigenenTaten schriftlich zu begründen oder zurechtfertigen, beide hatten einen ausgepräg-ten Willen, großes Organisationstalent und

beide waren darauf aus, ihr Vermögen zuvergrößern.169 Und nicht zuletzt schätzteRhodes Beits verschmitzten Humor undsein jungenhaftes Benehmen.170

···································································Zwischen ihnen entstand ein unverbrüch-liches gegenseitiges Vertrauen, „a financialfriendship“,171 die jedoch bald über das reinWirtschaftliche hinauszuwachsen begann,in das Politische hinüber.

··············································································································································113 Fort, Beit, S. 113.114 Worger, City of Diamonds, S. 21 und 35.115 Ebd., S. 30 und 35.116 Ebd., S. 37 f.117 Beit/Lockhart, The Will, S. 36f.118 Turrell, Capital, S. 11 f.119 Worger, City of Diamonds, S. 38.120 Ebd., S. 42.121 Ebd., S. 44 f.122 Turrell, Capital, S. 110.123 Worger, City of Diamonds, S. 46 f.124 Ebd., S. 48.125 Ebd., S. 47 und 49 f.; Meredith, Diamonds, S. 110.126 Ebd., S. 118 f.127 Ebd., S. 118.128 Emden, Jews, S. 410; Zinnow, Beit-Chronik, S. 49 f.129 Fort, Beit, S. 71.130 Ebd., S. 86‒88.131 Ebd., S. 23.132 Ebd., S. 97.133 Zitiert nach Rosenthal, New Light, S. 84 f.

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134 Fort, Beit, S. 60 f.135 Beit/Lockhart, The Will, S. 38; Rosenthal, New Light, S. 42‒45.136 Fort, Beit, S. 32.137 Beit/Lockhart, The Will, S. 9 f.138 Fort, Beit, S. 56 ff.139 Ebd., S. 55 f.140 Ebd., S. 157. Vgl. dort auch S. 56.141 Roberts, Diamond Magnates, S. 159. Vgl. Fort, Beit, S. 57. Lionel Phillips, einer seiner Mitarbeiter, urteiltüber ihn: „none was more genial and kind, none more brilliant in capacity, more bold in enterprise, or more genu-inely respected and admired than Alfred Beit. His intelligence was keen and his power of decision great as it wasrapid (…). Beit had the gift of quite unusual insight, coupled with boldness of action“, zitiert nach Roberts, Dia-mond Magnates, S. 163.142 Fort, Beit, S. 58: „Wealth and the power that goes with wealth came to him, despite himself“.143 Ebd., S. 58; Beit/Lockhart, The Will, S. 40.144 Zinnow, Beit-Chronik, S. 49.145 Fort, Beit, S. 72 f.: „,Hullo!‘ said Rhodes; ,do you never take a rest?‘ ,Not often,‘ said Beit. ,Well, what isyour game?‘ said Rhodes. ,I am going to control the whole diamond output before I am much older,‘ said Beit.,That’s funny,‘ said Rhodes, ,I have made up my mind to do the same; we had better join hands.‘“146 Boyd/Phimister, Beit, S. 856.147 Zinnow, Beit-Chronik, S. 50.148 Meredith, Diamonds, S. 162.149 Fort, Beit, S. 75.150 Emden, Jews, S. 398 f.151 Turrell, Capital, S. 206.152 Ebd., S. 211.153 Ebd., S. 212.154 Ebd., S. 212 f. – Stimmen diese Zahlen, so ist es wohl Teil des Mythos, dass Beit Rhodes während der Über-nahmeschlacht ohne Sicherheiten eine Summe von 250.000 Pfund zur Verfügung gestellt habe, Emden, Jews, S. 398; Boyd/Phimister, Beit, S. 856 – wofür sich Rhodes später mit Gleichem revanchiert haben soll, Rosenthal,New Light, S. 81.155 Turrell, Capital, S. 213.156 Emden, Jews, S. 410.157 Vgl. hierzu auch Worger, City of Diamonds, S. 220.158 Turrell, Capital, S. 219 f.159 Ebd., S. 222.160 Ebd., S. 227.161 Worger, City of Diamonds, S. 227; Meredith, Diamonds, S. 161 f. – Der fünfte Gouverneur war FredericStow.162 Boyd/Phimister, Beit, S. 856.163 Fort, Beit, S. 35; Beit/Lockhart, The Will, S. 38; Emden, Jews, S. 410 .164 Ebd., S. 411.165 Rosenthal, New Light, S. 137 zitiert allerdings einen amerikanischen Journalisten, der Beit als blond undblauäugig schildert.166 Fort, Beit, S. 70.167 Ebd., S. 33.168 Beit/Lockhart, The Will, S. 38 f. 169 Fort, Beit, S. 33 f.170 Beit/Lockhart, The Will, S. 38 ff.171 Emden, Jews, S. 410.··············································································································································

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···································································Rhodes war wie Beit ein Diamantenma-gnat. Doch während dieser vor allem einGeschäftsmann war und blieb, war Rhodesauch ein kolonialer Visionär und imperialerPolitiker. Bereits 1881 wurde er Mitglied desParlaments der Kapkolonie172 und sollte diesbis zu seinem Lebensende bleiben. Fortanstieg mit seiner ökonomischen Macht auchsein politischer Einfluss.···································································Rhodes hatte den Plan gefasst, die Buren-republiken einzukreisen und eine Vereini-gung der Kapkolonie mit dem Oranje Frei-staat und Transvaal in einer Südafrikani-schen Union zu erreichen – unter britischerFlagge. Dies war Teil seiner umfassenderenIdee, ein durchgängiges britisches Kolonial-reich vom Kap bis nach Kairo zu errichtenund eine Eisenbahnverbindung, die das ge-samte Gebiet durchmaß (Kap-Kairo-Plan).Eine Bahnstrecke von Kapstadt bis Kimber-ley bestand bereits, ebenso von Kairo bisSuez. Konflikte mit anderen Mächten warendurch den Kap-Kairo-Plan allerdings vor-programmiert.···································································Die Kapkolonie hatte seit ihrem Erwerbdurch die britische Krone im Jahr 1795/1814nicht entscheidend an strategischer undhandelspolitischer Bedeutung für das Em-pire eingebüßt. Auch nach Eröffnung des

Suezkanals im Jahr 1869 wurden Ende der1870er Jahre immer noch zwei Drittel desbritischen Warenverkehrs in den Mittlerenund Fernen Osten über die Kaproute trans-portiert, und für den Kriegsfall galt die Mit-telmeerroute als nicht sicher genug. Wer im-mer die politischen Gewichte in dieserWeltregion zu verschieben beabsichtigte,musste mit energischem Einspruch der füh-renden Seemacht der Welt rechnen.173

···································································Im Gegensatz zur Küstenregion wurde dasHinterland von Großbritannien zunächstweitgehend mit Desinteresse betrachtet. Al-lerdings galt die Unabhängigkeit der Buren-republiken auf der Insel als ein Unsicher-heitsfaktor. Mit der Entdeckung der Dia-manten von Kimberley gewannen auch dieweiter nördlich gelegenen Gebiete an Inter-esse. Dies gab Plänen Auftrieb, ganz Süd-afrika unter britische Kontrolle zu bringen.Allerdings war dies zunächst die Sache ein-zelner Politiker, nicht ein festes Ziel briti-scher Politik. Jedoch konnten die Befürwor-ter einer Expansion nun „mit mehr Wohl-wollen in London rechnen als früher, daSüdafrika nun kein Faß ohne Boden (…),sondern eher ein Schatzhaus zu werden ver-sprach.“174

···································································In den frühen 1880er Jahren begannen sichauch andere europäische Mächte für den

Beit und das Empire

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Einen Fuß in Kapstadt, den anderen in Kairo – Die berühmte Karikatur von Rhodes, in Anspielung auf den „Koloss von Rhodos“ (engl. „Rhodes“)

Das Semperhaus (1907)

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afrikanischen Kontinent zu interessieren,und ein Wettlauf setzte darin ein, Titel zuhorten und „Schutzgebiete“ auszurufen, umdie Konkurrenz auszuschließen. Dieser Pro-zess führte zu zahlreichen politischen Span-nungen, etwa als sich das Deutsche Reich1884 das im Nordwesten der Kapkolonie ge-legene Südwestafrika gesichert hatte.···································································In nördlicher Richtung der Kapkolonie,hin auf den britischen Sudan und Britisch-Ostafrika, dem heutigen Kenia, lag nun derriesenhafte belgische Kongo, Privateigen-tum König Leopolds II. Angrenzend hattesich 1885/90 das Deutsche Reich Deutsch-Ostafrika – heute Tansania, Burundi undRuanda – gesichert. Wiederum südlich da-

von erstreckte sich an der Küste des Indi-schen Ozeans das zu Portugal gehörige Mo-çambique.···································································Der Weg nach Kairo war somit nicht mehrfrei, aber der „scramble for Africa“ hatteauch am Kap das Tempo der britischen An-nexionen merklich beschleunigt. Schon inzahlreichen Grenzkriegen der 1870er und1880er Jahre hatten die Briten ihre Kolonieauf Kosten der umliegenden unabhängigenHerrschaftsgebiete der indigenen Bevölke-rung stetig vergrößert. Der bedeutendsteSchritt war die Unterwerfung der Zulus 1881gewesen, deren Territorium 1887 annektiertwurde.175

···································································

Das südliche Afrika zwischen 1870 und 1910

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1885 war es maßgeblich Cecil Rhodes, derdie Erwerbung von Betschuanaland (demheutigen Botswana) betrieb, das nördlichdes Oranje und westlich der Burenstaatenlag. Diese Expansion war in erster Linie eineGegenbewegung zum Erwerb Südwestafri-kas durch das Deutsche Reich im Jahr zu-vor. Es ging darum, das strategisch wichtiggewordene, zwischen den politischen Ge-genspielern, Deutschen und Buren, gelege-ne Land unter britische Herrschaft zu brin-gen und so den Korridor für eine Expansionder Kolonie nach Norden offen zu halten.Umso dringlicher war dies geworden, dasich zuvor von den Burenrepubliken ausSiedler nach Westen aufgemacht hatten unddort zwei kleine unabhängige Freistaaten,Goschen und Stellaland, gegründet hatten.···································································Auch in der Kolonie erstarkten nun dieKräfte, die sich an der Aufteilung Afrikas be-teiligen wollten. Unter Rhodes’ Führungwurde 1889 die British South Africa Com-pany (Britisch-Südafrikanische Gesell-schaft) gegründet. Diese private Organisa-tion erhielt, ebenfalls maßgeblich auf Betrei-ben von Rhodes, am 29. Oktober 1889 vonder britischen Regierung einen Freibrief(eine königliche „Charter“) für Landerwerbim südlichen Afrika. ···································································Die Chartered Company war vor allem aufGewinne aus Bodenschätzen aus und über-nahm es, Gebiete auf eigene Kosten zu er-werben und zu verwalten, so dass dies denbritischen Staat nichts kostete. Dieses Vor-gehen war in der Kolonialzeit nicht unüb-lich. Auch in Deutschland waren privateGesellschaften wie die Deutsch-Ostafrikani-sche Gesellschaft von Carl Peters wichtigeTräger des kolonialen Projekts.···································································

Das Geschäft war für beide Seiten von Nut-zen. Die Investoren der Company hattendurch die „Charter“ für ihre Vorhaben dieRückendeckung der britischen Regierung(so lange alles problemlos verlief ); die Regie-rung ihrerseits konnte den britischen Ein-flussbereich in Süd- und Zentralafrika er-weitern, ohne dass sie für die Kosten fürdessen Verwaltung aufkommen musste oderin kostspielige Eingeborenenkriege verwi-ckelt wurde. Teile der britischen Öffentlich-keit verspotteten diese Form der Ausdeh-nung des eigenen Machtbereichs daher auchals „Imperialism on the cheap“.176

···································································Private Investoren finanzierten die Gesell-schaft – entsprechend hoch war der Erfolgs-druck, der auf dem Unternehmen lastete,resultierend aus der Renditeerwartung. DerKapitalbedarf war enorm, drei MillionenPfund über vier Jahre.177 Wirtschaftlich ge-sehen handelte der Staat sehr klug mit sei-ner Zurückhaltung, was eine Beteiligung ander Company betraf, denn bis 1923 warf siekeine Gewinne ab.178 Allerdings brachte sieenorme Landgewinne für die britischeKrone. Eine nördliche Grenze für die Akti-vitäten der Company wurde bewusst nichtdefiniert.···································································Rhodes bewerkstelligte in den folgendenJahren, die unabhängigen Reiche der Mata-bele und der Barotse unter britische Hoheitzu bringen. Die Gebiete erhielten – benanntnach ihm – die Namen Nord- und Südrho-desien, heute sind es Sambia und Sim-babwe. Bis 1923 wurden sie direkt von derCompany verwaltet, bevor sie formell derKrone untertan wurden.179

···································································Rhodes war in seinen Aktionen ausgespro-chen erfolgreich und steuerte in diesen

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Jahren auf den Höhepunkt seines Einflusseszu. Erst 1888 hatte er erfolgreich die Grün-dung von De Beers betrieben und ein Dia-mantenmonopol begründet. 1890 wurde erzum Premierminister der Kapkolonie ge-wählt. ···································································Auch bei der Gründung und Finanzierungder British South Africa Company war Al-fred Beit Rhodes maßgeblich behilflich undwurde 1889 einer der Direktoren.180 Er über-nahm Anteile im Wert von 34.000 Pfundund mit Rhodes gemeinsam noch einmalfür 11.000 (Rhodes selbst hielt Anteile für75.000 Pfund, De Beers für 200.000, dieGold Fields für fast 100.000, die Explora-tion Company für 75.000).181

···································································Geschäftlich lagen der Verbindung vonBeit und Rhodes klare Zweckerwägungenzugrunde. Schwieriger zu ergründen ist diepersönliche Freundschaft zwischen beiden,und warum Beit auch die ambitioniertenpolitischen Pläne von Rhodes (seine „grandschemes“) finanziell unterstützte. Ob er diesmit „Enthusiasmus“ tat, wie es in englisch-sprachigen Biographien heißt, mag man fra-gen, auch, ob wirklich von Beits „Ergeben-heit“ gegenüber Rhodes und seinen Projek-ten die Rede sein kann,182 dem Beit, dieserDeutung zufolge, seine eigene Größe zu ver-danken habe – im Grunde eine Größe auszweiter Hand.183

···································································Vielleicht haben Rhodes’ Persönlichkeit,Gebaren und sein Vermögen, andere vonseinem Wollen zu überzeugen, den scheuenund zarten Beit beeindruckt, der hier Eigen-schaften erblickte, die er an sich selbst ver-misste. Aber während Rhodes, Vordenkernwie Thomas Carlyle, Charles Dilke oder Ro-bert Seeley folgend, der „angelsächsischen

Rasse“ ein möglichst großes Stück der Weltsichern wollte,184 kann man fragen, welcheAttraktivität die Vergrößerung des briti-schen Empire für einen deutschen, aus ehe-mals jüdischer Familie stammenden, nüch-ternen Kaufmann besaß, und ob sich Beittatsächlich für die göttliche Mission des Im-perialisten Rhodes begeistern konnte.185

···································································„Patriotismus“ im engeren Sinne ist je-denfalls nicht im Spiel gewesen, nahm Beitdoch erst 1898 die britische Staatsbürger-schaft an. Und dass sich Beit für ein Idealaufopferte, dass er von einem anderen emp-fing,186 ist nicht auszuschließen, wäre abereigens zu belegen. Plausibler erscheint es,auch hier geschäftliche Motive anzuneh-men. Die Gemengelage von Beits Motivenwerden wir wohl nicht mehr entwirren kön-nen; zuviel Material ist verloren gegangenoder mit Vorsatz zerstört worden.···································································Fakt ist, dass Beit zahlreiche politische Vor-haben von Rhodes finanziell unterstützt hat,wenn er auch vorzog, im Hintergrund zubleiben. Rhodes wäre ohne Beits finanzielleRückendeckung nicht in der Lage gewesen,seine Vorhaben zu realisieren.187 Und willigoder nicht, Beit war eingebunden in das im-periale Projekt und wurde zu einem der Mit-begründer Rhodesiens. Zeitgenössische Be-schreibungen charakterisieren seine Rolleund das Verhältnis beider Männer auch un-ter Rückgriff auf Vorstellungen des Ge-schlechterdiskurses jener Zeit und schildernRhodes als den Mann, Beit als die Frau,Rhodes als den „Vater“, Beit als die „Mut-ter“ des Landes.188

···································································Bereits Ende Oktober 1888 hatte Rhodesvom Herrscher Matabelelands, König Lo-bengula, eine Konzession erwirkt, die ihm

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zeitlich unbeschränkt das Recht einräumte,in Matabeleland nach Bodenschätzen zu su-chen – gegen die monatliche Zahlung einerkleinen Geldsumme und die Lieferung von1.000 Gewehren.189 1889 wurde dann dieBSAC gegründet, um diese Konzession zunutzen.···································································1890 zog der erste Trupp von Pionierennach Mashonaland im Matabelereich190 undbegann mit dem Bau des Ortes, der späterSalisbury wurde und heute Harare heißt.Die 200 weißen „Siedler“, 500 bewaffneteund berittene Kräfte der Chartered Com-pany Mounted Police und die 350 farbigenArbeiter, welche die Company gewonnenund ausgerüstet hatte und die im Juni mit2.000 Ochsen und 117 Wagen von Britisch-Betschuanaland aus ins Land kamen,191 wa-ren von umfangreichen Versprechungen an-gelockt worden. Mancher von ihnen war aufeine der 3.000 Acre (über 1.200 Hektar) gro-ßen Farmen aus, welche die Company je-dem von ihnen in Aussicht gestellt hatte, diemeisten aber auf die versprochenen 15 freienGold-Claims.192 Sie machten sich Hoffnun-gen, dass neue Land werde sich als ein „El-dorado“ entpuppen, als Land reicher Gold-funde.193

···································································Die bunte Truppe geriet allerdings bald inausgesprochene Schwierigkeiten. Zunächstgab es Konflikte mit Lobengula, da dieCompany formal nur das Recht besaß, nachBodenschätzen zu suchen, nicht aber zu sie-deln.194 Die BSAC vermochte jedoch denVerbleib ihrer Leute durchzusetzen und be-gann mit dem Bau von Forts (Tuli, Vikto-ria, Charter und Salisbury).195 Vor allem dieVersorgung der „Siedler“ gestaltete sichschwierig, bedingt durch katastrophale Trans-portbedingungen, die noch verschlechtert

wurden durch heftige Regenfälle. Lebens-mittel gab es bald nur noch zu Wucherprei-sen, Krankheiten brachen aus und die me-dizinische Versorgung war schlecht. Vorallem aber blieben die erhofften Goldfundeaus. Unter den Neuankömmlingen machtesich das Gefühl breit, von der Company ge-leimt worden zu sein.196 Als Rhodes sich beiihnen erkundigte, was sie von ihrer neuenHeimat hielten, bezeichneten sie das Landals „bloody fyasco“.197

···································································Da die Company ihren „Siedlern“ gegen-über in der Pflicht war, brach Beit im Jahr1891 zu einer Inspektionsreise auf. Nebender Sorge um deren Wohl hatte er ein wei-teres, möglicherweise wichtigeres Ziel, näm-lich die Aussichten für den Abbau von Bo-denschätzen zu erkunden.198

···································································Cecil Rhodes hatte sich von König Loben-gula die Abbaurechte gesichert, jedoch nichtmehr. Er konnte graben, aber nicht siedeln,was die Voraussetzung für einen effektivenBergbau gewesen wäre. Diese Rechte besaßein deutscher Konkurrent, Eduard Lippert,ein Cousin Alfred Beits, der seit 1886 in Ma-tabeleland geschäftlich aktiv war.199 Lipperthatte sich von Lobengula eine Konzessionerwirkt, die ihm erlaubte, für die nächstenhundert Jahre den Handel mit Land in Lo-bengulas Territorium abzuwickeln. Ohneein Arrangement mit Lippert war ein ge-schäftliches Fortkommen in Matabelelandalso nicht möglich.200

···································································Rhodes versuchte zunächst, Lipperts Kon-zession als Fälschung hinzustellen; Beit sahsie für echt an und mahnte, sie werde auchvor britischen Gerichten Anerkennung fin-den.201 Rhodes hingegen schaltete die engli-schen Behörden und das Kolonialamt ein; er

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versuchte Druck auszuüben, indem er dieVerhaftung von Lipperts Mitarbeitern aufbritischem Gebiet bewirkte.202 Aber Lippertwar ein unerschrockener Mann, der bei sei-ner Ankunft in Südafrika einst zu Fuß vonDelagoa Bay nach Barberton gelaufen seinsoll, d. h. rund 140 englische Meilen durchunvertraute Wildnis (ca. 225 km, Luftli-nie).203 Und er war überzeugt von seinemRecht. Eine gegenseitige persönliche Abnei-gung vertiefte zudem den Graben, Enttäu-schung war im Spiel. Aus Lipperts Sicht warRhodes bei gemeinsamen Geschäftsabspra-chen in Bezug auf Matabeleland wortbrü-chig geworden. Lippert soll daraufhin demangetrunkenen Rhodes in einem Club vorZeugen Unangenehmes gesagt haben.204

···································································

War Lippert nicht erfolgreich darin, sich indieser Angelegenheit über den Generalkon-sul in Kapstadt die Rückendeckung derdeutschen Regierung zu verschaffen,205 soscheiterte Rhodes mit dem Vorhaben, Lip-perts Papiere zu diskreditieren. Eine finan-zielle Lösung musste gefunden werden. Da-bei stand Rhodes unter starkem Druck derbritischen und auch der südafrikanischenÖffentlichkeit, die laut darüber diskutier-ten, wie berechtigt Rhodes’ Ansprüche aufMatabeleland seien, und wie klug es sei, sichbei so ambitionierten wirtschaftlichen Vor-haben wie der Erschließung des Landes le-diglich auf eine Konzession zu stützen undauf Bodenschätze, die erst noch entdecktwerden mussten.206

···································································Es würde sehr kostspielig werden, Lippertauszukaufen, insbesondere da man die Re-gierung von Transvaal und den deutschenKaiser als seine Unterstützer vermutete,man Lippert also nicht auf verlorenem Pos-ten sah. Rhodes war sehr im Zweifel überden weiteren Fortgang der Dinge. Im März1891 reiste Beit nach Mashonaland, um her-auszufinden, was dort die Lage war.207 Be-gleitet wurde er von einer Gruppe um LordRandolph Churchill (dem Vater von Wins-ton C.), die eine Einladung zum Besuch inder Kapkolonie und der Territorien derCompany erhalten hatte. Die schlechtenEindrücke, die Churchill auf der Reise sam-melte, und seine negativen Äußerungennach seiner Rückkehr nach England vertief-ten die Krise der Company allerdings ineiner so nicht beabsichtigten und uner-wünschten Weise.208 Anteile der Companyverloren an der Börse annähernd die Hälftean Wert.209

···································································Beit war ein Stadtmensch, eigentlich zu-

Eduard Lippert (1844‒1925), Alfred Beits geschäftstüchtiger Cousin

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hause in seinem Büro, nicht an der frischenLuft, und mit der Wildnis hatte er nichts imSinn. Einen weniger passenderen Mann fürdie Reise nach Mashonaland konnte mansich kaum vorstellen. Obwohl er sie sich soangenehm gestaltete, wie es ihm seine finan-ziellen Mittel erlaubten, wurde die Reise zurQual.210

···································································Mit Ochsenwagen und Pferdegespannenmachte man sich am 18. Juli 1891 auf denWeg von Fort Tuli, am Rande von Matabe-leland gelegen, über Fort Victoria nach Sa-lisbury. Man nutzte vor allem die kühlenStunden des frühen Morgens und ab demspäten Nachmittag um voranzukommen.Die Wege waren schlecht, die Reise be-schwerlich und die Gefahren zahlreich. Ineiner Nacht rissen Löwen einige Pferde derReisegruppe. Zwölf Tage nachdem die Ex-pedition Fort Tuli verlassen hatte, befielKrankheit die Pferde und Mulis. Die Hälftevon ihnen ging zugrunde, mit den übrigenwar nicht mehr viel anzufangen. Als BeitFort Victoria erreichte, wurde sein leichterZweisitzer – eine Kutsche, die in Deutsch-land die Bezeichnung Spinne trägt – vonOchsen gezogen.211

···································································Eine Beschreibung der Reise durch Beit istnicht überliefert. Aber seine Gruppe traf aufihrem Weg auf Eduard Lippert, der zu die-ser Zeit ebenfalls das Land bereiste, gemein-sam mit seiner Frau Marie. Marie Lipperthat ihre Reiseeindrücke in Briefen an ihreFamilie geschildert.212 Der ausgesprochenhöfliche Umgang miteinander bei der Be-gegnung beider Gruppen213 konnte nichtsan dem negativen Bild ändern, das Frau Lip-pert von Beit in ihren Briefen entwarf: Beithabe lediglich die Chartered Company imSinn und versuche alle Misshelligkeiten un-

ter einem Federbett schöner Worte zu be-graben; lieber seien ihr Menschen wie Rho-des, die offen die Maxime „Macht ist Recht“vertreten würden. Unabhängig von MarieLipperts negativen Sicht tritt Beit in ihrenSchilderungen auch als jemand auf, der be-strebt war zu vermitteln.···································································Als Beit im August 1891 in Salisbury an-langte,214 das damals nicht aus mehr als ei-ner Ansammlung von Lehmhütten bestand,war er als einer der Direktoren der Charter-ed Company den Vorwürfen der Siedlerausgesetzt, die sich bitter über ihre Lebens-bedingungen und Versorgung beklagten.Sechs Wochen verbrachte Beit in Mashona-land, damit beschäftigt, den Problemen derSiedler Abhilfe zu schaffen – und damit, dieLage in Bezug die Abbaumöglichkeiten vonBodenschätzen zu sondieren. Was er sah,nährte seine Skepsis. Nach der Reise äußerteer im Vertrauen, er habe nichts gesehen,worin er auch nur 100 Pfund investierenwürde. Wenn überhaupt, so hatte ihn derBoden mehr beeindruckt als die Erzvor-kommen.215 Ergiebige Goldvorkommenwurden zwischen den Flüssen Limpopo und

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Alfred Beit auf einer Briefmarke der rhodesischen Post aus dem Jahr 1968

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Sambesi nicht entdeckt216 – und so verdop-pelte sich Beits Interesse an anderen Gebie-ten.217 Dennoch wurde er, nicht nur als ein

Finanzier von Rhodes’ Aktivitäten, zu ei-nem der Mitbegründer Rhodesiens.218

··············································································································································172 Worger, City of Diamonds, S. 199.173 Rosenbach, Das Deutsche Reich, S. 25 ff.174 Fisch, Geschichte, S. 173.175 Vgl. zu den Grenzkriegen ebd., S. 173 ff.176 Galbraith, Crown, S. 310.177 Beit/Lockhart, The Will, S. 14.178 Fisch, Geschichte, S. 187.179 Beit/Lockhart, The Will, S. 34.180 Zinnow, Beit-Chronik, S. 53.181 Rotberg, The Founder, S. 286.182 Boyd/Phimister, Beit, S. 856; Beit/Lockhart, The Will, S. 13: „About 1879, Beit met (…) Cecil Rhodes (…)and fell at once under his influence. From that time up to his own death, he loyally supported Rhodes’ (…) schemes“. 183 Ebd., S. 31: „Beit was a man of simple character who, without the inspiration of Rhodes and the stirringevents of the period in Africa might have been a mere successful gold and diamond merchant, just as Rhodes, with-out Beit, could not attend to the details of business, which puzzled and wearied him.“184 Vgl. auch Fort, Beit, S. 32.185 Beit/Lockhart, The Will, S. 13.186 Ebd., S. 31.187 Ebd., S. 14. – Auch die Erwerbung von Katanga (später Teil des belgischen Kongo) strebte Rhodes gemein-sam mit Beit an, Galbraith, Crown, S. 240. 188 Vgl. hierzu T. W. Stead „Alfred Beit, Diamond King, Empire Builder“, in: The American Monthly Reviewof Reviews, August 1906, S. 300: „Rhodes was the father, Beit the mother, of Rhodesia. And in good sooth AlfredBeit loved Cecil Rhodes as Jonathan loved David, with a love and a loyalty passing the love of woman. Beit wasessentially feminine in his mental characteristics. With his intuition he quickly conceived Rhodes’ ideas, andmothered them to their birth. (…) It is impossible to disassociate him from Mr. Rhodes, but it is as impossible tocondemn him for his complicity in Mr. Rhodes’ errors more strongly than we would censure the wife who, for goodor for ill, (…) casts in her lot with her husband“, zitiert nach Straelen, Alfred Beit, Appendix I, S. III (Fn. 8).189 Pakenham, Scramble, S. 384; Lenk, Geschichte, S. 42.190 Mashonaland war ein Teil von Matabeleland, vgl. Andrees, Handatlas, S. 114f. (Zentral- und Südafrika,Quadrat D/E 4).191 Pakenham, Scramble, S. 372 f.; Lenk, Geschichte, S. 45.192 Pakenham, Scramble, S. 375.

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193 Lovell, Struggle, S. 181; Galbraith, Crown, S. 146f. und 255.194 Galbraith, Crown, S. 144.195 Lenk, Geschichte, S. 46.196 Pakenham, Scramble, S. 391.197 Beit/Lockhart, The Will, S. 49.198 Ebd., S. 43.199 Matabeleland Travel Letters, S. v.200 Über Eduard Lippert liegt bislang keine eigenständige Studie vor, zahlreiche Bücher zur Geschichte Süd-afrikas oder zur Gold- und Diamantenindustrie enthalten jedoch Informationen über ihn. Lippert wird dabeifast durchgehend einseitig und negativ beurteilt, vgl. vor allem Emden, Randlords, S. 327 ff. Frühe englischspra-chige Werke zeichnen ihn (aus dem Kontext ihrer Entstehungszeit heraus) als den „bösen Deutschen“, der dem ge-rechten kolonialen Projekt der Briten durch seine Geschäfte wie durch seine Unterstützung der Regierung Krügerim Wege stand. Dabei wird, ohne Belege hierfür anzuführen, davon ausgegangen, Lippert habe die Rückende-ckung der deutschen Regierung genossen. Neuere, auf deutschen Aktenbeständen basierende Studien wie vonRosenbach, Laufer und Böhm widerlegen dies. Das ungewöhnliche Leben Lipperts bedürfte einer umfassenderenBetrachtung und das aus der älteren Literatur immer noch nachwirkende Bild wohl einer Korrektur.201 Galbraith, Crown, S. 274.202 Matabeleland Travel Letters, S. vi.203 Ebd., S. i.204 Ebd., S. v.; Bake, Marie Lippert, S. 56.205 Matabeleland Travel Letters, S. vi.206 Ebd., S. v.207 Beit/Lockhart, The Will, S. 43.208 Loveday, Alfred Beit, S. 7; Galbraith, Crown, S. 266 f.209 Ebd., S. 267.210 Beit/Lockhart, The Will, S. 45.211 Loveday, Alfred Beit, S. 7.212 Marie Lipperts Briefe aus Matabeleland wurden nach ihrem frühen Tod 1897 (vgl. Bake, Marie Lippert)von ihrem Mann Eduard 1898 in einem Privatdruck mit der Auflage von 50 Exemplaren veröffentlicht. Ein Ex-emplar dieser Ausgabe war für die vorliegende Studie nicht greifbar. 1960 erschien eine englische Übersetzung, aufdie zurückgegriffen werden musste. – Zu Marie Lipperts Einschätzung von Beit vgl. auch die Klarstellung imNachtrag zu ihrem Brief vom 27. November 1891: „Eduard has never been on bad terms with A. Beit. The fightwas with Rhodes. Beit has a very small participation in the Chartered Company, and no influence at all on Rho-des. Indeed, he is never mentioned in these affairs. He is a financier and nothing more. If any idea has got aboutconcerning hostility, please put it right“, Matabeleland Travel Letters, S. 36.213 – so geschildert von beiden Seiten, Beit/Lockhart, The Will, S. 48 und Matabeleland Travel Letters, S. 12ff.– Das Treffen beider Gruppen erhielt weitere Brisanz durch eine vorangegangene Episode, die Beit und EduardsBruder, Wilhelm, betraf. Wilhelm Lippert war Ende der 1880er Jahre an einem großen Wechselscheckbetrug be-teiligt, bei dem er mehrfach Beits Unterschrift fälschte, um die Union Bank in Kapstadt vor dem drohenden Kon-kurs zu bewahren. Als der Betrug aufflog und die Bank im Konkurs endete, wurde Lippert zu sieben JahrenZwangsarbeit verurteilt, Emden, Randlords, S. 331; Roberts, Diamond Magnates, S. 276. Auch die Firma Lip-pert war ruiniert. Der Zusammenbruch der Bank mit Verpflichtungen von 1 Millionen Pfund stürzte viele Süd-afrikaner ins Unglück, worin sich Beit ohne sein Zutun und zu seinem Leid verwickelt sah, Beit/Lockhart, TheWill, S. 15 f.; Zinnow, Hahn-Chronik. S. 13 f.; ders., Beit-Chronik, S. 54 f.214 Loveday, Alfred Beit, S. 8.215 Galbraith, Crown, S. 259; Rotberg, The Founder, S. 420.216 Beit/Lockhart, The Will, S. 49.217 Boyd/Phimister, Beit, S. 857.218 Fort, Beit, S. 22.··············································································································································

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1884 wurde in Transvaal Gold entdeckt, jamehr noch, ein, wie sich nach und nach her-ausstellte, gewaltiges Goldfeld. Schon 1867bis 1875 war in verschiedenen DistriktenNord- und Osttransvaals vereinzelt Gold ge-funden worden und 1882 hatte die Ausbeu-tung der Da Kaap Goldfelder begonnen,dort, wo später Barberton entstehen sollte.1884 entdeckte man in den Bergen, die denSüdkranz des Da Kaap Talkessels bilden,goldführende Gesteinsschichten. ···································································1885 verbreitete sich die Kunde von Gold-funden weiter westlich von Barberton, anmehreren Orten, aus denen sich das Kon-glomerat Witwatersrand entwickeln sollte,das auf Englisch auch kurz „The Rand“ ge-nannt wird.219 Der Witwatersrand (TheRidge of White Waters) ist ein felsigerHöhenzug, der sich südöstlich von Pretoriasowie östlich und westlich des heutigen Jo-hannesburg in einer Länge von etwa 30 eng-lischen Meilen erstreckt. An seinem Süd-hang fand sich das größte Goldvorkommender Welt.···································································Im September 1886 wurde der „Rand“ vonder Regierung zum „public goldfield“ er-klärt,220 und ab Dezember 1886 begann sie,Goldfelder auf dem „Rand“ zu verpachten.Das Gebiet wurde vermessen, in Felder zu100 mal 50 oder 50 mal 50 Fuß aufgeteilt

und auf die Zeit von 99 Jahren gegen mo-natliche Abgaben in Eigentum gegeben.···································································Auch hier strömten Scharen von Men-schen an den Ort, arbeitsfreudige oder ge-winnsüchtige, spekulationslustige Men-schen, die entweder in den Bergwerksbetrie-ben arbeiten wollten oder sich Anteile anden Bergwerken sichern. „Arbeitskräfte zuden niederen Arbeitsleistungen fanden sichgenügend in zahlreich zuziehenden Kaf-fern“, heißt es in einer deutschen Ge-schichte Transvaals aus dem Jahr 1904.221

Aus Ochsenwagen, Zelten und Wellblech-hütten entstand eine erste Siedlung, Ferrei-ras Camp, wo ein raues Leben herrschte.···································································Bereits nach kurzer Zeit stellte sich her-aus, dass die Goldgewinnung am „Rand“nicht so einfach sein würde wie auf anderenGoldfeldern. Das Gold kam hier nicht alleinin den oberen Erdschichten und in aus-waschbaren Klumpen vor, so dass es leichtzu gewinnen gewesen wäre. Am „Rand“ wardas Gold in der Grundmasse des Gesteinsgebunden und fein verteilt, so dass es selbstin reichen Partien nur als Fünckchen wahr-genommen werden konnte. Sprengarbeitenund Schachtanlagen waren notwendig, umdas goldhaltige Gestein zu fördern. Für deneinzelnen Goldgräber mit Spitzhacke undSchaufel, wie ihn das Klischee kennt, war

Der „Randlord“

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hier kein Platz. Gesellschaften mit viel Ka-pital waren erforderlich, kunstgerechter,wirtschaftlich betriebener, arbeitsintensiverBergbau, um aus Tonnen von Gestein einigeUnzen des wertvollen Edelmetalls zu gewin-nen.222 Das gebrochene Gestein wurde indampfgetriebenen Stempelwerken (Quarz-mühlen) fein zerkleinert und dann mittelsQuecksilber vom Gestein getrennt.223 Seit1890 kamen Cyanidlauge und Elektrolyse-verfahren zum Einsatz, die mit deutlich hö-herem Wirkungsgrad das Gold aus dem Ge-stein lösten und ohne deren Verwendungder Goldabbau nicht rentabel gewesenwäre.224 Es waren die technischen Neuerun-gen dieser Jahre und vor allem das aus demDiamantengeschäft von Kimberley zuflie-ßende Kapital, welche die Goldgewinnungam „Rand“ erst möglich machten.225 In frü-heren Jahren wären Goldvorkommen, wiesie hier gefunden wurden, weitgehend nutz-los gewesen.···································································1886 wurde die Stadt Johannesburg begrün-det und wie im Sturm übersprang sie Etap-pen, für deren Zurücklegung die Städte inEuropa Jahrhunderte benötigt hatten. Dieprimitiven Hütten aus Wellblech und Holzmachten schon bald Steinbauten Platz, elek-trische Beleuchtung, Telegraphen, Tele-phon, Hotels, ein Klub und von Bäumengesäumte Straßen erschienen. Innerhalb vonnur zehn Jahren wuchs der Ort auf mehr als100.000 Einwohner, je zur Hälfte Weißeund Schwarze.226 Um die Jahrhundert-wende, vierzehn Jahre nach seiner Grün-dung, waren es bereits 166.000, 97.000Schwarze arbeiteten zu dieser Zeit im Berg-bau. Die „Compounds“ am Witwatersrandfielen dabei weniger gefängnishaft aus als inKimberley, da lediglich goldhaltiges Quarzgefördert wurde und kein reines Gold. So-

mit war die Diebstahlgefahr deutlich gerin-ger.227

···································································James Benjamin Taylor, ein Angestelltervon Jules Porgès & Co, wurde 1886 vonKimberley aus in das neue Da Kaap Gold-field im östlichen Transvaal entsandt, umdas Terrain zu sondieren. Regelmäßig sandteer Berichte an seinen Chef und weckte des-sen Interesse. 1886 reiste Beit selbst nachBarberton und investierte. Zunächst stan-den dabei bedeutende Fehlschläge zu Bu-che. Er beteiligte sich an der French BobGold Mining Company Ltd. (benannt nachdem Spitznamen des Landeigentümers,dem Franzosen Auguste Robert)228 und ander Kimberley Imperial Gold Mining Com-pany, die trotz ihres Namens am Da Kaapansässig war, dem Berg der die BarbertonGoldfelder beherrschte. Doch die ausgebeu-teten Felder erwiesen sich als nicht ergiebig.Dieser Fehlschlag machte viele vorsichtig,als sich kaum ein Jahr später die aussichts-reicheren Minen am Witwatersrand anbo-ten.229

···································································Beit kam erstmals 1887 dorthin, um sichgründlich zu informieren.230 Sein Erfolgdort wurde durch einen Repräsentanten ei-gener Art begründet, zu dessen Mitarbeit erauf eigentümliche Weise gekommen war: J.B. Robinson. Robinson hatte bereits zu dengroßen Investoren in Kimberley gehört.1886 allerdings befand er sich in finanziellenNöten. Er hatte sein Konto bei der Cape ofGood Hope Bank weit überzogen, die ihmnun mit einem Prozess drohte. Er bat Beitum Hilfe. Nach Prüfung der Bücher schossdieser dem 46-jährigen Geld vor und grün-dete mit ihm das Robinson-Syndikat.231

···································································Es war Robinson, der nun mit größtem

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Spür- und Scharfsinn die ertragreichstenLändereien des „Rand“ ausfindig machte.Während andere Investoren zögerten undFachleute skeptisch blieben, erwarb er fürdas Syndikat „a large interest in the best out-crop mines which soon became valuableproperties“.232 Robinson erwarb die FarmLanglaagte von der Witwe Oosthuizen. Dieursprünglichen Besitzer hatten die Farm füreinen gebrauchten Ochsenwagen im Wertvon 30 oder 40 Pfund gekauft, und noch1865 war es nicht möglich gewesen, zwölfOchsen als Kaufpreis für sie zu erhalten.Jetzt legte Robinson, nach zähen Verhand-lungen und etlichen Tassen Kaffee mit derWitwe, 6.000 Pfund auf den Tisch – einestattliche Summe Geld. Vom Grund dieserFarm sollte jedoch zwischen 1886 und 1936Gold im Wert von 40 Millionen Pfund ge-fördert werden. Robinson hatte nicht zu vielbezahlt. ···································································Beits Zusammenarbeit mit Robinson warnicht von Dauer. Robinson wird überein-stimmend als ein unberechenbarer, extremegoistischer und schwieriger Charakter ge-schildert.233 Das Syndikat, das nach Robin-sons Auszahlung 1888234 von Wernher, Beit& Co verwaltet wurde, wurde nach DeBeers zur zweiten Säule des Reichtums vonAlfred Beit und er damit ein Randlord, wasman, in Analogie zu den „Schlotbaronen“,mit „Goldbaron“ übersetzen kann. 1895wurde der Wert seiner Minenanteile aufzehn Millionen Pfund Sterling geschätzt. Ergalt als der Wohlhabendste unter den Rand-lords und damit als wohlhabendster MannSüdafrikas. An zweiter Stelle folgte Wernhermit sieben Millionen, Rhodes’ Anteile lagendagegen „nur“ bei fünf Millionen Pfund,etwa hundert Millionen Mark.235

···································································

Frühzeitig am „Rand“ angekommenund das Kapital aus Kimberley und vonPorgès im Rücken, vermochten Beit undseine Mitarbeiter Hunderte von Claims imreichsten Goldfeld der Welt zu erwerben.236

···································································Lediglich zehn Firmen dominiertenMitte der 1890er Jahre die Erschließung undAusbeutung der Goldfelder des östlichenTransvaal: die Barnato Brothers, Lewis &Marks, die Rhodes’ Gruppe (ConsolidatedGold Fields), die J. B. Robinson Gruppe,die Farrar Gruppe (Anglo French Explora-tion Co.), A. Goerz & Co, Abe Bailey, G. &L. Albu und S. Neumann & Co. Die wich-tigsten Firmen am „Rand“ waren jedochBeits Firmen: Wernher, Beit & Co, die 1890gegründete Nachfolgefirma von Jules Porgès& Co, deren Partner Wernher und Beit so-wie Max Michaelis und Charles Rube wa-ren,237 und H. Eckstein (seit 1894 H. Eck-stein & Co), ihre unter eigenem Namenagierende Johannesburger Dependance, dieihren Sitz im „Corner House“ hatte (das sei-nen Namen von der wörtlichen Überset-zung Ecksteins herleitete).238

···································································Am „Rand“ lieferte Beit einen Beleg für dasgrößte Geschäftkapital, das er als Finanzierbesaß, seine „perception of possibilities“,239

seinen Sinn für Dinge, die möglich unddurchführbar waren. Zwei Faktoren warendie Basis für Beits Erfolg.···································································Der erste Faktor war die maßgeblich vonihm vorangetriebene Innovation der Abbau-methoden. Beit beschränkte sich nicht aufBeteiligungen an „outcrop mines“, also anMinen, in denen relativ dicht an der Ober-fläche gefördert wurde, sondern Beit ent-wickelte sich zum Vorreiter im „deep levelmining“, also beim Abbau der Bodenschätze

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in tieferen Erdregionen mittels Schächten,der nur mit entsprechend größerer Bewe-gung an Erdreich und entsprechenden In-vestitionen durchführbar war.···································································Der Abbau mit Schächten wurde notwen-dig, weil jene goldführende Erzschicht, aufdie man gestoßen war, nicht gleichmäßig ander Erdoberfläche verlief, sondern nur ander Stelle, wo man sie entdeckt hatte. Imspäteren Verlauf tauchte das Erzband in tie-fere Schichten ab. Da die Erdschichtennicht gleichmäßig wie in einer Torte aufein-ander lagern, sondern im Verlauf der Erdge-schichte durch Brüche vielfach horizontalund vertikal verschoben werden, war es aus-gesprochen schwierig, dessen Zickzackver-lauf zu prognostizieren. Beim Erwerb derClaims in das richtige Land zu investieren,Probebohrungen zu finanzieren, das Band

zu treffen, Schächte zu setzen, das waren dieHerausforderungen, denen man sich stellenmusste – in der Zuversicht, dass die Gold-ader in der Tiefe überhaupt weiter verlief,und dass der Goldgehalt des Gesteins in den„deep levels“ dann hinreichend war, um dieInvestitionen wieder hereinzuholen.···································································Als man 1889 bei einigen Bohrungen aufGestein mit einem niedrigeren als dem ge-wöhnlichen Goldgehalt stieß, war dies zu-nächst eine Hiobsbotschaft, deren Bekannt-werden man peinlich vermied, um einepanikartige Kapitalflucht aus dem „Rand“zu verhindern – vergeblich. Es waren Wern-her, Beit & Co, die den eingeschlagenenWeg entschlossen weiter gingen, und die esbereits ein Jahr später verstanden, durchtechnische Innovationen (das Scheidever-fahren mittels Cyanidlauge) die Verarbei-

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Der Sitz von Beits Zweigfirma in Johannesburg, „Corner House“

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tungen auch des gefundenen, minder ge-haltvollen Gesteins rentabel zu machen.240

Beits Sinn für Möglichkeiten, der zum Er-folgsgaranten seiner Unternehmungen wur-de, schloss auch seine Bereitschaft zur tech-nischen Innovation mit ein.241

···································································Den pessimistischen Stimmen, welche denErtrag der „deep levels“ anzweifelten, etwader von J. B. Robinson, hielt Beit ebensostand wie der Skepsis einiger Experten ge-genüber der Verarbeitung des Erzes.242 Oh-ne den Einstieg in das „deep level mining“wäre der Ertrag wesentlich geringer ausge-fallen. Aber dadurch, dass Beit so früh Ver-trauen in das „deep level system“ gefassthatte, war es ihm und der Eckstein Gruppemöglich, Ländereien zu erwerben, an denenandere kein Interesse hatten.243 Und dieswiederum konnten sie, da sie nicht daraufangewiesen waren, ihre Unternehmungenerst über die Börse zu finanzieren. ···································································Hier gelangen wir an den zweiten Grundfür Beits Erfolg auf dem „Rand“, die Formder Finanzierung seiner Unternehmungen,denn auch hier galt Beit als das master mindbeim Aufbau einer erfolgreichen Goldmi-nenindustrie. Beit entscheid, dass die Minenunter Kontrolle seiner Gesellschaft nicht be-trieben werden sollten, um über den Han-del von Anteilsscheinen Geld zu machen(„he resolved that the mines under his firm’scontrol were not to be run for share-makingand marketing purposes. For in no instancedid the firm issue a prospectus. The workingcapital was always found by the firm and theCompanies financed until they became di-vidend paying“).244 Dies war eine kleine Re-volution in der Finanzierung von südafrika-nischen Minenunternehmen.245

···································································

Das Risiko und die Kosten beim „deep le-vel mining“ waren hoch. Um sie zu vertei-len, entschied Beit, ausgewählte Geschäfts-partner als Finanziers einzuladen, die sich aneiner „parent company“ (Dachgesellschaft)für die Minenunternehmen beteiligen soll-ten. Beit konnte dabei auf seine internatio-nalen Verbindungen zurückgreifen undwiederum das Bankhaus Rothschild (inLondon und Paris) für die Finanzierung ge-winnen.246

···································································Im Februar 1893 wurde „Alfred Beit’s brain-child“, Rand Mines Ltd., ins Register einge-tragen,247 mit einem Kapital von 400.000Pfund und 400.000 Anteilsscheinen mit ei-nem Nominalwert von jeweils einem Pfund,„of which 300.000 were issued“. Ihre Ver-mögenswerte waren 1.357 Claims, zwölf„water rights“ und „majority shareholding“in verschiedenen Mining Companies. H.Eckstein erhielt für die eingebrachten Ver-mögenswerte Anteile im Wert von über200.000 Pfund,248 Rothschild erhielt An-teile für 60.000 Pfund. Glücklich waren alljene, die „on the ground floor“ eingelassenwurden, die also bei der Ausgabe mit An-teilsscheinen zum Nominalwert bedachtwurden. Bereits fünf Jahre später hatten sieeinen Wert von 45 Pfund pro Stück. 1899zahlte die Gesellschaft an ihre Shareholdererstmals eine Dividende von einhundertProzent.249

···································································Die Firma H. Eckstein sicherte sich bei denGründungsverhandlungen vertraglich, dasssie 25 Prozent der Profite der Gesellschaft er-halten sollte, nachdem an die Anteilseignereine Summe in Höhe des Kapitals verteiltworden war. 1899, sechs Jahre nach derGründung, kaufte Rand Mines H. Ecksteindieses Recht ab, und zwar für 110.903 An-

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Mönckebergstraße und Spitalerstraße mit Volkslesehalle (um 1936)

Der fähigste Geschäftsmann Südafrikas

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teile. Da die Anteile zu diesem Zeitpunktfür 45 Pfund das Stück gehandelt wurden,erhielten Wernher und Beit etwas über fünfMillionen Pfund (hundert Millionen Mark)aufgrund dieser Klausel.250

···································································Um die erforderlichen technischen Voraus-setzungen zum Einstieg in das „deep levelmining“ zu schaffen, waren für Beit undWernher sowohl das Kapital als auch dieVerbindungen notwendig, die sie aus Kim-berley mitbrachten. Daneben brachten sieaber ein Weiteres mit, dass ihren Erfolg am„Rand“ ausmachte: Erfahrung. Beit hattedie Höhen und Tiefen des Diamantenge-schäfts in Kimberley durchgemacht, Boomsund Krisen, und wusste, worauf er sich ein-ließ. Zudem brachte er seine Erfahrung imBergbau mit, als er begann, weltweit nachfähigen Fachleuten für seine Goldminen zusuchen, nach Managern wie Ingenieuren.251

Das die Goldverarbeitung am „Rand“ in dereinzig praktikablen und finanziell tragfähi-gen Weise in Gang kam, war zu großen Tei-len Alfred Beits Verdienst.···································································Um seine Interessen am „Rand“ dauerhaftzu vertreten, gründete Jules Porgès & Coeine eigene Zweigfirma, mit deren Errich-tung Beit 1886 Hermann Eckstein beauf-tragte, einen Deutschen, der 1882 ans Kapgekommen war.252 Dabei gruppierte sich imLauf der Jahre um Eckstein herum ein En-semble von herausragenden und bemer-kenswert erfolgreichen Mitarbeitern. Auchin der Personalauswahl haben Beit undWernher eine glückliche Hand bewiesen. Sokonnten sie, als mit der Regierung Krüger(auf Afrikaans Kruger) über die rechtlichenRahmenbedingungen für den Abbau Ver-handlungen geführt werden mussten, aufihren Mitarbeiter J. B. Taylor zurückgreifen,

der Afrikaans („Taal“) sprach und der alsVerbindungsmann ein gutes Verhältnis zuKrüger aufbauen konnte.253

···································································Zu dieser Zeit war Beit bereits parallel be-teiligt an einer ganzen Anzahl Unternehmenin weiteren Branchen, unter anderem, imUmfeld des „Rands“, an den Wasserwerkenvon Pretoria, an der Pretoria Electric Light-ing Company sowie an der National Bankof South Africa, jenseits des „Rands“ am MarlSyndicate und an Rhodes’ Fruit Farms.254 InRhodesien gehörte er zum Direktorium derBechuanaland Railway Company Ltd.255

Auch territorial hatte sich die Reichweitevergrößert, über Südafrika hinaus erstreck-ten sich nun die Investments von Wernher,Beit & Co. 1904 hielt die Firma auch Betei-ligungen an Minen in Mexiko, Korea, Por-tugal und Spanien.256

···································································Sir Percy Fitzpatrick, einer der Mitarbeitervon Beits Firma und eng mit ihm verbun-den, sagte später, Beit sei der fähigste Ge-schäftsmann gewesen, den Südafrika je her-vorgebracht habe.257 Wie von vielen ande-ren, die in erster Linie durch ihren Reichtumallgemeine Aufmerksamkeit gefunden hät-ten, habe die Öffentlichkeit ein sehr unge-naues Bild von seiner Persönlichkeit gehabt:„Der breiten Öffentlichkeit war Beit bloß einName, ein Finanzier, Multimillionär undGeschäftsmann, der alles dem Geldmachengeopfert hatte. Tatsächlich war Beit nichtsvon alledem. Er war der freundlichste, groß-zügigste und gerechteste Mensch. Fern da-von, von sich selbst eingenommen zu sein,war er ausgesprochen bescheiden und aufnervöse Weise schüchtern. Großzügig war ernicht allein in materiellen Dingen, viel mehrnoch in geistigen: in Nachsicht, Versöhn-lichkeit und Einfühlungsvermögen.“258

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··············································································································································219 Boyd/Phimister, Beit, S. 856.220 Meredith, Diamonds, S. 183.221 Lenk, Geschichte, S. 23.

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222 Klössel, Republiken, S. 100. 223 Kubicek, Imperialism, S. 40.224 Ebd., S. 43 f.225 Zu den internationalen Kapitalbeteiligungen am „Rand“ ebd., S. 141 ff.226 Lenk, Geschichte, S. 23 ff. 227 Fisch, Geschichte, S. 192.228 Rosenthal, New Light, S. 46.229 Beit/Lockhart, The Will, S. 10 f. 230 Fort, Beit, S. 97 ff.231 Zinnow, Beit-Chronik, S. 51.232 Boyd/Phimister, Beit, S. 857. Für einen „option price“ von 750£ erwarb er 21 Claims, auf denen später dieRobinson-Mine entstand, „one of the most valuable gold-mines in the world“, Chilvers, De Beers, S. 72.233 Zinnow, Beit-Chronik, S. 52.234 Meredith, Diamonds, S. 188.235 Galbraith, Crown, S. 284 f.; Laufer, Südafrikapolitik, S. 35. – Nach Beits Tod war auf ein Vermögen vonetwas über acht Millionen Pfund (165 Millionen Mark) Erbschaftssteuer zu zahlen, vgl. Hamburger Fremden-blatt, 16. November 1910 (in StA Hbg., ZAS, A 752, Beit).236 Cartwright, Corner House, S. 65.237 Ebd., S. 103.238 Ebd., S. 71, weiter S. 118 f. und 139.239 Boyd/Phimister, Beit, S. 857.240 Meredith, Diamonds, S. 191 ff.241 Boyd/Phimister, Beit, S. 857: „Adopting the suggestion (…) not only to work the outcrop but to strike theslanting reef by deep level shafts, at some distance away from the outcrop, he evolved, and devoted capital to testing, the deep levels of the Rand. Beit was the first to recognize the importance of employing first-class miningengineers (…). In the whole deep level system Beit’s firm were forerunners and creators; other firm’s (…) followedin their footsteps.“242 Fort, Beit, S. 98.243 Cartwright, Corner House, S. 126; Meredith, Diamonds, S. 193.244 Fort, Beit, S. 92; Beit/Lockhart, The Will, S. 12; Kubicek, Imperialism, S. 125 ff.245 Emden, Jews, S. 414.246 Fort, Beit, S. 98 f.; Cartwright, Corner House, S. 78 f.; Meredith, Diamonds, S. 188.247 Zur Gründung der Rand Mines Ltd. vgl. Cartwright, Corner House, S. 125 ff.248 Ebd., S. 131.249 Ebd., S. 132 f.250 Ebd., S. 127 f.251 Vgl. hierzu vor allem ebd., S. 97 ff.252 Beit/Lockhart, The Will, S. 9; Boyd/Phimister, Beit, S. 857. – Zum „Corner House“ vgl. vor allem die Stu-die von A. P. Cartwright.253 Fort, Beit, S. 99.254 Ebd., S. 100 und 101 f.255 Beit/Lockhart, The Will, S. 14.256 Cartwright, Corner House, S. 231.257 Beit/Lockhart, The Will, S. 10.258 „To the general public he was merely a name (…), [a] financier, multi-millionaire and businessman, whosacrificed everything to money-making. As a matter of fact, Alfred Beit was none of these things. He was the mostkindly, most generous and most just of men. So far from being self-assertive, he was modest, unassuming and nerv-ously shy. He was generous not only in material gifts, but even more in those of the spirit: forbearance, forgivenessand (…) consideration for others“, Rosenthal, New Light, S. 45.··············································································································································

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Mit der Erwerbung von Betschuanalandund Nord- und Südrhodesien waren die Bu-renrepubliken von britischen Territorienumschlossen. Rhodes’ Vorhaben, sie einzu-kreisen, hatte große Fortschritte gemacht.Diese Entwicklung wurde von den Burenmit großer Sorge verfolgt und mit aggressi-ver Rhetorik begleitet. Einen Zugang zumMeer bot ihnen im Osten nur noch das por-tugiesische Moçambique, das sich von Lou-renco Marques und der Mündung des Lim-popo nordwärts die Küste hinauf erstreckte.Mitte der 1890er Jahre drohte Rhodes’ Plander Einkreisung fehlzuschlagen, als Trans-vaal eine niederländische Gesellschaft miteinem Eisenbahnbau durch Moçambiquebeauftragte, um sich einen Zugang zumMeer zu sichern, unabhängig von der briti-schen Kolonie.259 Doch ein anderer Faktorstörte in weit stärkerem Maß Rhodes’ Pläne.···································································Schienen sich die Briten mit den Dia-mantfeldern von Griqualand-West denSchlüssel zur wirtschaftlichen und damit zurpolitischen Entwicklung der Region gesi-chert zu haben,260 erlaubten Transvaal dieneu entdeckten, äußert ergiebigen Goldvor-kommen, die eigene Unabhängigkeit voneinem Standpunkt wirtschaftlicher Stärkezu vertreten. Ende des 19. Jahrhundertshatte Transvaal bereits einen Anteil von 27,5Prozent an der weltweiten Goldförderung

und es begann, der Kap-Kolonie den Rangals ökonomische Vormacht der Region ab-zulaufen. Die Staatseinnahmen lagen 1895fünfundzwanzigmal höher als 1883. In derPeriode von 1891 bis 1895 überstieg der Wertder Goldexporte aus Transvaal den der Dia-mantenexporte vom Kap um 43 Prozent.Bezeichnenderweise hatte die Republiknoch 1885 dem Kap eine Zollunion vorge-schlagen, um an dessen reichen Zolleinnah-men beteiligt zu werden. Am Kap lehnteman ab. Bereits ein Jahr später fanden Vor-schlag und Ablehnung mit vertauschtenRollen statt. Die Goldfunde in Transvaalhatten auf britischer Seite neue Begehrlich-keiten geweckt – und neue Befürchtungen:Wurden die Buren zur wirtschaftlich stärks-ten Kraft im Süden des Kontinents, so standes in ihrer Macht, auf lange Sicht auch dieKapkolonie und Natal von sich abhängig zumachen, was den Verlust des Kaps der Gu-ten Hoffnung und damit einer der Schlüs-selregionen des britischen Weltreichs bedeu-ten konnte.261

···································································Der Goldrausch von Witwatersrand verän-derte die Sozialstruktur von Transvaal ein-schneidend. Zahlreiche Europäer, darunterviele Briten, kamen ins Land, um nach Goldzu suchen und in den Minen zu arbeiten.1896 lebten bereits 44.000 dieser „Uitlan-der“ in Transvaal – Ausländer, wie die Bu-

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Das Gold und die Politik

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ren sie nannten. Damit stellten sie bereits ei-nen größeren Anteil an der männlichen Be-völkerung als die Einheimischen.262 Staats-bürgerschaft und Wahlrecht waren ihnenvorenthalten, da die Buren den Charakterihres Staates bewahren wollten.263

···································································Da so viele der „Uitlander“ britisch-stäm-mig waren, erschien, für sie politische Rech-te fordern, als ein viel versprechender undkluger Weg, um den britischen Einfluss aufTransvaal zu sichern. Die Frage der politi-schen Rechte der „Uitlander“ erzeugte Span-nungen zwischen Großbritannien undTransvaal, die bei gutem Willen beizulegengewesen wären, dann jedoch 1899-1902 inden „Burenkrieg“ mündeten und in die Ver-einigung der drei südafrikanischen Staatenin der Südafrikanischen Union – als Teil desbritischen Weltreichs.···································································In dieser bitteren, außergewöhnlich hartgeführten militärischen Auseinandersetzungzwischen Großbritannien und Transvaal so-wie dem verbündeten Oranje Freistaat, ver-loren 22.000 Briten und 7.000 Buren ihrLeben. Die Buren, die sich zunächst erfolg-reich zur Wehr setzten, unterlagen schließ-lich der britischen Übermacht. Ihr Gueril-lakrieg, der die Truppen des Empires nö-tigte, ihre bekannten scharlachroten Unifor-men abzulegen und in das bald nichtweniger vertraute Khaki zu wechseln, fügteden Briten empfindliche Verluste zu. Derbritische Oberbefehlshaber, Lord Kitchener,antwortete mit einer Strategie der „ver-brannten Erde“. Über 30.000 Farmen derBuren ließ er zerstören, er vernichtete dieErnte und ließ die Zivilbevölkerung in„concentration camps“ internieren. In die-sen Lagern starben bis Kriegsende fast28.000 Weiße, vor allem Frauen und Kin-

der, an Krankheiten und Unterernährung.264

Auch fanden bis zu 20.000 Schwarze denTod, die durch die Vernichtung der Buren-farmen, von denen sie abhingen, Armut undHunger preisgegeben waren. Die Kostendieses Krieges beliefen sich am Ende fürGroßbritannien auf die erschreckende Sum-me von 217 Millionen Pfund, also über vierMilliarden Reichsmark. Allein 347.000Pferde hatte der Krieg in drei Jahren ver-braucht.265 Es war der aufwendigste, teuers-te und verlustreichste Kolonialkrieg, den dieBriten je führen sollten. Die Geschichts-schreibung sieht durch ihn eine Wendungmarkiert hin zum „totalen Krieg“, also zu je-ner Kriegsform, die das Gesicht des 20. Jahr-hundert mit geprägt hat.266

···································································Inwieweit wirtschaftliche Gründe für denAusbruch des Kriegs angenommen werdenmüssen, ist seit dem frühen 20. Jahrhunderteine kontrovers und immer wieder disku-tierte Frage, vor allem in der britischen His-toriographie. Interpreten, die diese Theorievertreten, führen an, dass Großbritanniendurch die rapide wachsende WirtschaftTransvaals seine Vormachtstellung im Ex-und Import in Südafrika gefährdet gesehenhabe, oder dass man die Goldreserven Eng-lands auffüllen wollte, um die dominierendeStellung Britanniens auf den Weltfinanz-märkten abzusichern. Eine der meist erör-terten Thesen ist, dass es vor allem die Mi-nenbesitzer der Kapkolonie waren, diedurch steuerliche Belastungen in Transvaalihre Gewinne gemindert sahen, und daherauf eine Ablösung von Präsident Krügerdrängten und die Einsetzung einer Regie-rung, die sich ihren Bedürfnissen und For-derungen gegenüber entgegenkommenderverhielte.267

···································································

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Ob gerade die Minenbesitzer tatsächlich be-reit waren, durch einen Krieg den reibungs-losen Ablauf der Förderung aufs Spiel setz-ten, kann jedoch angezweifelt werden. DasGegenargument gibt zu bedenken, dass al-len Minenbesitzern der Friede die bestenMöglichkeiten bot, ihren Geschäften nach-zugehen. Zudem waren die Minenbesitzeruntereinander vielfach fraktioniert und un-eins in ihren politischen Zielsetzungen.Während sich die großen, britisch domi-nierten Minengesellschaften und die Füh-rung der Consolidated Gold Fields von ei-nem Umsturz in Transvaal langfristig Vor-teile versprachen, sahen jene Minenbesitzerwie Albu oder Goerz, die hauptsächlich aufschnellen Gewinn aus waren und in die„outcrop Minen“ investiert hatten, keineVeranlassung mit dem Burenregime zu bre-chen und sich an ungewissen politischenMachinationen zu beteiligen.268 Zum Teilhatten sie auch ein sehr gutes Verhältnis zuKrüger, insbesondere Barney Barnato. Zahl-reich waren daher ihre Anläufe, auf friedli-chem Weg Reformen in Transvaal zu errei-chen. ···································································Vielleicht ging es daher von britischerSeite bei der Entscheidung, es auf einenKrieg ankommen zu lassen, eher um eineDemonstration eigener Stärke, wie Äuße-rungen von Premier Salisbury nahe legen.Zu vernachlässigen sind sicher auch nichtdie Ambitionen des expansionistisch ge-sinnten neuen Hochkommissar in Kap-stadt, Alfred Milner.269

···································································Tatsache ist jedoch, dass einige Minenbe-sitzer die Reformforderungen an Transvaalderart vehement unterstützten und damitdie Spannungen zwischen der Kapkolonieund den Burenrepubliken so steigerten, dass

ein Krieg in greifbare Nähe rückte. Die Artund Weise wie sie ihre Agitation betriebenund wie weit sie mit den Imperialisten imUmfeld von Rhodes dabei gingen, lenkt denBlick auf die Frage, inwieweit die ökonomi-sche Krise der Chartered Company zur Ver-schärfung der politischen Lage beigetragenhat.···································································Seit ihrer Gründung war die Companynicht aus ihrer prekären finanziellen Lageherausgekommen. 1891 hatte sie bereits dieHälfte von jener einen Million verbraucht,die durch die Ausgabe von Anteilen zur Ver-fügung stand, davon allein 200.000 Pfundfür die berittenen „Polizei“-Kräfte (eigent-lich Rhodes’ Privatarmee).270 1892 brachteneue Belastungen. Im Streit mit EduardLippert wurde nach zähen Verhandlungeneine Einigung erzielt. Lippert verkaufteseine Konzession für 30.000 Anteile derBSAC (mit einem Nominalwert von 1Pfund pro Stück), 20.000 Anteilsscheine ander United Concessions Company und5.000 Pfund in bar an die Company. Zudemerhielt er im Land die „mineral rights“ für75 Quadratmeilen eigener Wahl.271

···································································Zwar hatte die Company damit jetzt auchdie Oberflächenrechte, 1892 war sie jedochfinanziell so stark belastet, dass sie selbst mitden erheblichen privaten Mitteln von Rho-des und Beit nicht zu halten war.272 UmWeihnachten senkte Rhodes die Kostendrastisch, indem er die Zahl der „Polizei“-Kräfte von 650 auf 150 reduzierte.273 Unddoch musste er De Beers um neue finan-zielle Mittel bitten, um die Company amLeben zu erhalten. Dabei war erneut derWiderstand von Barney Barnato zu über-winden, der keineswegs Rhodes’ politischeZiele teilte, sondern das Geldmachen um

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des Geldmachens bevorzugte. Auch dasHaus Rothschild, das gleichermaßen An-teile an der Company wie an De Beers hielt,war gegen eine stärkere Beteiligung von De Beers, und auch Beit stellte sich dage-gen.274

···································································Vorstandssitzungen der Company wa-ren dominiert vom niedrigen Kurs der An-teile, der Druck auf Rhodes wuchs.275 An-fang 1893 hatte Lord William Churchill, der1891 Mashonaland bereist und im Anschlussdurch die Veröffentlichung seiner Ein-drücke den Börsenkurs der Company in denKeller geschickt hatte, eine heftige Ausein-andersetzung mit Nathaniel Rothschild,dem Haupt des Londoner Hauses der Ban-kiersfamilie und dem wichtigsten Finanziervon Rhodes. Churchill nannte Rhodes inGesellschaft einen Schwindler und Masho-naland bankrott, ja er behauptete, in Lon-don würde niemand mehr Rhodes genugGeld leihen, um eine Mine zu gründen.276

Und von Goldfunden in Mashonalandkonnte immer noch keine Rede sein.···································································In dieser Lage nutzte die BSAC 1893 dieAuseinandersetzungen zwischen Lobengulaund einigen seiner Untertanen als Vorwandfür eine Invasion von Matabeleland. Zielwar es, der Company die uneingeschränkteVerfügungsgewalt über ganz Matabelelandzu sichern und durch die Beseitigung desangestammten und bislang nur vielfachübervorteilten Herrschers Sicherheit für In-vestitionen und damit bessere Geschäftsaus-sichten zu schaffen.277

···································································Lobengula, dem man plötzlich Grausam-keiten und Massaker an Untergebenen vor-warf, an denen sich zuvor niemand gestörthatte, wurde aus der Herrschaft vertrie-

ben.278 Die Matabeles hatten den Repetier-gewehren und Maximgeschützen der Trup-pe der BSAC unter Leander Starr Jamesonwenig entgegenzusetzen. Am Ende standen2.000 tote und verwundete Matabele zweitoten Weißen gegenüber. In Großbritan-nien machte der liberale Unterhausabgeord-nete Henry Labouchere „financial jobbery“hinter diesem „so genannten ,Marsch desFortschritts‘“ aus.279 Entlohnt wurde dieTruppe der BSAC Kosten sparend mit dem,was sie erbeuten konnte, mit Land undVieh.280 Dennoch standen 66.000 Pfundfür den Feldzug zu Buche, für die nebenRhodes auch Beit aufkam.281

···································································Vor allem Rhodes’ langfristige territorialePläne hatten durch diesen militärischenCoup auf dem Abkürzungsweg einen be-

König Lobengula, Herrscher der Matabele

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deutenden Fortschritt gemacht, Rhodesienwar der britischen Krone gesichert. Im Ok-tober nahm das Haus Rothschild in Pariswohlwollend den Kursanstieg der Aktiender Charatered Company nach einem„scharfen Gefecht“ mit den Matatabeles zurKenntnis, bei dem etwa hundert von ihnengetötet worden waren.282 Die Company ar-beitete damit jedoch immer noch nicht ren-tabel, denn auch im Rest von Matabelelandfanden sich keine reichen Bodenschätze. ···································································Wovon sich die führenden Köpfe derCompany nun neue Mittel zu versprechenbegannen, um ihre kostspieligen politischenProjekte zu finanzieren, waren Reformen inTransvaal, die den Goldabbau betrafen, unddie geeignet waren, die dortigen Profite zusteigern. Gründe zur Klage fanden sich im-mer neue, zunächst die Besteuerung der Ge-winne aus den Minen, dann die Frage nachdem Dynamitmonopol, schließlich dasWahlrecht, das den in Transvaal ansässigenAusländern vorenthalten wurde.···································································Während die Diamantenproduzenten inder Kapkolonie es vermocht hatten, diekomplette Steuerbefreiung ihrer Industriedurchzusetzen (und das bei einem gleichzei-tig existierenden enormen Staatsdefizit),konnten sie bei Präsident Krüger in Trans-vaal mit diesem Anliegen nicht durchdrin-gen. Er war ein „Boer“ und den Minenbe-sitzern im Grunde seines Herzens abgeneigt,da sie eine andere Welt repräsentierten. Warihm auch bewusst, wie viel sein Land denGoldminen wirtschaftlich verdankte, soblieben ihm deren Betreiber doch immerverdächtig.···································································Vergeblich waren daher auch die Klagender Minenbesitzer über das Monopol für die

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Dynamitherstellung. Der allgegenwärtigeEduard Lippert hatte sich 1887 in Transvaaldieses Monopol gesichert, in einer für denBergbau zentralen Zulieferindustrie.283 DerDynamitverbrauch war enorm, und Lippertstand im Verdacht, die Preise für dieses„Grundnahrungsmittel“ künstlich hoch zuhalten. ···································································Die Klagen über die zu hohen Preise hatteneinen weiteren Hintergrund: den Goldstan-dard im Währungssystem (der bis 1973 be-stand). Durch ihn war nicht nur der Um-tausch von Banknoten der Goldwährungs-länder in eine festgelegte Menge Goldgeregelt, sondern er hatte notwendigerweiseauch einen annähernd festgesetzten An-kaufspreis für das Gold zur Voraussetzung.Dies hatte Vor- und Nachteile für die Pro-duzenten. Der größte Vorteil war die Kalku-lierbarkeit in Bezug auf Kosten und Erträge,die langfristige Planung ermöglichte. Dergrößte Nachteil war, dass die Goldindustriesteigende Produktionskosten nicht ohneweiteres auf den Goldpreis aufschlagenkonnte.284 Die Preise für die Explosivstoffewurden daher von den Minenbesitzern ve-hement als zu hoch kritisiert. Sie liefen beiKrüger Sturm gegen das Monopol, konntensich jedoch auch in dieser Frage keinen Er-folg verbuchen.···································································Dass Krüger hartnäckig alle Reformen ver-weigerte, steigerte ihren Wunsch, stärkerenEinfluss auf die Politik in Transvaal zu neh-men. Um Reformen in ihrem Sinne er zu er-reichen, versuchten sie nun das Wahlrechtfür die „Uitlander“ durchzusetzen. Im Ver-bund mit einem Reformkommittee in Jo-hannesburg begannen sie Druck auf die Re-gierung auszuüben, doch auch dies blieberfolglos.

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Stephanus Johannes Paulus Kru(e)ger (1825‒1904), Präsident der Südafrikanischen Republik (Transvaal), Bildnis aus dem Jahr 1899

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···································································Unter der Behauptung, die Reformen inTransvaal gingen nicht schnell genug voran,fassten nun einige Männer im Umfeld vonRhodes und unter dessen Führung denPlan, durch einen Staatsstreich Krüger zustürzen. Eine militärische Intervention vonaußen sollte Hand in Hand gehen mit einerErhebung der „Uitlander“ in Johannesburg.Revanchegedanken für die Niederlage beiMajuba mögen bei dem ein oder anderenBeteiligten ebenfalls eine Rolle gespielt ha-ben, oder auch schlichte Abenteuerlust.···································································Leander Starr Jameson, die rechte Handvon Rhodes, zog am 29. Dezember 1895 mit600 Mann der Chartered Company nachTransvaal. Durch Kommunikationsproble-me und Jamesons Ungeduld bedingt, schei-terte der „Raid“ blutig und schnell. Jamesonund seine Männer wurden gefangen genom-men, da die Erhebung in Johannesburg aus-blieb. Sie zu erwarten, beruhte auf einer völ-ligen Fehlkalkulation: Viele „Uitlander“waren entweder keine Briten, oder hattengute Einkommen und wollten keine politi-schen Veränderungen, auch weil sie garnicht beabsichtigten, auf lange Sicht imLand zu bleiben. Selbst das Reformkommit-tee war in sich gespalten.···································································Präsident Krüger – soll man ihn weise,taktisch klug oder bauernschlau nennen –bestrafte Jameson nicht selbst, sondernmachte die bei der Verhaftung aufgefun-dene Korrespondenz und die Anschlags-pläne öffentlich, und übergab ihn anschlie-ßend den Briten, die Jamesons Truppe inLondon, peinlich für alle Beteiligten, selbstden Prozess machen mussten. Die britischeRegierung hatte sich sofort von JamesonsAktion distanziert und die Bestrafung der

drei beteiligten britischen Offiziere ange-ordnet. ···································································Wer versucht, einen Staatsstreich in einemanderen Land zu initiieren, nimmt einenKrieg in Kauf. Wer dies ohne Rückende-ckung seiner eigenen Regierung tut undscheitert, riskiert, wegen Hochverrats ange-klagt zu werden. So geschah es mit zahlrei-chen Männern, die an „Rhodes’ Conspiracy“beteiligt waren. Die ausgesprochenen To-desstrafen wurden später allerdings durch-gängig in hohe Geldstrafen umgewandelt. ···································································Der Jameson Raid hatte ebenso ein parla-mentarisches Nachspiel. Ein Ausschuss desbritischen Unterhauses wurde eingerichtet,der zwischen dem 5. Februar und dem 13.Juli 1897 die Vorgänge untersuchte.285 AuchAlfred Beit wurde vorgeladen. Die Befra-gung durch den Ausschuss war der Tief-punkt in Beits Leben. In das Rampenlichteiner parlamentarischen Befragung gezerrtzu werden – es müssen schwarze Stunden imLeben dieses schüchternen Mannes gewesensein, der bei allem vorzog, im Hintergrundzu bleiben.···································································Die führenden Kräfte im Ausschuss und beiBeits Befragung waren William Harcourtund Henry Labouchere. Labouchere war einprinzipientreuer Liberaler, der von natur-rechtlichem Standpunkt aus die Berechti-gung des kolonialen Projekts in Frage stellte,und der kritisierte, dass die Company indi-rekt britische staatliche Gewalt ausübe.286

Beide, Labouchere und Harcourt, hatten alsMitglieder der liberalen Opposition dasZiel, der Company die königliche „Charter“zu entziehen. ···································································Labouchere betrieb ein wöchentlich er-

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Leander Starr Jameson (1853‒1917)

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scheinendes und viel gelesenes Journal mitdem anspruchsvollen Namen „Truth“. Erhatte darin von Beginn an die Arbeit derBSAC kritisch verfolgt. 1891 hatte er derenInitiatoren als eine „gang of speculators andCompany promoters“ gebrandmarkt, dereneinziges Ziel es sei „to ,boom‘ their sharesupon the Stock Exchange of Europe, and tosell for fifty shillings what cost them five –or less“.287 Bereits unmittelbar nach demversuchten Staatsstreich hatte LabouchereJamesons Anschlag mit der Eroberung vonMatabeleland 1893 durch die BSAC in Be-ziehung gesetzt: Er äußerte sofort die Ver-mutung, dass sich in Matabeleland „no pay-ing Gold“ gefunden habe, und dass irgend-ein Coup her musste, um die Companysolvent zu halten.288

···································································Der Vorwurf, den Labouchere nicht nurim Kreuzverhör, sondern auch in seinerRede am 8. Mai 1896 vor dem britischenUnterhaus, so wie in seinem Blatt und in derausländischen Presse gegen Beit erhob, war,dass er den Staatsstreich aus eigensüchtigenkommerziellen Absichten unterstützt habe.Labouchere warf Beit vor, Teil eines Syndi-kats gewesen zu sein, dass im Vorfeld um-fangreiche Aktientransaktionen getätigthabe, in Vorwegnahme der zu erwartendenReaktion der Märkte.289 Labouchere konntediesen Vorwurf jedoch nicht belegen, jamusste ihnen später teilweise sogar zurück-nehmen,290 was von wohlmeinenden Beit-Biographen herangezogen wurde, um Beitvon jeder kommerziellen Absicht bei dem

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Buren-Kommando zur Zeit des Jameson-Raids, Januar 1896

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versuchten Staatsstreich freizusprechen. Indiesen hatte er immerhin, wie er im Laufeseiner Befragung zugeben musste, 200.000Pfund (umgerechnet vier Millionen Mark)investiert, zur Ausrüstung von JamesonsMännern.291 Teile der britischen Öffentlich-keit vermuteten, er habe dieses „Opfer“ inerster Linie gebracht, um „sein eigenes Nestzu polstern“,292 dafür aber die britische Au-ßenpolitik missbraucht. ···································································Wohl, um sich gegen den Vorwurf zu ver-teidigen, die Beziehungen zwischen Groß-britannien und dem Deutschen Reich ge-fährdet zu haben, führte Beit interessanter-weise an, dass er deutscher Staatsbürger sei.Er strich heraus, dass die deutschen und bri-tischen Interessen in Transvaal identischseien, nämlich eine fähige und intelligenteRegierung an der Macht zu sehen – womitman nur eine solche meinen konnte, diefreie wirtschaftliche Betätigung ermögliche.So strich Beit auch heraus, dass durch dieübermäßige Besteuerung der Minen inTransvaal verhindert werde, dass eine ganzeAnzahl kleinerer Unternehmen profitabelbetrieben werden könne.293

···································································Im Übrigen machte Beit während seiner Be-fragung einen eher nervösen und unsicherenEindruck. Laboucheres Gestalt, der leichen-blass, mit eingefallenen Wangen und Au-genhöhlen und dem Blick eines Falken denBewegungen des runden, rosigen, kleinenBeit gefolgt sein soll,294 trug erwartungsge-mäß wenig dazu bei, die Nervosität des Vor-geladenen zu mindern. Als Beit über dierechtliche Bevorzugung der einheimischenBuren Klage führte, und daraufhin aufge-fordert wurde, zu benennen, welche Verän-derungen er wünsche, war er nicht dazu inder Lage. Als er sich über das Minenrecht in

Transvaal beklagte, und mit der Frage kon-frontiert wurde, ob er die Minengesetzge-bung der Chartered Company bevorzugenwürde, wich er aus.295 Dies alles machte ei-nen vorgeschobenen und wenig überzeu-genden Eindruck, der nicht geeignet war,ihn gegen die Vorwürfe zu schützen. AlsStrafe erlegte ihm 1897 das British SouthAfrica Committee des House of Commonsden Rücktritt als Direktor der BSAC auf.Auch Rhodes musste nach der Untersu-chung als Premier der Kapkolonie und alsVorsitzender der Chartered Company zu-rücktreten.296

···································································Immer wieder wird in biographischen Dar-stellungen betont, Beit habe den Weg in diePolitik nur zögernd beschritten – wobei dergeringe Erfolg des Jameson Raids förmlichals ein Zeichen für die Oberflächlichkeit sei-nes Engagements ausgelegt wird.297 DieGründe für Beits Beteiligung an diesem ver-suchten Staatsstreich aufzuklären, wird auf-grund der ärmlichen Quellenlage nichtmehr möglich sein. Ein Biograph von Rho-des schreibt: „What I am conscious of lack-ing (…) is the private correspondence ofseveral of Rhodes’ co-conspirators; AlfredBeit (…) destroyed all incriminating evi-dence.“298 Welche anderen als ökonomischeGründe wären aber plausibel?···································································Im Burenkrieg gab Beit dann große Sum-men für die Ausrüstung der britischen Ka-vallerie (der Imperial Light Horse) und In-fanterie (Imperial Yeomanry) aus, „and be-fore and after the war he poured money intoland settlement, immigration, and kindredschemes for the development of SouthAfrica.“299 Ob man darin versuchte Sühneoder konsequentes Weiterhandeln sehenkann, muss offen bleiben.

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··············································································································································259 Stoecker/Czaya, Expansion, S. 97.260 Fisch, Geschichte, S. 165.261 Ebd., S. 190 f. Für dies und das Folgende Smith, Imperialism, S. 88 ff.262 1888 lebten in Transvaal und im Oranje Freistaat insgesamt 415.639 Einwohner. Davon waren nur etwa136.000 Weiße (ca. 75.000 in der Südafrikanischen Republik und 61.000 im Oranje Freistaat), vgl. Klössel, Repu-bliken, S. 54.

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263 1890 hatte die Regierung Krüger das passive Wahlrecht auf die naturalisierten Bürger beschränkt und denAntrag auf Einbürgerung an eine Mindestresidenz von 14 Jahren in Transvaal gebunden, Terwey, Antisemitismus,S. 36; Lenk, Geschichte, S. 30 f.264 Nasson, South African War, S. 279 und 281; Smith, Origins, S. 3.265 Nasson, South African War, S. 279 und 285.266 Fisch, Geschichte, S. 213 f.267 Vgl. zur Diskussion um die Kriegsgründe allg. Smith, Origins.268 Vgl. ebd., S. 86.269 Vielfach wird der Burenkrieg auch als „Milner’s War“ bezeichnet, etwa bei Pakenham, Scramble, S. 557 ff.270 Galbraith, Crown, S. 256.271 Ebd., S. 275.272 „[T]he promoters [of the BSAC] who talked of large expenditures for the expansion of the British Empire[in 1889] became cost-conscious businessmen“, ebd., S. 256.273 Pakenham, Scramble, S. 392 und 491.274 Beit/Lockhart, The Will, S. 16; Ferguson, Die Rothschilds, S. 431 f.; Galbraith, Crown, S. 262.275 Ebd., S. 262 und 267.276 Ferguson, Die Rothschilds, S. 430.277 Rotberg, The Founder, S. 432; Galbraith, Crown, S. 286 f., 296 und 308.278 Der Rhodes von Herzen abgeneigte Deutsche Heinrich von Lenk schildert in seiner Geschichte Transvaals(1904), S. 143 die Herbeiführung des Krieges 1893, indem er sich auf Krügers Lebenserinnerungen bezieht: „InAfrika wird behauptet, daß [Rhodes] es war, der (…) Lo Bengula mitteilen ließ, die Maschonas hätten Vieh ge-stohlen und Lo Bengula müsse sie züchtigen. Daraufhin sandte Lo Bengula sofort ein Impi (…), um für den RaubSühne zu heischen. Rhodes aber benützte diese Sendung als Vorwand, um nun die Bestrafung Lo Bengulas zu for-dern, weil er die Maschonas ermorden ließe. Wie dem auch sei, Rhodes bekam (…) seinen Krieg“.279 Hind, Labouchere, S. 21.280 Pakenham, Scramble, S. 493; Galbraith, Crown, S. 301.281 Ebd., S. 308.282 Ferguson, Die Rothschilds, S. 430. 283 Rosenbach, Das Deutsche Reich, S. 44.284 Laufer, Südafrikapolitik, S. 36. Vgl. Fisch, Geschichte, S. 190f. auch zu den langfristigen Auswirkungen desGoldstandards für die Wirtschaft in Südafrika.285 Hind, Labouchere, S. 24.286 Ebd., S. 20.287 Galbraith, Crown, S. 266.288 Hind, Labouchere, S. 23.289 Ende 1895 wurden tatsächlich umfangreiche Pakete von Minenanteilen auf den Markt geworfen, so dassdieser ins Schwanken geriet. Nachforschungen brachten kein Ergebnis darüber, ob sie von Besitzern stammten, diein die politischen Pläne eingeweiht waren, Emden, Jews, S. 403.290 Beit/Lockhart, The Will, S. 21.291 Vgl. etwa ebd., S. 18 f.292 Ebd., S. 18.293 Ebd., S. 22 f.294 Fort, Beit, S. 149.295 Beit/Lockhart, The Will, S. 23. 296 Boyd/Phimister, Beit, S. 857; Beit/Lockhart, The Will, S. 19.297 Ebd., S. 18.298 Rotberg, Founder, S. XII. Vgl. auch Smith, Origins, S. 85 f.299 Boyd/Phimister, Beit, S. 857; Fort, Beit, S. 161.··············································································································································

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···································································Der Überfall von Jameson führte zu einerernsten diplomatischen Krise zwischen demDeutschen Reich und Großbritannien undverschlechterte nachhaltig das beiderseitigeVerhältnis. Kaiser Wilhelm II., von seinenMinderwertigkeitsgefühlen wie von demWunsch getrieben, Anerkennung bei denBriten zu erzwingen, hatte es sich in seinerundiplomatischen Art nicht nehmen lassen,der Regierung Krüger zu ihrem Erfolg zugratulieren und dabei das Reich implizit alsSchutzmacht der Buren dargestellt („Krü-ger-Depesche“). Mit ihrem ungeschicktenAgieren brachten Kaiser und Reichsleitungdas Reich an den Rand eines Krieges mitdem Empire und förderten, in diametralemGegensatz zu ihren außenpolitischen Ab-sichten, die Annäherung der rivalisierendenKolonialmächte Großbritannien undFrankreich.···································································Auch der Kaiser identifizierte kapitalkräf-tige Kreise als die Drahtzieher hinter demÜberfall. In einer Randnotiz auf einem Be-richt des deutschen Generalkonsuls ausKapstadt bezeichnete er ihn als „eine großeBörsenjobberei[,] von deutschen Juden an-gestiftet“300, und in einem Brief an QueenVictoria nannte er ihn das Werk der „Gold-gräber“.301

···································································

Mitte der 1880er Jahre hatte das DeutscheReich begonnen, sich dem südlichen Afrikamit verstärktem Interesse zuzuwenden.302

Das bedeutende ökonomische Potential derRegion hatte frühzeitig das Interesse auchdeutscher Investoren auf sich gezogen, derDiamanten-Boom Anfang der 1870er Jahreund der zweite Boom nach der Entdeckundes Goldes am Witwatersrand 1886 hattendies noch gesteigert. Insbesondere am„Rand“ stiegen deutsche Investoren ein, ab1889 vor allem die Deutsche Bank unter Fe-derführung von Georg Siemens, danebenAdolf Goerz aus Berlin und die DresdenerBank. Mit gemeinsamen Kräften errichteteman das erste Elektrizitätswerk, das in denersten beiden vollen Geschäftsjahren 1894und 1895 traumhafte Renditen von 35 und50 Prozent abwarf.···································································Bereits 1885 hatte das Reich im Rahmenvon Bismarcks überraschender kolonialpo-litischer Wende einen Freundschafts- undHandelsvertrag mit Transvaal abgeschlos-sen, der den politischen Rahmen für dasdortige Engagement der deutschen Wirt-schaft bildete. Die Bemühungen führenderKreise des Landes um ein enges Verhältniszum Deutschen Reich und ihre Bereitschaft,deutschem Kapital in starkem Maß das Ein-dringen in die Wirtschaft des Landes zu er-lauben, war gespeist von der Furcht vor der

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übermächtigen britischen Kolonialmacht.Grundlage für die Kooperation mit demDeutschen Reich war dessen Konkurrenzmit Großbritannien. Wie nicht anders zuerwarten, und vielleicht von Bismarck auspolitischem Kalkül erwogen, interpretiertedas Empire die deutsch-transvaalische An-näherung als eine Protektionserklärung undals eine direkte Herausforderung der briti-schen Hegemonie in Südafrika.303 Dies warnicht verwunderlich, hatte sich doch Krügerim Juli 1884 bei einem Vortrag vor der Ge-sellschaft für deutsche Kolonisation zum„moederland, Duitsland“ bekannt, zum„Mutterland Deutschland“ – wenn auch inerster Linie aus politischem Kalkül und imGegenzug zu den Glückwünschen der An-wesenden zum Sieg der Buren von 1881.304

Der deutsche Historiker Heinrich vonTreitschke erkannte im gleichen Jahr in ei-nem Aufsatz über deutsche Kolonialpolitikdie Buren als „stammverwandte“, nieder-deutsche Teutonen.305

···································································Das Deutsche Reich entwickelte zuneh-mendes Interesse an Transvaal. Zeichenhierfür war das wachsende Handelsvolu-men. In der Dekade nach dem Boom vomWitwatersrand 1886 verzehnfachte sich derdeutsch-burische Warenaustausch, im Jahr1894 erreichten die Exporte ein Volumenvon sechs Millionen Mark.306 Die Fertigstel-lung der Eisenbahnstrecke von Pretorianach Lourenco Marques 1895 wurde mit ei-nem rauschenden Fest gefeiert und Präsi-dent Krüger besuchte aus diesem Anlass dasdeutsche Kriegsschiff „Condor“, das in derDelagoabai ankerte.307 Die deutsche Regie-rung begann, Transvaal als künftige deut-sche Einflusssphäre zu betrachten. ···································································Dem Jameson Raid und der „Krügerdepe-

sche“ folgte dann jene ernsthafte Abküh-lung im deutsch-britischen Verhältnis, dieim Grunde bis zum Ausbruch des ErstenWeltkriegs reichte. Sie führte auf Seiten derdeutschen Führung allerdings auch zu derErkenntnis, dass, wenn es hart auf hart gin-ge, man aufgrund der britischen Flotten-überlegenheit nicht wirklich in der Lage seinwürde, zu Gunsten der Buren einzugrei-fen.308 Während auf Regierungsebene dieBurenromantik Treitschke’scher Prägungder Ernüchterung Platz machte, trieb sie zuZeiten des Burenkrieges in Teilen der deut-schen Öffentlichkeit wilde Blüten, vor allemim „Alldeutschen Verband“ oder im Umfelddes „Bundes der Landwirte“.309

···································································Deutsches Kapital fasste in Transvaal be-sonders in jenen Bereichen Fuß, in denenburische Unternehmer oder der Staat domi-nierten, im Verkehrswesen (Eisenbahnbau),in der Baustoff- und Mühlenindustrie sowiein der staatlichen Finanzwirtschaft.310 Einezentrale Rolle nahm dabei Eduard Lippertein, der Cousin und geschäftliche Widersa-cher Alfred Beits. Neben dem Dynamitmo-nopol, das er sich gesichert hatte, errichteteer 1890 in Transvaal die erste Zementfabrik,in Daspoort bei Pretoria.311 Er war ein Ver-trauter von Präsident Krüger und beteiligtam Aufbau der Nationalbank (NationaleBank de Zuid-Afrikaansche Republik).312

Zudem bemühte er sich erfolgreich um Re-gierungskonzessionen für die Diamantener-schließung und produzierte in der Nähe vonJohannesburg Holz für den Bergbau.313

···································································Lipperts Monopol für die Dynamither-stellung bot, wie gesehen, reichlich Kon-fliktstoff. An diesen Konflikten wird aberauch deutlich, dass wirtschaftliche und han-delspolitische Auseinandersetzungen nicht

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allein in nationalen Kategorien gedeutetwerden können. Lippert verteidigte seinMonopol über Jahre und mit wechselndemErfolg gleichermaßen zunächst gegen dieInteressen deutscher wie britischer Investo-ren und dann gegen die Minenbesitzer vorallem aus der Kapkolonie.314 Auch Lipperttrieb vor allem der Wunsch nach Gelder-werb, nicht aber Burenromantik. Er veräu-ßerte seine Konzession an französische In-vestoren, denen im Rahmen einer schutz-zollpolitischen Wende der Burenrepublikendas Recht eingeräumt wurde, alles zur Fabri-kation Notwendige zollfrei einführen zudürfen, wenn sie sich im Gegenzug ver-pflichteten, ausschließlich im Land zu pro-duzieren. Dass die Franzosen sich aufgrundder starken Nachfrage nicht an ihre Verträgehielten, sondern ihre zollrechtliche Sonder-stellung nutzten, um als Rohstoffe getarnte,fertige Sprengstoffe zollfrei zu importieren,hat Lipperts gutem Verhältnis zu Krüger an-scheinend nicht geschadet.···································································Vielfältig waren die internationalen Ver-flechtungen und Beteiligungen der wirt-schaftlichen Akteure, vielschichtig dadurchauch die Gemengelage der Interessen. ImKonfliktfall allerdings drängten sich die In-teressentengruppen an ihre jeweiligen Aus-wärtigen Ämter heran und versuchten fürsich den Schutz des jeweiligen Heimatlan-des in Anspruch zu nehmen.···································································Gerade Hamburger Kaufleute scheutenKonflikte mit Großbritannien, schon auf-grund der traditionell engen Handelsver-bindungen zur Insel, wo die Hauptabneh-mer der in Hamburg gehandelten Warensaßen. In der Hansestadt lebte man zudemin dem Bewusstsein, dass im Kriegsfall dieübermächtige britische Flotte den für die

Stadt lebensnotwendigen internationalenSchifffahrtsweg auf der Nordsee und in dieElbe hinein blockieren würde.315 Da AlfredBeit in den deutsch-britischen Auseinander-setzungen auf der Seite Englands, EduardLippert hingegen auf seiten Paul Krügersstand, und beide entgegen gesetzte Interes-sen vertraten, kursierte in Hamburg, wieWerner von Melle in seinen Erinnerungenkolportiert, die scherzhafte Bemerkung desRechtsanwalts Dr. Scharlach, der Buren-krieg sei letztlich auf die Auseinanderset-zung zweier Hamburger zurückzuführen.316

···································································Beit war eng verbunden mit dem imperia-len Projekt der Briten im südlichen Afrika,sein Engagement hatte jedoch auch eine ge-schäftliche Dimension. Seine Identitätstand dadurch in vielfältiger Weise unterSpannung. Beits verunglückte Teilhabe amJameson Raid wurde ihm in der britischenÖffentlichkeit negativ ausgelegt. Er galtjetzt als intriganter, habgieriger Plutokrat –eine Deutung, die sich nach Ausbruch desBurenkrieges und durch dessen quälendenVerlauf noch verstärkte. Die Randlords wur-den jetzt auch als fremde, kapitalistische Ju-den dargestellt, die die britische Außenpoli-tik in ihrem Sinne zu manipulierenversuchten.317 Bereits die historisch ersteTheorie, welche die Verfolgung wirtschaft-licher Interessen für den Ausbruch des Bu-renkrieges verantwortlich machte und dievon John Atkinson Hobson vertreten wur-de, war getragen von einer antisemitischaufgeladenen Kapitalismuskritik.318

···································································Beits imperiales Engagement und auchsein geschäftliches Streben im südlichenAfrika haben, wie die Krüger-Depeschezeigt, den deutsch-englischen Gegensatzmindestens indirekt befördert. Auf der an-

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deren Seite war gerade Beit, wohl bedingtdurch seine deutsche Herkunft wie auchseine über Jahrzehnte gewachsene Verbin-dung zu England, um einen Ausgleich zwi-schen Empire und Reich bemüht. ···································································Die deutsch-britische Entfremdung hattenach 1896 vor allem durch die deutscheFlottenpolitik immer tiefere Züge ange-nommen. Nicht nur im Reich entstand einimmer abwertenderes Bild der Briten, auchin Großbritannien gab es eine starke anti-deutsche Partei und unfreundlich geson-nene Presse.319 Im April 1904 waren die ko-lonialen Erzrivalen Großbritannien undFrankreich in einer entente cordiale überein-gekommen. Der Versuch von deutscherSeite, die neue Gemeinsamkeit zu sprengenund sich den alten kolonialen Gegensatz zuNutze zu machen, scheiterte 1905 in der Ers-ten Marokkokrise grandios. Die deutsch-britische Entzweiung wurde zementiert unddie deutschen außenpolitischen Unge-schicklichkeiten und Misserfolge nahmenbis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegskein Ende. In Frankreich gab es währendder Marokkokrise ernsthafte Kriegsvorbe-reitungen, da man befürchtete, Deutsch-land wolle sich die momentane Schwächungvon Frankreichs Bündnispartner Russland(im Krieg gegen Japan 1904/05) zunutze ma-chen. ···································································Diese Situation war für Beit ausgesprochenBesorgnis erregend, war er doch von der Not-wendigkeit eines deutsch-britischen Ein-vernehmens überzeugt. Beit finanzierte zudieser Zeit eine Zeitung mit dem Titel „An-glo-German Courier“ und gründete 1905gemeinsam mit Sir Edgar Speyer und Sir Er-nest Cassel den „Anglo-German UnionClub“, um die Beziehung der beiden Län-

der zu fördern.320 Wilhelm Bode schreibthierzu: „Durch sein finanzielles Genie unddas außerordentliche Vermögen, das [Beit]ihm verdankte, hatte er auch politisch eineStellung erlangt, die dem einfachen und be-scheidenen Manne sehr wenig nach demSinn war. Er hat sie seinem gutherzigen, lie-benswürdigen Charakter entsprechend zubenutzen gesucht, um Not zu lindern,Schwierigkeiten auszugleichen, vor allem dieRivalität zwischen England und Deutsch-land in die gesunden Bahnen ersprießlicherKonkurrenzarbeit lenken zu helfen.“321

···································································Eine deutsch-britische Entente hätte Beitder seit 1904 existierenden vorgezogen. Viel-leicht erwuchsen ihm aus diesem Wunschaber auch illusionäre Vorstellungen über dieSpielräume der deutsch-britischen Bezie-hungen. In jedem Fall war Beit, der 1898 diebritische Staatsbürgerschaft angenommenhatte, durch seine Auffassung und durch diegesellschaftliche Stellung, die er erlangthatte, ein attraktiver Gesprächspartner fürdie deutsche Seite, insbesondere für den intragischer Weise gleichermaßen anglophi-len wie anglophoben Wilhelm II.322

···································································Obwohl er 1903 auf einer Reise nach Rho-desien einen Schlaganfall erlitten hatte undnoch immer gesundheitlich geschwächtwar,323 reiste Beit Ende 1905 nach Paris undhatte dort im November eine Unterredungmit Premierminister Maurice Rouvier, mitdem er die deutsch-französischen Spannun-gen in der Marokkofrage besprach. An-schließend reiste er weiter nach Potsdam,wo ihn am 29. Dezember der Kaiser emp-fing.···································································Nach der über zweistündigen Unterredunggab sich Beit Freunden gegenüber optimis-

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tisch, dass sie zur Verbesserung des deutsch-britischen Verhältnisses beitragen könne,wenn er auch inhaltlich nicht über das Be-sprochene ins Detail ging.324 Was zwischendem Kaiser und Beit besprochen wurde,wäre wohl auch geheim geblieben, hätte esnicht Fürst Bülow, seinerzeit Außenministerdes Reichs, in seinen 1930 veröffentlichtenErinnerungen für passend befunden, jenenvertraulichen, langen Brief wiederzugeben,den Wilhelm II. ihm im Anschluss an dieAudienz am 31. Dezember 1905 zugesandthatte.325

···································································Sowohl Bülow als auch der Kaiser standenBeit mit deutlicher innerer Reserve gegen-über. Bülow überschrieb die betreffendenSeiten seiner Erinnerungen mit „WilhelmII. und der Spekulant“, der Kaiser selbstapostrophierte Beit in seinem Brief als den„berüchtigte[n] Börsenfreund und Speku-lant[en] of H[is] M[ajesty] E[dward] VII.“Beide scheinen Beit irrtümlich zur Entou-rage Edwards zu zählen, der sich zwar gernmit reichen Leuten umgab, Beit jedochnicht in seinen Kreis gezogen hatte.326

···································································Äußerer Anlass für die Audienz war diePräsentation des Katalogs von Beits Kunst-sammlung, den Wilhelm Bode 1904 für ihnerstellt hatte. Wilhelm II. revanchierte sichmit einer Führung durch die WohnräumeFriedrichs II., wovon Beit sich tief beein-

druckt zeigte. Im Anschluss entspann sicheine lange und eingehende Unterhaltungüber das deutsch-britisch-französische Ver-hältnis. ···································································Beit erscheint in Wilhelms Schilderung alsVermittelnder, stets ehrlich bestrebt, Be-fürchtungen des Kaisers in Bezug auf eineKriegsbereitschaft Englands zu zerstreuen,ehrlich empört über manche Äußerung derPresse in London oder Paris, die zur Ver-schärfung der Spannungen zwischen denGroßmächten beigetragen hatte. Beit ver-spricht, in London im Rahmen seiner Mög-lichkeiten auf eine Verständigung hinzuwir-ken. ···································································Wilhelm hingegen zeigt sich von denkriegstreiberischen Absichten in Londonund Paris überzeugt und versucht seinerseitsdie Kriegsbefürchtungen Frankreichs als un-begründet darzustellen. Vor allem geht erdavon aus, im Gespräch mit Beit wertvolleneue Informationen erhalten zu haben –dies der eigentliche Anlass für ihn, so aus-führlich an Bülow darüber zu berichten.Wilhelms weit- und fehlgehende Interpreta-tionen hier im einzelnen zu bewerten,würde zu weit führen, hervorzuheben ist je-doch, dass er Beit offensichtlich als einenMann sah, der über wichtige politische In-formationen verfügte. Hierin hat ihn derKaiser möglicherweise überbewertet.327

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··············································································································································300 Laufer, Südafrikapolitik, S. 213.301 Röhl, Wilhelm II., S. 872 und 880 f., zur Krüger-Depesche und ihren Folgen S. 871 ff. – Teile der deutschenÖffentlichkeit teilten diese Sicht, vgl. Bender, Burenkrieg, S. 53 ff.302 Zur deutschen Südafrikapolitik zwischen 1890‒1898 und 1896‒1902 vgl. die Studien von Laufer undRosenbach. Für das Folgende Rosenbach, Das Deutsche Reich, S. 38ff. und Stoecker/Czaya, Expansion, S. 95 ff. 303 Rosenbach, Das Deutsche Reich, S. 28 f.304 Ebd., S. 30 f.305 Stoecker/Czaya, Expansion, S. 98 f.; Rosenbach, Das Deutsche Reich, S. 31. Auch zeitgenössische Werke, diesich an Auswanderer und im Außenhandel tätige Kaufleute richteten, beteiligten sich an der Idealisierung der Bu-ren, vgl. Klössel, Republiken, S. 54 f.306 Rosenbach, Das Deutsche Reich, S. 39; Stoecker/Czaya, Expansion, S. 98. 307 Laufer, Südafrikapolitik, S. 82 ff.; Stoecker/Czaya, Expansion, S. 98f.; Rosenbach, Das Deutsche Reich, S. 35.308 Zum Wandel der deutschen Südafrikapolitik nach 1895⁄96 Rosenbach, Das Deutsche Reich.309 Vgl. Laufer, Südafrikapolitik, S. 131 ff.; Rosenbach, Das Deutsche Reich, S. 23 und zur Presse Bender, Bu-renkrieg.310 Stoecker/Czaya, Expansion, S. 95 ff.311 Ebd., S. 98.; vgl. hierzu auch Cartwright, Corner House, S. 112 f.312 Vgl. hierzu auch ebd., S. 113 ff.313 Matabeleland Travel Letters, S. ii.314 Böhm, Großkaufleute, S. 46ff. – Zu dem verwirrenden Interessengeflecht in Bezug auf die Dynamitfragevgl. auch Rosenbach, Das Deutsche Reich, S. 143 ff.315 Vgl. hierzu Böhm, Großkaufleute.316 Melle, Dreißig Jahre, S. 367 f.317 Straelen, Alfred Beit, S. 12; vgl. zur Belebung des britischen Antisemitismus im Gefolge des BurenkriegesTerwey, Antisemitismus, S. 28 ff.; zum Antisemitismus in Südafrika Wheatcroft, Randlords, S. 53.318 Vgl. Terwey, Antisemitismus, S. 51 ff.319 So auch Fort, Beit, S. 180.320 Kennedy, Rise, S. 304.321 Bode, Beit als Sammler, S. 483 f.322 Fort, Beit, S. 76 f. und 180 f.323 Beit/Lockhart, The Will, S. 26 f.324 Fort, Beit, S. 181 und 194.325 Bülow, Denkwürdigkeiten, S. 190-196.326 Vgl. Camplin, Rise.327 Nach seiner Rückkehr nach England hatte Beit wiederum eine lange Unterredung mit Lord Esher. Esher,Mitglied des Committee of Imperial Defence und persönlicher Freund König Edwards, der auch ein Freund Beitsund häufiger Gast in Park Lane war, hat in seinen Tagebüchern im Groben den Gehalt des Gesprächs bestätigt,wie Wilhelm ihn Bülow geschildert hat, vgl. Lockhart/Beit, The Will, S. 30; Fort, Beit, S. 184.··············································································································································

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Kunstsammler ···································································Bereits 1888, und damit nach nur vierzehnJahren in Südafrika, nahm Beit seinen Haupt-wohnsitz in London. Pracht und Reichtumder „Imperial City“, wie auch die Men-schenmassen und die Armut der Weltmetro-pole standen in starkem Kontrast zu der ko-lonialen Welt und zu den staubigen Weiten,in denen Beit die vorangegangenen Jahreseines Lebens verbracht hatte.···································································Anfangs nahm Beit lediglich ein Zimmer

in der Ryder Street (an St. James’s Street)und arbeitete in der City im Büro vonWernher, Beit & Co, sowie zugleich als Di-rektor von De Beers und der CharteredCompany.328 Wiederholt reiste er von Lon-don aus für längere Zeit nach Südafrika.···································································Später erwarb er ein Grundstück in ParkLane, auf dem er zwischen 1894 und 1897329

ein mittelgroßes Haus mit zwei Oberge-schossen „in einem nicht zu beschreibendenStil“330 errichten ließ, dem in deutscher Ma-nier ein Wintergarten angefügt war, der von

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Beit in London

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Aldford House, Alfred Beits Sitz in 26 Park Lane, London

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der Firma Jürgens in Hamburg stammte.331

Architekten des Hauses waren ThackerayTurner und Eustace Balfour,332 der „Grosve-nor estate architect“, den Beit beauftragenmusste.333 Das Ergebnis beschrieben die ei-nen schmeichelnd als den wichtigsten Neu-bau der letzten Dekade („the most importanttown house to be erected in London duringthe last decade“)334 oder als ein „extraordi-narily substantial house“.335 Böse Zungenhingegen kritisierten es als „a cross betweena glorified bungalow and a dwarf Gothiccountry mansion“336 – eine Kreuzung aus ei-nem zu prächtigen Bungalow und einemZwerg-Landhaus in gotischem Stil. ···································································Dies Haus, dem es an äußerer Einheitlich-keit mangelte aufgrund der exzessiven Refe-renzen an historische Stile,337 lag an einerausgesprochen gesuchten Londoner Adres-se. London, „Banker of the World“, wurdein jenen Jahren immer mehr zum bevorzug-ten Wohnort von Männern, die im Aktien-und Finanzgeschäft, mit Diamanten undGold oder als Industrielle ihr Vermögen er-worben hatten. Darunter befand sich eineansehnliche Gemeinde Deutschstämmiger,neben Edgar Speyer (aus New York), RobertMond (Farnworth) und Henri Bischoffs-heim (Amsterdam), Hirsch (München), Er-nest Cassel (Köln), Sigismund Neumann(Fürth), Schröder, Ellermann, Carl Meyerund Beit (alle aus Hamburg), Max Michae-lis (Eisfeld), Julius Wernher (Darmstadt),George und Leopold Albu (née Blau, Ber-lin)338 sowie Hermann und Friedrich Eck-stein (Stuttgart-Hohenheim).339

···································································Sie waren im Diamanten- und Goldge-schäft im südlichen Afrika durch eine harteSchule gegangen und dabei, teils unter aben-teuerlichen Bedingungen, enorm reich ge-

worden. Nun drängten sie in die LondonerOberschicht. So war es nicht erstaunlich,dass ein Kritiker von Beits Neubau schrieb,bemerkenswert an Aldford House (26 ParkLane) sei nur, dass es so sehr danach aussehe,was es sei: „the African lodge transplanted toMayfair“340 – ein Fremdkörper in der gutenGesellschaft. Neben Beit unterhielten auchBarnato, Robinson, Cassel, Albu und Fried-rich Eckstein ihre prachtvollen Domizile inPark Lane.341

···································································Viele von ihnen kamen aus eher beschei-denen Verhältnissen, Barnato gar aus einemechten Elendsviertel, dem Londoner White-chapel.342 Doch nicht nur der familiäre Hin-tergrund fehlte ihnen für eine reibungsloseAufnahme in die Londoner Oberschicht,einige dieser Männer hatten auch als Ge-schäftsmänner einen eher zweifelhaften Ruf.Andere waren zudem von legendär schlech-ten Manieren. J. B. Robinson konnte sichnicht laut genug über die Pracht seiner eige-nen Behausung und seines jetzigen Lebenswundern, nachdem er so lange auf demblanken Boden unter einem Zelt geschlafenhatte. Als Lloyd George später dem briti-schen König antrug, Robinson in den höhe-ren Adelsstand zu erheben, wies George V.dies Ansinnen als eine Beleidigung der Kro-ne zurück.343

···································································Auch der zurückhaltende Beit war nichtgegen Anflüge von großspurigem Auftretengefeit. Als der Besitzer des Grundstücks inPark Lane, der Duke von Westminster, wäh-rend der mühsamen Pachtverhandlungenzur Bedingung machte, man müsse auf demGelände mindestens ein Gebäude im Wertvon 10.000 Pfund errichten, gab ihm Beitzur Antwort, diese Summe werde er alleinauf die Pferdeställe verwenden.344

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···································································Besonders der Erwerb von Landhäusernwurde zu einer symbolischen Strategie derhomines novi, sich in der britischen Ober-schicht zu verankern. 1902 kaufte Beit sei-nen Landsitz Tewin Water nahe Welwyn inHertfordshire, unweit von London. DasHaus, um 1800 im Regency Stil gebaut, waransprechend an einem kleinen Flusslauf ge-legen. Im Inneren hatte man jedoch ge-schmacklose Italienisierungen vorgenom-men.345 Beit erwarb das Haus vom Bruderdes Bischofs von Mashonaland. Der Über-lieferung nach kaufte er es nach einer Wo-chenend-Aufenthalt dort, bezaubert von derAtmosphäre und Umgebung. Er übernahmdas Haus, das nicht weit von Luton Hoo lag,dem Landsitz von Julius Wernher, mit sämt-lichen Möbeln, sämtlichem Hausrat, mitDienern und Pferden.346

···································································Über Beits Privatleben ist wenig bekannt –er war auch in diesem Punkt von großer

Diskretion. Beit war von ausgesprochenstarkem Familiensinn. Die erhaltene Korre-spondenz spiegelt diesen und noch mehr diestarke Bindung Beits an seine Mutter, diesich trotz der räumlichen Trennung auchüber die Jahre unvermindert erhielt.347 Viel-fach wird sie als die Frau beschrieben, dieBeit in seinem Leben am meisten geliebthabe. Während seiner Jahre ein Südafrikazog er sich, inmitten aller geschäftlichen Be-anspruchungen, einmal wöchentlich zu-rück, um seiner Mutter zu schreiben, ob-wohl er dafür keine rechte Begabung besaß.Wie es in einer frühen Biographie und in ei-ner Familien-Chronik heißt, waren BeitsBriefe auf der einen Seite uninteressant undenttäuschend, weil sie wenig über sein Le-ben in Südafrika aussagen und von seinenErfahrungen dort.348 Auf der anderen Seitezeugen sie von seiner großen Anhänglichkeitan sein Zuhause und alles, was damit zu tunhat. Inhaltlich beschränken sie sich auf Fa-milienangelegenheiten, nicht selten enthiel-

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Alfred Beits Landsitz in Hertfordshire

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ten sie Geldgeschenke und Instruktionenüber die Verwendung der Mittel für Vergnü-gungen oder Neuanschaffungen aller Art.349

···································································Bei seinem ersten Besuch aus Südafrika er-füllte Beit sich einen Kindertraum undschenkte seiner Mutter eine Kutsche undPferde.350 1890/91 dann ließ er ihr am Mit-telweg 113 ein prächtiges neues Haus bauenund zwar durch seinen Schwager, den Ar-chitekten Gustav Zinnow.351 Mosaikfußbo-den, Stuckdecken, Täfelungen aus Eichen-holz, die in Bronze gegossenen Baluster desTreppengeländers, all dies verströmte die er-drückende Pracht der Gründerzeit. DieWände des Windfangs wurden mit dunk-

lem Marmor verkleidet, die Kassettendeckefarbig bemalt und ein umlaufender Eroten-fries mit Darstellungen vom Triumph desMerkur und der Gewinnung von Metallenerinnerte an den Triumph des Sohnes.352

···································································Dass Beit unverheiratet blieb, hat in derzeitgenössischen Presse und in historiogra-phischen Werken zu Spekulationen übereine etwaige Misogynie oder Homosexuali-tät Beits geführt. Tatsächlich hatte er jedochwohl eine langjährige Beziehung zu einerverheirateten Frau namens Eliza(beth) „Con-nie“ Bennett, deren Mann in Kimberley einLadeninhaber gewesen sein soll. Mrs. Ben-nett übersiedelte wie Beit 1888 nach Lon-

Alfred Beit mit seinem frühen Biographen Seymour Fort auf seinem Landsitz Tewin Water

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Das Treppenhaus, verziert mit vier Gemälden zu Zitaten aus Goethes Gedicht „Euphrosyne“

Die Villa Beit am Hamburger Mittelweg 113 (Seitenansicht)

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don, wo sie im Januar (mutmaßlich) die ge-meinsame Tochter, Olga, zur Welt bringensollte (die „Queenie“ genannt wurde). Wäh-rend Beits Londoner Jahre lebte Mrs. Ben-nett ebenfalls in der Stadt, wenn auch nichtmit Beit unter einem Dach, sondern in derNähe von Hyde Park. Es gibt Spekulationendarüber, dass Beit auf eine Heirat verzichtethabe, da er sich in Südafrika mit Syphilis in-fiziert habe.353 Familienkorrespondenz ausden 1970er Jahren deutet jedoch eher daraufhin, dass eine Scheidung der Bennetts, diefür eine neuerliche Heirat Voraussetzung ge-wesen wäre, nicht möglich war: Mr. Bennettsoll Insasse einer Heil- und Pflegeanstalt ge-wesen sein.354

···································································So lebte einer der reichsten JunggesellenLondons lediglich mit zwei anderen stetenBegleitern unter einem Dach: mit seinemSekretär, Franz Voelklein, ebenfalls ein Cou-sin von ihm, und mit seinem geliebten Fox-terrier Jackie.355 Eine von Voelkleins Aufga-ben war es, die Flut an Bittschriften undBettelbriefen zu bewältigen, die an Beit ge-richtet wurden.···································································Längst waren es nicht nur geschäftliche

und politische Dinge, die Beit bewegten.Seit er in London lebte, legte er sich eineumfangreiche Sammlung vor allem hollän-discher und englischer, aber auch spanischerund französischer Meister zu.356

···································································Unter Beits Bildern befanden sich zweiWerke von Metsu, zwei van Dycks, zweiFranz Hals’, drei Jan Steens, vier Rembrandts(von denen zwei heute allerdings als Werkevon Schülern gelten), zwei Vermeers (darun-ter „Briefschreiberin und Dienstmagd“),Werke von Murillo und acht Gainsbo-roughs. Bei zahlreichen der italienischenMeisterwerke, etwa den drei Tintorettosund fünf Francesco Guardis, welche dieBeit’sche Sammlung später umfasste, ist un-klar, ob sie noch von Alfred oder bereits vonseinem Bruder Otto erworben wurden.357

Neben Ölgemälden sammelte Beit auch(Renaissance-)Bronzen, spanisch-maurischeFayencen, japanische Schwertzierrate undDrucke.358

···································································Wilhelm Bode beschreibt das Innere vonBeits Haus in Park Lane als „stilvoll undreich, aber ohne jeden Prunk und vor allembehaglich“: „Die Halle zeigt Renaissancestil

Detail aus dem Wandschmuck im Eingangsbereich

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und hat in einem prächtigen Marmorkaminvon Rovezzano, einem stattlichen Doppel-porträt von Veronese und einigen klassi-schen Florentiner Möbeln und Bronzen dievornehmste Ausstattung, die reicher Blu-menflor farbig belebt. Alle anderen Räumedes Erdgeschosses sind im Regencestil gehal-ten, die kleineren Räume des ersten Stockehaben dagegen einfachere moderne engli-sche Einrichtung (…). Sämtliche Zimmersind mit Kunstwerken ausgestattet. In demArbeitszimmer sind die Wände mit der be-kannten Folge der Geschichte des verlore-nen Sohnes von Murillo aus der SammlungDudley bedeckt. Das Eßzimmer schmückeein paar stattliche Damenbildnisse von Nat-tier. Der vordere Drawing Room enthältausschließlich englische Gemälde des 18.Jahrhunderts, meist Porträts, sämtlich Meis-terwerke von Sir Joshua Reynolds, Hopner,

Romney und so fort. Das anstoßende Zim-mer, mit dem Ausblick in den Wintergar-ten, enthält als Wandschmuck die gewähl-testen Bilder der holländischen Genremaler,darunter zwei der schönsten Bilder Metsus:den ,Briefschreiber‘ und die ,Briefleserin‘,die ,Milchmagd‘ von N. Maes, den bekann-ten ,Brief‘ [Briefschreiberin und Dienst-magd, HA] von Jan Vermeer, mehrere Ge-mälde von A. van Ostade von ähnlicherQualität und andere mehr. Das Billardzim-mer birgt an den Wänden verschiedenegroße Landschaftsgemälde, welche nachQualität als die Meisterwerke von JacobRuisdael, Hobbema, und Willem van deVelde bezeichnet werden können. In denoberen Zimmern sind Jan Steen, Ph. Wou-werman, Rembrandt (darunter ein spätesherrliches Porträt), Isaac van Ostade, JacobRuisdael, D. Teniers und anderen Werkevon ähnlicher Trefflichkeit aufgestellt. DerSammlung der Gemälde kommt die derMajoliken an Zahl und Güte gleich“.359

···································································Eine andere Schilderung lautet: „On ente-ring, one found oneself in a dimly lightedhall, with a door on the right leading to thedrawing-room. This was the largest room inthe house, on its left-hand walls were hungall the larger pictures. At the end, in a sortof bay, were some of the smaller pictures andcases containing rare specimens of jewelleryand other minor objets d’art. This bayopened into a winter garden, which was theonly one of its kind certainly in Mayfair.Here was a rockery and a fountain on oneside, and a palm grove on the other. Tessel-lated pavements, brown rocks, and greenferns were all intermingled. It was an abodeof dim coolness and sheltered silence, and asilence made noticeable by the vague humof the world outdside. On the left of the hall

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Jan Vermeers „Briefschreiberin und Dienstmagd“

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was the dining-room (…). Adjoining thiswas the billard room, and on ascending asmall flight of stairs, one came to Beits’s suiteof rooms – his bedroom, bathroom, and hisown particular sanctum. This was a smallroom, containing a few selected pictures andart treasures, and his book-cases (…).“360

···································································Den Anstoss zum Sammeln von Kunstwer-ken hatte Beit die Errichtung des Hambur-ger Hauses für seine Mutter gegeben. Fürdie Innenausstattung wünschte er teilweisealte Einrichtungsgegenstände, und Bode be-schaffte ihm Renaissancemöbel, persischeTeppiche, gute und dekorative Gemälde ausItalien, und als Wandschmuck Majoliken,Emaillen und Bronzen aus der in Londonangebotenen Sammlung Falcke. „Dieser1892 gemachte Ankauf“, so Bode, „aus demBeit die wertvollsten Stücke in seine Lon-doner Wohnung nahm, erweckte die Lustzum eigentlichen Sammeln. Zunächst in be-scheidenem Maße und mit beschränktenMitteln, da ihm, so freigebig [sic] er sonstwar, jedes Protzen mit Geld und unnötigeAusgaben im Grunde zuwider waren. (…)Den Anstoß zum Sammeln im großen Stilgab aber erst der Entschluß, ein eigenesHeim in London zu errichten.“361

···································································Kunstwerke sind zugleich Objekte desVergnügens, Wertgegenstände und Status-symbole. Die Gründe, sie zu sammeln, kön-nen entsprechend vielfältig sein: ästhetischesEmpfinden, die Suche nach Kunstgenussoder Entspannung, die Pflege eines Hobbysoder Selbstrepräsentation.···································································In Deutschland hatte nach dem Sieg überFrankreich 1871 die Entwicklung privaterKunstsammlungen einen bedeutenden Auf-schwung genommen. Große private Vermö-

gen waren entstanden. Unterstützt durchden Zufluss der französischen Kriegsrepara-tionen und während einer Phase allgemeinsteigenden Wohlstands im Zuge der Hoch-industrialisierung entstanden zahlreiche pri-vate Kunstsammlungen, bestärkt auch durchdas französische Beispiel und durch die Kon-frontation mit einem Reichtum an Kunstund Kultur, den man selbst nicht besaß. ···································································Die gründerzeitliche Großbourgeoisie pro-fitierte bei ihren Käufen von der wirtschaft-lichen Schwäche nicht nur Frankreichs inden 1870er und 1880er Jahren, die zum Ver-kauf zahlreicher Kunstsammlungen führte,sondern auch von der Finanznot traditionellkunstbesitzender Schichten wie des landsäs-sigen englischen Adels, dessen Vermögen ausder Landwirtschaft stammte und der nun un-ter den verfallenden Getreidepreisen litt.362

···································································Sehr wichtig für die neuen Sammler wardie Beratung durch Experten. Nur die Ex-pertise des ausgewiesenen Kunstkenners er-möglichte, den Wert eines Werkes zu schät-zen und vor allem dessen Echtheit. Was unsheute selbstverständlich erscheint, nämlichein Original (ein originales Kunstwerk) derKopie vorzuziehen, begann erst, sich in derzweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts durch-zusetzen und auch die Ankaufspolitik derMuseen zu bestimmen. Man begann, dasKunstwerk als eine originale, nicht wieder-holbare Einheit aufzufassen, als unverwech-selbares Unikat, dessen Wirkung auf seinerEinzigartigkeit beruht, wobei höhere Qua-lität eine stärkere Ausstrahlung bedeutete.Nur durch einen Experten geleitet, konnteein sammelnder Laie sichergehen, ein Ori-ginal zu erwerben und keine Kopie. DieKennerschaft des Fachmanns gewährleistetedem Sammler nicht nur geistig, sondern

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Kunstverstand aus Berlin und Hamburg – Wilhelm Bode (o.), Justus Brinckmann (u. l.), Alfred Lichtwark (u. r.)

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[Das Bild ist in der Buchfassung abgedruckt]

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auch materiell eine sinnvolle, dauerhafte In-vestition zu tätigen.363

···································································Beit machte seine Erwerbungen vor allemmit Rat und Beistand von Wilhelm Bode,dem Direktor des Kaiser-Friedrich-Muse-ums in Berlin, seit 1905 Generaldirektor derKöniglich Preußischen Museen. Zum Kreisder von Bode beratenen Sammler zählten inLondon auch die Randlords Julius Wernherund Max Michaelis, die FirmenpartnerBeits. Wernher sammelte vor allem italieni-sche Renaissance-Malerei, Holländer des 17.Jahrhunderts und englische Meister des 18.Jahrhunderts, seine Sammlung zierte so-wohl sein Stadthaus in London wie seinenLandsitz, Luton Hoo.364 Es war Wernher,der Beit mit Bode bekannt machte.365 Beitallerdings bewies schon bald eine gewisseKennerschaft und wurde in seinen Erwer-bungen zunehmend unabhängig von Bode– ohne allerdings nach wirklicher Kenner-schaft zu streben.366

···································································Andere Ratgeber Beits waren Alfred Licht-wark von der Hamburger Kunsthalle undJustus Brinckmann, der Begründer des Mu-seums für Kunst und Gewerbe in Hamburg,aber auch der in Paris ansässige, in Frankfurtgeborene Finanzier und GeschäftspartnerBeits, Rudolph Kann.367 Auch Brinckmannführte einen ausgedehnten Briefwechsel mitBeit, erstellte wie Bode Kataloge für ihn undwar zu Gast bei ihm in London.368 Für ihreBeratung erwarteten die Kenner allerdingsauch Gegenleistungen, und Bode hat diesganz unverblümt ausgesprochen: Sein Zielwar es, über private Sammlungen durchStiftungen den öffentlichen Kunstbesitz zuerweitern.369

···································································Großen Raum hat Beit der Beschäftigung

mit Kunst in seinem Leben wohl nicht ein-räumen können. Von seinen literarischenInteressen wissen wir, dass er zahlreicheWerke deutscher Klassiker besaß, aber auchzeitgenössische britische Autoren und Ge-schichtsschreiber, und dass er insbesondereThackeray, Trollope und George Eliot ge-schätzt haben soll, Dickens hingegen ab-lehnte. Echte Muße zum Lesen kann Beitbei der Vielzahl seiner Verpflichtungen kaumgeblieben sein.370

···································································Dass der Kauf von Kunstwerken durch Beitin erster Linie auf ästhetischen Bedürfnissenberuhte, wird man daher nicht unbedingtvermuten. Mit der Entstehung von Museen,privaten Sammlungen und eines Kunst-marktes im Verlauf des 19. Jahrhunderts wardas Sammeln von Kunst auch zu einer Formder Geldanlage geworden.371 Mochte auch

Alfred Beits ex libris

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die Jagd nach einem günstigen Kauf ihreneigenen Reiz ausüben, hierauf angewiesenwar Beit nicht. Zu Lebzeiten verließen nurwenige Stücke seine Sammlung wieder, essei denn, er verschenkte sie. Wahrscheinlichdiente seine Kunstsammlung daher in ersterLinie der repräsentativen Ausstattung der ei-genen Wohnräume, als Teil des „interior de-signs“. So waren sie vor allem ein Elementder Selbstrepräsentation. ···································································Kunstbesitz war „so ziemlich die einzigeanständige und von gutem Geschmack er-laubte Art, Reichtum zu präsentieren“ (MaxJ. Friedländer).372 Wenn in Äußerungenüber Beit immer wieder dessen Zurück-haltung, Bescheidenheit, Schlichtheit undNatürlichkeit betont werden, so sind diesauch Topoi der Zeit, die den vermögendenSammler exquisiter Kunst und sein Bild inder Öffentlichkeit abrundeten, ja vervoll-kommneten, indem sie für seine, vomReichtum unangetastete charakterliche In-tegrität bürgten.373 Sieht man auf das Haus,das diese Sammlung beherbergte, so werdeneinem Ausdrücke wie „Bescheidenheit“ nichtals erstes in den Sinn kommen.374

···································································Eher wird man auf die Imitation der tradi-tionellen Oberschicht durch die nouveauxriches in Finanz und Industrie schließen.Mit dem Erwerb von Kunst bemächtigtman sich einer vergangener Kultur und stelltsich in eine Tradition – vor allem mit demSammeln Alter Meister.375 Und insbeson-dere die nach London übersiedelten Rand-lords versuchten ihre meist bescheideneHerkunft und das koloniale Zwischenspielauf ihrem Lebensweg dadurch zu überde-cken, dass sie den Lebensstil der britischenOberschicht imitierten.376

···································································

Im Falle Beits – aber auch anderer Randlords,die in der gleichen Lage waren – mögen ihnzusätzlich die Wahrnehmung als deutsch-jü-discher Finanzier und die Anfeindungen, dieer erfuhr, ermutigt haben, mittels der Samm-lung seine Assimilation an die britische up-per class zu betreiben, indem er deren Verhal-tensmuster und Lebensart übernahm. Nichtumsonst sammelte Beit vor allem Porträtsberühmter britischer Gesellschaftsmaler des18. Jahrhunderts wie Gainsborough, JoshuaReynolds und George Romney, und ließauch von sich, durch Giovanni Boldini, einPorträt anfertigen.377 Er erwarb ein großesStadthaus, einen Landsitz und Pferde.···································································Nach Beits Tod gelangten die bedeutend-sten Teile der Gemäldesammlung in den Be-sitz eines nachgeborenen Verwandten vonBeit, Sir Alfred Lane Beit, der sie nach 1952nach Russborough House in Irland ver-brachte. 1974 raubte ein Kommando derIRA neunzehn Gemälde im Wert von 8 Mil-lionen Irischen Pfund (damals 50 MillionenDM).378 Wenige Wochen später konntendie Gemälde von der Polizei wiederbeschafftwerden. 1986 wurden bei einem erneutenEinbruch siebzehn Gemälde gestohlen, dieinzwischen einen Wert von 30 MillionenIrischen Pfund hatten. 1987 entschlossensich Sir Alfred und seine Frau daraufhin,den Großteil ihrer Sammlung der National-galerie Dublin als Stiftung zu überlassen,was jedoch weitere Einbrüche 2001 und2002 nicht verhindert hat. Die gestiftetenBilder sind heute im Beit-Flügel der Natio-nalgalerie zu besichtigen.···································································Internationaler Stifter···································································Bereits Alfred Beit war zu Lebzeiten einbedeutender Stifter, und zwar international.

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Russborough House, County Wicklow, Irland

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In allen drei Ländern, in denen er sein Le-ben verbracht hatte, in Deutschland, imsüdlichen Afrika und in England, machte erumfangreiche Stiftungen.···································································Wie für das Sammeln von Kunst könnendie Gründe dafür, Stiftungen zu tätigen,vielfältig sein: persönliche Gründe könneneine Rolle spielen, etwa dass keine Erbenvorhanden sind; die Überzeugung vom Stif-tungsgrund und das Interesse am Gegen-stand werden ins Gewicht fallen, politische,kommerzielle oder ethisch-religiöse Motivekommen in Frage. Und wie beim Sammelnvon Kunst kommt als Motiv die Selbstdar-stellung des ökonomisch Erfolgreichen hin-zu, darüber hinaus aber der Wunsch, nunder Gesellschaft „etwas zurückzugeben“ undvielleicht auch das eigene Gewissen zu er-

leichtern – ein Verbund aus gefühlter Ver-pflichtung und Selbstreinigung, „public ob-ligation and private catharsis“.379

···································································Mäzenatentum war ein Schlüssel zumsozialen Aufstieg im Spät-Victorianismusund Edwardianismus, das eigentliche Zei-chen des Aufstiegs,380 und damit auch einMittel, soziale Anerkennung zu erringen.Der „social obligation“, also der sozialen Er-wartung, in einer bestimmten gesellschaftli-chen Stellung, die man erreicht hat, der Ge-meinschaft „etwas zurückzugeben“, korre-spondierte die grundsätzliche Bereitschaftder Gesellschaft, der Anerkennung desSpenders durch eine soziale Statuserhö-hung, etwa durch einen Adelstitel, Aus-druck zu verleihen. ···································································

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Der späte Alfred Beit, Bildnis von Giovanni Boldini

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Für einen deutsch-„jüdischen“ Finanzmag-naten und Randlord, der seinen Platz in derbritischen upper class suchte, waren Stiftun-gen also ein attraktiver Weg, sich als dieserSchicht und auch der nationalen Gruppezugehörig zu präsentieren, das Zwillings-Problem von Identität und Integration zubewältigen.381 Eine ansehnliche Zahl vonMäzenen des britischen Wissenschaftsbe-triebs im ausgehenden 19. und zu Beginndes 20. Jahrhunderts waren deutschstäm-mige, naturalisierte Briten aus jüdischen Fa-milien.382 So individuell die Gründe dafürsein mögen, Stiftungen zu tätigen, so legtdiese Häufung doch den Schluss nahe, dassdie Bereitschaft zu Stiftungen erheblichdurch den Wunsch gefördert wurde, Aner-kennung in der aufnehmenden Gesellschaftzu gewinnen.···································································Und Beit hatte Erfolg damit. Sein PartnerJulius Wernher, der ebenfalls reiche Stiftun-gen machte, erhielt 1905 einen Adelstitel.383

Beit selbst wurde – als einziger Randlord –1897 auf den (Kostüm-)Ball der Herzoginvon Devonshire eingeladen, der zu den wich-tigen gesellschaftlichen Ereignissen Groß-britanniens zählte (und auf dem Beit inSamt und Spitzen als „Stadhouder of Hol-land“ erschien).384 Gemeinsam mit Wernhererhielt er vom Prince of Wales (dem nach-maligen Edward VII.) eine Einladung nachSandringham.385 Um einen Titel zu erhal-ten, ist Beit allerdings zu früh verstorben.···································································Dabei suchte Beit nicht die Gesellschaftvon „celebreties“, obwohl nicht wenige vonder Neugier auf den „Nabob aus Afrika“ ge-trieben waren. Beit war und blieb am glück-lichsten im Kreis seiner Familie in Ham-burg, oder unter seinen „Anglo-Germanfriends and colleagues“ in London.386

···································································Bereits im November 1904/05 stiftete erdie Beit-Professur für Kolonialgeschichte ander Universität Oxford. Sie war die erste ih-rer Art, und es ist erstaunlich, dass Großbri-tannien mit seinen ungeheuren Kolonialin-teressen auf einen geborenen Deutschengewartet hat, um solch ein Institut zu schaf-fen.387 Zudem gab Beit Mittel an die Bod-leian Library für die Anschaffung von Bü-chern zur Kolonialgeschichte.388

···································································Auch in Hamburg schlug sich Beits kolo-niales Interesse nieder. Im Mai 1906 ver-sprach er dem Direktor des Hamburger Völ-kerkundemuseums, Professor Georg Thile-nius, 10.000 Mark zur Unterstützung derersten Deutschen Innerafrikanischen Expe-dition (D.I.A.F.E.) (1904–1906) in den Kon-go. Auf dieser Reise erwarb der EthnologeLeo Frobenius einen bedeutenden Teil derafrikanische Sammlung des Museums – erwar dabei jedoch so spektakulär erfolgreich,dass er den Erwerbungsetat des Hausessprengte. Thilenius war daher genötigt, zu-sätzliche Mittel einzuwerben, und zahlrei-che Hamburger Unternehmer erwiesen sichals großzügig. Über seine Geldgabe hinausergänzte Beit die Bestände des Museums, in-dem er ihm eine Sammlung afrikanischerIdole überließ.389 Dass Beit eine deutsche Ex-pedition unterstützte, zeigt, dass er ein gene-relles Interesse an der Erforschung und Er-schließung Afrikas hatte, jenseits seiner Bin-dung an das britische imperiale Projekt.390

···································································Kunstobjekte stiftete Beit fast ausschließ-lich in Deutschland. Besonders die Staatli-chen Museen Preußischer Kulturbesitz (undderen Skulpturen-Sammlung), das Ham-burger Museum für Kunst und Gewerbe so-wie die Kunsthalle Hamburg haben seit 1889

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Alfred Beit im Kostüm als „Stadhouder of Holland“

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Eine der Gaben von Alfred Beit an das Museum für Kunst und Gewerbe in Hamburg: Castel Durante, Nicolò da Urbino, um 1519/20

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in großer Regelmäßigkeit Gaben von Beiterhalten.391 Zu allen drei Museen bestandenpersönliche Kontakte durch Beits Beraterbei Kunstkäufen: über Wilhelm Bode zuden Staatlichen Museen, über Justus Brinck-mann zum Museum für Kunst und Ge-werbe, über Alfred Lichtwark zur Kunst-halle. Bei Aufenthalten in London lud Beit

Lichtwark dazu ein, in seinem Hause zuwohnen und machte ihn mit Alfred BaronRothschild bekannt.392

···································································Die Staatlichen Museen in Berlin erhieltenvon Beit vor allem Büsten, Skulpturen, Sta-tuetten und Reliefs, 1899 aber auch PeterPaul Rubens „Schiffbruch des Aeneas“,

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Gainsboroughs „Bildnis des Esquire JohnWilkinson“, außerdem modernere Werkewie Honore Daumiers „Don Quichotte undSancho Pansa“ und noch 1906 Vilhelm Ham-mershøis „Sonnige Stube“.393 Der Gainsbo-rough war die wertvollste Gabe zur Eröff-nung des Kaiser-Friedrich-Museums am 18.Oktober 1904 in Berlin. Dass Beit das Werkeines britischen Malers als Gabe an dasneue, große Museum der Reichshauptstadtwählte, darf als eine Geste seines Strebensnach einer Annäherung beider Länder ge-wertet werden.394 Eine Ehrung mit dem Ro-ten-Adler-Orden im Gegenzug lehnte Beitallerdings unter Hinweis auf seine britischeStaatsbürgerschaft ab, wohl um zu vermei-den, in der britischen Presse erneut Opfervon Anfeindungen zu werden.395

···································································Das Museum für Kunst und Gewerbe inHamburg erhielt, nach einer ersten Gabe im

Jahr 1889, seit 1901 regelmäßig Stiftungenvon Beit. Er ergänzte die Sammlung umzahlreiche kunstgewerbliche Gegenstände,Keramiken, Majoliken, Fayencen oder Stein-gut. Zahlreiche Vasen, Schüsseln, Gläser,Kelche, Becher, Lederhelme, Bestecke undOfenkacheln, alle entstanden vom 14. biszum 17. Jahrhundert, fanden ihren Ort indem 1877 eröffneten Museum. Der damaligeDirektor, Justus Brinckmann, schrieb, keinefrüheren Zuwendungen an sein Haus hätteneinen Umfang gehabt wie die von Beit. Fürdas neue Museum waren die Stiftungen be-sonders wichtig, da es aufgrund seines klei-nen Etats kaum in der Lage war, selbständigErwerbung zu tätigen.396

···································································Die Kunsthalle Hamburg erhielt von Beitvor allem Werke mit einem Bezug zur Stadt,unter zahlreichen anderen Bildern auch Ar-beiten Hamburger Alter Meister wie Mat-

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Max Liebermanns „Hamburgischer Professorenkonvent“, 1905/06

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thias und Andreas Scheit. Hinzu kam 1891das damals Franz Hals zugeschriebene Bild„Mann mit dem Heringsfaß“, welches 1931allerdings an die Städtischen Kunstsamm-lungen Augsburg verkauft wurde. AlfredLichtwark hatte zudem eine Sammlung un-ter dem Namen „Kunstwerke mit Lebensbe-ziehung“ initiiert, die Bilder mit motivi-schem Bezug zur Stadt umfasste, vor allemPorträts, aber auch Straßenszenen und Stadt-ansichten, sowie Landschaften aus der Um-gebung Hamburgs. Hierfür vergab das Mu-

seum Aufträge an zeitgenössische Künstler,und Beit ermöglichte durch seine Geldga-ben die Entstehung zahlreicher Bilder, dar-unter Werke Max Liebermanns, Leopoldvon Kalckreuths, Max Slevogts und Wil-helm Trübners.397 Zudem finanzierte Beit1905/06 die Entstehung von Liebermannsgroßem Gruppenporträt „HamburgischerProfessorenkonvent“. Aber nicht nur auf äs-thetischer Ebene und auf dem Umweg überdie Kunst förderte Beit die Hamburger Uni-versitätsgründung.

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··············································································································································328 Beit/Lockhart, The Will, S. 15.329 Crook, Rise, S. 184.330 Zinnow, Beit-Chronik, S. 55.331 Melle, Dreißig Jahre, S. 366.332 Boyd/Phimister, Beit, S. 857; Crook, Rise, S. 184.333 Straelen, Alfred Beit, S. 4.334 Architecture III (1898), S. 109‒116, zitiert nach Straelen, Alfred Beit, S. 4.335 Ebd., S. 4.336 Fort, Beit, S. 155.337 Straelen, Alfred Beit, S. 4.338 Crook, Rise, S. 153 f.339 Ebd., S. 180.340 Ebd., S. 184.341 Wer sich einen Eindruck von der zum Teil atemberaubenden Pracht der Stadthäuser, Landsitze und ihrerInterieurs verschaffen möchte, greife zu J. M. Crook, The Rise of the Nouveaux Riches. – Auch Colonial SecretaryChamberlain scheute sich nicht, in politischen Auseinandersetzungen, etwa um die Frage des Imports von Arbeits-kräften aus China zur Arbeit in den Minen, auf den schlechten Ruf hinzuweisen, der den Randlords anhaftete.Er warnte Minister vor der Zusammenarbeit mit „,magnates‘ who are not creditable acquaintances and who livein palaces, usually in Park Lane“, zitiert nach Wheatcroft, Randlords, S. 222.342 Vgl. hierzu Emden, Jews, S. 392 ff.343 Crook, Rise, S. 183; vgl. auch Kubicek, Imperialism, S. 125.344 Fort, Beit, S. 156.345 Beit/Lockhart, The Will, S. 17.346 Fort, Beit, S. 177 f.; Rosenthal, New Light, S. 140 f.347 Fort, Beit, S. 52.348 Es gibt jedoch andere Zeugnisse, denen zufolge sich Beits Mutter bis ins Detail über die Zustände in Kim-berley informiert zeigte, wie Besucher aus Südafrika feststellten, die bei einem Aufenthalt in Hamburg Laura Beitihre Aufwartung machten, Rosenthal, New Light, S. 53.349 Fort, Beit, S. 88; Zinnow, Beit-Chronik, S. 56 f.350 Fort, Beit, S. 89.351 Zinnow, Mittelweg 111 und 113, nicht pag. – Der Architekt Zinnow erhielt dann fünf Jahre später von Beitden Auftrag, für sich selbst und seine Familie am Mittelweg 111 und in unmittelbarer Nachbarschaft zu LauraBeit ein weiteres Haus zu bauen. Zur Villa Beit vgl. Baark, Hamburger Häuser, 44 ff. (was das Leben Alfred Beitsangeht, ist dieser Artikel jedoch recht ungenau). 352 Zinnow, Beit-Chronik, S. 18.353 Ebd., S. 56.354 Vgl. hierzu vor allem Neil Munro, Alfred Beit and Mrs. Bennett, unveröffentlichtes Typoskript, 2006. 355 Fort, Beit, S. 157.356 Welches das erste Werk war, das Beit erwarb, ist nicht genau zu benennen, vgl. Straelen, Alfred Beit, Ap-pendices. Nach Beit/Lockhart, The Will, S. 16 f. soll es Nicholas Maes’ „Milchmagd“ gewesen sein.357 Ein umfassendes Verzeichnis der Sammlung (inklusive der Erwerbs- und Verkaufsdaten) enthält im An-hang die Magisterarbeit von Annette van Straelen, 1998.

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358 Vgl. Bode, Kunstsammlungen; Brinckmann, Sammlungen; Valentiner, Sammlungen.359 Bode, Beit als Sammler, S. 485 f.360 Fort, Beit, S. 155.361 Bode, Beit als Sammler, S. 485.362 Straelen, Alfred Beit, S. 5.363 Gaethgens, Wilhelm von Bode, S. 156 f.364 Straelen, Alfred Beit, S. 6.365 Girardet, Mäzene, S. 25.366 Straelen, Alfred Beit, S. 10.367 Fort, Beit, S. 125; Straelen, Alfred Beit, S. 6 f.368 Ebd., S. 29 f. 369 Gaethgens, Wilhelm von Bode, S. 154.370 Fort, Beit, S. 156.371 Insbesondere die erhaltene Stücke aus dem Briefwechsel von Beit und Bode zeigen, wie wichtig die Fragevon Preis und Wert eines Kunstwerks war und wie eingehend sie erörtert wurde, vgl. Straelen, Alfred Beit, S. 5.372 Ebd., S. 8.373 Vgl. ebd., S. 3.374 Ebd., S. 4.375 Gaethgens, Wilhelm von Bode, S. 159.376 Straelen, Alfred Beit, S. 11.377 Ebd., S. 13.378 Vgl. Hamburger Abendblatt, 29. April 1974 (in StA Hbg., ZAS, A 752, Beit).379 Straelen, Alfred Beit, S. 4.380 Alter, Wissenschaft, S. 71.381 Straelen, Alfred Beit, S. 12.382 Alter, Wissenschaft, S. 61.383 Nach dem Burenkrieg gab es eine Welle der Nobilitierungen von Randlords. 1902 wurde die erste „knight-hood“ an Percy FitzPatrick verliehen, George Farrar, George Albu, Sigismund Neumann, Max Michaelis, Fried-rich Eckstein, Joseph B. Robinson, Lionel Phillips, Julius Wernher, später auch Otto Beit folgten. Sie alle schmücktejetzt der Titel „Sir“.384 Roberts, Diamond Magnates, S. 284.385 Straelen, Alfred Beit, S. 13.386 Beit/Lockhart, The Will, S. 31.387 NL Werner von Melle, SUB Hamburg, Werner von Melle an Gustav Zinnow (Entwurf ), 9. Oktober 1932.388 Rosenthal, New Light, S. 147 ff.389 Thilenius, Museum, S. 13, Joch, Sammeln, S. 105 ff.390 Straelen, Alfred Beit, S. 38.391 Ein acht Seiten umfassendes Verzeichnis von Beits Schenkungen an Museen enthält im Anhang die Magis-terarbeit von Annette van Straelen, 1998.392 Ebd., S. 32.393 Ebd., Appendix, XXIV f. 394 Ebd., S. 22 f.395 Ebd., S. 24. Zu den Anfeindungen Beits in der britischen Presse vgl. auch die Nachrufe in Times, Standard,Daily Express und Daily News, in Übersetzung zitiert im Hamburger Fremdenblatt, 22. Juli 1906 (in StA Hbg.,ZAS, A 752, Beit). 396 Straelen, Alfred Beit, S. 30.397 Ebd., S. 32 f.··············································································································································

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Die Idee, eine Hochschule in Hamburg zugründen, kursierte bereits seit den späten1840er Jahren, doch die Hamburger Bür-gerschaft hatte sich nie bereit finden kön-nen, die hierfür erforderlichen Mittel bereit-zustellen. Für den Ausbau des Hafens, derHauptschlagader der Stadt, sah man sich zufast jeder Ausgabe in der Lage, in einge-schränkterem Maß galt dies auch für andereInfrastrukturmaßnahmen. Es musste 1892allerdings erst eine verheerende Cholera-

Epidemie die Stadt heimsuchen, bevor mansich bereit fand, die Wasserversorgung zumodernisieren. Auch durch einen Hoch-schulbau den Bildungsansprüchen andererBevölkerungsgruppen entgegenzukommen(der Unter- und der unteren Mittelschicht),und damit womöglich den Wunsch nach so-zialer und politischer Teilhabe zu fördern,war man nicht bereit. Bildung war für Ham-burger Kaufleute eine Zier – studieren ließman einen Sohn der Familie jedoch nur,

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Am Ende eines langen Weges – Das im Jahr 1911 eröffnete Vorlesungsgebäude der späteren Hamburger Universität

Die Hamburger Universität

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wenn er „zu dumm für Zucker“ war, wieeine Redensart besagte, wenn er also durchAnlage und Neigung nicht einmal willensoder fähig war, das unter Kaufleuten als be-sonders einfach – als „idiotensicher“ – gel-tende Geschäft mit dem beliebten Süßstoffzu erlernen. ···································································Treibende Kraft hinter den Universitäts-gründungsplänen war um die Jahrhundert-wende Werner von Melle, der Präsident derI. Sektion der Oberschulbehörde. Seit 1904verfolgte er den Plan, private Mittel für eineUniversitätsgründung zu sammeln. Schät-zungen kursierten, dass hierzu 20 bis 30 Mil-lionen Reichsmark erforderlich sein wür-den.···································································Von Melle wollte nicht, dass von Anfangan das Ziel einer Hochschulgründung inden Vordergrund gestellt werde, da hierübernoch kein formeller Beschluss gefasst war,sondern er verfolgte eine offenere Strategie.Eine „Wissenschaftliche Stiftung“ sollte be-gründet werden, um das vorhandene öffent-liche Vorlesungswesen weiter ausbauen zukönnen – immer mit dem festen Vorsatz,dies zur Keimzelle einer Universität werdenzu lassen. Ohne aber vom Erfolg dieses letz-ten Ziels abhängig zu sein, konnte die Stif-tung bis dahin zur Förderung des Wissen-schaftsbetriebes in Hamburg wirken.398

···································································Nachdem sie im September 1904 auf Hel-goland den Plan miteinander besprochenhatten, war es der Hamburger Bankier MaxWarburg, der nicht nur selbst und im Na-men seiner Brüder einen größeren Geldbe-trag für die geplante Stiftung in Aussichtstellte, sondern der von Melle auch denWink gab, einen Anlauf bei Alfred Beit zunehmen und ihn um die Hergabe einer grö-

ßeren Summe zu bitten, und zwar am be-sten, wenn er sich wieder einmal besuchs-weise in Hamburg aufhalte.399

···································································Schon einmal zuvor hatte es in der Univer-sitätssache einen Anlauf bei Beit gegeben,und zwar durch den Hamburger Bürger-meister Hachmann, dessen Ziel es war, aufeinen Schlag 20 Millionen Mark (also 1 Mil-lionen Pfund) für das Projekt zu gewinnen.Dieses ungeschickt überambitionierte, jagierige Ansinnen lehnte Beit ab.400

···································································Von Melle jedoch unternahm seinen An-lauf unter anderen Voraussetzungen alsHachmann: Er war mit Beit einige Jahre zurSchule gegangen401 und kannte ihn persön-lich. Beide hatten die Privatschule von Dr.Schleiden besucht, bevor von Melle ab derSekunda die Hamburger Gelehrtenschule,das Johanneum, besuchen konnte. Die bei-den Schuljungen waren miteinander be-freundet, hatten sich jedoch aus den Augenverloren, und von Melle war sehr erstaunt,als er Jahre später erfuhr, dass sein ehemali-ger Spielkamerad nun Freund von CecilRhodes und Multimillionär geworden war,denn von seinem Finanzgenie hatte er zuSchulzeiten nichts erahnen lassen.402

···································································Diese alte Verbindung nahm von Mellenun auf und sandte Beits Mutter Laura imOktober 1904 einen schriftlichen Gruß zuihrem achtzigsten Geburtstag, mit Dank fürdie fröhlichen Stunden, die er als Junge inihrem Haus habe verbringen dürfen. VonMelle erinnert sich: „Mein Schulkameradwar über diese kleine Aufmerksamkeit, dieich seiner von ihm sehr geliebten Mutter er-wiesen hatte, erfreut und ließ mir durch ei-nen gemeinsamen Bekannten sagen, erwerde mich bei seiner nächsten Anwesen-

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Werner von Melle (1853‒1937)

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heit in Hamburg aufsuchen, um mir per-sönlich zu danken. Damit war mir ohneweiteres die Gelegenheit gegeben, ihm un-ter für mich nicht ungünstigen Umständenunser großes Anliegen vorzutragen.“403

···································································Die Begegnung mit Beit verzögerte sich biszum Herbst 1905, dann konnte von Melleihm seinen Plan erläutern. Beit zeigte beidem harmonischen Treffen reges Interesseund versprach, Weihnachten zu entschei-den, in welcher Höhe er sich an der Stiftungbeteiligen werde.404 Unter den Universitäts-befürwortern kursierten daraufhin Gerüch-te über Beits Spende. Der Hamburger Rich-ter, Mäzen und Kunstkenner Gustav Schief-ler, Verfasser der „Hamburger Kulturauf-

gaben“ (1899), erinnert sich: „Auf dem Se-natsempfang (…) am 14. Oktober 1905raunte [von Melle] mir geheimnisvoll zu,binnen Jahresfrist würde ich meine Freudehaben. Es gelang ihm, Beit zur Stiftung vonzwei bis drei Millionen zu gewinnen; mehrwar nicht herauszuschlagen. Seine Schwes-ter, die Gattin des Architekten Zinnow, er-zählte mir auf einer Abendgesellschaft beiLudwig Lippert, er habe sich zu sehr übergewisse beleidigende Artikel der ,Hambur-ger Nachrichten‘ geärgert; zudem sei erdurch Londoner Schenkungen stark enga-giert, meine auch, die Hamburger könntenselbst etwas tun.“405

···································································Ende 1905 fand die zweite und entschei-

Alfred Beits Mutter, Laura, in späten Jahren

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Gustav Zinnow und Bertha Zinnow, Alfreds Schwester

dende Begegnung von Melles und Beits stattund zwar im Hause von Beits Mutter Laura,da von Melle Beits Besuch erwidern wollte.Unterstützend sandte er einen Brief voraus,in dem er schrieb: „Die Sache ist hier inzwi-schen weiter durchgeprüft, und es ist einStiftungsstatut vorbereitet. Wenn Du, wieich hoffe, bereit bist, Dich zu beteiligen, sowäre es möglich, die Stiftung demnächstschon ins Leben zu rufen. Eile tut hier aberum deswillen not, weil zu befürchten ist,daß, wenn wir nicht bald hervortreten, dievon vielen gewünschte Sache in ungeeigneteHände gerät und verpfuscht wird. Nichtnur von Deiner Beteiligung überhaupt, son-dern auch von ihrer Höhe wird es abhängen,ob die Stiftung in der imponierenden Ge-stalt, die wir ihr von vornherein gebenmöchten, geschaffen werden kann. Du

kannst Dir hier wirklich ein großes, bleiben-des Verdienst um unsere gemeinsame Vater-stadt erwerben, und wie nett wäre es, wennwir beiden alten Schulkameraden hier nachJahrzehnten in einer großen Sache wiederHand in Hand gehen könnten.“406

···································································Das Treffen beider fand am Weihnachtstagstatt und von Melle empfing von Beit dieZusage über zwei Millionen Mark. Nur batsich Beit aus, als Geber dieser reichen Spen-de ungenannt zu bleiben, um nicht mit An-fragen und Geldwünschen überschwemmt zuwerden. Von Melle schied in guter Laune:„Als ich mich dann mit nochmaligem herz-lichen Dank verabschiedete, ahnte ichnicht, daß ich Alfred Beit, der sich damalsanscheinend der besten Gesundheit erfreu-te, nicht wiedersehen werde.“407

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Die Begründer der Hamburgischen Wissenschaftlichen Stiftung – Gedenktafel im Hauptgebäude der Universität Hamburg

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···································································Dass Beit anonym bleiben wollte, steht derInterpretation entgegen, dass es ihm mit sei-nen Schenkungen vor allem darum gegan-gen sei, soziale Anerkennung zu erringen.Vielleicht lag ihm der Stiftungszweck beson-ders nah. Es ist auffällig, dass Beit in ersterLinie Bildungsprojekte gefördert hat. DerWunsch hierzu scheint bei ihm stark gewe-sen zu sein. Karitative Stiftungen haben vonihm, nach bisheriger Kenntnis, kaum Un-terstützung erhalten, wissenschaftliche Insti-tute, Forschungs- und Schulprojekte, aberauch medizinische Einrichtungen hingegenhäufig. Wahrscheinlich hat für Beits Enga-gement für die Hamburger Universität vorallem seine Verbundenheit mit seiner Hei-matstadt eine Rolle gespielt und auch diealte, persönliche Verbindung zu von Melleund damit Beits oft hervorgehobene An-hänglichkeit und Loyalität gegenüber Freun-den. Dass der alte Schul- und Spielkameradden Weg der Kontaktaufnahme über Beitsso sehr geliebte Mutter beschritt, um seinAnliegen zur Sprache zu bringen, mag auchBeits Familiensinn angesprochen haben.···································································In den Reihen der Universitätsbefürworterherrschte anfänglich Enttäuschung über dieHöhe von Beits Spende. Man hatte aufmehr gehofft und zehn Millionen im Sinngehabt. Vielleicht hatte man sich dabei BeitsVermögen auch zu phantastisch ausgemalt.Aber bereits am zweiten Weihnachtstagschrieb Max Warburg an von Melle: „Es istdie alte Geschichte, man verliert jeden Maß-stab, wenn es sich um große Vermögen an-derer handelt! Es ist aber eine große, schöneSumme, durch welche unser Plan jedenfallsgesichert erscheint, und ich gratuliere Ihnenvon ganzem Herzen zu Ihrem schönen Er-folg.“ Es brauchte nur eine kleine Weile bis

den Organisatoren zu Bewusstsein kam,dass sie einen bedeutenden Beitrag zur Ver-wirklichung ihres Plans erhalten hatten.408

Und in der Tat war Beits Spende die größteGabe, die die Stiftung nicht nur zu ihrerGründung, sondern bis in die Gegenwarterhalten sollte. Im Vergleich zu Beits Beitragnehmen sich die anderen Spenden, die derHamburgischen Wissenschaftlichen Stif-tung zugingen, bescheiden aus, so ansehn-lich sie, für sich gesehen, jeweils waren. Die Familie Warburg gab 250.000 Mark,100.000 Mark kamen jeweils von dem ausHamburg gebürtigen New Yorker Kupferin-dustriellen Adolph Lewisohn, den Hambur-ger Kaufleuten Gustav Amsinck, GustavDiederichsen und Hermann Sielcken sowievon der Hamburger Familie Godeffroy.409

Gemeinsam gaben 45 andere wohlhabendeSpender und Spenderfamilien weniger alsBeit allein. Sein Anteil machte mehr als dieHälfte des anfänglichen Stiftungskapitalsaus, das etwas über 3,8 Millionen Mark be-trug.···································································Wie großzügig Beit sich beteiligt hatte,wird jenseits aller Wunschträume der Stif-tungsgründer auch deutlich, wenn manseine Gabe mit Spenden vergleicht, die an-deren Institutionen in jenen Jahren zuflos-sen. Bei Gründung der „Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft zur Förderung der Wissen-schaften“ (der späteren „Max-Planck-Ge-sellschaft“) 1910/11 gab es lediglich zweiSpenden, die den Betrag von einer MillionMark überstiegen: Leopold Koppel, ein Ber-liner Bankier, gab 1.010.000 Mark und Gus-tav Krupp von Bohlen 1.400.000 Mark.410

···································································Am 27. Februar 1906 überwies Beit vonKimberley aus das Geld nach Hamburg.Von Melle bedankte sich in einem Brief:

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Auch der „Kladderadatsch“ überschritt 1901 die Grenze zur antisemitischen Diffamierung Alfred Beits

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„Du hast Dir (…) für alle Zeit ein großesVerdienst um die Weiterentwicklung unse-res geistigen Lebens und um die so überauswichtige Förderung des geistigen AnsehensHamburgs erworben.“411 Seiner Mutter ge-genüber soll Beit geäußert haben, er habe„nie lieber gegeben als für diesen Zweck“.412

···································································Vermutlich durch die Indiskretion einesBankangestellten drang Beits Name bereitskurze Zeit später doch an die Öffentlichkeit.Schon Anfang März stand er in allen Zei-tungen.413 Von Melle war dies hoch pein-lich, hatte er Beit doch Anonymität zugesi-chert. Beit telegraphierte denn auch gleichan ihn, zeigte sich verwundert und bat da-für zu sorgen, dass weitere Veröffentlichun-

gen unterblieben. In einem nachfolgendenBriefe schrieb er, es liege ihm sehr daran zuwissen, wer die Indiskretion begangen habe,und bat von Melle, Nachforschungen dar-über anzustellen. Beit befürchtete, die Ver-öffentlichung werde ihm im Gefolge zahl-lose Briefe aus aller Herren Ländern einbrin-gen. Dem Schreiben legte er zwei Aus-schnitte aus einer Londoner Zeitung bei,mit den dick gedruckten Überschriften„Mr. Beit’s gift to Hamburg“ und „Mr. Al-fred Beit’s denial“. Von Melle ließ darauf al-len Hamburger Blättern eine „Richtigstel-lung“ zugehen, welche die Spuren möglichstverwischen sollte.414

···································································Eine Welle des rassistisch unterlegten Un-

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danks ergoss sich über Beit aus der Hambur-ger Presse. Das sozialdemokratische „Ham-burger Echo“ hatte schon früher die Uni-versitätsgründungspläne mit kritischen, ide-ologisch aufgeladenen Worten begleitet,wenn sie „die klassenstaatlichen Universi-täten durchschnittlichen Schlags“ angriff,„an deren Brüsten (…) Klassenkriminalis-ten und bureaukratische Handlanger derschlimmsten Scharfmacher großgesäugt“würden. Jetzt, am 2. März 1906, bemühtedas Blatt eine antisemitisch aufgeladene Ka-pitalismuskritik, wenn es Alfred Beit „undseine kapitalistischen Rebbachbrüder“ unterdie „Urheber des Burenkrieges“ zählte, die„sich nach dem Besitz der DiamantenminenTransvaals sehnten“, und wenn es schloss:„Das durch die Ausbeutung der Minenar-beiter erzielte Geld, das jetzt der Hambur-ger Universität zum Leben verhelfen soll, istalso sehr anrüchig.“ In die gleiche Richtungzielte eine Satire des „General-Anzeigers“am 4. März 1906 über die „UniversitasHamburgensis Beitii gratia et similium gen-tium“, deren Senat so wohlgenährt aussehenwerde, als bestünde er nur aus Theologen,und deren Prorektor zum Zeichen seinerWürde drei goldene Ketten und eine gol-dene Leibbinde werde tragen müsse.415

···································································In Beit den Randlord und „Juden“ anzu-greifen, war auch in der deutschen Pressenicht neu. Schon Beits Kunststiftungen inBerlin waren Ziel bitterer Angriffe in derdeutschen Presse geworden. Die Karikatur„Das Hintertreppengeschäft“ in Deutsch-lands renommiertester Satirezeitschrift„Kladderadatsch“ vom Januar 1901 zeigteBeit und Wernher als Profiteure und Propa-gandisten des Burenkrieges, die sich es leis-ten können, in Berlin Kunstwerke zu ver-schenken als, wie der Bildtext nahelegte,

Gegengabe für das Stillhalten des Reichs.416

···································································Und auch Gustav Schiefler, der sich um dieJahrhundertwende allgemein stark in Kul-turfragen und auch für eine Universitäts-gründung eingesetzt hatte, und der sichdarin, die spärliche Akzeptanz modernerKunst in der Hamburger Oberschicht zufördern nicht unwesentliche Verdienste er-worben hat, stimmte (retrospektiv) in die-sen Chor mit ein. Er hatte nach 1914 begon-nen, eine Hamburger Kulturgeschichte zuschreiben (die allerdings unveröffentlichtblieb), in der er die „unglückliche und imGrunde doch einer wohlhabenden Stadt wieHamburg unwürdige Idee“ kritisierte, „sichvon einem anglisierten Hamburger Judendie zur Erfüllung einer Kulturpflicht erfor-derlichen Mittel schenken zu lassen.“417 Wardiese Kritik auch im Kern an seine Hambur-ger Mitbürger gerichtet, so fiel die despek-tierliche Beschreibung vor allem auf Beitzurück.···································································In einer Ansprache 1907 gedachte vonMelle der Gabe Alfred Beits: „Mein lieber al-ter Schulkamerad Alfred Beit würde in sei-ner übergroßen Bescheidenheit nichts weni-ger gewünscht haben, als daß seiner soerheblichen Mitwirkung bei der Begrün-dung der Stiftung hier besonders gedachtwürde. Er wollte, wie er mir sagte, wennüberhaupt, nur als einer unter vielen ge-nannt werden. Dessen ungeachtet erscheintes mir jetzt (…) nur eine Pflicht der Dank-barkeit, hervorzuheben, daß ohne seinenklaren Blick, der sofort die Bedeutung deswerdenden Unternehmens erkannte, undohne seine nicht zögernde freigebige Handdie Stiftung jedenfalls nicht so bald die Be-deutung erlangt hätte, die sie immerhinschon heute hat.“418

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··············································································································································398 Melle, Dreißig Jahre, S. 361 f. 399 Ebd., S. 363 und 365.400 Ebd., S. 368.401 In seinem Briefentwurf an Gustav Zinnow vom 9. Oktober 1932, NL Werner von Melle, SUB Hamburg,spricht von Melle von einem Jahrzehnt. 402 Melle, Dreißig Jahre, S. 365 f.403 Ebd., S. 366.404 Ebd., S. 368 f.405 Schiefler, Kulturgeschichte, S. 359.406 Melle, Dreißig Jahre, S. 385.407 Ebd., S. 385 f.408 Ebd., S. 386.409 Mit 10.000 Mark beteiligte sich Beits Cousin Ludwig Lippert an der Stiftung, während sein Bruder Edu-ard sich weigerte, Geld beizusteuern, vgl. Schiefler, Kulturgeschichte, S. 360. – Ludwig Lippert ist wahrscheinlichjener siebenundvierzigste ursprüngliche Geber der Stiftung, der in der Öffentlichkeit nicht genannt werden wollte,vgl. Melle, Dreißig Jahre, S. 407, dessen Name daher nicht auf den Gedenksäulen im Hauptgebäude der Univer-sität erscheint. Für den Fall, dass mit der Begründung der Stiftung zugleich auch die Universität zustandekäme,hatte Lippert einen wesentlich höheren Betrag, nämlich 100.000 Mark, in Aussicht gestellt, Schiefler, Kulturge-schichte, S. 360. Da dieser nicht eintrat, überwies er im April 1906 den geringeren Betrag. – Für Hinweise in die-ser Sache danke ich Dr. Johannes Gerhardt von der Hamburgischen Wissenschaftlichen Stiftung.410 Burchardt, Wissenschaftspolitik, S. 58, 78 f. und 157.411 Melle, Dreißig Jahre, S. 389.412 Ebd., S. 392.413 Ebd., S. 389.414 Ebd., S. 390.415 Zitiert nach Bolland, Gründung, S. 53.416 Kladderadatsch, Nr. 2 (13. Januar 1901). Ähnliche Angriffe fanden sich auch in der Kreuzzeitung, Nr. 2,Abendausgabe (2. Januar 1901) und in der Täglichen Rundschau, Nr. 29 (23. Januar 1901), ein Artikel, der Beitverteidigte, hingegen im Berliner Tageblatt, Nr. 14 (9. Januar 1901), nach Straelen, Alfred Beit, S. 18.417 Schiefler, Kulturgeschiche, S. 357.418 Melle, Dreißig Jahre, S. 429.··············································································································································

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Bereits Ende der 1890er Jahre begannendie vielfältigen Belastungen Beits ihren ge-sundheitlichen Tribut zu fordern. SeineNervosität nahm immer größere Ausmaßean. Unter dem Druck seiner zahlreichen Auf-gaben und getrieben von dem Anspruch,jedes Detail seiner Arbeit selbst geprüft zu haben, entwickelte er Ticks. Geradezuzwanghaft scheint mit der Zeit das immerwieder beschriebene Zupfen seines Schnurr-barts geworden zu sein.419

···································································Nach Fertigstellung seines Hauses in Lon-don begab er sich 1898 zur Erholung auf einedreimonatige Mittelmeerreise. Er chartertedie Yacht „Iolaire“ und lud alte Bekannteaus Kimberley hinzu: Jameson, frisch ausHolloway Gaol entlassen, J. B. Taylor undHenry Robinow. Von Marseille ging es überMonte Carlo, Ajaccio auf Korsika, Neapel,Tunis, Algier, Malta und Alexandria nachKreta, von dort weiter nach Palästina undKleinasien, über Jaffa und Smyrna nachKonstantinopel (Istanbul).420

···································································1901 führte ihn eine Reise von Beaulieu ander französischen Riviera nach Norditalien,wiederum in Gesellschaft von Jameson so-wie Sir Charles Metcalfe, Arnold Moseleyund Captain Rose-Innes, aber auch von Ce-cil Rhodes. Gemeinsam unternahm dieGruppe ausgedehnte Reisen im Automobil

und war dabei touristische Avantgarde.421

Bereits ein Jahr später, 1902, starb CecilRhodes. Sein Tod hat Beit tief getroffen.422

Zahlreiche der Lasten, die zuvor auf Rhodes’Schultern geruht hatten, kamen nun aufBeit.423 So kehrte er in den Vorstand derChartered Company zurück.424 Immerhinkaufte De Beers ihm (wie auch Wernher) indieser Zeit ihre Rechte als lebenslange Gou-verneure ab – für drei Millionen Pfund inAktien (etwa 60 Millionen Mark).425

···································································Seit 1903 war Beit von deutlich angegriffe-ner Gesundheit. Auf einer überaus anstren-genden Inspektions-Reise nach Südafrikaund Rhodesien erlitt er am 8. Januar in derNähe von Salisbury einen Schlagfall, der zuLähmungserscheinungen auf der linkenKörperhälfte führte.426 Sein Leben konntezwar gerettet werden, aber von diesemSchlag hat er sich nie wieder völlig erholt.Von eher zarter Konstitution und reizbarerGesundheit,427 hatte sich Beit ein Lebenlang die Arbeitlast von zwei oder drei Män-nern aufgeladen. ···································································Was ihn, wie auch zuvor Rhodes, vor allemumtrieb, war die Idee, dass neue Diaman-tenvorkommen in Südafrika gefunden wer-den könnten, die das Monopol von DeBeers sprengen würden, eine wirtschaftlicheSorge, aber auch Furcht um das gemeinsame

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Beits Vermächtnis

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Die Arbeit von drei Männern auf zwei Schultern

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Lebenswerk. Möglicherweise hat die Ent-deckung von bedeutenden Diamantenvor-kommen nahe Pretoria die AnspannungBeits in einem Maß erhöht, das seiner Ge-sundheit abträglich war.428

···································································Am 28. Januar konnte Beit die Rückreisenach London antreten, wo er am 14. Februareintraf, jedoch umgehend nach Hamburgweiterreiste, wo er sich für mehrere Wochenzur Erholung aufhielt.429 Im September1904 war seine Gesundheit so weit wiederhergestellt, dass er die ihm angebotene Vize-Präsidentschaft430 der Chartered Companyannehmen konnte, als der bisherige Präsi-dent, Earl Grey, zum Generalgouverneurvon Kanada ernannt wurde. Es war für Beiteine große Ehre, denn es war das erste Mal,dass einem naturalisierten Briten eine solcheFunktion angetragen wurde in einer Gesell-schaft, die mit einer „Royal Charter“ ausge-stattet war. Eine weitere Last lag so auf den

Schultern Beits, der bestrebt war, die großenAnliegen seines verstorbenen Freundes fort-zuführen. ···································································Die Shareholder der Company nahmen dieNachricht als frohe Botschaft auf, „the mar-ket likes it“, hieß es in Londoner Zeitungen,unabhängig von den Folgen für Beit. Bereitsim März 1905 konnte er den Vorsitz bei derJahreshauptversammlung der CharteredCompany aus gesundheitlichen Gründennicht ausüben. Freunde waren alarmiert.431

···································································Schon im Frühjahr 1906 reiste er aufgrundvon Herzproblemen zur Behandlung nachWiesbaden. Dort konnte man ihm jedochnicht mehr helfen, und so kehrte auf eige-nen Wunsch nach England zurück, um sichauf seinen Landsitz Tewin Water zum Ster-ben zurückzuziehen. Alfred Beit starb am16. Juli 1906, im Alter von nur 53 Jahren,und in Tewin Water liegt er begraben. Auf

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seinem Grabstein steht zu lesen „Write meas one that loved his fellow men.“···································································Die Beerdigungsfeier zeichnete sich durchbetonte Einfachheit aus, führte jedoch eineansehnliche Trauergemeinde zusammen:„Ein einfacher Sarg stand auf dem einfachenLeichenwagen, der von nur zwei Pferden ge-zogen wurde. Nur ein Geistlicher leitete dieFeier. Zwei Gesänge, eine kurze Anspracheund ein Gebet, das war alles. In großer Zahlwaren die Freunde des toten Millionärs ausLondon und von allen Teilen des Landesherbeigeeilt. Ein aus 15 Wagen zusammen-gesetzter Extrazug brachte die Trauerndenaus London herbei, und außerdem wartetenvor der Kirche von Tewin nicht weniger als84 Motorcars. Ueber vierhundert Kränzeund andere Blumenspenden waren ange-

kommen, einige unter ihnen von geradezuexotischer Schönheit.“432

···································································Da Beit unverheiratet und kinderlos war,setzte er testamentarisch seinen jüngstenBruder, Otto, als Haupterben ein. Otto war1888 in die Firma Jules Porgès & Co in Lon-don eingetreten. 1890 wurde er über Kim-berley nach Johannesburg versetzt, wo erMitarbeiter der Firma H. Eckstein war. 1896nahm er die britische Staatsbürgerschaftan433 und übersiedelte 1898 wie Alfred zehnJahre zuvor nach London, wo er Teilhaberder Börsenmaklerfirma Ludwig Hirsch &Co wurde. Teilhaber eines Unternehmensseines Bruders war er zu dessen Lebzeitennicht. Wie dieser war er ein Freund von Ce-cil Rhodes, den er nach dem Jameson Raidnach England begleitete. Nach Rhodes’ Tod

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Alfred Beits Grab in Tewin Water

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war er einer der Treuhänder und später Vor-sitzender des „Rhodes-Trust“ wie auch einerder Direktoren der British South AfricaCompany. Nach dem Tod seines Bruderszog er sich aus dem Geschäftsleben zu-rück.434 Weder als Kunstsammler noch alsPhilanthrop stand er dem Verstorbenennach, ja in ersterem hat er ihn noch über-troffen; auch ihn beriet bei seinen Erwer-bungen Wilhelm Bode. Seine zahllosenwohltätigen Stiftungen trugen ihm 1920 denRitterschlag ein, und 1924 wurde er in denerblichen Adel erhoben. Den Titel einesBaronet der Familie zu erwerben, hatte be-reits Alfred Beit zuvor enorm befördert.435

···································································Neben Otto wurde Alfred Beits gesamteFamilie von ihm testamentarisch reich unddifferenziert bedacht, ebenso seine Ange-stellten, ob in seinen Firmen in London undSüdafrika oder seine Hausangestellten.436

···································································Daneben hinterließ Beit einzelnen Institu-tionen testamentarisch bedeutende Mittel,so dem Imperial College of Technology inLondon 50.000 Pfund in bar (umgerechneteine Millionen Mark) und nochmal fast85.000 Pfund in De Beers-Anteilen.437

25.000 Pfund erhielt der „Institute of Medi-cal Sciences Fund“ der Universität Lon-don.438 Je 20.000 Pfund erhielten der KingEdward VII. Hospital Fund und das Guy’sHospital.439 Weitere 10.000 Pfund gingen inLondon an den Union Jack Club „for sol-diers and sailors“.440

···································································In Südafrika hinterließ Beit 200.000 Pfund(vier Millionen Mark) für eine Universitäts-gründung in Johannesburg. Beit hatte be-reits Mitte der 1890er Jahren in der Nähevon Johannesburg eine Holzplantage undein Farmgelände anlegen lassen, den „Fran-

kenwald“ (Franconia).441 Im September1904 hatte er angekündigt, das 3.000 Acresgroße Anwesen, das zwölf Meilen außerhalblag, der Stadt Johannesburg für Bildungs-zwecke zu überlassen und dabei die Ver-wirklichung einer Universität im Auge ge-habt. Bereits das Anwesen wurde auf 80.000Pfund geschätzt.442 Nach Beits Tod ent-brannte ein zähes Ringen um den Fond, derdann, allerdings im Einklang mit Beits testa-mentarischen Bestimmungen, auf die neugegründete Universität in Kapstadt umge-widmet und dabei von Julius Wernher undOtto Beit nochmals bedeutend aufgestocktwurde.···································································15.000 Pfund erhielt bei Beits Tod derRhodes Memorial Fund,443 25.000 Pfunddie Rhodes University in Grahamstown.20.000 Pfund gingen an die Firma Eckstein& Co für Erziehungs-, öffentliche undWohltätigkeitszwecke, ebenso 15.000 anseine Firma in Kimberley und auch an Le-ander Starr Jameson, der inzwischen zumPremierminister der Kapkolonie gewähltworden war. 200.000 Pfund erhielt dasLand Rhodesien, bestimmt für Bildungs-und wohltätige Zwecke.···································································Den Löwenanteil, nämlich 1,2 MillionenPfund (24 Millionen Mark), ließ Beit in den„Beit-Trust“ einfließen. Mit den Erträgenaus diesem Stiftungskapital sollte der Trustden Ausbau der Eisenbahn- und Telekom-munikationsnetze im südlichen Afrika vor-antreiben. Dies sollte vor allem dem Bau ei-ner den gesamten afrikanischen Kontinentvon Nord nach Süd durchmessenden Bahn-strecke sowie einer Telegraphen- und Tele-phonverbindung dienen, zur Umsetzungdes Kap-Kairo-Plans also, wie ihn CecilRhodes verfolgt hatte. Zu Treuhändern

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Alfreds jüngerer Bruder, Otto Beit (1865‒1930)

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Die Alfred-Beit-Bridge über den Limpopo, 1927‒1929 errichtet durch den „Beit-Trust“

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des Trusts wurden Otto Beit, Julius Wern-her und Bourchier Frances Hawksley be-nannt.444

···································································Diese testamentarische Bestimmung wardeutlich von dem Wunsch getragen, Rho-des’ Erbe zu verwirklichen. Man kann sa-gen, dass der Tod und das Testament seinesFreundes Beit in der Zielsetzung seines eige-nen Trusts maßgeblich beeinflusst haben.445

Dass Beit auch über den eigenen Tod hin-aus die Fertigstellung von Rhodes’ Projektgesichert wissen wollte, ist ein Ausweis sei-ner besonderen Loyalität ihm gegenüber. ···································································Mit den Werten unserer Gegenwart gemes-sen will uns Beit, der in der Geschichts-schreibung immer im Schatten seines über-mächtigen Freundes stehen wird, als dessenbloßer Finanzier er gilt, jedoch fast als diebedeutendere Gestalt erscheinen. Sicher, in-dem Beit die Verwirklichung von Rhodes’Plänen voranbrachte, betrieb auch er „Em-pire-Building“ – ein Ziel, dass sich heutehistorisch überlebt hat (und das niemandmehr so benennen würde). Aber Beit warstärker als Rhodes von dem Wunsch gelei-tet, dem südlichen Afrika „etwas zurückzu-geben“, dem Land, dem er seinen überra-schenden Reichtum verdankte. Viele ver-mögende Menschen haben am Ende ihresLebens Stiftungen begründet, in einem aberbleibt Beit der Ruhm gewiss: Er hinterließbereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts eineStiftung, die sich ausdrücklich die Förde-rung eines unterentwickelten Landes auf dieFahnen geschrieben hatte.446

···································································Bereits in den ersten 25 Jahren seines Be-stehens gab der Trust annähernd 2,4 Millio-nen Pfund für den Bau von Eisenbahnenund deren Instandhaltung in Rhodesien

aus, für annähernd eine weitere Millionenerwarb man im Land Anteile an Eisenbahn-gesellschaften. 300.000 Pfund flossen in denBrückenbau, 135.000 Pfund in Bildungs-und Kulturprojekte. Zudem hatten es dieTreuhänder verstanden, das Kapital desTrust auf 2,7 Millionen Pfund aufzusto-cken.447

···································································Unter den vom Trust getragenen Infra-strukturprojekten wurde der Brückenbau zueinem Schwerpunkt. Eine seiner bedeu-tendsten Leistungen auf diesem Gebiet wardie Errichtung der „Alfred Beit Bridge“ überden Limpopo, lange Zeit die einzige Stra-ßen-Verbindung zwischen Rhodesien undTransvaal. 128.000 Pfund hat der Trust zwi-schen 1927 und 1929 in dieses Bauwerk in-vestiert, das wie ein Symbol für Beits Wunschsteht, zu verbinden. Ein nützliches Monu-ment – ein passendes Denkmal. Hätten dieBewohner des Landes auf staatliche Mittelfür den Bau der über vierzig vom Trust bis1932 errichteten Brücken warten müssen, siehätten wohl noch lange Jahre Geduld ge-braucht.448 Noch heute, nach einer Vielzahlhistorischer Umbrüche, fördert der „Beit-Trust“ Projekte im Bildungs-, Gesundheits-,Wohltätigkeits- und Umweltschutz-Be-reich, im Jahr 2005 in einer Gesamtsummevon etwa zwei Millionen Pfund.449

···································································Auch in Deutschland bedachte Beit in sei-nem Testament zahlreiche Institutionen,mit denen er verbunden war. Dem Kaiserli-chen Museum Berlin überließ Beit das Por-trät von Joshua Reynolds „Mrs. Boone undihre Tochter, später Lady Drummond“ so-wie die Bronzestatuette „Herkules“ von Pol-lajuolo. Das Museum für Kunst und Ge-werbe erhielt Majolika-Teller. Sowohl Al-fred Lichtwark als auch Wilhelm Bode

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Der Generalgouverneur von Südafrika eröffnet im Jahr 1928 die Beit-Bridge

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waren bestrebt gewesen, im Falle von BeitsAbleben seine Kunstsammlung für ihr je-weiliges Museum zu sichern, was beiden al-lerdings nicht gelang. Beide hatten versucht,Beit noch unmittelbar vor dessen Tod inWiesbaden aufzusuchen, um einen letztenAnlauf in dieser Sache zu unternehmen.Lichtwark wurde nicht vorgelassen, Bodewar in dieser Hinsicht erfolgreicher, konntejedoch in der Sache ebenso wenig erreichen.Pikanterweise machte Lichtwark daraufhinBode indirekt am Tode Beits mit verant-wortlich, da die Aufregung Beit geschadethabe.450

···································································Seine Heimatstadt bedachte Alfred Beit inseinem Testament auf besondere Weise. DerStadt Hamburg hinterließ er den „BorstelerJäger“, ein 188.000 qm großes Arreal inGroß-Borstel, als Naherholungsgebiet fürdie Hamburger Bevölkerung. Die Gabehatte einen damaligen Wert von 400.000Mark. Den Zweck seiner Stiftung be-stimmte Beits Testament elastisch: Für den„Borsteler Jäger“ legte es die Nutzung alsNaherholungsgebiet fest, befristet allerdingsauf zwanzig Jahre. Sollte es danach für gutbefunden werden, das Gelände zu verkau-fen, wurde dies der Stadt anheim gestellt.Der Erlös sollte dann für wohltätige Zweckeverwendet werden.451 Daneben gab Beit inHamburg 400.000 Mark in bar an wohltä-tige Einrichtungen, davon je 40.000 Markan die „Patriotische Gesellschaft“ und dieÖffentliche Bücherhalle, 20.000 Mark fürden „Deutschen Hilfsverein für entlasseneGefangene“, je 15.000 Mark für das Kran-kenhaus Bethanien und die Centralbiblio-thek für Blinde. Weitere 43 Institutionenund Vereine wurden mit Beträgen von10.000, 8.000 und 5.000 Mark bedacht.452

···································································

Mit Alfred Beits Testament haben die Stif-tungen seiner Familie in Hamburg jedochkein Ende genommen. Bereits 1894 hatteLaura Beit der Schule des Paulsenstifts50.000 Mark für ein Schulheim am Tim-mendorfer Strand (an der Lübecker Bucht)geschenkt, das als Erholungsheim fürschwächliche und unbemittelte Kinder die-nen sollte.453 Man erwarb ein 6.000 qm gro-ßes Grundstück und Gustav Zinnow, AlfredBeits Schwager, entwarf das Haus. LauraBeit stiftete zudem die gesamte Innenaus-stattung und versprach für die ersten Jahreeinen jährlichen Zuschuss von 1.000 Markzur Unterhaltung des Hauses. Benanntwurde das am 7. Juni 1896 eingeweihteHeim nach Laura Beits Tochter Olga, die injungen Jahren an einem Lungenleiden ver-storben war. Bei ihrem Tod im Jahr 1918 ver-machte die 93-jährige Laura Beit weitere80.000 Mark dem „Olgaheim“, das laut Sat-zung „Kindern aus allen Gegenden Deutsch-lands ohne Ansehen von Rasse und Konfes-sion einen Badeaufenthalt zu mäßigemPreise“ ermöglichen sollte.454

···································································Im Jahr 1909 schenkten Laura Beit und ihrSohn Otto der Vaterstädtischen Stiftung inHamburg je 100.000 Mark „zur Erinnerungund zum dauernden Andenken“ an ihrenverstorbenen Sohn und Bruder. Lauras On-kel, Ruben Hahn, hatte lange Jahre demVorstand der Stiftung angehört. Im 1909 er-richteten Alfred-und-Otto-Beit-Stift, HausVIII der Vaterstädtischen Stiftung in derSchedestr. 4, Hamburg-Eppendorf, entstan-den 34 Wohnungen, vier Familien- und 30Einzelwohnungen, die auf Wunsch derSchenkenden vor allem für Personen be-stimmt waren, die „im Haushalt dienendenStänden“ angehörten oder angehört hatten.Architekt war auch hier, wie bei zahlreichen

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Laura Beit, Bildnis von Leopold von Kalckreuth

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Bauten der Stiftung, Gustav Zinnow. Endeder zwanziger Jahre wurde das Gebäude ausMitteln Otto Beits aufgestockt; jetzt gab es46 Wohnungen. Noch bis in die NS-Zeitüberwies Ottos Witwe dem Stift monatlicheZuwendungen.455 Laura Beit stellte 191040.000 Mark für Heizmittel zur Verfü-gung.456

···································································Auch die Universität Hamburg wurde vonder Familie Beit weiter gefördert, genauerdie Hamburgische Wissenschaftliche Stif-tung: Otto Beit stiftete ihr 1926/27 dreiGrundstücke, die in der Rothenbaum-chausssee 5 und 7 sowie an der Alten Raben-straße 5 lagen. Bereits 1910 hatte Otto BeitStiftungen in Aussicht gestellt, dann jedochbrach der Erste Weltkrieg aus und alle Ver-bindungen waren zerschnitten. Nur zweiJahre nach Kriegsende, 1920, unternahmWerner von Melle über Max Warburg einenVersuch, den Faden neu zu knüpfen. Der inLondon als Mittelsmann eingeschaltete CarlGoldschmidt brachte jedoch die ernüch-ternde Nachricht, Beits Tasche sei für deut-sche Institute verschlossen – mit Ausnahmewohltätiger Stiftungen, „an denen seineMutter persönlich interessiert war“. ···································································In diesem Licht müssen daher die Passagenund die Art und Weise gesehen werden, indenen von Melle 1923/24 in seinen Erinne-rungen Alfred und Laura Beit und ihr Inter-esse an der Universität geschildert hat.457

Ob absichtlich oder nicht, von Melle hatteErfolg mit seiner Darstellung. Gustav Zin-now jr., der Neffe Alfred und Otto Beits,sandte zu Weihnachten 1923 von MellesWerk als Weihnachtsgeschenk nach Lon-don. Sir Otto zeigte sich in einem Dank-schreiben nach Lektüre der Beit-Kapitel„very much impressed (…) with the evident

great sincerity of the writer“, wie Zinnowdaraufhin an von Melle berichtete.458

···································································1924 griff der unermüdliche von Melle denFaden wieder auf und schrieb selbst an OttoBeit, um dessen Spendenbereitschaft zu son-dieren. Schenkungen und milde Stiftungenaus dem Ausland waren der Stiftung um sowillkommener, da das FinanzministeriumSteuerfreiheit in Aussicht stellte. Im März1926 überschrieb Otto Beit dann der Stif-tung die genannten drei Grundstücke, miteinem Vermögenswert von 350.000 Mark.459

Auch Alfred Beits Bruder hatte sich seinerVaterstadt gegenüber eine offene Hand be-wahrt.

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Olga Beit, Alfreds früh verstorbene Schwester

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Das Alfred-und-Otto-Beit-Stift der Vaterstädtischen Stiftung in Hamburg-Eppendorf, errichtet 1909

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··············································································································································419 Fort, Beit, S. 157.420 Rosenthal, New Light, S. 110. – In Fort, Beit, S. 152 f. trägt die Yacht den Namen „S. S. Toulaire“ und dieReise führte über Marseille, Algier, Alexandria und Kairo nach Jerusalem, Jericho und Syrien, und über Rhodosund Palermo zurück nach Neapel.421 Rosenthal, New Light, S. 116 ff.422 Fort, Beit, S. 163; Rosenthal, New Light, S. 120.

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423 Ebd.424 Fort, Beit, S. 166; Beit/Lockhart, The Will, S. 26.425 Zinnow, Beit-Chronik, S. 54.426 Fort, Beit, S. 167 f.; Boyd/Phimister, Beit, S. 857; Rosenthal, New Light, S. 129.427 Vgl. etwa ebd., S. 57 ff.428 Ebd., S. 131.429 Fort, Beit, S. 167 f.430 Ebd., S. 168.431 Rosenthal, New Light, S. 159.432 Hamburger Fremdenblatt, 22. Juli 1906 (in StA Hbg, ZAS, A 752, Beit).433 Fraser, Beit, S. 858.434 Ebd., S. 858.435 Ebd., S. 859. Verheiratet war er mit der Amerikanerin Lilian Carter, der Tochter eines Minen-Managers.Mit ihr hatte er vier Kinder. Der Erstgeborene, Theodore (geb. 1898), nahm sich mit 19 Jahren das Leben, weil erin dem besonders traditionsbewussten britischen Regiment, bei dem er Dienst tat, als vermeintlicher Jude bei derBeförderung übergangen worden war, Zinnow, Beit-Chronik, S. 69 f.; seine Töchter waren Angela und Muriel.Der zweite Sohn, Alfred (1903‒1994), heiratete 1939 Clementine Mitford, eine Cousine der Mitford-Schwestern,Nancy, Diana und Unity.436 Rosenthal, New Light, S. 154 ff.437 Boyd/Phimister, Beit, S. 857. Beits Partner, Julius Wernher, stiftete dem Imperial College sogar die stolzeSumme von 250.000 Pfund, Alter, Wissenschaft, S. 60.438 Rosenthal, New Light, S. 156.439 Nach Rosenthal (ebd., S. 150) ging das Geld schon zu Lebzeiten an die Hospitäler; das Guy’s Hospital er-hielt demnach lediglich 4.000 Pfund.440 Ebd., S. 156.441 Fort, Beit, S. 172 f.442 Rosenthal, New Light, S. 142‒147.443 Ebd., S. 156. Nach Fort, Beit, S. 220 lediglich 10.000 Pfund.444 Boyd/Phimister, Beit, S. 857, Zinnow, Beit-Chronik, S. 62 f.445 Fort, Beit, S. 165; Beit/Lockhart, The Will, S. 13.446 Ebd., S. 32.447 Fort, Beit, S. 39 f.448 Ebd., S. 41 f.449 Vgl. zum Fortwirken des Trusts Pye-Smith, Benefit, hier S. 146.450 Straelen, Alfred Beit, S. 34.451 Fort, Beit, S. 220 f.452 Zu den von Beit bedachten Einrichtungen vgl. im Detail den Hamburgischen Correspondenten, 18. No-vember 1906 (in StA Hbg., ZAS, A 752, Beit).453 Leiterin der Schule wurde Anna Wohlwill.454 Das Olgaheim, nicht pag. 455 Hönicke, Jüdische Stiftungen, S. 627; Eissenhauer, Wohnstiftungen, S. 136; Schwarz, Stiftung, S. 99 f.456 Ebd., S. 120.457 Melle, Dreißig Jahre, S. 366 und 385, insb. aber 391 f. 458 NL Werner von Melle, SUB Hamburg, Gustav Zinnow an Werner von Melle, 31. Dezember 1923.459 Archiv der Warburg-Stiftung, Hamburg, Mappe „Hamburgische Wissenschaftliche Stiftung“: Warburg anGoldschmidt, 16. November 1920; Goldschmidt an Warburg, 22. November 1920; Schreiben an Warburg, 19. No-vember 1920; Warburg an von Melle, 3. Dezember 1924; von Melle an Warburg, 31. Dezember 1924; Bilanz derHamburgischen Wissenschaftlichen Stiftung, 31. Dezember 1926.··············································································································································

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Über Jahrhunderte besaß Hamburg einenRatssilberschatz, ein Ensemble aus pracht-vollen Leuchtern, Kannen, Pokalen, Scha-len, Präsentiertellern, Aufsätzen, das bei gro-ßen festlichen Anlässen des Senats als Tafel-silber diente. 1842, beim Großen Brand,ging auch das alte Hamburger Rathaus inFlammen auf, und mit ihm wurde auch derRatssilberschatz vernichtet.460 Von ihm fan-

den sich nur noch geschmolzene Klumpen. ···································································Über die Jahre hinweg haben die Hambur-ger Bürger in ihrem Rathaus durch Spendeneinen neuen Silberschatz zusammengetra-gen. Die kostbaren Objekte zeugen von derLiebe der Bürger zu ihrer Stadt, von ihremStolz und auch von den kleinen Eitelkeitender Hanseaten. Auch Hamburger Juden

Diesen Brotkorb aus Silber stiftete Laura Beit 1906 dem Rat der Stadt Hamburg zum Andenken an ihren Sohn

Epilog

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[Das Bild ist in der Buchfassung abgedruckt]

Das „Alfred Beit Memorial“ in Kimberley

und Familien, die sich ehemals zum jüdi-schen Glauben bekannt hatten, beteiligtensich mit Spenden, so auch die Beits. ···································································Zum Andenken an ihren früh verstorbenenSohn stiftete Laura Beit im September 1906einen silbernen Brotkorb. Den Korb hatteAlfred ihr selbst geschenkt, es war ein ova-les, mit Rocaillen, Blüten und Blattrankenverziertes Stück, dessen gitterartiges Durch-bruchsmuster dem Rokoko entlehnt war.Auf einem Schild trug es die Aufschrift „Ge-stiftet von Frau Laura Beit zur Erinnerungan ihren Sohn Alfred Beit“.461

···································································Als der menschenverschlingende politische

und rassistische Wahn der Deutschen, dersich seit dem ausgehenden 19. Jahrhundertabgezeichnet hatte, unter der Nazi-Herr-schaft zu voller und greller Blüte gelangte,wurden auch die Beits wieder zu Juden er-klärt.462

···································································Überall suchten willige Helfer nach Zeug-nissen von jüdischem Leben in der Stadt,um sie zu tilgen und auch beim HamburgerSilberschatz wurden sie fündig, als sie auf die Gravuren der Familien Hertz, Wedells,Nordheim oder Lippert stießen. Die Gravu-ren wurden entfernt. Auch der Name Beitwurde im Juni 1940 von dem Brotkorb ge-tilgt463 und so versucht, das Andenken anjene Großzügigkeit auszulöschen, die AlfredBeits Familie ihrer Heimatstadt gegenüberbewiesen hatte und die sich so wenig in dasWeltbild der neuen Herren fügte. DieseSchändung war nur einer der vielen kleinenSchritte des Ausschlusses, hin auf dem Wegzum Massenmord. ···································································Erst 1996/97 wurden die Gravuren wiederangebracht – die Geste eines HamburgerVerlagshauses, um die Verwüstungen zumindern, wo Schuld nicht abgetragen wer-den konnte. ···································································Heute erinnert der kleine Schriftzug wie-der an jenen außerordentlich erfolgreichenMinenmagnaten und weit blickenden Fi-nanzier, diesen schüchternen und wohlha-benden Mann, der freudigen Herzens undohne öffentliches Aufheben davon zu ma-chen, seiner Heimatstadt bedeutende Mit-tel für gute Zwecke überlassen hat, und derwie kein anderer Privatmann seiner Zeit be-reit war, durch seinen Beitrag zur Gründungeiner Universität das geistige Leben derHansestadt zu fördern.

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··············································································································································460 Bereits während der Napoleonischen Kriege zu Beginn des 19. Jahrhunderts war das ganz alte HamburgerRatssilber eingeschmolzen worden. Danach begann die Sammlung jenes Ensembles, das 1842 vernichtet wurde.461 BILD Hamburg/Heyl, Silberschatz, S. 162 und 173.462 In vielen Büchern wird Alfred Beit als Jude bezeichnet (und auch im Oxford Dictionary of National Bio-graphy von 1912 hieß es über Beit „Jewish by race, Lutheran by religion“, Art. Beit, S. 127). Heute wundert unsdas, war Beit doch der Sohn von Eltern, die zum Christentum konvertiert waren. Wenn wir Juden nicht als „Rasse“begreifen, sollten wir christliche Konvertiten auch nicht Juden nennen.463 BILD Hamburg/Heyl, Silberschatz, S. 154. ··············································································································································

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·······························································································464 Für einen umfangreichen Stammbaum der Familie Beit vgl. Zinnow,Beit-Chronik, S. 108 ff.; zur näheren Verwandschaft ders., Hahn-Chronik.Daneben Jacobi, The Beit (Beyth) Family (allerdings nicht durchgängig ver-lässlich).·······························································································

Anhänge

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Philipp Raphael Beit (1787–1851) OO Philippine Feidel (1794–1851)4 Kinder, darunter

Ferdinand Beit (1817–1870) OO Johanna Ladenburg (1829–1915)

4 Kinder

Bertha Phillipine

Beit (1851–1907)

Alfred Beit(1853–1906)

(stirbt unverheiratet)

Antonie Beit(1854–1925)

Susanne Olga Beit

(1859–1890)

Theodor August Beit(1861–1896)

(Sir) Otto John Beit

(1865–1930) OO MargaretLilian Carter(1874–1946)

4 Kinder, darunter

··············································································································································Stammtafel (Auszug)464

··············································································································································

Sir Alfred Lane Beit

(1903–1994)

Siegfried Beit (1818–1881) OO Laura Caroline Hahn (1824–1918)

6 Kinder

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··············································································································································Alfred Beits Lebensdaten im Überblick··············································································································································15. Februar 1853 geboren in Hamburg1870–1875 Ausbildung zum Kaufmann in Hamburg und Amsterdam; Wehrdienst1875 Beit geht für die Firma D. Lippert & Co als Diamantenhändler nach Süd-

afrika1878 Beit macht sich selbständig1879 Beit trifft Cecil Rhodes; Beginn einer engen „finanziellen Freundschaft“1880 Angestellter von Jules Porgès & Co1884 alleiniger Repäsentant von Jules Porgès & Co in Südafrika1886 Beginn von Beits Investment am Witwatersrand1888 Gründung von De Beers Consolidated Mines Ltd.; Errichtung des Diaman-

tenmonopols; Gouverneur auf Lebenszeit von De Beers; Partner von JulesPorgès

1888 Übersiedlung nach London; regelmäßige Aufenthalte in Südafrika1889 Gründung der „British South African Company“ (BSAC) durch Cecil

Rhodes; Beit wird einer der Direktoren1890 Jules Porgès & Co wird zu Wernher, Beit & Co1891 Reise nach Matabeleland1895/96 Jameson Raid auf Transvaal. Ein Untersuchungsausschuss des britischen

Unterhauses verurteilt Beit zum Rücktritt als Direktor der BSAC1898 Beit nimmt die englische Staatsbürgerschaft an1899–1902 Burenkrieg1902 Tod von Cecil Rhodes1903 Beit erleidet einen Schlaganfall1904/05 Stiftung eines Lehrstuhls für Kolonialgeschichte an der Universität Oxford1902/04 Rückkehr in den Vorstand der BSAC; Vizepräsident1905 Millionen-Spende an die Hamburgische Wissenschaftliche Stiftung1905 Audienz bei Wilhelm II.16. Juli 1906 Tod; Gründung des „Beit-Trust“

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Dank:Mein Dank gilt an erster Stelle Mr. Neil Munro,Wimbledon, der durch Informationen und die Be-reitstellung von Materialien die Entstehung dieserStudie hilfreich unterstützt hat. Auch danke ich SirAlan Munro, Mr. Angus Ramsay und dem „Beit-Trust“. Frau Dr. Angelika Dombrowski, Hamburg,danke ich für die zeitweilige Überlassung ihrerFamilienchroniken, Frau Annette Kicken, geb. vanStraelen, desgleichen für ein Exemplar ihrer Magis-terarbeit. Herrn Max Warburg, Hamburg, dankeich für seine Bereitschaft, mir die Türen des Fami-lienarchivs zu öffnen, Frau Dr. Dorothea Hauserdort für die Unterstützung und ihren Einsatz beider Beschaffung der Materialien. Dank für Unter-stützung gilt ebenso Frau Dr. Angela Graf vomMuseum für Kunst und Gewerbe, Hamburg, denMitarbeitern des Hamburg-Museums sowie desStaatsarchivs Hamburg.··································································· Unveröffentlichte Quellen:Vorbemerkung: Es ist kein geschlossener Familien-nachlass von Alfred Beit erhalten. SchriftstückeBeits finden sich zerstreut in zahlreichen Archiven,sind aber wohl vielfach auch vernichtet wordenoder verloren gegangen. Nach van Straelen, AlfredBeit, S. 14 und Appendix I, S. I wurde Beits Korres-pondenz nach dessen Tod und auf eigenen Wunschvon seinem Freund Julius Wernher vernichtet. Wasin diesem Punkt nachdenklich stimmt, sind die de-taillierten Aussagen über Beits Familienkorrespon-denz bei Fort, Beit, S. 89, die darauf deuten könn-ten, dass sich doch Teile erhalten haben. ··································································· Der Verbleib der Archivalien, die sich im Besitz vonEric Zinnow befanden (einem Enkel von AlfredBeits Schwester, Bertha), so etwa Beits Wehrpass,

einige Briefe und die Stammtafel der Familie, dievon Oswald Lassally 1936 erstellt wurde, ist nachAuskunft von dessen Tochter Dr. Angelika Dom-browski, Hamburg, unklar.··································································· Auf die in südafrikanischen und englischen Archi-ven erhaltene Korrespondenz (etwa in RhodesHouse, Oxford) konnte im Rahmen der vorliegen-den Darstellung nicht zurückgegriffen werden. DerZugang zu den Briefen Beits im Nachlass von Al-fred Lichtwark im Archiv der Kunsthalle Hamburgwar aus konservatorischen Gründen verwehrt. Aufeine Auswertung des Bestandes im Archiv der Na-tionalgalerie Berlin (Inventar-Nr. 2077) wurde ver-zichtet, ebenso blieben die im Teilnachlass Wilhelmvon Bode im Zentralarchiv der Staatlichen Museenzu Berlin-PK, Sign. 727 befindlichen 47 Briefe Beitsaus dem Zeitraum 1891 bis 1906 unberücksichtigt.Für diese beiden Bestände konnte auf die detail-lierte Studie von Annette van Straelen zurückgegrif-fen werden. Ausgewertet wurden:Archiv des Museum für Kunst und Ge-werbe, Hamburg, Bestand Justus Brinckmann(1843–1915), Korrespondenz, Dir. Br. 27 (Ordner 25)Leo Baeck Institute, New York, HermannRobinow, Aus dem Leben eines Hamburger Kauf-manns. Nach seinen Tagebüchern geordnet vonAdele Jaffé, M. E. 490Staats- und Universitätsbibliothek, Ham-burg, Handschriftensammlung, NL von MelleStaatsarchiv, Hamburg, Zeitungsausschnitt-Sammlung, A 752, Beit, AlfredArchiv der Warburg-Stiftung, Hamburg,Handakten Max Warburg betr. „HamburgischeWissenschaftliche Stiftung“···································································

Quellen, Literatur und Bildnachweis

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Unveröffentlichte Literatur:Jacobi, Paul J.: The Beit (Beyth) Family, Jerusa-lem 1991 (unzuverlässig!)Loveday, Arthur F.: Alfred Beit the Benefactor(Typoskript, 17 Seiten, im Besitz von Neil Munro,Wimbledon)Munro, Neil: Alfred Beit and Mrs. Bennett(Typoskript, 12 Seiten, im Besitz von Neil Munro,Wimbledon)Ders.: Alfred Beit. Some Family Byways (Typo-skript, 5 Seiten, im Besitz von Neil Munro, Wim-bledon)Rosenthal, Eric: New Light on Alfred Beit(Typoskript, 173 Seiten, im Besitz von Neil Munro,Wimbledon)Zinnow, Eric: Die Beit-Chronik. Geschichte ei-ner Familie von ihren Ursprüngen bis in die Gegen-wart, Würzburg 1995Ders.: Die Hahn-Chronik. Geschichte einer Fa-milie von ihren Ursprüngen bis in die Gegenwart,Würzburg 1996··································································· Literatur und veröffentlichte Quellen:125 Jahre Norddeutsche Affinerie, Ham-burg 1991Alter, Peter: Wissenschaft, Staat, Mäzene. An-fänge moderner Wissenschaftspolitik in Großbri-tannien 1850–1920, Stuttgart 1981 (Veröffentlichun-gen des Deutschen Historischen Instituts London;12)Andrees, Richard: Allgemeiner Handatlas, 2.verb. und verm. Aufl., Bielefeld, Leipzig 1887Art. Beit, Alfred, in: Lee, Sidney (Hg.): TheDictionary of National Biography, SupplementJanuary 1901 – December 1911, Vol. I., o. O. 1912(ND Oxford 1951), S. 127–129Art. Beit, Alfred, in: Wininger, Salomon: Gro-ße jüdische National-Biographie, Band 6, S. 447,ND Nendeln (Lichtenstein) 1979 (fehlerhaft!)Baark, Katharina: Hamburger Häuser erzählenGeschichten, Hamburg 1991Baasch, Ernst: Geschichte Hamburgs 1814–1918,Band 1: 1814–1867, Gotha u. a. 1924 (AllgemeineStaatengeschichte, 3. Abt., Deutsche Landesge-schichten; 13)Bake, Rita: Marie Lippert, in: Dies.; Reimers,Brita (Hg.): Stadt der toten Frauen. Der Hambur-ger Friedhof Ohlsdorf in 127 Frauenportraits, Ham-burg 1997, S. 55–59

Battenberg, Friedrich: Das EuropäischeZeitalter der Juden. Zur Entwicklung einer Min-derheit in der nichtjüdischen Umwelt Europas,Band 1: Von den Anfängen bis 1650, Darmstadt1990Beit, Alfred; Lockhart, John G.: The willand the way: being an account of Alfred Beit andthe trust which he founded, 1906–1956, London,New York 1958Bell, Duncan: The Idea of Greater Britain. Em-pire and the Future of World Order, 1860–1900,Princeton, Oxford 2007Bender, Steffen: Der Burenkrieg und diedeutschsprachige Presse. Wahrnehmung und Deu-tung zwischen Bureneuphorie und Anglophobie1899–1902, Paderborn u. a. 2009 (Krieg in der Ge-schichte; 52)Bernecker, Walther L.: Spanische Geschich-te. Vom 15. Jahrhundert bis zur Gegenwart, Mün-chen 32003 (erstmals 1999)BILD Hamburg; Heyl, Menso (Hg.): DerHamburger Silberschatz. Auf der Spur von fünfJahrhunderten. Katalog zur Ausstellung von BILDHamburg in der Springer Passage, 14. November bis21. Dezember 1997, München 1997Bode, Wilhelm: Die Kunstsammlungen desHerrn Alfred Beit in seinem Stadthause in ParkLane zu London, Berlin 1904Ders.: Alfred Beit als Sammler, in: Kunstchronik31 (27. Juli 1906), S. 483–486Ders.: Mein Leben, Band 1: Textband, hg. vonThomas W. Gaehtgens und Barbara Paul, Berlin1997Böhm, Ekkehard: Hamburger Großkaufleutein Südafrika zu Ende des 19. Jahrhunderts, in: Zeit-schrift des Vereins für Hamburgische Geschichte 59(1973), S. 37–54Böhm, Günter: Die Sephardim in Hamburg, in:Herzig, Arno; Rohde, Saskia (Hg.): Die Geschichteder Juden in Hamburg, Band 2: Die Juden in Ham-burg 1590–1990. Wissenschaftliche Beiträge der Uni-versität Hamburg zur Ausstellung „VierhundertJahre Juden in Hamburg“, Hamburg 1991, S. 21–40Bolland, Jürgen: Die Gründung der „Ham-burgischen Universität“, in: Universität Hamburg1919-1969, Hamburg 1970, S. 17–105Boyd, C. W.; Phimister, Ian: Art. Beit, Alfred,in: Oxford Dictionary of National Biography, Band4, Oxford 2004, S. 856–858

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Brinckmann, Justus: Sammlungen des HerrnAlfred Beit in London. Japanische Schwertzieraten:Tsuba, Fuchikashira, Menuki, Kozuka, Kogai, Ham-burg 1906Bülow, Bernhard von: Denkwürdigkeiten,Band 2, Berlin o. J. (1930)Burchardt, Lothar: Wissenschaftspolitik imWilhelminischen Deutschland. Vorgeschichte,Gründung und Aufbau der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften,Göttingen 1975 (Studien zu Naturwissenschaft,Technik und Wirtschaft im neunzehnten Jahrhun-dert; 1)Camplin, Jamie: The Rise of the Plutocrats.Wealth and Power in Edwardian England, London1978Cartwright, Alan P.: The Corner House. TheEarly History of Johannesburg, London 1965Chilvers, Hedley A.: The Story of De Beers,London u. a. 1939Crook, J. Mordaunt: The Rise of the Nouve-aux Riches. Style and Status in Victorian and Ed-wardian Architecture, London 2000Czaya, Eberhard: Der deutsche Anteil an derAusbeutung Südafrikas 1898–1914, in: Stoecker,Helmuth (Hg.): Drang nach Afrika. Die kolonialeExpansionspolitik und Herrschaft des deutschenImperialismus in Afrika von den Anfängen bis zumEnde des zweiten Weltkrieges, (Ost-)Berlin 1977, S. 216–220Deppisch, Walter: 100 Jahre Beit & Co.1876/1976, Hamburg 1976Eissenhauer, Michael: Die HamburgerWohnstiftungen des 19. Jahrhunderts: „Ein Denk-mal, welches theilnehmende Liebe gestiftet hat …“,Hamburg 1987 (Arbeitshefte zur Denkmalpflege inHamburg; 9)Emden, Paul H.: Randlords, London 1935Ders.: Jews of Britain. A Series of Biographies,London o. J. (1944)Ettinger, Shmuel: Geschichte des jüdischenVolkes, 3. Band: Vom 17. Jahrhundert bis zur Ge-genwart: Die Neuzeit, hg. von Haim Hillel Ben-Sasson, München 1980Ferguson, Niall: Die Geschichte der Roth-schilds. Propheten des Geldes, Band 2: 1849–1999,Stuttgart, München 2002Fisch, Jörg: Geschichte Südafrikas, München21991

Fort, Georg S.: Alfred Beit. A Study of the Manand his Work, London 1932Fraser, Maryna: Art. Beit, Sir John Otto, in:Oxford Dictionary of National Biography, Band 4,Oxford 2004, S. 858–859Gaehtgens, Thomas W.: Wilhelm von Bodeund seine Sammler, in: Mai, Ekkehard; Paret, Peter(Hg.): Sammler, Stifter und Museen. Kunstförde-rung in Deutschland im 19. und 20. Jahrhundert,Köln, Weimar, Wien 1993, S. 153–172Galbraith, John S.: Crown and Charter. TheEarly Years of the British South Africa Company,Berkeley u. a. 1974Geppert, Dominik; Gerwarth, Robert (Hg.):Wilhelmine Germany and Edwardian England.Essays on Cultural Affinity, Oxford, New York2008Girardet, Cella-Margaretha: Jüdische Mä-zene für die Preußischen Museen zu Berlin. EineStudie zum Mäzenatentum im Deutschen Kaiser-reich und in der Weimarer Republik, Egelsbach u. a. 22000Gordon, C. T.: The Growth of Boer Oppositionto Kruger 1890–1895, Cape Town u. a. 1970Herzig, Arno: Die Juden in Hamburg 1780–1860, in: Ders.; Rohde, Saskia (Hg.): Die Ge-schichte der Juden in Hamburg, Band 2: Die Judenin Hamburg 1590–1990. Wissenschaftliche Beiträgeder Universität Hamburg zur Ausstellung „Vier-hundert Jahre Juden in Hamburg“, Hamburg 1991,S. 61–75Hind, R. J.: Henry Labouchere and the Empire1880–1905, London 1972Hoche, R.: Art. Schleiden, Karl Heinrich, in: All-gemeine Deutsche Biographie, Band 31, Leipzig1890, S. 416–417Hönicke, Günter: Jüdische Stiftungen und Le-gate in Hamburg bis 1943, Hamburg 2001Jeeves, Alan H.: Migrant Labour in South Afri-ca’s Mining Economy. The Struggle for the GoldMines Labour Supply 1890–1920, Kingston u. a.1985Joch, Markus: Sammeln, forschen, erzählen, er-zählen, erzählen. Leo Frobenius am Kongo-Kassai,in: Honold, Alexander; Simons, Oliver (Hg.): Ko-lonialismus als Kultur. Literatur, Medizin, Wissen-schaft in der deutschen Gründerzeit des Fremden,Tübingen, Basel 2002, S. 105–126 (Kultur – Herr-schaft – Differenz; 2)

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Justus, Christian: Das Leben und Wirken desHamburger Kaufmanns Alfred Beit, DiplomarbeitUniversität Hamburg 1990Kaplan, Mendel; Robertson, Marian:Founders and Followers. Johannesburg Jewry 1887–1915, Cape Town 1991Kennedy, Paul M.: The Rise of the Anglo-Ger-man Antagonism 1860–1914, London, Boston, Syd-ney 1980Klemm, David: Das Museum für Kunst und Ge-werbe Hamburg, Band 1: Von den Anfängen bis1945, Hamburg 2004Kleßmann, Eckart: Geschichte der StadtHamburg, Hamburg 1981Klössel, Hans: Die Südafrikanischen Republi-ken. Buren-Freistaaten. Geschichte und Land derBuren für Deutschlands Export und Auswande-rung, Leipzig 1888Köhler, Ingo: Wirtschaftsbürger und Unter-nehmer – Zum Heiratsverhalten deutscher Privat-bankiers im Übergang zum 20. Jahrhundert, in:Ziegler, Dieter (Hg.): Großbürger und Unter-nehmer. Die deutsche Wirtschaftselite im 20. Jahr-hundert, Göttingen 2000, S. 116–143 (Bürgertum;17)Krohn, Helga: Die Juden in Hamburg. Die po-litische, soziale und kulturelle Entwicklung einerjüdischen Großstadtgemeinde nach der Emanzipa-tion 1848–1918, Hamburg 1974 (Hamburger Bei-träge zur Geschichte der deutschen Juden; 4)Kubicek, Robert V.: Economic Imperialism inTheory and Practice. The Case of South AfricanGold Mining Finance 1866–1914, Durham 1979Laufer, Jochen: Die deutsche Südafrikapolitik1890–1898 im Spannungsfeld zwischen deutsch-englischen Beziehungen, Wirtschaftsinteressen undExpansionsforderungen in der bürgerlichen Öf-fentlichkeit, Dissertation (Ost-)Berlin 1986Lenk, Heinrich von: Die Geschichte Trans-vaals unter der Präsidentschaft Paul Krügers biszum Ausbruch des großen Krieges 1884–1899, Leip-zig o. J. (1904)Longford, Elizabeth: Jameson’s Raid. ThePrelude to the Boer war, London 1982Lovell, Reginald I.: The Struggle for SouthAfrica 1875–1899. A Study in Economic Imperia-lism, New York 1934Mai, Ekkehard; Paret, Peter (Hg.): Samm-ler, Stifter und Museen. Kunstförderung in Deutsch-

land im 19. und 20. Jahrhundert, Köln, Weimar,Wien 1993Marais, J. S.: The Fall of Kruger’s Republic, Ox-ford 1962Marwedel, Günter: Die aschkenasischen Ju-den im Hamburger Raum (bis 1780), in: Herzig,Arno; Rohde, Saskia (Hg.): Die Geschichte der Ju-den in Hamburg, Band 2: Die Juden in Hamburg1590–1990. Wissenschaftliche Beiträge der Úniver-sität Hamburg zur Ausstellung „Vierhundert JahreJuden in Hamburg“, Hamburg 1991, S. 41–60Marwedel, Günter: Geschichte der Juden in Hamburg, Altona und Wandsbek, Hamburg1982The Matabeleland Travel Letters of Ma-rie Lippert, 21. September – 23. December 1891,translated from German and introduced by EricRosenthal, edited with additional notes by D. H.Varley, Cape Town 1960Melle, Werner von: Dreißig Jahre HamburgerWissenschaft 1891–1921. Rückblicke und persönli-che Erinnerungen, Band 1, Hamburg 1923Meredith, Martin: Diamonds, Gold, and War.The British, the Boers, and the Making of SouthAfrica, New York 2007Möring, Maria: Art. Beit, in: Neue DeutscheBiographie, hg. von der Historischen Kommissionder Bayerischen Akademie der Wissenschaften,Band 2, Berlin 1955, S. 23 f. (unzuverlässig)Mosse, Werner E.; Carlebach, Julius (Hg.):Second chance. Two Centuries of German-speakingJews in the United Kingdom, Tübingen 1991(Schriftenreihe wissenschaftlicher Abhandlungendes Leo Baeck Instituts; 48)Nasson, Bill: The South African War, 1899–1902, London 1999Nutting, Anthony: Scramble for Africa. TheGreat Trek to the Boer War, London 1970Das Olgaheim. Eine Erinnerung an Laura Beitaus den Akten des Paulsenstifts, in: Bunsen, Ger-trud (Hg.): Erinnerungen an Pöseldorf, Band 3: Er-innerungen rund um Pöseldorf, Hamburg 1993,nicht paginiertPakenham, Thomas: The Boer War, Johannes-burg 1993Ders.: The Scramble for Africa 1876–1912, Lon-don 21993Prior, Karl: 100 Jahre Norddeutsche Affinerie,Hamburg 1966

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Pye-Smith, Charlie: For the Benefit of thePeople. A Hundred Years of the Beit-Trust, Woking2006Roberts, Brian: The Diamond Magnates, Lon-don 1972Röhl, John C. G.: Wilhelm II. – Der Aufbauder Persönlichen Monarchie, 1888–1900, München2001Rosenbach, Harald: Das Deutsche Reich,Großbritannien und der Transvaal (1896–1902),Göttingen 1993 (Schriftenreihe der HistorischenKommission bei der Bayerischen Akademie derWissenschaften; 52)Rotberg, Robert I.: The Founder. Cecil Rho-des and and the Pursuit of Power, New York, Ox-ford 1988Schaar, Johann: Alfred Beit, Hamburg 1906Schiefler, Gustav: Eine hamburgische Kultur-geschichte 1890–1920. Beobachtungen eines Zeit-genossen. Bearbeitet von Gerhard Ahrens, HansWilhelm Eckardt und Renate Hauschild-Thiessen,Hamburg 1985 (Veröffentlichungen des Vereins fürHamburgische Geschichte; 27)Schwarz, Angela: Die Vaterstädtische Stiftungin Hamburg in den Jahren von 1849 bis 1945, Ham-burg 2007 (Schriften zur Sozial- und Wirtschafts-geschichte; 10)Smith, Iain R.: The Origins of the South Afri-can War, 1899–1902, London, New York 1996Smith, Simon C.: British Imperialism 1750–1970, Cambridge 1998Stoecker, Helmuth; Czaya, Eberhard:Wirtschaftliche Expansion und politische Ziele inSüdafrika 1884–1989, in: Stoecker, Helmuth (Hg.):Drang nach Afrika. Die koloniale Expansionspoli-tik und Herrschaft des deutschen Imperialismus inAfrika von den Anfängen bis zum Ende des zwei-ten Weltkrieges, (Ost-)Berlin 1977, S. 95–106Straelen, Annette van: Alfred Beit. The Caseof an International Collector and Patron, MA Lon-don University, Hamburg 1998Studemund-Halévy, Michael: Biographi-sches Lexikon der Hamburger Sepharden. DieGrabinschriften des Portugiesenfriedhofs an derKönigstraße in Hamburger-Altona, Hamburg 2000(Hamburger Beiträge zur Geschichte der deutschenJuden; 22)Terwey, Susanne: Moderner Antisemitismus inGroßbritannien 1899–1919. Über die Funktion von

Vorurteilen sowie Einwanderung und nationaleIdentität, Würzburg 2006Thilenius, Georg: Das Hamburgische Mu-seum für Völkerkunde, Berlin 1916 (Museums-kunde; Beiheft XIV)Turrell, Robert V.: Capital and Labour on theKimberley Diamond Fields 1871–1890, Cambridge1987Valentiner, Wilhelm R.: Sammlungen desHerrn Alfred Beit in London. Spanisch-maurischeFayencen, London 1906, Hamburg 1906Wheatcroft, Geoffrey: The Randlords, NewYork 1987Windler, Christian: Religiöse Minderheitenim christlichen Spanien, in: Schmidt, Peer (Hg.):Kleine Geschichte Spaniens, Leipzig 2004, S. 105–121Worger, William H.: South Africa’s City ofDiamonds. Mine Workers and Monopoly Capital-ism in Kimberley 1867–1895, New Haven, London1987Zinnow, Eric: Mittelweg 111 und 113 – Die Häu-ser der Zinnows und Beits, in: Bunsen, Gertrud(Hg.): Erinnerungen an Pöseldorf, Band 3: Erinne-rungen rund um Pöseldorf, Hamburg 1993, nichtpaginiert

···································································Trotz sorgfältiger Nachforschungen konnten nichtfür alle Abbildungen die Rechteinhaber ermitteltwerden. Sollte jemand in urheberrechtlicher Bezie-hung Rechte geltend machen, so möge er sich andie Hamburgische Wissenschaftliche Stiftung wen-den.···································································Bildnachweis:Aurubis AG (S. 12, 14)Baark, Katharina: Hamburger Häuser erzählen Ge-schichten, Hamburg 1991 (S. 63)Beit, Alfred; Lockhart, John G.: The will and theway: being an account of Alfred Beit and the trustwhich he founded, 1906–1956, London, New York1958 (S. 19, 22, 52, 107, 127, 130)Beit-Trust (S. 105, 128, 132, 137)bpk (S. 101)Cartwright, Alan P.: The Corner House. The EarlyHistory of Johannesburg, London 1965 (S. 37, 69)

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Chilvers, Headley A.: The Story of De Beers, Lon-don u. a. 1939 (S. 7, 30 f., 33, 38, 43, 82)Edward Linley Sambourne (S. 57)Fort, Georg S.: Alfred Beit. A Study of the Man andhis Work, London 1932 (S. 93, 95)Foto Annette Kicken (S. 125)Foto Baronin Merck (S. 101)Foto Franz Marc Frei, München (S. 32)Foto Jan Luchterhand (S. 9, 97 f.)Foto Karin Kiemer, Hamburg (S. 136)Foto Rudolph Dührkoop (S. 53, 115)Foto Sebastian Frost (S. 118)Hamburger Bibliothek für Universitätsgeschichte(S. 113)Hamburger Kunsthalle/Elke Walford (S. 109)Herzig, Arno; Rohde, Saskia (Hg.): Die Geschichteder Juden in Hamburg, Band 2: Die Juden in Ham-burg 1590–1990. Wissenschaftliche Beiträge derUniversität Hamburg zur Ausstellung „400 JahreJuden in Hamburg“, Hamburg 1991 (S. 15)Kimberley Public Library (S. 36)McGregor Museum, Kimberley (S. 50)

Museum für Kunst und Gewerbe, Hamburg (Un-terschrift Umschlag, S. 102)Museum für Kunst und Gewerbe, Hamburg/Ru-dolph Dührkoop (S. 101)Museum Africa, Johannesburg (S. 47, 83)Pakenham, Thomas: The Boer War, Johannesburg1993 (S. 58, 80)Rasmussen, Jörg (Bearb.): Italienische Majolika.Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg, Ham-burg 1984 (Kataloge des Museums für Kunst undGewerbe Hamburg; 6) (S. 108) Staatsarchiv, Hamburg (S. 13)Straelen, Annette van: Alfred Beit. The Case of anInternational Collector and Patron, MA LondonUniversity, Hamburg 1998 (S. 120)Vaterstädtische Stiftung (S. 134)The National Library of South Africa (S. 124)Wheatcroft, Geoffry: The Randlords, New York1987 (S. 62)Zinnow, Eric: Die Beit-Chronik. Geschichte einerFamilie von ihren Ursprüngen bis in die Gegen-wart, Würzburg 1996 (S. 16, 22, 71, 96, 116 f., 133)

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Verzeichnet sind die Namen von Personen und Fa-milien, die in den Kapiteln 1 bis 12 genannt werden.Anmerkungen bleiben unberücksichtigt, ebensoder Name Alfred Beit. Ein * verweist darauf, dassauf der angegebenen Seite (auch) ein Bild der jewei-ligen Person bzw. der Name eines Malers erscheint.Bei den Vornamen findet zumeist eine Beschrän-kung auf den Rufnamen statt; Adelstitel werden imRegister weggelassen.···································································Albu 77Albu, Georg 94Albu, Leopold 94Amsinck, Gustav 119d’Arcet, Jean Pierre Joseph 13Arnold, Adolph (Israel) 17Arnold, Louise (sh. Louise Goldschmidt)Arnold, Rosa (geb. Hahn) 17, 18··································································· Barnato, Barney 44, 49, 50*, 51, 77, 94Beit, Alfred Lane 103Beit, Antonie 20Beit, Bertha (sh. Bertha Zinnow)Beit, Carl 14Beit, Clementine (geb. Freeman-Mitford) 103Beit, Eduard (auch Eduard Beit von Speyer) 14Beit, Elieser Liepmann 12Beit, Emma (sh. Emma Robinow)Beit, Ferdinand (1817–1870) 14*, 19Beit, Ferdinand (1856–1937) 14Beit, Gustav 14Beit, Hannah 13Beit, Hanna Lucie (geb. Speyer) 14Beit, Isaac (auch Isaac Reinbach) 12Beit, Isaac Salomon 12Beit, John Raphael 13Beit, Johanna (geb. Ladenburg) 14

Beit, Laura Caroline (geb. Hahn) 16*, 17, 18, 19, 21,95, 96, 100, 114, 116*, 117, 119, 120, 131, 132*, 133, 137Beit, Levin Salomon 12Beit, Li(e)p(p)man(n) Raphael 13Beit, Marcus Salomon 12*, 13, 18Beit, Margaret Lilian (geb. Carter) 133Beit, Olga 20, 131, 133*Beit, Otto 18, 20, 98, 125, 126, 127*, 129, 133Beit, Philipp Raphael 14, 16Beit, Philippine (geb. Feidel) 14Beit, Raphael Salomon 12, 13, 14, 17Beit, Rebecka 12Beit, Salomon Isaac 12Beit, Siegfried 16, 17, 19Beit, Theodor 20, 21Beit, Zippora Pe’sche (genannt Betty, sh. ZipporaPe’sche Goldschmidt)Bennett 98Bennett, Eliza(beth) 96, 98Bennett, Olga 98Bischoffsheim, Henri 94Bismarck, Otto 87, 88Bode, Wilhelm 90, 91, 98, 100, 101*, 102, 108, 126,129, 131Boldini, Giovanni 103, 105*Brinckmann, Julius 101*, 102, 108, 109Bülow, Bernhard 91··································································· Cambridge, Alexander (Earl of Athlone) 130*Carlyle, Thomas 60Carter, Margaret Lilian (sh. Margaret Lilian Beit)Cassel, Ernest 90, 94Churchill, Randolph 62, 78Churchill, Winston 62··································································· Daumier, Honoré 109Dehn, Bernhard Abraham 17, 18

Namensregister

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Dehn, Elisabeth (sh. Elisabeth Goldschmidt)Dehn, Marianne 18Dehn, Moritz 17Dehn, Otto 18Herzogin von Devonshire 106Dickens, Charles 102Diederichsen, Gustav 119Dilke, Charles 60Dudley 99Earl von Dudley 28van Dyck, Anthonis 98··································································· Edward VII., König von England 91, 106Eckstein, Friedrich 94Eckstein, Hermann 68, 72, 94Eliot, George 102Ellermann 94··································································· Falcke 100Feidel, Albrecht 14Feidel, David 14Feidel, Philippine (sh. Philippine Beit)Feidel, Philippine (geb. Beit) 14Ferdinand II. von Aragon 10Fitzpatrick, Percy 72Fort, Seymour 96*Freeman-Mitford, Clementine (sh. ClementineBeit)Friedländer, Max J. 103Friedrich II., König von Preußen 91Frobenius, Leo 106··································································· Gainsborough, Thomas 98, 103, 109George V., König von England 94Godeffroy, Johann Caesar 13, 14Goerz 77Goerz, Adolf 87Goldschmidt, Adeline (geb. Wolffson) 17Goldschmidt, Carl 18, 133Goldschmidt, Eduard 17, 18Goldschmidt, Elisabeth (geb. Dehn) 18Goldschmidt, Isaac Meyer 17Goldschmidt, Louise (geb. Arnold) 17Goldschmidt, Martin 17Goldschmidt, Meyer Abraham 17Goldschmidt, Otto 17, 18Goldschmidt, Wilhelm 17Goldschmidt, Zippora Pe’sche (genannt Betty, geb.Beit) 17

Graumann, Harry 46Grey, Albert Henry George 124Guardi, Francesco 98··································································· Hachmann, Gerhard 114Hahn, Adele (sh. Adele Lippert)Hahn, Heymann 16Hahn, Jacob Joseph 16Hahn, Laura Caroline (sh. Laura Beit)Hahn, Pauline (sh. Pauline Robinow)Hahn, Rosa (sh. Rosa Arnold)Hahn, Ruben 131Hahn, Susanna (geb. Lazarus) 16Haller, Martin 14Hals, Franz 98, 110Hammershøi, Vilhelm 109Harcourt, William 81Hawksley, Bourchier Frances 129Hertz, Wilhelm 18Hirsch 94Hobbema, Meindert 99Hobson, John Atkinson 89Hopner, John 99··································································· Isabella I. von Kastilien 10··································································· Jameson, Leander Starr 78, 81, 82*, 83, 123, 126··································································· Kalckreuth, Leopold 110, 132*Kann, Rudolph 39, 51, 102Kitchener, Horatio Herbert 76Koppel, Leopold 119Kru(e)ger, Stephanus Johannes Paulus 76, 79, 80*,81, 87, 88, 89Krupp von Bohlen, Gustav 119 ··································································· Labouchere, Henry 78, 81, 83, 84Ladenburg, Johanna (sh. Johanna Beit)Ladenburg, Seligmann 14Lazarus, Susanna (sh. Susanna Hahn)Leopold II., König von Belgien 58Lewisohn, Adolph 119Lichtwark, Alfred 101*, 102, 108, 110, 129, 131Liebermann, Max 109*, 110Lippert, Adele (geb. Hahn) 18Lippert, David 18, 21Lippert, Eduard 21, 61, 62*, 63, 77, 79, 88, 89Lippert, Ludwig 21, 51, 116Lippert, Marie (geb. Zacharias) 63

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Lippert, Wilhelm 21Lloyd George, David 94Lobengula, König von Matabeleland 60, 61, 78*··································································· Maes, Nicolaes 99Mege, Charles 39Melchior, Cäcilie (sh. Cäcilie Robinow)Melchior, Carl 17, 18Melchior, Emilie (geb. Rée) 17Melchior, Moritz 17, 18Melchior, Sally Gerson 17Melle, Werner 18, 20, 21, 89, 114, 115*, 116, 117, 119,120, 121, 133Metcalfe, Charles 123Metsu, Gabriel 98, 99Meyer, Carl 94Michaelis, Max 68, 94, 102Milner, Alfred 77Mond, Robert 94Moseley, Arnold 123Murillo, Bartolomé Esteban 98, 99··································································· Neumann, Sigismund 94van Niekerk, Schalk 28··································································· Oosthuizen 68van Ostade, Adriaen 99van Ostade, Isaac 99··································································· Peters, Carl 59Pollajuolo, Antonio 129Porgès, Jules 36, 37*, 39, 42, 44, 49, 50, 51··································································· Rée, Emilie (sh. Emilie Melchior)Reinbach, Isaac (sh. Isaac Beit)Reinbach, Juda-Löb 12Rembrandt 98, 99Reynolds, Joshua 99, 103, 129Rhodes, Cecil 46, 48, 49, 50, 51, 52*, 54, 56, 57*, 59,60, 61, 62, 63, 64, 68, 72, 75, 77, 78, 81, 84, 87, 114,123, 125, 126, 129Rhodes, Herbert 48Riesser, Gabriel 17Robert, Auguste 67Robinow, Adolph 18Robinow, Cäcilie (geb. Melchior) 18Robinow, Emma (geb. Beit) 18Robinow, Henry 29, 123Robinow, Hermann Moses 18

Robinow, Johannes Adolph 18Robinow, Marcus 18Robinow, Max 18Robinow, Meinhard 18Robinow, Pauline (geb. Hahn) 18, 22Robinow, Richard 18Robinow, Siegmund 14, 18Robinson, Joseph Benjamin 44, 67, 68, 70, 94Romney, George 99, 103Rose-Innes 123Rothschild, Alfred 108Rothschild, Nathaniel 78Rouvier, Maurice 90Rovezzano, Benedetto 99Rube, Charles 68Rubens, Peter Paul 108Rudd, Charles 48Ruisdael, Jacob 99··································································· Sauer, Hans 46Salisbury, Robert Arthur 77Scharlach, Julius 89Scheit, Andreas 110Scheit, Mathias 109, 110Schiefler, Gustav 116, 121Schleiden, Heinrich 20, 21, 114Schröder 94Seeley, Robert 60Sielcken, Hermann 119Siemens, Georg 87Slevogt, Max 110Speyer, Edgar 90, 94Speyer, Hanna Lucie (sh. Hanna Lucie Beit)Steen, Jan 98, 99Stow, Frederic 50Swartboy 28··································································· Taylor, James Benjamin 67, 72, 123Teniers, David 99Thackeray, William 102Thilenius, Georg 106Tintoretto, Iacopo 98Treitschke, Heinrich 88Trollope, Anthony 102Trübner, Wilhelm 110··································································· Urbino, Nicolò 108*··································································· van de Velde, Wilhelm 99

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Vermeer, Jan 99Victoria, Königin von England 28, 87Voelklein, Franz 98··································································· Warburg, Aby S. 18Warburg, Max M. 17, 114, 119, 133Wernher, Julius 38*, 39, 40, 51, 68, 72, 94, 95, 102,106, 120*, 121, 123, 126, 129Wouwerman, Philips 99

Duke von Westminster 94Wilhelm II., deutscher Kaiser 16, 62, 87, 90, 91Wolffson, Adeline (sh. Adeline Goldschmidt)··································································· Zacharias, Marie (sh. Marie Lippert)Zinnow, Bertha (geb. Beit) 20, 116, 117*Zinnow, Gustav 20, 96, 116, 117*, 131, 133Zinnow, Gustav jr. 21, 133

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Impressum

Bibliografische Information der Deutschen Natio-nalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diesePublikation in der Deutschen Nationalbiografie;detaillierte bibliografische Daten sind im Internetüber http://dnb.d-nb.de abrufbar.Die Online-Version dieser Publikation ist auf derVerlagswebsite frei verfügbar (open access). DieDeutsche Nationalbibliothek hat die Netzpublika-tion archiviert. Diese ist dauerhaft auf dem Archiv-server der Deutschen Nationalbibliothek verfügbar.

Open acess über die folgenden Webseiten:Hamburg University Press – http://hup.sub.uni-hamburg.deArchivserver der Deutschen Nationalbibliothek –http://deposit.d-nb.de

ISBN 978-3-937816-82-1ISSN 1864-3248

© 2011 Hamburg University Press, Verlag derStaats- und Universitätsbibliothek Hamburg Carlvon Ossietzky, Deutschland

Produktion: Elbe-Werkstätten GmbH, Hamburg,Deutschland, http://ew-gmbh.deGrundgestaltung: Peter Schmidt Group, HamburgLayout: Michael SauerRedaktion, Koordination und Korrektorat: Dr. Johannes GerhardtHerausgeber: Dr. Ekkehard Nümann

Hamburgische Wissenschaftliche StiftungEdmund-Siemers-Allee 1, Raum 11320146 Hamburghttp://hmb-wiss-stift.de

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Alfred Beit

Hamburger und DiamantenkönigAlf

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Ein Finanzgenie hat man AlfredBeit (1853–1906) genannt. Als er1875 nach Südafrika geht, ahntniemand, dass der Sohn konver-tierter Hamburger Juden schonbald einer der reichsten Männerseiner Zeit sein wird – durch dieDiamanten von Kimberley unddas Gold vom Witwatersrand.Als Mitbegründer von De BeersLtd. und als enger Freund von Ce-cil Rhodes – dem charismatischenMotor des britischen Imperialis-mus im südlichen Afrika – wird erzu einem der kolonialen Vätervon Rhodesien. Seit 1898 briti-scher Staatsbürger, versucht er inden aufkeimenden Konfliktenzwischen Kaiserreich und Empirepolitisch zu vermitteln – erfolg-los.Selbst Kunstsammler ersten Ran-ges, hat Alfred Beit zahllose ge-meinnützige Einrichtungen groß-zügig unterstützt, an allen Sta-tionen seines Lebens. Auch dieHamburgische WissenschaftlicheStiftung verdankt ihre Gründungeiner seiner spektakulären Schen-kungen. Beits Testament übergabsein Vermögen einem Trust, derbereits seit 1906 Entwicklungshil-feprojekte finanziert.Die erste umfassende Biographiedieses außergewöhnlichen Kauf-manns, Kunstsammlers und in-ternational wirkenden Philan-thropen.

Aus der Reihe „Mäzene für Wissen-schaft“ sind bisher erschienen:

Band 1Die Begründer der HamburgischenWissenschaftlichen Stiftung

Band 2Sophie Christine und Carl HeinrichLaeisz. Eine biographische Annäherung an die Zeiten undThemen ihres Lebens

Band 3Eduard Lorenz Lorenz-Meyer. Ein Hamburger Kaufmann undKünstler

Band 4Hermann Franz Matthias Mutzenbecher. Ein Hamburger Versicherungsunternehmer

Band 5Die Brüder Augustus Friedrich und Gustav Adolph Vorwerk. Zwei Hamburger Kaufleute

Band 6Albert Ballin

Band 7Ernst Friedrich Sieveking. Erster Präsident des HanseatischenOberlandesgerichts

Band 8Franz Bach. Architekt undUnternehmer

Band 9Alfred Beit. Hamburger undDiamantenkönig

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