Innovative Lernumgebungen in Schule, Hochschule, Betrieb

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Fachbereich Wirtschaftswissenschaften Lehrstuhl für Wirtschaftspädagogik und Personalentwicklung Prof. Dr. Karl Wilbers Kompetenzentwicklung in unterschiedlichen Lehrkulturen: Innovative Lernumgebungen in Schulen, Hochschulen und Unternehmen Karl Wilbers 40 Jahre IWP-HSG St. Gallen, 30. September 2011

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Fachbereich Wirtschaftswissenschaften

Lehrstuhl für Wirtschaftspädagogik und Personalentwicklung Prof. Dr. Karl Wilbers

Kompetenzentwicklung in unterschiedlichen Lehrkulturen:

Innovative Lernumgebungen in Schulen, Hochschulen und Unternehmen

Karl Wilbers 40 Jahre IWP-HSG

St. Gallen, 30. September 2011

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40 Jahre IWP-HSG: Fragestellung des Abschlussplenums

Schulen Hochschulen Unternehmen

Innovative Lernumgebungen

Gemeinsame Gestaltungsmerkmale?

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Aufbau meines Vortrags

Lehrstuhl für Wirtschaftspädagogik und Personalentwicklung

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Gestaltungsmerkmale innovativer Lernumgebungen in der Literatur

Ein eigener Versuch zu Gestaltungsmerkmalen

(innovativer Lernumgebungen)

Übertragung auf ausgewählte Bereiche des IWP

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Rosenshine (2010): 10 „Principles of instruction“

1. Daily review 2. Present new material using small steps 3. Ask questions 4. Provide models 5. Guide student practice 6. Check for student understanding 7. Obtain a high success rate 8. Provide scaffolds for difficult tasks 9. Independent practice 10. Weekly and monthly review

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Helmke (2010): 10 „Qualitätsbereiche“

1. Klassenführung 2. Klarheit und Strukturiertheit 3. Konsolidierung und Sicherung 4. Aktivierung 5. Motivierung 6. Lernförderliches Klima 7. Schülerorientierung 8. Kompetenzorientierung 9. Umgang mit Heterogenität 10. Angebotsvariation

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…. am Beispiel von Helmke‘s Qualitätsbereichen

Identifikation von Merkmalen: Qualitätsbereiche

Einbettung in umfangreichere normative Vorgaben: • Orientierungsrahmen Schulqualität in Rheinland-Pfalz

(Qualitätsagentur AQS) • Schulqualität in Schleswig-Holstein (Qualitätsagentur IQSH)

• …

Bewertungs-/Beobachtungsbögen: • Bogen „Einblick Lehr-Lern-Situation“ (AQS)

• EVIT-Bogen (Externe Evaluation im Team) des IQSH • Externe Evaluation an bayerischen Schulen

• …

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Eine kurze Würdigung der Ansätze in der Literatur

• Hilfreich für die Ausbildung von pädagogischen Professionals • Gefahr des willkürlich erscheinenden ‚Zusammensuchens‘ • Empirisches Vorgehen zu hinterfragen • Umgehung des bildungstheoretischen Diskurses • Gefahr der Ideologisierung von Unterricht

Beispiel: „Die Lernarrangements … ermöglichen individuelles Lernen“ (AQS-Bogen)

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Gestaltungsmerkmale innovativer Lernumgebungen in der Literatur

Ein eigener Versuch zu Gestaltungsmerkmalen

(innovativer Lernumgebungen)

Übertragung auf ausgewählte Bereiche des IWP

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Eine innovative Lernumgebung …

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… hat einen reflektierten bildungstheoretischen Auftrag

• Nicht hintergehbare normative Grundlage für die Gestaltung der Lernumgebung

• Keine (ausreichende) Berücksichtigung in lernpsychologischen Entwürfen • Unterschiedliche Ausgangspunkte in Wissenschaft und Praxis

– Systematischer Ausgangspunkt in der Wissenschaft (> Tradition geisteswissenschaftlicher Pädagogik)

– Praxis startet meist an anderen Stellen

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Persönliche Standortbestimmung Dubs (1993)

• These 1: „Alle bildungspolitischen Maßnahmen und alle Aussagen über Schule und Unterricht beruhen auf normativen Zielvorstellungen …, die nicht beweisbar sind, sondern nur begründbar sind.“

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‚Kompetenzorientierung‘: Was meint das?

K.-Modell

K.-Assessment (incl. Profiling)

K.-Entwicklung

Implemen-tation

Vier Teilmodelle: •Struktur- bzw. Bereichsmodell •Niveaumodell •Domänenmodell •Reichweitenmodell

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Kompetenz: Reichweitenmodell (Beispiel Shavelson, 2010)

Intelligence (G-Factor)

General Reasoning

Broad Abilities (in broad domains)

Knowledge, Unterstanding, and Reasoing (in major fields and

professions)

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… fördert fachliche, überfachliche und domänenverbundene Kompetenzen

FaKo

Fach- kompetenz

LeKo

Lern- kompetenz

SoKo

Sozial- kompetenz

SeKo

Selbst- kompetenz

SpraKo (Berufssprachliche Kompetenz)

MaKo (Berufsmathematische Kompetenz)

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… integriert Assessment (incl. Profiling)

• „Assessment is the process of gathering evidence of student learning to inform instructional decisions“ (Stiggins & Chappuis, 2011)

• Formen – Testende Verfahren – Nicht-testende Verfahren

• Interpretation – Olympische Logik: Höher – schneller – besser (dominierend in Schule und

Hochschule) – Profiling: Entwicklung eines Förderprofils auf der Basis eines empirischen u. eines

bildungstheoretischen Diskurses (dominierend in Unternehmen)

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… kombiniert verschiedene soziale Bezüge

Gesamtgruppe Teilgruppen Individuum

Unternehmen (Beispiele)

Belegschaft, Abteilung Team Individuelle(r)

Mitarbeiter(in)

Hochschule (Beispiele)

Studentischer Jahrgang, gesamte

Vorlesung Stammgruppen Einzelne/r Student/in

Schule (Beispiele) Klasse Gruppe in Klasse Einzelne(r) Schüler(in)

Modus Homogenisierend Differenzierend Individualisierend

Basis Generalisierendes Förderprofil

Gruppiertes Förderprofil

Individuelles Förderprofil

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… verknüpft die Förderung im Alltag mit ausgelagerten Gefäßen

Alltag (= Standardgefäße)

Gefäße nah am Standardgefäß

Gefäße jenseits des Standards

Unternehmen Kompetenzent-

wicklung im Arbeitsprozess

Arbeitsplatznahes Lernen, z.B. Q-Zirkel

Arbeitsplatzfernes Lernen, z.B.

‚Tagungshotel-seminarlernen‘

Hochschulen

Traditionelle Gefäße des

Lernens, z.B. Vorlesung, Seminar

Lernen an der Hochschule

außerhalb der Standardlehrgefäße

, z.B. Bibliothek

Lernen außerhalb der Hochschule,

z.B. Praktikumslernen, Service Learning

Schule Gefächerter Unterricht

Schulischer Unterricht jenseits

des Fachs, z.B. Projektwoche

Außerschulisches Lernen, z.B. Exkursion

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… ist institutionell eingebettet

• Doppelte Anbindung der Lernumgebung – Lernumgebung dockt an Strategie, Kultur, Struktur an – Lernumgebung dynamisiert Kultur, Struktur, Strategie

• Effizienz/beanspruchte Ressourcen, z.B. finanziell oder ‚mental‘ (z.B. erlebte Belastung in der Institution, ‚Innovationsressourcen-Budget‘)

Institutionelle Kultur

Institutionelle Strategie

Institutionelle Struktur

Lernumgebung

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Eine innovative Lernumgebung …

… hat einen reflektierten bildungstheoretischen Auftrag … unterliegt ein klares Kompetenzmodell … integriert Assessment (incl. Profiling) … kombiniert verschiedene soziale Bezüge … fördert fachliche, überfachliche und domänenverbundene Kompetenzen … verknüpft den Alltag mit ausgelagerten Gefäßen … ist institutionell eingebettet

Lehrstuhl für Wirtschaftspädagogik und Personalentwicklung

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Gestaltungsmerkmale innovativer Lernumgebungen in der Literatur

Ein eigener Versuch zu Gestaltungsmerkmalen

(innovativer Lernumgebungen)

Übertragung auf ausgewählte Bereiche des IWP

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Didaktik Berufsbildungs(politik)

Schulführung/-entwicklung Bildungsmanagement

..

Rolf Dubs Christoph Metzger

Dieter Euler Sabine Seufert

IWP (im engeren Sinne) HDZ-HSG

SCIL …

… so viele mögliche Bezugspunkte …

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IWP: Sozialkompetenz (1)

• Bildungstheoretische Reflexion – Ergiebige Reflexion seit „Kommunikationsfähigkeit und Computerunterstütztes Lernen“

(Euler, 1989)

• K.-Modellierung: SoKo-Modell (qual.-empir. validiert) auf Basis u.a. – Schulz von Thun-Schnabel/Ohren-Modell – Handlungsschwerpunkte (agentiv-reflexiv) – Situationstypenmodell (z.B. Euler & Reemtsma-Theis, 1999)

• K.-Assessment (Z.B. Gomez, 2007; Bauer-Kleb u.a., 2009)

– Qualitative Instrumente – Quantitative Instrumente – Variante soziale Bezüge unterbelichtet

• K.-Entwicklung

– Generisches Entwicklungsmodell (Z.B. Euler, 2004) – Alltagsgefäße, vor allem Lehrgespräch (Bauer-Klebl u.a., 2001) – Ausgelagerte Gefäße: Diverse ‚Trainings‘ (> IWP-Reihe)

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IWP: Sozialkompetenz (2)

• Domänenverbundene Kompetenzen: – Generische Kompetenzen ausgewiesen – Situationistische Positionierung (> Situationstypenmodell)

• Institutionelle Einbettung:

– Unternehmen (z.B. Nüesch) – Hochschule (z.B. Euler & Walzik, 2009) – Schule (Euler u.a. 2009) – Doppelte Anbindung nicht so stark elaboriert wie andere Bereiche, beispielhaft für

die HSG (Z.B. Euler & Walzik, 2009)

• Implementation: Modell (Keller u.a., 2009)

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IWP-Lernkompetenz (1)

• Bildungstheoretische Reflexion – Wenig elaboriert – Hohe Evidenz

• K.-Modellierung: LeKo-Modell auf Basis der – LASSI-/WLI-Skalenstruktur (quant.-empirisch validiert) – ‚Institutionellen Varianzen/Ergänzungen‘, z.B. „Gruppenlernen“ (WLI-Schule: Metzger,

2010) oder „Schriftliche Arbeit verfassen“ (Hochschule)

• K.-Assessment (WLI-Schule, WLI-Hochschule) – Konzentration auf quantitative Instrumente für Schule und Hochschule – Starke Ausarbeitung sozialer Bezüge (> Bezugsnormen)

• K.-Entwicklung – Generisches Entwicklungsmodell für Alltagsgefäße,

vor allem Integration in den Fachunterricht – Ausgelagerte Gefäße (> IWP-Reihe)

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IWP-Lernkompetenz (2)

• Domänenverbundene Kompetenzen – Non-Situationistische Positionierung, aber ‚situationsrelevanten‘ Ergänzungen bei

Metzger-Team (= IWP-Mainstream) – Situationistische Deutung bei Euler & Hahn (2007)

• Institutionelle Einbettung – Schwerpunkt auf Schule (z.B. Nüesch, Metzger & Martinez Zaugg, 2008) – und Hochschule (z.B. Zellweger, Hasanbegovic & Metzger 2008) – Auch Unternehmen (Metzger, Nüesch, Martinez Zaug, 2010)

• Einführungsstrategie: – Modell: Nüesch u.a.

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Was mir auffällt …

• Beeindruckender Output in Breite und Tiefe • Weiterer Forschungsbedarf, z.B. Situationismus/Reichweiten von

Kompetenzen • Enge, methodisch variante Zusammenarbeit der Praxis in diversen Kontexten

(Schule, Hochschule, Unternehmen) • Frühes Aufsetzen von Themen/Herausforderungen • Langer Atem in Forschung und Entwicklung • Modern, ohne jeder Konjunktur hinterher zu rennen

Weiter so, IWP! Viel Erfolg und Gottes Segen!