°I EITGESCHEHEN°I Rote Rosen, blanke Armut Elbe-Jeetzel-Zeitung... · Sonnabend/Sonntag, 2....

1
°Zeitgeschehen° Sonnabend/Sonntag, 2. Februar 2013 · Nr. 28 7 Lake Naivasha – ein See, keine zwei Stunden von Kenias Hauptstadt Nairobi entfernt, er- lebt ein Wirtschaftswunder. Rund dreißig Rosenfarmen haben sich nahe des Sees ange- siedelt. Im einstigen Naturpara- dies herrscht gutes Klima für diese Blumen, auch Wasser gibt es genug. Mit dem Flugzeug ge- langen die Rosen über Holland nach ganz Europa. Jede fünfte Schnittrose, die es in Deutsch- land zu kaufen gibt, kommt aus Kenia. EU-weit ist sogar jede dritte Schnittblume eine aus Kenia. Dennoch ist Naivasha nicht reich. Nur wenige Häuser fallen durch ihren schönen Baustil auf. Eines ist das Hotel La Bell Inn. Die Kanalisation des Ortes da- gegen ist ein Betongraben, auf dem zahlreiche Deckel fehlen. Viele Souvenir-Verkäufer betteln förmlich darum, etwas zu ver- kaufen. In den Siedlungen der Farmarbeiter herrscht blanke Armut. Lehm- und Wellblech- hütten, viele ohne Fenster, zie- hen. Die unbefestigten Wege sind übersät mit Plastikmüll. As- phaltierte Straßen gibt es nur rund um die Blumenfarmen und für den Fernverkehr. Es ist sechs Uhr morgens. Der Lake Naivasha liegt noch in ge- spenstischer Dunkelheit. Die beiden Fischer Kevin Mfube (20) und Ohoo Obiva (20) fahren mit ihrem kleinen Boot auf den See hinaus, die Netze zu kontrollie- ren. Die Luft ist klar und frisch. Das Boot durchfährt die von Pflanzen zugewachsene Ufer- zone. Auf dem See treiben viele Pflanzeninseln ziellos über das Wasser. Im zweiten der ausge- worfenen Netze zappelt ein großer Fisch. Doch es ist so zer- rissen, dass der Fisch sich wieder befreien kann. Ohoo flucht und erklärt: „Die Pflanzenfarmen lei- ten ihre Düngemittel und ihre Pestizide in den See. Dadurch wuchern die Pflanzen und zer- stören unsere Netze, dazu ster- ben Fische durch das Insekten- gift.“ Ein Hang, weiß von Gewächshäusern Traurig zeigt Ohoo auf eine weiße Fläche an einem Berg- hang. Das sind die Gewächs- häuser des Flower-Business- Park. Dort liegt auch eine Rosenfarm, in der 500 Arbeiter täglich 60 000 Rosen ernten, Die Farm gehört einer deutschen Firma. Die meisten Rosenfar- men bauen unter ihrer Lizenz an. Journalisten sind uner- wünscht, macht die Reaktion auf eine Anfrage wegen eines Besuchs deutlich. Kevin und Ohoo haben an diesem Tag kein Glück. Nur ein weiterer Fisch hat sich in ihren Netzen verfangen. Diesmal ist es stark genug. Ihr Fisch bringt auf dem Markt 200 Schilling (etwa zwei Euro) ein. Von ihrer Arbeit müssen insgesamt 13 Menschen leben. Ihre beiden Elternpaare sind arbeitslos, die Geschwister sind noch zu jung, um zu arbei- ten. Der Flower Business Park ist mit einem hohen Elektrozaun gesichert. Bewaffnete Wachleu- te am Tor geben klar zu verste- hen, dass eine Besichtigung nicht möglich ist. Der Versuch, einen Rosenarbeiter zu spre- chen, ist vergeblich, niemand ist zu einer Auskunft bereit. Ein Bus fährt auf den Innenpark- platz, bringt die Ablösung für die wartenden Arbeiter. „Die Arbei- ter dürfen nichts sagen. Wer mit Journalisten redet, wird sofort entlassen“, sagt ein Motorrad- taxifahrer in der Nähe des Zauns. Das Einstiegsgehalt für die Rosenfarmarbeiter liegt bei 50 Euro im Monat und steigert sich dann nach einer längeren Zugehörigkeit. Zu sagen, in wel- cher Höhe, sei ihm gefährlich, denn mit Journalisten redet man nicht über die Rosenfarmen am Naivasha-See. Das tut aber am nächsten Tag ein anderer, Peter Otiens Onbu- de von der Gewerkschaft Kenya Plantation and Agricultural Workers (KPAWU). Onbude be- stätigt das monatliche Anfangs- gehalt von 50 Euro. Die Firma zahle „knapp über den staatli- chen Mindestlohn.“ Das liege im Mittelfeld der Branche, sagt der Gewerkschafter. Dass die Pro- dukte der Firma dennoch das Fair-Trade-Siegel tragen, sei ein- fach zu erklären, sagt Onbude und lacht kurz auf. Der Trick: „Die Farmarbeiter arbeiten zehn bis zwölf Stunden und werden dementsprechend bezahlt. Die Rosenfarmen schreiben aber auf den Lohnzet- tel eine Arbeitszeit von acht Stunden. Damit erhöht sich der Stundenlohn in den Fair-Trade- Bereich.“ Gewerkschafter üben scharfe Kritik Dann berichtet Onbude über den Einsatz von Pestiziden. Ei- nige Rosenfarmen verwenden Pestizide, die in Kenia verboten sind. „Dazu höre ich immer wie- der Klagen von Arbeitern, die behaupten, dass Schutzanzüge löchrig und kaputt sind. Das wird natürlich von den Rosen- farmen bestritten. Aber wir wis- sen, dass Behörden bestochen wurden und die damit immer wieder davongekommen sind. Arbeiter sind bereits erkrankt. Diese werden von Ärzten in den Kliniken der Rosenfarmen be- handelt.“ Der Journalist Michael Rich- ter drehte vor zwei Jahren den Film „Die Rosen-Story“ für den NDR. „Wir lernten Arbeiter der holländischen Rosenfarm Karu- turi kennen. Einer der Arbeiter holte seinen Schutzanzug unter seinem Bett bei sich zu Hause hervor. Es war eine einfache Regenjacke, an der noch nicht einmal der Reizverschluss funk- tionierte. Er und drei seiner Kol- legen berichteten, dass viele Ar- beiter bei Karuturi durch den Einsatz der Pestizide erkran- ken.“ Die KPAWU fordert einen Mindestlohn von umgerechnet 100 Euro, weil weniger ein Leben in Armut bedeutet. Ost- afrika ist für Wirtschaftsunter- nehmen so interessant, weil kor- rupte Regierungen mit billigen Arbeitslöhnen und niedrigen Pachtzinsen fürs Land locken. So wie es Stefano Liberti in sei- nem Buch „Landraub“ beschrie- ben hat. Und weil Kenias Präsi- dent Mwai Kibaki offenbar or- dentlich in die eigene Tasche wirtschaftet, wird sich daran wohl so schnell auch nichts än- dern. Vor seiner letzten Wahl wurden etwa tausend Anhänger der Opposition ermordet, be- richtet ein Mitarbeiter einer ka- tholischen Hilfsorganisation. Fair Trade? Die deutsche Firma, die die Lizenzen in der Gegend des Lake Naivasha vergibt, schweigt zu den Vorwürfen des Gewerk- schafters Onbude. Viele Farmen bauten ja nur unter Lizenz Rosen an, gehörten aber nicht zu der Firma. Schließlich besitze die Firma ja nur eine Farm in Naivasha, man könne sie nicht allein für die Verhältnisse ver- antwortlich machen. „Kein Kommentar“ ist die Reaktion auf die wiederholte Aufforde- rung, zu den Vorwürfen von Peter Otiens Onbude Stellung zu nehmen. Doch was ist daran Fair Trade? Pressesprecherin Clau- dia Brück fordert „Verständnis“ dafür, dass die Rosenfarmen wegen schlechter Berichterstat- tung nicht mit Journalisten reden. Auch sie habe schon ein- mal drei Stunden vor einer Rosenfarm warten müssen, weil ein Wachmann sie nicht reinge- lassen hat. Und schließlich sei „das Lohnniveau eben nicht höher in Kenia“. Nach Aus- sagen von Brück hat die deut- sche Rosenfirma das Fair Trade- Siegel erst Ende Oktober 2012 erhalten – zwei Wochen nach den geschilderten Erlebnissen. „Die Anschuldigungen müssen aus der Zeit vor der Zertifizie- rung stammen.“ Der Erhalt der Umwelt, Pestizid- und Dünge- mittelreduktion und umwelt- schonende Anbauweise gehör- ten zu den Standards – „gegen die wurde nicht verstoßen.“ Im Übrigen sei zu bedenken, dass es sehr viele Farmen am Naivasha-See gibt, von denen die Mehrzahl nicht zertifiziert sei. Das mache es so gut wie un- möglich herauszufinden, ob und wenn ja: zu welchem Anteil Fair- Trade-Farmen zur Verunreini- gung des Sees beitrügen. Was die Löhne betrifft: Werde mehr als vom Staat vorgegeben, gezahlt, genüge das den Standards von Fair-Trade. Skeptischer sieht das Gertrud Falk von der Menschenrechts- organisation FIAN (Food First Informations- und Aktionsnetz- werk). „Unsere Erfahrungen haben gezeigt, dass man mit freiwilligen Standards, so wie es die Siegel fordern, existenz- sichernde Löhne und die Ge- werkschaftsfreiheit nicht durch- setzen kann.“ Rote Rosen, blanke Armut Wo jede fünfte in Deutschland verkaufte Schnittrose herkommt: Eine Reportage aus Kenia Ein Blick durch den Zaun auf das Gelände einer Rosenfarm am Naivashu-See in Kenia. 4 Aufn.: K. Horstmann Fischer fahren bei Sonnenaufgang hinaus auf den Lake Naivasha. Der Fang ist oft klein. Wo die Arbeiter leben: Hütten entlang einer Rosenfarm an der South Lake Road am Naivasha-See. Von Kai Horstmann Der Autor Kai Horstmann wurde 1963 geboren und wuchs in Gartow auf. Nach einer Optikerlehre wechselte er zu seinem „Traumberuf“, wurde Pressefotograf. Seit 1986 lebt er in Berlin und arbeitet als Fotograf hauptsächlich für Tageszeitungen und Tier- schutzorganisationen. 2004 veröffentlichte Horstmann 2004 den Roman „Die Toch- ter des Verlegers“, 2009 den Fotoband „Gandhi – Erinne- rungen an einen Visionär“. Eine weiße Fläche: Treibhäuser, in denen Rosen für den Export gezüchtet werden.

Transcript of °I EITGESCHEHEN°I Rote Rosen, blanke Armut Elbe-Jeetzel-Zeitung... · Sonnabend/Sonntag, 2....

°Zeitgeschehen°Sonnabend/Sonntag, 2. Februar 2013 · Nr. 28 77 Sbd, 2. Februar 2013IZEITGESCHEHENI

Lake Naivasha – ein See,keine zwei Stunden von KeniasHauptstadt Nairobi entfernt, er-lebt ein Wirtschaftswunder.Rund dreißig Rosenfarmenhaben sich nahe des Sees ange-siedelt. Im einstigen Naturpara-dies herrscht gutes Klima fürdiese Blumen, auch Wasser gibtes genug. Mit dem Flugzeug ge-langen die Rosen über Hollandnach ganz Europa. Jede fünfteSchnittrose, die es in Deutsch-land zu kaufen gibt, kommt ausKenia. EU-weit ist sogar jededritte Schnittblume eine ausKenia. Dennoch ist Naivashanicht reich.

Nur wenige Häuser fallendurch ihren schönen Baustil auf.Eines ist das Hotel La Bell Inn.Die Kanalisation des Ortes da-gegen ist ein Betongraben, aufdem zahlreiche Deckel fehlen.Viele Souvenir-Verkäufer bettelnförmlich darum, etwas zu ver-kaufen. In den Siedlungen derFarmarbeiter herrscht blankeArmut. Lehm- und Wellblech-hütten, viele ohne Fenster, zie-

hen. Die unbefestigten Wegesind übersät mit Plastikmüll. As-phaltierte Straßen gibt es nurrund um die Blumenfarmen undfür den Fernverkehr.

Es ist sechs Uhr morgens. DerLake Naivasha liegt noch in ge-spenstischer Dunkelheit. Diebeiden Fischer Kevin Mfube (20)und Ohoo Obiva (20) fahren mitihrem kleinen Boot auf den Seehinaus, die Netze zu kontrollie-ren. Die Luft ist klar und frisch.Das Boot durchfährt die vonPflanzen zugewachsene Ufer-zone. Auf dem See treiben vielePflanzeninseln ziellos über dasWasser. Im zweiten der ausge-worfenen Netze zappelt ein

großer Fisch. Doch es ist so zer-rissen, dass der Fisch sich wiederbefreien kann. Ohoo flucht underklärt: „Die Pflanzenfarmen lei-ten ihre Düngemittel und ihrePestizide in den See. Dadurchwuchern die Pflanzen und zer-stören unsere Netze, dazu ster-ben Fische durch das Insekten-gift.“

Ein Hang, weiß vonGewächshäusern

Traurig zeigt Ohoo auf eineweiße Fläche an einem Berg-hang. Das sind die Gewächs-häuser des Flower-Business-Park. Dort liegt auch eine Rosenfarm, in der 500 Arbeitertäglich 60000 Rosen ernten, DieFarm gehört einer deutschenFirma. Die meisten Rosenfar-men bauen unter ihrer Lizenzan. Journalisten sind uner-wünscht, macht die Reaktionauf eine Anfrage wegen einesBesuchs deutlich.

Kevin und Ohoo haben andiesem Tag kein Glück. Nur einweiterer Fisch hat sich in ihrenNetzen verfangen. Diesmal ist esstark genug. Ihr Fisch bringt aufdem Markt 200 Schilling (etwazwei Euro) ein. Von ihrer Arbeitmüssen insgesamt 13 Menschenleben. Ihre beiden Elternpaaresind arbeitslos, die Geschwistersind noch zu jung, um zu arbei-ten.

Der Flower Business Park istmit einem hohen Elektrozaungesichert. Bewaffnete Wachleu-

te am Tor geben klar zu verste-hen, dass eine Besichtigungnicht möglich ist. Der Versuch,einen Rosenarbeiter zu spre-chen, ist vergeblich, niemand istzu einer Auskunft bereit. EinBus fährt auf den Innenpark-platz, bringt die Ablösung für diewartenden Arbeiter. „Die Arbei-ter dürfen nichts sagen. Wer mitJournalisten redet, wird sofortentlassen“, sagt ein Motorrad-taxifahrer in der Nähe desZauns. Das Einstiegsgehalt fürdie Rosenfarmarbeiter liegt bei50 Euro im Monat und steigertsich dann nach einer längerenZugehörigkeit. Zu sagen, in wel-cher Höhe, sei ihm gefährlich,denn mit Journalisten redet mannicht über die Rosenfarmen amNaivasha-See.

Das tut aber am nächsten Tagein anderer, Peter Otiens Onbu-de von der Gewerkschaft KenyaPlantation and AgriculturalWorkers (KPAWU). Onbude be-stätigt das monatliche Anfangs-gehalt von 50 Euro. Die Firmazahle „knapp über den staatli-chen Mindestlohn.“ Das liege imMittelfeld der Branche, sagt derGewerkschafter. Dass die Pro-dukte der Firma dennoch dasFair-Trade-Siegel tragen, sei ein-fach zu erklären, sagt Onbudeund lacht kurz auf.

Der Trick: „Die Farmarbeiterarbeiten zehn bis zwölf Stundenund werden dementsprechendbezahlt. Die Rosenfarmenschreiben aber auf den Lohnzet-tel eine Arbeitszeit von achtStunden. Damit erhöht sich derStundenlohn in den Fair-Trade-Bereich.“

Gewerkschafterüben scharfe Kritik

Dann berichtet Onbude überden Einsatz von Pestiziden. Ei-nige Rosenfarmen verwendenPestizide, die in Kenia verbotensind. „Dazu höre ich immer wie-der Klagen von Arbeitern, diebehaupten, dass Schutzanzügelöchrig und kaputt sind. Daswird natürlich von den Rosen-farmen bestritten. Aber wir wis-sen, dass Behörden bestochenwurden und die damit immerwieder davongekommen sind.Arbeiter sind bereits erkrankt.Diese werden von Ärzten in denKliniken der Rosenfarmen be-handelt.“

Der Journalist Michael Rich-ter drehte vor zwei Jahren denFilm „Die Rosen-Story“ für denNDR. „Wir lernten Arbeiter derholländischen Rosenfarm Karu-turi kennen. Einer der Arbeiterholte seinen Schutzanzug unterseinem Bett bei sich zu Hausehervor. Es war eine einfache

Regenjacke, an der noch nichteinmal der Reizverschluss funk-tionierte. Er und drei seiner Kol-legen berichteten, dass viele Ar-beiter bei Karuturi durch denEinsatz der Pestizide erkran-ken.“

Die KPAWU fordert einenMindestlohn von umgerechnet100 Euro, weil weniger einLeben in Armut bedeutet. Ost-afrika ist für Wirtschaftsunter-nehmen so interessant, weil kor-rupte Regierungen mit billigenArbeitslöhnen und niedrigenPachtzinsen fürs Land locken.So wie es Stefano Liberti in sei-nem Buch „Landraub“ beschrie-ben hat. Und weil Kenias Präsi-dent Mwai Kibaki offenbar or-dentlich in die eigene Taschewirtschaftet, wird sich daranwohl so schnell auch nichts än-dern. Vor seiner letzten Wahlwurden etwa tausend Anhängerder Opposition ermordet, be-richtet ein Mitarbeiter einer ka-tholischen Hilfsorganisation.

Fair Trade?

Die deutsche Firma, die dieLizenzen in der Gegend desLake Naivasha vergibt, schweigtzu den Vorwürfen des Gewerk-schafters Onbude. Viele Farmenbauten ja nur unter LizenzRosen an, gehörten aber nichtzu der Firma. Schließlich besitzedie Firma ja nur eine Farm inNaivasha, man könne sie nichtallein für die Verhältnisse ver-antwortlich machen. „Kein

Kommentar“ ist die Reaktionauf die wiederholte Aufforde-rung, zu den Vorwürfen vonPeter Otiens Onbude Stellungzu nehmen.

Doch was ist daran FairTrade? Pressesprecherin Clau-dia Brück fordert „Verständnis“dafür, dass die Rosenfarmenwegen schlechter Berichterstat-tung nicht mit Journalistenreden. Auch sie habe schon ein-mal drei Stunden vor einer

Rosenfarm warten müssen, weilein Wachmann sie nicht reinge-lassen hat. Und schließlich sei„das Lohnniveau eben nichthöher in Kenia“. Nach Aus-sagen von Brück hat die deut-sche Rosenfirma das Fair Trade-Siegel erst Ende Oktober 2012erhalten – zwei Wochen nachden geschilderten Erlebnissen.„Die Anschuldigungen müssenaus der Zeit vor der Zertifizie-rung stammen.“ Der Erhalt derUmwelt, Pestizid- und Dünge-mittelreduktion und umwelt-schonende Anbauweise gehör-ten zu den Standards – „gegendie wurde nicht verstoßen.“

Im Übrigen sei zu bedenken,dass es sehr viele Farmen amNaivasha-See gibt, von denendie Mehrzahl nicht zertifiziertsei. Das mache es so gut wie un-möglich herauszufinden, ob undwenn ja: zu welchem Anteil Fair-Trade-Farmen zur Verunreini-gung des Sees beitrügen. Was dieLöhne betrifft: Werde mehr alsvom Staat vorgegeben, gezahlt,genüge das den Standards vonFair-Trade.

Skeptischer sieht das GertrudFalk von der Menschenrechts-organisation FIAN (Food FirstInformations- und Aktionsnetz-werk). „Unsere Erfahrungen haben gezeigt, dass man mitfreiwilligen Standards, so wie esdie Siegel fordern, existenz-sichernde Löhne und die Ge-werkschaftsfreiheit nicht durch-setzen kann.“

Rote Rosen, blanke ArmutWo jede fünfte in Deutschland verkaufte Schnittrose herkommt: Eine Reportage aus Kenia

Ein Blick durch den Zaun auf das Gelände einer Rosenfarm am Naivashu-See in Kenia. 4 Aufn.: K. Horstmann

Fischer fahren bei Sonnenaufgang hinaus auf den Lake Naivasha.Der Fang ist oft klein. Wo die Arbeiter leben: Hütten entlang einer Rosenfarm an der South Lake Road am Naivasha-See.

Von Kai Horstmann

Der AutorKai Horstmann wurde

1963 geboren und wuchs inGartow auf. Nach einerOptikerlehre wechselte er zuseinem „Traumberuf“, wurdePressefotograf. Seit 1986 lebter in Berlin und arbeitet alsFotograf hauptsächlich fürTageszeitungen und Tier-schutzorganisationen. 2004veröffentlichte Horstmann2004 den Roman „Die Toch-ter des Verlegers“, 2009 denFotoband „Gandhi – Erinne-rungen an einen Visionär“.

Eine weiße Fläche: Treibhäuser, in denen Rosen für den Exportgezüchtet werden.