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5/6 2015 Inhaber im Mittelstand Zeitschrift für Familienunternehmen unternehmer magazin unternehmer magazin 63. Jahrgang G 4012 12,50 Euro 75.000 Auflage 75.000 Auflage Idee und Verantwortung Prof. Dr. Herfried Münkler Titelthema Manifeste Störfaktoren Länderschwerpunkt Schweiz Extra Marken und Modelle Zahlen, Daten, Zulassungen Special Mittelstand in Europa Fuhrpark | Flotte Firmenwagen Special Fuhrpark | Flotte Firmenwagen Special Titelthema Titelthema Neue gesellschaftliche Herausforderungen Neue gesellschaftliche Herausforderungen Mittelstand in Europa

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5/6 • 2015Inhaber im Mittelstand • Zeitschrift für Familienunternehmenunternehmermagazin

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63. Jahrgang • G 4012 • 12,50 Euro

75.000 Auflage75.000 Auflage

Idee und VerantwortungProf. Dr. Herfried Münkler

Titelthema

Manifeste StörfaktorenLänderschwerpunkt Schweiz

Extra

Marken und ModelleZahlen, Daten, Zulassungen

Special

Mittelstand in Europa

Fuhrpark | FlotteFirmenwagen

SpecialFuhrpark | FlotteFirmenwagen

Special

TitelthemaTitelthema

Neue gesellschaftliche HerausforderungenNeue gesellschaftliche HerausforderungenMittelstand in Europa

UMAG >Unternehmer leben davon, Ihr Leben lang Entscheidun-genzu treffen.WelcheEntscheidungen fallennotorisch schwer?O d erist das möglicherweise individuell?>Mir fallen Entscheidungen ein,die langjährigen Wegbegleitern gelten, wo man den Punkt erreicht,dass die Interessen auseinanderlaufenoder dass sich die Anforderun-gen ändern. Diese Wegbegleiter können Kun-den, Lieferanten, Geschäftspartner, aber auchMitarbeiter sein. Anlässe also in und außer-halb der Firma mit vertrauten Menschen, woBeziehungen lange Zeit entstanden sind. Dasfällt Unternehmern sehr, sehr schwer. Das hatmit Vertrauen zu tun. Unternehmer leben javon dem Vertrauen, das sie geben. Das ist das,was sie selbst ins System hineingeben und dasist ein großer Wert. Das hat viel mit der eige-nen Identität zu tun. Insofern ist die Verände-rung einer gewachsenen Beziehung natürlichoft auch ein Vertrauensbruch. Eines der ganzgroßen Themen aber, die Unternehmer nichtgerne angehen, sind Entscheidungen im Hin-blickaufFamilienmitglieder imUnternehmen.

UMAG> Ein klares Ja und Nein kann schwie rig sein. > Unter denUmständen wachsender Unzufriedenheit verkehren sich Chancen inRisiken, weil man Entscheidungen nicht mehr trifft und sie hinauszögert. Das gilt auch für lange, vertrauensvolle Beziehungen, wo beiderKonflikt hier häufig verschleiertwird. Insofern komme ich als Be -rater mitunter in die Rolle, eine Lösung als Externer herbeizufüh ren.

UMAG>Als Überbringer und Vollstrecker schlechter Nachrichten?>Nein, das kann nicht meine Aufgabe sein. Zunächst einmal müs-sen den handelnden Personen die Dinge bewusst gemacht werden,

die offenbar lange nicht mehr geklärt worden sind. Außerdem gehtes im Interesse des Unternehmers und des Unternehmens darum,die Entscheidung, eine Trennung zu vollziehen, vorzubereiten undeine Lösung zu finden, die allen Aspekten gerecht wird. Solche Mo-mente und Prozesse sind eine Herausforderung für alle Beteiligten.

UMAG > Unternehmer haben so viel zu re-geln und zu steuern, dass zwischenmenschli-che Beziehungen nicht immer so dringendscheinen. Wenn ich eine hohe Kostenpositionerkenne, will ich die ändern. Menschenthe-men treten weniger manifest als Sachthemenauf?>Das sehe ich spontan etwas anders. Mirscheint eher, dass bestimmte Probleme nichtangegangenwerden,weilman auf andere Pro -bleme stieße, die man nicht gern hoch kom-men lässt. Das können übrigens auch Zahlen,Daten und Fakten sein. Richtig ist, dass etwasvermieden wird, aus irgendeinem Grund. Al-len Entscheidungen, die wir lieber nicht tref-fen, wohnt eine unglaubliche Intelligenz inne,m i t der wir dafür sorgen, dass gewisse Dinge

nicht zu uns durchdringen. Die Menschen in unserem Umfeld spü -rendasund tragendieVerschleppungderEntscheidungmit.Da ist esgut,wenneiner vonaußenkommtundhilft, die Themen an zu ge hen.

UMAG > Fast so, als ob das Unternehmen an dieser Stelle ein Ge-heimnis hätte. >Da gibt es sicher Geheimnisse wie in jeder Familie.Unternehmerfamilien leben auch von und mit ihren Tabuthemen,wobei sie sich eventuell sogar etwas Gutes damit tun, wenn sie diemal ein paar Jahre oder vielleicht sogar Jahrzehnte nicht auf demTisch haben. Das ist sehr menschlich und hat nicht exklusiv mit Un-

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Unternehmer und ihre FamilienEntscheidungen in Familienunternehmen

Interview Beratung von Unternehmerfamilien

Toni C. Plonner

Interview

STANDARDWERK

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GEDANKEN FÜR GENERATIONEN

Die Verantwortung der Eigentümer von

Familienunternehmen

Festschrift der EQUA-Stiftungzu ihrem zehnjährigen Bestehen

GESELLSCHAFTER-KOMPETENZ

» Dr. Ulrich Wacker (Hg.)

ternehmern zu tun. Es geht hier da rum, dassnotwendigeVeränderungenvermieden wer -den, vor allem tiefgreifendeVeränderungen.

UMAG > Der Begriff der Veränderung er -öffnet ein spannendes Feld. Dass Unterneh-men Gewinne brauchen, werden al le nochteilen und auch etwas dafür tun. Bei ande-ren Themen, die nicht sofort erfolgsrelevantsind, wird es weniger einhellig sein. >Zah-len, Daten und Fakten, also auch schwarzeZahlen zu schreiben, bringt mich sofort aufdie Zeitachse. Gute Ergebnisse in den näch -sten drei Jahren interessieren viele Familien-unternehmen eher zweitrangig, dafür abergute Ergebnisse in zehn, zwanzig oder drei -ßig Jahren. Es geht hier viel mehr um Lang-fristigkeit und weniger um heute und mor-gen.Wennman sich auf denGe winn in zehnJahren fokussiert,dannmachtmanes richtig.

UMAG >Wie treffen Sie Unternehmer an?Wissen sie in der Regel, Rat täte Ihnen gut?Oder stört der Ratgeber das Selbstbild, mei-ne Dinge in meinem Koordinatensystem zubeherrschen? > Ich habe gerade mit einemUnternehmer Mitte vierzig zu tun, der hateinen gut laufenden Betrieb mit 2.000 Mit-arbeitern und seinen Aufsichtsrat mit Top-Leuten besetzt. Bei der letzten Berufung ha-be ich ihm gesagt, dass er ganz schön mutigsei, wenn er diesen Kandidaten auch nochin dieses Gremium holt, denn dann habe erendgültig keine einfache Konstellation mehrals Gegenüber, sondern im Zweifel hartenGegenwind. Ob er das wisse und so wolle.Er hat gelacht und gesagt, genau darum ge-he es ihm.Da hat sich etwas völlig verändert.

Die ältere Generation, die jetzt abtritt,hatte noch dieses Bild, dass zwischen ihnenund dem lieben Gott nichts mehr dazwi-schen ist. Das hieß: Mich kann keiner bera-ten. Demgegenüber erlebe ich die jüngereGeneration so, dass sie sich kompetent undkritisch besetzte Gremien wie Beiräte undAufsichtsräte schafft, aber auch persönlicheBerater und Coaches holt, also Menschen,die sie mal aus dem eigenen System heraus-nehmen und andere Perspektiven reflektie-ren lassen. Ich könnte auch sagen, dass dieBereitschaft groß ist, sich »Draufgucker« insHaus zu holen, und zwar entweder institu-tionalisiert oder in freierArbeitmit Beratern.

UMAG>Wieer klärtsichdieserSinneswan-del? Patriarchen leben ja von der ständigen

Darstellung ihrer Kraft und Omnipotenz.Woher nun der Mut, sich in Frage zu stel-len? >Das alte Rollenschema passt nicht insSelbstbilddie sesUnternehmers. Er ist anders.

UMAG>WennichmeineAbsichtenimD i a -log zur Disposition stelle, verliere ich meineMeinungshoheit und muss Zweifel an mei-ner Position aushalten und integrieren. >D ie Generation, die jetzt am Ruder ist oderans Ruder kommt, hat das Unternehmengeerbt und nicht gegründet. Gründer sagen:Wer will mir etwas darüber erzählen, wasich auf die Welt gebracht und groß gemachthabe? Den gibt es nicht. Jemand der über-nimmt, ist in einer anderen Situation. Erübernimmt Verantwortung für etwas, waser nicht selbst erschaffen hat. Das ist auf ei-ne andere Art und Weise eine sehr ernsteSache. Die Nachfolger, die ich derzeit erlebe,sind hochintelligent, oft promoviert, blitz-schnell, aber auch durchaus selbstkritisch.Die stellen sich bewusst auf den Prüfstand.

UMAG > Im Übernehmen liegt ja auch et-was Moderierendes, eben weil der Betriebnicht selbst hervorgebracht wurde. Gründersind naturgemäß starke Persönlichkeiten,die sich in dieser Form selten wiederholen.> Die reflektierten Nachfolger sind viel di-stanzfähiger und nüchterner. Der Gründerist mit seinem Unternehmen eins. Es ist ge-wissermaßen seine Identität,während Nach-folger zunächst einmal vor dem Unterneh-men stehenund es von außen wahrnehmen.Sie können zwischen sich und dem Betriebunterscheiden. Sie sind im Typus tatsächlichehermoderierendund in einem guten Sinneprozessorientierter. Hinzu kommt, dass siesich als Eigentümer in zweiter, dritter od ervierterGenerationoft in einer Er ben gemein -schaft befinden, also nicht mehr allein sind.

UMAG >Das ist ein strukturelles Thema.Wenn der Eigentümerkreis wächst, werdenAlleingänge eigentlich obsolet. > In der Pra-xis gibt es schon welche, die das probieren,weil sie dieses Rollenmodell vor sich haben.

UMAG>Bei wem holen sich Unternehmerin der Familie Rat? Bei Gesellschaftern, imBeirat, imAufsichtsrat?>DieUnternehmer,die ich kenne, holen sich in der Familie kei-nen Rat, zumindest nicht was die Arbeit in

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Geschenktipp

Interview Beratung von Unternehmerfamilien

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der Firma betrifft. Man redet sicher über ge-wisse Dinge, aber nicht so, dass da Rat ein-geholtwürde.Unddas istgut so.DieAbgre n -zung im Sinne einer Unterscheidung zwi-schen Firma und Familie ist eher förderlich.

UMAG > Bei Gründern ist das Unterneh-men oft ihr ganzes Leben. Es ist das omni-präsente Thema, mit dem die Kinder schonfrüh sozialisiert werden. Ab der dritten Ge-neration lässt diese übergroße Bedeutungnach. >Nein, das Unternehmen bleibt prä-sent, ist nur nicht mehr so nah. Das machtes auch schwer, weil es zwar immer noch daist, aber es wird nicht mehr aktiv eingeholt,weil man sich in der Familie nicht bespricht.Da tun vieleUnternehmerfamilien zuwenig,vor allem dann, wenn Veränderungen statt-finden. Man muss ja nicht gleich Existenz -ängste kriegen, aber die Emotionen wegenmöglicher Auswirkungen auf die Familiesind in der ganzen Bandbreite da. Die Fami-lienmitglieder nehmen solche Strömungenwahr, aber sie können nicht einschätzen,was hinter den Kulissen passiert. Um demvorzubauen, gilt es, rechtzeitig Massnahmenzu ergreifen. Wenn wir über Familienver-fassungen, Familienkonferenzen und Fami-lientagungen sprechen, geht es darum, sei-nem gemeinsamen Unternehmen einen an-gemessenen Platz einzuräumen. Dabei gehtes häufig auch nur um simple Sachen, etwadarum, wie viele Informationen aus der Fir-ma in die Familie kommen sollen. Das solltenichtamUnternehmer liegen, alsonic htper -sonengetrieben, sonderngutorganisiert sein.Das Spielfeld muss besser und klarer besetztwerden, auch um Orientierung zu erleben.

UMAG > Je größer Familien werden, umsomehr ziehen sie sich auf ihr Eigentum zu -rück. Das Unternehmen wird zum Begriffund in vielen Biografien nebensächlich. DerUnternehmer kann seiner Aufgabe jedochnicht entrinnen. Für ihn bleibt sie sein Le-ben. Das isoliert ihn strukturell. Suchen Un-ternehmer eher früher oder eher später Rat,wenn es klemmt? > Ich finde spannend, mitwelchem Thema jemand kommt, mit wel-chem Thema ich jemanden kennenlerne.Ich wette manchmal mit mir selbst, ob ichden Grund für die Kontaktaufnahme richtigerahne. Meist werden ja erst einmal Symp -tome berichtet. Insofern bin ich im Laufe

der Zeit ein radikaler Struktur- und Rollen -mensch geworden. Das hat nichts mit Psy-chologie zu tun, sondern damit, dass Unter-nehmen wie beispielsweise Fußball-Clubsversäumen, ihre Strukturen zu modernisie-ren. Irgendwann merkt man das dann, undzwar oft nur indirekt. Etwa, wenn Entschei-dungen nicht mehr oder immer öfter falschgetroffen werden. Dann stimmt irgend et-was nicht mehr. Unternehmer fühlen das jaauch. Die Erkenntnis ist allerdings oft ereig-nisgetrieben, nach dem Motto: Jetzt hat unsschon der zweite Geschäftsführer verlassen,und wir wissen nicht warum. Oder: Wir ha-ben seit zwei Jahren keine Dividende mehr.Das ist eigentlich der Klassiker. Wir hattenmal ein großes Familienunternehmen, des-

sen Gesellschafter überfordert damit waren,über eine große Investition zu entscheiden.Dabei hatten sich die Eigentümer nur viel zuweit vom Unternehmen entfernt, so dass siekeine vernünftige Entscheidung mehr tref-fen konnten. Das Problem war nur, dass sieeben dafür da sind, große Entscheidungenselbst zutreffen.WirmusstendieEigentüm e ralso wieder langfristig handlungsfähig ma-chen. In diesem Kontext haben wir die »Go -vernance« umgebaut, so dass einige Mitglie-der der Familie jetzt wieder nah am Unter-nehmen sind. Gut an solchen Prozessen ist,dass in d iese r Aufarbeitung des akuten Pro-blems die Einsicht wächst, nie wieder in eineEntscheidungskrise hineinlaufen zu wol len.

UMAG > Agieren Unternehmer und Un-ternehmerinnen im Hinblick auf ihren Ge-sellschafterkreis verschieden? > Eine der er-folgreichstenUnternehmerinnen Italiensh atihre Nachfolger beispielhaft integriert. Die-se Dame war eine resolute Chefin, die viele

ausgezeichnete Entscheidungen getroffenhat. Sie hat mir mal ein Büchlein gezeigt, indem sie ihre Überlegungen hinsichtlich allerwesentlichen Entscheidungen protokollierteund re flektierte. Sie fand, dass das Unterneh-men, das ihre Kinder weiterführen so l lten,nicht sowichtigsei,wiederenFähigkeit, ric h -tig entscheiden zu können.Daswürde ich sovon einem Mann nicht unbedingt erwarten.

UMAG>Wie entdecken Sie in den offiziel-len Themen deren Gründe? Man müsstedoch für Unternehmerfamilien Hypothesenhaben, was ursächlich ist, wenn man aufder Oberfläche dieses oder jenes diskutiert.> Jemand hat mich mal den Familienunter-nehmerflüsterer genannt. Ich schaue mir dieStrukturen, dieZahlenunddieMenschen anundbindann bald auf der Spur des Systems.Dabei sind die Worte, die ich höre, oft garnicht sowichtig. Zielführender ist, her aus zu -hö ren,wasnicht bewusstmitgeteiltwird.Dieeigentlichen Themen verbergen si ch hinterder Sprache. Die stellt dafür unbewusst Fal-len und Fettnäpfchen auf. Insofern berich-ten Unternehmer schon, dass sie nicht wis-sen, w ie sie dieses oder jenes machen sollen.Das klingt dann so: Wir sind komplett voneiner großen Investition absorbiert. KennenSie ein »Family Office«, das uns das Projektfinanziert? Dann schaue ich mir die Investi-tion an u nd sage, ja, die ist groß und wich-tig. Aber ist sie nur aus dem Markt zu argu-mentieren? Wie tragen sie die Gesellschaftermit? Versuchen Sie, ein Auseinanderdriftenvon Familienstämmen zu kitten oder ist siedie Klammer über einen Generationenkon-flikt? Dadurch kommen wir zu den tieferenThemen.Das Investment steht zwar an, aberdasdrängende Problem ist anderswo zu ver-orten. Dabei ist jedes Familienunternehmenein neues Gelände, wobei sich die Struktu-ren und die Verstrickungen in Grundmo-dellen mit ähnlichen Symptomenwiederho-len.WennmirUnternehmer etwas erzäh len,weiß ich rasch, in welchem Muster sie agie-renundwiemanmiteinander arbeitenmu ss.

UMAG > Das stimmt. So etwas gibt es beiSchriftstellern auch. Von Heinrich Böll sagtman, dass er trotz seiner vielen Romane ei-gentlich immer dasselbe Buch geschriebenhabe. Gemeint ist, dass die Moral stets die-selbe bleibt. Selbst bei verschiedenartigenSettings können Bedeutung und Sinn kon-sistent sein. Wie nehmen Unternehmer Be-

> Fortsetzung von Seite 51

Tiefere Themen • Auf der Spur des Systems

ratung denn auf? > Es gibt Unternehmer,bei denen ich sehr aufpassen muss, was ichsage, ob links, rechts oder geradeaus, weilich sonst unfreiwillig in die Entscheiderrollekomme. Es gibt andere, die bei allem, wasich rate, ziemlich genau das Gegenteil davonmachen. Das klingt jetzt vielleicht komisch,aber das hat wohl damit zu tun, dass sie esdem Berater irgendwie zeigen wollen. Dabeigeht es verständlicherweise darum, nicht dasGefühl zu haben, beeinflusst worden zu seinund unabhängig von mir zu entscheiden.

UMAG > Damit sind wir bei der Verant-wortung des Beraters. Sie sind der geistigeVater mancher Entscheidung in Un ter neh -mer familien. Die Themen werden zwar ge-meinsam erarbeitet, aber es werden Vorga-ben von Ihnen erwartet. Wie treten Sie daim richtigen Moment zur Seite? > Das istein wichtiger Punkt. Ich gehe tatsächlich beiden Menschen, die vor mir sitzen, bei ihrenThemen und bei dem, was dahinter steht, indie Verantwortung. Grundsätzlich ist es da-bei für mich in der Beraterrolle eine Heraus-forderung, die gebotene Distanz nicht verlo-ren gehen zu lassen. Sobald ich zu nah her-ankomme, heißt das ja, dass ich tatsächlichmit in die Aufgabenstellung hineingehe undplötzlich Teil der handelnden Akteure bin.Dann geht der Blick von außen verloren, derein wesentliches Moment einer Beratung ist.

Wenn es einem System gut tut, dass icheine bestimmte Strecke mit gehe, muss ichmeinen Platz und meine Rolle gemeinsammit dem Kunden neu definieren. Ich bindann gewissermaßen befristet ein Mitgliedder Reisegruppe und fühle mich in dieserZeit auch als Mitunternehmer. Wir definie-ren beispielsweise ein gemeinsames Projektund dann bin ich dabei. Aus dieser Situationwieder rauszukommen, ist nicht ganz leicht,inklusive Trennungsschmerz. Der Umgangmiteinander wird dann ja sehr eng, vertrau-lich und emotional und viele sind außerdemauchMenschen, die ichpersönlich gern mag.

UMAG>WiesiehtdieDialogform aus? Wiesprechen Sie mit einem Unternehmer? Wasformulieren Sie für ihn? > Das dosiere ich.Ich zeichne verschiedene Reiserouten auf,um in diesem Bild zu bleiben. Ziel ist immerzu verstehen, was die jeweilige Entscheidungbedeutet. Dazu muss sie begreifbar und er-lebbar werden. Man betrachtet aus mehre-ren Perspektiven, was ihre Folgen und ihre

Auswirkungen sind. Dadurch, dass wir ge-danklichBilderundMetaphern sprechen l a s -sen, erledigt sich der Wunsch, dieses oder je -nes konkret zu raten, irgendwann von selbst.

UMAG > Sie vermehren die Zahl der ver-fügbaren As pekte und der erkennbaren Be-züge und Sie decken Effekte auf. Entschei-dungen erhalten mehr gute Gründe als siesonst gehabt hätten. > Ja. Das, was ich mitUnternehmernerarbeite, soll schließlichu m - gesetzt werden. Das mache ich von Beginnan sehr klar, dass das mein Anspruch an dasgemeinsame Projekt ist. Denn nur so machtauch die Investition in die gemeinsame Pha-se für Unternehmer Sinn. Wir hören nichtm it der getroffenen Entscheidung auf, son-dern wir prüfen, was die Lösung in der Pra-xis kann und passen sie wenn notwendig an.Ichhabenochnie etwas für die Schublade g e - macht. Ich stelle Dinge gerne auf die Füßeundbin erst zufrieden,wenn sie dann laufen.

UMAG>Die Reise des Unternehmens wirdkomfortabler und zielführender? > Das istmir zu ideell gedacht. Meine Arbeit mit Un-ternehmerfamilien dient stets dem Fortbe-stand des Unternehmens. Dabei geht es da -rum, dass Entscheidungen zum Unterneh-men, zum Unternehmer und seiner Familiepassen. Mein Beitrag ist eher indirekt. Wennes aber gelingt, dass alle einig, zufrieden undhandlungsfähigsind,istmeineMissionerfüllt.

UMAG>Die hohe Individualität Ihres En-gagements paart sich mit Achtsamkeit. Un-ternehmerfamilien wäre diese Haltung jagenerell zu wünschen. > Es gibt tatsächlichUnternehmer und Unternehmerfamilien,bei denen mehr Interesse aneinander undmehr Aufmerksamkeit füreinander hilfreichwären. Mir fällt wieder das Bild der Reise-planung ein. Manche Familien haben keineLandkarten und Bordmittel, um ihren Wegin die Zukunft zu finden. Das liegt viel anderNahtstelle vonFamilieundFirma.Das istnoch kein besonders erforschtes Ge län de. �

Toni C. Plonner, UnternehmerPlan Gesellschaft für

Unternehmensentwicklung mbH, München

> Die Fragen stellte Dr. Reinhard Nenzel

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Fortsetzung in UMAG 7/8-2015