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Überwachung von Lebensmitteln, Kosmetischen Mitteln, Bedarfsgegenständen, Trinkwasser und Futtermitteln B A W Ü 2 0 0 6 2006 JAHRESBERICHT

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Herausgeber:

Ministerium für Ernährung und

Ländlichen Raum Baden-Württemberg

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70029 Stuttgart

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Telefax: 0711. 126 - 22 55

Überwachung vonLebensmitteln,

Kosmetischen Mitteln,Bedarfsgegenständen,

Trinkwasser und Futtermitteln

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JAHRESBERICHT

Überwachungvon Lebensmitteln,

Kosmetischen Mitteln,Bedarfsgegenständen,

Trinkwasserund Futtermitteln 2006

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2 Lebensmittelüberwachung BW Teil I: Vorspann

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Sehr geehrte Leserinnen,

sehr geehrte Leser,

Lebensmittel- und Futtermittelüberwachung sind aktiver Verbraucher-

schutz. Daher misst die Landesregierung der amtlichen Lebensmittel-

und der Futtermittelüberwachung eine hohe Bedeutung zu und tritt

dafür ein, dass diese auch weiterhin ihre Aufgaben als schlagkräftige

und effi ziente Einheit erfüllt.

Die Verbraucher erwarten zu Recht gesunde, qualitativ hochwertige und sichere Lebensmittel. Um dies zu gewährleisten, müssen die Lebens-mittelunternehmer im Rahmen ihrer Sorgfaltspflicht betriebliche Eigen-kontrollen durchführen. Die amtliche Überwachung ist die „Kontrolle der Kontrolle“, sie überwacht die Wirksam-keit dieser betrieblichen Eigenkontrol-len. Nach diesem Grundsatz fi ndet in Baden-Württemberg die Kontrolle der Lebensmittelsicherheit „vom Acker bis auf den Teller“ auf allen Produkti-onsstufen statt. Das Ziel ist der opti-male Schutz der Verbraucher sowohl vor gesundheitlichen Beeinträchti-gungen als auch vor wirtschaftlicher Übervorteilung durch Irreführung und Täuschung.

Lebensmittel, kosmetische Mittel, Be-darfsgegenstände, Tabakerzeugnisse, Trinkwasser sowie Futtermittel, sie al-le unterliegen den lebensmittel- und futtermittelrechtlichen Vorschriften und werden von der amtlichen Über-wachung in Baden-Württemberg risi-koorientiert kontrolliert. Dieser Jah-resbericht soll über die wichtige und vielfältige Arbeit der amtlichen Le-bensmittel- und Futtermittelüberwa-chung in Baden-Württemberg infor-mieren. Der Bericht zeigt, dass trotz der Negativschlagzeilen der „Lebens-mittelskandale“ bei der überwiegen-den Zahl der Überprüfungen erfreuli-cherweise keine oder nur sehr wenige Beanstandungen festzustellen sind. Dies kann durchaus auch als Qualitäts-merkmal für den hohen Standard des Verbraucherschutzes im Land gese-hen werden.

Im vergangenen Jahr wurden in Ba-den-Württemberg im Rahmen der Le-bensmittelüberwachung wieder mehr als 90 000 Betriebskontrollen durchge-führt und mehr als 60 000 Proben an den Chemischen und Veterinärunter-suchungsämtern (CVUAs) untersucht und begutachtet. Die Proben werden von den Lebensmittelkontrolleuren auf allen Stufen der Herstellung und des Handels erhoben, aber auch Ver-braucherbeschwerden werden in die Untersuchung einbezogen. Die not-wendigen Maßnahmen zur Beseiti-gung von Mängeln werden von den unteren Lebensmittelüberwachungs-behörden veranlasst.

Eine sichere Lebensmittelproduktion ist aber nur möglich, wenn die zur Lebensmittelgewinnung dienenden Tiere zuvor mit einwandfreien Futter-mitteln ernährt wurden. Dieses sicher-zustellen, ist Aufgabe der amtlichen Futter mittelüberwachung, die auf al-len Stufen der Herstellung, des Han-dels und in den landwirtschaftlichen Betrieben erfolgt. Im Jahr 2006 wur-den von den Futtermittelkontrolleuren an den Regierungspräsidien mehr als 1300 Betriebsprüfungen durchgeführt sowie über 1300 Proben gezogen und an den landwirtschaftlichen Untersu-chungsanstalten bzw. den CVUAs un-tersucht.

Ich bin stolz darauf, dass die EU-Kom-mission im Berichtsjahr nach einer europaweiten Ausschreibung drei Laborbereiche der Chemischen und Veterinäruntersuchungsämter in Ba-den-Württemberg mit der wichtigen Aufgabe eines europäischen Gemein-schafts-referenzlabors betraut hat.

Beim CVUA Freiburg wurden das Dioxin-Labor und das Labor für Pes-tizid-Rückstände in Lebensmitteln tierischer Herkunft und beim CVUA Stuttgart wurde das Labor für Pesti-zid-Rückstände in pfl anzlichen Lebens-mitteln benannt. Die gemeinschaftli-chen Referenzlaboratorien sollen zur Erreichung einer hohen Qualität und Einheitlichkeit der Untersuchungser-gebnisse in den Mitgliedstaaten bei-tragen. Dies ist ein erneuter Beweis für die Leistungsfähigkeit der baden-württembergischen Untersuchungs-ämter und deren europaweite Aner-kennung.

Mein Dank gilt an dieser Stelle allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der amtlichen Lebensmittel- und Futtermittelüberwachung in Baden-Württemberg. Sie alle haben durch ihr großes Engagement zu dem seit Jahren hohen Qualitätsniveau beige-tragen.

Ich wünsche Ihnen nun eine kurzwei-lige Lektüre unseres Jahresberichts 2006.

Peter Hauk MdL

Minister für Ernährung und Ländlichen Raum Baden-Württemberg

Stuttgart, im Juli 2007

Grußwort des Ministers Jahresbericht 2006 3

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I Vorspann

3 Grußwort des Ministers

4 Inhaltsverzeichnis

6 Zusammenfassung: Highlights u. Sorgenkinder

II Betriebskontrollen und Vollzug

11 Betriebskontrollen und Vollzug

14 Betriebskontrollen im Rahmen des LFGB

25 Lebensmittelüberwachung – grenzenlos

III Produktgruppen

27 Themenübersicht

28 Übersicht Untersuchungsergebnisse

30 Lebensmittel

30 Milch und Milchprodukte

32 Fleisch, Wild, Geflügel und -Erzeugnisse

34 Fische, Krusten-, Schalen-, Weichtiere und -Erzeugnisse

35 Fette und Öle

36 Brühen, Suppen, Saucen und Feinkostsalate

37 Getreide, Backwaren und Teigwaren

39 Obst, Gemüse und -Erzeugnisse

40 Kräuter und Gewürze

43 Alkoholfreie Getränke

45 Wein und Erzeugnisse aus Wein

47 Alkoholische Getränke (außer Wein)

49 Eis und Desserts

50 Zuckerwaren, Schokolade, Brotaufstriche

53 Hülsenfrüchte, Ölsamen, Nüsse und Nusserzeugnisse

54 Fertiggerichte

56 Diätetische Lebensmittel, Säuglingsnahrung und Sportlernahrung

58 Nahrungsergänzungsmittel

60 Funktionelle Lebensmittel (Functional Food)

61 Neuartige Lebensmittel (Novel Food)

63 Zusatzstoffe und Aromastoffe

66 Kosmetische Mittel

66 Chemische Untersuchung von kosmetischen Mitteln

70 Mikroorganismen in kosmetischen Mitteln

71 Bedarfsgegenstände

71 Bedarfsgegenstände mit Körperkontakt und zur Körperpflege

73 Spielwaren und Scherzartikel

74 Bedarfsgegenstände mit Lebensmittelkontakt

77 Bedarfsgegenstände zur Reinigung und Pflege sowie sonstige Haushaltschemikalien

78 Tabakwaren

IV Spezielle Untersuchungsbereiche

81 Themenübersicht

82 Krankheitserregende Mikroorganismen und mikrobiologische Besonderheiten

88 Mykotoxine

92 Marine und Süßwasser-Biotoxine

93 Pflanzenschutzmittel und Organische Kontaminanten

104 Öko-Monitoring

107 Pharmakologisch wirksame Stoffe

111 Nachweis von Lebensmittelallergenen

114 Gentechnik in Lebensmitteln

120 Bestrahlung von Lebensmitteln

122 Radiochemische Untersuchungen

125 Industrie- und umweltbedingte Kontaminanten:

125 Dioxine und dioxinähnliche PCB

129 Schwermetalle u. toxische Spurenelemente

131 Herstellungsbedingte Kontaminanten:

131 Nitrosamine

132 Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK)

133 Acrylamid

134 3-Monochlorpropandiol (3-MCPD)

136 Furan in Lebensmitteln

138 Stabilisotopen-Analytik

4 Lebensmittelüberwachung BW Teil I: Vorspann

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V Trinkwasser

139 Trinkwasserüberwachung

140 Perfl uorierte Tenside (PFT)

141 Metaboliten von Pfl anzenschutzmitteln

VI Futtermittel

143 Futtermittelüberwachung

150 Autorenverzeichnis

152 Impressum

Vors

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Pro

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I II III IV V VI

Inhalt :

Wo steht was?

3 11 27 81 139 143

Inhaltsverzeichnis Jahresbericht 2006 5

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Zahlen aus der Lebensmittel-überwachung

Ziel der amtlichen Lebensmittelüberwachung ist es, gesundheitliche Gefahren, Verunreinigungen und Verfälschungen zu erkennen und zu beseiti-gen, und hierfür das qualifizierte Personal sowie die Analysengeräte optimal einzusetzen und aus-zulasten. Die Steuerung erfolgt über die risiko-orientierte Betriebskontrolle und zielorientierte Probenahme mit wechselnden Untersuchungs-schwerpunkten.

Die amtliche Lebensmittelüberwachung in Baden-Württemberg hat im Jahr 2006 insgesamt 94 987 Kontrollen in Betrieben und bei Lebensmittel-transporten durchgeführt. Dabei wurden 57 282 von 206 320 in Baden-Württemberg registrierten Betrieben (28 %) überprüft. Bei 15 556 Betrieben (27 % der kontrollierten Betriebe) wurden insge-samt 23 948 Verstöße festgestellt.

Im Rahmen der amtlichen Lebensmittelüberwa-chung wurden insgesamt 53 208 Proben che-misch, physikalisch und mikrobiologisch unter-sucht: 48 030 Lebensmittel (19 % = 8 926 Proben beanstandet), 2 041 kosmetische Mittel (21 % = 422 Proben), 2 819 Bedarfsgegenstände (31 % = 875 Proben), 231 Tabakerzeugnisse (3 % = 7 Proben) und 85 sonstige Produkte, die wegen der möglichen Gesundheitsgefahr durch Verwechsel-barkeit mit Lebensmitteln überprüft wurden (71 % = 60 Proben).

Geeignet, die Gesundheit zu schädigen, waren insgesamt 136 (0,3 %) Proben (Lebensmittel, kos-metische Mittel und Bedarfsgegenstände). Als gesundheitsschädlich wurden Proben insbeson-dere wegen pathogener Keime (Salmonellen, Staphylococcus aureus und Bacillus cereus), überhöhten Gehalten an Histamin und wegen scharfkantiger Fremdkörper beurteilt.

Außerdem wurden 11 948 Proben im Rahmen des Nationalen Rückstandskontrollplanes für Lebens-mittel tierischer Herkunft, bei dem unter anderem Fleisch, Milch, Eier und Honig auf Rückstände unerwünschter Stoffe untersucht werden, sowie 1 351 Proben auf Radioaktivität und 10 626 Pro-ben im Rahmen der Trinkwasserüberwachung untersucht.

Zahlen aus der Futtermittel-überwachung

Im Jahr 2006 wurden 1 132 Betriebe, in denen Futtermittel hergestellt, gehandelt, eingeführt oder verfüttert wurden, kontrolliert (davon 674 tier-haltende Betriebe, insbesondere im Rahmen der

6 Lebensmittelüberwachung BW Teil I: Vorspann

… aller EU-Referenz-Laboratorien für Pestizide und Kontaminanten sind in Baden-Württemberg ansässig.

93

37 %

… Strafverfahren wegen Badezimmer-spray, der bei den Kunden Atemwegsvergiftungen hervorrief.

77

48

90 t… Futtermittel wegen gentechnisch verändertem Reis unschädlich gemacht.

147

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Zusammenfassung:

Highlights und Sorgenkinder des Jahres 2006

… spanische Paprika wurden vernichtet! Sie enthielten das in Europa nicht zu-gelassene Insektizid Isophen-methyl.

95

107 t

37 %… Sekunden oder 60 Minuten? Wie lange hält sich essbare Unterwäsche?

71

60

… Injektionsstelle in der Muskulatur reichte aus, um dem Besitzer die zu frühe Schlachtung des behandelten Tieres nachzuweisen.

15

1 …

Zusammenfassung Jahresbericht 2006 7

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nicht den Vorschriften entsprachen. Beprobt wurden 450 Einzelfuttermittel, 809 Mischfuttermittel, 55 Vormischungen und Zusatzstoffe.

Cross-Compliance-Kontrollen). Dabei wurden verschiedene Betriebe auch mehrfach geprüft. Insgesamt wurden 1 319 Betriebsprüfungen und 47 Buchprüfungen durchgeführt sowie 1 314 Futtermittelproben gezogen, von denen 247

Beispiele aus der Futter- und Lebensmittelüberwachung

Rückstände von Tierarzneimitteln in Schlachtfleisch

„Der routinemäßigen Fleischuntersuchung entgeht nichts!“ Eine Injektionsstelle in der Muskulatur eines Schlachttieres erweckte beim Kontrolleur den Verdacht, dass das Tier vor nicht allzu langer Zeit einer medikamentösen Behandlung unterzogen worden ist. In den daraufhin zur Untersuchung eingesandten Proben konnten Rückstände eines Antibioti-kums nachgewiesen werden. Die nachfolgenden Ermittlungen durch die Lebensmittel-überwachung bestätigten, dass der Landwirt das Tier auf-grund einer akuten Erkrankung behandeln ließ und nach eigenen Angaben versehentlich zu früh zur Schlachtung gegeben hatte. Die durch den Tierarzt und in den Anwen-dungshinweisen vorgegebenen Wartezeiten wurden nicht beachtet. Gegen den Landwirt wurde Strafanzeige erstat-tet. Der Schlachtkörper musste unschädlich beseitigt wer-den.

Beim Räuchern entsteht unerwünschtes

3-Monochlorpropandiol (3-MCPD)

Im Rahmen einer Stufenkontrolle bei einem Fleischwaren-hersteller und in umfangreichen Laborversuchen konnte ge-zeigt werden, dass beim Räuchern 3-MCPD entsteht: Pfef-ferknacker (kleinkalibrige geräucherte Rohwurst), die noch nicht geräuchert waren, enthielten kein 3-MCPD. Dieselben Pfefferknacker, die mit Kaltrauch von ca. 28 °C geräuchert wurden, wiesen nach der Räucherung einen 3-MCPD Ge-halt von 133 µg/kg auf. Die zur Herstellung verwendeten Zutaten und Zusatzstoffe enthielten kein 3-MCPD. Eine Probe „Wandabkratzung“ aus der Räucherkammer war mit einem sehr hohen 3-MCPD Gehalt (2455 µg/kg) belastet. Die zur Räucherung verwendeten Holzspäne waren frei von chlororganischen Verbindungen, die evtl. eine Quelle für das gebildete 3-MCPD darstellen könnten und waren auch frei von 3-MCPD. Die Holzspäne wurden anschließend im Labor unter kontrollierten Bedingungen verschwelt. Dabei zeigte sich, dass der aufgefangene Rauch große Mengen an 3-MCPD enthielt. Damit war klar: Beim Räuchern ent-steht 3-MCPD. Die bisherigen Untersuchungsergebnisse deuten auch darauf hin, dass der Bildungsweg für 3-MCPD bei der Verschwelung von Holz ein anderer ist, als z.B. in Sojasoßen und Backwaren. Da 3-MCPD sehr gut wasser-löslich ist, bleibt es nicht an der Oberfläche, sondern es dringt schnell auch in die inneren Schichten des geräu-cherten Erzeugnisses ein. Durch Entfernen der Wursthaut lässt sich also leider keine nennenswerte Reduktion der Kontamination mit 3-MCPD erreichen.

Noroviren in gekochtem Reis

Nach dem Verzehr von Reisgerichten in einem indisch-cey-lonesischem Restaurant erkrankten 16 von 21 Schülern an Gastroenteritis. Die Symptome sowie die eintägige Inku-bationszeit entsprachen denen einer Norovirus-Infektion. Im gekochten Reis wurden die Molekularbiologen fündig: Noroviren positiv. Parallel dazu wurden im Regierungspräsi-dium Stuttgart (Abteilung 9 Landesgesundheitsamt) Stuhl-proben von 6 Erkrankten ebenfalls mit positivem Ergebnis auf Noroviren untersucht. Zur Abklärung der Infektionskette wurden sowohl die Noroviren-Patientenisolate als auch das Isolat aus dem gekochten Reis auf klonale Identität (gene-tische Übereinstimmung) untersucht. Die Untersuchung ergab zu 100 % übereinstimmende Gensequenzen zwi-schen den Virenisolaten der Patienten und aus dem Reis: ein kausaler Zusammenhang zwischen dem Konsum der Reisspeisen im Restaurant und den Erkrankungen der 16 Schüler ist damit bewiesen. Der gekochte Reis wurde als gesundheitsschädlich beanstandet.

Dem „Gammelfleisch“ auf der Spur …

Ausgehend vom ersten Fleischskandal in Bayern Ende 2005, folgten mit dem Begriff „Gammelfleisch“ 2006 wei-tere Schlagzeilen. Zwei Schwerpunktprogramme wurden in Baden-Württemberg ins Leben gerufen, um eine inten-sivierte Kontrolle in diesem Bereich zu ermöglichen. Für diese Aufgabe wurden gesondert Tierärzte und im Rahmen des Kooperationsmodells mit der Polizei ehemalige WKD-Beamte eingesetzt. U.a. tauchten bei den zahlreichen Kontrollen in Kühl- und Gefrierhäusern immer wieder Fleisch auf, das überlagert und verdorben war. Manche Fleischstücke hatten einen langen Transportweg hinter sich. Auch vor 2 Jahren aus Brasilien importiertes Rindfleisch war durch zu lange Ge-frierlagerung ranzig geworden. Neben physikalischen und chemischen Vorgängen im Fleisch sind die Unterbrechung der Kühlkette oder die Verwendung von mikrobiell belaste-ter Ausgangsware als Ursachen für den Verderb zu nennen. Tiefgefrieren kann die Haltbarkeit von Fleisch verlängern, aber nur wenn frische Ausgangsware sachgerecht verpackt (am besten vakuumiert) tiefgefroren wird.

8 Lebensmittelüberwachung BW Teil I: Vorspann

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Zimt gegen Zucker?

Die Ergebnisse von medizinischen Studien deuten darauf hin, dass durch den Verzehr von mehreren Gramm Cassia-Zimtpulver bzw. -Zimtextrakt pro Tag der Blutzuckerspiegel von Diabetikern günstig beeinfl usst werden kann. Etliche Firmen brachten - vor einer Zulassung als Arzneimittel! - bereits „Zimtkapseln“ zur Senkung des Blutzuckers als diätetische Lebensmittel oder Nahrungsergänzungsmittel für Diabetiker in den Verkehr. Mit den Zimtkapseln werden täglich Gramm-Mengen von Zimt verzehrt, das ist erheblich mehr, als durch mit Zimt gewürzte Lebensmittel aufgenom-men wird. Um mögliche Gefahren durch einen erhöhten Cumaringehalt abschätzen zu können, wurden 26 Proben überprüft. 14 Proben enthielten hohe Cumaringehalte, 2 Proben wurden als gesundheitsschädlich beanstandet, da der TDI-Wert (Tolerable Daily Intake = tolerierbare täg-

liche Aufnahmemenge) über 100 % ausgeschöpft war. Hinsichtlich des Cumaringehaltes unauffällig waren nur die Proben, die wässrigen Zimtextrakt enthielten.

Abbauprodukte von Pfl anzenschutzmitteln in

Trinkwasser

Chloridazon-desphenyl ist ein Metabolit (Abbauprodukt) des Unkrautvernichtungsmittels Chloridazon, das im Zu-ckerrübenanbau eingesetzt wird. Bei 28 von 80 untersuch-ten Trinkwässern wurden Gehalte bis zu 3,4 µg/l nachge-wiesen. Die offene Frage, ob Chloridazon-desphenyl als „relevanter“ Metabolit im Sinne der Trinkwasser-Verord-nung anzusehen ist und damit dem Grenzwert von 0,1 µg/l unterliegt, wird derzeit auf Bundes- und EU-Ebene geklärt.Aus dem im Obstanbau eingesetzten Fungizid Tolylfl uanid kann der Metabolit N,N-Dimethylsulfamid entstehen. Gehalte deutlich über 0,1 µg/l wurden nachgewiesen. Bei der Aufbereitung von Wasser mit Ozon kann aus diesem Metaboliten das krebserregende N-Nitrosodimethylamin entstehen. Das N-Nitrosodimethylamin wird durch die üb-licherweise der Ozonierung nachgeschalteten Filterstufen teilweise wieder entfernt. Bei N,N-Dimethylsulfamid han-delt es sich um einen bislang unbekannten Pfl anzenschutz-mittelmetaboliten; weil sich bei Ozonierung daraus das ge-sundheitsbedenkliche N-Nitrosodimethylamin bilden kann, muss der Metabolit als „relevanter Metabolit“ im Sinne der Trinkwasser-Verordnung angesehen werden.

Verbotenes Pestizid in spanischem Gemüsepaprika

entdeckt

Im Rahmen der Rückstandsuntersuchungen bei Gemü-sepaprika hat das CVUA Stuttgart Ende des Jahres 2006 Rückstände des in der EU nicht zugelassenen Insektizids Isofenphos-methyl festgestellt. Auffallend war, dass die-ses Insektizid ausschließlich in den spanischen Proben nachgewiesen wurde. In 12 der knapp 40 Proben wurde Isofenphos-methyl nachgewiesen. Die Rückstandsgehalte lagen in 8 Proben über der allgemeinen Höchstmenge von 0,01 mg/kg. Der Wirkstoff Isofenphos-methyl wurde in China herge-stellt und ohne Zulassung und damit ohne toxikologische Bewertung illegal nach Spanien eingeführt und angewen-det. Aufgrund der toxikologischen Relevanz konnten ge-sundheitliche Risiken nicht mit der erforderlichen Sicher-heit ausgeschlossen werden. Die Ergebnisse wurden in das Schnellwarnsystem der Europäischen Kommission eingestellt und zeigten Wirkung: Nach dem Bericht der spanischen Behörden wurden im 1. Quartal 303 Firmen kontrolliert, 107 203 kg Paprika vernichtet, 24 Betriebe mit Vermarktungsverbot belegt und 11 Strafverfahren einge-leitet.

EU-Referenzlaboratorien (CRL) in Baden-

Württemberg

Zur Weiterentwicklung der Lebensmittelüberwachung und Tierseuchendiagnostik wurde 2005 die Einrichtung von Ge-meinschafts-Referenz laboratorien (Community Reference Laboratories, CRLs) von der Europäischen Union u.a. für verschiedene rückstandsanalytische Arbeitsgebiete aus-geschrieben. Die EU-Referenz-Laboratorien sollen sowohl richtungsweisend als auch koordinierend und beratend wir-ken. Ziel ist eine EU-weite Verbesserung der Qualität von analytischen Ergebnissen.Nach Abschluss des strengen Auswahlverfahrens auf na-tionaler und EU-Ebene wurden Anfang 2006 drei der acht CRLs im Bereich „Rückstände und Kontaminanten“ an das CVUA Stuttgart und das CVUA Freiburg vergeben: Dabei deckt das CVUA Stuttgart den Bereich „mit Einzelbestim-mungsverfahren zu analysierende Pestizidrückstände“ ab, das CVUA Freiburg ist für den Bereich „Pestizidrückstände in Lebensmitteln tierischer Herkunft und Waren mit hohem Fettanteil“ benannt. Das CVUA Freiburg wurde zudem für den Bereich „Dioxine und PCB in Lebensmitteln und Futter-mitteln“ benannt. Inzwischen sind die Arbeitsprogramme mit der Kommission abgestimmt, und die Arbeit als CRL wurde zum 1. Juli 2006 aufgenommen. Die eindrucksvolle Bilanz des ersten halben Jahres: 4 Ringversuche, Aufbau ei-nes Internet-Portals (www.crl-pesticides.eu ), eine „me-thod validation database“ und erste Workshops in Freiburg und Fellbach mit Teilnehmern aus allen EU-Ländern.

Zusammenfassung Jahresbericht 2006 9

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Nicht zugelassener GVO-Reis macht Schlagzeilen

Amerikanische Behörden informierten die EU-Kommissi-on darüber, dass in amerikanischen Reisprodukten Spu-ren der nicht zugelassenen gentechnisch veränderten (gv) Reissorte LL 601 nachgewiesen wurden und vermutlich in die Lebensmittel- und Futtermittelkette gelangt seien. In 3 der 10 untersuchten Futtermittelproben konnte in Baden-Württemberg Reis LL 601 nachgewiesen werden. Die 3 positiven Befunde bezogen sich auf eine Partie Reisfutter-mehl von 50,6 t, die von einer Reismühle als Futtermittel abgegeben worden war. Die Restbestände von 1,6 t beim Hersteller wurden gesperrt und die Vertriebswege ermit-telt. Über einen Zwischenhändler waren 25,0 t an einen Handelsbetrieb in Nordrhein-Westfalen ausgeliefert wor-den. Weitere 24,0 t waren an einen Mischfuttermittelher-steller in Baden-Württemberg geliefert worden. Insgesamt mussten 7,6 t Reisfuttermehl und 80,4 t Ergänzungsfutter-mittel für Pferde unschädlich beseitigt werden.Die parallel aufgenommene Untersuchung von Lebensmit-

teln lohnte sich: In insgesamt 31 von 195 Proben wurden Verunreinigungen durch nicht zugelassenen gv Reis festge-stellt. Die Verunreinigungen bewegten sich zwar durchweg im sehr niedrigen Spurenbereich, aber derzeit sind selbst solche Spuren von nicht zugelassenem gentechnisch ver-ändertem Reis verboten.

Atemnot auf Knopfdruck – Vergiftungsfälle durch ein

Badezimmerspray

Es begann Ende März 2006: in einer Angebotsaktion kom-men zwei brandneue Produkte auf den Markt: die Aerosol-sprays „Magic Nano Bad und Keramik Versiegeler“. Nach Angaben der Firma sollen mit den Sprays Unebenheiten auf Glas und Keramik mit kleinsten Nanoteilchen verschlossen und die behandelten Flächen so schmutzabweisend wer-den. Doch schon am ersten Tag der Markteinführung zeigt sich ein anderer Effekt. Kunden, die das Produkt zu Hause anwenden, spüren – nach ein bis zwei Stunden – zunächst Kratzen im Hals, dann stellt sich ein unangenehmer Hus-ten ein, schließlich kommt es zu Atemnot. Viele Betroffene werden im Krankenhaus behandelt, in Einzelfällen werden Lungenödeme diagnostiziert.Nachdem Beschwerden bekannt wurden, hat die Firma einen Rückruf eingeleitet und die Öffentlichkeit gewarnt. Dennoch konnte nicht mehr verhindert werden, dass Kun-den zum Teil schwere Vergiftungen erlitten. Bislang sind 48 Verfahren wegen fahrlässiger Körperverletzung eingeleitet worden. Die Staatsanwaltschaft Tübingen hat die Ermittlun-gen aufgenommen.

Orientalischer Modetrend „Shisha“ (Wasserpfeife)

24 Proben Wasserpfeifentabak wurden auf ihre Gehalte an Feuchthaltemitteln überprüft. Die gesetzliche Höchstmen-ge von 5 % in der Summe aller Feuchthaltemittel wurde bei 7 Proben überschritten. Vermehrt gelangen tabakfreie Produkte zum Rauchen in der Wasserpfeife in den Handel. Es handelt sich dabei um Fruchtmischungen mit hohem Honig- bzw. Melasseanteil. In Deutschland gibt es deutli-che Hinweise auf eine weite Verbreitung, nicht nur unter den Mitbürgern aus Afrika bzw. Asien. Insbesondere unter Jugendlichen hat das Rauchen von Wasserpfeifen einen Kultstatus eingenommen. Bei der Wasserpfeife wird der Tabak nicht direkt verbrannt wie bei der Zigarette, sondern er wird durch die glühende Holzkohle erhitzt bzw. verschwelt. Die glühende Holzkoh-le trägt somit zur Zusammensetzung des Hauptstromrau-ches bei. Die Nikotinkonzentration im Wasserpfeifentabak weist erhebliche Unterschiede auf. Die Gehalte schwanken zwischen 3,4 mg Nikotin/g Tabak bis ca. 30 mg Nikotin/g Tabak. Das Bundesinstitut für Risikobewertung untersucht in Zusammenarbeit mit dem CVUA Sigmaringen die Gehal-te an Feuchthaltemitteln und Nitrosaminen im Tabak. Mit dem Nachbau einer Wasserpfeife im Labor sollen Untersu-chungen auf die Gehalte von verschiedenen toxikologisch relevanten Substanzen im Hauptstromrauch erfolgen. Für diese Untersuchung wurde eine spezielle analytische Ab-rauchmaschine entworfen.

Kurioses

Müsliriegel mit Sicherheitsnadel – ein besonders

sicheres Lebensmittel?

In einem Müsliriegel aus einer Bäckerei war eine offene Sicherheitsnadel eingebacken. Die Sicherheitsnadel soll mit dem speziellen Verschlussmechanismus das gefahrlo-se und sichere Aneinanderheften zweier Textilien ermög-lichen. Eine offene Nadel im Lebensmittel birgt allerdings ein erhebliches Verletzungspotenzial, wenn sie nicht vor dem Verzehr entdeckt wird. Diese Probe musste daher als gesundheitsschädlich und damit als unsicheres Lebensmit-tel beurteilt werden.

Unterwäsche: ausgesprochen körpernah!

Um Wäsche der „anderen Art“ handelte es sich bei den vorgelegten Verdachtsproben „essbare Unterwäsche“. Hier stellte sich die Frage: Gegenstand für den nicht nur vor-übergehenden Hautkontakt, also Bedarfsgegenstand, oder Lebensmittel? Rechtlich gesehen gilt „sowohl als auch“. Für die Beurteilung sind aber vor allem die Kennzeichnungsvor-schriften sowie die zusatzstoffrechtlichen Anforderungen für Lebensmittel relevant, die von den untersuchten Proben aber nicht eingehalten wurden.

10 Lebensmittelüberwachung BW Teil I: Vorspann

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Teil II:Betriebskontrollen und Vollzug der Lebensmittel-überwachung

Themen:

Betriebskontrollen und Vollzug 12

Betriebskontrollen im Rahmen des LFGB 14

Lebensmittelüberwachung – grenzenlos 25

Jahresbericht 2006 11

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Betriebskontrollen und Vollzug der

LebensmittelüberwachungDas Jahr 2006 der Lebensmittelüberwachung war geprägt von zwei wesentlichen Ereignissen, nämlich dem

Inkrafttreten des neuen Lebensmittelrechts der Europäischen Union und den Folgen des Gammelfl eisch-

skandals.

Seit 1. Januar 2006 gelten europaweit einheitliche Vorgaben, die die Sicherheit der Verbraucher im Lebens-

mittelbereich gewährleisten sollen. Das so genannte „EU-Hygienepaket“, das im Wesentlichen aus drei für alle

EU-Mitgliedstaaten verbindliche Verordnungen besteht, kam zur Anwendung. Das Lebensmittel- und Bedarfs-

gegenständegesetz und viele andere lebensmittelrechtlichen Gesetze wurden durch das Lebensmittel-,

Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuch abgelöst. Viele der bisher in Deutschland geltenden speziel-

len Hygienegesetze und -verordnungen haben in diesem Zusammenhang ihre Gültigkeit verloren. Die neuen

Vorschriften und Anforderungen gelten jedoch nicht nur für die Lebensmittel- und Futtermittelunternehmer,

sondern auch für die Tätigkeit der amtlichen Überwachungsbehörden. Erschwerend kam für die Lebensmit-

telüberwachungsbehörden jedoch hinzu, dass teilweise die für die Umsetzung der Vorschriften notwendigen

Durchführungsvorschriften noch fehlten. Es ergaben sich Rechtslücken, die die Arbeit der Lebensmittelüber-

wachungsbehörde, insbesondere den Verwaltungsvollzug, belasteten.

Ausgehend vom ersten Fleischskandal in Bayern Ende 2005, folgten mit dem Begriff „Gammelfl eisch“ 2006

weitere Schlagzeilen. Zwei Schwerpunktprogramme wurden in Baden-Württemberg ins Leben gerufen, um

eine intensivierte Kontrolle in diesem Bereich zu ermöglichen. Für diese Aufgabe wurden gesondert Tier ärzte

und im Rahmen des Kooperationsmodells mit der Polizei ehemalige WKD-Beamte eingesetzt.

bis hin zur Abgabe an den Verbraucher. Die Überprüfungen erstrecken sich auf die gesamte Palette der Lebensmittel-betriebe. Dazu gehören u. a. Groß- bzw. Wochenmärkte, Gaststätten, Imbisseinrichtungen, Lebensmittelstände auf Straßen- sowie Vereinsfesten, Küchen in Schulen und Heimen. Aber auch Lebensmittel „auf der Straße“ bleiben nicht außen vor. Gezielt werden Lebensmitteltransporte in das routinemäßige Kontrollprogramm einbezogen. Doch auch wenn sich Verbraucher beschweren – sei es, weil ih-nen verdorbene Ware verkauft wurde, oder weil ihnen nach Genuss eines Lebensmittels übel geworden ist, werden die Lebensmittelüberwachungsbehören aktiv und gehen der Sache auf den Grund. Besonders im Zusammenhang mit Erkrankungsfällen wird, teils mit großem Erfolg, de-tektivisch auf Ursachensuche gegangen. So konnte häufi g Schlimmeres verhindert werden, indem verdorbene Le-bensmittel sofort aus dem Verkehr gezogen wurden oder krankes Personal bis zu seiner Genesung „Zwangsurlaub“ genießen konnte. Auch bei Rückrufaktionen von Lebens-mitteln, die beispielsweise Rückstandshöchstmengenüber-schreitungen aufwiesen, werden Verbraucher direkt und nachhaltig durch die Arbeit der Lebensmittelüberwachung geschützt.Die Lebensmittelüberwachungsbehörden sind jedoch nicht nur für Überwachungsaufgaben zuständig. Ein weiterer Teil ihrer Arbeit betrifft Zulassungen von Betrieben sowie Beratungen von Bauvorhaben, die im Zusammenhang mit Lebensmitteln selbst, oder deren Verarbeitung stehen. So können und sollen baubedingte Mängel bereits bei der Pla-nung vermieden werden. Teure Nachbesserungen werden unnötig. Doch auch Schulungen und Beratungen führen die tierärztlichen Sachverständigen und die Lebensmittelkon-trolleure der Landratsämter bzw. der Bürgermeisterämter

Die Lebensmittelüberwachung in Baden-Württemberg wird von insgesamt 44 unteren Lebensmittelüberwachungsbe-hörden durchgeführt. Fachlich koordiniert werden diese von den vier Regierungspräsidien, welche ihrerseits wiederum dem Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum un-terstehen. Die Überwachung erfolgt durch die Lebensmit-telkontrolleure und Amtstierärzte der Stadt- und Landkrei-se, die in besonderen Fällen durch Sachverständige der Chemischen und Veterinärunter suchungsämter des Landes unterstützt werden.Lebensmittelsicherheit und Gesundheit des Verbrauchers sind untrennbar miteinander verbunden und somit für die

Bürger von großer Bedeutung. In einer zu-nehmend globalisierten Welt sind die

komplexen Sachverhalte allerdings für den Einzelnen kaum noch

nachvollziehbar. Umso wichti-ger ist es, dass sich der Verbrau-cher auf einen wirkungsvollen Schutz durch die Behörden ver-lassen kann. Die Überwachung von Lebens-

mitteln beginnt bereits bei der Urproduktion und endet schließlich

bei der direkten Abgabe eines Lebens-mittels an den Verbraucher, so auch das

Überwachungskonzept der europäischen Gemeinschaft „From the stable to the table“.Dementsprechend beginnt die Kontrolle z. B. von fl eisch-liefernden Tieren bei der Haltung und Fütterung im land-wirtschaftlichen Betrieb, über die hygienische Schlachtung, den Transport des Fleisches in geeigneten Fahrzeugen, der Verarbeitung und den Vertrieb im Groß- oder Einzelhandel,

Bürger von großer Bedeutung. In einer zu-nehmend globalisierten Welt sind die

komplexen Sachverhalte allerdings für den Einzelnen kaum noch

nachvollziehbar. Umso wichti-ger ist es, dass sich der Verbrau-cher auf einen wirkungsvollen Schutz durch die Behörden ver-lassen kann. Die Überwachung von Lebens-

mitteln beginnt bereits bei der Urproduktion und endet schließlich

bei der direkten Abgabe eines Lebens-mittels an den Verbraucher, so auch das

Überwachungskonzept der europäischen Gemeinschaft

12 Lebensmittelüberwachung BW Teil II: Betriebskontrollen und Vollzug

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der Stadtkreise durch. So kann z. B. durch Ratschlag an die Eltern bei einem Schulfest vermieden werden, dass die Grillwürstchen stundenlang ungekühlt in der Sonne auf der Bierbank gelagert werden.Daher konnte schon manches Fest zu einem vollen Erfolg – auch hinsichtlich der Gesundheit der Besucher – werden.Diese beschriebenen Aufgaben sind jedoch nur Teilberei-che der vielfältigen Arbeitsfelder der Lebensmittelüberwa-chungsbehörden.

Leider wurde das Vertrauen der Bürger in die Lebensmit-telüberwachung durch diverse Missstände, die in der Pres-se als „Gammelfleischskandale“ diskutiert wurden, in den Jahren 2005 und 2006 teils getrübt. Die vermehrt bekannt gewordenen Verstöße gegen das Lebensmittelrecht wur-den vielfach als Zeichen einer unzureichenden Lebensmit-telkontrolle interpretiert. Zur Ermittlung der Sachlage aber auch zur Vermeidung weiterer Fälle grober Verstöße gegen das Lebensmittelrecht und die Verbraucherbelange wurden im Berichtsjahr in Baden-Württemberg zwei Schwerpunkt-programme mit Unterstützung der Landesregierung und in Zusammenarbeit mit der Polizei geplant und durchgeführt. Im Rahmen der interministeriellen Konzeption „Kooperati-onsmodell“ wurden vonseiten der Polizei ehemalige Beam-te des Wirtschaftskontrolldienstes zur Unterstützung der Lebensmittelüberwachungsbehörden als Kontrolleure zur

Verfügung gestellt. Für das zweite Schwerpunktprogramm „Fleisch“ wurden zeitlich befristet zusätzliche Tierärzte ein-gestellt, die speziell die Überprüfungen der Vertriebswege von Fleisch und von tierischen Nebenprodukten übernah-men. So wurden zusätzlich zu den regulären Betriebskon-trollen zahlreiche Kontrollen außerhalb des üblichen Über-wachungsauftrages durchgeführt, um neue Erkenntnisse über Warenströme und Gepflogenheiten der Lebensmit-tel- / Fleischwirtschaft zu gewinnen. Diese Aktionen führten zwar zu Mehrbelastungen der in der Überwachung tätigen Personen und Dienststellen, hatten aber zur Folge, dass die Verbraucher im „Ländle“ vor abgelaufenem und ungenieß-barem Fleisch maximal geschützt werden konnten.

Das öffentliche Interesse an der Entwicklung der Lebens-mittelüberwachung in Baden-Württemberg war selbst im zweiten Jahr nach ihrer Neuorganisation durch die Verwal-tungsreform ungebrochen. Die politische Diskussion dazu ist auch im Zusammenhang mit den Fleischskandalen noch nicht verstummt. Die Ziele dieser Umstrukturierungen wur-den und werden allerdings konsequent verfolgt. So konnte ein Teil der abgeordneten Polizisten des ehemaligen Wirt-schaftkontrolldienstes Ende 2006 zurück in ihren Dienst bei der Polizei gehen. Diese Beamten wurden durch neu ausgebildete Lebensmittelkontrolleure ersetzt. Einiges an Wissen und Erfahrung der polizeilichen Lebensmittelkon-

Abb.: Auf Megaveranstal-tungen werden die Lebensmittelüber-wachungsbehörden ganz besonders gefordert.

Betriebskontrollen und Vollzug Jahresbericht 2006 13

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trolleure konnte den neuen Lebensmittelkontrolleuren in der zweijährigen Ausbildung mit auf den Weg gegeben werden. Ergänzt wird dieses Know-how durch eine fundier-te Vorbildung dieser Kontrolleure. Nur wer bereits Meister in einem Lebensmittelhandwerk ist oder über eine ver-gleichbare berufliche Qualifikation verfügt, kann von den Lebensmittelüberwachungsbehörden angestellt und zum amtlichen Lebensmittelkontrolleur weitergebildet werden. Diese Fachausbildung teilen sich die Unteren Verwaltungs-behörden mit der zentralen Ausbildungsstelle des Landes

bei der Akademie der Polizei in Freiburg. Etwa 170 verschie-dene Fachleute aus der Landesverwaltung, den Untersu-chungsämtern, aber auch aus Kreisen der Lebensmittel-wirtschaft und des Handwerks unterrichten als Dozenten die angehenden Kontrolleure. Das Ausbildungsprogramm ist anspruchsvoll und sichert ein hohes fachliches Können des Überwachungspersonals. Dieser Umstand ist eine gu-te Grundlage für die zukünftige Gewährleistung des Ver-braucherschutzes in Baden-Württemberg.

Betriebskontrollen im Rahmen des LFGB

Die Kontrollfrequenzen der amtlichen Lebensmittelüberwa-chung in den einzelnen Betrieben leiten sich von der Risiko-

bewertung ab. Jeder Betrieb wird vom Kontrollpersonal der zuständigen Verwaltungsbehörden auf der Basis aktu-eller Erkenntnisse einer Bewertung der Risiken unterzogen, die von dem Betrieb für den Verbraucher ausgehen kön-nen. Aus dieser Einstufung folgern Kontrollintervalle, die zwischen arbeitstäglich und 36 Monaten variieren können. Nach derzeitiger Einteilung sollten knapp über 40 % der vorhandenen Betriebe im Jahr inspiziert werden, um die Kontrollvorgaben einzuhalten, die sich an bundeseinheitli-chen Vorgaben orientieren. An den Betriebskontrollen, die in der Regel von Lebensmittelkontrolleuren durchgeführt wurden, sind je nach Betriebsart und aktueller Situation die Amtstierärzte der unteren Lebensmittelüberwachungs-behörden als Sachverständige beteiligt. Regelmäßig sind Vertreter (Lebensmittelchemiker und Tierärzte) der Chemi-schen und Veterinäruntersuchungsämter sowie Ärzte der Gesundheitsämter an den Kontrollen beteiligt. Hier handelt es sich insbesondere um Kontrollen besonders großer oder risikoreicher Betriebe wie z. B. Molkereien, Großküchen in Krankenhäusern oder Pflegeheimen.

Insgesamt fanden 94 987 Kontrollbesuche statt, bei denen 57 282 der insgesamt 206 320 in Baden-Württemberg er-fassten Betriebe ein- oder mehrmals überprüft wurden. In 15 556 Betrieben wurden Verstöße festgestellt, die Zahl der Beanstandungen betrug 23 948.

Führen Kontrollen zu Beanstandungen, die nicht sofort oder freiwillig durch den Betreiber abgestellt werden, sor-gen die verantwortlichen Lebensmittelüberwachungsbe-

hörden mit ihren verwaltungsrechtlichen Mitteln in Form von Anordnungen oder anderen Maßnahmen zur Gefah-renabwehr – im Berichtsjahr in 26 476 Fällen – dafür, dass rechtskonforme Zustände wiederhergestellt werden. Dies ist oftmals verbunden mit der Einleitung von Maßnahmen zur Ahndung der Verstöße. Bei Verdacht des Vorliegens einer Straftat wird die Sache an die zuständige Staatsan-waltschaft weitergeleitet, die über das weitere Vorgehen entscheidet.

In Zahlen ausgedrückt ergaben sich – soweit bei den un-teren Lebensmittelüberwachungsbehörden bekannt – aus der o. g. Tätigkeiten im Jahr 2006 insgesamt

• 832 Strafverfahren (mit Geldstrafen bis zu 3 000,– 1),• 2 420 Ordnungswidrigkeitsverfahren, die zu über 1 530 Bußgeldbescheiden (mit Bußgeldern bis zu

2 500,– 1) führten, und• 5 825 Verwarnungen mit oder ohne Verwarngeld.

218 Betriebe mussten aufgrund der dort herrschenden un-hygienischen Umstände zum Schutz der Verbraucher sofort geschlossen werden oder wurden durch den verantwortli-chen Betreiber vorübergehend „wegen Krankheit“ freiwillig geschlossen.

Die nachfolgenden Fallbeispiele vermitteln einen Einblick in die Arbeit der baden-württembergischen Lebensmittel- und Fleischhygieneüberwachung. Diese Beispiele stellen allerdings – zum Teil drastische – Einzelfälle dar, die nicht repräsentativ für die jeweilige Branche sind und keine Rückschlüsse auf die Lebensmittelunternehmen in Baden-Württemberg insgesamt erlauben.

Zahl der Betriebe landwirt-schaftliche Erzeuger (Urproduktion)

Hersteller und Abpacker

Großhändler und Transporteure

Einzelhändler Dienst-leistungs-betriebe

handwerkliche Hersteller und Direkt-vermarkter

Gesamt

Betriebe 57 135 2 653 3 060 50 047 80 231 13 194 206 320kontrollierte Betriebe 1 672 1 067 998 18 534 30 279 4 732 57 282Kontrollbesuche 2 142 9 534 3 715 30 409 41 171 8 016 94 987Betriebe mit Verstößen 162 359 230 3 566 9 538 1 701 15 556

Tabelle: Anzahl der

Betriebskontrol-len (gemäß § 2

Nr. 1.1 AVV-DÜb)

14 Lebensmittelüberwachung BW Teil II: Betriebskontrollen und Vollzug

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Art der Verstöße(Mehrfachnennungen möglich)

landwirt-schaftliche Erzeuger (Urproduktion)

Hersteller und Abpacker

Großhändler und Transporteure

Einzelhändler Dienst-leistungs-betriebe

handwerkliche Hersteller und Direkt-vermarkter

Gesamt

Hygiene (HACCP, Ausbildung) 19 116 60 729 2 180 590 3 694Hygiene allgemein 130 264 129 2 800 8 783 1 522 13 628Zusammensetzung (nicht mikrobiologisch)

7 42 47 201 39 43 379

Kennzeichnung, Aufmachung 30 95 74 1 094 2 989 476 4 758Andere 22 54 51 365 855 142 1 489

Landwirtschaftliche Erzeuger (Urproduktion)

Rückstände von Tierarzneimitteln in Schlachtfleisch

„Der routinemäßigen Fleischuntersuchung entgeht nichts!“ Eine Injektionsstelle in der Muskulatur erweckte beim Kon-trolleur den Verdacht, dass das Tier vor nicht all zu langer Zeit einer medikamentösen Behandlung unterzogen wor-den ist. Die daraufhin zur Untersuchung eingesandten Pro-ben brachten die Sache ans Licht. Es wurde die Anwendung eines Antibiotikums beim Schlachttier nachgewiesen. Die nachfolgenden Ermittlungen durch die Lebensmittel-überwachung bestätigten, dass der Landwirt das Tier auf-grund einer akuten Erkrankung behandeln ließ und nach

Verstärkte Milchkammerkontrollen

So manche durch die Milchkammer flitzende Maus wurde nun auf Nimmerwiedersehen aus der Milchkammer ver-bannt. Milcherzeugerbetriebe, die von den Molkereien im Rahmen der Eigenverantwortung wegen erhöhter Keim- oder Zellzahlen der Liefermilch von der Milchlieferung aus-geschlossen worden waren, hatte die Lebensmittelüber-wachung genauer unter die Lupe genommen. Die Milchge-winnung, die Lagerung der Milch in der Milchkammer und die für die Milchproduktion verwendeten Gerätschaften werden dabei einer gründlichen Inspektion unterzo-gen. Gründe für die Grenzwertüberschreitungen sollen im Rahmen dieser Kontrollen ermit-telt und der betreffenden Milcherzeuger über Möglichkeiten zur Beseitigung der Probleme informiert und angehalten werden. Dies konnten beispielswei-se bezogen auf die Keimzahl im einen oder anderen Fall die defekte Kühlung oder auch hygienisch problematische Verunreinigungen sein, weil Winkel und Ecken des „Milchgeschirrs“ oder der Rohr-leitungen und Lagertanks bei der Reinigung übersehen oder nicht ausreichend behandelt wurden. Probleme ergaben sich aus mangelhafter oder fehlender technischer Wartung der Melkanlage, die zu Entzündungen der Euter bei den Kühen und damit zu erhöhten Zellzahlen in der Milch führten. Negative Folgen

eigenen Angaben versehentlich zu früh zur Schlachtung gegeben hatte. Die durch den Tierarzt und in den Anwen-dungshinweisen vorgegebenen Wartezeiten wurden nicht beachtet. Gegen den Landwirt wurde Strafanzeige erstat-tet. Der Schlachtkörper musste unschädlich beseitigt wer-den.

hatten auch die Wahl ungeeigneter Reinigungsmittel, der nicht ausreichende Wechsel zwischen basischen und sau-ren Präparaten und die fehlerhafte Dosierung der Reini-gungs- und Desinfektionsmittel. Bringt der Landwirt den Hygienestatus seiner Milcherzeugung nicht rechtzeitig in Ordnung brachte ihm diese Kontrolle weitere Verluste in Form von 1 % bis 5 % Prämienabzug ein. Nur derjenige Landwirt, der in Übereinstimmung mit den Vorschriften des Umweltschutzes, des Tierschutzes, der Tiergesundheit

und des gesundheitlichen Verbraucherschut-zes handelt und produziert, hat in vollem

Umfang Anspruch auf die öffentlichen Fördermittel.

Tabelle: Art der festgestellten Verstöße bei Betriebskontrollen (gemäß § 2 Nr. 1.1 AVV-DÜb)

Abb.: Unhygienische Milchkammer

Betriebskontrollen im Rahmen des LFGB Jahresbericht 2006 15

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Industrielle Hersteller von Backwaren bzw. Teigwaren

Großbäckereien und große Teigwarenhersteller

haben ihre Hausaufgaben nicht gemacht

Schimmelpilze sind Mikroorganismen des täglichen Le-bens. Ihre Sporen finden sich überall in der Außenluft. Als Schadorganismen, die giftige Stoffwechselproduk-te (Mykotoxine) freisetzen können, treten sie vor allem durch Befall von Lebensmitteln und anderen organischen Materialien in Erscheinung. Ein besonders beliebter Nähr-boden für Schimmelpilze ist das Getreide. Deshalb sind Großbäckereien und große Teigwarenhersteller europaweit verpflichtet, im Rahmen der Eigenkontrollen auf Schimmel-pilze untersuchen zu lassen. Bei den Betriebskontrollen musste jedoch festgestellt werden, dass die überprüften Großbetriebe ihre Hausaufgaben noch nicht gemacht hat-

Bäckereien und Konditoreien

Jahr für Jahr die gleichen Mängel

Bäckereien und Konditoreien gehören immer noch zu den Sorgenkindern der Lebensmittelüberwachung. 90 von 395 überprüften Bäckereien bzw. Konditoreien, mit-hin 23 % der Betriebe, gaben Anlass zu behördlichen Auflagen sowie zu Bußgeld- und Strafverfahren. Sowohl handwerkliche Betriebe (s. u., Kapitel Handwerkliche Hersteller und Direktvermarkter) als auch namhafte, zertifizierte, europaweit liefernde Großbäckereien nah-men es mit der Hygiene nicht so genau. Angesichts der keimabtötenden Wirkung im Backofen wurde die Ein-haltung von Hygienenormen eher als lästige Sache der Behörde angesehen. Zwar konnten die Großbetriebe im Gegensatz zu den handwerklichen Bäckereien meist ein gut ausgearbeitetes Eigenkontrollkonzept vorlegen, doch beim Kontrollgang durch die Produktionsräume war von der Umsetzung des Konzeptes nicht viel zu merken. Starker Schädlingsbefall, desolate, nicht funk-tionsfähige Bodenabflüsse und verschimmelte Wände in der „Sterilabpackung“ wurden bei Betriebskontrollen bemerkt. Ungeniert wurden auf verschmutzten Arbeits-flächen Kuchen und Torten hergestellt, Teiglinge auf ver-schimmelte Gärtücher und Gärbretter aufgesetzt und Backwaren mit Einschießern (eine Art flacher Riesen-Holzlöffel) aus dem Ofen geholt, die zuvor ausgerechnet mit der Lebensmittel-Kontaktseite auf dem schmutzver-krusteten Fußboden abgestellt waren. Neben der mangelnden Hygiene lag auch die bauliche Situation in manchen Betrieben schwer im Argen. So blätterte in einem Betrieb der Gipsmantel einer Rohr-isolierung großflächig in darunterstehende Säcke mit Haselnüssen und anderen Backzutaten ab. Dem nicht genug, gelangte Laub, Schmutz und Schädlinge durch fehlende oder beschädigte Gitter an Kellerfenstern in die Lagerräume und in Löchern, Ritzen und Spalten verbargen sich Schaben und andere Schadinsekten.

Hersteller

Milcherzeugnisse und Milchbe- und -verarbeitungs-

betriebe

Wasserstoffperoxid auf H-Milchpackungen verursach-

te beim Verbraucher Verätzungen

Wasserstoffperoxid ist ein gängiges Desinfektionsmittel in der Lebensmittelherstellung. Es wird insbesondere bei der Packstoffentkeimung eingesetzt. Bei sachgerechter Anwendung erweist es sich als absolut unproblematisch. Doch in einem Fall trat in einer Molkerei bei der Abfüllung von H-Milch ein Fehler auf. Es blieben feine Tröpfchen des Desinfektionsmittels auf der Kunststofföffnung im Ausgie-ßer der Verpackung zurück. Nach Hautkontakt führte die Flüssigkeit beim Öffnen der Verpackung zu unangenehmen, allenfalls leicht juckenden, weißen Fingerspitzen. Grund dafür war die ätzende Wirkung des Wasserstoffperoxids. Die Öffentlichkeit wurde über das Problem bei den betrof-fenen Chargen informiert. Bei Versuchen zeigte sich, dass sich das Desinfektionsmittel nach Kontakt mit der Außen-luft beim Stehenlassen der Milchpackungen in wenigen Tagen verflüchtete. Durch eine geänderte Justierung des Luftstroms, der das Wasserstoffperoxid von dem Verpa-ckungsmaterial blasen soll, konnte das Problem vollständig behoben werden.

Wegfall der amtlichen Milcherhitzer-

genehmigung

Nachdem die obligatorische amtliche Ge-nehmigung für Milcherhitzungsanlagen aufgrund des EU-Rechtes weggefallen ist, werden diese Anlagen nur noch im Rahmen der Zulassung eines Betriebes

und auch bei routinemäßigen Kontrollen vom technischen Sachverständigen des

Regierungspräsidiums geprüft. Das Angebot, freiwillig eine amtliche Erhitzerabnahme durch-

führen zu lassen, wurde bisher von den meisten Betrei-bern aufgrund der eigenen Verantwortlichkeit und auch zum Nachweis gegenüber Kunden genutzt. Für die Wär-mebehandlung von Rohmilch kommen daher in zugelas-senen Betrieben ausschließlich typgeprüfte und amtlich abgenommene Anlagen zum Einsatz, die dem Stand der Technik entsprechen. Obwohl die bisher geltenden und bewährten Vorschriften weggefallen sind, hat dies in Ba-den-Württemberg praktisch zu keiner Verschlechterung des Verbraucherschutzes geführt. Die große Erfahrung, die die Milchwirtschaft mit dem hoch empfindlichen und leicht ver-derblichen Lebensmittel Milch hat, sowie die Kenntnis um die enorme Breitenwirkung einer fehlerhaften Produktions-charge führen dazu, dass bewährte Hygienestandards der Produktionsprozesse nicht aufgegeben werden.

16 Lebensmittelüberwachung BW Teil II: Betriebskontrollen und Vollzug

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Städtische Baubehörde versäumte Anhörung

der Fachbehörde

Das Versäumnis einer städtischen Baubehörde, die amtliche Lebensmittelüberwachung mit in das Bau-vorhaben einzubeziehen, hatte schlimme Folgen. Ein Stehcafé war so konzipiert, dass Kunden ungehindert an bzw. hinter die Theke treten konnten. Sie mussten mangels geeigneter Vorrichtungen ihr Schmutzgeschirr auf die Ablagefl äche der Theke stellen. Auf einer Ar-beitsplatte standen ohne jeglichen Schutz verschiedene Kuchen zur Auswahl. Die Personaltoilette ohne Fenster und Abzugsmöglichkeit mündete direkt in den Bereich, in dem Geschirr gespült und auch Teiglinge aufgelegt wurden. Der frei im Raum stehende Backofen war an der Rückseite zum Vorbereitungsraum nicht verschalt, sodass sämtliche Leitungen, Rohre und Armaturen be-reits nach kurzer Zeit dicke Staub- und Schmutzkrusten aufwiesen. Bei Sichtung der Planzeichnungen durch die Fachleute der Lebensmittelüberwachung wären die Probleme rechtzeitig vor der Bauausführung bekannt geworden und der Bauherr und Planverfasser auf die Mängel hingewiesen worden. Teure Nachbesserungen wären ihm bzw. dem Betreiber erspart geblieben.

In einer Mühlenbäckerei war das Maß voll!

Eine Bäckerei, die zu einer Getreidemühle gehörte, war zunehmend sowohl baulich als auch im Hinblick auf die Hygiene heruntergekommen. Zwar wurde sei-tens der verantwortlichen Betriebsleitung Besserung zugesichert, dringend notwendige Maßnahmen sind jedoch angesichts der schlechten Finanzlage der Müh-lengenossenschaft immer wieder verschoben worden. Bei einer Kontrolle im Sommer fl ogen Motten aus ver-schiedenen Zutatensäcken heraus, klebte am Schrank des Heizraumes, in dem Altbrot für Weckmehl aufbe-wahrt wurde, eine tote Kakerlake, waren große Flächen in den Produktions- und Lagerräumen verschimmelt.

In einer kleineren Brauerei lagen die Reinigung der Be-triebsräume und der Gerätschaften sowie die Schädlings-bekämpfung erheblich im Argen. Dicke Gespinste, zahlrei-che Mehlmotten, tote Mäuse, Mäusekot bzw. Fraßspuren von Mäusen sowie dicke Malzstaubkrusten, nicht gewech-selte Filterplatten waren Zeichen nicht mehr duldbarer un-hygienischer Zustände. Auch in der Leerfl aschenkontrolle gab es Probleme, die vornehmlich die kleineren Brauereien betrafen. Sie be-schränkten sich lediglich auf eine visuelle Kontrolle vor ei-nem Leuchtschirm. Dies stellt aber nicht mehr den Stand der Technik dar. Eine schwierige Situation für die kleineren Brauerein, da eine apparative Anlage für sie meist zu teuer ist bzw. nicht wirtschaftlich betrieben werden kann.

Hersteller von Säuglings- und Kleinkindernahrung

Schimmelpilzgift in Säuglingskarottensaft

Patulin ist ein Schimmelpilzgift, das vor allem in angefaul-tem Kernobst und Gemüse gebildet werden kann. Es ist im Tierversuch krebserregend, weshalb darauf geachtet werden muss, dass kein Obst und Gemüse verarbeitet wird, das faule Stellen aufweist. Außerdem haben Her-steller bzw. Verarbeiter solcher Produkte durch betriebliche Eigenkontrollen eine Kontamination durch Patulin zu über-wachen. In einem Fall wurde dies wohl nicht sehr ernst genommen. Ein Hersteller von Säuglings- und Kleinkin-dernahrung brachte Karottensaft für Säuglinge gewerbs-mäßig in Verkehr, der die dreifache Menge des zulässigen Höchstgehaltes an Patulin enthielt. Die betroffene Charge wurde umgehend europaweit zurückgerufen.

Zwischen Backofen und Gärraum lagen brechend volle Schabenfallen, mehrere Tiere krabbelten umher. Diese Zu-stände waren Anlass genug, den Betrieb sofort so lange zu schließen, bis eine Generalreinigung, die Entsorgung sämtlicher Lebensmittelvorräte und die dringendsten Renovierungsarbeiten durchgeführt waren. Angesichts dieser Umstände hat der einzige Bäcker, der vorher ver-geblich gegen den Schlendrian seiner Kollegen und der Verantwortlichen gekämpft hatte, den Betrieb verlassen.

Tiergarten in einer Bäckerei

In einer Bäckerei in höchst desolatem Zustand wurden bei-nahe unvorstellbare hygienische Missstände angetroffen. Aus dem Gärraum drang ein penetranter fäkalischer Ge-stank. Eine stark durchgebogene Gipskartondecke droh-te herabzufallen. Auf den Fußboden tropfte Wasser. Eine Maus fl itzte an der Wand entlang und in den Kabelkanälen waren gleich mehrere bei ihren Aktivitäten zu hören. Eine weitere Maus hatte sich schon tot gelaufen. Dem war nicht genug. Durch gekippte Oberlichter ohne Schutznetz kamen auch noch vier Spatzen zu Besuch.

ten. Als Überprüfungsparameter wurden ausschließlich die produktionstechnisch relevanten Grundqualitäten wie bei-spielsweise der Kleber- und Wassergehalt angetroffen. Die Verantwortung für die Herstellung eines sicheren Lebens-mittel wurden zwar in detaillierten Spezifi kationen auf die Mühlen übertragen, doch Unterlagen, die die geforderten Qualität bestätigt hätten, lagen in den Verarbeitungsbetrie-ben nicht vor.

Brauereien

„Reinheitsgebot“ nicht beachtet

In den meisten überprüften Brauereien wurden wie auch in den Vorjahren keine gravierenden hygienischen Mängel vorgefunden. Doch auch in dieser Branche gibt es Aus-reißer:

dieser Umstände hat der einzige Bäcker, der vorher ver-geblich gegen den Schlendrian seiner Kollegen und der Verantwortlichen gekämpft hatte, den Betrieb verlassen.

In einer Bäckerei in höchst desolatem Zustand wurden bei-nahe unvorstellbare hygienische Missstände angetroffen. Aus dem Gärraum drang ein penetranter fäkalischer Ge-

Betriebskontrollen im Rahmen des LFGB Jahresbericht 2006 17

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doch zu prüfen. Als vertrauenswürdig angesehen wurden vor allem aktuelle Bescheinigungen von unabhängigen Zertifizierungs- und Akkreditierungs-stellen, die das GVO-Eigenkontrollsys-tem bei den Lieferanten auditiert und anerkannt haben. Außerdem haben ei-nige Lieferanten Rückverfolgungssys-teme eingerichtet, welche die Identi-tät des Rohstoffs bestätigen können. Bei kleineren Betrieben und selten verwendeten Zutaten wurden einfa-che Lieferantenbescheinigungen, so-fern sie aktuell waren, häufig als aus-reichend angesehen. Nicht akzeptiert wurden dagegen veraltete Belege, die aus 2004 datierten, also dem ersten Geltungsjahr der europäischen Kenn-zeichnungsregelung.

GVO in Lebensmitteln – Wie wirksam ist die betriebliche Eigenkontrolle?

chung von Cornflakes, Maltodextrinen oder gereinigten Sojalecithinen hat. Solche Zutaten enthalten kaum oder keine Erbsubstanz, und dementspre-chend können gentechnische Verände-rungen oft nicht mit einer ausreichen-den Empfindlichkeit nachgewiesen werden.Nur die Untersuchung der Rohstoffe kann hier klären, ob ein daraus herge-stelltes Lebensmittel zu kennzeichnen ist. Die amtliche Überwachung unter-sucht daher bevorzugt Rohstoffe wie Sojabohnen, Maiskörner oder Raps-saat. Wenn allerdings kein Zugriff besteht – etwa weil der Lieferant in Frankreich ansässig ist – müssen zu-nächst Lieferantenbescheinigungen genügen. Ihre Aussagekraft ist je-

Hersteller und Importeure von Bedarfsgegenständen

Unliebsame Wanderung

Bei Kontrollen von Betrieben, die Be-darfsgegenstände herstellen, stehen in der Regel nicht die hygienischen Belange im Vordergrund. Vielmehr sind anhand der Rezepturen und der Produktionsbedingungen spezielle Produktrisiken, wie die sensorische Beeinträchtigung verpackter Lebens-mittel oder der Übergang von Stoffen von Gegenständen mit Lebensmittel-kontakt im Zuge der Eigenkontrollen zu prüfen. Aber auch dies sollte ge-lernt sein. Oftmals wird mangels aus-reichenden chemischen und rechtli-chen Hintergrundwissens auf falsche Parameter geprüft. Untersuchungen realer, mit dem jeweiligen Gegen-stand oder Verpackungsmaterial in Kontakt kommender Lebensmittel wurden gar nicht in Auftrag gegeben, was bei bestimmten Kombinationen, z. B. ölhaltigen Lebensmitteln in Glä-sern mit Twist-off-Deckeln, fatale Fol-gen hatte. Deshalb wurden gezielt in Baden-Württemberg ansässige Her-steller / Importeure überprüft, die in risikobehafteten Produktionszweigen tätig sind, die durch Beanstandungen von Marktproben auffielen oder bei denen sich Verbraucherbeschwerden häuften.

Atemnot auf Knopfdruck:

Vergiftungsfälle durch ein Bade-

zimmerspray

Es begann Ende März 2006: Erstmals kommen in einer Angebotsaktion zwei brandneue Produkte auf den Markt: die Aerosolsprays „Magic Nano Bad und WC Versiegeler“ sowie „Magic Nano Glas und Keramik Versiegeler“. Nach Angaben der Firma sollen mit den Sprays Unebenheiten auf Glas- und Keramik mit kleinsten Nanoteil-chen verschlossen und die behandel-ten Flächen so wasser- und schmutz-abweisend werden. Doch schon am ersten Tag der Markteinführung zeigt sich ein ungewollter, anderer Effekt. Kunden, die das Produkt zu Hause an-wenden, spüren – meist nach ein bis zwei Stunden – zunächst Kratzen im Hals, dann stellt sich ein unangeneh-mer Husten ein, schließlich kommt es zu Atemnot. Viele Betroffene werden im Krankenhaus behandelt, in Einzel-fällen werden Lungenödeme diagnos-tiziert.Die Produkte wurden von einer Firma vertrieben, die ihren Sitz in einer klei-nen Gemeinde auf der Schwäbischen Alb hat. Nach Bekanntwerden der Be-schwerden und wirkungsvollen Aktivi-täten der Lebensmittelüberwachungs-

Lebensmittelhersteller oder -händ-ler scheuen sich davor, Produkte als „gentechnisch verändert“ kennzeich-nen zu müssen und verzichten lieber auf solche Zutaten und Erzeugnisse. Damit dies auch der Wahrheit ent-spricht, müssen – je nach Betriebs-art – mehr oder weniger umfangrei-che Vermeidungs- und Eigenkontroll-maßnahmen erfolgen. Wie auch in den Vorjahren wurde dies unter die Lupe genommen. 2006 waren diese Kontrollen erstmals auch Gegenstand eines bundesweiten Überwachungs-programms. Viele Hersteller haben mittlerweile risikoorientierte Stich-probenpläne festgelegt, die in ihrem Umfang zumeist als ausreichend be-wertet wurden. Neben den Konzer-nen sind inzwischen auch mittelstän-dische Betriebe dazu übergegangen, ihre Lieferanten vor Ort zu möglichen gentechnischen Veränderungen zu auditieren. Solche Maßnahmen sind oft wirksamer als manche Analyse bei stark verarbeiteten Produkten wie in einem nachfolgend aufgeführten Fall ersichtlich wird.

Viel Papier und wenig Inhalt

Lebensmittel, die aus gentechnisch ver-änderten Organismen hergestellt wer-den, müssen gekennzeichnet werden – soweit die europaweite Regelung. Nicht selten lässt sich das im ferti-gen Lebensmittel auch mit den emp-findlichsten Analysenmethoden nicht mehr überprüfen. Wichtige Beispiele sind Speiseöle, aber auch modifizierte Stärken und Stärkeverzuckerungspro-dukte, wie Glucose oder Maltodextri-ne. Letztere werden häufig aus Mais hergestellt und sind Zutaten in der Rezeptur von vielen industriell herge-stellten Lebensmitteln vom Gummi-bärchen bis hin zur Tütensuppe.Zertifikate mit Untersuchungsergeb-nissen, besonders wenn ein negativer Befund für gentechnische Veränderun-gen bescheinigt wird, sind jedoch im Lebensmittelsektor viel wert. Nach wie vor fragen nur wenige Betriebe nach, welche Aussagekraft ein nega-tives Ergebnis etwa bei der Untersu-

18 Lebensmittelüberwachung BW Teil II: Betriebskontrollen und Vollzug

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den, dass dieses offensichtlich verdorbene Fleisch auf kei-nen Fall in den Handel kommt. Im Laufe der Ermittlungen stellte sich heraus, dass der Fahrer schon einige Tage zuvor seine Tour mit dem mit Fleisch beladenen Lkw aus Spanien nach Deutschland begonnen hatte. Der Fleischverarbei-tungsbetrieb, der die Annahme verweigert und die Behörde eingeschaltet hatte, war bereits die vierte Abladestelle.Beim Öffnen der Laderaumtür des Lkws kam dem herbei-gerufenen Lebensmittelkontrolleur ein intensiv ekelhafter, fauliger Geruch aus dem Laderauminneren entgegen. Es war festzustellen, dass der Lkw bereits ca. eine Ton-ne Retourenware geladen hatte. Dem Fahrer war jedoch wohl nicht klar, dass es sich dabei um Fleisch handelte, das sich wegen fortgeschrittener „Reifung“ nicht mehr für den Genuss des Menschen eignete, also verdorben war. So la-gerte er diese Kisten, von denen ein stark fauliger Geruch ausging, direkt neben der „Frischware“, sofern man diese überhaupt noch als solche bezeichnen konnte. Die gesamte Fleischladung wurde als „ekelerregend“ und „für den Verzehr durch den Menschen ungeeignet“ beur-teilt und deren Vernichtung angeordnet. Wegen des be-gründeten Verdachts des Vorliegens einer Straftat wurde Strafanzeige erstattet.

Landesweit verstärkte Kontrollen der Warenströme

und Entsorgungswege bei Fleisch

Aufgrund des Gammelfl eischskandals verschärften Lebens-mittelkontrolleure und Tierärzte landesweit die Kontrollen von Fleischbe- und -verarbeitungsbetrieben sowie von Le-bensmitteltransporten. Das Augenmerk der Inspekteure war vornehmlich auf die verschiedenen Warenströme der Lebensmittel und auf die Entsorgungswege von Abfällen gelegt. Im Resultat wurden bei etwa einem Fünftel der kontrollierten Betriebe Mängel unterschiedlicher Schwe-regrade vorgefunden.

behörden hat die Firma umgehend einen umfangreichen Rückruf einge-leitet und die Öffentlichkeit gewarnt. Dennoch konnte nicht mehr verhin-dert werden, dass Kunden zum Teil schwere Vergiftungen erlitten. Bislang sind 48 Verfahren wegen fahrlässiger Körperverletzung eingeleitet worden. Die Staatsanwaltschaft Tübingen hat die Ermittlungen aufgenommen. Der

verantwortliche Betriebsinhaber ist je-doch zwischenzeitlich im Alter von 53 Jahren verstorben.Bis heute ist noch völlig unklar, welche Chemikalie(n) die Vergiftungen ausge-löst haben – und ob die Vergiftungen tatsächlich auf neuartige Nanotechno-logien zurückzuführen sind oder auf Chemikalien „im klassischen Sinne“. Inzwischen arbeiten mehrere Labore

sowohl im öffentlichen Auftrag wie auch im Auftrag der beteiligten Firmen an einer wissenschaftlich fundierten Aufklärung der Vergiftungen.

Passauer Firma hat auch in Baden-Württemberg

„gewildert“

Der große „Wildfl eischskandal“ einer Passauer Firma En-de 2005 erschütterte nicht nur die Verbraucher, sondern auch die Fleischindustrie. So kam es, dass das Bayerische Staatsministerium Anfang Januar 2006 mitteilte, dass meh-rere Chargen Wildfl eisch genussuntauglich seien und somit zurückgerufen werden müssten.Auch in Baden-Württemberg rückten die Lebensmittelkon-trolleure aus, um diese Rückrufaktionen aus Supermärkten, Metzgereien und anderen Vermarktern zu überprüfen. Da-bei waren die Kontrolleure angehalten, Proben von solchen Produkten bzw. Chargen zu nehmen, die von den Rückru-faktionen noch nicht betroffen waren. Im Nachhinein zeigte sich, dass diese präventive Probenahme durchaus ange-bracht war. Es wurden nämlich 20 der 26 Verdachtsproben beanstandet, was den ursprünglichen Verdacht der Lebens-mittelkontrolleure bestätigte. Die Rückrufaktionen wurden infolge dieser Erkenntnisse erheblich ausgeweitet.

„Gammelfl eisch“ oder missverstandene spanische

Spezialitäten?

Dass viele Betriebe im Vergleich auch sauber und korrekt arbeiten, zeigte sich im Oktober 2006, da einem deutschen Fleischverarbeitungsbetrieb das von einer spanischen Fir-ma per Lkw gelieferte Schweinefl eisch wortwörtlich „ganz schön gestunken“ hat. Die Annahme von ca. 4 Tonnen stin-kendem und nicht ausreichend gekühltem Schweinefl eisch in einem schlichtweg schmutzigen Lkw wurde abgelehnt. Der deutsche Fleischverarbeitungsbetrieb verhielt sich auch insofern vorbildlich, als er das zuständige Veterinäramt um-gehend von der Beobachtung unterrichtete. Da zu befürchten war, dass der spanische Fahrer weiterhin seine Ware verkaufen wollte, musste sichergestellt wer-

Großhändler und Transporteure

Dem „Gammelfl eisch“ auf der Spur …

Besonders die Lebensmittelgroßhändler standen verstärkt im Visier der Lebensmittelkontrollen, da dort wohl

„üble Machenschaften“ zu vermuten waren, wenn man den zahlreichen veröffentlichten Skandalen Glauben

schenken kann.

Betriebskontrollen im Rahmen des LFGB Jahresbericht 2006 19

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Beispielsweise wurden in einem registrierten Metzgerei-betrieb wegen Überlagerung und Gefrierbrand etwa 23 kg Fleisch und Fleischerzeugnisse „freiwillig“ aus dem Ver-kehr genommen und unschädlich beseitigt. In einem an-deren Betrieb konnte nachgewiesen werden, dass es sich bei dem als „S-Fleisch für Hackfleisch“ ausgezeichneten Fleisch in Wirklichkeit nicht um Hackfleisch, sondern um maschinell vom Knochen abgetrenntes Fleisch mit kno-chenhaltigem Ausgangsmaterial handelte. Diese Art von Fleisch ist auch unter dem Namen Seperatorenfleisch bekannt und darf nicht als Hackfleisch angeboten werden. Bei der Überprüfung einer Frischfleisch-abteilung wurde erkannt, dass Fleisch und Fleischerzeugnisse von einem nicht zugelassenen Betrieb aus Österreich bezogen worden war. Schließlich wurde in mehre-ren Betrieben die Entsorgung von Abfällen beanstandet. Sie reichte von der unerlaubten Abfallentsorgung über eine bayrische Gerberei, die hier Rinderhäu-te aufkaufte, bis hin zu einem österreichischen Unternehmen, über das Knochen, Schwarten und sogar Materialien der Risikogruppe 2 entsorgt wurden. In den genannten Fällen wurde gegen die Verantwortlichen ein Verfahren eingeleitet sowie die zuständigen Behörden in Österreich in Kenntnis gesetzt. Die Kontrollaktionen im Straßenverkehr gemeinsam mit der Polizei deckten in ei-nigen Fällen Lebensmitteltransporte mit Temperaturabwei-chungen auf.

Eiskalt erwischt

Ein Anfangsverdacht führte dazu, dass sich die Lebensmit-telüberwachung auch von eisiger Kälte nicht an ihrer Arbeit hindern ließ. So wurden während der Betriebskontrolle ei-nes Tiefkühllagers mehrere Tonnen tiefgekühlte Fisch- und Fleischprodukte in unterschiedlichen Fertigpackungen vor-gefunden, bei denen der Verdacht bestand, dass die Ware zum Verzehr durch den Menschen nicht mehr geeignet war. Daraufhin wurde der Lagerbestand kurzum komplett beschlagnahmt und diverse Proben entnommen. Durch die Untersuchungen des zuständigen amtlichen Laboratoriums konnte der ursprüngliche Verdacht auch prompt bestätigt werden. Nachdem zum Zeitpunkt der Kontrolle ein Teil der ursprünglichen Ware bereits verkauft und ausgeliefert war, wurden die Produkte durch den Betriebsinhaber selbst von seinen Kunden zurückgerufen und gemeinsam mit der ver-dorbenen Lagerware unter behördlicher Aufsicht entsorgt. Das Nachspiel für den verantwortlichen Betriebsinhaber endete in einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren, welches eingeleitet wurde. Zum Jahresende 2006 hat der eiskalt erwischte Inhaber dann den Betrieb seines Tiefkühl-lagers freiwillig eingestellt.

Einzelhändler

Unsere kleinen „Freunde“

Maus-Eldorado zieht weitere Besucher an

Wenn mehr als 19 Tonnen Ware (überwiegend Lebens-mittel und Tierfutter) „freiwillig“ entsorgt werden, müs-sen schon gravierende Hygienemängel vorliegen. So

geschehen in einem großen Supermarkt. Gravie-rende Mängel bei der Eigenkontrolle und im

Hygienemanagement hatten zu einem folgenschweren Schädlingsbefall ge-

führt. Die für die regelmäßige Schäd-lingsbekämpfung engagierte Fach-firma hatte hier ebenso versagt wie die Marktleitung selbst. Eine Verbraucherbeschwerde auf-grund herumlaufender Mäuse in

der Gemüseabteilung nahmen Amts-tierärztin und Lebensmittelkontrolleur

zum Anlass, dem Betrieb einen Besuch abzustatten. Der auf den ersten Blick saube-

re Supermarkt erwies sich bei näherem Hinsehen als reinstes Schädlingsparadies. In nahezu allen Berei-chen, in denen Lebensmittel oder Tiernahrung gelagert wurden, hatten Mäuse ihre Spuren hinterlassen. Nachdem die ersten Regale ausgeräumt waren, wurden nicht nur Mäusenester und tote Tiere gefunden, son-dern auch zahlreiche angefressene, mit Mäusekot und Mäuse-Urin durchtränkte Lebensmittelverpackungen.

Wechseltransporte von Rapsöl und Bio-Diesel in

Tankfahrzeugen

Ein Verkehrsunfall eines für den Lebensmitteltransport gekennzeichneten Tankfahrzeuges brachte die Kugel ins Rollen. Die amtliche Lebensmittelüberwachung hatte Zweifel an dem angegebenen Transportgut und ließ es beim Chemischen und Veterinäruntersuchungsamt in Stuttgart untersuchen. Das Ergebnis war, dass es sich bei der Ladung nicht – wie angegeben – um Rapsöl als Lebensmittel, sondern um raffinierten Bio-Diesel-Kraft-stoff handelte. Weitere Ermittlungen ergaben, dass von der verantwortlichen Spedition wöchentlich bis zu 10 so genannte Wechseltransporte durchgeführt wurden. Dabei wurde regelmäßig raffinierter Bio-Diesel-Kraftstoff in Fahr-zeugen für den Lebensmitteltransport befördert und als Folgeladungen wurden verschiedene Lebensmittel gela-den. Hierdurch ersparte sich die Spedition teure Leerfahr-ten und verschaffte sich einen nicht unerheblichen Wett-bewerbsvorteil. Nach den gültigen lebensmittelrechtlichen Bestimmungen dürfen Lebensmittel, die als Massengüter befördert werden, ausschließlich in gesondert gekenn-zeichneten Lebensmitteltanks transportiert werden. Der Fall wurde der Staatsanwaltschaft übergeben.

20 Lebensmittelüberwachung BW Teil II: Betriebskontrollen und Vollzug

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Auch Milben, Motten und Maden hatten schon von einigen Lebensmitteln Besitz ergriffen und führten zu einer Erwei-terung des Schädlingsrepertoires. Dies führte letztlich dazu, dass der gesamte Laden ausgeräumt, gereinigt und neu bestückt werden musste.

„Es liegt was in der Luft“

Dass etwas „in der Luft“ lag, bemerkte ein Lebensmit-telkontrolleur bei der Routinekontrolle eines Supermark-tes schnell. Die Ursache für den stechenden Geruch war schnell ermittelt. Zur selben Zeit wurden nämlich in dem Supermarkt Umbauarbeiten durchgeführt. Dabei kamen stark riechende Lösungsmittel zum Einsatz. Die Frage, ob sich bereits gesundheitsschädliche Stoffe auf die Le-bensmittel niedergeschlagen hatten, konnte vor Ort nicht ausgeschlossen werden. Im Zuge eines vorsorgenden Verbraucherschutzes wurden unverzüglich entsprechen-de Maßnahmen eingeleitet. Die Verwendung der kritischen Lösungsmittel wurde im Einvernehmen mit dem Betrieb sofort eingestellt und die für den Verkauf vorrätig gehaltene

Frischware sicherheitshalber entsorgt. Dass diese präven-tiven Maßnahmen genau richtig waren, zeigte sich später durch die Untersuchung des zuständigen Untersuchungs-amtes. In der vorrätig gehaltenen Frischware konnten Spu-ren der Lösungsmittel nachgewiesen werden. Der Verkauf neuer Frischware konnte erst wieder aufgenommen wer-den, nachdem Lüftungsfilter ausgetauscht und durch eine Messung der Innenraumschadstoffe die Unbedenklichkeit der Raumluft nachgewiesen worden war.

Käferwandertag

Im Grunde wäre es seitens der Reiskäfer gar nicht nö-tig gewesen, „Käferstraßen“ auf den Regalen und dem Fußboden eines großen Supermarktes auszubauen. In der groß konzipierten Teigwarenabteilung bestand nämlich ein sehr reichhaltiges Nahrungsangebot für sie, sodass einer massenhaften Vermehrung nichts im Wege stand. Die Le-bensmittelüberwachung jedenfalls schritt auch in diesem Fall massiv ein und ordnete eine fachgerechte Schädlings-bekämpfung an.

Dienstleistungsbetriebe

Gastronomie

Im Wein liegt nicht immer die

Wahrheit

In einer Besenwirtschaft wird von Winzern und Weinbauern saisonal über einen befristeten Zeitraum selbst erzeugter Wein direkt ausgeschenkt. Zumeist sind für die Kunden kleine, gemütliche Weinkellerlokale einge-richtet, in denen diese mit Wein und allerlei kulinarischen Köstlichkeiten der Region versorgt werden. Dass im Wein nicht immer „die Wahrheit liegt“, musste ein Lebens-mittelkontrolleur erkennen, der eine Probe Tafelwein aus dem offenen Ausschank einer solchen Besenwirt-schaft entnommen hatte. Bei der Un-tersuchung im Labor wurde nicht nur ein zu niedriger Gesamtalkoholgehalt festgestellt, sondern auch, dass sich in diesem Wein mindestens 10 % Fremd-wasser befand. Durch weiterführende aufwendige Untersuchungen wurde der Wein zudem mit dem im Betrieb entnommenen Leitungswasser ver-glichen, sodass der genaue Fremd-wassergehalt, nämlich 15 %, ermit-telt werden konnte. Die Panscherei brachte dem Verantwortlichen einen Strafbefehl über 3 000,- 1 ein.

Gegen die Verantwortlichen der Gast-stätte wurde natürlich eine Strafanzei-ge erstattet.

Salmonellose in Speiselokal

Ebenfalls lange in Erinnerung bleiben wird einer Gruppe von mehr als 20 Personen ihr Besuch in einem als „re-nommiert“ bekannten Speiselokal mit gut bürgerlicher Küche. Diese hatten ein vorbestelltes, einheitliches Mittag-essen und als Dessert ebenfalls im Gasthof hergestellte Torten verzehrt. Fast die Hälfte der Gäste litten kurz danach an sich ähnelnden Magen-Darm-Beschwerden. Einige Personen mussten sogar im Krankenhaus statio-när behandelt werden. Bei 6 erkrank-ten Personen konnte durch Untersu-chung von Stuhlproben „Salmonella enteritidis“ isoliert werden. Jedoch konnten im Zuge weiterer Ermittlun-gen unter den Küchenmitarbeitern keine Ausscheider von Salmonellen gefunden werden. Die Betriebskon-trolle durch die zuständige Lebens-mittelüberwachungsbehörde deckte aber grobe Mängel bei der Arbeits- und der Produkthygiene in dem Lokal auf. Fehlende Möglichkeiten, Hände

Schweißtreibender Thunfischsalat

Von Bauchkrämpfen geschüttelt, von Durchfall und Erbrechen geplagt, fer-ner mit Schweißausbrüchen und star-ken Hautrötungen bis hin zu Herzra-sen und Kreislaufproblemen gepeinigt wurde eine Gästegruppe nach einem Restaurantbesuch. Schuld an dieser Lebensmittelvergiftung war einzig und alleine der Verzehr von Thunfischsalat dieses Lokals.Die Lebensmittelkontrolleure unterzo-gen die Gaststätte natürlich umgehend einer Betriebskontrolle. Dabei konnten sie eine umfangreiche Restmenge Thunfischfleisch in einer großen an-gebrochenen Dose sicherstellen und als Verdachtsprobe in das zuständige Untersuchungsamt übersenden. Thunfischfleisch, das in der Gastrono-mie gerne für Salate und als Pizza-Be-lag verwendet wird, ist dafür bekannt, dass sich in ihm bei zu warmer oder zu langer Lagerung durch mikrobiellen Verderb bedenklich hohe Gehalte an Histamin bilden können. Durch die Sicherstellung der Rest-menge konnte zumindest verhindert werden, dass sich noch weitere Gäste eine Histaminvergiftung zuziehen.

Betriebskontrollen im Rahmen des LFGB Jahresbericht 2006 21

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und Oberfl ächen nach der Reinigung zu desinfi zieren sowie Mängel in der Lagerung von Lebensmitteln und ferti-gen Speisen könnten zum Eintrag von Salmonellen in die fertigen Speisen geführt haben. So wurde gegen den Inhaber des Speiselokales schließlich ein strafrechtliches Ermittlungsverfah-ren eingeleitet.

Fußball-WM in Stuttgart:

„54 – 74 – 90 – 2006 – ja so stimmen wir alle ein …“

Auch auf Megaveranstaltungen sind gastronomische Dienstleistungs-betriebe groß im Geschäft. Die Lebensmittelüberwachungsbehörden werden dort ganz besonders gefordert. Im Jahr 2006 kam die Landes-hauptstadt Stuttgart in den besonderen Genuss, Austragungsort von insgesamt sechs Spielen der Fußballweltmeisterschaft zu sein. Ein außer-gewöhnliches Ereignis war das Spiel der deutschen Nationalmannschaft gegen Portugal, das mit dem dritten Platz für die deutsche Elf gekrönt wurde. Die Spiele selbst sowie die Fanfeste, bei denen alle Spiele auf Videoleinwänden gezeigt wurden („public viewing“), lockten Millionen WM-Begeisterte nach Stuttgart. Allein auf den Schlossplatz kamen ins-gesamt mehr als 1,5 Millionen Besucher, um die Liveübertragungen mit-zuerleben. Unter dem Motto „zu Gast bei Freunden“ feierten Fußballfans aus aller Welt vier Wochen lang ein unvergleichliches Fest. Doch obwohl Stuttgart häufi ger Austragungsort von Groß ereignissen, wie z. B. Wasen oder Frühlingsfest, ist, war die Organisation der Lebensmittel-sicherheit im Rahmen der WM eine besondere Herausforderung, zumal das sommerliche Wetter mit Höchsttemperaturen zu Problemen bei der Wahrung der Sicherheit der Lebensmittel führte. Nicht immer konnten die Kühleinrichtungen gegen die hohen Temperaturen ankämpfen. Insgesamt wurden an den wichtigsten Fantreffpunkten und im Stadi-on Küchen und Imbissstände vor Inbetriebnahme sowie während der Betriebszeiten im Rahmen von insgesamt 995 Kontrollen überprüft. Zu-sätzliche spezielle Vorgaben für die Lebensmittelunternehmer trugen dazu bei, dass dieses internationale Fest auch aus kulinarischer Sicht kein Nachspiel hatte.

Mitglied einer Fußballnationalmannschaft erkrankte nach

Restaurantbesuch

Auch die Lebensmittelkontrolleure und Veterinäre außerhalb der Lan-deshauptstadt hatten während der Weltmeisterschaft ordentlich zu tun, nachdem bekannt wurde, dass ein Mitglied einer Fußballnationalmann-schaft nach einem Restaurantbesuch unter sehr starkem Durchfall litt und ärztlich behandelt werden musste. Mithilfe einer Stuhluntersuchung wurde klar, dass sich der Fußballer eine bakterielle Infektion mit Campy-lobacter jejuni eingefangen hatte. Diese gelten neben den Salmonellen als häufi gste Verursacher für Darmentzündungen beim Menschen. Daraufhin wurde natürlich sofort die Küche des entsprechenden Restau-rants durch die amtlichen Kontrolleure inspiziert. Rückstellproben von Le-bensmitteln, die in dem infrage kommenden Zeitraum verzehrt wurden und die Träger des Erregers sein konnten, wie Rohmilchkäse oder Entenbrust, wurden noch am selben Tag zur Untersuchung an das zuständige CVUA ge-bracht. Die Untersuchung der Lebensmittelproben verlief jedoch negativ, d. h. die genannten Bakterien wurden nicht gefunden. Die wahre Ursache der Campylobacter-Infektion konnte letztendlich nicht ermittelt werden – vielleicht hatte dem Nationalspieler auch etwas ganz anderes auf den Magen geschlagen?!

Küchenbetriebe in Einrichtungen

zur Gemeinschaftsverpfl egung

Fehlplanung: mangelhafte Bau-

ausführung

Bei der ersten Kontrolle in einer neu gebauten Küche eines kommunalen Altenheims wurden gleich mehrere Baumängel festgestellt. Im Trockenla-ger mit Süd fenster herrschten subtro-pische Temperaturen von annähernd 30 °C, die allenfalls für die Geschirrla-gerung hätten akzeptiert werden kön-nen. Hinzu kam, dass in allen Arbeits- und Lagerräumen an den Leitungen und Wanddurchführungen die Isolier-wolle offen hervortrat.Im Zubereitungsraum für die Kaltver-pfl egung der Bewohner waren eben-so wie in der Spülküche stets große Wasserlachen auf dem Fußboden zu finden. Der Dunstabzug über dem Heißluftdämpfer hatte wohl eher ei-ne Alibifunktion, da der Überstand so gering war, dass die Dämpfe noch nicht einmal theoretisch aufgenom-men werden konnten. Doch weder das ausführende Planungsbüro, noch der städtische Betreiber konnten von der Notwendigkeit der Abhilfe der Baumängel überzeugt werden. Ein-zig für die Pfützen wurde immerhin ein Nass-Sauger angeschafft! Da sich jedoch die hygienerechtlichen Erfordernisse teilweise auch mit den Vorgaben der gesetzlichen Unfallver-sicherung deckten, wurde die Unfall-kasse Baden-Württemberg zu dem Fall hinzugezogen. So konnten die Ver-antwortlichen letztlich doch zu Nach-besserungen „bekehrt“ werden.

22 Lebensmittelüberwachung BW Teil II: Betriebskontrollen und Vollzug

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Mohnsamen regelmäßig zu hohe Morphin-gehalte aufweisen, ausgelistet werden

können (siehe auch Teil III, Kapitel Hül-senfrüchte, Ölsamen, Nüsse und -Er-zeugnisse).

Betriebsschließung einer Bäcke-

rei – „Wie bei Hempels unterm

Sofa“

Nicht nur große Betriebe, die ein umfangreiches Angebot an den ver-

schiedensten Lebensmitteln aufweisen, werden von den Mitarbeitern der Lebensmit-

telüberwachung kontrolliert. Auch handwerklich strukturierte Betriebe und Direktvermarkter müssen die Anforderungen des Lebensmittelrechts einhalten. Wer-den die Lebensmittel nicht entsprechend den Vorschriften hergestellt und behandelt, muss die Lebensmittelüber-wachungsbehörde handeln. Diese kostspielige und unan-genehme Erfahrung musste beispielsweise ein Betreiber einer Bäckerei erfahren. Die bei einem Kontrollgang vor-gefundenen, untragbar unhygienischen Verhältnisse in der Backstube und den Lagerräumen, der erkennbare Schäd-lingsbefall, die Lagerung von Unmengen nicht mehr im Ge-brauch befindlicher Gerätschaften und von nicht zur Verarbeitung gehörendem Gerümpel sowie die Verwendung verdorbener Brezellauge führten zur Untersu-chung von Verdachtsproben-material und zur vorüberge-henden Betriebsschließung. Die Behebung der baulichen Mängel erforderte eine förm-liche Ordnungsverfügung mit mehr als 1 400,- 1 für verwal-tungsrechtliche Aufwendungen. Zusätzlich wurde ein Bußgeld von 2 000,- 1 festgesetzt.

Metzgereien

Früh am Morgen schlafen die Maden im Fleischsalat

noch

Bereits um 6:45 Uhr hatte sich ein Berufspendler in ei-ner Metzgereifiliale zwei Brötchen sowie einen Becher Fleischsalat besorgt, welcher von einer Verkäuferin abge-füllt wurde. An seinem Arbeitsplatz angekommen, verzehr-te er diesen nahezu vollständig. Hierbei verspürte er ein leichtes „Bizzeln“. Vier Stunden später beabsichtigte er, den verbliebenen Rest aufzuessen, unterließ dies jedoch voller Ekel, da er leider erst jetzt den Madenbefall des Sa-lates bemerkte. Nach seiner Beschwerde wurde die Filiale der Metzgerei von der Lebensmittelüberwachungsbehörde

Handwerkliche Hersteller und Direktvermarkter

Bäckereien und Konditoreien

Morphin in Backmohn

Morphin wirkt als Opioid und wird aus dem getrockneten Milchsaft der Schlafmohnpflanze gewonnen. Ent-sprechend seiner Wirkung wurde dieser Stoff nach Morpheus, dem griechischen Gott der Träume, be-nannt. Missbräuchlich wird Mor-phin zur Herstellung der Droge He-roin verwendet. In der Medizin ist es als eines der stärksten natürlichen Schmerzmittel bekannt. Jedoch kann es auch unerwünschte Nebenwirkungen, wie beispielsweise Abhängigkeit, Atemdepression und Be-wusstseinsstörungen, verursachen. Eine Überdosierung führt zu Atemstillstand. Der Backmohn für die Backindus-trie wird hingegen aus den Samen der Schlafmohnpflanze gewonnen. Die Untersuchungen der Vergangenheit an den Untersuchungsämtern in der Bundesrepublik Deutschland haben gezeigt, dass verschiedene Backmohnchargen ver-schieden hohe Morphingehalte aufwiesen, deren Höhe in Abhängigkeit zu der Gewinnung, dem Ernteverfahren, der Mohnsorte oder der geografischen Herkunft standen. Die Untersuchungsergebnisse im vergangenen Jahr bestä-tigten erneut diese Ergebnisse. In einigen Fällen wurden sogar Morphingehalte nachgewiesen, die auch unter Be-rücksichtigung empfindlicher Personenkreise (Schwangere, Stillende, Kleinkinder) durch eine Risikoanalyse des baye-rischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittel-sicherheit (LGL) und eine toxikologischen Bewertung des Bundesinstitutes für Risikobewertung (BfR) als gesund-heitsschädlich beurteilt wurden.Um gesicherte Erkenntnisse bei der Untersuchung des Backmohns zu erlangen, müssen beim Importeur vor Ort repräsentative Proben durch die Mitarbeiter der Lebens-mittelüberwachung gezogen werden. Entsprechen die Untersuchungsergebnisse nicht den Vorschriften des eu-ropäischen Lebensmittelrechts, muss die betroffene Back-mohncharge, die sich meist aufgrund der hohen Umsätze und kurzen Umschlagsfristen nur noch teilweise im Han-del befindet, aus allen belieferten Betrieben zurückgerufen werden. Dieser Ablauf ist sehr zeitintensiv und beschäftigte beispielsweise im vergangenen Jahr die Mitarbeiter der Le-bensmittelüberwachung eines Landkreises, in dessen Zu-ständigkeitsbereich ein zentraler Direktimporteur verschie-dener Backgrundstoffe liegt, als Aufgabenschwerpunkt über mehrere Monate. Jedoch haben mittlerweile auch Untersuchungslaboratorien, die in der Qualitätskontrolle des Mohnhandels und -Importes tätig sind, die Analytik zur Überprüfung der Morphingehalte etabliert, sodass nun belastete Lieferungen schon vor der Verteilung in Handwerk und Handel ausgesondert werden und Zulieferer, deren

Betriebskontrollen im Rahmen des LFBG Jahresbericht 2006 23

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aufgesucht. Zunächst bestritt man, den besagten Fleisch-salat verkauft zu haben, allerdings konnte eine zweifels-

freie Herkunftsbestimmung erbracht werden. Eine Vergleichsprobe von dem beanstandeten

Fleischsalat konnte nicht mehr gezogen werden, da hiervon nichts mehr in

der Metzgerei vorlag. Zur Sicher-heit wurde der zum Kontrollzeit-punkt vorliegende Fleischsalat durch das zuständige Untersu-chungsamt untersucht. Hierbei wurde zwar kein Madenbefall festgestellt, jedoch wurde der

Fleischsalat als irreführend bean-standet, da in diesem die Gurken-

einlage, die laut den Leitsätzen für Feinkostsalate des Deutschen Lebensmit-

telbuchs hätte enthalten sein müssen, fehlte. Ge-gen den Verantwortlichen wurde nicht zuletzt wegen des Inverkehrbringens eines ekelerregenden Lebensmittels ein Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet.

Schnittfest muss der Döner sein – Verwendung von

nicht zugelassenem Zusatzstoff: Karottenfasern

Immer wieder erscheint eine neue Variation eines Döner-spießes auf dem Lebensmittelmarkt. Die Rezepte, insbe-sondere die Zusammenstellung der verwendeten Gewürz-mischungen sind ein strenges Betriebsgeheimnis. Jedoch müssen bei jeder Ideenvielfalt auch die Vorschriften des Lebensmittelrechtes eingehalten werden. So manche Her-steller sind sich bezüglich der Antwort auf die Frage – wie muss ein Dönerspieß sein? – einig: „Günstig herzustellen, saftig und schnittfest muss er sein“. So startete in einem Landkreis ein Hersteller einen neuen Versuch mit wenig Aufwand mehr Wasser in Dönerspießen zu binden. Um Wasser schnittfest zu machen, arbeitete er Karottenfasern in den Fleischteig ein. Jedoch konnte dies vonseiten der Le-bensmittelüberwachung nicht akzeptiert werden, da Karot-tenfaser nach dem Lebensmittelrecht bei der gewerblichen Herstellung von Lebensmitteln einen nicht zugelassenen Zusatzstoff darstellt. Auch der „hehre“ Versuch, hier eine ballaststoffreiche Ernährungsform kreiert zu haben, schlug fehl, da anhand der Untersuchung einer amtlich gezogenen Probe festgestellt werden konnte, dass der Gehalt an Ka-rottenfasern nicht im Entferntesten ausreichte, um hierin eine sinnvolle und gezielte Ballaststoffzufuhr für den Men-schen zu erkennen. Somit wurden die unter Verwendung von „Karottenfasern“ hergestellten Puten- und Hähnchen-Fleischspieße als „nicht verkehrsfähig“ beurteilt, d. h. sie durften nicht gewerbsmäßig als Lebensmittel in den Ver-kehr gebracht werden. Zusätzlich wurde dem Hersteller die Verwendung dieses „nicht zugelassenen Zusatzstoffes“ zur gewerbsmäßigen Herstellung von Dönerspießen durch eine Ordnungsverfügung untersagt.

Verkehrskontrollen

Billig eingekauft – teuer bezahlt

Anlässlich einer routinemäßigen Verkehrskontrolle auf der Autobahn während des abendlichen Berufsverkehrs wurde eine herkömmliche Stufenhecklimousine, untere Mittelklas-se, älterer Bauart von der Polizei überprüft. Angesichts der deutlich wahrnehmbaren überdurchschnittlichen Belastung der Hinterachse wurde der Kofferraum näher begutachtet. Die Polizisten entdeckten 3 übereinander gestapelte Kunst-stoffsteigen, gefüllt mit 20 „Säcken“ umhülltem Fleisch. Das Umhüllungsmaterial war sehr dünn und bereits an seinen Verschweißstellen aufgerissen, wodurch das Fleisch teilweise in den deutlich verschmutzten und ungekühlten Kofferraum gerutscht war, der noch weiteres diverses La-degut enthielt. Zusätzlich ließ der Zustand des Kofferrau-mes befürchten, dass während der Fahrt Abgase und ver-schmutzte Außenluft in diesen Fahrzeugbereich gelangen könnten. Die hinzugezogene Lebensmittelüberwachungs-behörde stellte fest, dass es sich grobsinnlich und ange-sichts der mitgeführten Papiere um Geflügelfleischteile handelte, die vermutlich wenig zuvor in einem nah gelege-nen Verarbeitungsbetrieb der Region erworben worden wa-ren. Die Außen- und Kerntemperatur des Geflügelfleisches betrug +10 bis +10,5 °C und überschritt somit weit die un-bedingt einzuhaltende Lager- und Transporttemperatur. Auf-grund der ekelerregenden und untragbar unhygienischen Transportbedingungen wurde das Fleisch beschlagnahmt und am folgenden Tag auf Kosten des Verantwortlichen der unschädlichen Beseitigung zugeführt. Die weiterführenden Ermittlungen des Lebensmittelkon-trolleurs ergaben, dass diese Geflügelfleischteile für die Herstellung von Drehspießen in einem ca. 150 km entfern-ten Döner-Imbiss bestimmt waren. Der Imbissbetreiber hatte diese Art und Weise der Beschaffung des Fleisches aus Kosten sparenden Gründen seinem Verwandten in Auf-trag gegeben. Die zuständige Behörde des Bestimmungs-ortes wurde verständigt und die entsprechende Ahndung der Verstöße in die Wege geleitet.

Angetaute Döner-Kebap-Spieße auf großer Fahrt

Bei einer Verkehrskontrolle fiel ein Kühlfahrzeug auf, das 38 tiefgefrorene Döner-Kebap-Spieße mit jeweils einem Ge-wicht zwischen 5 und 20 kg geladen hatte. Der Laderaum selbst war derart verschmutzt, dass es offensichtlich war, dass das Fahrzeug nicht nur zum Transport von Lebensmit-teln verwendet wurde und seit längerer Zeit nicht gereinigt worden war. Das im Fahrgastraum angebrachte Kontroll-thermometer des Laderaumes zeigte lediglich –3 °C an. Bei den Ermittlungen stellte sich heraus, dass das Fahrzeug zu einer Döner-Produktionsfirma in Brandenburg gehörte. Der ausländische Fahrer, ein in Baden-Württemberg ansässiger Döner-Händler, konnte das Kühlsystem des ihm anvertrau-ten Transportfahrzeuges nicht bedienen. Die Überprüfung des Temperaturprotokolls durch die Lebensmittelkontrol-

Abb.:Maden im

Fleischsalat

24 Lebensmittelüberwachung BW Teil II: Betriebskontrollen und Vollzug

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leure ließ erkennen, dass das Kühlaggregat bei der Verla-dung der Spieße bis zu Beginn der Kontrolle ausgeschaltet war. Die Döner-Spieße, insgesamt 285 kg empfi ndliches Fleischerzeugnis, wiesen eine Oberflächentemperatur von –6,3 °C auf. Dies entsprach bei weitem nicht der vor-geschriebenen Temperatur von –18 °C. Folglich mussten die Mitarbeiter der Lebens mittel überwachungsbehörde aufgrund der über längere Zeit unterbrochenen Kühlkette das auf dem Etikett angegebene Verbrauchsdatum infrage stellen. Im weiteren Verlauf wurde vor Ort eine weitere Auslieferung untersagt und die sofortige fachgerechte Küh-

der Kontrolle in Deutschland wegen ihres abgelaufen Mindesthaltbarkeits-datums amtlich beschlag nahmt. Durch das Landratsamt wurden umfangrei-che Proben gezogen und zur Untersu-chung an das zuständige Chemische und Veterinäruntersuchungsamt ge-bracht. Hierbei stellte sich einerseits heraus, dass zwar ein beträchtlicher Teil der überlagerten Lebensmittel be-reits gravierende substanzielle Män-gel auf wiesen, jedoch andererseits einige der untersuchten Chargen nur mehr oder weniger geringfügige Män-gel aufzeigten und wiederum weite-re Chargen vergleichbarer Produkte unbeanstandet blieben. Es ergab ein perfektes Durcheinander. Zur Bereini-gung der Situation musste zuerst eine Erlaubnis von der französischen Re-gierung eingeholt werden, den Teil der einwandfreien Ware nach Frankreich rückführen zu dürfen. Dies wurde mit der Maßgabe einer amtlichen Über-wachung genehmigt. Die nachweis-lich verdorbenen Produkte wurden

Lebensmittelüberwachung – grenzenlosLebensmittelsicherheit durch Überwachung von Produkten, die aus aller Herren

Länder ins „Ländle“ kommen.

lung der Spieße angeordnet. Anfangs sollten die „Spieße“ weiterhin zum Verkauf angeboten werden. Für diesen Fall hätte der Verantwortliche zum Schutz des Verbrauchers nach Maßgabe der Lebensmittel überwachungs behörde die Unterbrechung der Kühlkette kennzeichnen und auf das nicht mehr gewährleistete Verbrauchsdatum bzw. auf die Notwendigkeit des sofortigen Verbrauchs hinweisen müs-sen. Schlussendlich wurde ein freiwilliger Verkaufsverzicht erwirkt, der Fahrer gemaßregelt und die für den Herstel-lerbetrieb zuständige Behörde verständigt.

Zusammenarbeit der Lebensmittelüberwachungs- und Veterinärämter

mit den Zollbehörden

chungsbehörde hinzugezogen und in manchem Fall eine aufwendige Unter-suchung an dem zuständigen CVUA eingeleitet.

„Gammelfl eisch“ oder „viande périmée“?

Lebensmittelüberwachung im Grenzbereich

Bei der Routinekontrolle eines in Grenznähe zum Elsass befi ndlichen, EU-zugelassenen Betriebes mit gro-ßem Tiefkühllager stellten Veterinär-beamte eines Landratsamtes fest, dass dort kurz zuvor palettenweise Fleischwaren und andere tiefgefro-rene Lebensmittel mit abgelaufenem Mindest halt bar keitsdatum eingelagert worden waren. Als Verfügungsberech-tigte wurde eine französische Firma ermittelt, welche in Deutschland ledig-lich durch eine „Postkastenadresse“ repräsentiert wurde. Diese hatte von Frankreich aus eine ebenfalls franzö-sische Logistikfi rma mit der Auslie-ferung der Ware beauftragt. Die Lo-gistikfi rma hatte wiederum freie La-gerkapazitäten in einem deutschen Fremdbetrieb genutzt, um vorüber-gehend einen Teil der auszuliefernden Ware einzulagern. Geplant war, diese zu einem späteren Zeitpunkt wieder zurück nach Frankreich zu verbringen und dort an Endkunden auszuliefern. Allerdings wurde die Ware im Rahmen

Nicht nur die Handelsaktivitäten der Importfi rmen beschäftigen die deut-schen Hauptzollämter mit kniffl igen Aufgaben. Auch die verschiedensten Waren, die von Privatpersonen nach Deutschland mitge bracht werden, können, insbesondere wenn diese aus Drittländern importiert werden, schier unlösbare Fragen aufwerfen. Einige Beanstandungsgründe bezo-gen sich bei den eingeführten Pro-dukten im Jahr 2006 auf die Nicht-einhaltung der Kosmetik verordnung, der Textil kenn zeichnungs verordnung oder der Lebensmittel kenn zeichnungs-verordnung. Im Zuge der fortschrei-tenden Globalisierung wurden im vergangenen Jahr den Hauptzollbe-hörden häufi ger Waren vorgelegt, bei denen man sich nicht klar war, ob die-se überhaupt nach Deutschland bzw. in die EU eingeführt werden dürfen. In den meisten Fällen scheiterte die Frage der Einfuhr bereits an den Pro-dukten selbst. So war teilweise nicht eindeutig feststellbar, ob es sich um ein Lebensmittel des allgemeinen Verzehrs oder ein Nahrungsergän-zungsmittel, diätetisches Lebensmit-tel bzw. kosmetisches Mittel handelte, welche wiederum von Arzneimitteln abgegrenzt werden müssen. Treten derartig spezielle Fragen auf, wird die zuständige Lebensmittelüberwa-

Lebensmittelüberwachung – grenzenlos Jahresbericht 2006 25

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beispielsweise Käse oder Joghurt, mitbringen. Grund dafür ist die Gefahr der Einschleppung von Tierseuchen, wie die Maul- und Klauenseuche, Schweinepest oder Vogelgrip-pe, da erfahrungsgemäß viele Tierseuchenausbrüche auf diesen Einschleppungsweg zurückzuführen sind. Neben diesem generellen Einfuhrverbot für Fleisch- und Milchpro-dukte gibt es auch für weitere Lebensmittel tierischer Her-kunft Beschränkungen im Reiseverkehr: Andere von Tieren stammende Lebensmittel, für die das oben beschriebene generelle Verbot nicht gilt, wie z. B. Fisch, Eier oder Honig, dürfen nur bis zu einer Obergrenze von 1 kg im Reisever-kehr mitgeführt werden. Werden bei Reisenden größere Mengen durch den Zoll sichergestellt, müssen diese kos-tenpflichtig beseitigt werden, es sei denn, die Anforderun-gen an eine gewerbliche Einfuhr sind eingehalten. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass das Herkunftsland und der Herkunftsbetrieb, aus dem die Produkte stammen, für die Einfuhren zugelassen sind, die Warensendung von einem entsprechenden Zertifikat begleitet ist und die Einfuhr nur über veterinärrechtlich zugelassene Grenzkontrollstellen erfolgt. Allein dort kann die Einfuhrfähigkeit der Waren von Sachverständigen der Lebensmittelüberwachung ge-prüft und die Lebensmittel freigegeben werden. Diese Grenzkontrollstellen sind jedoch nicht automatisch an je-

dem Flughafen eingerichtet. Sie befinden sich an den großen, frequentierten Flughäfen wie

beispielsweise Stuttgart (mit Einschrän-kungen), Frankfurt und München. Im

Zweifelsfall empfiehlt es sich, vorher beim Zoll oder auch beim zustän-digen Veterinäramt nachzufragen, welche Lebensmittel unter welchen Bedingungen und in welcher Men-ge über welchen Flughafen mitge-

bracht werden dürfen. Ansonsten ist die Enttäuschung oft sehr groß, wenn

beispielsweise der teuer eingekaufte und im Schweiße des Angesichts im Koffer mit-

geschleppte Käse am Flughafen kostenpflichtig entsorgt werden muss und unter Umständen auch noch ein hohes Bußgeld zu begleichen ist. Mancher Angler, der im vergangenen Jahr Wildlachs aus Alaska über den Flughafen Friedrichshafen nach Deutschland bringen wollte, hat sich im Nachhinein gewünscht, er hätte sich rechtzeitig über die Einfuhrvorschriften erkundigt. So hätte er die erforderlichen Papiere mitgeführt, seinen Rückflug in Frankfurt beendet, die Ware der dortigen Grenzkontrollstelle vorgestellt und sich zu Hause noch eine längere Zeit an den selbst gefan-genen, delikaten Fischen erfreuen können.

in Deutschland unschädlich beseitigt. Die Frage, wie mit denjenigen Chargen weiterverfahren werden soll, welche bei der amtlichen Untersuchung mehr oder weniger gering-fügige Mängel aufzeigten, bei der Untersuchung der Ge-genproben aber unbeanstandet blieben, befindet sich noch in Abklärung. Allerdings ließ sich schlussendlich die Frage, ob es sich hier nun um deutsches „Gammelfleisch“ oder um französisches „viande périmée“ gehandelt hatte, doch

recht eindeutig beantworten. Aufrechterhal-ten bleibt die Erkenntnis, dass gerade auf

die Überwachung von Tiefkühllagern, Speditionslagern und so genannten

Brokern ohne eigene Betriebsräu-me ein erhebliches Augenmerk zu richten ist.

„Ausländische Käsemilben“

An einer Grenzkontrollstelle wur-de eine Sendung mit 105 kg Hart-

käse aus einem Drittland zurückge-wiesen, da bei einer bestimmten Kä-

sesorte ein makroskopisch erkennbarer Milbenbefall aufgefallen war. Der Exporteur hatte

versucht, durch Abschaben der Käserinde den Befall zu kaschieren. Dennoch waren deutliche Fraß-spuren und Milbenlöcher mit bröseligem Inhalt zu erkennen, die bis in den Käse-teig reichten. Der Käse wurde an die Käserei zurückgeschickt.

Belgische Maus im Spinat

konserviert

Eine Verbraucherin bereitete aus tiefgekühltem Spinat aus Belgien ein köstliches Mal. Nachdem sie zwei Drittel der zubereiteten Speise bereits verzehrt hatte, fiel ihr im Spinat ein dunk-ler Fremdkörper auf. Angeekelt reichte sie eine Verbraucherbeschwerde ein. Bei der näherer Betrachtung stellte sich heraus, dass es sich hier um eine halbe Maus handelte. Das Gutachten dieses Befundes wurde an die für die Importfirma zuständige Lebensmittelüberwachungs-behörde übersandt.

Reiseproviant – Einfuhrverbote im Reiseverkehr

für Lebensmittel aus Drittländern

Den meisten Bürgern ist es durchaus bekannt, dass man bei Reisen in die USA kein Wurstbrot mitbringen darf oder dass Australien beispielsweise auch die Einfuhr von Äpfeln als Reiseproviant verbietet. Vielen ist aber nicht klar, dass auch bei Reisen aus Drittländern in die EU strenge Einfuhr-regelungen gelten, die vom Zoll überwacht werden. So darf man aus Drittländern generell keine Fleisch- oder Wurst-waren und auch keine Milch oder Erzeugnisse daraus, wie

26 Lebensmittelüberwachung BW Teil II: Betriebskontrollen und Vollzug

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Themen:

Übersicht Untersuchungsergebnisse 28

Lebensmittel 30

Milch, Milchprodukte 30Fleisch, Wild, Geflügel 32Fische, Krusten-, Schalen-, Weichtiere 34Fette, Öle 35Brühen, Suppen, Saucen, Feinkostsalate 36Getreide, Backwaren, Teigwaren 37Obst, Gemüse 39Kräuter, Gewürze 40Alkoholfreie Getränke (außer Wein) 43Wein, Erzeugnisse aus Wein 45Alkoholische Getränke 47Eis, Desserts 49Zuckerwaren, Schokolade, Brotaufstriche 50Hülsenfrüchte, Ölsamen, Nüsse 53Fertiggerichte 54Diätetische Lebensmittel … 56Nahrungsergänzungsmittel 58Funktionelle Lebensmittel 60Neuartige Lebensmittel 61Zusatzstoffe, Aromastoffe 63

Kosmetische Mittel 66

Chemische Untersuchung v. kosmet. Mitteln 66Mikroorganismen in kosmetischen Mitteln 70

Bedarfsgegenstände 71

Bedarfsgegenstände mit Körperkontakt 71Spielwaren, Scherzartikel 73Bedarfsgegenstände mit Lebensmittelkontakt 74Bedarfsgegenstände zur Reinigung u. Pflege 77

Tabakwaren 78

Teil III :

Produktgruppen

Jahresbericht 2006 27

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Proben im Rahmen der amtlichen Lebensmittelüberwachung

Lebensmittel 48 030Kosmetische Mittel 2 041Bedarfsgegenstände (z. B. Verpackungsmaterial, Spielwaren, Gegenstände mit Hautkontakt, Reinigungs- und Pflegemittel)

2 819

Kein Erzeugnis nach LFGB 85Tabakerzeugnisse 231Gesamt 53 206Beschwerde- und Erkrankungsproben 2 440Davon beanstandet 783

Sonstige Proben

Nationaler Rückstandskontrollplan 11 948Radioaktivität 1 351Trinkwasser 10 626

Mikrobiologischer Verderb

Verstöße gegen vorbeugenden Gesundheitsschutz

Gesundheitsschädliche Eigenschaften

Kennzeichnung, Aufmachung

Zusammensetzung, Beschaffenheit

Andere Verunreinigungen oder Verderbsursachen

Grafik: Anteil der bean-

standeten Proben an der Gesamt-probenzahl und

Verteilung der Beanstandungs-

gründe

Untersuchungsergebnisse: Übersicht in Zahlen

Der Begriff „Beanstandung“ umfasst jede festgestellte Abweichung von der Norm, unabhängig von der Art oder dem Ergebnis der weiteren Verfolgung. Die Feststellungen, die im Gutachten ihren Niederschlag finden, unterliegen gegebenenfalls noch der richterlichen Nachprüfung. Ins-besondere sind hier nicht nur Abweichungen in stofflicher Hinsicht, sondern auch Verstöße gegen Kennzeichnungs-vorschriften und Kenntlichmachungsgebote aufgeführt.Die Art der Beanstandung ist aus den nachfolgenden Ta-bellen erkennbar. Die Entnahme von Proben und deren Untersuchung im Rahmen der Lebensmittelüberwachung erfolgt häufig gezielt. Die Zahl der Beanstandungen ist des-halb nicht repräsentativ für das Marktangebot und erlaubt nur eingeschränkt Rückschlüsse auf die Qualität unserer Lebensmittel insgesamt.Durch Zusammentreffen mehrerer Beanstandungsgründe bei einer Probe kann die Anzahl der Beanstandungsgründe höher sein als die der beanstandeten Proben.

Obwohl Trinkwasser das wichtigste Lebensmittel darstellt unterliegt Trinkwasser rechtlich der Trinkwasserverordnung und nicht dem Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch. Der große Bereich Trinkwasser wird deshalb separat dar-gestellt.

19 % beanstandet

Lebensmittel

81 % nicht beanstandet

Beanst. Lebensmittel

Beanst. Kosmetik

Beanst. Bedarf

3 339

5 654

2 175

916

38126

21 % beanstandet

Kosmetische Mittel

79 % nicht beanstandet

Beanst. Lebensmittel

Beanst. Kosmetik

Beanst. Bedarf

41290

1

31 % beanstandet

Bedarfsgegenstände

69 % nicht beanstandet

Beanst. Lebensmittel

Beanst. Kosmetik

Beanst. Bedarf

9

510477

28 Lebensmittelüberwachung BW Teil III: Produktgruppen

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Produktgruppe Gesamtzahl der Proben

Beanstandete Proben

Beanstandung aufgrund

Zusammensetzung /Beschaffenheit

Beanstandung aufgrund

Kennzeichnung /AufmachungZahl %

Lebensmittel 48 030 8 926 19 5 411 5 654Milch und Milchprodukte 5 592 1 088 19 771 602Eier und Eiprodukte 691 111 16 31 94Fleisch, Wild, Geflügel und -Erzeugnisse 7 686 2 247 29 1 728 1 146Fische, Krusten-, Schalen-, Weichtiere und -Erzeugnisse 2 406 425 18 349 162Fette und Öle 1 413 209 15 161 65Brühen, Suppen, Saucen, Feinkostsalate 1 065 211 20 123 143Getreide, Backwaren, Teigwaren 4 271 657 15 381 346Obst, Gemüse und -Erzeugnisse 5 091 552 11 349 285Kräuter und Gewürze 1 096 166 15 123 72Alkoholfreie Getränke (inkl. Mineral- und Tafelwasser) 3 401 528 16 195 437Wein 2 553 307 12 72 284Alkoholische Getränke (außer Wein) 3 027 596 20 261 584Eis und Desserts 2 150 412 19 262 183Zuckerwaren, Schokolade, Kakao, Brotaufstriche, Kaffee, Tee

2 305 457 20 119 484

Hülsenfrüchte, Nüsse und Nusserzeugnisse 1 179 199 17 190 28Fertiggerichte 1 493 322 22 165 213Diätetische Lebensmittel, Säuglingsnahrung 1 944 227 12 45 254Nahrungsergänzungsmittel 366 175 48 55 266Zusatzstoffe 301 37 12 31 6Kosmetische Mittel 2 041 422 21 91 412Reinigungs- und Pflegemittel für die Haut 945 201 21 9 233Haarbehandlungsmittel 388 63 16 10 68Nagelkosmetik 82 25 30 16 10Reinigungs- und Pflegemittel für die Mundhygiene 33 7 21 0 10Deodorants und Parfüms 67 17 25 2 19Mittel zur Beeinflussung des Aussehens (Make-up, Sonnenschutz)

524 107 20 54 70

Rohstoffe für kosmetische Mittel 2 2 100 0 2Bedarfsgegenstände 2 819 875 31 486 510Materialien mit Lebensmittelkontakt 1 005 381 38 215 177Gegenstände mit Körperkontakt 853 184 22 159 90Spielwaren und Scherzartikel 509 119 23 107 56Reinigungs- und Pflegemittel 452 191 42 5 187Kein Erzeugnis nach LFGB 85 60 71 15 51

Tabakwaren 231 7 3 0 0

Übersicht: Untersuchungsergebnisse

Ergebnisse der Untersuchungen an Lebensmitteln, kosmetischen Mitteln, Bedarfsgegenständen und Tabakwaren

Übersicht Jahresbericht 2006 29

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auch Schaf-, Ziegen- oder Büffelmilch eingesetzt werden. Jedoch ist bei Käse, der neben oder anstatt Kuhmilch auch Milch anderer Tiere enthält, ein Hinweis auf die jeweilige Tierart verpflichtend vorgeschrieben. Käse, der mit einer ausschließlichen Bezeichnung wie „Schafskäse“ oder „Zie-genkäse“ in den Verkehr gebracht wird, muss ausschließ-lich aus Milch der genannten Tierart hergestellt sein – die Mitverwendung von Kuhmilch ist bei diesen Erzeugnissen unzulässig.Im Rahmen einer Schwerpunktaktion 2006 wurden Proben verstärkt aus dem Einzelhandel, aus Gaststätten, Imbissbe-trieben und an Marktständen erhoben; daneben sind auch einige zur Weiterverarbeitung bestimmte Erzeugnisse zur Untersuchung vorgelegt worden. Insgesamt 229 Proben „Käse“ wurden auf den Zusatz von milchfremdem Fett untersucht, bei 18 Proben (8 %) konnte dabei Fremdfett nachgewiesen werden. Solche Erzeugnisse dürfen nicht als „Käse“ bezeichnet werden, es handelt sich um so genann-te „Käseimitate“. Bei 220 Proben wurde auch überprüft, inwieweit die angegebene Tierart tatsächlich zutrifft. Dies war bei 17 Proben (8 %) nicht der Fall, die jeweilige Angabe war bei diesen Produkten zur Täuschung geeignet. Bei einem Großteil der vorgelegten Erzeugnisse, insge-samt 184 Proben, handelte es sich um Feta bzw. um an-dere Weichkäse in Lake. 77 Proben waren Fertigpackun-gen oder wurden direkt beim Hersteller erhoben. Von der restlichen, offen angebotenen Ware stammten 78 Proben aus Gaststätten und Imbissbetrieben und 29 Proben aus dem Handel. Insbesondere bei den Proben aus Gaststätten und Imbissbetrieben kam es zu häufigen Beanstandungen (45 %), so z. B.:

• Zubereitungen aus Milchproteinen und Pflanzenfett (so genannte Käseimitate) wurden irreführend auf den Spei-sekarten als „Käse“ geführt,

• Käse aus Kuhmilch wurde häufig in irreführender Weise als „Schafskäse“ bezeichnet,

• in einigen Fällen traf beides zu: Auf der Speisekarte stand „Schafskäse“, serviert wurde hingegen ein Käseimitat, welches aus 90 % Fremdfett (z. B. Palmöl) bestand und dessen verbleibender Milchanteil zudem ausschließlich aus Kuhmilch stammte,

• zahlreiche Proben waren auch mikrobiologisch und sen-sorisch auffällig.

Fertigpackungen aus dem Einzelhandel waren dagegen nur selten zu beanstanden. Hier fielen ein bulgarisches und ein griechisches, in beiden Fällen als „Schafkäse“ angebote-nes Produkt auf, bei denen Kuhmilch in geringen Mengen nachweisbar war. Alle direkt vom Hersteller stammenden Proben waren im Rahmen der durchgeführten Untersu-chungen unauffällig.

Lebensmittel

Milch und Milchprodukte

Milchprodukte

Metallabrieb im Milcherzeugnis

Eine Verbraucherbeschwerde betraf Metallspäne in einer Kefir-Fruchtzubereitung. Die spitz zulaufenden Metallspi-ralen aus Chrom-Nickel-Stahl, die vermutlich durch Me-tallabrieb in das Lebensmittel gelangten, waren geeignet, beim Verzehr die Gesundheit zu schädigen. In den Ver-gleichsproben waren dagegen keine Späne vorzufinden.

Käse

Lose Abgabe von Käse: nachlässige Kennzeichnung!

Ein echter „Kennzeichnungs-Dauerbrenner“ ist die offene (= unverpackte) Abgabe von Käse. Die Kennzeichnungs-elemente, die auf einem Schild bei der Ware angegeben werden müssen, sind gesetzlich vorgeschrieben. Nahezu 50 % der untersuchten Proben waren wiederum auffällig. Fehlende Angaben, wie z. B. das bei der Abgabe von Frischkäse und Frischkäsezubereitungen vorgeschriebene Mindesthaltbarkeitsdatum, führten erneut zu zahlreichen Beanstandungen. Die vorhandenen Angaben zur Fettge-haltsstufe waren nach dem Ergebnis der analytischen Un-tersuchungen häufig nicht korrekt und mussten daher als zur Täuschung geeignet beurteilt werden.

Eine weitere Auffälligkeit: Bei der Herstellung von Käse und Erzeugnissen aus Käse dürfen verschiedene Zusatz-stoffe verwendet werden. So z. B. der Konservierungsstoff Sorbinsäure zur Konservierung von Frischkäse / Frischkä-sezubereitungen, der Konservierungsstoff Natamycin zur Oberflächenbehandlung von Hartkäse, Schnittkäse und halbfestem Schnittkäse oder einige Farbstoffe bei bestimm-ten Käsesorten. Bei der losen Abgabe von Lebensmitteln an den Verbraucher müssen jedoch Konservierungsstoffe und Farbstoffe durch die Angabe „mit Konservierungsstoff“ und „mit Farbstoff“ auf dem Schild an der Ware kenntlich gemacht werden. Diese Kenntlichmachung der Zusatzstof-fe fehlte in zahlreichen Fällen.

Schwerpunkt 2006: Nachweis von milchfremdem

Fett und Überprüfung der angegebenen Tierart

Die Bezeichnung „Käse“ ist einem Erzeugnis vorbehalten, welches durch Zusatz von Lab und / oder Säuerungskulturen aus Milch hergestellt wird. Die auf diese Weise dickgelegte Masse wird anschließend von der Molke abgetrennt und je nach Art des erwünschten Erzeugnisses weiterbehan-delt oder gereift. Die erlaubten Zutaten und Zusätze sind rechtlich genau festgelegt. Die Verwendung von anderen Stoffen, wie z. B. Pflanzenfett oder Pflanzenöl, ist demzu-folge nicht erlaubt. Als Käsereimilch kann neben Kuhmilch

30 Lebensmittelüberwachung BW Teil III: Produktgruppe Lebensmittel

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„Geriebener Hartkäse“ mit Milchzucker und

Ballaststoffen

Im Verlaufe des Reifungsprozesses von Käse wird die ent-haltene Laktose (= Milchzucker) im Normalfall durch die Mikroorganismenkulturen abgebaut. In lange gereiftem Kä-se ist Laktose folglich nicht mehr zu erwarten. Natürlicher-weise enthalten Käse auch keine Ballaststoffe. Zu diesen zählen Stoffe wie Cellulose, Hemicellulose, usw., die durch das körpereigene Enzymsystem im Dünndarm nicht zu re-sorbierbaren Komponenten abgebaut werden können.Bei der Untersuchung von geriebenem Hartkäse aus Italien mussten insgesamt 14 von 64 Proben (22 %) beanstandet werden. 7 Erzeugnisse fi elen durch den nicht deklarier-ten Einsatz von Cellulose auf. 5 Proben zeigten deutlich überhöhte Laktosegehalte, die auf die Verarbeitung von Milch- oder Molkepulver schließen ließen. Bei fehlender Deklaration solcher Zusätze handelt es sich allerdings um eine massive Verbrauchertäuschung. Der durch den Milchzucker bedingte süßliche Geschmack der Produkte wurde durch die unzulässige Zugabe von Zitronensäure abgeschwächt.

Information: „Feta“ oder „Käse in Lake“

Mit der Verordnung (EG) Nr. 1829 / 2002 hat die EU-Kommission die Bezeichnung „Feta“ als geschütz-te Ursprungsbezeichnung zugunsten Griechenlands aufgenommen. Die Eintragung hat zur Folge, dass in Griechenland hergestellter Käse nur dann unter der Bezeichnung „Feta“ vermarktet werden darf, wenn er den Anforderungen der Spezifikation entspricht. Nach dieser Spezifi kation muss Feta aus Schafmilch bzw. Schaf- und Ziegenmilch hergestellt sein (der Zie-genmilchanteil darf dabei 30 % nicht überschreiten) und aus einem abgegrenzten, geografi schen Gebiet Griechenlands stammen. Griechischer Käse in Lake, der Kuhmilch enthält, darf nicht unter der Bezeichnung „Feta“ vermarktet werden. Für deutsche aus Kuhmilch hergestellte Erzeugnisse läuft die 5-jährige Übergangs-frist für die Vermarktung unter der Bezeichnung „Feta“ zum 15. Oktober 2007 ab.

Wie kann ich als Verbraucher ein Imitat erkennen?

Imitate und Kuhmilchkäse unterscheiden sich von „ech-tem“ Feta oft schon im Aussehen (s. Abbildung). Feta aus Schafsmilch ist in der Regel weiß und oft etwas bröckelig. Kuhmilchweichkäse ist dagegen eher creme-farben. Beide Käse zeigen mehr oder weniger große Bruchlöcher oder Risse. Die in unseren Untersuchun-gen auffälligen Imitate sind hellweiß wie Feta, zeigen aber in der Regel ein glattes, gleichmäßiges Schnittbild und keine Bruchlöcher. In zerkleinerter Form ist es aller-dings sehr schwierig einen Unterschied festzustellen. Wenn Sie Zweifel haben, fragen Sie den Verkäufer nach den verwendeten Zutaten.

Ausführlich wird unter www.untersuchungsämter-

bw.de (Aktuelle Meldungen – Archiv: 08.02.2007 „Schafskäse – Weder vom Schaf noch ein Käse?“) über das Schwerpunktprogramm berichtet.

Weichkäse aus Kuhmilch (cremefarben, mit Bruchlöchern)

Feta aus Schafsmilch (weiß, mit Bruchlöchern, leicht bröckelig)

Imitat (hellweiß, ohne Bruchlöcher, gleichmäßiges Schnittbild)

Käsehalbimitate

Untersucht wurden weiterhin „Käsehalbimitate“. Dabei han-delt es sich meist um Mischungen aus geriebenem Käse, Pfl anzenfett und weiteren Zutaten. Die entsprechenden Produkte lassen sich optisch jedoch nicht von echtem ge-riebenem Käse unterscheiden, was insbesondere auch für den verarbeiteten Zustand gilt. Beim Erhitzen oder Überba-cken zeigen diese Imitate bessere Schmelzeigenschaften und werden daher gerne als Zutat für Backwaren, Pizza und andere überbackene Gerichte verwendet. Lebensmittel, die unter Verwendung solcher Halbimitate hergestellt werden, vermitteln dem Verbraucher daher den Eindruck, es handle sich bei der Aufl age um Käse. Um einer Täuschung des Verbrauchers vorzubeugen, muss die Verwendung solcher Produkte ausdrücklich angegeben werden – ein „Käseimi-tat“ darf nicht als „Käse“ bezeichnet werden!

Milch, Milchprodukte Jahresbericht 2006 31

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Fleisch, Wild, Geflügel und -Erzeugnisse

Tiefgekühlt und doch verdorben!

Im Jahr 2006 sorgten erneut „Gammelfleisch“-Skandale für Schlagzeilen.

Kontrollen in Kühl- und Gefrierhäusern brachten immer wieder überlagertes und verdorbenes

Fleisch zutage.

zum verstärken Keimwachstum, der schließlich zum Verderb führt. Tiefge-frieren kann die Haltbarkeit von Fleisch verlängern, aber nur wenn frische Ausgangsware sachgerecht verpackt (am besten vakuumiert) tiefgefroren wird. Wie lange das Fleisch tiefgefro-ren gelagert werden kann, orientiert sich an der Tierart (Rindfleisch kann länger tiefgefroren gelagert werden als Schweinefleisch), am Fettgehalt (durch hohen Fettgehalt ist die Lager-fähigkeit eingeschränkt) und am Zer-kleinerungsgrad (zerkleinertes Fleisch wie Hackfleisch besitzt eine geringere Lagerfähigkeit als Fleisch am Stück).

Fremdwasser und andere

Verfälschungen in Kochschinken

Kochschinken ist ein sehr beliebtes, hochwertiges Fleischerzeugnis, das aus den wertvollen Teilstücken der Hinterkeule bzw. bei Vorderschinken aus der Vorderkeule hergestellt wird. Um die Ausbeute und somit den Ge-winn zu erhöhen, wird von einigen Herstellern versucht, bei der Herstel-lung mehr Wasser als zulässig ins Produkt einzubringen und / oder wert-volles Muskeleiweiß des Schinkens

Im Februar 2006 war hauptsächlich Wildfleisch betroffen. Fasanenbrust-filet, Hirschkeule, Hirschkalbrücken, Hirschgulasch, Rehkeule, Rehbraten, Rehrücken, Rehschulter, Wildschwein-keule, Frischlingsrücken, Hasenrücken gespickt, Hasenkeulen – die ganze Palette beliebter Wildfleischspeziali-täten wurde zur Untersuchung vor-gelegt. Auch zahlreiche Verbraucher beschwerten sich über verdorbenes Wildfleisch und Fleisch mit abge-laufenem Mindesthaltbarkeitsda-tum (MHD), wobei ein Lebensmittel mit einem abgelaufenen MHD nicht zwangsläufig verdorben ist.

Das Ergebnis der Untersuchungen war dann auch wenig erfreulich. Im Lauf des Jahres wurden im Zusam-menhang mit dem Fleischskandal von den Chemischen und Veterinärunter-suchungsämtern in Baden-Württem-berg 488 Proben untersucht und davon 201 (41 %) beanstandet. Die beanstandeten Proben verströmten unangenehme Gerüche (sauer, fau-lig, alt, ranzig) und wiesen graugrüne Verfärbungen bzw. schmierige Ober-flächen auf. Der Verderb konnte durch chemische Analysen, z. B. D-Milchsäu-

regehalt, Peroxidzahl (Maß für Fettran-zigkeit) und mikrobiologische Untersu-chung (erhöhte Keimgehalte) bestätigt werden. Bei einigen Proben wurden zudem Salmonellen (S. Typhimurium), ein Hinweis auf mangelnde Hygiene, nachgewiesen.

Bei den zahlreichen Kontrollen in Kühl- und Gefrierhäusern tauchte im-mer wieder Fleisch auf, das überlagert und verdorben war. Manche Fleisch-stücke hatten einen langen Transport-weg hinter sich. Auch vor 2 Jahren aus Brasilien importiertes Rindfleisch war durch zu lange Gefrierlagerung ranzig geworden. Als Ursache für den Verderb sind phy-sikalische Vorgänge wie Austrocknung (Gefrierbrand durch beschädigte Ver-packung bzw. offene Lagerung von Fleisch) oder chemische Prozesse (Fettranzigkeit) zu nennen, die durch die Tiefkühllagerung nur verlangsamt aber nicht gestoppt werden. Weitere Faktoren, die zum Verderb führen, ist die Unterbrechung der Kühlkette oder die Verwendung von mikrobiell belas-teter Ausgangsware, deren Zustand durch das Tiefgefrieren nur konserviert wird. Beim Auftauen kommt es dann

Butter

Bei einem ansässigen Schmelzkäsehersteller wurde die zur Herstellung von Schmelzkäse vorgesehene Butter be-probt. Es bestand der Verdacht, dass die aus Süditalien importierte Ware aus Fremdfett hergestellt worden war. Bei den erhobenen Proben wurde ein milchfremder Fettanteil von 18 % festgestellt. Dabei handelte es sich größtenteils um raffiniertes Schweinefett und in geringeren Mengen um pflanzliche Fette. In den jeweiligen Endprodukten des Herstellers (in Schmelzkäse und Schmelzkäsezubereitun-gen) konnte jedoch kein Zusatz von Fremdfett nachgewie-sen werden.

Gemäß der Milch-Bezeichnungsschutz-Verordnung (VO (EWG) Nr. 1898 / 87) ist die Bezeichnung „Butter“ einem Erzeugnis vorbehalten, das ausschließlich aus Milch ge-wonnen wird. Zur Herstellung dürfen erforderliche Stoffe zugesetzt werden, sofern diese nicht verwendet werden, um einzelne Milchbestandteile vollständig oder teilweise zu ersetzen. Die Verwendung von pflanzlichem Fett ist unzu-lässig. Die Bezeichnung „Butter“ darf bei einem Erzeugnis aus Milch, bei dem ein Milchbestandteil (hier: Milchfett) ersetzt wurde – und sei es auch nur teilweise – nicht ver-wendet werden. Der Europäische Gerichtshof entschied mit seinem Urteil vom 16.12.1999 (EuGH 6. Kammer, Rechtssache C-101 / 98) entsprechend.

32 Lebensmittelüberwachung BW Teil III: Produktgruppe Lebensmittel

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gewiesen werden. Wie sich bei der eingeleiteten Betriebskontrolle jedoch herausstellte, war der Nachweis von Puten-DNA auf die enge Lagerung von Kochschinken neben Putenfl eisch in der Verkaufstheke zurückzuführen.

Interessant ist in diesem Zu-sammenhang, dass bei 3 von 17 Proben rohen panierten Ge-fl ügelprodukten, wie Chicken Nuggets und panierten Hüh-nerbrüsten, sehr hohe Gehal-te an 3-MCPD bis 1 150 µg / kg festgestellt wurden. Der Grund für diese Kontamination könnte eine unzulässige Verwendung von Salzsäure-Proteinhydroly-saten sein, wodurch eine zu-sätzliche Einlagerung von Was-ser erreicht wird. Die Untersu-chungsergebnisse wurden der für den Hersteller zuständigen Behörde übermittelt.

Die unzulässige Verwendung von Blutplasma wird durch einen erhöh-ten Gehalt an Citronensäure, die zur Stabilisierung von Blut eingesetzt wird, angezeigt. Immerhin waren 7 Proben Kochschinken diesbezüglich auffällig. Eine abschließende Beurtei-lung, ob es sich um eine Verfälschung handelt, kann jedoch nur im Rahmen einer Betriebskontrolle beim Herstel-ler erfolgen, da Citronensäure auch legal als Zusatzstoff (Stabilisator) ein-gesetzt werden kann. Die zuständigen Behörden wurden von diesem Unter-suchungsergebnis informiert.

durch andere pfl anzliche oder tierische Eiweiße zu ersetzen.

Bei 51 Proben Kochschinken wurde daher auf eine mögliche Verfälschung überprüft. Ziel einer Verfälschung ist die Anreicherung von Wasser, damit sich das Gewicht und der Gewinn erhöht. „Einfache“ Verfälschungen sind z. B. über den erhöhten Wasser-Fleischeiweiß-Quotienten oder die er-höhte P-Zahl (Hinweis auf Zugabe von Diphosphat zum Zweck der Wasser-bindung) gut erkennbar. So wurde bei einer Probe eine erhöhte P-Zahl von 2,8 festgestellt. Bei Kochpökelwaren geht man ab einer P-Zahl von 2,2 von einem Diphosphatzusatz aus. Die Ver-wendung von Diphosphaten ist jedoch grundsätzlich unter Kenntlichmachung erlaubt, sofern damit nicht zusätzlich

Wasser in den Kochschinken eingear-beitet wird. Bei der Herstellung von Kochschinken wird üblicherweise eine wässrige Pökellake in den Schinken eingespritzt, die als Zutaten neben dem Wasser auch Nitritpökelsalz, sowie andere würzende Stoffe und Zusatzstoffe enthalten kann. Bei dem sich anschließenden Koch- und ggf. Räucherprozess verliert das Produkt wieder Feuchtigkeit (Kochverlust), so-dass das Endprodukt ungefähr dassel-be Gewicht wie das Ausgangsfl eisch haben sollte. Der Wassergehalt des fertigen Schinkens ist durch den Ge-halt an Fleischeiweiß im fettfreien An-teil begrenzt.

Bei 3 Proben wurde der erforderliche Wert von 19 % nicht erreicht. Eine dieser Proben musste als Imitat be-urteilt werden, denn hier lagen zahlrei-che weitere Abweichungen zu einem Schinken vor, unter anderem die Her-stellung aus zerkleinertem Fleisch mit hohem Brätanteil und einem Fleisch-gehalt von lediglich 51 %.

Verschiedentlich war über den Zusatz einzelner Aminosäuren zu Fleisch-erzeugnissen berichtet worden, um auch hierdurch wiederum für die Ana-lyse einen höheren Eiweißanteil vor zu-täuschen. Bei den untersuchten Pro-ben waren keine deutlich erhöhten Gehalte an einzelnen Aminosäuren feststellbar.

Schwieriger ist der Nachweis einer Verfälschung mit tierischen Proteinen (an Knochen anhaftende Fleischreste, Schwarten, Schlachtabfälle) in Form von Hydrolysaten, den so genannten „Hydrolyzed Animal Proteins“ (HAP) bzw. „Functional Meat Proteins“ (FMP) oder von Blutplasma, da in die-sen Fällen die übliche Stickstoffanalytik keinen Hinweis auf eine Verfälschung liefert. Eine Möglichkeit Hydrolysate nachzuweisen, besteht indirekt über die Anwesenheit von 3-Monochlor-propandiol (3-MCPD), einem uner-wünschten Nebenprodukt der Säure-hydrolyse, oder über die Tierartbestim-mung. In keinem Kochschinken wurde 3-MCPD gefunden, jedoch konnte in einer Probe DNA von der Pute nach-

einer Betriebskontrolle beim Herstel-ler erfolgen, da Citronensäure auch legal als Zusatzstoff (Stabilisator) ein-gesetzt werden kann. Die zuständigen Behörden wurden von diesem Unter-suchungsergebnis informiert.

Schwieriger ist der Nachweis einer Verfälschung mit tierischen Proteinen (an Knochen anhaftende Fleischreste, Schwarten, Schlachtabfälle) in Form von Hydrolysaten, den so genannten „Hydrolyzed Animal Proteins“ (HAP) bzw. „Functional Meat Proteins“ (FMP) oder von Blutplasma, da in die-sen Fällen die übliche Stickstoffanalytik keinen Hinweis auf eine Verfälschung liefert. Eine Möglichkeit Hydrolysate nachzuweisen, besteht indirekt über die Anwesenheit von 3-Monochlor-propandiol (3-MCPD), einem uner-wünschten Nebenprodukt der Säure-hydrolyse, oder über die Tierartbestim-

Fleisch, Wild, Geflügel Jahresbericht 2006 33

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20 Proben Wildlachs wurden auf Nematodenlarven mit dem so genannten Digestionsverfahren untersucht. Bei dieser Methode werden die Larven durch Aufl ösung des umgebenden Fischfl eisches durch eine Verdauungslösung isoliert. In allen Proben waren Larven vom Anisakistyp (He-ringswurm) nachweisbar. Die Mengen schwankten zwi-schen 4 und über 80 Larven pro kg Fischfi let. Aus der Litera-tur sind Befallstärken von bis über 200 Larven / kg bekannt. Wildlachs wird in Deutschland nach unserer Kenntnis aus-schließlich tiefgefroren gehandelt. Durch das Tiefgefrieren werden die Larven abgetötet, sodass eine Gesundheitsge-fährdung für den Verbraucher nicht besteht. Auch wenn sich bei Wildfi schen das Vorkommen von Parasitenstadien nicht vollkommen vermeiden lässt, wird ein massiver Befall mit Nematodenlarven als ekelerregend eingestuft. Dement-sprechend wurde ein großer Teil der Proben beanstandet. Eine Untersuchung auf Parasiten durch den Lebensmittel-unternehmer ist bei Fischen zwar vorgeschrieben, jedoch lediglich in Form einer Sichtkontrolle, ggf. nach Durchleuch-ten mit einer starken Lichtquelle. Aufgrund ihrer Eigenfarbe sowie ihrer undurchsichtigen Muskulatur lassen sich Wild-lachsfi lets jedoch nicht durchleuchten. Außerdem sind die Anisakis-Larven aufgrund ihrer Größe und Farbe (ca. 25 mm lang, weiß, meist spiralig aufgerollt) in der Fischmuskulatur generell nicht leicht zu entdecken. Wesentlich erfreulicher war die Situation bei marinierten Heringserzeugnissen (z. B. Bismarckhering, Rollmops, Sahneheringsfi let): In 18 von 24 Proben waren überhaupt keine Nematodenlarven nach-weisbar, in den restlichen Proben nur vereinzelt.

Fische, Krusten-, Schalen-, Weichtiere

und -Erzeugnisse

„Dekorative Kosmetik“ bei Thunfi sch und Lachs

Durch die unzulässige Behandlung von rohem Thunfi sch und Lachs mit Kohlenmonoxid entsteht eine hellrote Far-be, die eine hohe Lagerstabilität aufweist. So wird der Verbraucher über Qualität und Frische des Erzeugnisses getäuscht.

Die kräftig rote Farbe des Thunfi schfl eisches besitzt eine große ökonomische Bedeutung, da sie dem Verbraucher Frische signalisiert. Bei Thunfi schen und anderen dunkelfl ei-schigen Fischarten sind der Blutfarbstoff Hämoglobin und der Muskelfarbstoff Myoglobin für die natürliche rote Farbe des Fischfl eisches verantwortlich. Kohlenmonoxid zeigt ei-ne hohe Affi nität zum Eisenatom des Blutfarbstoffs Hämo-globin bzw. des Muskelfarbstoffs Myoglobin. Ergebnis der Bindung von Kohlenmonoxid an Hämoglobin und Myoglo-bin ist eine stabile, hellrote Farbe. Rohes Thunfi schfl eisch wird daher beispielsweise mit so genanntem gereinigtem Rauch behandelt, indem durch geeignete Verfahrensfüh-rung (Filtration) die Aromabestandteile des Rauches weit-gehend entfernt werden und dem Kohlenmonoxid unge-hinderter Zutritt zum Muskelfarbstoff ermöglicht wird. Die dadurch entstehende hellrote Farbe des Thunfi schfl eisches erweist sich auch nach längerer Gefrierlagerung als stabil. Sie vermittelt dem Verbraucher den Eindruck eines frischen Erzeugnisses, da die Farbveränderung von Rot nach Braun, die bei unbehandeltem Thunfi schfl eisch ein natürlicher In-dikator für Qualitätsverlust ist, unterbleibt. Kohlenmonoxid ist daher als Zusatzstoff EU-weit nicht zugelassen. Auch die Anwendung von Kohlenmonoxid über modifi zierte Räu-cherverfahren ist damit verboten. Von 19 Proben rohem Thunfi sch- und Lachsfl eisch aus Großhandel und Gastrono-mie konnte bei Lachsfl eisch keine Behandlung mit Kohlen-monoxid nachgewiesen werden. Bei zwei Thunfi schproben aus der Gastronomie wurde eine Behandlung mit Kohlen-monoxid nachgewiesen. Diese beiden Proben fi elen bereits durch ihre leuchtend rote Fleischfarbe auf.

Nematodenlarven in Wildlachs – Renaissance eines

alten Problems

Fast alle im Meer lebenden Speisefi scharten können von Nematoden (Rundwürmern) bzw. ihren Larven befallen sein. Bestimmte Arten können Erkrankungen bei Men-schen verursachen, sofern sie lebend aufgenommen werden. Nachdem sich Nematodenfunde in Fischen und Fisch erzeugnissen seit geraumer Zeit bei den klassischen Speisefi schen aufgrund strenger rechtlicher Vorgaben auf Einzelfälle beschränken, steigen die Nachweise seit eini-gen Jahren drastisch an, seitdem das Produkt „Wildlachs“ verstärkt untersucht wird.

34 Lebensmittelüberwachung BW Teil III: Produktgruppe Lebensmittel

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Obwohl Olivenöl nicht mehr offen, sondern nur noch vorverpackt in Fer-tigpackungen verkauft werden darf, war der offene Verkauf auch im Jahr 2006 immer wieder anzutreffen.

Andere Pfl anzenöle

Eine ganze Reihe von pflanzlichen Speiseölen und -fetten wurden auf Sortenreinheit, Verderb, Raffi nation und thermische Belastung geprüft.

Einige Speiseöle wurden als „kaltge-presst“ oder „nativ“ angepriesen, ob-wohl sie einer Raffi nation unterzogen wurden. Zwei Proben Traubenkernöl waren mit anderen Pfl anzenölen ver-schnitten.

Bei ausländischen Ölen fehlte häufi g die deutsche Kennzeichnung. Auch die Nährwertangaben waren nicht immer korrekt.

Bei einem Hanföl wurden 60 mg / kg des rauscherzeugenden Wirkstoffes THC festgestellt, das Zwölffache des Richtwertes.

2 Proben Sonnenblumenöl aus Russ-land wiesen Gehalte an Benzo(a)pyren über dem Grenzwert von 2 µg / kg auf.

Emulgierte Bratfette

Im Handel werden zunehmend fl üs-sige Fettemulsionen zum Braten an-geboten. Die 12 untersuchten Proben wiesen nur Spuren an trans-Fettsäu-ren auf. Allerdings erwiesen sich 2 Proben bereits deutlich vor Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums als stark ranzig.

Olivenöl

Die meisten der in Deutschland ver-kauften Olivenöle werden als „Natives Olivenöl extra“ vermarktet. Olivenöle dieser Kategorie müssen bestimmte chemische Vorgaben einhalten, eine wahrnehmbare Fruchtigkeit aufweisen und frei von Fehlern sein. Im Berichts-jahr wurden 252 Olivenöle untersucht, davon waren 65 (26 %) zu beanstan-den, etwa die Hälfte davon wegen fehlerhafter Kennzeichnung.

Viele Olivenöle der Kategorie „Natives Olivenöl extra“ wiesen sensorisch wahrnehmbare Fehler auf (stichig, schlammig, ranzig etc.), obwohl die chemischen Kennzahlen unauffällig waren. In einigen kritischen Fällen wur-de der sensorische Befund zusätzlich durch ein unabhängiges Olivenölpanel an der Bundesforschungsanstalt für Ernährung und Lebensmittel (BFEL) bestätigt. Auch die chemischen Kenn-zahlen (z. B. Säuregehalt, UV-Absorp-tion, Peroxidzahl) von Ölen der Kate-gorie „Natives Olivenöl extra“ ent-sprachen in einigen Fällen nicht den Vorgaben der EU-Verordnung; einige Öle dieser Kategorie sind mit großer Wahrscheinlichkeit auch unzulässiger-weise hitzebehandelt worden.

In einem Olivenöl im Tetrapak wurden 311 mg / kg des Photoinitiators ITX, ei-nem Bestandteil der Druckfarbe, nach-gewiesen. Ein natives Olivenöl extra aus Griechenland war nicht nur ranzig, sondern enthielt auch 77 mg / kg an Di-isodecylphthalat, einem Weichmacher für Kunststoffe, der toxikologisch nicht unbedenklich ist. Beide Öle wurden beanstandet.

Frittierfette

Von 245 gebrauchten Frittierfetten mussten 85 (= 35 %) beanstandet werden. Die Verwendung von ver-dorbenem Frittierfett kann vermieden werden, wenn beim Frittieren einige Grundregeln eingehalten werden. Mit handlichen elektronischen Messgerä-ten können potenziell verdorbene Frit-tierfette recht gut erkannt und gezielt als Probe gezogen werden. Für eine rechtsverbindliche Beurteilung der Frit-tierfette ist jedoch auch weiterhin eine qualifi zierte Untersuchung im chemi-schen Labor absolut unverzichtbar.

In Bäckereien wird zum Frittieren von Fettgebäck häufi g gehärtetes Erdnuss-fett mit sehr hohem Gehalt an trans-Fettsäuren (> 30 %) eingesetzt.

Offene Speiseöle in der Gastronomie

Von 63 offenen Speiseölen, die in Gast-stätten und Kantinen auf den Tischen, an der Theke oder am Salatbüffet zur Selbstbedienung angeboten wurden, waren 14 (22 %) so stark ranzig, dass sie nicht mehr zum Verzehr geeignet waren. Offensichtlich werden diese Öle, die ja empfi ndliche Lebensmittel darstellen, nicht immer mit der erfor-derlichen Sorgfalt behandelt.

Fette und ÖleJeder Bundesbürger verbraucht im Durchschnitt jedes Jahr ca. 30 kg Speisefette und -öle. Davon ist

etwa ein Drittel tierischer Herkunft (hauptsächlich Butter), die anderen zwei Drittel sind pfl anzlicher

Herkunft, dabei handelt es sich hauptsächlich um Speiseöle und Margarine. Diese 30 kg stellen

übrigens nur einen kleinen Bruchteil der gesamten Fettzufuhr dar, denn der überwiegende

Teil wird als „verstecktes Fett“ mit anderen Lebensmitteln aufgenommen.

Im Jahr 2006 wurden insgesamt 1 413 Proben untersucht, davon waren 209 (= 15 %) zu beanstanden, wobei 65 Beanstandungen aufgrund der mangelhaften Kennzeichnung bzw. Aufmachung ausgesprochen wurden.

Fische, Krusten-, Schalentiere, … / Fette, Öle Jahresbericht 2006 35

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Margarine

Der Gehalt an trans-Fettsäuren lag bei den meisten Proben unter 2 %. Ledig-lich bei einigen Margarinen für spezi-elle gewerbliche Anwendungen (be-stimmte Back- und Ziehmargarinen) finden sich deutlich höhere Gehalte an trans-Fettsäuren, bis zu 30 %.

Feinkostsalate

Ein Verbraucher kaufte in einer Landmetzgerei auf dem Weg zu seiner Arbeitsstelle einen „Fleischsalat“

und aß unmittelbar davon. Als er die Pa-ckung nach wenigen Stunden wieder

öffnete, stellte er hierin zahlreiche lebende Maden fest. Da die Grö-

ße ca. 6 bis 8 mm betrug, konn-ten sie sich nicht innerhalb die-ser kurzen Zeit entwickelt haben, sondern waren schon beim Kauf vorhanden. Darüber hinaus war der Salat auch hinsichtlich seiner

weiteren Zusammensetzung kein Fleischsalat: Die Majonäse war ver-

wässert und Gurken fehlten.

Marinierte Oliven in einer Fertigpackung oh-ne Konservierungsstoffe wurden bis zum Ablauf des Min-desthaltbarkeitsdatums (MHD) unter kontrollierten Bedin-gungen gelagert (knapp drei Wochen). Nach Ablauf dieser Lagerfrist war die Ware mit trüben schleimigen Belägen behaftet und sehr unansehnlich. Es konnten in großer Zahl die Verderbniserreger Pseudomonas aeruginosa und Pseu-domonas putida nachgewiesen werden. Die Mindesthalt-barkeitsfrist war offensichtlich zu lange kalkuliert worden.

Fleischsalat aus eigener Herstellung einer Metzgerei wurde mit der Angabe „DLG-prämierte Wurstwaren“ auf der Fer-tigpackung beworben. Abgesehen von den sensorischen, mikrobiologischen und qualitativen Eigenschaften, die be-anstandet werden mussten, ergaben sich auch Zweifel an der Zulässigkeit der Werbung mit einer Prämierung durch die Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG). Die DLG hat in ihren Prüfbestimmungen klare Vorgaben für die Werbung mit erzielten Preisen getroffen. Dies betrifft zum einen die ausschließliche Werbung mit den von der DLG vergebenen Mustern oder Urkunden und anderer-

Brühen, Suppen, Saucen und Feinkostsalate

Brühen, Suppen und Saucen

Bei einer Verbraucherbeschwerde Tomatensaft zur Herstel-lung von Tomatensuppe wurden beim Verzehr der Suppe 3 Nägel festgestellt. Nachforschungen im Herstellerbetrieb ergaben, dass Metall-detektoren zur Endkontrolle eingesetzt werden, die bei der Herstellung der abgegebenen Charge funktionsfä-hig waren. Dies konnte anhand der angegebenen Losnummer rückver-folgt werden. Vermutlich gelangten die Nägel bei der Zubereitung in die Suppe (siehe Foto).

Nach dem Kauf verschiedener Trocken-suppen und Trockensaucen hatte ein Ver-braucher bemerkt, dass jede Packung mit einem Etikett überklebt war. Das Zutatenverzeich-nis und die nährstoffbezogenen Angaben auf dem Origi-naletikett und dem nachträglich überklebten Etikett waren nicht identisch. Die Produkte waren mit der werbenden Auslobung „ohne Glutamat“ versehen. Jedoch waren sie unter Verwendung von Hefeextrakt bzw. Würze hergestellt, die natürlicherweise Glutamat / Glutaminsäure enthalten. Aufgrund der nachgewiesenen Glutaminsäure ist deren Herkunft zu überprüfen. Eine Aussage über einen mittelba-ren oder unmittelbaren Zusatz der Glutaminsäure lässt sich nur anhand der Rezeptur klären. Im Falle eines mittelbaren Eintrages der Glutaminsäure über Hefeextrakt oder Würze, ist die Werbung „ohne zugesetzte Geschmacksverstärker“ möglich. Andernfalls ist die Werbeangabe „ohne Glutamat“ als irreführend zu beurteilen.

Weitere Beanstandungen bezogen sich auf überlagerte Pro-ben, die bereits sensorische, physikalische und chemische Abweichungen aufwiesen. Die Kennzeichnung asiatischer Suppen und Saucen wurde wie in vergangenen Jahren häufig beanstandet.

Tierische Fette

In Griebenschmalz war in keinem Fall eine Streckung mit Pflanzenöl nach-weisbar.Ein Hühnerfett enthielt gleich 3 ver-schiedene Antioxidantien, die nicht deklariert waren. Die Gehalte lagen teilweise deutlich über den zulässigen Höchstmengen.

Butter aus Italien, die für die industri-elle Weiterverarbeitung vorgesehen war, war mit ca. 20 % Schweinefett gestreckt.

Abb.: Nägel im

Tomatensaft

36 Lebensmittelüberwachung BW Teil III: Produktgruppe Lebensmittel

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Getreide, Backwaren und Teigwaren

Abb.: Offene Sicher-heitsnadel aus einem Müsli-Riegel aus einer Bäckerei

Getreide undGetreideprodukte

In einem Müsliriegel aus einer Bäckerei war eine offene Sicherheitsnadel eingebacken.

Die Probe musste als gesundheitsschädlich und damit als unsicheres Lebensmittel beurteilt werden. In vielen Fällen handelte es sich bei den beanstandeten Proben um Ver-braucherbeschwerden, wovon ein Großteil berechtigt war. Einige weitere Beschwerdeproben mussten als gesund-heitsgefährdend beanstandet werden, da sie Fremdkörper enthielten, die aufgrund ihrer Beschaffenheit (scharfkantig, spitz, hart) Verletzungen hervorrufen können. Auch der Be-fall mit Schädlingen führte vielfach zu Beanstandungen. Bei Mehlproben aus Mühlen stimmten die Typenangaben nicht mit den ermittelten Mineralstoffgehalten überein.

Brot, Kleingebäck, Feine Backwaren

Auch bei den beanstandeten Backwaren handelte es sich vielfach um Verbraucherbeschwerden, von denen mehre-re als gesundheitsschädlich zu beurteilen waren. Sie ent-hielten so gefährliche Dinge wie spitze Metallsplinte oder Metallklammern, Glassplitter oder auch Steine. Zahlreiche andere „Fremdkörper“ wie Kunststoffstreifen, Mäusekot, Vogelfedern, Wespen und andere Insekten, lebende Mot-tenlarven, Sand und kleine Glasperlen führten zu Bean-standungen wegen ekelerregender Beschaffenheit. Auch Schimmelbefall führte zu zahlreichen Beanstandungen. Die bei Beschwerdeproben festgestellten Mängel sind vielfach auf unhygienische Zustände bei der Herstellung der Back-waren oder auf unsachgemäßen Umgang bei Transport und Lagerung zurückzuführen.„Mistelbrot“ wurde unter Mitverwendung von Mistelkraut hergestellt. Mistelkraut gilt als Arzneimittel; der Zusatz von Arzneimitteln zu Lebensmitteln ist nicht zulässig.Wie in den Jahren zuvor wurde Laugengebäck auf erhöh-te Aluminiumgehalte untersucht. Werden unbeschichte-te oder schadhafte tefl onbeschichtete Aluminiumbleche zusammen mit den Laugengebäckrohlingen in Lauge ge-taucht oder werden darauf in Lauge getauchte Gebäckroh-linge ausgebacken, so kommt es zu einem Übergang von Aluminium auf das Lebensmittel. Üblicherweise enthalten

seits die enge Verbindung des Prämierungszeichens, den Prämierungs- oder textlichen Hinweisen mit der Nennung des prämierten Erzeugnisses und dem Jahr der Prämierung. Der Hinweis darf vom Verleihungstag auf die Dauer von 24 Monaten verwendet werden. Durch Einsicht in die öffentlich zugängliche Liste der Preisträger konnte festgestellt werden, dass die Vor-aussetzungen für die Werbung mit einer Auszeichnung nicht vorlagen. Die Metzgerei hatte seit 1998 an keiner DLG-Prüfung mehr teilgenommen und hatte nur in der Sparte Schinken und Wurst eine Prämierung erhalten, jedoch noch nie in der Sparte Feinkost. Die Werbung war daher irreführend.

Verschiedene verzehrsfertige Salate in Fertigpackungen wie beispielsweise Schnittsalate oder Nudelsalate wur-den einem Lagerversuch bis zum angegebenen Min-desthaltbarkeitsdatum unterzogen. Die sensorischen als auch die mikrobiologischen Untersuchungen zeigten erhebliche Abweichungen auf, die zum einen auf ein zu lange bemessenes Mindesthaltbarkeitsdatum und zum anderen auf unzureichende hygienische Bedingungen im Herstellerbetrieb zurückzuführen waren. Bei hand-werklichen Betrieben sind diese Mängel häufi g auf eine zu warme oder zu lange Lagerung bzw. auf die Ver-wendung ungeeigneter Ausgangsware, beispielsweise Wurstresten und Anfangs- / Endstücken von Würsten mit mangelnder Frische, zurückzuführen.

Offene Feinkostsalate, besonders von Marktständen wurden wiederholt ohne Kenntlichmachung von Zusatz-stoffen, hier besonders Konservierungsstoffen, in den Verkehr gebracht.

Brühen, Suppen, Saucen … / Getreide, Back-, Teigwaren Jahresbericht 2006 37

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Backwaren Aluminium nur in Spuren. Liegt der Alumini-umgehalt in der Kruste deutlich über dem in der Krume, so ist von einem nennenswerten Aluminiumübergang auf die Backware auszugehen. Diese vermeidbaren Aluminium-übergänge führten zu Beanstandungen.(Weitere Ergebnisse zu Aluminium in Lebensmitteln siehe Kapitel III, Zusatzstoffe und Aromastoffe).

Cumarin – ein kritisch bewerteter Aromastoff in

Lebensmitteln

Cumarin ist ein natürlicher Aromastoff, der in einer Vielzahl von Pflanzen natürlich vorkommt, z. B. in Waldmeister, in Zimt und in der Tonka-Bohne. Hohe Cumarin-Konzentrati-onen kann Cassia-Zimt oder chinesischer Zimt aufweisen, während der teurere und seltenere Ceylon-Zimt Cumarin nur in Spuren enthält. Aufgrund früherer toxikologischer Daten lässt die Aromenverordnung für Lebensmittel ei-nen Cumarineintrag aus Pflanzenteilen von maximal zwei Milligramm pro Kilogramm Lebensmittel zu. Die diesem Grenzwert zugrunde liegende toxikologische Bewertung von Cumarin wurde inzwischen weitgehend re-vidiert. Bei einer toxikologischen Neubewer-tung geht das Bundesinstitut für Risiko-bewertung (BfR) heute davon aus, dass bei normalen Verzehrsgewohnheiten eines erwachsenen Menschen die aus toxikologischer Sicht akzeptab-le tägliche Aufnahmemenge an Cu-marin nicht überschritten wird, es je-doch bei übermäßiger Aufnahme von Cumarin bei besonders empfindlichen Personen zu reversiblen Leberschäden kommen kann. Als tolerierbare tägliche Aufnahmemenge (TDI-Wert – tolerabel daily intake) werden maximal 0,1 mg Cumarin je Kilo-gramm Körpergewicht (KG) angesehen. Für die lebensmit-telrechtliche Bewertung der untersuchten Proben wurde ein für Kleinkinder durchschnittliches Körpergewicht von 15 kg zugrunde gelegt und die durchschnittliche tägliche Verzehrsmenge des untersuchten Lebensmittels abge-

schätzt. Bei Zimtsternen wurde von täglich 4 Stück (ent-sprechend 22,4 g) und bei Frühstückscerealien und Müsli von einem durchschnittlichen täglichen Verzehr von 75 g ausgegangen.

Im Berichtsjahr wurden 114 zimthaltige Proben aus den Bereichen Getreideerzeugnisse und Feine Backwaren auf ihren Cumaringehalt untersucht (s. Tabelle).

Weitere Ergebnisse zu Cumarin in Lebensmitteln siehe Kapitel III, Nahrungsergänzungsmittel.

Teigwaren

Schön bunt aber eklig

Gekochte Spaghetti aus dem Kühlraum eines Gasthauses waren über und über mit grau-, grün-, rot- und gelbfarbenen Schimmelkolonien überzogen und rochen entsprechend ekelerregend.

Neben zahlreichen Beanstandungen gegarter Teigwaren aus Gaststätten wegen mikrobiologischer

Verunreinigungen und ekelerregender Beschaffenheit waren fehlende oder

fehlerhafte Kennzeichnung von Ei-erteigwaren die Hauptbeanstan-dungsgründe. In 3 Nudelproben aus China und in einer Teigware aus einer Bäckerei konnten die künstlichen Farbstoffe Tartra-zin, Chinolingelb und / oder Gelb-

orange nachgewiesen werden. Diese Farbstoffe sind für Teigwaren

nicht zugelassen, da sie einen höhe-ren Eigehalt vortäuschen können.

Abb.: Gekochte Spaghetti aus dem Kühlraum eines Gasthauses

Probenart A B C

Gesamtzahl Anzahl % Anzahl % Anzahl %

Frühstückscerealien 14 3 21 5 36 6 43Müsli 2 0 – 0 – 2 100Feine Backwaren (o. Zimtsterne) 6 0 – 2 33 4 67Zimtsterne 92 2 2 81 88 9 10Gesamt 114 5 4 88 77 21 18

A: als gesundheitsschädlich beurteilte Proben (TDI > 0,1 mg / kg KG)B: Proben mit Gehalten über dem Grenzwert der Aromenverordnung (> 2 mg / kg), aber TDI < 0,1, mg / kg KG

(Gutachten ohne Beanstandung aber Hinweis an Hersteller mit Aufforderung, Maßnahmen zu ergreifen, den Cumaringehalt unter den Wert der Aromenverordnung zu senken)

C: Proben ohne Beanstandung (Gehalt < 2 mg / kg oder unter der Bestimmungsgrenze)

Tabelle: Cumarin in

Lebensmitteln

38 Lebensmittelüberwachung BW Teil III: Produktgruppe Lebensmittel

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Offene Konserven im Gastronomie-bereich

Im Rahmen der mikrobiologischen Untersuchung wurden schwerpunktmäßig offene Gemüse-erzeugnisse aus der Gastronomie beprobt.Gemüseerzeugnisse aus Konserven verderben nach dem Öffnen der Konservendose leicht. Werden diese Erzeugnisse z. B. aufgrund einer mangelhaften Betriebs- oder Produktionshygiene kontaminiert, fi n-den die Bakterien aufgrund der weichen Konsistenz sowie der fehlenden Produktfl ora gute Vermehrungsbe-dingungen vor. Um einen mikrobiell bedingten Verderb zu verzögern und um im Einzelfall die Vermehrung von Krank-heitserregern oder die Bildung von bakteriellen Toxi-nen zu unterbinden, sollten derartige Erzeugnisse in den Lebensmittelunternehmen nach dem Öffnen der Konservendose in geeignete, verschließbare Behältnisse umgefüllt und konsequent bei einer Aufbewahrungstemperatur von maximal + 7 °C nicht über eine angemessene Zeit hinaus auf-bewahrt werden.Im Berichtsjahr wurden mehrere Gemüse-erzeugnisse (Konservenware) wie beispiels-weise Artischocken, Paprikasticks, Schältomaten und Oliven im Rahmen von Betriebskontrollen in Gaststätten als Verdachtsproben erhoben. Die Erzeugnisse waren aus-nahmslos verdorben und wiesen dementsprechend hohen Keimzahlen auf bzw. sie waren verschimmelt. Als mögliche Ursache konnte in der Regel eine unsachgemäße Aufbe-wahrung (ungekühlt bzw. in korrodierten Weißblechdosen) sowie eine Überlagerung festgestellt werden.Überdies kam es in den bereits geöffneten Konserven-dosen – begünstigt durch das fruchtsaure Füllgut sowie den Zutritt von Luftsauerstoff – zu elektrochemischen Re-aktionen zwischen dem Doseninhalt und der zinnhaltigen Dosenlegierung und damit zu erhöhten Zinn-Gehalten im Lebensmittel. Um eine verstärkte Zinnkorrosion wirkungs-voll zu verhindern, ist der Inhalt von Obstkonserven unmit-telbar nach dem Öffnen der Dosen in korrosionsbeständige und verschließbare Behältnisse wie z. B. Plastikdosen umzufüllen.

Zinnkontamination in Artischocken-Konservendosen

Artischockenherzen in originalverschlossenen Do-sen wiesen einen Zinngehalt von fast 400 Milli-gramm pro Kilogramm auf. Der zulässige Höchst-wert war um etwa das Doppelte überschritten. Die Dosen wiesen im Inneren deutliche Materialablösungen und beginnende Lochfraßkorrosion auf bei einem angege-benen Mindesthaltbarkeitsdatum von Ende 2010.

Obst, Gemüse und -Erzeugnisse

Tigerlilie – nicht nur beliebte Gartenpfl anze?

Die Tigerlilie, die in Europa wegen ihrer auffälligen Blüten als Gartenpfl anze sehr beliebt ist, wird in China und Japan als Heilpfl anze sowie zur Würzung von Speisen verwen-det. Die Prüfung, ob „Tigerlilien“ als neuartige Lebensmit-tel im Sinne der Novel-Food-Verordnung einzustufen sind und damit eine Genehmigung für das Inverkehrbringen erforderlich ist, ist derzeit noch nicht abgeschlossen. Un-abhängig davon wurde die eingehende Probe „getrocknete Blütenknospen der Tigerlilie für die Würzung chinesischer Gerichte“ als nicht verkehrsfähig beurteilt, da sie unzulässi-gerweise den Konservierungsstoff Schwefeldioxid enthielt. Der Gehalt von beinahe 7 000 mg / kg überschritt selbst die für andere „Würzmittel“ erlaubten Höchstmengen an Schwefeldioxid (z. B. Dijon-Senf: 500 mg / kg, Meerrettich-pulpe: 800 mg / kg) um ein Vielfaches.

Wirklich „echte“ schwarze Trüffel

Frische Trüffel gehören zu den teuersten Lebensmitteln überhaupt. Beim Kauf von frischen Trüffeln ist daher be-sondere Vorsicht geboten. Als wertvollste Trüffelart gilt die Perigordtrüffel (Tuber melanosporum Vittadini), für die ein Kilogrammpreis von über 1000 Euro üblich ist. Nicht selten werden jedoch weniger wertvolle Trüffelarten unter dieser Bezeichnung verkauft. Wer weiß schon, dass es neben dieser „echten“ schwarzen Trüffel noch ca. zehn weitere genießbare Arten schwarzer Trüffeln gibt, die allerdings zu einem deutlich niedrigeren Preis gehandelt werden.Auch die deutschen Leitsätze für Pilze, in denen die allge-meine Verkehrsauffassung in Deutschland zum Ausdruck kommt, sind hier nicht besonders hilfreich. So dürfen nach den Leitsätzen z. B. preiswerte chinesische Trüffel als schwarze Trüffel in den Verkehr gebracht werden.Eine leidvolle Erfahrung musste auch ein Verbraucher ma-chen, der sich über den auffälligen, desinfektionsmittelar-tigen Geruch der von ihm erworbenen schwarzen Trüffel wunderte. Makroskopische und mikroskopische Untersu-chungen ergaben, dass es sich dabei um Tuber mesente-ricum Vittadini handelte, die auch als Teertrüffel bezeichnet wird. Bei der Vergleichsprobe handelte es sich ebenfalls nicht um Perigordtrüffel, sondern vermutlich um Tuber aesti-vum Vittadini. Beide Trüffelarten dürfen nach den Leitsätzen als Sommertrüffel in den Verkehr gebracht werden.Um Unklarheiten und böse Überraschungen beim Kauf von frischen Trüffeln zu vermeiden, sollte deshalb stets nach dem exakten botanischen Namen der Trüffel gefragt werden.

nach dem Öffnen der Konservendose leicht. Werden

nen zu unterbinden, sollten derartige Erzeugnisse in den Lebensmittelunternehmen nach dem Öffnen der Konservendose in geeignete, verschließbare Behältnisse umgefüllt und konsequent bei einer

weise Artischocken, Paprikasticks, Schältomaten und

verzögern und um im Einzelfall die Vermehrung von Krank-

und beginnende Lochfraßkorrosion auf bei einem angege-

telbar nach dem Öffnen der Dosen in korrosionsbeständige und verschließbare Behältnisse wie z. B. Plastikdosen

Zinnkontamination in Artischocken-

Artischockenherzen in originalverschlossenen Do-sen wiesen einen Zinngehalt von fast 400 Milli-gramm pro Kilogramm auf. Der zulässige Höchst-wert war um etwa das Doppelte überschritten. Die Dosen wiesen im Inneren deutliche Materialablösungen und beginnende Lochfraßkorrosion auf bei einem angege-und beginnende Lochfraßkorrosion auf bei einem angege-

Obst, Gemüse Jahresbericht 2006 39

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Ethylendiamintetraessigsäure (EDTA) in Kirschpaprika

Der Mitbewerber eines Importeurs von Gemüseerzeug-nissen gab den Hinweis, wonach der Importeur in großem Umfang Kirschpaprika, die den in der EU für derartige Er-zeugnisse nicht zugelassenen Zusatzstoff EDTA enthalten, nach Deutschland einführen würde. Aus diesem Anlass wurden in einem Verarbeitungsbetrieb, der entsprechende Ware erhalten hatte, gezielt Proben erhoben. Der Verdacht konnte durch die Untersuchung der Proben bestätigt wer-den. Bei EDTA handelt es sich um eine Substanz, die als

Komplexbildner bei verschiedensten technischen Prozes-sen zum Einsatz kommt. Sie ist in der EU als Lebensmit-telzusatzstoff mit stabilisierender Wirkung auf Farbe und Geschmack jedoch nur in Konserven von Hülsenfrüchten, Pilzen, Artischocken, Krebs- und Weichtieren sowie Fischen und emulgierten Soßen, bestimmten Streichfetten und ge-frorenen Krebstieren zugelassen, jedoch nicht für Früchte der Gattung Capsicum.

Kräuter und GewürzeIst beim Genuss weniger oft mehr?

Alles Kümmel?

Als Gewürze werden neben Kümmel (Echter Kümmel, bot. Carum carvi)

auch Kreuzkümmel (Römischer Kümmel, Cumin, bot. Cuminum cymi-

num) und Schwarzkümmel (bot. Nigella sativa) verwendet.

Echter und falscher Safran

Der Safran (bot. Crocus sativus) ist eine Krokusart, die im Herbst

blüht. Die Hauptanbaugebiete sind Iran, Griechenland, Spanien und

Indien. Die blauen Safranblüten enthalten 3 ca. 10 cm lange Griffel.

Als Gewürz werden die getrockneten ca. 3 cm langen roten Narben-

äste, die sich am Ende der Griffel befi nden, verwendet. Die Ernte ist

Handarbeit. Für 1 kg Safran werden ca. 600 000 dieser Narbenfäden

benötigt. Dies macht Safran mit einem Kilopreis von ca. 2 000,– 3

zum teuersten Gewürz.

7 von 30 Proben (23 %) enthielten zu wenig ätherisches Öl, 2 Proben ent-hielten gleichzeitig zu viel säureunlösli-che Asche („Sand“), 1 Probe Kümmel enthielt ca. 10 % Unkrautsamen.

Von den 18 Proben waren 16 bei der mikroskopischen Untersu-chung und der Prüfung auf mit Farbstoffen gefärbte andere Pfl an-zenteile unauffällig. Bei 2 Proben handelte es sich allerdings um äu-ßerst plumpe Fälschungen. Hier wurden Blüten der Färberdistel (Safl or, bot. Carthamus tinctorius), die auch als „Falscher Safran“ be-zeichnet werden, als Safran ange-boten.

Beide Proben wurden als irreführend bezeichnet beurteilt.Hohe Dosen von Safran (ab 5 g) kön-nen bei Schwangeren zum Abort füh-ren. Die tödliche Dosis für den Men-schen liegt bei 5 – 20 g. Todesfälle wurden in der Literatur beschrieben. Bei Verwendung der als Gewürz übli-chen Dosen besteht nach bisherigen Erkenntnissen allerdings keine akute oder chronische Toxizität.

Diese Namen fi nden sich in den Leit-sätzen für Gewürze des Deutschen Lebensmittelbuches und sind damit die „nach allgemeiner Verkehrsauffas-sung übliche Bezeichnung“. Die drei Ar-ten unterscheiden sich im Aussehen und insbesondere im Aroma ganz we-sentlich, dennoch werden sie immer wieder falsch bezeichnet. 4 von 33 Proben (12 %) mussten aus diesem Grund beanstandet werden.Nach den Leitsätzen für Gewürze ist deren Gehalt an ätherischem Öl in der Regel wertbestimmend. Dies trifft auch bei Kümmel und Kreuzkümmel zu. Mindestgehalte an ätherischem Öl sind in den Leitsätzen jedoch nicht auf-geführt. Zur Feststellung der Verkehrs-auffassung können aber die Normen der International Standard Organisati-on (ISO) und die Mindestanforderung der European Spice Association (ESA) herangezogen werden. Diese Doku-mente enthalten Mindestgehalte an ätherischem Öl für die wichtigsten Gewürze.

Diese Abweichungen waren als Wert-minderung zu beurteilen. Die Gewür-ze sind dennoch verkehrsfähig, wenn auf die Wertminderung hingewiesen wird.

Abb. oben: Kümmel,

Kreuzkümmel,Schwarzkümmel

(v. l. n. r.)

40 Lebensmittelüberwachung BW Teil III: Produktgruppe Lebensmittel

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Dieser Höchstwert stammt allerdings aus den 80er-Jahren, als man muta-gene und kanzerogene Wirkungen von Cumarin vermutete. Nach neu-eren Forschungsergebnissen ist die wesentliche gesundheitsschädliche Wirkung des Cumarins seine Leber-toxizität, die eine reversible Leber-entzündung zur Folge haben kann. Die Europäische Behörde für Lebens-mittelsicherheit (EFSA) kam im Jahr 2004, ebenso wie das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) im Jahr 2006 zu einer unbedenklichen tägli-chen Aufnahmemenge (TDI-Wert) von 0,1 mg / kg Körpergewicht. Beide Ab-schätzungen enthalten einen Sicher-heitsfaktor von 100, sodass auch beim Überschreiten dieser Aufnahmemen-ge in der Regel nicht von einer akuten oder chronischen Gesundheitsschädi-gung auszugehen ist. Cassia-Zimt ist die bedeutendste Auf-nahmequelle für Cumarin aus der Nah-rung. Im Lehrbuch heißt es aber auch hier: Bei Verwendung der als Gewürz üblichen Dosen besteht nach bisheri-gen Erkenntnissen keine akute oder chronische Toxizität. Eine der 10 als Canehl oder Ceylon-Zimt bezeichnete Proben (10 %) musste als irreführend gekennzeichnet beurteilt werden, da es sich um Cassia-Zimt handelte.(Weitere Ergebnisse zu Cumarin in Le-bensmitteln siehe Kapitel III, Getreide, Backwaren, Teigwaren und Nahrungs-ergänzungsmittel).

Zimt – Gift im Backrezept?

Nach den Leitsätzen für Gewürze ist Zimt die getrocknete Rinde von

Holzzimtarten aus der Familie der Lorbeergewächse. Ceylon-Zimt oder

Canehl ist die Innenrinde von Cinnamomum ceylanicum. Cassia ist die

Innenrinde von C. aromaticum oder C. loureirii. Zimt gemahlen wird

überwiegend aus Cassia hergestellt.

Zimt wurde bereits 2700 v. Chr. im Kräuterbuch des chinesischen Kaisers Shen Nung erwähnt und erfreut sich seitdem großer Beliebtheit. In den letzten Jahren ist der Zimt allerdings immer wieder ins Gerede gekommen. In Stangenform sind Ceylon-Zimt und Cassia leicht zu unterscheiden. Beim Ceylon-Zimt werden Stücke der sehr dünn geschälten Innenrinde in einan-der gesteckt. Beim Cassia-Zimt wer-den dickere Stücke der nur oberfl äch-lich geschälten Rinde eingerollt. Auch im Aroma und Geschmack unterschei-den sich beide Zimtarten erheblich.Vor allem beim Ceylon-Zimt wird z. T. bei der Herstellung Schwefeldioxid verwendet, um eine schöne gleich-mäßig helle Färbung zu erzielen und um Insekten und Mikroorganismen abzutöten. Nach der ZZulV ist die Ver-wendung von Schwefeldioxid für Zimt jedoch nicht zugelassen.

In 4 von 9 untersuchten Proben Cey-lon-Zimt (44 %) wurden Gehalte an Schwefeldioxid von 40 bis 60 mg / kg festgestellt. Auch wenn – wie vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) mitgeteilt – die EU Bestre-bungen des Codex Alimentarius un-terstützt, Schwefeldioxid für Zimt zu-zulassen, mussten diese Zimtproben wegen der Verwendung eines nicht zugelassenen Zusatzstoffes beanstan-det werden. Zudem war der Zusatz-stoff Schwefeldioxid nicht, wie vorge-schrieben, kenntlich gemacht. Auch eine von 23 Proben Cassia-Zimt (4 %) enthielt 47 mg / kg Schwefeldioxid.In 13 von 30 Zimtproben (43 %) wur-de Styrol mit Gehalten von 0,4 bis 5,6 mg / kg nachgewiesen. 2 Proben (7 %) mit einem Gehalt von 32 mg / kg Sty-rol fi elen zudem durch einen ausge-prägten Geruch nach „Lösungsmittel“ oder genauer nach Styrol auf. Diese beiden Proben mussten als wertge-mindert beurteilt werden. Styrol kann sich bei zu feuchter Lagerung aus dem natürlich im Zimt enthaltenen Zimtal-dehyd durch Abbauvorgänge bilden.Im Herbst 2006 geriet der Zimt in die Pressemeldungen. Ursache war das Cumarin, ein natürlicher Inhaltsstoff des Cassia-Zimts. Für das Gewürz Zimt selbst gibt es keinen Höchst-wert an Cumarin. Für die meisten mit Zimt hergestellten Lebensmittel gilt jedoch nach der Aromenverordnung ein Höchstwert von 2 mg / kg. Reines Cumarin darf zur Aromatisierung von Lebensmitteln nicht verwendet wer-den.

Abb.:Cassia (l.), Ceylon-Zimt (r.)

Abb.:Narbenschenkel mit Griffelrest; Safrangewürz; Safl orblüten (v. o. n. u.)

Kräuter, Gewürze Jahresbericht 2006 41

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Muskat: Von Blüten und Nüssen

Der Muskatbaum (bot. Myristica fragrans) bildet eine einsamige, pfir-

sich-ähnliche Frucht. Der Samen dieser Frucht wird als Muskatnuss

bezeichnet. Der Samen wird eingehüllt von einem roten, zerschlitzten

Samenmantel (Arillus), der Macis oder Muskatblüte.

zeugnis zwar unter dem Wert von 800 mg / kg Schwefeldioxid, aber bezogen auf die verwendete Meerrettichpulpe, ergaben sich Werte von bis zu 4 000 mg / kg. 8 von 10 Sahnemeerrettichen (80 %) wurden daher beanstandet.

Der Auffassung der Deutschen Fein-kostindustrie, dass die in der ZZulV genannte Höchstmenge für Meer-rettichpulpe so zu interpretieren sei, dass unter Meerrettichpulpe auch das fertige Meerrettichenderzeugnis ge-meint sei, kann nicht gefolgt werden. Welche technologische Notwendigkeit sollte gegeben sein, auch die Sahne zu schwefeln? Die Schwefelung von Sahne oder Schlagsahne ist in der ZZulV nicht zugelassen.

Farbstoffe in Chilli und Paprika –

Fortsetzung folgt

Im Jahr 2006 wurden insgesamt 118 Proben Paprika, Chilli, Kurkuma, Curry, sowie Würzmittel und Würzsoßen, die Chili oder Paprika als Zutaten enthiel-ten, untersucht. Aufgrund gezielter Probenahme konnten immer noch in 6 Proben (5,1 %) verbotene Farbstoffe im Bereich von 2 bis 19 mg / kg aufge-funden werden. Dies sind geringfügig mehr Proben als im Vorjahr (4,4 %). Bei den nachgewiesenen Farbstoffen handelte es sich um Sudan I, Sudan IV, Pararot und Rhodamin B.

Sahnemeerrettich – zu wenig Sahne, zu viel Schwefel

Von den 14 Proben Muskatnuss und Macis mussten 2 Muskatnussproben mit einem zu niedrigen Gehalt an äthe-rischem Öl als wertgemindert beur-teilt werden.Nach den Leitsätzen für Gewürze gibt der Gehalt an säureunlöslicher Asche („Sand“) Hinweise darauf, ob das Gewürz durch mineralische Be-standteile wie Erde und Sand, über das technisch unvermeidbare Maß hi-naus verunreinigt oder verfälscht ist. Für Muskatnuss gilt ein Höchstgehalt von 0,5 g / 100 g. Nach der Zusatzstoffzulassungsver-ordnung (ZZulV) dürfen Siliciumdioxid und Silicate („Sand“) in einer Menge von 1 g / 100 g „Trockenlebensmitteln in Pulverform“ und damit auch ge-mahlenen Gewürzen zugesetzt wer-den. Damit ist eine „Verfälschung“ durch Verwendung von Siliciumdioxid und Silicaten legal. Von den 6 Proben gemahlener Muskatnuss enthielten 2 Proben weniger als 0,01 g / 100 g „Sand“. 4 Proben enthielten zwischen 0,2 und 2,1 g / 100 g „Sand“, bei diesen war im Zutatenverzeichnis der Zusatz-stoff Siliciumdioxid angegeben. Die Probe mit 2,1 g / 100 g lag über der „summarischen Höchstmenge“ von 1,5 g / 100 g. Es wäre u. E. sinnvoll, Gewürze in die Liste der Lebensmittel im Anhang 4, Teil A der ZZulV, bei de-nen diese Zusatzstoffe nicht verwen-det werden dürfen, aufzunehmen.Muskat enthält im ätherischen Öl die Phenylpropanderivate Myristicin, Sa-frol und Elemycin. Diese sind für die toxische Wirkung von Muskat verant-wortlich. Für eine Vergiftung sind etwa 5 g Muskat (entspricht einer kleinen Muskatnuss) ausreichend. Todesfälle wurden z. B. infolge einer Verwendung von Muskat als Rauschdroge beobach-tet. Bei Verwendung der als Gewürz üblichen Dosen von Muskatnuss und Macis besteht nach bisherigen Er-kenntnissen aber keine akute oder chronische Toxizität.

Abb.: Muskatnuss (l.),

Macis (r.)

Meerrettich kommt frisch und als Dau-erware (Glas, Tube) in den Verkehr. Ta-felmeerrettich enthält ca. 60 – 70 % Meerrettich, Sahnemeerrettich oft nur 15 % Meerrettich sowie mind. 2 % aus der Sahne stammendes Milchfett. Der Sahneanteil muss auf dem Etikett an-gegeben sein. Dabei ist Sahne nicht gleich Sahne. Steht im Zutatenver-zeichnis Sahne, muss die Sahne nur 10 % Milchfett enthalten. Nur wenn Schlagsahne draufsteht, muss der Milchfettgehalt der Sahne 30 % betra-gen. Bei 2 von 10 Sahnemeerrettichen (20 %) lag der analytisch über den But-tersäuregehalt ermittelte Sahneanteil deutlich (bis zu 30 %) unter dem de-klarierten Wert.Zur Herstellung von Meerrettichdau-erwaren wird vorzerkleinerter Meer-rettich (Meerrettichpulpe) eingesetzt. Meerrettich verfärbt sich beim Zer-kleinern bei Luftzutritt rasch bräun-lich-grau. Um dies zu unterbinden, ist die Verwendung von Schwefeldioxid und Sulfiten bis zu einer Höchstmen-ge von 800 mg / kg in der Meerrettich-pulpe zugelassen. Die 3 untersuchten Proben Tafelmeerrettich waren mit Ge-halten um 220 mg / kg im Enderzeug-nis, dies entspricht einem Gehalt von ca. 150 mg / kg in der verwendeten Meerrettichpulpe, unauffällig. Anders beim Sahnemeerrettich. Alle 10 un-tersuchten Produkte lagen im Ender-

42 Lebensmittelüberwachung BW Teil III: Produktgruppe Lebensmittel

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Alkoholfreie Getränke

Fruchtsäfte, Fruchtnektare und alkoholfreie Erfrischungsgetränke

Unvollständige Verkehrsbezeichnung

Nach der Fruchtsaftverordnung muss zwischen den Ver-kehrsbezeichnungen „Fruchtsaft“ und „Fruchtsaft aus Fruchtsaftkonzentrat“ streng unterschieden werden. Un-zulässig ist daher die Praxis einiger Hersteller, eine für aus Konzentraten hergestellte Fruchtsäfte korrekte Verkehrsbe-zeichnung wie „Orangensaft aus Orangensaftkonzentrat“ nur an einer Stelle des Etiketts anzugeben und an anderen, hervorgehobenen Etikettenpositionen die besser klingende Bezeichnung „Orangensaft“ zu verwenden.

Getränke aus Schankanlagen

Zur Überprüfung der Betriebshygiene wurden auch in die-sem Jahr offen an den Verbraucher abgegebe-ne alkoholfreie Getränke aus Gaststät-ten, Kantinen und ähnlichen Betrie-ben untersucht. Teilweise war das Vorkommen hoher Gehalte an coliformen Keimen, Milchsäu-rebakterien und Hefen zu be-anstanden. Dieses Keimspek-trum weist auf Mängel in der Personal- bzw. Betriebshygiene und eine damit verbundene se-kundäre Kontamination der Ge-tränke, z. B. durch unzureichende Reinigung der Getränkeschankanla-gen, hin. In einigen dieser Proben ergab die chemische Untersuchung zusätzlich erhöhte Gehalte an Milchsäure und Ethanol. Ein weiterer Bean-standungsgrund war die fehlende Kenntlichmachung der in den Erfrischungsgetränken enthaltenen Zusatzstoffe, wie Konservierungsstoffe, Farbstoffe, Süßungsmittel, Koffein oder Chinin.

Patulin, Benzol und trans-1,3-Pentadien –

unerwünschte Inhaltsstoffe und ihre Ursachen

Benzol wird als krebserregender und keimzellschädi-

gender Stoff beurteilt. In der Trinkwasserverordnung

ist ein Grenzwert für Benzol von 1 µg / l festgelegt, der

von der WHO empfohlene Richtwert für Trinkwasser

beträgt 10 µg / l.

Berichten zufolge wurden in Großbritannien Benzolgehalte von 11 und 28 µg / l in Erfrischungsgetränken festgestellt. Ei-ne mögliche Bildung von Benzol aus dem Konservierungs-stoff Benzoesäure bei Anwesenheit von Ascorbinsäure so-wie Kupfer- oder Eisen-Ionen wird in Erwägung gezogen. Zu dieser Fragestellung wurden vom CVUA Karlsruhe 108 Erfrischungsgetränke auf ihren Benzolgehalt untersucht. Bei einer Nachweisgrenze von 0,12 µg / l war bei 52 % der Proben ein Benzolgehalt im Bereich der Nachweisgrenze feststellbar, der höchste Gehalt lag bei 2,8 µg / l. Die ermit-telten Benzolgehalte in Erfrischungsgetränken sind nach derzeitigem Kenntnistand als sehr gering einzustufen und erscheinen in Anbetracht der Gesamtbenzolbelastung der Verbraucher aus gesundheitlicher Sicht nicht relevant.In mehreren Erfrischungsgetränken wurden weißliche, watteartige Verunreinigungen sowie ein stechend-süßli-cher, an Kunststoff erinnernder Geruch festgestellt. Bei der chemischen Untersuchung war als Hauptkomponente trans-1,3-Pentadien nachweisbar. Zwischen beiden Beob-achtungen besteht ein Zusammenhang: So bestanden die weißlichen Verunreinigungen aus Schimmelpilzen der Gat-tung Penicillium, die den in den Getränken vorhandenen Konservierungsstoff Sorbinsäure zu trans-1,3-Pentadien abzubauen vermögen.Zu Patulin siehe Teil IV, Kapitel Mykotoxine.

Ananassäfte aus Konzentrat – fehlende Aromastoffe

Ananassäfte fielen bei der sensorischen Prüfung durch ein nur schwach ausgeprägtes Ananasaroma auf. Die che-misch-analytische Untersuchung zeigte, dass in den Proben die typischen flüchtigen Aromastoffkomponenten fehlten und somit bei der Rückverdünnung der Säfte aus Konzen-trat die fehlenden Aromen wohl nicht wieder zugesetzt worden waren. Dies entspricht nicht den in der Frucht-saftverordnung festgelegten Herstellungsanforderungen an einen Fruchtsaft aus Konzentrat, wonach dem Saft die bei der Konzentrierung verloren gegangenen Aromastoffe wieder hinzuzufügen sind.

Alkoholfreie Getränke Jahresbericht 2006 43

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sogar einen Mineralstoffgehalt unter 100 mg / l auf. Der niedrigste Gehalt lag bei 13 mg / l Mineralien. Der Verzehr von nur leicht mineralisierten Wässern wird zurzeit in der Öffentlichkeit als besonders empfehlenswert beworben. Rechtliche Vorgaben für einen Mindestmineralstoffgehalt gibt es derzeit nicht, die gesundheitliche Bewertung eines dauerhaften Verzehrs niedrigst mineralisierter Wässer steht noch aus.

Zu viel Geruch: Abweichungen bis zur

öffentlichen Warnung

Im Berichtsjahr beschwerten sich zahlreiche Verbraucher über bestimmte französische Quellwässer. Immer wieder trat in einzelnen Flaschen ein penetranter Geruch nach Diesel oder Maschinenöl oder ein deutlich schweißiger Geruch auf. Es handelte sich um Kunststoff-Flaschen, die alle am selben Quellort abgefüllt worden waren. Einzelne Verbraucher klagten nach dem Genuss des Wassers über gesundheitliche Probleme wie Schwindel, Unwohlsein und Magenbeschwerden. Die Auffälligkeiten, die sich oft erst einige Zeit nach dem Öffnen der Flaschen bemerkbar machten, traten nur bei Verbrauchern auf. Vergleichspro-ben derselben Chargen waren ebenso wie Rückstellproben des Herstellers unauffällig. Auch nach längerer Lagerung der im Labor geöffneten Flaschen traten keine Auffälligkei-ten auf. Die Ursache konnte trotz intensiver Bemühungen nicht ermittelt werden, da die sensorischen Abweichungen chemisch-analytisch nicht zu fassen waren. Vom Hersteller erfolgte ein Rückruf der betroffenen Chargen. Die Öffent-lichkeit wurde durch Pressemitteilungen informiert.Eine zweite Serie mit Beschwerdeproben begann gegen Ende des Jahres. Mineralwasser in PET -Flaschen vorwie-gend eines Herstellers wies einen dumpfen, muffigen Ge-ruch und Geschmack auf. Auch hier waren aus verschiede-nen Chargen immer nur einzelne Flaschen betroffen. Im Unterschied zu der ersten Beschwerdewelle traten auch in Flaschen, die originalverschlossen im Labor eintrafen, Abweichungen auf. Als mögliche Verursacher kamen zwei Verbindungen in Betracht: 4-Allylanisol und 2,4,6-Trichlora-nisol. Letztere verursacht auch den unerwünschten „Kork-geschmack“ im Wein. Auf welchem Weg die Kontamination in das Mineralwasser gelangte, konnte noch nicht abschlie-ßend geklärt werden. Möglicherweise führte der Weg über die Verschlüsse der Flaschen. Einzelne Großbehälter aus Karton, in denen die Verschlüsse verpackt waren, wurden auf mit Holzschutzmittel behandelten Paletten gelagert. Hierdurch könnte ein Teil der Verschlüsse geruchlich beein-trächtigt worden sein. Dies würde auch erklären, dass im-mer nur wenige Flaschen einer Charge betroffen waren.

Mineralwasser, Quellwasser, Tafelwasser

Weniger Schwermetalle durch neue Grenzwerte

Nicht alle natürlich in einem Mineralwasser vorkommenden Bestandteile sind toxikologisch unbedenklich. Um gesund-heitliche Gefahren durch diese Bestandteile beim Genuss natürlicher Mineralwässer auszuschließen, werden ihre Ge-halte über Grenzwerte begrenzt. Zum 1. Januar 2006 wur-den einige dieser Grenzwerte aus Vorsorgegründen wei-

ter abgesenkt. Niedrigere Konzentrationen müssen seitdem für Antimon, Arsen und Cadmium

eingehalten werden. Ein besonderes Augenmerk gilt hierbei dem Arsen, da

es in vielen unbehandelten Mineral-Rohwässern in Gehalten deutlich über dem Grenzwert vorkommt. Neu in Kraft getreten ist ein Grenz-wert für Mangan, nach Eisen das zweithäufigste Schwermetall der Erdkruste und daher auch in vielen

Rohwässern enthalten. Natürliche Mineralwässer, in denen die Konzen-

trationen dieser Schwermetalle zu hoch sind, werden in den Brunnenbetrieben zum

Schutz der öffentlichen Gesundheit einer Behand-lung zum Ausfällen dieser Stoffe unterzogen, dies zum Teil mit erheblichem Aufwand. Die Untersuchungen im Jahr 2006 ergaben, dass in allen untersuchten natürlichen Mineralwässern bei der Abfüllung die neuen Grenzwerte eingehalten wurden.Zum 12.12.2006 trat für abgefüllte Wässer, die mit der be-sonderen Angabe „geeignet zur Zubereitung von Säug-lingsnahrung“ werben, ein Grenzwert für das Schwerme-tall Uran von 2 µg / l in Kraft. Begründet ist dieser niedrige Wert mit dem nierentoxischen Potenzial von Uran. Die Strahlenbelastung ist bei diesem Gehalt vernachlässigbar gering. Bei der überwiegenden Zahl der untersuchten Pro-ben wurde der Grenzwert bereits vor seinem Inkrafttreten eingehalten. Außerhalb der speziellen Kennzeichnung „für Säuglinge“ gibt es für den Urangehalt keinen Grenzwert. Jede fünfte Probe enthielt mehr als 2 µg / l, der höchste Gehalt lag bei 35 µg / l Uran bei Mineralwasser ohne den speziellen Hinweis „für Säuglingsnahrung“.

Weniger Mineralien: Trend zum leichten Mineral-

wasser

Nur etwa die Hälfte der im Berichtsjahr untersuchten natür-lichen Mineralwässer wiesen einen Mineralstoffgehalt über 1 000 mg / l auf. Dieser Mindest-Gehalt war lange Jahre für deutsche Wässer eine Voraussetzung für die amtliche Anerkennung als natürliches Mineralwasser.Fast 30 % betrug im Untersuchungsjahr der Anteil an Mi-neralwässern, die weniger als 500 mg / l Mineralstoffe auf-wiesen und daher mit einem niedrigen Mineralstoffgehalt werben könnten. Jedes zehnte untersuchte Wasser wies

Abb.: Sensorische

Untersuchung von Mineralwässern

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(17 %) aus stoffl ichen Gründen bean-standet: 2 Proben waren überange-reichert, eine dieser Proben war au-ßerdem – unter Umständen im Zuge der Anreicherung – mit Fremdwasser versetzt worden. Immerhin 7 mol-dawische Weine fi elen jedoch durch fehlerhafte Kennzeichnung auf. Bei einem bulgarischen Weißwein wurde ein Zusatz sowohl von Fremdwasser als auch von traubenfremdem Zucker zur Süßung festgestellt.

Bei einigen, größtenteils deutschen Perlweinen waren erneut Überdrü-cke jenseits des maximal zulässigen Überdrucks von 2,5 bar festzustellen. Offensichtlich weisen die Kontroll- und Steuerungsmaßnahmen beim Füllvor-gang in den Lohnverperlbetrieben im-mer noch Lücken auf.

Im Wein liegt Wahrheit – der

Schwindel liegt im Etikett

Die Flaschenausstattung ist ein wich-tiges Entscheidungskriterium beim Kauf von Wein. So sind Flaschen et-wa mit großformatigen Abbildungen des Heidelberger Schlosses vor allem auch für ausländische Besucher die-ser Touristenattraktion eine beliebte Urlaubserinnerung. Die Abbildungen von alten Stichen des Heidelberger Schlosses sind aber nicht immer ein Indiz für Heidelberger Wein. Manche untersuchten Flaschen enthielten ver-botenerweise überhaupt keinen Wein aus der Region, z. T. sogar von ganz anderen Anbaugebieten, etwa aus der Pfalz.

Irreführung macht auch nicht vor

Grenzen Halt: Spanier mit russi-

schem Akzent

Bewohner der ehemaligen Sowjetu-nion bevorzugen oft liebliche bis sü-ße Weine, wie sie sie auch von ihrer Heimat her kennen. Weine aus den dortigen Anbaugebieten des Schwarz-meergebietes, Georgiens und Molda-wiens sind meist mit hoher Restsüße im Handel. Schaumweine und Weine dieser Art werden russischen Kun-

Wein und Erzeugnisse aus WeinEingeschenkter Wein – nicht

immer rein

Ein Winzer hatte eine Teilmenge ei-nes angereicherten Qualitätsweines mit Wasser versetzt und als Besen-wein ausgeschenkt. Ein Anfangsver-dacht hatte sich bei der Kontrolle der Weinbuchführung durch den zustän-digen Weinkontrolleur ergeben. Es konnte nachgewiesen werden, dass der Wässerungsgrad bei etwa 10 % lag. In einigen Fällen fielen Weine, einschließlich Perlwein und offener Besenwein, negativ durch Schimmel-note, Essigstich, Böckser oder Geruch nach freiem Schwefeldioxid auf. Eini-ge Tafelweine waren überangereichert und damit nicht verkehrsfähig. Die Anreicherung erfolgt zulässigerweise zum Zwecke der Alkoholerhöhung, z. B. mittels Zugabe von Saccharose zu Traubenmost, allerdings ist dies nur bis zu einer genau geregelten Höchst-menge zulässig.

Berechtigter Beschwerdegrund über einen Württemberger Trollinger war ein beißender und stechender Ge-ruch. Chemisch konnte ein deutlich erhöhter Gehalt an Schwefeldioxid festgestellt werden, sodass die Probe als von nicht gesunder Beschaffenheit beanstandet werden musste. Weite-re Recherchen der Weinkontrolle im Betrieb ergaben, dass die Ursache in einem technischen Mangel des Tauchbadsterilisators für die Leerfl a-schen lag. Da noch eine weitere Fla-sche aus einer anderen Abfüllcharge als Verbraucherbeschwerde vorgelegt wurde, erfolgte eine öffentlichen Infor-mation des Herstellerbetriebes über diesen Abfüllfehler. Weitere begründete Beschwerden aus anderen Betrieben betrafen Trü-bungen infolge von Nachgärung oder deutlich erhöhte Gehalte an Essigsäu-re und Ethylacetat (Lösungsmittelge-ruch).

Durch Importverbote auf russischer Seite mussten sich osteuropäische Länder alternative Absatzmärkte er-schließen. Deswegen gelangten 2006

verstärkt Weine aus ehemaligen Sow-jetrepubliken wie Moldawien und Ge-orgien auf den europäischen Markt. Ein Überwachungsschwerpunkt wur-de deshalb auf diese Erzeugnisse ge-legt. Die meisten Beanstandungen entfi elen auf georgische Weine: Von 18 Proben waren 17 zu beanstanden. Jede der beanstandeten Proben wies vielfältige Kennzeichnungsmängel auf. Bei 10 georgischen Weinen wurden außerdem stoffliche Beanstandun-gen ausgesprochen: In 7 Proben wur-de durch Stabilisotopenuntersuchun-gen der Zusatz weinfremden Zuckers nachgewiesen, 2 Proben waren nicht identisch mit dem zur Einfuhr vorge-legten Analysenzertifi kat. Im Vergleich dazu wurde bei 12 mol-dawischen Weinen lediglich zweimal

Wein, Erzeugnisse aus Wein Jahresbericht 2006 45

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den zum Verkauf in speziellen Läden angeboten. Die Etikettierungen sind vordergründig in kyrillischer Schrift gehalten, um eine Herkunft aus der ehemaligen russischen Heimat zu belegen oder aber auch nur vorzutäu-schen. Bei einem als „Stalins Wein“ aufgemachten Erzeugnis handelte es sich irreführenderweise um einen bil-ligen spanischen Tafelwein, wie sich nach genauerem Studium des Klein-gedruckten auf dem Rückenetikett herausstellte.

Mehr Schein als Sein:

Kreativität bei der Verwendung

der amtlichen Prüfungsnummer

Deutscher Qualitätswein darf nur nach Erteilung einer amtlichen Prü-fungsnummer (A.P.Nr.) in den Verkehr gebracht werden. Die Vermarktung war aber in einigen Fällen erfolgt, ob-wohl erst gar keine A.P.Nr. beantragt worden war oder aber der angestell-te Wein bei der sensorischen Prüfung von der Prüfbehörde abgelehnt wor-den war und deswegen keine A.P.Nr. erteilt werden konnte. Die z. T. frei er-fundene A.P.Nr. und die unzutreffen-de Angabe „Qualitätswein“ wurden als irreführend beurteilt. In einem besonders dreisten Fall hatte ein Be-trieb sein gesamtes Sortiment von 31 Weinen mit frei erfundenen amtlichen Prüfungsnummern in den Verkehr ge-bracht. Weiterhin mussten 3 Weine ei-nes Betriebes beanstandet werden, die zwar mit der beantragten amtli-chen Prüfungsnummer ausgestattet waren, diese aber aufgrund von sen-sorischen Mängeln bei der Qualitäts-weinprüfung gar nicht erhalten hatten. In einem weiteren besonders schwer-wiegenden Fall hatte der verantwort-liche Kellermeister einer Winzerge-nossenschaft über ein Jahr hinweg nur knapp 25 % der erzeugten Weine zur amtlichen Qualitätsweinprüfung angestellt. Die restliche Menge von ca. 1,4 Millionen Litern wurde mit frei erfundenen Prüfungsnummern versehen und verbotswidrig als Qua-litätswein bzw. als Qualitätswein mit Prädikat in den Verkehr gebracht. Bis auf die Liste über die Abfüllungen der

Glühwein – Entwarnung bezüglich

Cumarin

Cumarin ist ein natürlicher, aromati-sierender Lebensmittelinhaltsstoff in Zimt. Im Gegensatz zu Ceylon-Zimt sind im „Cassia-Zimt“ teilweise sehr hohe Konzentrationen zu finden. Bei der toxikologischen Bewertung geht das Bundesinstitut für Risikobewer-tung (BfR) heute davon aus, dass Cu-marin bei besonders empfindlichen Personen schon in relativ kleinen Men-gen reversible Leberschäden verursa-chen kann. Als tolerierbare tägliche Aufnahmemenge (TDI-Wert – tolera-bel daily intake) werden maximal 0,1 mg Cumarin je Kilogramm Körperge-wicht angesehen. Die Aromenverordnung lässt für Le-bensmittel einen Cumarineintrag aus Pflanzenteilen von maximal 2 Milli-gramm pro Kilogramm Lebensmittel zu. Bei Verwendung von Cassia-Zimt kann also auch Glühwein Cumarin enthalten. Aufgrund der Untersu-chungsergebnisse kann Entwarnung für Glühwein gegeben werden. 53 Proben Glühwein wurden untersucht. Bei den Untersuchungen wurden un-ter Berücksichtigung des TDI-Wertes keine erhöhten Werte festgestellt. Bei den untersuchten 5 Proben Kin-derpunsch waren die festgestellten Gehalte ebenso unauffällig.

Aus der Arbeit der Weinkontrolle

Wie in den Vorjahren richtete die Wein-kontrolle auch im Jahr 2006 ein Au-genmerk auf die Verwendung negativ beschiedener Erzeugnisse sowie auf die Wiederholungsprüfungen vormals abgelehnter Weine (vgl. oben).

Infolge der zunehmenden Nachfra-ge seitens der Weinwirtschaft nach Buchführungsverfahren mittels elek-tronischer Datenverarbeitung wurden im Jahr 2006 zwei neue Systeme zur Weinbuchführung mittels Computer erstmals zum Einsatz in Württemberg angemeldet. Nach entsprechender Eignungsprüfung durch die Weinkon-trolle und der Beseitigung der fest-gestellten formellen und inhaltlichen Fehler der Systeme konnte in beiden

Abb.: Glühwein zur

Weihnachtszeit: manchmal eine

geruchliche Dis-harmonie

Weine fehlten darüber hinaus die vor-geschriebenen Aufzeichnungen in der Weinbuchführung.

Weihnachtsstimmung über-

deckt manchen Weinfehler

In vorweihnachtlicher Stim-mung auf dicht gedrängten Weihnachtsmärkten bemerkt manch einer nicht, welches Getränk er sich für teures Geld als stimmungsaufhellenden „Glühwein“ hat ausschenken lassen. Bei Glühwein handelt es sich um ein aromatisiertes weinhaltiges Getränk aus Wein unter Verwendung von Gewür-zen, hauptsächlich Zimt und Gewürznelke. Andere beigege-bene aromatisierende Lebens-mittel wie Orange oder Zitrone sind üblich. Durch die Aromati-sierung wird der ursprüngliche Weincharakter weitgehend zu-rückgedrängt und die Gewürze überwiegen das Geschmacks-bild. Ein Glühwein fiel durch ei-nen deutlichen Essigstich auf. Analytisch wurde in dem Wein ein deutlich erhöhter Gehalt an flüchtiger Säure (u. a. Essigsäu-re) ermittelt. Der zur Herstel-lung des Glühweines verwen-dete Ausgangswein war somit nicht mehr von handelsüblicher Beschaffenheit, d. h. er hätte als Wein nicht mehr verkauft werden dürfen, sondern ver-nichtet werden müssen bzw. zu Essig weiterverarbeitet wer-den können. Um dies zu um-gehen, wurde der Wein einer Pfälzer Kellerei ins Badische als Glühwein „entsorgt“.

46 Lebensmittelüberwachung BW Teil III: Produktgruppe Lebensmittel

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Es bildet sich unter anderem aus Blau-säure, die beim Brennvorgang in das Destillat übergehen kann und zuvor aus natürlichen Vorläufersubstanzen freigesetzt wird, die besonders in Obststeinen vorkommen.Daher wurde schon im Jahr 1986 ein Richtwert von 0,4 mg / l Ethylcarbamat

in trinkfertigem Brand festgelegt. Bei Überschreitung die-ses Wertes um mehr als das Doppelte (0,8 mg / l) wird der Obstbrand von der Lebensmittelüberwachung als nicht sicheres Lebensmittel beurteilt. Die betroffene Charge wird dann aus dem Verkehr gezogen und kann evtl. nach Umbrennen wieder freigegeben werden. Zurzeit müssen immer noch 24 % aller untersuchten Proben wegen ihres Ethylcarbamatgehaltes beanstandet werden.

Ethylcarbamat wurde bereits 1974 von der IARC als „mög-licherweise krebserzeugend für den Menschen“ (Gruppe 2B) eingestuft. In nachfolgenden Untersuchungen wurde Ethylcarbamat in geringen Konzentrationen in allen Arten von fermentierten Lebensmitteln nachgewiesen, bedenkli-che Gehalte im Milligramm pro Liter-Bereich wurden jedoch nur in Spirituosen gefunden. Insbesondere in Steinobst-destillaten kommt Ethylcarbamat bei mangelhafter Her-stellungsweise vor.

Fällen einer Zulassung der Systeme als offi zielle Weinbuchführung zuge-stimmt werden. In der Herbstkampa-gne 2006 wurde seitens der württem-bergischen Weinwirtschaft erstmals rektifi ziertes Traubenmostkonzentrat zum Zwecke der Erhöhung des natür-lichen Alkoholgehaltes eingesetzt. Die Überprüfung der hierfür notwendigen Dokumentationen und die Kontrollen während der Anwendung des Verfah-rens führten jedoch in keinem Fall zu einer Beanstandung.In einigen Fällen musste die Weinkon-trolle mangelnde Wahrnehmung der Buchführungspfl ichten beanstanden.

Bei einigen Partien Wein, für die we-gen unzulässigerweise angewende-ter oenologischer Verfahren behördlich die Vernichtung angeordnet worden war, hatte die Weinkontrolle den Voll-zug dieser Anordnungen zu überwa-chen. Zu überwachen war auch die Einhaltung der Versuchsbedingun-gen bei der Fortsetzung der amtlich genehmigten Versuche zur – mittler-weile zulässigen – Aromatisierung von Wein mittels Eichenholzspänen. Schließlich hatten die Weinkontrol-leure im Rahmen eines Projektes zur Untersuchung von mittels des Transva-sierverfahrens hergestelltem Sekt auf

Fremdkohlensäure zahlreiche Proben zu entnehmen und in den jeweiligen Sektkellereien umfangreiche für die Auswertung des Projektes bedeutsa-me Daten zu erheben.

Eine defekte Vorfi ltration während der Abfüllung führte in einem Fall dazu, dass das Erzeugnis nachträglich bi-ologisch belastet wurde. Neben der Beanstandung des Erzeugnisses wur-de nachdrücklich auf die Überprüfung der betrieblichen Kontrollstandards hingewirkt.

Produkt Probenzahl Untersuchungs parameter Grenz- / Richtwert Grenzwert-überschrei-

tungen

Anteil in %

Steinobstbrände 294 Ethylcarbamat 0,8 mg / l (Maßnahmewert) 72 24Obstbrände 592 Methanol 1 000 – 1 350 g / hl reiner Alkohol,

je nach Produkt 3 0,5

Angabe des Alkoholgehaltes ± 0,3 Vol.- % 92 16erhöhte Anteile an Gärungs-nebenprodukten

(Vorlauf, Nachlauf unsauber abgetrennt, Maische verdorben)

27 5

Liköre 237 Angabe des Alkoholgehaltes ± 0,3 Vol.- % 18 8Emulsionsliköre 63 Allergenkennzeichnung Milch,

Sahne(Kennzeichnung muss vorhanden sein)

7 11

Alkoholische Getränke

14 Cumarin 10 mg / kg 0 0

Ethylcarbamat in Steinobstbränden

Das Internationale Krebsforschungszentrum IARC („International

Agency for Research on Cancer“) hat vor kurzem eine Neubewertung

von Ethylcarbamat vorgenommen. Ethylcarbamat wurde dabei

als krebserregende Substanz bestätigt und sogar in die Gruppe 2A

(„wahrscheinlich krebserregend für den Menschen“) hochgestuft.

Diese Bewertung unterstreicht die Wichtigkeit der Vermeidung von

Ethylcarbamat in Steinobstbränden.

Alkoholische Getränke (außer Wein)

Anteil in %

24 0,5

16 5

8 11

0

Tabelle: Untersuchungs-schwerpunkte bei Spirituosen

Alkoholische Getränke Jahresbericht 2006 47

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Mittlerweile liegen umfangreiche Erkenntnisse über den Wirkungsmechanismus von Ethylcarbamat vor. In zahlrei-chen Tierversuchen wurde die krebserregende Wirkung bestätigt, und es konnte gezeigt werden, dass die Wir-kungsweise von Ethylcarbamat in Versuchstieren und im Menschen identisch ist. Ein besonderes Problem ist die gleichzeitige Aufnahme von Ethylcarbamat und Alko-hol, da durch Ethanol die krebserregende Wirkung von Ethylcarbamat verstärkt werden kann. Aufgrund dieser Erkenntnisse wurde Ethylcarbamat von der IARC jetzt in Gruppe 2A eingestuft, die vergeben wird, wenn keine di-rekten Daten über die Wirkung im Menschen vorliegen, jedoch im Tierversuch ein ausreichender Nach-weis für die Karzinogenität erfolgt ist, und starke Belege über die Übertragbarkeit der Wirkmechanismen auf den Men-schen vorliegen (Näheres unter: http://monographs.iarc.fr/ENG/

Meetings/vol96-summary.pdf).

Die baden-württembergischen Un-tersuchungsergebnisse über Ethyl-carbamat wurden im Rahmen einer 2006 gestarteten Datensammlung an die Europäische Behörde für Le-bensmittelsicherheit (EFSA) zur toxiko-logischen Bewertung übermittelt.Insbesondere auch die möglichen Wechselwir-kungen mit Alkohol verlangen weiterhin alle Anstrengun-gen, um Ethylcarbamat in Spirituosen zu vermeiden. Die Chemischen und Veterinäruntersuchungsämter Baden-Württemberg hatten anhand einer umfangreichen Unter-suchung einfache und wirkungsvolle Tipps zur Vermeidung von Ethylcarbamat in der Brennerei aufgezeigt und veröf-fentlicht (siehe Jahresbericht 2005). Die Ethylcarbamatgehalte werden vor allem durch die Brennanlage und die Herstellung beeinflusst. Es hat sich gezeigt, dass Anlagen mit automatischer Spülvorrichtung besser abschneiden als Anlagen, die manuell gereinigt werden. Außerdem reduziert ein Kupferkatalysator die Ethylcarbamatgehalte. Diese Einrichtungen sind vor allem in neueren Anlagen zu finden. Bei Problemen mit hohen Ethylcarbamatgehalten lohnt die Nachrüstung mit einem Katalysator und / oder einer Spülvorrichtung. Bei der Herstellung von Steinobstbränden sollte man auch den Nachlauf nicht aus den Augen verlieren. Ethylcarba-mat ist schwerflüchtig und reichert sich im Nachlauf an. Nachlauf ist also Ethylcarbamat-Konzentrat! Wer zu spät anfängt, auf den Nachlauf umzuschalten, macht sich un-nötig Probleme. Bewährt hat sich die Nachlaufabtrennung spätestens bei einem Alkoholgehalt von 50 % vol. Nachläu-fe von früheren Brennvorgängen sollte man nicht zugeben, weil man so die Ethylcarbamatkonzentration in der Maische erhöht. Besser ist es, die Nachläufe zu sammeln, gemein-sam umzubrennen und dabei sehr großzügig abzutrennen.

Es ist unbestritten, dass Ethylcarbamatvorstufen aus den Steinen der Früchte kommen. Schonendes Einmaischen und kurze Maischestandzeiten haben sich deswegen be-währt. Was nicht in der Maische landet, muss hinterher auch nicht entfernt werden.

Panscherei und Betrug beim Ausschank alkoholischer Getränke

Anlässlich von Gaststättendurchsuchungen aufgrund

Betrugsverdachts werden den Chemischen und

Veterinäruntersuchungsämtern Baden-Württemberg

Proben zur Untersuchung übergeben.

Als Beispiele für gefälschte Produkte seien weißer Rum einer hochwertigen Marke

wegen Verdachts auf „Panscherei“ und Verdünnung oder mit einer Dis-count-Marke gestreckter hochwerti-ger Wodka genannt. Auch Bier wur-de in betrügerischer Absicht unter der Bezeichnung Export angebo-ten, obwohl es den nach baden-württembergischer Verkehrsauf-

fassung vorgeschriebenen Stamm-würzegehalt von 12 % nicht erreichte

und auf dem Faß eine andere Biersorte angegeben war.

Mit dem zur Verfügung stehenden Analysen-spektrum kann dem Markenbetrug jedoch einfach auf die Schliche gekommen werden. Bereits ein einfaches phy-sikalisches Messverfahren, eine Leitfähigkeitsmessung, erlaubt in vielen Fällen eine eindeutige Unterscheidung zwi-schen echter Marke und gefälschtem Produkt. Die Unter-scheidungsmöglichkeit beruht darauf, dass Spirituosen aus hochprozentigen Destillaten hergestellt und mit Wasser auf Trinkstärke verdünnt werden. Je nach Ionengehalt des verwendeten Wassers und markenspezifischen Zusätzen sind charakteristische Unterschiede in der Leitfähigkeit fest-zustellen. Sehr vorteilhaft ist die Leitfähigkeitsmessung insbesondere bei extraktfreien Spirituosen wie Wodka und weißem Rum anzuwenden. Eine Absicherung der Befunde kann durch die Bestimmung von Anionen mittels Ionenchromatografie erfolgen. Eine weitere Möglichkeit ist, durch das gaschromatografisch bestimmte Profil der Gärungsbegleitstoffe eine Übereinstimmung mit der Mar-kenware zu prüfen.Bei einem positiven Nachweis eines solchen Markenbe-trugs wurden die Aufmachung und Kennzeichnung der Pro-be sowie die Angabe der Marke oder der Verkehrsbezeich-nung in der Getränkekarte als irreführend beurteilt.

48 Lebensmittelüberwachung BW Teil III: Produktgruppe Lebensmittel

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Eis und Desserts

Eis

Bei den insgesamt 1907 untersuchten Eisproben überwie-gend aus handwerklicher Herstellung lag die Beanstan-dungsquote bei 21 %. Rund 11 % der Proben waren aus mikrobiologischen Gründen auffällig, überwiegend wegen hoher Gehalte an Enterobacteriaceen bzw. coliformen Kei-men. Erhöhte Gehalte an coliformen Keimen / Enterobacte-riaceen sprechen dafür, dass zur Herstellung des Speise-eises kontaminierte Rohstoffe verwendet wurden und die

Eismasse während des Herstellungsvorgangs nicht in ausreichendem Maße einem keimreduzie-

renden Verfahren, z. B. durch Erhitzung vor dem Ausfrieren, unterworfen wur-

de. Eine Kontamination kann jedoch auch durch eine Sekundärkontami-nation des bereits ausgefrorenen Speiseeises zustande kommen. In keiner der untersuchten Speise-eisproben waren Krankheitserreger nachweisbar.

Dafür musste eine Speiseeisprobe aus einem Eiscafé als gesundheits-

schädlich beurteilt werden. Der im Eis gefundene Glassplitter konnte als Teil ei-

nes am betreffenden Tag im Eiscafé zerbrochenen Kelchglases identifiziert werden.Kennzeichnungsmängel bei lose verkauftem Speiseeis sind nach wie vor ein Problem. Bei zahlreichen Proben fehlte die Kenntlichmachung der zugesetzten Farbstoffe. Auch auf die Verwendung von kakaohaltiger Fettglasur wurde nicht entsprechend hingewiesen. Zur Herstellung von Milcheis wurde weniger als die vorgeschriebene Menge an Vollmilch (70 %) verwendet. Der überwiegende Anteil der untersuch-ten Vanilleeise wurde nicht mit Vanille (Vanilleschote oder natürliches Aroma), sondern ausschließlich oder überwie-gend mit Vanillin aromatisiert. Solche Erzeugnisse dürfen nicht als „Vanilleeis“ bezeichnet werden. Um die Irrefüh-rung auf die Spitze zu treiben, werden solche Eise vielfach mit gemahlenen, aber extrahierten Vanilleschoten versetzt, denen das wertgebende Aroma entzogen worden war, um so den Eindruck natürlicher Vanille noch zu verstärken.

Hygienemängel im offenen Ausschank von Bier

Im Gaststättenbereich sind weiterhin Mängel bei der

Hygiene zu verzeichnen, insbesondere werden die

Reinigungs- und Desinfektionsintervalle von Schank-

anlagen in vielen Fällen von den Gewerbetreibenden

zu lange bemessen, so z. B. 12-Wochen-Intervalle.

Nach der EU-Hygieneverordnung (VO (EG) Nr. 852 / 2004) ha-ben Lebensmittelunternehmer Gegenstände und Ausrüstun-gen, mit denen Lebensmittel in Berührung kommen, gründ-lich zu reinigen und erforderlichenfalls zu desinfizieren. Die Reinigung und Desinfektion muss so häufig erfol-gen, dass kein Kontaminationsrisiko besteht. Die Neufassung der DIN-Normen für Ge-tränkeschankanlagen sieht bei Schank-anlagen für Bier Reinigungs- und Desinfektionsintervalle von max. 7 Tagen vor. Falls notwendig (gerin-ger Ausstoß, längere Schankpau-sen, höhere Lagertemperaturen, schlechte Umgebungsbedingun-gen, Art des Reinigungsverfahrens) sind sogar kürzere Reinigungsinter-valle zu wählen. In den DIN-Normen sind auch zur Bestimmung des Reini-gungsbedarfs einer Schankanlage mikrobio-logische Kriterien genannt, deren Überschreitung im Getränk signalisiert, dass eine Reinigung angebracht oder dass der Reinigungszustand der Anlage als schlecht zu bezeichnen ist.Abweichend von dem in der Norm genannten pauschalen Kriterium „Gesamtkeimzahl“ wird in Baden-Württemberg in Bier wegen deren Bedeutung die Gesamtzahl der gram-positiven und -negativen bierverderbenden Bakterien so-wie die Zahl der coliformen Keime, Escherichia coli mit eingeschlossen, ermittelt.Betrachtet man die Gesamtzahl von 233 untersuchten of-fenen Bierproben, ergibt sich eine Beanstandungsquote von 19 %. Mängel in der Betriebshygiene, v. a. im Schank-anlagenbereich, führen dazu, dass offene Bierproben ge-genüber in Flaschen abgefüllten Bieren besonders häufig beanstandet werden müssen. Dabei waren in 2 Proben aus derselben Brauereigaststätte E.-coli-Keime nachweisbar, was als grober Hygieneverstoß anzusehen ist. Insgesamt lässt sich zu offenen Getränken aus Schankanla-gen feststellen, dass kurze Reinigungsintervalle keinesfalls zwangsläufig mit niedrigen Keimzahlen verbunden waren: Auf die sachgerechte Reinigung kommt es an!

Eis, Desserts Jahresbericht 2006 49

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Zuckerwaren, Schokolade und Brotaufstriche

Honig

Beanstandungsquote aufgrund neuer Kenn-

zeichnungsvorschriften weiter gestiegen

Von 483 untersuchten Honigproben wurden im Berichts-jahr 173 beanstandet (36 %). Die Auswirkungen der im Jahr 2004 in Kraft getretenen Honigverordnung waren auch im Berichtsjahr im Hinblick auf die geänderten Kenn-zeichnungsvorschriften verstärkt festzustellen. 94 % der beanstandeten Proben (im Vorjahr lag die Quote bei 90 %) wiesen fehlende oder fehlerhafte Kennzeichnungselemen-te auf. So waren keine Angaben über das Mindesthaltbar-keitsdatum vorhanden bzw. nicht in der vom Gesetzgeber vorgegebenen Art und Weise. Ebenso verhielt es sich bei der nun vorgeschriebenen Angabe über den Ursprung des Honigs. Teilweise fehlte auf der Fertigpackung auch die Angabe der Nennfüllmenge oder die Los-angabe.Auch in diesem Jahr mussten wieder Wabenhonige aus Dritt-ländern beanstandet werden, da Waben verwendet wurden, die nicht brutfreie Zellen aufwiesen. Aus diesen Wabenzellen konnten zahlreiche Puppenhüllen isoliert werden. Weitere Honige wiesen Hydroxymethylfurfuralgehalte (HMF) bis zu 208 mg / kg auf. Die Honigverordnung erlaubt einen HMF-Gehalt von höchstens 40 mg / kg für Honige mit nicht tropi-schem Ursprung. Eine Überschrei-tung des Höchstgehaltes deutet auf eine zu lange Lagerung oder auf eine Wärmeschädigung des Honigs hin. 2 Honigerzeugnissen wurde Propolis, das Kittharz der Bienen, zugesetzt. Propolis wird in Deutschland grundsätzlich als Arz-neimittel eingestuft, ein Zusatz zu Lebensmitteln ist nicht zulässig. In 2 Honigen aus Drittländern wur-den Rückstände von Sulfonami-

den nachgewiesen. Sulfonamide werden als Tierarzneimittel einge-setzt, sind aber in der EU für die Anwendung an Bienen nicht zuge-lassen.

Süßwaren

Brause-Lolly verursacht blutige

Zungen

Nachdem eine Mutter bei ihren Kin-dern beim Lutschen von Brause-Lollys blutige Zungen festgestellt hatte, über-gab sie die Lutscher der zuständigen Lebensmittelüberwachungsbehörde. Bei der Untersuchung von Beschwer-de und Vergleich wurden sehr niedrige pH-Werte und hohe Weinsäuregehalte festgestellt. Gleichzeitig war ein Auf-schäumen, wie es bei Brauseerzeug-nissen üblich ist, kaum zu beobachten. Die hohe Säurekonzentration in Ver-bindung mit einer geringen Konzen-tration an pufferndem Natriumhydro-gencarbonat und die Reizung durch das Lecken an der rauen Oberfl äche der Lutscher waren die Ursachen für die Verletzungen im Mundbereich. Die Brause-Lollys wurden als ge-sundheitsschädlich beurteilt. Grund für die hohe Weinsäurekonzentrati-on war ein Dosierfehler bei der Her-stellung der Lollys. Die Weinsäure wurde versehentlich doppelt dosiert. Der betroffene Hersteller veranlasste umgehend einen öffentlichen Rückruf der betroffenen Ware. Im Hersteller-betrieb wurden entsprechende Siche-rungsmaßnahmen ergriffen, um eine Fehldosierung von Zutaten in Zukunft ausschließen zu können.

Aluminium in Süßwaren –

ein vernachlässigtes Thema?

Bei einer toxikologischen Neubewer-tung des gemeinsamen Expertenko-mitees von FAO und WHO (JECFA) im Sommer 2006 wurde die „vorläufi ge wöchentlich-tolerierbare Aufnahme-menge“ (PTWI-Wert) für Aluminium von bislang 7 auf 1 mg / kg Körperge-wicht herabgesetzt. Zwar konnte eine Beziehung zwischen der Aluminium-aufnahme und der Alzheimer-Erkran-kung bisher nicht bestätigt werden, es liegen aber Hinweise vor, dass hohe Aluminiumaufnahmen zu Störungen bei der Fortpflanzung und der Ent-wicklung des Nervensystems führen können. Aufgrund der Herabsetzung des PTWI wird seitens des Komitees befürchtet, dass es insbesondere bei Kindern zu einer deutlichen Über-schreitung der tolerierbaren Alumini-umaufnahme vor allem durch Lebens-mittelzusatzstoffe kommen könnte.Aluminium ist das dritthäufi gste Ele-ment der Erdkruste und natürlicher Bestandteil vieler Lebensmittel. Grenzwerte für den Aluminiumgehalt in Lebensmitteln gibt es nicht. Höhe-re Aluminiumgehalte in Süßwaren sind in der Regel nicht natürlichen Ursprungs sondern stammen aus den verwendeten aluminiumhaltigen

50 Lebensmittelüberwachung BW Teil III: Produktgruppe Lebensmittel

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Konfi türen, Gelees, Fruchtaufstriche

Nach wie vor viele Beanstandungen bei

Direktvermarktern

Im Jahr 2006 wurden 250 Proben untersucht, davon waren 66 (26 %) zu beanstanden. Hauptsächlich betroffen waren wie in den vergangenen Jahren Erzeugnisse aus der Di-

rektvermarktung, die wegen Kennzeichnungsmängeln (59 Proben), insbesondere wegen fehlender Kenntlichma-chung des verwendeten Konservierungsstoffes Sorbin-

säure (23 Proben), auffi elen. Den Direktvermarktern ist vielfach der Unterschied zwischen Konfi türe, Gelee, Mar-melade und Fruchtaufstrich nicht klar. Oftmals wird der handelsübliche Gelierzucker 2:1 zur Herstellung verwendet, der Sorbinsäure als Konservierungsmittel enthält. Da der

Gesamtzuckergehalt bei so her-gestellten Erzeugnissen weniger als 60 g / 100 g beträgt, dürfen sie nicht als Konfi türen oder Gelees bezeichnet werden. Es handelt sich vielmehr um Fruchtaufstri-che. Diese dürfen im Gegensatz zu Konfi türen und Gelees zwar mit Sorbinsäure konserviert werden, der Zusatz muss jedoch durch kor-rekte Angabe im Zutatenverzeich-nis kenntlich gemacht werden. Bei Zwei- und Mehrfrucht-Konfi tü-ren oder -Gelees aus industrieller und handwerklicher Herstellung, bei denen die enthaltenen Früchte namentlich in der Verkehrsbezeich-nung angegeben oder selektiv durch Bilder hervorgehoben wur-den, fehlte die mengenmäßige An-gabe (Quid-Angabe) der einzelnen Früchte. Vonseiten der Wirtschaft wird teilweise die Auffassung ver-treten, dass die Angabe des laut Konfi türenverordnung vorgeschrie-benen Gesamtfruchtgehaltes auch in diesen Fällen ausreichend sei. Nach Ansicht der Lebensmittel-überwachung ist es für die Wahl des Verbrauchers jedoch durchaus ausschlaggebend, ob der Gesamt-fruchtgehalt beispielsweise einer Erdbeer-Mango-Konfi türe zu 90 % oder zu 50 % aus Erdbeeren be-steht. Mehrere Erzeugnisse wur-den diesbezüglich beanstandet.

Zusatzstoffen (z. B.: Trennmittel, Füll-mittel in Kaugummis; Überzugsmittel, Aluminiumfarblacke). Im Jahr 2006 wurde in 32 Proben aus dem Süßwarenbereich der Alumini-umgehalt bestimmt. Die höchsten Gehalte wiesen gefärbte und dragier-te Erzeugnisse auf: dragiertes Lakritz zwischen 30 und 120 mg / kg, dragier-te, gefärbte Kaubonbons bis zu 190 mg / kg und Schokolinsen sogar bis zu 320 mg / kg. Daneben wurden aber auch vergleichbare Produkte mit deutlich niedrigeren Gehalten festge-stellt. Legt man den PTWI von 1 mg / kg Kör-pergewicht zugrunde, so ist für ein Kind bei einem Körpergewicht von 20 kg eine wöchentliche Aufnahme-menge von 20 mg tolerierbar. Diese Aufnahmemenge würde beispielswei-se durch den täglichen Konsum von knapp 20 g Schokolinsen (mit durch-schnittlich 150 mg / kg Aluminium) be-reits erreicht. Die von der JECFA be-fürchtete Überschreitung des PTWI insbesondere bei Kindern scheint je nach Verzehrsgewohnheiten damit nicht unrealistisch. Auch wenn derzeit für einen kausalen Zusammenhang zwischen Aluminiumaufnahme und neurodegenerativen Erkrankungen keine eindeutigen Belege existieren,

erscheint es schon allein aus gesund-heitlichen Vorsorgegründen ratsam, die Verwendung aluminiumhaltiger Zusatzstoffe auf technologisch unver-meidbare Mengen zu beschränken und die Zulassung aluminiumhaltiger Zusatzstoffe neu zu bewerten. (Weitere Ergebnisse zu Aluminium in Lebensmitteln siehe Kapitel III, Zusatz-stoffe, Aromen).

Bei einer originalverschlossenen Pro-be Halva, einer Süßwarenspezialität aus dem vorderasiatischen Raum, wurde ein ekelerregender Befall mit Maden und Gespinsten festgestellt. Eine weitere Probe war muffi g und überlagert. 5 Halvaproben wurden beanstandet, weil sie mit dem sapo-ninhaltigen Aufschlagmittel „Seifen-krautextrakt“ hergestellt wurden, welches in Deutschland nicht zuge-lassen ist. Die Sachverständigen in Baden-Württemberg beurteilen Seifen-krautextrakt einheitlich als nicht zuge-lassenen Zusatzstoff.

Zusatzstoffen (z. B.: Trennmittel, Füll-mittel in Kaugummis; Überzugsmittel,

erscheint es schon allein aus gesund-

Zuckerwaren, Schokolade, Brotaufstriche Jahresbericht 2006 51

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Schokolade

Nussallergiker: Vorsicht bei Schokolade!

Nach geltendem Recht sind allergene Zutaten, die in Anlage 3 der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung aufgelistet sind, ohne Ausnahme im Zutatenverzeichnis anzugeben. Diese Verpflichtung gilt selbst für kleinste Mengen, die z. B. über Trägerstoffe von Aromen und Zusatzstoffen absicht-lich in das Lebensmittel gelangen. Kontaminationen, d. h. unbeabsichtigt in Lebensmittel gelangte Allergene müs-sen dagegen nicht gekennzeichnet werden. Schwerpunkt-mäßige Untersuchungen von Schokoladenerzeugnissen insbesondere auf die Allergene Erdnuss und Haselnuss zeigten, dass Kontaminationen mit Haselnuss zum Teil er-heblich sind. In 153 auf Erdnuss untersuchten Schokoladenerzeugnis-sen war in 11 Proben (7 %) Erdnuss nachweis-bar. Die Gehalte lagen zwischen 6 und 960 mg / kg. Die Kennzeichnung von zwei der positiv getesteten Proben enthielt keinen Spurenhinweis auf Erdnuss. Bei Betriebs-kontrollen wurde festgestellt, das Scho-koladenhersteller im Überwachungsge-biet große Anstrengungen zur Vermei-dung von Kontaminationen mit dem Allergen Erdnuss unternehmen. Teil-weise wird Erdnuss aus dem Produk-tionsbetrieb komplett „verbannt“. So konnte auch in keinem der unter-suchten Schokoladenerzeugnissen aus Herstellerbetrieben in Baden-Württemberg Erdnuss nachgewie-sen werden.Ein ganz anderes Bild ergibt sich bei Haselnuss. Hier waren von 140 auf Haselnuss untersuchten laut Zutaten-verzeichnis eigentlich haselnussfreien Proben 81 (58 %) positiv. Davon trugen alle einen Warnhinweis auf Spuren an Nüssen. Bei 37 Proben (26 %) lag der Haselnussanteil unter 100 mg / kg. In 14 Proben wurden Gehalte zwischen 1 000 – 10 000 mg / kg gefunden und bei 4 Proben lagen die Gehalte sogar über 10 g / kg (höchster Wert 23 g / kg). Solche Gehalte können keinesfalls mehr nur als „Spur“ angesehen werden. Offensichtlich sind Haselnusskontaminationen, schon allein aufgrund der häufigen Verwendung in Schoko-ladenerzeugnissen wesentlich schwieriger auszuschließen als Erdnusskontaminationen. Auch wird das Risiko für den Verbraucher durch versteckte Haselnussallergene von den Herstellerfirmen in der Regel wesentlich niedriger einge-stuft und deshalb auch weniger konsequent verfolgt als bei Erdnüssen.

In Ermangelung von Grenzwerten wurden formale Bean-standungen bei Kontaminationen mit allergenen Bestand-teilen nicht ausgesprochen. Bei Kontaminationen über 100 mg / kg (0,01 %) wurde der Hersteller zu einer Optimierung seines Allergenmanagementkonzeptes aufgefordert.

Für Verbraucher, Hersteller und Überwachung wäre eine Festlegung von Grenzwerten für allergene Bestandteile wünschenswert, unabhängig davon, ob sie als Zutat oder durch Kontamination in das Lebensmittel gelangen. Da-durch wäre eine verbindliche Beurteilung von allergenen Bestandteilen möglich, ohne die Frage der technologischen Machbarkeit oder der Zumutbarkeit von Minimierungskon-zepten mühsam in jedem Einzelfall abklären zu müssen.

52 Lebensmittelüberwachung BW Teil III: Produktgruppe Lebensmittel

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Morphin in Speisemohn

Überhöhte Morphingehalte in Speise-mohn hatten zu ernsthaften gesund-heitlichen Problemen geführt. Ein Baby, das zur Beruhigung von seiner Mutter Mohnmilch verabreicht bekom-men hatte, musste ebenso wie eine Frau, die mit Mohn bestreute Knödel gegessen hatte, medizinisch betreut werden. Morphin ist nur in den mohnsaftfüh-renden Teilen der Mohnpflanze enthal-ten. Die Mohnsamen selbst enthalten natürlicherweise kein Morphin. Bei der Ernte und Gewinnung der Mohnsaat muss darauf geachtet werden, dass möglichst kein Mohnsaft auf die Sa-men gelangt und die Kontamination der Samen mit staubigem Abrieb der vegetativen Pflanzteile so weit wie möglich reduziert wird. Dies kann durch eine selektive Ernte von nur reifen Mohnkapseln und die sorgfälti-ge Reinigung der Mohnsamen vor der Abpackung erreicht werden. Eine wei-tere Vorsichtmaßnahme ist der Anbau von morphinarmen Mohnsorten.Dem Richtwert des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) von 4 µg Morphin je Gramm Mohnsamen ge-nügte Anfang 2006 keine der unter-suchten Mohnproben. Die intensive Beprobung und regelmäßige Bean-standung von Mohnsamen aus dem Einzelhandel wie auch aus handwerk-lichen Betrieben führte dazu, dass die Importeure und Hersteller von Speisemohn die erforderliche deut-

Hülsenfrüchte, Ölsamen, Nüsse und Nusserzeugnisse

Süße und Bittere Aprikosenkerne

In den Jahren 1970 bis 1985 kam es immer wieder zu Blausäure-Vergif-tungen durch bittere Mandeln, die als Aromakomponente, vor allem in der Weihnachtsbäckerei, dienten. Die-ses Problem wiederholt sich, da seit den letzten Jahren verstärkt Apriko-senkerne auf dem Markt angeboten werden.Blausäure kommt in Form von Gly-kosiden (z. B. Amygdalin der bitteren Aprikosenkerne) natürlich in Lebens-mitteln vor. Die Glykoside an sich sind relativ wenig toxisch, solange keine Blausäure freigesetzt wird. Bei der Zerstörung der Zellstruktur, z. B. beim Kauen der Samen, findet durch eine enzymatische Hydrolyse die Aufspal-tung in Blausäure, Benzaldehyd und Glukose statt. Blausäure ist sowohl in flüssiger als auch in gasförmiger Form außerordentlich giftig. Sie blockiert das Eisen des Hämoglobins der roten Blutkörperchen und stört dadurch die Sauerstoffaufnahme bei der Atmung. Die Zelle kann den Sauerstoff nicht mehr verwerten. Größere Blausäu-remengen können unter Atemnot, Pupillenerweiterung und Krämpfen in wenigen Sekunden zum Tod führen (innere Erstickung).Deshalb muss – wie bei Mandeln – eine eindeutige Unterscheidung zwi-schen „süßen“ und „bitteren“ Apriko-senkernen getroffen werden!Alle 8 Proben süße Aprikosenkerne, die im Berichtszeitraum untersucht

lich erhöhte Sorgfaltspflicht walten ließen. Insbesondere Ware aus der Türkei war Ende des Jahres kaum noch zu beanstanden: Die Einhaltung einer guten landwirtschaftlichen Her-stellungspraxis bis hin zur manuellen Ernte, kombiniert mit einer sorgfälti-gen Aufbereitung der Rohware und einer effektiven Exportuntersuchung in der Türkei, machten sich sehr positiv bemerkbar. Untersuchungen des CVUA Stuttgart belegen, dass der Verbraucher im Rah-men der küchentechnischen Bearbei-tung auch selbst einen erheblichen Anteil zur Reduzierung der Morphin-belastung beitragen kann, indem die Mohnsamen vor der Verarbeitung mit heißem Wasser überbrüht werden. So reduziert sich der Morphingehalt auf weniger als 10 %; zugleich verbes-sert sich die sensorische Qualität des Mohns erheblich.Untersuchungen der CVUAs Karlsruhe und Stuttgart deuten aber auch dar-auf hin, dass die Morphinreduzierung beim Backprozess deutlich geringer (im Bereich von 55 bis 80 %) ausfällt als in der Literatur beschrieben (bis zu 90 %). Wer bei der Herstellung sei-nes Mohnkuchens ganz sicher gehen will, der sollte anstelle von frischen Mohnsamen eine handelsübliche Mohnbackmischung verarbeiten. Al-le untersuchten Mohnbackmischun-gen wiesen deutlich weniger als 4 µg Morphin / g auf.

0102030405060708090

100

Morphin_Mohn 20060

102030405060708090

100

Probe kalt sauer kochend kalt sauer kochend kochend fließend fließend 30 s 30 s 30 s 30 min 30 min 30 min 2 min 60 °C 100 °C

Proz

ent

ganz

gemahlen

Grafik: Morphingehalt in einer Mohn-probe in % nach unterschiedlichen Waschvorgängen

Hülsenfrüchte, Ölsamen, Nüsse, Nusserzeugnisse Jahresbericht 2006 53

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wurden, wiesen einen freisetzbaren Blausäuregehalt von 20 – 30 mg / kg auf und liegen damit im gleichen Be-reich wie Mandeln. Sie sind damit un-eingeschränkt genusstauglich und völ-lig ungefährlich. Aprikosenkerne sind kleiner als Mandeln, schmecken leicht holziger und etwas fruchtiger nach Aprikose und sind eine Alternative zu Mandeln. Sie stammen vor allem aus kontrolliert biologischem Landbau mit Herkunft Türkei und werden in Reform-häusern und in Bioläden vertrieben.Dagegen enthielten 4 Proben bittere Aprikosenkerne erhebliche Gehalte an freisetzbarer Blausäure zwischen 1 800 und 2 300 mg / kg.Durch diesen hohen Gehalt an frei-setzbarer Blausäure ist davon aus-zugehen, dass bei Verzehr bereits geringer Mengen dieses Lebensmit-tels eine Blausäure-Zufuhr erfolgt, die deutlich über den nach Einschätzung relevanter internationaler Organisati-onen als unbedenklich anzusehenden täglichen Aufnahmemengen liegen. Bei Verzehr von ca. 15 bis 20 Gramm – dies entspricht ca. 40 Kernen mit ei-nem Durchschnittsgewicht von ca. 0,4 g pro Kern – kann die geringste tödli-che Dosis für eine Person mit 60 kg Körpergewicht erreicht werden.Bei Kindern (16 kg, ca. 4 Jahre) würde dies einer Aufnahme von ca. 4 g oder 10 Kernen entsprechen.Die nach Einschätzung der WHO duld-bare tägliche Aufnahmemenge für einen Erwachsenen ist bereits nach Aufnahme eines Kernes überschrit-ten. Eine besondere Gefahr besteht für Kinder, wenn bittere Aprikosen-kerne ohne Vorsichtsmaßnahmen im Haushalt vorrätig gehalten werden. Bei einem Kind würde der Verzehr ei-nes Kernes den Wert der duldbaren Aufnahmemenge um mehr als das Doppelte überschreiten.Solche Produkte könnten jedoch dann in den Verkehr gebracht werden, wenn sie auf der Packung deutlich sichtbar mit Warnhinweisen versehen werden, die den Verbraucher über die Vermei-dung bestimmter, die Gesundheit be-einträchtigender Wirkungen informie-ren. Weiterhin muss eine Empfehlung

des täglichen Maximal-Verzehrs erfol-gen, jeweils angepasst an den im Pro-dukt enthaltenen Blausäuregehalt.Die zur Untersuchung vorgelegten bitteren Aprikosenkerne waren nicht mit solchen Warnhinweisen bzw. nur in seltenen Fällen mit Verzehrsemp-fehlungen versehen.Der Verzehr von „bitteren“ Aprikosen-kernen wird – zuallererst im Internet – als paramedizinische Maßnahme für die Prävention oder als Heilmittel in der alternativen Krebstherapie pro-pagiert. Die Empfehlungen zielen auf nicht wissenschaftlich anerkannte, therapeutische Wirkungen ab und las-sen die für Lebensmittel anzuwenden-den Sicherheitsaspekte in gefährlicher Weise außer Acht.

Tofu aus dem Einzelhandel mit

ausreichender Haltbarkeitsreserve

Zahlreiche Tofuproben aus dem Ein-zelhandel waren hinsichtlich ihrer mikrobiologischen Qualität und ihrer sensorischen Eigenschaften nicht zu beanstanden, sie wiesen eine ausrei-chende Haltbarkeitsreserve auf.

Fertiggerichtedoch ausdrücklich versichert, dass die Erzeugnisse für Veganer geeig-net seien. In der Speisekarte war die Broccoli-Nuss-Ecke unter der Rubrik Vollwert aufgeführt. Auf der Originalverpackung befand sich die Angabe „geeignet zur ovo-vegeta-rischen Ernährung“. Beide Lebens-mittel enthielten nachweislich vom Hersteller aus keine Bestandteile tierischen Ursprungs bzw. Lacto-se. Für Personen mit extremen Er-nährungsformen wäre es jedoch ratsam, entweder noch genauere Informationen über die im Restau-rant zubereiteten Lebensmittel einzuholen oder Restaurants, die nicht vegane Lebensmittel anbie-ten, zu meiden.

Besondere Ernährungsform

Veganismus – mögliche Folgen

Eine Veganerin (Veganer lehnen aus ethischen Gründen den Verzehr von tierischen Lebensmitteln ab) gab an, dass sie nach dem Verzehr einer Broc-coli-Nuss-Ecke mit Kartoffelstückchen (potato wedges) in einer Studenten-kneipe gesundheitliche Beeinträchti-gungen erlitten habe. Sie vermute-te, dass diese Beeinträchtigungen auf das Vorhandensein von Lactose (Milchzucker) im Essen zurückzufüh-ren wären. Die Bedienung hätte ihr je-

54 Lebensmittelüberwachung BW Teil III: Produktgruppe Lebensmittel

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lichkeit um ein Erzeugnis, das aus Fleischstücken zu einer größeren Einheit zusammengefügt wird, wobei der Gewebeverband der Fleischstücke im Wesentlichen erhalten bleibt. Die Bezeichnung „Schinken“ ist aufgrund der fehlenden weiteren Angaben zur Kenntlichmachung der abweichenden Zusammensetzung zur Irreführung ge-eignet. Die Kenntlichmachung muss in Verbindung mit der Verkehrsbezeich-nung erfolgen.

3 Brötchen mit Schnitzel wurden be-anstandet, da der Panadeanteil des Schnitzels zu hoch war und somit nicht der Verkehrsauffassung der Leitsätze für Fleisch und Fleischerzeugnisse entsprach.

Gefüllte Teigtaschen (Börek) mit Spi-nat oder Schafskäse waren wiederholt ohne Kühlung gelagert und im Inneren mäßig bis stark verschimmelt.

Die meisten Beanstandungen betra-fen wie in den vergangenen Jahren Mängel in der Kennzeichnung, vor al-lem bei importierten asiatischen oder osteuropäischen Produkten.

Zusatzstoffe

Asiatische Trockenfertiggerichte, so genannte Instant-Nudeln mit z. B. Huhngeschmack, wurden verstärkt auf einen Gehalt an Antioxidations-mitteln in den frittierten Nudeln so-wie im der Packung beigefügten Fett untersucht. Nach der Zusatzstoff-Zu-lassungsverordnung sind die Antio-xidationsmittel Butylhydroxyanisol (BHA) und Butylhydroxytoluol (BHT) zugelassen. Antioxidationsmittel ver-längern die Haltbarkeit von Lebensmit-teln, indem sie diese vor schädlichen Auswirkungen der Oxidation, wie Ranzigwerden von Fett und Farbver-änderungen schützen und damit die Lebensmittel vor wertmindernden Ver-änderungen in Aussehen, Geruch und Geschmack schützen. Häufig fehlte die vorgeschriebene Kennzeichnung bzw. Kenntlichmachung der nachge-wiesenen Antioxidationsmittel.

Im Rahmen einer Schwerpunktakti-on wurde der Gehalt an Glutamat in Lebensmitteln aus Chinarestaurants untersucht. Diese hatten wiederholt hohe Gehalte dieses geschmacks-

verstärkernden Stoffes, wobei eine Kenntlichmachung auf der Speisekar-te „mit Geschmacksverstärker“ häufig fehlte. Bei einer Probe war die in der Zusatzstoff-Zulassungsverordnung an-gegebene Höchstmenge von 10 g / kg um mehr als die Hälfte überschritten. Derartige Lebensmittel sind nicht ver-kehrsfähig und dürfen nicht an Ver-braucher abgegeben werden.

Bei Proben aus Handwerks- und Gas-tronomiebetrieben wie beispielswei-se belegte Brötchen aus Bäckereien oder Metzgereien, Menüs und Menü-bestandteile aus Gaststätten, Kanti-nen oder Imbissbuden, fehlte häufig die Kenntlichmachung von Zusatzstof-fen (Geschmacksverstärker, Konser-vierungsstoffe, Farbstoffe).

Weitere Kennzeichnungsmängel wur-den bei Pizzen mit „Schinken“ und bei belegten Brötchen „mit Kochschin-ken“ festgestellt, da „Formfleisch-schinken“ ohne ausreichende Kennt-lichmachung verwendet wurde. Bei einem Formfleischschinkenerzeugnis handelt es sich nach allgemeiner Ver-kehrsauffassung und Herstellerüb-

Verbraucherbeschwerdeproben: Von Fremdkörpern in Sternen bis hin zu kriechenden Käfern

• Eine Probe „Käse-Sterne“ wurde mit Verdacht auf Mäusekot abgegeben. Es handelte sich jedoch um fleisch-artige dunkelweinrote Fasern. Die ursprüngliche Bezeichnung des Produktes lautete: Cheese und Bacon Stars.

• Bei einem Käsebrötchen und einem Brot derselben Bäckerei waren auf der Unterseite Insektenbestandteile identifizierbar.

• Eine italienische Hackfleischsoße im Glas enthielt einen etwa 2 cm großen „gummiartigen“ Bestandteil, der als Blutgefäßwand identifiziert werden konnte. Dies lässt auf eine schlechte Rohstoffauswahl schließen.

• In einer Lasagneprobe war ein Milchzahn enthalten (siehe Foto).

• Eine Beschwerdeprobe Gemüsefrikadellen war aufgrund eines schwarzen, sehr harten, scharfkantigen und kunststoffartigen Fremdkörpers als gesundheitsschädlich zu beurteilen (siehe Foto).

• Dürüm (gerollter Döner) aus einem Schnellimbiss wies einen muffigen Geruch und Schimmelbefall am Teig auf.

• Eine Pizza aus einem Schnellimbiss wurde vom Verbraucher wegen eines „hervorkriechenden Käfers“ als Beschwerde abgegeben. Es handelte sich dabei jedoch um Pflanzenfasern.

Fertiggerichte Jahresbericht 2006 55

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wie „zur diätetischen Behandlung von Arthritis und Arthro-se“ oder: „bei beanspruchten bzw. abgenutzten Gelenken und Knorpeln“ zur Beurteilung vor. Die Wirksamkeit derartiger Produkte soll laut Herstel-lerangaben auf der Zufuhr von Kollagen-Hydrolysat, Glucosamin(sulfat) oder Chondroitin(sulfat) sowie von Methylsulfonylmethan beruhen.

Ob bei Arthrosebeschwerden der Gelenke ein medizinisch bedingter Nährstoffbedarf im Sinne der Diätverordnung vorliegt, muss als sehr fraglich beurteilt werden. Von einer wissenschaftlich hinreichend gesicherten positiven Wirkung kann derzeit nicht ausgegangen werden. Die Funktionalität von Knochen und Gelenken ist an eine adäquate Nährstoff-zufuhr gebunden. Für die „Ernährung“ der Knochen und Gelenke ist wie für den gesamten übrigen menschlichen Organismus eine ausreichende Zufuhr von Wasser, Eiweiß, Kohlenhydraten, Fetten, essenziellen Fettsäuren, Mineral-stoffen, Spurenelementen und Vitaminen erforderlich.

Darüber hinaus besteht keine allgemeine Verkehrsauffas-sung, dass Glucosamin, Chondroitin oder Methylsulfonyl-methan überwiegend wegen ihres Nähr-, Geruchs- oder Geschmackswertes oder als Genussmittel verwendet werden. Diese Stoffe werden auch üblicherweise weder selbst als Lebensmittel verzehrt noch als charakteristische Zutaten eines Lebensmittels verwendet. In isolierter oder angereicherter Form handelt es sich um zulassungspflichti-ge Zusatzstoffe. Eine lebensmittelrechtliche Zulassung für bilanzierte Diäten besteht jedoch derzeit nicht. Daher sind derartig zusammengesetzte Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (Bilanzierte Diäten) nicht verkehrs-fähig.

Diätetische Lebensmittel, Säuglingsnahrung und Sportler nahrung

Diätetische Lebensmittel

Vorbeugung oder / und eine günstige Beeinflussung bestehender ernährungsbedingter

Erkrankungen durch eine diätetische Behandlung ist vielfach möglich. Ob jedoch einzelne

Stoffe bzw. Stoffgemische wie „Zimt“ bei Diabetes oder Kollagen-Hydrolysate bei

degenerativen Gelenkerkrankungen wie Arthrose hilfreich sind, ist mehr als fraglich …

„Zimt gegen Zucker“

Für Diabetiker angebotene Zimtkapseln mit Hinweisen auf eine „blutzuckerregulierende“ Wirkung wurden nicht mehr als Lebensmittel sondern als Arzneimittel eingestuft. Der in den Kapseln enthaltene Zimt wurde auch auf Cuma-rin untersucht, ein Erzeugnis wurde wegen des überhöh-ten Cumaringehalts als „gesundheitsschädlich“ beurteilt (Weitere Ergebnisse zu Cumarin siehe Kapitel Getreide, Backwaren,Teigwaren und Kapitel Nahrungsergänzungs-mittel).

Diabetiker-Lebensmittel offen im Angebot?

Diätetische Lebensmittel einschließlich Diabetiker-Lebens-mittel dürfen nur in Fertigpackungen in den Verkehr ge-bracht. Der Sinn dieser Regelung besteht darin, dass die Verwechslungsgefahr mit „normalen“ Lebensmitteln mög-lichst gering gehalten wird und dass Diabetiker die für sie wichtigen Informationen (z. B. Gehalt an Zucker, verwert-baren Kohlenhydraten, Broteinheiten) der Kennzeichnung entnehmen können. Ausnahmen von der Fertigpackungs-pflicht bestehen für Diabetiker-Lebensmittel nur, wenn sie an Ort und Stelle verzehrt werden (z. B. Eis in der Waffel, Diabetiker-Kuchen im Café) sowie für Diabetiker-Backwa-ren. Besonders um die Weihnachts- und Osterzeit werden andere Diabetiker-Lebensmittel wie Pralinen, Schokoladen-waren, Dauergebäck in der offenen Angebotsform ange-troffen – dies ist jedoch aus den beschriebenen Gründen nicht zulässig.

Bilanzierte Diäten bei degenerativen Gelenkerkran-

kungen wie Arthrose

Gemäß der Definition in der Diätverordnung dienen Le-bensmittel für besondere medizinische Zwecke (Bilanzierte Diäten) der Deckung eines medizinisch bedingten spezifi-

schen Nährstoffbedarfs. Es erfolgt jedoch keine Therapie mit einem gegen die Krankheitsursache gerichteten Heil-mittel. Dennoch werden immer wieder Erzeugnisse in den Verkehr gebracht, die dem Verbraucher laut Kennzeichnung eine Heilwirkung suggerieren.

Degenerative Gelenkerkrankungen bzw. -verschleiß wie Arthrose stellen eine häufige gesundheitliche Beeinträch-tigung der Bevölkerung dar. Neben einer Vielzahl von Nah-rungsergänzungsmitteln zur Vorbeugung lagen 2006 auch ergänzende bilanzierte Diäten mit Anwendungsgebieten

56 Lebensmittelüberwachung BW Teil III: Produktgruppe Lebensmittel

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Diätetische Lebensmittel, Säuglingsnahrung und Sportler nahrung

Diätetische Lebensmittel für Säuglinge und Kleinkinder

Da diese Erzeugnisse für eine besonders empfindliche Ver-brauchergruppe bestimmt sind, werden sie regelmäßig auf eine Vielzahl von Inhaltstoffen und Kontaminanten unter-sucht. Beanstandungen der Zusammensetzung waren er-freulicherweise selten, gelegentlich waren kleinere Mängel v. a. bei der Nährwert-Kennzeichnung feststellbar.

Eisengehalte in fleischhaltiger Beikost

Fleisch ist nach der Einführung von Beikost eine der wich-tigsten Kostkomponenten für die Eisenversorgung von Säuglingen und Kleinkindern. Entsprechend der rechtlichen Vorgaben der Diät-Verordnung müssen derartige Erzeug-nisse mindestens einen Fleischanteil von 8 % (ca. 15 g pro 190-g-Mahlzeit) enthalten, ein Mindest-Eisengehalt ist da-gegen nicht vorgeschrieben. Die festgestellten Eisengehal-te in diesen Produkten betrugen 0,2 – 1,2 mg / Mahlzeit, die von der Deutschen, Schweizerischen und Österreichischen Gesellschaften für Ernährung (DACH) empfohlene Tages-zufuhr für Säuglinge im Alter von 4 – 12 Monaten beträgt 8 mg. Die untersuchten Mahlzeiten lieferten demnach nur 2,5 – 15 % des Tagesbedarfs an Eisen. Die Festlegung eines Mindest-Eisengehaltes für derartige Erzeugnisse ist daher wünschenswert.

Isoflavongehalte in Säuglingsnahrung auf Sojabasis

Sojaproteine enthalten Isoflavone, sekundäre Pflanzenin-haltsstoffe mit östrogener Wirksamkeit – wenn auch in weit geringerem Maße als die menschlichen Sexualhormone. In der wissenschaftlichen Literatur finden sich Hinweise auf mögliche unerwünschte Einflüsse auf den Hormonsta-tus bei Säuglingen, die mit Formulanahrung auf Basis von

Sojaeiweiß ernährt wurden. Die festgestellten Gehalte an Isoflavonen von in Deutschland angebotener Säuglingsnah-rung lagen zwischen 10 und 18 mg je 100 g entsprechend einer täglichen Aufnahmemenge von 10 – 18 mg. Die der-zeit auf dem Markt befindlichen Produkte stellen bilanzierte Diäten dar und sind diesbezüglich als sicher anzusehen. Das bedeutet gleichzeitig auch, dass sie nur mit begründe-ter Indikation (z. B. seltene angeborene Laktoseintoleranz, Galaktosämie) und „unter ärztlicher Aufsicht“ verwendet werden sollen.

Sportlernahrung

Die Werbung für „Sportlergetränke“ ist breit gefächert – sie reicht von moderaten Werbeaussagen mit „sporti-vem Touch“ (z. B. Sport-Schorle, Alles was Du beim Sport brauchst) bis hin zu Getränken, die für Leistungssportler extra ausgewiesen sind (z. B. Isotonischer Marathon-Drink). Die Unterschiede in der Zusammensetzung sind vergleichs-weise gering: die Zuckergehalte liegen zwischen 40 und 90 g pro Liter und die meisten sind mit einer ganzen Rei-he von B-Vitaminen einige noch zusätzlich mit Calcium, Magnesium und Kalium angereichert. Dagegen wird der wichtige Mineralstoff Natrium – wegen der Schweißver-luste – nur bei einigen Erzeugnissen berücksichtigt. Die meisten Sportlergetränke sind isoton bis leicht hypoton, d. h. sie werden rasch resorbiert, weil das Getränk in etwa die gleiche „gelöste Menge an Teilchen“ besitzt wie das Blutplasma. Für die meisten Anwendungen im Freizeit-sport-Bereich können alternativ Mineralwasser oder ver-dünnte Fruchtsaftschorlen als rascher Flüssigkeitsersatz verwendet werden. Lediglich im Leistungssportbereich z. B. bei extremen Langzeit-Ausdauersportarten oder beim „Gewichtmachen durch Flüssigkeitsentzug“ bei bestimm-ten Kampfsportarten kann ein speziell konzipiertes Getränk für den dann zwingend erforderlichen raschen Flüssigkeits-ersatz sorgen.

Diätetische Lebensmittel, Säuglings-, Sportlernahrung Jahresbericht 2006 57

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Das BVL nimmt die Anzeigen nur entgegen, führt aber selbst keinerlei Überprüfungen durch. Es informiert le-diglich die für den Hersteller / Vertrei-ber zuständigen Bundesländer über den Inhalt der Anzeigen, damit von dort aus gegebenenfalls eine Über-prüfung der Produkte vorgenommen werden kann.Der Inhalt der Anzeigen spricht dafür,

dass vielen Firmen die lebensmittelrechtlichen Vorschrif-ten nicht ausreichend bekannt sind und ihnen nicht klar ist, wann ein Produkt als Arzneimittel und wann als Le-bensmittel anzusehen ist. Etliche angezeigte „Nahrungs-

ergänzungsmittel“ waren nämlich wegen den ausgelobten Wirkungen als Arzneimittel

nach Bezeichnung, in Einzelfällen so-gar wegen der Zusammensetzung

als Arzneimittel nach Funktion einzustufen. Obwohl den Firmen bekannt ist, dass ihre Anzeigen an die Lebensmittelüberwachung weitergeleitet werden, waren

ihnen überraschend oft unzu-lässige Werbeaussagen oder un-

serer Auffassung nach unzulässige Zutaten zu entnehmen. Z. B. werden

isolierte oder stark angereicherte sekun-däre Pflanzenstoffe oder aus tierischem Mate-

rial gewonnene Stoffe wie Glucosamine, Chondroitin oder Methylsulfonylmethan verwendet, die u. E. bei Nahrungs-ergänzungsmitteln nicht zulässig sind. Bei diesen Stoffen handelt es sich nicht um Nährstoffe oder charakteristische Lebensmittelzutaten. Sie müssten daher erst lebensmit-telrechtlich zugelassen werden, weil sie den Zusatzstoffen gleichgestellt sind. Allerdings sind derzeit zur Frage der Gleichstellung bestimmter Stoffe mit Lebensmittelzusatz-stoffen noch einige Gerichtsverfahren anhängig, weil vom BVL gegen anderslautende höchstrichterliche Urteile Re-vision eingelegt wurde. Es bleibt also abzuwarten, wie die nächste Instanz entscheidet.Von der Flut angezeigter Produkte aus Baden-Württemberg konnte aus Kapazitätsgründen erst ein kleiner Prozentsatz überprüft werden. Schon die Probenahme gestaltete sich in einigen Fällen recht schwierig. So waren bei den angege-benen Adressen die Produkte nicht immer verfügbar oder selbst bei mehrfachem Versuchen war niemand erreichbar. Einige Nahrungsergänzungsmittel waren auch schon relativ bald nach ihrer Anzeige nicht mehr im Handel.

Nahrungsergänzungsmittel

Von 366 Proben waren 175 zu beanstanden (48 %). Wie schon seit vielen

Jahren betrafen die meisten Beanstandungen irreführende Angaben

(etwa 30 % aller Proben) und Kennzeichnungsmängel (etwa 30 % aller

Proben). Verhältnismäßig oft wurde auch festgestellt, dass nicht zugelas-

sene Zusatzstoffe wie z. B. stark angereicherte sekundäre Pflanzenstoffe

verwendet wurden (11 % der Proben).

Bei immerhin 4 % der untersuchten, als „Nahrungsergänzungsmittel“

bezeichneten Proben handelte es sich aufgrund der Zusammensetzung

oder Aufmachung nicht um Lebensmittel, sondern um Arzneimittel.

Internethandel – ein rechtsfreier Raum?

Fast alle Nahrungsergänzungsmittel sind heute auch über den Internethandel beziehbar. Hierbei ist mitunter das Er-zeugnis in seiner originalen Verpackung lebensmittelrecht-lich nicht zu beanstanden, während die Bewerbung auf den zugehörigen Internetseiten – teilweise grob – irreführend ist.Folgt man den Aussagen der Werbung – besonders im Internet – bietet die Pro-duktgruppe der Nahrungsergänzungs-mittel für jeden Verbraucherwunsch das passende „Mittelchen“. Ob gegen Alterung, Fettpölsterchen, Gelenkbe-schwerden oder Herzinfarkt – mithilfe dieser Präparate soll den unliebsamen Begleiterscheinungen des Lebens an-geblich beizukommen sein.Die Anpreisungen sollten unbedingt kritisch betrachtet werden. Je verlockender sie klingen, umso mehr Vorsicht ist geboten. In vielen Fällen werden Gesundheitsgefahren verschwiegen, oft ist auch nur das Geld weg – ohne die versprochenen Wirkungen. Auf die Ku-lanz unbekannter Internetanbieter sollte man besser nicht hoffen. Selbst berechtigte Reklamationen laufen häufig ins Leere, weil die im Internet angegebene Adresse nicht (mehr?) existiert oder die Ansprüche in fernen Ländern durchgesetzt werden müssten.

Erfahrungen mit dem Anzeigeverfahren für Nahrungsergänzungsmittel

Mit der Nahrungsergänzungsmittel-Verordnung (NEMV) vom Mai 2004 wurde für Nahrungsergänzungsmittel ein Anzeigeverfahren eingeführt. Spätestens beim ersten In-verkehrbringen müssen sie nun beim Bundesamt für Ver-braucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) unter Vor-lage eines Etikettenmusters angezeigt werden. Obwohl die Übergangsregelungen noch bis November 2005 liefen, wurden schon damals einige Produkte beim BVL angezeigt. Im Jahr 2006 kam es dann zu einer Anzeigenflut, die bisher noch nicht abgeebbt ist.

58 Lebensmittelüberwachung BW Teil III: Produktgruppe Lebensmittel

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Cumaringehalt von Zimtkapseln

Die Ergebnisse von Humanstudien deuten darauf hin, dass durch den Verzehr von mehreren Gramm Cassia-Zimtpul-ver bzw. -Zimtextrakt pro Tag der Blutzuckerspiegel von Diabetikern günstig beeinflusst werden kann, allerdings sind weitere Studien zur Absicherung erforderlich. Dennoch bringen etliche Firmen nun „Zimtkapseln“ zur Senkung des Blutzuckers als „Nahrungsergänzungsmittel“ für Dia-betiker in den Verkehr. Mit dieser Zweckbestimmung sind Zimtkapseln jedoch nach einhelliger Auffassung des Bun-desinstitut für Risikobewertung (BfR) und des Bundesins-tituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) keine Lebensmittel mehr, sondern Arzneimittel. Sie dürfen dann nicht als „Nahrungsergänzungsmittel“ oder „diätetische Lebensmittel“ vertrieben werden.Mit den „Zimtkapseln“ werden täglich Gramm-Mengen von Zimt (oder die entsprechende Menge Zimtextrakt) ver-zehrt, das ist erheblich mehr, als durch mit Zimt gewürzte Lebensmittel aufgenommen wird. Es ist ferner bekannt, dass Cassia-Zimt im Gegensatz zum Ceylon-Zimt sehr hohe Gehalte an Cumarin, einem toxikologisch problematischen Inhaltsstoff, aufweist. Um die Cumarin-Belastung der Ver-braucher durch die „Zimtkapseln“ festzustellen, wurde ihr Cumaringehalt überprüft. Erwartungsgemäß enthielten vie-le Kapseln Cassia-Zimtpulver, daher waren die gefundenen Cumarinmengen bezogen auf die Tagesverzehrsmengen entsprechend hoch. Die Proben, die wässrigen Zimtextrakt enthielten, wiesen dagegen nur geringe Cumaringehalte auf.

Da bei Zimtpräparaten mit einem Verzehr über einen länge-ren Zeitraum gerechnet werden muss, wurden die beiden Proben, bei denen der TDI zu über 100 % ausgeschöpft war, als gesundheitsschädlich beurteilt. Die zwei cumarin-freien Proben enthielten wahrscheinlich Ceylon-Zimt; bei Ceylon-Zimt ist die blutzuckersenkende Wirkung allerdings sehr fraglich.(Weitere Ergebnisse zu Cumarin siehe auch Kapitel III, Ge-treide, Backwaren, Teigwaren)

Tabelle: Belastung des Verbrauchers mit Cumarin beim Verzehr von Zimtkapseln

Lachsöl – wirklich vom Lachs?

Wie bereits im Vorjahr wurden als „Lachsöl“ bezeichnete Proben auf die Identität des enthaltenen Fischöls geprüft. Nur 2 von 13 Proben wiesen das charakteristische Fettsäu-remuster von Lachsen auf. Verschiedene Rohstoffzertifikate belegen, dass es sich bei den im Zutatenverzeichnis deklarierten „Lachsölen“ oder „Lachsölkonzentraten“ um Öl von Fischen aus der Ordnung Salmoni formes („Lachsfische“) oder um Öl des Capelin (Mallotus villosus) handelt. Die Standardisierung auf den gewünschten Omega-3-Fettsäuregehalt erfolgt durch Kaltfiltration und durch Zusatz von Fischölen der Gattung Oncorrhynchus.Welcher Fisch ist aus Sicht des Verbrauchers nun ein „Lachs“? Alle Recherchen zu dem Begriff – ob er traditio-nell, umgangssprachlich, küchentechnisch, wissenschaft-lich oder handelsrechtlich verstanden wird, ergaben, dass im allgemeinen Sprachgebrauch ausschließlich Fische der Art Salmo salar und aus der Gattung Oncorrhynchus als „Lachs“ bezeichnet werden. Die Ausdehnung dieses Be-griffes auf die taxonomisch weit entfernte gesamte Ord-nung der „Lachsfische“ Salmoni formes ist nicht berech-tigt.

Algen – Rundumversorgung mit Nährstoffen?

Von 15 Proben, deren Angaben näher überprüft wurden, waren nur 2 nicht zu beanstanden. Die Nährwertgehal-te waren häufig zu hoch angegeben. Zudem wurde ver-schwiegen, dass bei Einhaltung der Verzehrsempfehlung (i. d. R. 3 – 12 Tabletten) der Tagesbedarf an den meisten ge-nannten Nährstoffen nur zu einem unbedeutenden Anteil gedeckt wird. Insbesondere bei Internetangeboten werden in irreführender Weise durch „frisierte“ Maßeinheiten ho-he Zahlenwerte dargestellt und so dem Verbraucher hohe Gehalte suggeriert. Diese Algen enthalten die meisten der beworbenen Nähr-stoffen nicht in so hohen Mengen, dass schon ein Verzehr von wenigen Gramm pro Tag zur Nahrungsergänzung aus-reicht. In vergleichbaren Mengen wie Gemüse verzehrt, könnten sie aber durchaus ein hochwertiger Ernährungs-beitrag sein.

* TDI = Tolerable Daily Intake, tolerierbarer täglicher Aufnahmewert (0,1 mg / kg bezogen auf Körpergewicht 60 kg)

Zimtkapseln AnzahlProben

Cumaringehalt pro Tagesverzehrsmenge in mg

Ausschöpfung des TDI *in %

Gesamt 26mit Zimtpulver 12 0,5 – 4,5 8 – 75mit Zimtextrakt 10 0,1 – 0,5 1 – 8 mit Zimtextrakt 2 – –mit Zimtpulver 1 8,1 140mit Zimtpulver 1 6,4 106

Nahrungsergänzungsmittel Jahresbericht 2006 59

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Funktionelle Lebensmittel

(Functional Food)

Funktionelle Lebensmittel sollen neben ihrem Zweck zu Ernährung

oder Genuss zusätzlich eine präventiv gesundheitsfördernde Wirkung

aufweisen, die auf den Erzeugnissen entsprechend beworben wird.

ACE-Getränke mit und ohne Ballaststoffe

Unter ACE-Getränken werden Erfri-schungsgetränke auf Basis von Mehr-fruchtsäften verstanden, die mit den Vitaminen A (in Form des Provitamins β-Carotin), C und E angereichert wer-den. Dieser Mix aus den antioxidativ wirkenden Vitaminen ist ebenfalls zur Unterstützung der Abwehrkräfte ge-dacht. Auch bei dieser Produktgruppe ist festzustellen, dass sie fast keine Werbeaussagen mehr aufweist. Die Vitamingehalte waren in den meisten Fällen korrekt deklariert, die β-Caro-tin-Gehalte der untersuchten Proben lagen zwischen 0,4 und 2,7 mg pro 100 ml und lagen durchschnittlich bei 1,3 mg pro 100 ml. Die Gehalte sind gegenüber den Vorjahren unverändert. ACE-Getränke können somit einen be-deutsamen Anteil an der Gesamt-Auf-nahme an β-Carotin liefern, bei Verzehr von 500 ml pro Tag bis zu 12 mg.Bei mit Ballaststoffen angereicherten Getränken sind gelegentlich die Nähr-wertangaben ein Problem: Die Menge an Ballaststoffen, die in der üblichen Verzehrsportion oder der empfohlenen Tagesverzehrsmenge des Getränks enthalten ist, sollte einen wesent-lichen Beitrag (mindestens 3 g) zur empfohlenen Gesamt-Ballaststoffzu-fuhr (30 g) leisten. Die Kennzeichnung und Werbung sollte so erfolgen, dass der Verbraucher den Beitrag eindeu-tig erkennen kann. Auch nach der seit Januar 2007 in Kraft getretenen „EG-Verordnung über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel“ ist künftig vorgesehen, dass Lebensmittel als eine „Ballast-stoffquelle“ beworben werden dürfen, wenn sie mindestens 3 g Ballaststof-fe je 100 g oder mindestens 1,5 g Ballaststoffe je 100 kcal enthalten, vorausgesetzt, das Lebensmittel ent-spricht auch den übrigen Anforderun-gen der Verordnung z. B. hinsichtlich des Nährwertprofils.

Probiotische Lebensmittel

Probiotische Lebensmittel werden meist in Form von Milcherzeugnissen angeboten und enthalten spezifische Mikroorganismen, die einen günsti-gen Einfluss auf die Darmflora haben sollen. Ein solcher probiotischer Efekt ist nur dann zu erwarten, wenn die Erzeugnisse regelmäßig – möglichst täglich – verzehrt werden. Ein solcher Hinweis auf den „regelmäßigen Ver-zehr“ findet sich mittlerweile auf fast allen Produkten.Auffällig ist, dass die Werbeaussagen von Jahr zu Jahr moderater werden z. B. „kann bei regelmäßigem Verzehr die natürlichen Abwehrkräfte unter-stützen“ bis dahin, dass gar keine Werbeaussagen mehr gemacht wer-den und nur noch auf einen „probi-otischen“ Mikroorganismus hinge-wiesen wird. Gelegentlich werden auch die verwendeten probiotischen Stämme gar nicht mehr genannt. Of-fensichtlich sind die „Probiotika“ beim Verbraucher mittlerweile so gut etab-liert, dass die Hersteller die Wirkungen gar nicht mehr ausloben müssen – die Produkte werden trotzdem gekauft!

Taurin – ein Stoff zur Steigerung der mentalen Leistungsfähigkeit ?

Taurin wird in verschiedenen Lebens-mitteln z. B. Getränken, Süßwaren meist in Kombination mit Coffein, Glucuronolacton und Inositol verwen-det. Es soll die Konzentrations- und Reaktionsfähigkeit oder die sportliche Leistungsfähigkeit steigern. Taurin = Aminoethylsulfansäure wird u. a. ei-ne Funktion bei der Entwicklung des Nervensystems zugeschrieben und es wird in der wissenschaftlichen Litera-tur diskutiert, ob Taurin an der Reiz-leitung als Neurotransmitter beteiligt ist. Gut kontrollierte Studien bezüglich der Wirkungen auf die sportliche Leis-tung oder das Konzentrationsvermö-gen sind bislang allerdings nicht be-kannt. Möglicherweise ist Taurin für Frühgeborene und Säuglinge essen-ziell. Taurin darf Lebensmitteln als ge-schmacksbeeinflussender Zusatzstoff bis zu einer Menge von 300 mg / kg zugesetzt werden. Die Verwendung von Taurin für „ernährungsphysiolo-gische Zwecke“ ist in Deutschland ausschließlich für diätetische Lebens-mittel erlaubt, nicht dagegen für Le-bensmittel des Allgemeinverzehrs. Für den Einsatz in Erfrischungsgetränken (z. B. Energy-Drinks) existieren einige Allgemeinverfügungen und Ausnah-megenehmigungen. Die üblichen Ein-satzkonzentrationen in diesen Geträn-ken liegen zwischen 70 und 4 000 mg pro Liter. Werbeaussagen, die sich auf den Inhaltsstoff Taurin beziehen und beim Erwachsenen „mehr Fitness, Leistungssteigerung etc.“ in Aussicht stellen, werden als „wissenschaftlich nicht hinreichend gesichert“ und da-her irreführend beurteilt.

60 Lebensmittelüberwachung BW Teil III: Produktgruppe Lebensmittel

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Neuartige Lebensmittel

(Novel Food)

tisches Mittel zur Zahnpfl ege nach objektiven Maßstäben nicht gegeben. Ebenso konstruiert erschien der Einsatz dieser Tabletten zur Herstellung von Hautkosmetik. Auf-grund der süßstofftypischen Darreichungsform war davon auszugehen, dass das Produkt auch zu diesem Zweck ver-wendet werden sollte.

Neuartige Lebensmittel als Zutaten in Nahrungsergänzungsmitteln

2 Nahrungsergänzungsmittel enthielten Clinoptilolith-Zeolith. Clinoptilolith ist ein natürlich vorkommendes Silikat, das der Zufuhr von Mineralstoffen dienen soll. Für Clinop-tilolith liegt der EU-Kommission ein Antrag aus dem Verei-nigten Königreich auf Inverkehrbringen als Nahrungsergän-zungsmittel vor, über ihn wurde noch nicht entschieden. Die für die Erstprüfung zuständigen britischen Behörden vertreten derzeit jedoch die Auffassung, dass die Sicherheit des Verzehrs von „Clinoptilolith“ nicht ausreichend belegt wurde und somit eine Zulassung als neuartiges Lebens-mittel noch nicht erfolgen kann.Interessanterweise sollen andere, gleichartige Produkte da-zu dienen, Schwermetalle im Körper zu binden (dies stellt ohnehin eher einen arzneilichen als einen Ernährungszweck dar). Sie sind ebenfalls nicht legal auf dem Markt.

Zulassungen und Notifi zierungen im Jahr 2006

Im Berichtszeitraum wurden von der EU sechs Zulassungsanträge für neuartige Lebensmittel im Sinne der Verordnung der EU Nr. 258 / 97 von 1997 genehmigt: Roggenbrot mit Zusatz von Phytosterinen, Di-acylglyceridöl pfl anzlichen Ursprungs zur Verwendung in verschiede-nen Lebensmitteln, Lycopin aus Blakeslea trispora zur Verwendung in verschiedenen Lebensmitteln, Rapsöl und Maiskeimöl jeweils mit hohem Anteil an unverseifbaren Bestandteilen zur Verwendung in Nahrungsergänzungsmitteln.

Notifi zierungen betrafen 34-mal mit Phytosterinen angereicherte ver-schiedene Lebensmitteln, 8 Nonisäfte, ein Arganöl und einmal Asta-xanthin aus Haematococcus pluvialis (Blutregenalge aus der Klasse der Grünalgen) in Nahrungsergänzungsmitteln.

tisches Mittel zur Zahnpfl ege nach objektiven Maßstäben

Zulassungen und Notifi zierungen im Jahr 2006

Im Berichtszeitraum wurden von der EU sechs Zulassungsanträge für neuartige Lebensmittel im Sinne der Verordnung der EU Nr. 258 / 97 von 1997 genehmigt: Roggenbrot mit Zusatz von Phytosterinen, Di-acylglyceridöl pfl anzlichen Ursprungs zur Verwendung in verschiede-nen Lebensmitteln, Lycopin aus Blakeslea trispora zur Verwendung in verschiedenen Lebensmitteln, Rapsöl und Maiskeimöl jeweils mit hohem Anteil an unverseifbaren Bestandteilen zur Verwendung in

Notifi zierungen betrafen 34-mal mit Phytosterinen angereicherte ver-schiedene Lebensmitteln, 8 Nonisäfte, ein Arganöl und einmal Asta-xanthin aus Haematococcus pluvialis (Blutregenalge aus der Klasse

Neuartige Lebensmittel als Zutaten in Teemischungen

In einigen Teeproben mit zum Teil fantasievollen Bezeich-nungen wurden Zutaten festgestellt, die bisher noch nicht in nennenswertem Umfang zum menschlichen Verzehr dienten und daher als zulassungspfl ichtige neuartige Le-bensmittel zu beurteilen waren. Zu diesen neuartigen Zu-taten zählten z. B. Königskerzenblüten oder Wollblumenblü-ten, (Verbascum densifl orum Bertol.), Birkenblätter (Betula pubescens Ehrh.), Zinnkraut (Equisetum arvense L., syn. Schachtelhalm, Ackerschachtelhalm), Schlüsselblumenblü-ten und -wurzel (Primula offi cinalis (L.) Hill. und Primula veris (L.) Hill) oder Eibischblätter und -wurzel (Althaea of-fi cinalis L.).

Stevia

Der Pfl anze Stevia rebaudiana Bertoni (Süßkraut, Süßblatt, Honigkraut) wurde die Zulassung als Neuartiges Lebens-mittel im Jahr 2000 von der EU verweigert. Trotzdem gibt es immer wieder Versuche, steviahaltige Produkte zu ver-markten. So wurden im Jahr 2006 Tabletten in einer für Süßstoff-produkte typischen Form und Größe in einer ebenso ty-pischen Kunststoffdose mit Dosierspender in den Verkehr gebracht. In der Kennzeichnung wurde darauf hingewiesen, dass nach den EU-Bestimmungen Stevia als Lebensmittel nicht zugelassen sei. Nach mündlichen Angaben bei der Probenahme sollte das Produkt ein Mittel zum Zähneput-zen und zur Herstellung von Haut- und Dentalkosmetik sein. Da die Tabletten jedoch süß schmeckten und sich mit Flüssigkeit wie Speichel sprudelnd aufl östen und zudem keinen Putzkörper enthielten, war eine Eignung als kosme-

Funktionelle Lebensmittel / Neuartige Lebensmittel Jahresbericht 2006 61

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Der Hauptbestandteil „Kulturextrakt von Natto“ eines Nahrungsergänzungsmittels wurde ebenfalls als nicht zu-gelassene neuartige Lebensmittelzutat eingestuft. Natto selbst ist ein japanisches Lebensmittel aus fermentierten Sojabohnen, welches in der EU bereits eine Verbrauchs-geschichte vor 1997 hat und daher auch nicht neuartig ist. Dagegen handelt es sich bei dem untersuchten Produkt „Natto-Extrakt“ um ein gereinigtes Kulturfiltrat von Ba-cillus subtilis natto. Aus den von der Firma eingereichten Unterlagen war zu entnehmen, dass dieser Extrakt durch das darin aufkonzentrierte Protein Nattokinase u. a. eine Minderung des Thromboserisikos sowie Verbesserungen bei Kopfschmerzen, Nackensteifigkeit und Schwindelgefühl bewirken soll. Diese Zweckbestimmung ist eher die eines Arzneimittels und nicht die eines Lebensmittels. Je eine Probe „100 % Fulvinsäure“ und „100 % Humin-

säure-Konzentrat“ waren als Nahrungsergänzungsmittel aufgemacht. Bei beiden Stoffen handelt es sich um hoch-molekulare chemische Verbindungen, die beim Abbau von biologischem Material gebildet werden. Laut Hersteller sind die „Fulvinsäure- und Huminsäure-Komplexe das feh-lende Glied in der Nahrungskette, fördert der wundervolle Zellnährstoffkomplex die Zellgesundheit und wirkt Alte-rungsprozessen entgegen, transportiert er lebenswichtige Nährstoffe und Mineralien direkt in jede Zelle des Körpers.“ Sie wurden als nicht zugelassene neuartige Lebensmittel beurteilt, sofern der Verantwortliche keinen Nachweis er-bringen kann, dass sie vor Mai 1997 in nennenswertem Umfang in der EU für den menschlichen Verzehr verwen-det wurden.

Noni-Saft – kein „Wunder der Natur“

Insgesamt wurden 6 Proben untersucht und wegen irrefüh-render Bewerbung beanstandet. Wie auch in den Vorjahren wird Nonisaft mit Heilversprechen in den Verkehr gebracht, die einer wissenschaftlichen Grundlage entbehren.Ein Hersteller in Baden-Wuerttemberg stellt Nonisaftge-tränke in mehreren „Geschmacksrichtungen“ her. Zuge-setzt werden je nach Produkt Vitamine, Ballaststoffe, Mine-ralstoffe, enzymhaltige und koffeinhaltige Pflanzenextrakte, Taurin und / oder Glutaminsäure. 5 dieser Getränke wur-den analysiert und unter Einbeziehung der Kennzeichnung, Rezeptur und Herstellungsprotokoll samt umfangreichem Werbematerial bewertet. Abgesehen von falschen Vitamin- und Mineralstoffangaben, Verwechslung der Maßeinheiten „µg“ und „mg“, unvollständigem Zutatenverzeichnis, nicht korrekten Nährwertangaben etc. waren Teile der Kennzeich-nung auch noch schlecht lesbar. Rezepturen und Produk-tionsdaten waren mit der Probenzusammensetzung nicht in Einklang zu bringen. Schließlich war auch noch die irre-führende Werbung zu beanstanden.

62 Lebensmittelüberwachung BW Teil III: Produktgruppe Lebensmittel

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Was bedeutet dies konkret für den

Verbraucher?

Die in den Medien angeführten Gehalte in Süßwa-

ren im Bereich von 10 – 50 mg Aluminium / kg Pro-

dukt würden bei täglichem Verzehr dieser Produkte

bei dem empfi ndlichsten Verbraucherkreis Kinder

eine Verzehrsmenge von 40 – 200 g bei vierjährigen

Kindern bedeuten – eine nicht unbedingt realisti-

sche tägliche Verzehrsmenge. Gefährdeter könn-

ten Säuglinge sein, denen bei Milcheiweißallergie

Milchersatzpräparate auf Sojabasis mit Calciumzu-

satz die nahezu alleinige Nahrung ausmachen. Ers-

te Ergebnisse würden bei bestimmungsgemäßer

Anwendung eine Ausschöpfung der tolerierbaren

Aufnahmemenge von über 50 % bedeuten. Unklar

ist allerdings, welcher Anteil der in den Lebensmit-

teln bestimmten Aluminiumgehalte tatsächlich vom

Körper aufgenommen wird. Sowohl die JECFA als

auch das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR)

haben sich hierzu noch nicht konkret geäußert. An-

gesichts der Diskussion in der Öffentlichkeit sind

jedoch diese Daten dringend erforderlich, um die

tatsächliche Gefährdung bestimmter Verbraucher-

gruppen abschätzen zu können.

Zusatzstoffe und Aromastoffe

Zusatzstoffe

Zusatzstoffe dürfen Lebensmitteln nur zugesetzt werden, wenn sie dafür ausdrück-

lich zugelassen sind. Die Zulassung beinhaltet eine toxikologische Bewertung.

Aluminium – sind Zusatzstoffe die Quelle für erhöhte Gehalte in Lebensmitteln?

Das Joint FAO/WHO Expert Committee on Food Addi-

tives (JECFA) legte im Juni 2006 die tolerierbare wö-

chentliche Aufnahmemenge für Aluminium neu auf

1 mg pro Kilogramm Körpergewicht fest. Die Betrach-

tung der JECFA gilt jedoch nicht nur für Zusatzstoffe,

sondern die gesamte Nahrung. Warum?

In einem Übersichtsartikel nennt der Bundesverband der Lebensmittelchemiker im öffentlichen Dienst (www.lebens-

mittel.org/lmmit297/alu.htm ) mögliche Quellen für die Aluminiumzufuhr durch Lebensmittel: Neben natürlich be-dingten Gehalten wie in Tee, sind auch Kontaminationen durch aluminiumhaltige Gegenstände mit Lebensmittelkon-takt (Gärtanks, Backbleche) aber auch Zusatzstoffe mög-lich. Als Beispiel hierfür werden aluminiumphosphathaltige Backpulver genannt. Weitere mögliche Aluminiumquellen, die der Artikel nicht erwähnt, sind Arzneimittel gegen den übersäuerten Magen (Antacida), Zahncremes mit blutstil-lender Wirkung und haushaltsübliche aluminiumhaltige Kü-chengeräte wie Kochtöpfe, Metallbecher und -schüsseln oder Bestecke.

Von den zugelassenen Zusatzstoffen kommen als

Aluminiumquellen infrage:

• Aluminiumsulfate (E 520-523): Diese sind zugelassen gegen Verfärben vom technologischen Grundstoff Eiklar, wobei dessen Anteil an der täglichen Nahrung gering ist und damit die Aufnahme entsprechend gering. Ferner sind diese Zusatzstoffe auch für kandierte Früchte zu-gelassen, die jedoch ebenfalls nur einen verschwindend geringen Anteil an der täglichen Nahrung ausmachen.

• Saures Aluminiumphosphat (E 541) wird in Backpulvern v. a. im englischen Raum eingesetzt. Hierbei handelt es sich um eine lösliche Verbindung, die bis zu 1 mg Al / kg Backware liefern kann. Hier gibt es genügend Alternati-ven, der Einsatz derartiger Backpulver ist vermeidbar.

• Aluminiumsilikate (E 554-559) sind als Trennmittel und Trägerstoffe zugelassen, jedoch im menschlichen Orga-nismus nahezu unlöslich.

• Aluminium als silberglänzender Farbstoff E 173 ist eben-falls unlöslich.

• Aluminiumlacke von Farbstoffen können durch die Mit-fällung von Aluminiumoxihydraten mit den Farbstoffen lösliches Aluminium enthalten. Bei den üblichen Ein-satzmengen von Farbstoffen und Verzehrsmengen da-mit gefärbter Produkte dürfte die Zufuhr an löslichem Aluminium aber eher gering sein.

• Aluminium als Begleiter von Calciumsalzen (die zur Calci-umanreicherung von Lebensmitteln eingesetzt werden) kann je nach Aluminiumgehalt der Calciumsalze und de-ren Einsatzmenge und Verbraucherkreis einen Beitrag zur Aluminiumversorgung liefern.

Zusatzstoffe, Aromastoffe Jahresbericht 2006 63

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Aromastoffe

Mehr Schein als Sein?

Aromastoffe gewinnen immer mehr Bedeutung bei der Herstellung von

Lebensmitteln. Ihr Einsatz in industriell hergestellten Produkten dient

dazu, geringe Mengen und hohe Preise von Original-Rohstoffen auf dem

Weltmarkt auszugleichen bzw. dem produzierten Lebensmittel mehr Ak-

zeptanz zu verleihen. Je nach Aromaintensität des eingesetzten Stoffes

benötigt man oft nur kleinste Mengen, um einem Produkt die entschei-

dende Note zu verleihen.

Im Berichtsjahr 2006 wurden 15 Aro-mamischungen, die nicht zur Abgabe an den Verbraucher, sondern als Zu-taten zur gewerblichen Lebensmittel-herstellung vorgesehen waren, unter-sucht. Es handelte sich um Aromen zur Erzielung von Geschmacksrichtungen wie Gurke, Granatapfel, Honig, Kaki, Pfirsich, Citrus, Apfel, Orange u. a. Da-bei wurden Zusammensetzung und Kennzeichnung überprüft. Keine Probe gab Anlass zur Beanstandung.

8 Milcherzeugnisse mit Fruchtanteil und ein Aprikosennektar wurden mit-tels enantioselektiver Gaschromato-grafie daraufhin überprüft, ob sie natur-identische Aromastoffe enthalten. Die-ses Verfahren beruht auf der Tatsache, dass manche Aromastoffe, die „natür-lich“, also von der Pflanze produziert werden, ein anderes Verhältnis der Spiegelbildisomeren (Enantiomeren) aufweisen, als die entsprechenden naturidentischen „synthetischen“ Aromastoffe. Bei keiner der Proben fiel ein abweichendes Enantiomeren-verhältnis auf und die Proben waren dementsprechend nicht auffällig.

Eine spezielle Studie zur Aufklä-rung des Fehlaromas „Kunststoffge-schmack“ ergab, dass diese Fehlnote aus dem als Gleitmittel eingesetzten Erucamid entsteht. Diese Verbindung, ein Derivat der ungesättigten Fettsäu-re Erucasäure, neigt zum oxidativen Abbau und es entstehen dabei die für das Fehlaroma verantwortlichen Ver-bindungen 1-Octen-3-on, (E)-2-None-nal, Octanal und γ-Nonalacton.

Aromastoffe müssen drei Bedingun-gen erfüllen, damit sie für die Wahr-nehmung von Lebensmitteln von Bedeutung sind: Sie müssen flüch-tig sein, in ausreichender Menge im Lebensmittel enthalten sein und das geruchssensitive Organ des Men-schen – die Riechschleimhaut in der Nase – muss darauf ansprechen. Dies trifft für zahlreiche Stoffe in Lebens-mitteln zu, die aber bezüglich ihrer Ei-genschaften und der im Lebensmittel vorhandenen Konzentrationen höchst unterschiedlich sein können.Lebensmittelrechtlich gesehen han-delt es sich bei Aromastoffen um Stoffe, die Lebensmitteln zur Erzie-lung eines besonderen Geruchs oder Geschmacks zugesetzt werden. Ein-zelstoffe werden unterteilt in natürli-che, naturidentische und künstliche Aromastoffe. Als weitere Kategorien werden in der Aromenverordnung Aromaextrakte, Reaktionsaromen und Raucharomen genannt.Natürliche Aromastoffe sind solche Stoffe, die in der Natur vorkommen und nicht über chemische Verfahren synthetisiert wurden.Als naturidentisch bezeichnet man sol-che Aromastoffe, die ein Vorbild in der Natur mit der gleichen Molekülstruktur haben, jedoch mittels chemischer Syn-these hergestellt wurden.Künstliche Aromastoffe sind mittels chemischer Synthese hergestellt und kommen nicht in der Natur vor.

Was wird überwacht?

Die amtliche Überwachung von Aro-mastoffen konzentriert sich auf folgen-de Bereiche:

• Konzentrierte Aromastoff-Mischun-gen, die bei der Herstellung von Lebensmitteln eingesetzt werden. Hier müssen gesetzliche Bestim-mungen bezüglich Kennzeichnung oder Zusammensetzung eingehal-ten werden, die in der Aromenver-ordnung niedergelegt sind.

• Aromatisierende Lebensmittel mit toxischen Bestandteilen. Zu die-sen gehören Verbindungen wie Safrol (z. B. in Safran), Thujon (z. B. Absinth) oder Cumarin (z. B. in Zimt-sternen), die in Gewürzen oder Kräuterextrakten enthalten sind. Die maximalen Gehalte dieser to-xischen Inhaltsstoffe im Lebens-mittel sind durch Grenzwerte in der Aromenverordnung festgelegt. Für nähere Informationen über die hierzu im Berichtsjahr durchge-führten Untersuchungen wird auf die entsprechenden Kapitel dieses Jahresberichtes verwiesen (Kräuter und Gewürze, Backwaren, Spirituo-sen).

• Die unzulässige „Veredelung“ von Lebensmitteln mit Aromastoffen. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn Obstprodukte, die laut Kennzeichnung oder aufgrund einer Rechtsvorschrift nur verarbeitetes Obst enthalten dürften, naturiden-

tische Aromastoffe enthalten.• Die Aufklärung von Fehlaromen, die

den betroffenen Lebensmitteln ne-gative Aromaeigenschaften verlei-hen (so genannten off-flavour).

64 Lebensmittelüberwachung BW Teil III: Produktgruppe Lebensmittel

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geplanten Vorschrift auch ein Produkt aus 90 Gew.-% eines alkoholischen Extraktes aus Erdbeeren (z. B. 10 g Erbeeren auf 100 ml Alkohol) und 10 Gew.-% einer Mischung aus natür-lichen Aromastoffen aus beliebiger (auch biosynthetischer) Quelle (z. B. Furaneol, Z-(3)-Hexenal, Zimtsäure-methylester, γ-Decalacton, Vanillin) sein könnte.Falls die geplante Vorschrift wie vor-gesehen in Kraft tritt, wird die kon-sequente Ausschöpfung dieser Re-gelung bei der Herstellung von aro-matisierten Lebensmitteln zu einer Verbrauchertäuschung führen, gegen die vonseiten der Überwachung keine rechtliche Handhabe besteht.

Eine schwere Geburt – die neue EU-Aromenverordnung

Voraussichtlich noch im Laufe des Jahres 2007 werden die die Aromen betreffenden Rechtsvorschriften grundlegende Änderungen erfahren. Eine neue – in allen Mitgliedsstaaten direkt verbindliche – EU-Aromenver-ordnung soll die europäische Aromen-Richtlinie 88 / 388 sowie die deutsche Aromenverordnung ablösen. Eckpunk-te dieser neuen Rechtsvorschrift, die inzwischen schon im dritten Entwurf vorliegt, sind u. a.:

• Die Festschreibung einer Positiv-liste analog dem Zusatzstoffrecht, d. h. zukünftig dürfen Lebensmit-teln nur noch die Aromastoffe zu-gesetzt werden, die in dieser Liste ausdrücklich genannt sind.

• Die „Abschaffung“ der Aromastoff-kategorien „künstlich“ und „natur-identisch“.

• Eine stärkere Risikoorientierung bei der Festlegung von Grenzwerten für toxische Verbindungen aus Lebens-mitteln mit Aromaeigenschaften, d. h. es werden im entsprechen-den Anhang nur noch Lebensmit-tel berücksichtigt, die substanziell zur Belastung mit entsprechenden toxischen Stoffen beitragen; Grenz-werte für „sonstige Lebensmittel“ werden nicht mehr festgelegt.

• Die Neuregelung der Kennzeich-nung natürlicher Aromen.

Insbesondere die beabsichtigte Neu-regelung der Kennzeichnung von na-türlichen Aromen ist vonseiten des Verbraucherschutzes als sehr unbe-friedigend anzusehen:Momentan gilt gemäß der Aromen-verordnung, dass nur solche Aromen als „natürlich“ bezeichnet werden dür-fen, die ausschließlich oder „fast aus-schließlich“ aus der namensgebenden Quelle gewonnen worden sind. In der Praxis bewirkte die Formulierung „fast ausschließlich“, dass dem Hersteller die Möglichkeit zugestanden wird, ein Aroma durch Zusatz von natürlichen Aromastoffen aus anderen Quellen abzurunden, aber nicht zu verstär-ken.

Beispielsweise kann ein „natürliches Erdbeeraroma“ zur Abrundung gerin-ge Anteile natürliches Citrusaroma enthalten, trotzdem darf es aber als natürlich bezeichnet werden.Demgegenüber sieht der neue Ent-wurf vor, dass zukünftig auch solche Aromen als natürlich bezeichnet wer-den dürfen, die neben den authenti-schen, also aus der namensgebenden Frucht stammenden Bestandteilen, zusätzlich 10 Gew.-% aus anderen Quellen enthalten können. Hierdurch wird nur der Gewichtsanteil reglemen-tiert, ohne die in diesem Zusammen-hang entscheidende Eigenschaft Aro-mawirksamkeit zu berücksichtigen. Um bei dem Beispiel zu bleiben, würde dies bedeuten, dass ein „na-türliches Erdbeeraroma“ gemäß der

natürliches Aroma aus der Erdbeere

(mind. 90 Gew.-%)

natürliches Aroma aus der Erdbeere (mind. 90 Gew.-%)

sonstiges beliebiges natürliches Aroma

zur Abrundung, d. h. darf Erdbeeraroma

nicht verstärken (max. 10 Gew.-%)

sonstiges beliebiges natürliches Aroma, d. h. darf Erdbeer-aroma verstärken(max. 10 Gew.-%)

Abb.:Zusammen-setzung eines „natürlichen Erd-beeraromas“

gemäß AromenVO

(bisher)

gemäß Entwurf der EU-AromenVO

(zukünftig)

Zusatzstoffe, Aromastoffe Jahresbericht 2006 65

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Der Verbraucher soll künftig an einem einfachen Logo erkennen, dass ein Sonnenschutzmittel die Mindestwirk-samkeit an UV-A-Schutz einhält.

Die EU-Empfehlungen regeln auch Anwendungshinweise. So sollten Angaben unterbleiben, die geeignet sind, Verbraucher zu exzessivem Son-nenbaden anzuregen. Insbesondere sollten keine Angaben gemacht wer-den, die einen vollständigen Schutz der Produkte vor UV-Strahlen ver-muten lassen wie z. B.: „Sunblock“, „Sun blocker“, „vollständiger Schutz“, „Schutz für den ganzen Tag“ o. Ä.Im Rahmen der Produktbeschreibun-gen sollte grundsätzlich auf die Ge-fahren einer übermäßigen Sonnen-exposition hingewiesen werden. Die Empfehlung sieht vor, nachfolgende Anwendungs- bzw. Warnhinweise in dieser oder ähnlicher Form auf allen Sonnenschutzmittelpackungen anzu-geben:

• Intensive Mittagssonne vermei-den.

• Vor dem Sonnen auftragen.• Mehrfach auftragen, um den Licht-

schutz aufrechtzuerhalten, insbe-sondere nach dem Aufenthalt im Wasser.

• Sonnenschutzmittel großzügig auf-tragen. Geringe Auftragsmengen reduzieren die Schutzleistung.

• Babys und Kleinkinder vor direkter Sonneneinstrahlung schützen.

• Für Babys und Kleinkinder schützen-de Kleidung sowie Sonnenschutz-mittel mit hohem Lichtschutzfaktor (LSF größer als 25) verwenden.

• Auch Sonnenschutzmittel mit hohen Lichtschutzfaktoren bieten keinen vollständigen Schutz vor UV-Strah-len.

Kosmetische MittelIm Berichtsjahr wurden 2 041 kosmetische Mittel untersucht.

Hiervon wurden 422 Proben (= 21 %) beanstandet.

Chemische Untersuchung von kosmetischen Mitteln

Wichtig für den gesundheitlichen Verbraucherschutz: Verbesserung des

UV-A-Schutzes von Sonnenschutzmitteln

Ein modernes Sonnenschutzmittel benötigt sowohl wirksamen UV-A-

als auch UV-B-Schutz. Der UV-B-Schutz wird durch den Lichtschutzfaktor

charakterisiert. Beim UV-A-Schutz gab es bisher keine einheitliche Norm.

Dies wird sich mit den Leitlinien der Europäischen Kommission von

2006 ändern. Die Überprüfung des Marktes zeigte, dass noch nicht alle

Produkte der UV-A-Qualität diesen Empfehlungen entsprechen.

Noch vor 20 Jahren galt die UV-A-Strah-lung (320 – 400 nm) als relativ harmlo-ser Spektrenanteil des Sonnenlichts, der für gesunde Hautbräunung sorgt. Die UV-B-Strahlung (280 – 320 nm), die den Sonnenbrand auslöst, stand allein

für die Risiken der Hautkrebserkran-kungen und der Hautalterung. In-

zwischen ist jedem aufgeklär-ten Verbraucher bekannt, dass auch UV-A-Strahlung Haut-schäden mit verursacht. Es ist

wichtig, dass sich die Hersteller von Sonnenschutzmitteln auf diese

Situation einstellen und Produkte mit ausreichendem UV-A-Schutz auf den Markt bringen.

Der Gesetzgeber schrieb bisher keine Normen oder Empfehlungen zur Be-stimmung und Kennzeichnung des UV-A-Schutzes vor. Dies führte aber zu der unbefriedigenden Situation einer uneinheitlichen und unverständlichen Kennzeichnung. Während der Schutz vor UV-B-Strahlen weltweit einheitlich durch den Lichtschutzfaktor (LSF; eng-lisch: sun protecting factor SPF) cha-rakterisiert wird, fi ndet der Verbrau-cher zum UV-A-Schutz unterschiedli-che Hinweise wie z. B. „UV-A-Schutz nach australischem Standard“. Mit die-ser Norm wird die UV-A-Qualität aber nur unzureichend charakterisiert. Um einheitliche Kennzeichnungsnor-men zu schaffen und die Qualität des UV-A-Schutzes zu erhöhen, hat die Eu-ropäische Kommission im September 2006 Empfehlungen „über die Wirk-samkeit von Sonnenschutzmitteln und

kungen und der Hautalterung. In-kungen und der Hautalterung. In-zwischen ist jedem aufgeklär-ten Verbraucher bekannt, dass auch UV-A-Strahlung Haut-schäden mit verursacht. Es ist

wichtig, dass sich die Hersteller von Sonnenschutzmitteln auf diese

diesbezügliche Herstellerangaben“ veröffentlicht. Danach sollen Sonnen-schutzmittel eine ausreichende Wir-kung gegen UV-B- und UV-A Strahlung haben. Der Lichtschutzfaktor soll min-destens 6 betragen, d. h. Produkte mit niedrigeren Lichtschutzfaktoren (LSF 2 oder 4) würde es dann nicht mehr geben. Die Empfehlungen geben auch vor, dass der UV-A-Schutz mindestens 1⁄3 des UV-B-Schutzes betragen soll. Der Grund sind Ergebnisse wissen-schaftlicher Studien, die zeigen, dass bestimmte biologische Hautschäden verhindert oder verringert werden können, wenn der nach dem „persis-tent pigment darkening test“ gemes-sene UV-A-Schutzfaktor mindestens 1⁄3 des UV-B-Schutzfaktors beträgt. Dies heißt, ein Sonnenschutzmittel mit dem LSF 15 muss demnach einen UV-A-Schutzfaktor von mindestens 5 aufweisen.

Im Berichtszeitraum wurden Son-nenschutzmittel aus Drogeriemärk-ten, Apotheken, Reformhäusern und Parfümerien mittels in-vitro-Messung der diffusen Transmission auf die Güte des ausgelobten UV-A-Schutzes über-prüft. Die Methode lehnt sich an das Prüfverfahren DIN 67502 an. Von den insgesamt 254 untersuchten Sonnen-schutzmitteln wiesen ca. 10 % einen unzureichenden UV-A-Schutz auf. Die Hersteller der bemängelten Produk-te wurden darauf hingewiesen, die Qualität des UV-A-Schutzes zu ver-bessern.

66 Lebensmittelüberwachung BW Teil III: Produktgruppe Kosmetische Mittel

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Im Berichtsjahr wurde an einer großen Serie Sonnenschutzmitteln überprüft, inwieweit die Hersteller entsprechen-de Anwendungshinweise auf den Pro-dukten anbringen. Es zeigte sich, dass in den meisten Fällen – entsprechend den bisherigen Empfehlungen – Hin-weise zur richtigen Anwendung vor-handen waren. Sie entsprachen da-mit jedoch in der Regel noch nicht vollständig den Empfehlungen der Kommission.

Tocopherolacetat besitzt selbst keine Radikalfängereigenschaften, sondern muss erst in der Haut enzymatisch in das wirksame freie Tocopherol umge-wandelt werden. Es wird allerdings gerne als synthe-tische Verbindung in Sonnenschutz-mitteln eingesetzt, vermutlich da es stabiler als Tocopherol ist. Seltener werden eingesetzt: Tocopherylgluco-sid, Ascorbinsäure, Ascorbylphosphat,

Ascorbylpalmitat, Alpha-glucosylrutin, Polyphenole (z. B. Traubenkernextrakt) oder Coenzym Q10.Um die antioxidative Kapazität (AOC) in Sonnenschutzmitteln zu bestimmen, wurde im Rahmen einer Diplomarbeit eine Methode getestet, die bisher bei anderen analytischen Fragestellungen zum Einsatz kam (Lebensmittel-, Phar-ma- und klinische Analytik): die Photo-chemolumineszenz-Messung (PCL).

Antioxidative Kapazität von

Sonnenschutzmitteln – ein neues

Qualitätskriterium?

Sonnenschutzmittel schützen nicht

nur durch ihre Lichtfi ltersubstan-

zen vor schädlichen UV-Strahlen,

sondern auch durch Inhaltsstoffe,

die hochreaktive freie Radikale

eliminieren. Zur Charakterisierung

dieser antioxidativen Kapazität der

Produkte wurden erste Arbeiten

mit einem neuen Messverfahren,

der Photochemolumineszenz,

durchgeführt.

Als Ursache für Hautschäden durch UV-Strahlen kommen neben der di-rekten Einwirkung der hochenerge-tischen Strahlung auf die Hautzellen auch in der Haut gebildete freie Ra-dikale mit ungepaarten Elektronen in-frage. Diese hochreaktiven Molekü-le sind leicht oxidierbar und können durch Reaktion mit Hautbestandteilen Zellschäden verursachen. Die Haut selbst schützt sich vor dauerhaften Schäden durch „dark-repair-Mecha-nismen“ in der Nacht; hier werden DNA-Schäden repariert. Außerdem verdickt sich im Sommer bei UV-Ein-strahlung die äußere Hornschicht, die so genannte Lichtschwiele, um das Eindringen von UV-Strahlen in leben-des Gewebe zu erschweren. Weitere natürliche Schutzmechanismen stel-len die Melaninfarbstoffe (Sonnen-bräune) und zelleigene Radikalfänger wie Tocopherol, Ascorbinsäure und Superoxiddismutase dar. Äußeren Schutz vor UV-Strahlen bieten Son-nenschutzmittel mit ihren UV-Filtern und zugesetzten Antioxidantien wie z. B. Tocopherol oder Tocopherolacetat.

Ein umstrittener UV-Filter: 4-Methylbenzylidene Camphor

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) teilte in der Stel-

lungnahme vom 22.08.2005 mit, dass bei der zugelassenen

Filtersubstanz 4-Methylbenzy lidene Camphor (4-MBC) der im

Tierversuch aufgekommene Verdacht auf eine Beeinfl ussung von

Schilddrüsenhormonen bislang nicht widerlegt werden konnte

(www.bfr.bund.de/cm/206/informationen_tipps_und_empfehlun-

gen_zu_sonnenschutzmitteln.pdf ).

Bereits im Jahre 2003 hatte das BfR in der Stellungnahme (www.bfr.

bund.de/cm/206/uv_fi lter_in_sonnenschutzmitteln.pdf ) darauf hinge-wiesen, dass die Verwendung von 4-MBC dann als nicht ausreichend sicher beurteilt werden kann, wenn es sowohl in Hautpfl egeprodukten, wie z. B. Sonnenschutzmittel, als auch zusätzlich in Lippenpfl egeproduk-ten eingesetzt wird.

Äußerung des BfR: „Für 4-MBC liegt auch eine Bewertung des wissen-schaftlichen Beirates für Kosmetika und Non-Food-Produkte bei der EG-Kommission (SCCNFP – SCCNFP/0779/04, Opinion concerning 4-Me-thylbenzylidene Camphor. Colipa No. S60. 2004) vor. Das Gremium kam zu der Auffassung, dass für diese Substanz aus den vorliegenden Daten keine Dosis ohne unerwünschten Effekt (No Observed Adverse Effect Level, NOAEL) im Tierversuch abgeleitet werden kann. Vielmehr zeigte sich in einer Studie mit Ratten noch in der niedrigsten Dosisgruppe (25 mg pro kg Körpergewicht) ein Anstieg des schilddrüsenstimulierenden Hormons TSH. Im Hinblick auf mögliche Schilddrüseneffekte forderte das SCCNFP weitere Informationen, insbesondere zu einem eindeutigen NOAEL sowie zur Hautpenetration.“

Das BfR empfi ehlt deshalb, die UV-Filtersubstanz vom Markt zu nehmen, wenn keine Menge ohne gesundheitsschädliche Wirkung (No Observed Adverse Effect Level, NOAEL) bestimmt werden kann.

In einer aktuellen Bewertung vom 10.10.2006 hat das SCCP (ehemals SCCNFP) die oben dargestellte Auffassung erneut bestätigt (SCCP, Opi-nion on 4-Methylbenzylidene Camphor, SCCP/1042/06).Einige Hersteller verwenden in ihren Produkten den UV-Filter 4-Me-thylbenzylidene Camphor, da er nach Kosmetikverordnung noch bis zu 4 % eingesetzt werden darf. Dem Firmen wurde aber empfohlen, diese Substanz aus Gründen des vorbeugenden Gesundheitsschutzes in kos-metischen Mitteln nicht mehr zu verwenden.

SCCNFP weitere Informationen, insbesondere zu einem eindeutigen

Chemische Untersuchung von kosmetischen Mitteln Jahresbericht 2006 67

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Weichmacher Dibutylphthalat

in Nagellack

Mit Änderung der Kosmetik-Ver-

ordnung vom 20.12.2004 wurde

Dibutylphthalat aus toxikologi-

schen Gründen für kosmetische

Mittel verboten (Anlage 1 unter

lfd. Nr. 675 Kosmetik-Verordnung).

Dibutylphthalat ist nach Chemika-

lienrecht als fruchtschädigend und

reproduktionstoxisch eingestuft.

Dieser Stoff wurde früher häu-

fi g als Weichmacher in Nagellack

verwendet.

Dibutylphthalathaltige Nagellacke, die vor dem 23.12.2004 hergestellt wurden, durften noch bis zum 24. März 2005 erstmals in den Verkehr gebracht und danach noch bis zum 24. Juni 2005 an den Endverbraucher abgegeben werden. Da im vergan-genen Jahr bereits festgestellt wur-de, dass auch nach Ablauf der Über-gangsfrist immer noch Nagellacke mit Dibutylphthalat im Handel angeboten wurden, wurden in diesem Jahr die Untersuchungen auf Dibutylphthalat in Nagellack verstärkt fortgesetzt. Die Untersuchungen ergaben, dass dieser Stoff immer noch in einzelnen Produk-ten im Prozentbereich enthalten ist. Insgesamt 12 Nagellacke wurden nach Ablauf der Übergangsfrist als nicht mehr verkehrsfähig beurteilt. Bei einigen dieser Produkte war klar, dass es sich um „Altprodukte“ han-delte, da Dibutylphthalat im Verzeich-nis der Bestandteile deklariert war. Die Überprüfungen der zuständigen Behörden ergaben in einigen Fällen, dass die Hersteller die Rezepturen entsprechend geändert hatten, die Einzelhändler jedoch nicht darüber in-formiert wurden, dass die alten Pro-dukte nicht mehr an die Verbraucher abgegeben werden durften.

Die PCL-Bestimmung wurde mit dem Gerät Photochem® von Analytik

Jena durchgeführt. Die aufgear-beitete Probe wird dabei mit fotosensiblem Luminolrea-genz versetzt, welches unter Licht- und Sauerstoffeinfl uss

zu Superoxid-Anionradikalen reagiert. Diese Radikale werden

durch die Antioxidantien der Probe je nach Konzentration eliminiert. Dadurch wird die Lumineszenz der ursprüngli-chen Luminolkonzentration verringert. Dieser Messwert ergibt eine direkte Korrelation zur antioxidativen Kapazität der Probe. Als Bezugs-Standard wur-de Tocopherol verwendet.Insgesamt wurden 99 unterschiedli-che Produkte des deutschen Marktes untersucht. Dabei wurde keine Kor-relation der AOC-Werte zum Licht-schutzfaktor festgestellt. Mithilfe ei-ner im Labormaßstab hergestellten Öl-in-Wasser-Basiscreme mit unter-schiedlichen Gehalten an Tocopherol und UV-Filterkombinationen konnte gezeigt werden, dass UV-Filter und Tocopherol synergistisch wirken kön-nen. Durch geschickte Kombination, auch mit dem Breitbandfi lter Titandi-oxid, können sehr gute antioxidative Kapazitäten erreicht werden. Bei Produkten mit synthetischem To-copherolacetat ist eine Aussage zur antioxidativen Kapazität mittels PCL nicht möglich, da die Verbindung zu-erst gespalten werden muss. Laut Literatur kann aus Tocopherolace-tat in der Haut bei günstiger Matrix und einem entsprechenden Hauttyp durch Esterasen maximal 20 % Toco-pherol entstehen. Die Diplomarbeit beschränkte sich auf die Wirkung von Tocopherol. In welchem Maße andere Antioxidantien zur Verbesserung der antioxidativen Kapazität der Produkte beitragen, muss in weiteren Untersu-chungen abgeklärt werden. Erst dann wird sich zeigen, ob dieses Verfahren geeignet sein könnte, die antioxidati-ve Kapazität von Sonnenschutzmitteln als weiteres Qualitätskriterium neben dem Lichtschutzfaktor und dem UV-A-Faktor einzuführen.

Jena durchgeführt. Die aufgear-beitete Probe wird dabei mit fotosensiblem Luminolrea-genz versetzt, welches unter Licht- und Sauerstoffeinfl uss

zu Superoxid-Anionradikalen reagiert. Diese Radikale werden

Spuren von Benzol in Nagellack-

entfernern

Benzol kann als Verunreinigung,

z. B. über Rohstoffe, in Nagellack-

entferner gelangen. Wegen der

krebserregenden Eigenschaft die-

ser Substanz muss der Gehalt so

weit wie möglich gesenkt werden.

Im Berichtsjahr wurden 10 Nagellack-entferner untersucht, die vorwiegend die organischen Lösungsmittel Ethyl-acetat und Alkohol sowie Aceton enthielten. In 4 der 10 Proben wurde Benzol als Verunreinigung nachge-wiesen. Die Gehalte betrugen 0,8 bis 0,07 mg / l. Benzol zählt zu den als kanzerogen und reproduktionstoxisch eingestuf-ten Chemikalien und darf in Kosmetika nicht enthalten sein. Lediglich die An-wesenheit von Spuren wird geduldet, wenn sie unter guten Herstellungs-praktiken technisch unvermeidlich sind und bei normaler oder vernünftiger-weise vorhersehbarer Verwendung die menschliche Gesundheit nicht schädigen. Um einen vorbeugenden gesundheitlichen Verbraucherschutz zu gewährleisten, muss dabei das ALARA-Prinzip (as low as reasonably achievable) für kanzerogene Verbin-dungen berücksichtigt werden. Die in den Proben festgestellten Gehalte an Benzol sind u.E. nicht gesundheitlich bedenklich, aber technisch vermeid-bar. Es kann davon ausgegangen werden, dass Benzol über belastete Rohstoffe (z. B. Lösungsmittel) in das Produkt ge-langte. Anhand von Rohstoffspezifi ka-tionen mit vorgegebenen Reinheiten und insbesondere durch Eingangskon-trollen bei den angelieferten Rohstof-fen sind Hersteller dazu verpfl ichtet, Maßnahmen zu ergreifen, die Verun-reinigung zu minimieren. Von einem betroffenen Hersteller kamen hierzu bereits positive Rückmeldungen, dass diesem Problem nachgegangen wird. Im Sinne des Verbraucherschutzes wäre es wünschenswert, dass tech-nische Richtwerte, die bislang fehlen, festgelegt werden.

68 Lebensmittelüberwachung BW Teil III: Produktgruppe Kosmetische Mittel

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wird. Deshalb ist die Beurteilung von Borderline-Produkten eine aufwän-dige und oft umstrittene Einzelfall-entscheidung, zumal auch Gerichte entsprechende Produkte nicht immer einheitlich beurteilen. Insofern muss nach geeigneten Abgrenzungskrite-rien gesucht werden. Angesprochen wurde, ob die Kriterien „therapeuti-scher Zweck“ oder „Auswirkungen auf die Gesundheit“ besser geeignet wären. Einzelstoffregelungen im Rah-men der EU-Kosmetik-Richtlinie sind keine Lösung des Problems. Häufi g dauert es zu lange, bis diese Regelun-gen zustande kommen, sodass die-se Stoffe dann möglicherweise keine Marktbedeutung mehr haben. Einigkeit bestand darin, dass die Si-cherheitsbewertung das geeignete Instrumentarium zur Gewährleistung der Verbrauchersicherheit unabhängig von einer Abgrenzung von Kosmetika zu Funktionsarzneimitteln darstellen könnte, falls konkretere Anforderun-gen an die Sicherheitsbewertungen gestellt und diese auch konsequent überwacht würden. Um diese Auf-gabe bewältigen zu können, ist es für die amtlichen Untersuchungs-einrichtungen erforderlich, die administrative Zusammenarbeit national und EU-weit zu stärken, die beteiligten Fachdisziplinen zusammen-zuführen und auch die Kommunikation mit den Herstellern und Sicherheitsbe-wertern zu verbessern. Der Karlsru-her Kosmetiktag war hierzu ein erster Schritt in diese Richtung. Weitere Informationen s. unter www.

cvua-karlsruhe.de

Methyldibromoglutaronitril – ein

nur eingeschränkt verwendbarer

Konservierungsstoff

Methyldibromoglutaronitril darf

derzeit nur in rinse-off-Produkten

eingesetzt werden. Aber auch da-

für steht ein Verbot bevor.

Seit 2004 darf der Konservierungsstoff Methyldibromoglutaronitril wegen steigender allergischer Reaktionen in der Bevölkerung nur noch in rinse-off-Produkten (Produkte, die nach der An-wendung abgespült werden wie z. B. Seifen, Shampoos) bis maximal 0,1 % eingesetzt werden, während der Ein-satz in leave-on-Produkten (Produk-te, die auf der Haut bleiben wie z. B. Cremes, Maskara) verboten ist. Die Übergangsvorschriften für das Inver-kehrbringen von Altware endeten am 23. September 2005. In 3 leave-on-

Produkten (Selbstbräunungscreme, Hautcreme, Haartinktur) wurde nach Ablauf der Übergangsfrist noch Methyldibromoglutaronitril

festgestellt. In anderen untersuch-ten Proben war dieser Stoff

nicht nachweisbar, obwohl er in der Liste der Bestand-teile noch deklariert wurde. Vermutlich wurden die Rezep-

turen bereits geändert, die Liste der Inhaltsstoffe jedoch noch nicht. Inzwischen wurde die Verwendung dieses Konservierungsstoffes mit der Richtlinie 2007 / 17 / EG der Kom-mission vom 22. März 2007 auch in rinse-off-Produkten verboten. In einer Stellungnahme des wissenschaftli-chen Kosmetikausschusses (SCCP) wurde festgestellt, dass Methyldibro-moglutaronitril nicht in kosmetischen Mitteln enthalten sein sollte, weil we-der für auf der Haut verbleibende noch für abzuspülende Mittel unbedenkli-che Konzentrationen ermittelt werden konnten.

Verbraucherschutz fordert neue Wege – Karlsruher Kosmetiktag

„Abgrenzung kosmetische Mittel/Arzneimittel“ am 6. Dezember 2006

im CVUA Karlsruhe

Kosmetische Mittel mit angepriesenen hochwirksamen bioaktiven

Wirkstoffen zum Erhalt eines guten Hautzustands oder zur Pfl ege von

Hautveränderungen ohne Krankheitswert haben in Europa schon längst

den Markt erobert. Bei zunehmend mehr Produkten fällt die Beurteilung

schwer, ob es sich noch um ein kosmetisches Mittel oder schon um ein

Arzneimittel handelt (so genannte Borderline-Produkte).

Während Arzneimittel in einem auf-wändigen Verfahren behördlich zu-gelassen werden müssen, liegen die gesundheitliche Unbedenklichkeit und die angepriesene Wirkung von Kosmetika allein in der Verantwor-tung des Herstellers. Deshalb ist die amtliche Überwachung hier beson-ders gefordert, den Verbraucher vor Produkten mit auf Krankheiten bzw. Heilung bezogenen Werbeaussagen (Präsentationsarzneimittel) oder vor Produkten mit signifi kant pharmako-logischer Wirkung auf den menschli-chen Körper (Funktionsarzneimittel) zu schützen. Der im Dezember 2006 durchgeführte Karlsruher Kosmetiktag „Abgrenzung kosmetische Mittel / Arz-neimittel“ diente 90 Sachverständigen aus Chemischen Untersuchungsäm-tern Deutschlands und Österreichs, aus Behörden des Bundes und der Länder, von Kosmetikverbänden so-wie freiberufl ichen Kosmetikchemi-kern und Sicherheitsbewertern als Informationsquelle und Diskussions-forum, um den aktuellen Stand der Be-urteilungsmöglichkeiten von „Borderli-ne-Produkten“ unter Berücksichtigung der naturwissenschaftlichen Fakten, der rechtlichen Maßgaben und der marktwirtschaftlichen Gegebenhei-ten zu erhalten. Die Podiumsdiskussion im Anschluss an die Vorträge machte deutlich, dass das Abgrenzungskriterium „signifi-kante pharmakologische Wirkung“ bei der Einstufung Kosmetisches Mittel / Arzneimittel (nach Funktion) für alle beteiligten Fachdisziplinen ein Problem darstellt. Der Grund liegt da-rin, dass dieser Begriff nicht eindeutig wissenschaftlich defi niert ist, sondern aus verschiedenen Positionen heraus immer wieder anders verstanden

nicht nachweisbar, obwohl er in der Liste der Bestand-teile noch deklariert wurde. Vermutlich wurden die Rezep-

turen bereits geändert, die Liste

23. September 2005. In 3 Produkten (Selbstbräunungscreme,

Hautcreme, Haartinktur) wurde nach Ablauf der Übergangsfrist noch Methyldibromoglutaronitril

festgestellt. In anderen untersuch-

gabe bewältigen zu können, ist es

national und EU-weit zu stärken, die

Chemische Untersuchung von kosmetischen Mitteln Jahresbericht 2006 69

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Festgestellt wurde, dass kosmetische Mittel, die ohne Zusatz von zugelasse-nen Konservierungsstoffen hergestellt wurden, nicht häufi ger keimbelastet waren als konservierte Produkte. Ein Grund für diese Beobachtung ist, dass „nicht konservierte“ Produkte zwar keinen der nach der Kosmetik-Verord-nung zugelassenen Konservierungs-stoffe enthalten, dafür jedoch häufi g andere Stoffe, die rechtlich nicht als Konservierungsstoffe gelten, aber dennoch eine antimikrobielle Wir-kung als erwünschte Nebenwirkung aufweisen.

Mikroorganismen in kosmetischen Mitteln

Der mikrobiologische Standard kosmetischer Mittel ist sehr hoch.

Dennoch fallen immer wieder Produkte auf, bei denen eine mangelhafte

Betriebshygiene zur Verkeimung führte.

Für kosmetische Mittel fehlen verbind-liche Grenzwerte für zu tolerierende Keimgehalte. In den geltenden Geset-zen (Kosmetik-Verordnung und LFGB) sind lediglich allgemeine Vorschriften zum Schutz der Gesundheit und zur Herstellung kosmetischer Mittel ent-halten. Zur Beurteilung konkreter Werte wird deshalb eine Empfehlung des wissenschaftlichen Beirates für Kosmetika und Non-Food-Produkte

bei der EG-Kommission (SC-CNFP – inzwischen SCCP) herangezogen. Danach gilt ein kosmetisches Mittel als

sicher, wenn folgende Anfor-derungen erfüllt sind:

Kosmetika für Kinder und Pro-dukte, die im Bereich der Augen oder der Schleimhäute verwendet werden, dürfen nicht mehr als 100 koloniebil-dende Einheiten (KBE) pro g oder ml enthalten. Alle anderen Produkte nicht mehr als 1 000. Alle Produkte müssen frei sein von Krankheitserregern wie Staphylococcus aureus, Pseudomo-nas aeruginosa und Candida albicans; auch Verunreinigungen durch andere Pseudomonas- oder Enterobacteri-acae-Species dürfen nicht vorkom-men.Im Jahr 2006 wurde bei 398 Proben die aerobe Gesamtkeimzahl bestimmt. Lediglich bei 13 Proben wurden erhöh-te Gesamtkeimzahlgehalte gefunden, wobei 7 dieser 13 Proben Hennapro-dukte zur Haarfärbung waren. Da es sich bei Henna um ein pflanzliches Naturprodukt handelt, ist eine erhöh-te Gesamtkeimzahl bei diesen Produk-ten zu erwarten und ist per se nicht besorgniserregend.

Entscheidend ist, ob es sich um hu-manpathogene bzw. potenziell hu-manpathogene Keime handelt. In ei-nem Fall konnte zwar ein potenziell humanpathogener Keim (Klebsiella pneumoniae) nachgewiesen werden, der häufi g aus Kosmetika isoliert wer-den kann, jedoch nicht zwangsläufi g als Krankheitserreger einzustufen ist. Gesunde Haut stellt normalerwei-se eine für viele Keime nahezu un-überwindliche Schranke dar. Um eine Eignung zur Gesundheitsschädigung bei Hennaprodukten auszuschließen, wurde ein Warnhinweis gefordert, der darauf hinweist, dass die Produkte nur auf unverletzter Kopfhaut ange-wandt werden dürfen. Bei den verbleibenden 6 Produkten, die ebenfalls eine erhöhte Gesamtkeimzahl aufwie-sen, handelte es sich um Produkte, bei denen die mangelnde Betriebshygiene beim Hersteller zu der Verkei-mung führte. Bei einer Hautcreme, die in einem Ein-Mann-Betrieb herge-stellt wurde, waren Klebsiella pneu-moniae und Enterobacter cloacae nachweisbar. Die durchgeführte Be-triebskontrolle führte zur Einstellung der Produktion, da die Räumlichkeiten nicht geeignet waren, kosmetische Mittel mit der erforderlichen mikrobi-ologischen Reinheit herzustellen.Die Verwendung von Konservierungs-stoffen verhindert nicht prinzipiell eine Verkeimung. Die strikte Einhaltung der Produktionshygiene und die unbedingt erforderliche mikrobiologische Endpro-duktkontrolle sind unverzichtbar. Die Produktkonservierung kann ebenso durch falsche Dosierung oder Aus-wahl der Konservierungsmittel sowie durch das Auftreten resistenter Keime versagen.

bei der EG-Kommission (SC-CNFP – inzwischen SCCP) herangezogen. Danach gilt ein kosmetisches Mittel als

sicher, wenn folgende Anfor-derungen erfüllt sind:

Kosmetika für Kinder und Pro-auf unverletzter Kopfhaut ange-wandt werden dürfen. Bei den verbleibenden 6 Produkten,

mangelnde Betriebshygiene beim Hersteller zu der Verkei-mung führte. Bei einer Hautcreme,

70 Lebensmittelüberwachung BW Teil III: Produktgruppe Kosmetische Mittel / Bedarfsgegenstände

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Bedarfsgegenstände mit Körperkontakt und zur Körperpfl ege

Bunte Textilien – nicht alle sind frei von krebs-

erzeugenden Azofarbstoffen und sensibilisierenden

Dispersionsfarbstoffen

Seit September 2003 besteht ein EU-weites Verwendungs-verbot für Azofarbstoffe. Gelangen Azofarbstoffe auf die Haut oder in den Organismus, so können unter Umstän-den, in Abhängigkeit von den zur Farbstoffherstellung verwendeten Ausgangsstoffen, krebserzeugende Amine freigesetzt werden. Im Jahr 2006 wurden 373 gefärbte Textil- und Lederpro-ben untersucht. Die Beanstandungsquote war erfreuli-cherweise niedrig: Nur in 10 Proben (Karnevalkostüme, Ledergürtel, Ledergeldbörse, Schildmütze, Handtuch) war die Verwendung von verbotenen Azofarbstoffen über die Bestimmung der abspaltbaren und reglementierten Amine nachweisbar.

Außerdem waren in 31 von 261 untersuchten Proben sensi-bilisierende Dispersionsfarbstoffe enthalten. Am häufi gsten festgestellt wurden Disperse Orange 37 / 76 (23 Proben) und Disperse Red 1 (5 Proben).

Mehr als 50 Dispersionsfarbstoffe werden zum Färben von Polyester, Acetatfasern

und Nylon eingesetzt. Einzelne Farb-stoffe aus dieser Gruppe sind als potenziell gefährlich eingestuft. Ih-nen werden hautsensibilisierende Eigenschaften zugeschrieben. Per-sonen, die gegenüber bestimmten Stoffen bereits sensibilisiert sind, reagieren dann auf geringste Men-

gen mit allergischen Hautreaktio-nen.

Je nach Färbetechnik sind sensibilisieren-de Farbstoffe unter Umständen nicht farbecht

fi xiert und können durch Schweiß herausge-löst werden. Wegen dieser Unsicherheit

sollten hautsensibilisierende Farbstof-fe zum Färben körpernah getragener

Kleidung aus Gründen des vorbeu-genden gesundheitlichen Verbrau-cherschutzes nicht verwendet wer-den. Die Expertenarbeitsgruppe „Textilien“ des Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) empfiehlt

für 8 derartige Farbstoffe, diese zur Färbung von körpernah getragenen

Bekleidungsgegenständen nicht mehr einzusetzen.

fi xiert und können durch Schweiß herausge-löst werden. Wegen dieser Unsicherheit

sollten hautsensibilisierende Farbstof-fe zum Färben körpernah getragener

für 8 derartige Farbstoffe, diese zur Färbung von körpernah getragenen

Bekleidungsgegenständen nicht mehr einzusetzen.

Bedarfsgegenstände

Phthalate als Weichmacher weiterhin verbreitet

Auch im Hinblick auf die Erweiterung des Phthalatverbotes in Spielzeug ab Januar 2007 wurde die Weichmacherpro-blematik in Bedarfsgegenständen weiter unter die Lupe genommen. Dazu wurden 130 verschiedene Proben, wie Spielzeugfi guren, Puppen, Schwimmhilfen, Masken, Tau-cherbrillen usw., alle hergestellt aus Weich-PVC, hinsichtlich der Art und des Gehalts an Weichmachern untersucht.

Trotz der toxikologischen Relevanz der Substanzen Di-2-ethylhexylphthalat (DEHP), Dibutylphthalat (DBP) und Ben-zylphthalat (BBP) wurden diese auch im Jahr 2006 in fast 40 % der o. a. Proben festgestellt.

Im Vergleich zu den Ergebnissen aus dem Jahr 2005 waren für 2006 darüber hinaus zwei Trends erkennbar: Während für Gegenstände mit längerem Hautkontakt, z. B. Masken, Badeschuhe, die o. a. besonders kritischen Phtha-late DEHP, DBP und BBP häufi g durch Diisononylphthalat (DINP) ersetzt werden, sind Spielzeug und Kleinkinderarti-kel zunehmend phthalatfrei: hier werden die Phthalatweich-macher, z. B. durch Citrate und Carbonsäureester ersetzt.

Kurioses

Aromatische Damensöckchen

Ein Marktstandbetreiber war sehr erfi nderisch: Die Gewürz-mischung, verpackt in Damen-Feinsöckchen, verlieh seinem selbst zubereiteten Glühwein eine sehr aromatische Note.

Unterwäsche: ausgesprochen

körpernah!

Um Wäsche der „anderen Art“ handelte es sich bei den vorgelegten Verdachts-proben „essbare Unterwäsche“. Hier stellte sich die Frage: Gegenstand für den nicht nur vorübergehen-den Hautkontakt, also Bedarfs-gegenstand, oder Lebensmit-tel? Rechtlich gesehen gilt „sowohl als auch“. Für die Be-urteilung sind aber vor allem die Kennzeichnungsvorschriften sowie die zusatzstoffrechtlichen Anforderungen für Lebensmittel relevant, die von den untersuchten Proben aber nicht eingehalten wurden.

Mehr als 50 Dispersionsfarbstoffe werden zum Färben von Polyester, Acetatfasern

und Nylon eingesetzt. Einzelne Farb-stoffe aus dieser Gruppe sind als potenziell gefährlich eingestuft. Ih-

reagieren dann auf geringste Men-gen mit allergischen Hautreaktio-

nen.

Je nach Färbetechnik sind sensibilisieren-de Farbstoffe unter Umständen nicht farbecht Um Wäsche der „anderen Art“ handelte

Bedarfsgegenstände mit Körperkontakt Jahresbericht 2006 71

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Saisonware – immer noch ein Problem?

Kurzfristig verfügbare Saisonware (Fastnacht, Halloween, Weihnachten) fällt nach wie vor durch qualtitativ minder-wertige Produkte auf: So wurden von 47 untersuchten Kos-tümen für Kinder und Erwachsene, Handschuhe, Strümpfe, Strumpfhosen, Kopfbedeckungen, Hüte und Masken ins-gesamt 19 Erzeugnisse (40 %) beanstandet:

• Azofarbstoffe in 2 Proben,• sensibilisierende Dispersionsfarbstoffe in 15 Proben,• Kennzeichnungsmängel bei 4 Proben.

Die Beanstandungsquote ist damit mit der des Jahres 2005 (42 %) vergleichbar.

„Lass jucken Kumpel!“ oder „Ist Körperertüchtigung

gesund?“

Allergische Reaktionen werden immer wieder und immer häufiger bei Personen beobachtet, die mit Latexmateria-lien in Kontakt kommen. Neben den spezifischen Verar-beitungshilfsstoffen sind es hauptsächlich die natürlichen Latex-Bestandteile (= Proteine), die zu Hautausschlag, Öde-men, Konjunktivitis, Asthma aber auch zu anaphylaktischem Schock führen können. Die Exposition erfolgt oral, dermal aber auch aerogen (z. B. bei gepuderten Handschuhen). Um der Gefahr von Allergien vorzubeugen, muss daher bei Erzeugnissen auf Basis von Natur- und Synthesekautschuk insbesondere mit Mundschleimhautkontakt sowie nicht nur vorübergehendem Körperkontakt (z. B. Bekleidung, Ero-tik-Accessoires, Gymnastikbänder) der Gehalt an löslichen Proteinen minimiert werden. Als ein Schwerpunkt wurde in 2006 Erotikwäsche aus Latex unter die Lupe genommen. Von insgesamt 30 untersuchten Proben wiesen 11 Erzeug-nisse stark erhöhte Proteingehalte auf (260 bis 820 µg / g Latexmaterial). Diese Quote ist noch eher positiv zu sehen, denn Latexerzeugnisse zur Körperertüchtigung (z. B. elasti-sche Gymnastikbänder), bei denen es zu einem intensiven Körperkontakt mit dem Gummimaterial kommt, weisen eine deutlich schlechtere Bilanz auf: Von 16 Erzeugnissen waren 13 stark mit extrahierbaren Proteinen belastet. Der Gehalt lag hier zwischen 320 und 900 µg / g Latexmaterial. Die Proben wurden beanstandet und die Hersteller aufge-fordert, alle Anstrengungen zur Minimierung des Gehaltes an löslichen Proteinen zu unternehmen.

Nickel- und Bleilässigkeit – schöne Accessoires mit

Folgen?

Mit dem Hintergrund der Nickelallergien wurden auch wieder zahlreiche Gegenstände für den nicht nur vorüber-gehenden Hautkontakt, insbesondere Modeschmuck für Kinder, Gürtelschnallen sowie Haarspangen, überprüft. Nachdem im Jahr 2005 zwei Armbanduhren auffielen, war es im Berichtsjahr nur eine Gürtelschnalle, bei der die Nickelabgabe mit 3,3 µg / cm² / Woche (sehr deutlich) über dem in der Bedarfsgegenständeverordnung genannten Höchstwert von 0,5 µg / cm² / Woche lag. Bei allen ande-ren 42 Proben konnten erfreulicherweise keine erhöhte Nickellässigkeit festgestellt werden.Allerdings ergaben sich aus einem glücklicherweise kleinen Teil der Modeschmuck-Proben andere bedenkliche Befun-de. Bei verschluckbaren Schmuck-Gegenständen wurde zusätzlich der Bleigehalt bestimmt. Bei sehr hohen Bleige-halten wurden die Schmuckstücke in einem Magensäure-simulanz auf ihre Bleiabgabe untersucht. 2 Proben, ein Kin-derring und ein herzförmiger Kettenanhänger, hätten bei Kindern nach Verschlucken zu einer Bleivergiftung führen können. Sie wurden daher beanstandet.

Preis„werte“ Ledergürtel – alle „Echt Leder“?

Lederwaren aus dem Discountersortiment genügen häu-fig nicht der Anforderung an die Bezeichnung „Leder“. Bei schwerpunktmäßiger Untersuchung solcher Produkte wur-den im Jahr 2006 20 Proben untersucht, wovon 5 Leder-gürtel sowie ein Uhrarmband (30 %) nicht den Kennzeich-nungsvorgaben entsprachen. Es handelte sich durchweg um Erzeugnisse, die auf der Gürtelinnenseite (Hautseite) mit der Auslobung „Echt Leder“ bzw. dem Lederhaut-Sym-bol versehen waren. Die millimeterdünne Schicht mit be-sagter Prägung war zwar tatsächlich aus Leder, aber das war dann auch schon alles. Die weitere Zusammensetzung: Die Oberseite bestand aus einer sehr dünnen Kunststoff-folie und der Kern aus gepresstem und mit Klebemitteln filzartig verbundenem Fasermaterial. Selbst wenn es sich bei Letzterem um Lederfasermaterial, mit Bindemittel ge-presst, handeln würde, genügte dies nicht der Bezeich-nungsanforderung. Denn als Leder, Echt Leder oder mit einem Ausdruck, der nach der Verkehrsauffassung auf Le-der hinweist, darf beim Angebot oder Verkauf nur ein Ma-terial bezeichnet werden, das aus der ungespaltenen oder gespaltenen tierischen Haut bzw. dem Fell durch Gerben unter Erhaltung der gewachsenen Fasern in ihrer natür-lichen Verflechtung hergestellt ist (zusammenfassender Bericht: www.cvua-freiburg.de ).

Der „chemische Zustand“ von Leder hat sich weiter ver-bessert: Insbesondere lag der Gehalt an Pentachlorphenol, das u. U. zur Lager- und Transportkonservierung von Leder eingesetzt wird, in allen untersuchten Proben (72) unter dem Grenzwert von 5 mg / kg (Chemikalienrecht). Auch Chrom-(VI)-Verbindungen waren nur noch in wenigen Proben zu finden: Nur 3 Proben (eine Geldbörse, ein Leder-gürtel und ein Brustbeutel) wiesen erhöhte Chrom(VI)-Ge-halte zwischen 4,5 und 34 mg / kg auf und wurden mit dem Hinweis auf die Expertenäußerung des BfR beanstandet, wonach ein Höchstwert von 3 mg / kg emfpfohlen wird.

72 Lebensmittelüberwachung BW Teil III: Produktgruppe Bedarfsgegenstände

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Nitrosamine in Gummi – eine Bedrohung für

Kleinkinder?

Wie die Untersuchungen in 2006 gezeigt haben, ist dies zumindest für die „Kleinsten“ nicht der Fall: Denn keine der 49 untersuchten Flaschen- und Beruhigungssauger waren diesbezüglich auffällig.

Dagegen werden bei Luftballonen zwar immer noch auffäl-lige Werte erhalten, doch ist gegenüber dem Vorjahr eine weitere Qualitätssteigerung zu verzeichnen. Denn inzwi-schen halten schon 10 von 19 Luftballonproben (= 52 %; in 2005: 33 %) den vom BfR empfohlenen Abgaberichtwert für Nitrosamine von 10 µg / kg Gummimaterial ein. Bei wei-teren 6 Proben lag die Nitrosaminabgabe zwischen 10 und

max. 50 µg / kg (= 31 %, in 2005: 37 %). Auch für die Abgabe von nitrosierbaren Stoffen (= Vor-

stufe der Nitrosamine) ist eine deutliche Verbesserung zu beobachten: Hier la-

gen die Abgabewerte inzwischen für 16 von 19 Proben (= 84 %; in 2005: 50 %) deutlich unter dem vom BfR vorgeschlagenen Richtwert von 2 000 µg / kg. Leider ist der Gesetzgeber noch immer nicht aktiv geworden, so-

dass auch die für 2006 erwartete EU-weite Reglementierung von Ni-

trosaminen und nitrosierbaren Stoffen in Spielzeug nicht erfolgt ist. Da es sich bei

den Nitrosaminen um genotoxische Kanzerogene handelt und für alle Expositionspfade das EU-weit einge-führte Minimierungsprinzip ALARA (as low as reasonable achievable) gilt, wurde in Zusammenarbeit mit dem Le-bensmittelchemischen Institut der Universität Hohenheim im Rahmen einer wissenschaftlichen Abschlussarbeit nach „Strategien zur Verringerung von N-Nitrosaminen in Be-darfsgegenständen aus Gummi“ gesucht und gefunden: demnach kann durch den Einsatz einfacher Behandlungs-methoden (z. B. Waschen, Bestrahlen, Vakuumbehandlung) die Nitrosaminabgabe auch im Fertigerzeugnis deutlich ver-ringert werden.

Abgabe von stufe der Nitrosamine) ist eine deutliche

Verbesserung zu beobachten: Hier la-gen die Abgabewerte inzwischen für

16 von 19 Proben (= 84 %; in 2005: 50 %) deutlich unter dem vom BfR vorgeschlagenen Richtwert von 2 000

Leider ist der Gesetzgeber noch immer nicht aktiv geworden, so-

dass auch die für 2006 erwartete EU-weite Reglementierung von Ni-

trosaminen und nitrosierbaren Stoffen in Spielzeug nicht erfolgt ist. Da es sich bei

den Nitrosaminen um genotoxische Kanzerogene

Spielwaren und Scherzartikel

Chemiecocktail der besonderen Art

Ein Spielzeugset, bestehend aus einem Rucksack mit ei-ner Stoffpuppe, enthielt gleich mehrere verbotene Azo-farbstoffe. Während im Rucksack das aromatische Amin 3,3’-Dimethoxybenzidin nachweisbar war, wurden in den braunen Wollhaaren der Puppe der verbotene Azofarbstoff Disperse Yellow 23 und sein Spaltprodukt 4-Aminoazoben-zol nachgewiesen.

Holzspielzeug: ein Naturprodukt mit besonderem

Reiz?

Neueste wissenschaftliche Untersuchungen belegen jetzt eindeutig, dass Formaldehyd gesundheitsschädlich ist, die Schleimhäute reizt und Krebs im Nasenraum aus-lösen kann, wenn es eingeatmet wird. Da Formaldehyd in vielen Klebstoffen ein-gesetzt und als Bindemittel bei der Herstellung von Holzwerkstoffen verwendet wird, standen insbeson-dere Spielzeugpuzzle auch 2006 wieder auf dem Prüfstand.Ziel dieser Aktion war u. a. aber auch, Bestrebungen entgegenzu-treten, wonach die Begrenzung der Formaldehydabgabe für Spielzeug nach den Ausführungen eines EN-Ent-wurfes deutlich angehoben werden soll. Demnach dürfte dann die Formaldehydabga-be, die während einer Testzeit von nur 3 Stunden ermittelt wird, bis zu 80 mg / kg Holzwerkstoff betragen.Aktuell werden dagegen die Richtwerte von 110 mg / kg (Kontaktdauer: 24 Stunden = 8 x längere Testzeit) sowie 30 mg / kg (Kontaktdauer: 5 Stunden) als Indiz dafür ge-wertet, dass die in der Chemikalienverbotsverordnung für Holzwerkstoffe festgelegter Raumluftwert von 0,1 ppm Formaldehyd möglicherweise überschritten ist.Insgesamt wurden 85 Spielzeugproben aus Holzwerkstof-fen auf die Formaldehydabgabe getestet. Bei 66 Proben lagen die Abgabewerte nach 24-stündiger Testzeit deutlich unter 110 mg / kg Holz. Die für diese Proben korrespon-dierenden Abgabewerte nach 3-stündiger Testzeit lagen im Mittel – wie erwartet – deutlich unter 10 mg / kg Holz-werkstoff. Die restlichen 19 Proben wiesen dagegen hohe bis sehr hohe Formaldehydabgaben auf und lagen deutlich über dem o. a. Richtwert von 110 mg / kg (Testzeit: 24 Stunden). Würde dagegen der Grenzwert von 80 mg / kg (Testzeit: 3 Stunden) eingeführt werden, wären lediglich nur 2 Proben zu beanstanden gewesen. Die Einführung eines derartigen (unrealistischen) Richtwertes wäre unter dem Gesichts-punkt des vorbeugenden Verbraucherschutzes und insbe-sondere des Gesundheitsschutzes von Kindern als großer Rückschritt zu werten.

Spielwaren und Scherzartikel Jahresbericht 2006 73

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Bedarfsgegenstände mit Lebensmittelkontakt

Kennzeichnungsmängel bei

Gegenständen für den Lebens-

mittelkontakt – keine Kleinigkeit

Bei Materialien und Gegenständen für den Lebensmittelkontakt ist es recht-lich vorgeschrieben, den Namen und auch die Anschrift des Produktverant-wortlichen (Hersteller, Importeur oder Verkäufer) anzugeben. Falls erforder-lich sind außerdem besondere Hinwei-se für eine sachgerechte Anwendung zu nennen.Obwohl diese Anforderungen nicht ge-rade neu sind, ist die Kennzeichnung immer noch häufig zu beanstanden. Im Jahr 2006 war dies bei 19 % (177 von 934) der Proben der Fall.Für eine sichere Anwendung man-cher Produkte sowie vor allem für die Nachverfolgung im Reklamations- oder Beanstandungsfall ist die Anga-be des Herstellers eben nicht nur ei-ne lästige Formalität. Beispielsweise fielen im Berichtsjahr 2 Backformen aus Keramik durch eine stark erhöhte Bleilässigkeit auf. Die höchstzulässige Abgabe von 1,5 mg / l Blei wurde um das 9- bis 12fache überschritten. Die Angabe des Produktverantwortlichen fehlte, sodass dieser auch nur sehr schwer zu belangen war, bzw. wei-tere derartige Produkte nur schwer oder gar nicht von den Behörden vom Markt genommen werden konnten. Die Backform mit der höchsten Blei-lässigkeit wurde kurioserweise in ei-nem Schuhgeschäft verkauft – nicht unbedingt die beste Adresse für der-artige Haushaltswaren.

Übergang von Weichmachern in Lebensmittel – Twist-off-Deckel weiter-

hin problematisch!

Weichmachermigrationmg / kg

Alle Proben %

Gemüse in Öl %

Fische in Öl %

Käse in Öl %

Pesto %

0 – 60 46 48 14 75 51 61 – 120 22 18 29 25 24 121 – 180 10 14 19 – 3 181 – 240 5 8 10 – – 241 – 300 6 3 – – 16 > 300 11 9 28 – 6

Tabelle: Migrationswerte über dem Grenzwert

Lebensmittel migriert. Trauriger „Spit-zenreiter“ war eine Probe Thunfisch in Öl mit 1370 mg / kg DEHP. Diese Pro-be überschritt das aus toxikologischer Sicht zulässige Sicherheitsniveau um den Faktor 456 und musste daher als gesundheitsschädlich beanstandet werden.

Aufgrund der Tatsache, dass viele Deckelhersteller nicht in der Lage sind, rasch rechtskonforme Deckel zu produzierten, die den zulässigen Gesamtmigrationsgrenzwert von 60 mg / kg einhalten, plant die EU eine Übergangsverordnung zu erlassen, bei der für bestimmte Weichmacher (u. a. ESBO) für einen Zeitraum von ca. 1 Jahr ein Summengrenzwert von 300 mg / kg zulässig sein wird. Gleichzeitig sollen die toxikologisch bedenklichen Phthalate für den Kontakt mit fetthal-tigen (nicht jedoch für wässrige oder alkoholhaltige) Lebensmittel verboten werden.

Wie die Untersuchungsergebnisse aus 2006 (s. Tabelle) zeigen, wiesen 54 % aller untersuchten Proben Mi-grationswerte über dem Grenzwert von 60 mg / kg auf. Besonders auffäl-lig waren „Fische in Öl“: Hier waren bei 86 % der Proben Grenzwertüber-schreitungen festzustellen. Aber auch nach Einführung des neuen, um ein Vielfaches angehobenen Grenzwertes von 300 mg / kg, wäre dieser immer noch bei 11 % der untersuchten Pro-ben nicht eingehalten!

Dichtungsmaterialien von Schraub-deckeln bestehen derzeit ausschließ-lich aus weichgemachtem PVC. Bei fetthaltigen Lebensmitteln wie in Öl eingelegtem Gemüse, Käse- oder Fischkonserven, und bei fetthaltigen Brotaufstrichen wie Pesto besteht die Gefahr, dass die Weichmacher nach und nach herausgelöst werden.Nachdem im Vorjahr derartige Pro-dukte stark erhöhte Weichmacher-übergänge aufwiesen, hat das CVUA Stuttgart ein bundesweites Überwa-chungsprogramm (BÜP) zu dieser Pro-blematik initiiert und im Jahr 2006 133 Proben untersucht. Die in 2005 ent-wickelte Screening-Methode für die in den Dichtungsmaterialien enthalte-nen Weichmacher musste fortlaufend angepasst werden, da die Deckelpro-duzenten ständig neue Rezepturen (leider viele erfolglos) entwickelten, um der Migrationsproblematik Herr zu werden.

Der bislang hauptsächlich verwendete Weichmacher „epoxidiertes Sojaboh-nenöl“ (ESBO) wurde zunehmen er-setzt durch:

• Polyadipate• Hydriertes und acetyliertes Rizinus-

öl (Markenname Grindsted-Soft-N-Safe®)

• 1-2-Cyclohexandicarbonsäure-diiso-nonylester (DINCH) meist in Kom-bination mit Di-(2-Ethylhexyl)-Adipat (DEHA)

Leider waren immer noch in 22 De-ckeln (= 16 %!) die gesundheitlich be-denklichen Phthalate DEHP, DINP und DIDP enthalten und in die jeweiligen

74 Lebensmittelüberwachung BW Teil III: Produktgruppe Bedarfsgegenstände

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Kochbesteck aus Kunststoff:

muss man „schwarz“ sehen?

In den vergangenen Jahren wurden derartige Produkte immer wieder beanstandet, weil das Kunststoffma-terial für den Gebrauch bei den übli-chen Brat- und Backtemperaturen von > 200 °C nicht geeignet war. Inzwi-schen werden deutlich hitzestabilere Werkstoffe für die Herstellung derar-tiger Küchenutensilien eingesetzt. In 2006 standen daher weniger grund-sätzliche Eignungstests im Fokus als vielmehr Untersuchungen zum mög-lichen Übergang gesundheitlich rele-vanter Stoffe auf das Lebensmittel. Die Ergebnisse dieser Untersuchun-gen stimmen optimistisch. U. a. lagen die Werte bei allen 8 Proben, die auf einen Übergang von Caprolactam (= Ausgangsstoff bei der Herstellung von Polyamid) untersucht wurden, mit 0,2 bis max. 5,5 mg / kg deutlich unter dem für diese Substanz festgelegten Migrationsgrenzwert von 15 mg / kg Lebensmittel.Die Untersuchung von Koch- und Brat-besteck war in 2006 außerdem Teil eines BÜP-Projektes. Insbesondere sollte hier der mögliche Übergang von primären aromatischen Aminen (PAA) aus dem Kunststoffmaterial in das Lebensmittel getestet werden. Der Gesetzgeber schreibt vor, dass PAAs, die als krebserzeugende Sub-stanzen eingestuft sind, im Lebens-mittel nicht nachweisbar sein dürfen. Die Nachweisgrenze ist mit 20 µg / kg Lebensmittel defi niert. Auch hier ist die Ergebnisbilanz der Untersuchungs-aktion erfreulich positiv, denn von ins-gesamt 48 untersuchten Proben (z. B. Bratenwender, Suppenschöpfer, Ge-müselöffel für den Wok) war nur bei insgesamt 4 Erzeugnissen tatsächlich ein Übergang dieser Substanzen nach-weisbar. Allerdings lagen die Werte für diese Produkte mit 110 bis 1000 µg PAA / kg Lebensmittel außerordentlich hoch und machten sich teilweise so-gar schon durch einen unangenehmen und stechenden Geruch bemerkbar. Die Proben wurden beanstandet.

Qualitätsunterschiede bei

Küchenhelfern aus Silikon

Der Trend zu Küchenutensilien aus Silikon hält nach wie vor an. Neben Backformen und -unterlagen sind in-zwischen auch Pinsel, Schneebesen, Teigschaber und Handschuhe, mit denen man Frischgebackenes direkt aus dem Ofen holen kann, auf dem Markt. Wie im Berichtsjahr festge-stellt wurde, gibt es bei den Silikon-gegenständen aber große Qualitäts-unterschiede, denn teilweise wurde offensichtlich aus Kostengründen bei der Herstellung der Gegenstände auf ein „Tempern“ der Produkte verzichtet oder es wurde bei zu niedriger Tempe-ratur durchgeführt.Die korrekte Durchführung dieses Er-hitzungsprozesses ist aber zur Entfer-nung von Resten der Ausgangsstoffe und von fl üchtigen Reaktionsproduk-ten zwingend erforderlich, andernfalls würden diese Stoffe bei der Verwen-dung der Gegenstände in die Lebens-mittel übergehen.Bei 23 Proben verschiedenster Art wurde überprüft, ob der Richtwert des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) von 0,5 für fl üchtige organische Bestandteile eingehalten ist. Bei 9 Pro-ben wurde dieser Wert überschritten, teilweise um etwa den Faktor 2.

Druckfarbenbestandteile in

Lebensmitteln – ein Ende in Sicht?

Auch im Jahr 2006 wurden verschie-dene Lebensmittel und deren Verpa-ckungsmaterialien (v. a. Getränke in Kartonverbunden, Joghurt in Kunst-stoffbechern und Wurst in bedruckten Hüllen) auf den Druckfarbenbestand-teil Isopropylthioxanthon (ITX) unter-sucht. ITX beschleunigt das Trocknen von Druckfarben und kann durch Ab-klatsch bzw. Migration in das Lebens-mittel gelangen.Bei 16 (23 %) von insgesamt 71 unter-suchten Lebensmittelproben konnte ITX in der Verpackung nachgewiesen werden. Während bei Kartonverbun-den die Zahl ITX-haltiger Verpackungs-proben auf dem Markt aufgrund der Umstellung auf ein anderes Druckver-fahren abgenommen hat, enthielt der überwiegende Teil der Kunststoffbe-cher weiterhin ITX. In den Kunststoff-bechern konnte zudem noch ein wei-terer Druckfarbenbestandteil, Diethyl-thioxanthon (DTX), nachgewiesen werden. Die ITX- bzw. DTX-Gehalte im Lebensmittel, hier Joghurt, lagen unter 0,05 mg / kg. DTX ist wie ITX toxi-kologisch nicht vollständig bewertet. Bei Gehalten unter 0,05 mg / kg Le-bensmittel ist von keinem erbgutver-änderndem Potenzial auszugehen.

Bedarfsgegenstände mit Lebensmittelkontakt Jahresbericht 2006 75

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Guten Appetit?

Wenn Lebensmittel nach

Kunststoff schmecken

Auch 2006 wurden wieder zahlrei-che sensorische Prüfungen von Ge-genständen mit Lebensmittelkontakt durchgeführt. Grundsätzlich gilt hier-bei, dass Lebensmittel durch diese Materialien geruchlich und geschmack-lich nicht beeinflusst werden dürfen. Leider wird diese Anforderung, wie die nachfolgende Tabelle zeigt, nicht immer erfüllt:

Um die stofflichen Ursachen der or-ganoleptischen Veränderung von Le-bensmitteln, z. B. durch Polyethylenfo-lienbeutel, aufzuklären und aus den Er-gebnissen ggf. Handlungsoptionen für Hersteller ableiten zu können, wurde 2006 eine Diplomarbeit in Zusammen-arbeit mit dem Lebensmittelchemi-schen Institut der Universität Hohen-heim durchgeführt: Hier wurde anhand eines konkreten Produktbeispiels un-tersucht, welche Stoffe maßgeblich zu den sensorischen Veränderungen beitragen und wo die Quellen dieser Stoffe zu suchen sind. Die Ergebnis-se zeigen, dass die zum Off-Flavour führenden Aromastoffe z. T. bereits im Ausgangsmaterial zu finden sind, der größte Anteil jedoch bei der Folienher-stellung selbst entsteht.

Probenart Proben Auffällige Proben

Anzahl Anzahl %

Schnabelbecher für Kinder 14 6 43Trinkrucksäcke 7 (16) * 2 (9) * 29 (56) *Trinkflaschen 12 – –Softkühltaschen 4 2 50Mikrowellengeschirr 19 6 32Gefrierdosen 14 2 14Gefrierbeutel 4 4 100

Tabelle: Sensorische Prüfungen von Gegenständen mit Lebensmittelkontakt* ( ) Ergebnisse aus 2005

Nickelfrei kochen!

Nickel, das als Bestandteil verschie-denster Legierungen in zahlreichen metallischen Küchengeräten und -utensilien vorkommt, ist eines der häufigsten Kontaktallergene. Über die Nahrung aufgenommen verursacht es weniger Beschwerden als bei Haut-kontakt, allerdings kann es bei oraler Aufnahme zu Aufflammreaktionen bei bestehenden Allergien kommen. Aus diesem Grund wurde in den “Guideli-nes on metals and alloys used as food contact materials“ des Council of Eu-rope für den Übergang von Nickel in Lebensmittel ein maximal zulässiger Wert von 0,1 mg Nickel pro kg bzw. l Lebensmittel festgelegt (0,05 mg / l für Wasserkocher). Zudem wird empfoh-len, keine vernickelten bzw. nickelbe-schichteten Lebensmittelbedarfsge-genstände zu verwenden.Von insgesamt 38 untersuchten Le-bensmittelbedarfsgegenständen konnte bei 3 Proben (Kaffeemaschi-nen, Pfeffermühle) – selbst bei wie-derholtem Kontakt – ein Übergang auf das Lebensmittel größer 0,1 mg / kg nachgewiesen werden. Diese Proben wurden beanstandet.

Antibakteriell ausgerüstete

Pfannen, kritisch bewertet

In Laufe des Jahres 2006 wurde das CVUA Stuttgart auf Pfannen mit an-tibakteriell ausgerüsteter Keramikin-nenfläche aufmerksam. Der Hersteller lobt diese Neuheit auch auf seiner In-ternetseite als seinen Beitrag für mehr Hygiene in der Küche aus: „Edelme-tall-Ionen wirken permanent an der Innenfläche der Pfannen aktiv gegen Bakterien, Wachstum und Verbreitung von Bakterien wird gehemmt, gezielte Prophylaxe beim Zubereiten, Servie-ren und Aufbewahren von Speisen.“Vonseiten der Lebensmittelüberwa-chung wird eine antibakterielle Aus-rüstung von Lebensmittelkontaktma-terialien sehr kritisch gesehen. Der Verwender könnte zu mangelhafter Hygiene verleitet werden. Außer-dem sind Wirkung und Nutzen letzt-lich durch die Verbraucher nicht nach-prüfbar, insbesondere im häuslichen Bereich. Hinzu kommt, dass im spe-ziellen Fall der Pfannen eine antibak-terielle Ausrüstung der Innenfläche keinen Sinn macht, da die Hitze beim Braten oder Kochen eine stärkere und vor allem weiter ins Innere des Lebensmittels reichende keimtötende Wirkung hat.Derzeit bieten die rechtlichen Vorschrif-ten keine Möglichkeit, die antibakte-rielle Ausrüstung von Pfannen oder anderem Kochgeschirr zu verbieten, solange konservierende Stoffe nur an der Oberfläche der Materialien wirken und nicht in das Lebensmittel überge-hen. Jedoch darf die Aufmachung der Produkte und die Werbung dazu beim Verbraucher keine falschen Erwartun-gen wecken oder ihn auf eine andere Art und Weise irreführen.

76 Lebensmittelüberwachung BW Teil III: Produktgruppe Bedarfsgegenstände

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Was bedeutet Nano?

Enthalten „Nano-Produkte“ auch

wirklich „Nanopartikel“?

Unter Nanopartikeln werden üblicher-weise Partikel mit einem Durchmesser kleiner 100 nm angesehen. Haushalts-produkte mit Nanopartikeln werden zunehmend auf dem Markt angebo-ten und auch massiv beworben.

Im Frühjahr sorgten „Nano-Sprays“ eines baden-württembergischen Her-stellers für Aufregung. Bereits wenige Tage nach der Markteinführung hatten sich ca. 100 Personen mit Atemwegs-beschwerden bei den Giftinformati-onszentren gemeldet.

Aufgrund der teilweise schwerwie-genden Erkrankungsfälle wurden die Sprays wegen der offensichtlichen Gesundheitsgefahren als nicht ver-kehrsfähig beurteilt und öffentlich zu-rückgerufen.In den Sprays wurden die Lösungs-mittel Ethanol und Dimethylether identifiziert, dies sind gebräuchliche Lösungsmittel, die z. B. auch in Haar-sprays verwendet werden. Nach-weis- oder Bestimmungsverfahren für Nanopartikel stehen derzeit nicht zur Verfügung. Die durchgeführten sonstigen Untersuchungen und die Angaben im Sicherheitsdatenblatt führten aber nicht zu Erkenntnissen, die Rückschlüsse auf die Ursachen für die aufgetretenen Atemwegserkran-kungen erlaubt hätten.

Die Versiegelung der Gegenstände sollte laut Herstellerangaben durch Besprühen von Flächen mit anschlie-ßendem Einpolieren erfolgen. Die Sprays sollten auch für sehr große Flächen wie z. B. Badenwannen oder Fliesenwände verwendet werden. Bei der Anwendung der Sprays entstehen feine Sprühnebel (Aerosole), die sehr lange in der Luft bleiben. In kleinen Bädern oder Toiletten mit schlechter Belüftung ist es unausweichlich, dass diese Aerosole auch eingeatmet wer-den.

Bedarfsgegenstände zur Reinigung und Pflege sowie sonstige Haushaltschemikalien

Bedarfsgegenstände, die gefährliche Produkte im Sinne des Chemikali-

enrechtes sind, müssen entsprechend ihrer chemischen Zusammenset-

zung sicher verpackt sein. Die Angaben auf den Verpackungen müssen

Verbraucher über die Gefahren, die bei der Aufbewahrung oder An-

wendung bestehen, informieren. Warnhinweise und Gefahrensymbole

müssen so angebracht sein, dass sie deutlich sichtbar sind und nicht in

Werbetexten und Anwendungshinweisen, die teilweise mehrsprachig

auf den Etiketten vorhanden sind, „untergehen“.

Die Beanstandungsquote bei den un-tersuchten Wasch- und Reinigungs-mitteln war mit 42 % (190 von 450 Proben) sehr hoch. Sie ist in erster Linie auf Kennzeichnungsmängel zu-rückzuführen. Nicht alle Hersteller hat-ten die Kennzeichnung ihrer Produkte fristgerecht an die erweiterten Kenn-zeichnungsvorschriften der Detergen-zien-Verordnung der EU angepasst.

Kunststoffreiniger mit Vanille-

aroma – und das ohne Gefahren-

kennzeichnung

Auf dem Etikett eines für jedermann erhältlichen Kunststoffreinigers waren keine Gefahren- oder Warnhinweise vorhanden. Die Flüssigkeit roch ange-nehm nach Vanille. Aufgrund der che-mischen Zusammensetzung und der physikalischen Eigenschaften (niedrige Viskosität und niedrige Oberflächen-spannung) musste die Probe wegen des daraus resultierenden Aspirations-risikos aber als gesundheitsschädlich mit dem Warnhinweis „Gesundheits-schädlich: Kann beim Verschlucken Lungenschäden verursachen“ einge-stuft werden und hätte dementspre-chend mit Sicherheitshinweisen ver-sehen werden müssen. Der Behälter der Probe war außerdem nicht mit einem kindergesicherten Verschluss ausgestattet und es fehlte das ertast-bare Warnzeichen für Sehbehinderte.Für Anwender des Produktes ist an der Aufmachung und durch das Feh-len einer Gefahrenkennzeichnung nicht erkennbar, dass die Flüssigkeit eine Gefahr bei der Anwendung oder für Personen im Haushalt darstellen kann wie beispielsweise für Kleinkin-der oder verwirrte Menschen. Die Pro-be war deshalb nicht verkehrsfähig.

Duftöle – natürlich und ungefähr-

lich?

Bei vielen natürlichen Ölen besteht aufgrund des Anteils an Kohlenwas-serstoffen und der physikalischen Ei-genschaften (niedrige Viskosität und niedrige Oberflächenspannung) ein Aspirationsrisiko. Öle, die die Stoffe Limonen oder Citral in einer Menge > 1 % enthalten, wer-den als reizend eingestuft und müs-sen mit dem Warnhinweis „Sensibi-lisierung durch Hautkontakt möglich“ gekennzeichnet werden. Ab Gehalten von 20 % ist die Angabe „Reizt die Haut“ vorgeschrieben. Öle, die we-gen des Aspirationsrisikos mit dem Gefahrensymbol „gesundheitsschäd-lich“ gekennzeichnet sind, benötigen nicht zusätzlich das Gefahrensymbol „reizend“.

Von 22 Proben ätherischer Öle wiesen 16 Proben, von denen 15 gefährliche Flüssigkeiten waren, Kennzeichnungs-mängel auf. Im Vergleich zu den Vor-jahren war häufiger bei der Kennzeich-nung das Aspirationsrisiko berücksich-tigt worden. Es fehlten jedoch bei 9 Proben die Kennzeichnungselemente, die wegen der hautreizenden, sensi-bilisierenden und umweltgefährden-den Eigenschaften von Limonen er-forderlich sind. Bei 2 Proben fehlten Gefahrensymbole, Warnhinweise und Sicherheitsratschläge fast vollständig. Weitere Kennzeichnungsmängel wa-ren fehlende oder unvollständige An-gabe des Herstellers, zu kleine Schrift-größe oder verwischte Aufdrucke.

Bedarfsgegenstände zur Reinigung und Pflege Jahresbericht 2006 77

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TabakwarenDas Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) wurde mit der Abklärung beauftragt, ob Nanopartikel die Ur-sache für die Gesundheitsbeschwerden waren oder ob die Erkrankungen durch andere, bereits in traditionellen Imprägniersprays bekannt gewordene Gefahrstoffe her-vorgerufen wurden. Zwischenzeitlich hatte der Hersteller aber mitgeteilt, dass in den Sprays gar keine Nanopartikel enthalten sei-en. Mit der Bezeichnung sollte lediglich zum Ausdruck gebracht werden, dass durch Anwendung des Sprays sehr dünne Beschichtungen im Nanometerbereich zu erzielen sind. Nanopartikel konnten somit nicht die Ur-sache für die Erkrankungen gewesen sein. Inwieweit andere Bestandteile des Produktes die Symptome ver-ursacht haben, konnte letztendlich nicht geklärt wer-den. Fest steht nur, dass eine gleichartige Flüssigkeit in Form eines Pumpsprays schon mehrere Jahre ohne Meldung von Beeinträchtigungen im Verkehr war. Daher bleibt nur die Hypothese, dass das Einatmen der feinst verteilten Flüssigkeit im Aerosol für die Beschwerden verantwortlich war. Welche toxikologischen Mechanis-men zugrunde liegen, sollen weitere Studien des BfR klären.

Fazit: Nicht alle Produkte, die mit der Bezeichnung „Nano“ beworben werden, enthalten tatsächlich Na-nopartikel.

Zigaretten

Nach einer Vereinbarung zwischen dem Ministerium für Ernährung und Länd-lichen Raum Baden-Württemberg und dem Ministerium für Umwelt und Fors-ten Rheinland-Pfalz werden die in Rheinland-Pfalz im Rahmen der amtlichen Überwachung zu untersuchenden Zigarettenproben am Chemischen und Ve-terinäruntersuchungsamt Sigmaringen auf die Rauchinhaltsstoffe Nikotin, Kon-densat und Kohlenmonoxid überprüft. Im Berichtsjahr waren dies 30 Proben. Beanstandungen aufgrund der stoffl ichen Zusammensetzung bzw. aufgrund von Höchstwertüberschreitungen waren nicht gegeben.

In Deutschland wurden im Jahr 2006 Tabakwaren im Wert von 23 Milliar-

den Euro versteuert. Das waren rund 859 Millionen Euro weniger als im

Vorjahr (– 3,6 %). Die Zahl der produzierten Zigaretten hat sich um 2,5 %

verringert. Pro Tag werden in Deutschland ca. 263 Millionen Zigaretten

konsumiert. Damit kommen auf jeden potenziellen Verbraucher 4 Ziga-

retten pro Tag und jeden sechsten Tag eine Zigarre. Deutlich verringert

hat sich die abgesetzte Menge beim Feinschnitt (– 31 %). Dies ist vor

allem auf die steuerliche Anhebung von Feinschnitt auf den Steuersatz

von Zigaretten zurückzuführen.

Das Tabaklabor des Chemischen und Veterinäruntersuchungsamtes Sig-

maringen wurde auch im Jahr 2006 vom MLR Baden-Württemberg als

Prüfl aboratorium gemäß der Tabakprodukt-Verordnung zugelassen und

der Europäischen Union gemeldet.

Zusatzstoffe mit Informationen über eingesetzte Mengen, die Funktion im Produkt und toxikologische Daten. Diese Listen werden seit 2002 in ei-ner aggregierten Zusammenstellung auf den Internetseiten des BMELV (www.verbraucherministerium.de) veröffentlicht.

Die Zuständigkeit für die qualitative und quantitative Überprüfung der von den Herstellern und Einführern übermittelten Daten liegt bei den je-weiligen Bundesländern. Das Chemi-sche und Veterinäruntersuchungsamt Sigmaringen wurde vom Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum Baden-Württemberg beauftragt, die Überprüfung durchzuführen. Dabei werden Untersuchungen auf folgende Zusatzstoffe und Parameter durchge-führt: Glucose, Fructose und Saccha-rose, Glycerol, Propylenglycol und Sor-bitol, Benzoesäure und Sorbinsäure, Wassergehalt, p-Hydroxybenzoesäu-re-(PHB-)Methylester, PHB-Ethyles-ter und PHB-Propylester, Kakaoanteil

Zusatzstoffe in Zigaretten

Im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) wurde im Jahr 2005 eine Arbeitsgruppe „Tabak-waren“ unter der Leitung eines Mit-arbeiters des Chemischen und Veteri-näruntersuchungsamtes Sigmaringen gegründet. In drei Sitzungen hat die Arbeitsgruppe verschiedene Vorschlä-ge für eine Prüfstrategie zur toxikolo-gischen Bewertung von Zusatzstoffen in Tabakerzeugnissen diskutiert. Ziel der Arbeitsgruppe ist es, dem BMELV Prüfstrategien als Entscheidungshilfe für die Bewertung von Zusatzstoffen vorzulegen.Derzeit werden für den deutschen Zi-garettenmarkt bis zu 600 Zusatzstof-fe verwendet, die gesetzlich geregelt und erlaubt sind. Für die Herstellung einer bestimmten Marke wird jedoch nur ein kleiner Teil davon eingesetzt. Seit 2001 sind die Hersteller von Ta-bakerzeugnissen zur Offenlegung sämtlicher verwendeter Zusatzstoffe verpfl ichtet. Dies beinhaltet eine voll-ständige Aufl istung der verwendeten

78 Lebensmittelüberwachung BW Teil III: Produktgruppe Tabakwaren

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stellung der Zigarettenfilter und des Papiers eine Rolle. Dies sind z. B. die Farbstoffe für den Markenstempel, die Nahtleime oder Substanzen, die ein gleichmäßiges Verbrennen der Ziga-rette gewährleisten.

Viele der verwendeten Substanzen sind natürliche Stoffe oder daraus hergestellte Auszüge. Die meisten dieser Zusatzstoffe sind „generally recognised as safe“ (GRAS) für den Zusatz in Lebensmitteln und / oder in der FEMA-Liste (Flavour and Extract Manufactures Association) aufgelis-tet. Hervorzuheben ist dabei, dass als Tabakzusatzstoffe auch Substanzen eingesetzt werden (z. B. Zucker), die bereits als tabakeigene Inhaltsstoffe im Ausgangsprodukt enthalten sind.

Das Rauchen einer Zigarette ist ein komplexer Vorgang, bei dem verschie-dene Prozesse wie Verbrennung, Pyro-lyse, Destillation und thermaler Zerfall bei unterschiedlichen Temperatur- und Sauerstoffverhältnissen parallel ablau-fen. Wie bei jeder Verbrennung von

sowie Nikotin, Kondensat und Koh-lenmonoxyd im Zigarettenrauch. Zur Bestimmung weiterer Zusatzstoffe wird derzeit ein hausintern erprobtes Verfahren in den Routinebetrieb einge-führt, mit dem folgende Substanzen bestimmt werden können: Propylen-glykol, Pyridin, Benzaldehyd, 2-Ethyl-1-hexanol, Benzylalkohol, Acetophenon, Menthol, Phenylpropanol, Indol, Zimt-säuremethylester, Vanillin, Ethylvanil-lin, o-Phenylphenol, 6-Methylcumarin. Die Angaben der Hersteller zur Toxiko-logie der Zusatzstoffe werden mittels Literaturrecherchen überprüft.

Zusatzstoffe haben in der Zigarette

verschiedene Funktionen:

Die so genannten „Casing-Substan-zen“ sind Stoffe, die dem Tabak am Anfang des Produktionsprozesses zu-gefügt werden, wie Extrakte aus Apri-kosen, Äpfeln, Kakaoschalen, Karobe-Bohnen, Lakritz, Feigen, Ahorn, Rosi-nen und Sherry, aber auch Zucker und Feuchthaltemittel wie Propylenlykol, Glyzerin und Sorbitol. Casing-Substan-

zen sollen den Geschmack und die sensorische Qualität des Rauches der Blendmischung verbessern und einen bestimmten Geschmack verstärken und entwickeln. Außerdem trägt das Casing zu einem verbesserten Mund-gefühl und Rauchcharakteristik bei. In der Regel werden bei American-Blend- Mischungen ca. 1 % – 5 % des Tabak-gewichtes als Casing eingesetzt.

Top-Flavors sind u. a. wichtig für das Markenprofil. Sie werden dem Tabak erst nach dem Trocknen und Schneiden in Gehalten von ca. 0,1 % zugefügt. Ty-pische Beispiele hierfür sind Menthol, Anisol, Vanillin und verschiedene äthe-rische Öle. Es handelt sich dabei um leicht flüchtige aromatische Substan-zen. Viele Aromastoffe gehen nahezu unverändert in den Rauch über. Von 291 untersuchten Einzelzusatzstoffen gehen 184 Substanzen, also zwei Drit-tel, zu über 95 % unverändert in den Rauch über.

Neben diesen Tabakzusatzstoffen spielen auch Zusatzstoffe bei der Her-

Tabakwaren Jahresbericht 2006 79

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organischem Material entsteht auch bei der Verbrennung von Tabak – unab-hängig von allen Zusatzstoffen – eine Vielzahl an toxischen und kanzeroge-nen Substanzen.

Insgesamt konnten bisher über 4 800 verschiedene Substanzen im Zigaret-tenrauch identifiziert werden, darunter sind 69 als eindeutig kanzerogen ein-gestuft. In den USA wurde in Zusam-menarbeit von Wissenschaftlern und regulierenden Behörden eine Liste mit den wichtigsten toxischen Verbindun-gen im Zigarettenrauch zusammen-gestellt, die als relevant für rauchbe-dingte Erkrankungen gelten. Diese so genannte Hoffmann-Liste umfasst 44 Substanzen. Die Hoffmann-Analysen werden neben anderen gemessenen Substanzen auch benutzt, um den Ein-fluss von Zusatzstoffen auf die Rauch-zusammensetzung zu bewerten.

Neue Produkte

Die Industrie hat auf das Rauchverbot in öffentlichen Räumen reagiert und bietet verstärkt rauchlose, nikotinhal-tige Produkte wie z. B. nikotinhaltiges Bier und zigarettenartige Inhalations-geräte an. Dadurch dürften zukünftig vermehrt Fragestellungen zur rechtli-chen Zuordnung solcher Erzeugnisse auftreten.

Bei einer Neubewertung der zuge-lassenen Zusatzstoffe sollten die Ver-änderungen in der Rauchzusammen-setzung, z. B. durch die Bestimmung verschiedener Hoffmann-Substanzen und die Veränderungen in der Toxizität, bei der Gesamtbewertung mit berück-sichtigt werden. Da bei Verbrennungs-prozessen immer toxische oder kanze-rogene Substanzen entstehen, wäre eine Prüfung von einzelnen Zusatz-stoffen, isoliert von der Matrix Tabak, nicht sinnvoll. Wichtig für den Verbrau-cher ist der Gehalt an toxischen Sub-stanzen im Hauptstromrauch, also die Situation nach der Pyrolyse von Tabak mit der Gesamtheit aller verwendeten Zusatzstoffe.

Durch die Verwendung von Zusatzstof-fen sollen keine zusätzlichen Gefahren für den Raucher entstehen. Deshalb müssen vergleichende Untersuchun-gen der Rauchbestandteile einer Ta-

Wasserpfeifentabak

Im Berichtsjahr wurden 24 Proben Wasserpfeifentabak auf ihre Gehalte an Feuchthaltemitteln überprüft. Die gesetzliche Höchstmenge von 5 % in der Summe aller Feuchthaltemittel wurde bei 7 Proben überschritten. Es ist zu be-obachten, dass vermehrt tabakfreie Produkte zum Rauchen in der Wasserpfeife in den Handel gelangen. Es handelt sich dabei um Fruchtmischungen mit hohem Honig- bzw. Melasseanteil. Rund 100 Millionen Menschen in Afrika, Asien und einigen mediterranen Ländern dürften täglich Wasserpfeifentabak rauchen. In Deutschland gibt es deutliche Hinweise auf eine weite Verbreitung, nicht nur unter den Mitbürgern aus Afrika bzw. Asien. Insbesondere unter Jugendlichen hat das Rauchen von Wasserpfeifentabak einen Kultstatus eingenommen.

Beim Rauchen einer Wasserpfeife wird der Tabak in den oben liegenden Tabak-kopf gepackt und mit einer durchlöcherten Metallfolie abgedeckt. Auf diese Me-tallfolie wird glühende Holzkohle gelegt. Der Tabakkopf sitzt auf der Rauchsäule. Über einen Schlauch wird der Rauch durch den tiefer liegenden Wasserbehälter gesogen und gelangt so in den Mund des Rauchers. Bei der Wasserpfeife wird der Tabak also nicht direkt verbrannt wie bei der Zigarette, sondern er wird durch die glühende Holzkohle erhitzt bzw. verschwelt. Die glühende Holzkohle trägt somit zur Zusammensetzung des Hauptstromrauches bei. Die Nikotinkonzen-tration im Wasserpfeifentabak weist erhebliche Unterschiede auf. Die Gehalte schwanken zwischen 3,4 mg Nikotin / g Tabak bis ca. 30 mg Nikotin / g Tabak.

Das Bundesinstitut für Risikobewertung untersucht in Zusammenarbeit mit dem Chemischen und Veterinäruntersuchungsamt Sigmaringen die Gehalte an Feuchthaltemitteln und Nitrosaminen im Tabak. Mit dem Nachbau einer Was-serpfeife im Labor sollen Untersuchungen auf die Gehalte von verschiedenen toxikologisch relevanten Substanzen im Hauptstromrauch erfolgen. Für diese Untersuchung wurde eine spezielle analytische Abrauchmaschine entworfen.

bakmischung ohne Zusatzstoffe und der Tabakmischung mit allen Zusatz-stoffen auf bestimmte toxische Sub-stanzen durchgeführt werden. Durch eine toxikologische Bewertung der Gehaltsverschiebungen kann eine Gesamtbewertung erfolgen. Bei Auf-fälligkeiten sind die einzelnen Zusätze zu überprüfen. Die Verwendung von Zusatzstoffen, die in der Liste der krebserregenden Stoffe aufgeführt sind, sollte bei der Herstellung von Tabakerzeugnissen grundsätzlich ver-boten werden.

Das Bundesministerium für Ernäh-rung, Landwirtschaft und Verbraucher-schutz hat einen Forschungsauftrag zu dieser Problemstellung an das Chemi-sche und Veterinäruntersuchungsamt Sigmaringen vergeben. Es soll der Einfluss ausgewählter Zusatzstoffe auf die toxikologisch relevanten Rauch-inhaltsstoffe überprüft werden.

80 Lebensmittelüberwachung BW Teil III: Produktgruppe Tabakwaren

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Teil IV :

SpezielleUntersuchungsbereiche

Themen:

Krankheitserregende Mikroorganismen

und mikrobiologische Besonderheiten 82

Mykotoxine 88

Marine und Süßwasser-Biotoxine 92

Pfl anzenschutzmittel und Organische

Kontaminanten 93

Öko-Monitoring 104

Pharmakologisch wirksame Stoffe 107

Lebensmittelallergene 111

Gentechnik in Lebensmitteln 114

Bestrahlung von Lebensmitteln 120

Radiochemische Untersuchungen 122

Industrie- und umweltbedingte

Kontaminanten 125

Dioxine und dioxinähnliche PCB 125Schwermetalle u. toxische Spurenelemente 129

Herstellungsbedingte Kontaminanten 131

Nitrosamine 131Polyzyklische aromatische Kohlen-wasserstoffe (PAK) 132Acrylamid 1333-MCPD 134Furan in Lebensmitteln 136

Stabilisotopen-Analytik 138

Jahresbericht 2006 81

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Im Jahr 2006 wurden in den Chemischen und Veterinäruntersuchungsämtern in Baden-Württemberg 18 990

Proben mikrobiologisch untersucht. Die mikrobiologischen Untersuchungen haben den qualitativen und

quantitativen Nachweis von verderbniserregenden Keimen, von Indikatorkeimen für mangelnde Hygiene

und von Keimen, die direkt oder indirekt eine Lebensmittel-Infektion oder -Intoxikation auslösen können, zum

Ziel. Aufgrund der Untersuchungen wurden 9,3 % der Planproben und 30,9 % aller Anlassproben beanstan-

det. 1 583 Proben (8,3 %) waren aufgrund des grobsinnlichen und mikrobiologischen Untersuchungsbefundes

„nicht mehr zum menschlichen Verzehr geeignet“ oder „im Genusswert gemindert“. 59 Proben (0,3 %) waren

geeignet, beim Verzehr durch den Menschen aufgrund ihrer mikrobiologischen Beschaffenheit gesundheitliche

Schäden hervorzurufen.

Krankheitserregende Mikroorganismen und

mikrobiologische Besonderheiten

Grafik: Anzahl der als gesundheits-

gefährdend beurteilten

Proben

Potenziell gesundheitsschädliche Lebensmittel und lebensmittelbedingte Erkrankungsfälle

Im Zusammenhang mit lebensmittelbedingten Erkrankungen wurden im Jahr 2006 insgesamt 461 Erkrankungsfälle (Erkrankung von 1 bis zu über 100 Personen) mit 1 546 Lebensmittelproben bearbeitet.Insgesamt wurden 59 Lebensmittelproben (Erkrankungsproben und andere Anlassproben sowie Planproben) als gesundheitsge-fährdend beurteilt, weil Erreger von Lebensmittel-Infektio-nen (Listeria monocytogenes, Salmonellen, Noro-Viren), Lebensmittel-Intoxikationserreger (Verotoxin-bildende E. coli, Staphylococcus aureus, Bacillus cereus) oder mikrobiell verursachte toxische Eiweißabbauprodukte (Histamin) nachgewiesen wurden (siehe Grafik).Darüber hinaus gab es Lebensmittel, die aufgrund anderer, nicht unmittelbar mikrobiologischer Ursa-chen (z. B. scharfkantige, spitze Fremdkörper etc.) als gesundheitsgefährdend beurteilt werden mussten. Siehe hierzu Kapitel III, Produktgruppen.

Listeria monocytogenes

Histamin

verotoxinbildende E. coli

Salmonellen

Staphylococcus aureus

Bacillus cereus

Noro-Viren

Krankheitserreger 2006

12

1

12

8

2

19

5

82 Lebensmittelüberwachung BW Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche

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Listerien-Untersuchungen

Bei Listeria monocytogenes handelt es sich um

grampositive Stäbchenbakterien, die in der Umwelt

weit verbreitet sind. Sie finden sich vor allem in tie-

rischen Ausscheidungen (Mist), Abwasser und dem

Erdboden. Werden Listerien in Lebensmittelbetrieben

nachgewiesen, ist dies in der Regel als Hinweis auf

eine mangelnde Betriebshygiene zu werten.

Listeria monocytogenes ist pathogen für zahlreiche Tier-arten. Beim Menschen gibt es kein spezifisches Krank-heitsbild. Bei immunkompetenten Patienten verläuft die Infektion meist stumm oder mit leichter, grippeähnlicher Symptomatik. Dagegen können die Erreger bei Patienten mit Abwehrschwäche schwere Infektionen (v. a. Sepsis, Meningoenzephalitis) verursachen. Die Listeriose während der Schwangerschaft kann zum Abort oder konnataler Lis-teriose führen. Bei empfindlichen Personengruppen kann Listeria monocytogenes bereits ab Keimgehalten von 100 – 1 000 KbE / g Erkrankungen auslösen. Daher wurde für diesen Keim in der EU-Verordnung Nr. 2073 / 2005 über mikrobiologische Kriterien ein strenger Grenzwert festge-setzt, der von den Lebensmit-telunternehmern einzuhalten ist. In verzehrsfertigen Lebensmitteln darf der Grenzwert von 100 KbE L. monocytogenes / g Lebensmittel bis zum Ende der Mindesthaltbarkeitsfrist nicht überschritten werden.

Von 8 039 durchgeführten Untersuchungen auf Listerien verliefen 248 mit positivem Ergebnis. Durch weitere Diffe-renzierungen konnte hierbei in 94 Fällen (= 1,2 %) Listeria monocytogenes nachgewiesen werden. Am häufigsten wurde Listeria monocytogenes bei Fischerzeugnissen nachgewiesen (42 Nachweise). Wegen der Überschreitung des o. g. Grenzwertes wurden 19 verzehrsfertige Lebens-mittel als gesundheitsschädlich beurteilt. Dabei handelte es sich überwiegend um vakuumverpackte Räucherfisch-waren und Weichkäsesorten.

Tabelle:Am häufigsten mit Listeria mono-cytogenes konta-minierte Lebens-mittel 2006

Lebensmittel Listeria monocytogenes positiv (Anzahl Proben)

Fisch und Fischerzeugnisse, v. a. vakuumverpackter Räucherfisch 42Geflügelfleisch, roh 10Frischfleisch (ohne Geflügel) 11Erhitzte Fleischerzeugnisse, z. B. Brühwurstaufschnitt, verpackt 5Feinkostsalate 5Hackfleisch, Hackfleischerzeugnisse, roh 4Stabilisierte Fleischerzeugnisse, z. B. Zwiebelmettwurst, Teewurst 4Milch, Milcherzeugnisse, v. a. Weichkäse 4Sonstige 9

Salmonellen-Untersuchung: deutlich weniger Erkrankungen als im Vorjahr

Eine Lebensmittelvergiftung durch Salmonellen führt

in der Regel 12 bis 36 Stunden nach dem Verzehr

des Lebensmittels zu Symptomen wie Kopfschmerz,

Unwohlsein, Erbrechen, Leibschmerzen, Fieber bis

ca. 38 °C und Durchfälle. Die Schwere der Erkrankung

ist bei Kleinkindern und alten Menschen am ausge-

prägtesten.

Von 9 000 Untersuchungen auf Salmonellen verliefen 115 (= 1,3 %) positiv. Naturgemäß erfolgten aus Geflügelfleisch die häufigsten Salmonellen-Nachweise (33 Fälle = 9,6 % aller Geflügelfleischproben). Die am häufigsten nachge-wiesenen Salmonellenserovare waren S. Typhimurium (39 Fälle) und S. Hadar (14 Fälle). Gegenüber dem Vorjahr gab es deutlich weniger durch Salmonellen bedingte Erkran-kungsfälle. Während im Jahr 2005 noch 39 Lebensmittel wegen Salmonellen als gesundheitsschädlich beurteilt wur-den, waren dies im Jahr 2006 nur noch 8. Wir vermuten, dass diese Entwicklung auf den Rückgang der Verbreitung von Salmonella Enteritidis im Schlachtgeflügel und in Eiern zurückzuführen ist. 40 Salmonella-Enteritidis-Nachweisen im Jahr 2005 stehen nur 11 Nachweise des virulenten Se-rotyps im Jahr 2006 gegenüber. Ob sich hier bereits die Salmonellen-Tilgungsmaßnahmen nach der Hühner-Salmo-nellen-Verordnung auswirken, wird die weitere Entwicklung zeigen.

Salmonellen in Bandnudeln

In einer von einem Wochenmarkt stammenden, planmäßig entnommenen Probe Bandnudeln eines kleinen Teigwaren-herstellers wurden Salmonellen nachgewiesen.Rohe trockene Teigwaren sind zwar nicht per se zum Roh-verzehr bestimmt, zu den normalen Bedingungen ihrer Ver-wendung gehört jedoch bei bestimmten Verbrauchergrup-pen (z. B. gerade auch bei Kleinkindern) das Lutschen und Kauen in rohem Zustand. Nach vernünftigem Ermessen kann nicht erwartet werden, dass trockene Teigwaren vom Verbraucher immer nur nach vorheriger Durcherhitzung ver-zehrt werden. Die Probe wurde deshalb als gesundheits-schädlich beurteilt.

Abb:Salmonellen im Labor

Krankheitserregende Mikroorganismen … Jahresbericht 2006 83

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Listeria monocytogenes in Räucherlachs

Wie bereits in den vergangenen Jahren beobachtet, ist Räucherlachs ein potenzieller Träger von Listeria-monocy-togenes-Keimen. Um ihre Vermehrung und das Erreichen einer gesundheitsgefährdenden Konzentration vor Errei-chen des auf Fertigpackungen angegebenen Verbrauchs-datums zu verhindern, ist es unbedingt notwendig, dass der Räucherlachs ununterbrochen nicht über der auf der Packung angegebenen Maximaltemperatur (in der Regel + 4 °C) gelagert wird. Im vorliegenden Fall war vakuumverpackter Räucherlachs in einem Lebensmittel-Einzelhandelsgeschäft bei einer Tem-peratur von + 10,5 °C gelagert worden. Die Untersuchung der im Rahmen einer Betriebsbegehung eine Woche vor Ablauf des auf der Packung angegebenen Verbrauchsda-tums entnommenen Verdachtsprobe ergab den Nachweis von 3 500 Listeria-monocytogenes-Keimen je Gramm. Der Räucherlachs wurde deshalb als gesundheitsgefährdend beurteilt, und die unschädliche Beseitigung der noch vor-handenen Restware wurde veranlasst.

So ein Käse!

Der o. g. Grenzwert für Listeria monocytogenes wurde von 2 untersuchten Sauermilchkäsen (Mainzer Käse, Olmützer Quargel) nicht eingehalten. Sie wiesen Gehalte von 15 000 bzw. 13 000 KbE / g auf. Als besonders kritisch sind diese Befunde zu beurteilen, weil die kontaminierten Produkte

häufi g gerne von älteren Verbrauchern kon-sumiert werden, deren Immunabwehr

aufgrund von Grunderkrankungen geschwächt sein kann. Die Proben

des Sauermilchkäses waren im Zusammenhang mit einer Rück-rufaktion einer Käserei erhoben worden. Der Hersteller hatte bei seinen Eigenkontrollunter-suchungen festgestellt, dass

mehrere Chargen des Sauer-milchkäses im erheblichen Um-

fang mit L. monocytogenes belas-tet waren. Daher hatte die Käserei kurz

vor Weihnachten die Verbraucher mit einer öffentlichen Warnung über die Medien vor dem Verzehr bestimmter Käsesorten (u. a. Harzer, Mainzer, Olmützer Quargel) gewarnt. Im zeitlichen Zusammenhang mit dieser Rückrufaktion verzeichneten die Gesundheitsbehörden ei-nen auffälligen Anstieg der Listeriose-Erkrankungen beim Menschen. Nach Aussage des Landesgesundheitsamtes konnten bereits in 6 Erkrankungsfällen ein Zusammenhang mit dem Verzehr von mit L. monocytogenes kontaminierten Käse nachgewiesen werden.

Unbekömmliche gebratene Ente

Ca. 5 Stunden nach dem Verzehr von gebratener Ente an einem China-Imbissstand klagte ein junger Mann über Übelkeit, Durchfall und Erbrechen. Eine am folgenden Tag im Imbissbetrieb von der zuständigen Lebensmittelüber-wachungsbehörde entnommene Verdachtsprobe wurde mikrobiologisch untersucht. Dabei stellte sich heraus, dass die gebratene Ente hochgradig mikrobiell kontaminiert war (Gesamtkeimgehalt 140 Millionen Keime / g). Da gebratene Ente infolge des vorausgegangenen Bratvorgangs praktisch keimfrei ist, muss die Ente im vorliegenden Fall unsach-gemäß (zu lange und / oder unzureichend gekühlt) gelagert worden sein. Dies begünstigte auch die Vermehrung des Keimes Listeria monocytogenes, der in einer Konzentration von ca. 17 000 Keimen je Gramm nachgewiesen werden konnte. Auch wenn in diesem Fall Listeria monocytoge-nes wahrscheinlich nicht die Ursache für die beschriebe-nen Krankheitserscheinungen war, wurde die gebratene Ente aufgrund des hohen Gehaltes an Listeria monocyto-genes als geeignet beurteilt, die menschliche Gesundheit zu schädigen.

Abb:Listerien im Labor

Bacillus-cereus-Untersuchungen

Bacillus cereus ist ein Umweltkeim, aber auch

ein potenzieller Lebensmittelvergifter und

Enter o toxinbildner, dessen unterschiedliche

Toxine entweder Durchfall (Diarrhoe-Toxin)

oder Übelkeit und gelegentlich Erbrechen

(emetisches Toxin) hervorrufen.

Zur Auslösung einer Lebensmittelvergiftung durch Bacillus cereus werden in der Literatur Mindest-keimgehalte zwischen 105 und 106 / g Lebensmittel genannt. Von der Deutschen Gesellschaft für Hygi-ene und Mikrobiologie (DGHM) wird als Bacillus-cereus-Warnwert für die meisten Lebensmittel eine Menge von 104 Keimen / g angegeben.

Auch Cereus-Bazillen mögen gekochte Nudeln

Etwa 6 Stunden nach dem Verzehr von gekochten Nudeln mit Hackfl eischsoße auf einer privaten Feier erkrankten 5 Personen an Kopfschmerzen, Erbre-chen, Durchfall und Bauchkrämpfen. Reste des Es-sens gelangten daraufhin zur Untersuchung. Wäh-rend die Hackfl eischsoße mikrobiologisch unauffällig war, wurden in den gekochten Nudeln hohe Gehalte an Bacillus cereus nachgewiesen. Mit sehr großer Wahrscheinlichkeit dürfte dies auch der Grund für die beschriebenen Erkrankungen gewesen sein. Bacillus cereus fi ndet besonders gute Wachstums-bedingungen auf feuchten, stärkehaltigen Lebens-mitteln. Deshalb sollten gekochte Nudeln, gekochter Reis o. Ä. stets ausreichend gekühlt und nie über mehrere Tage vorrätig gehalten werden.

84 Lebensmittelüberwachung BW Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche

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Krank durch Hähnchen vom

Imbissstand

Etwa 1 Stunde nach dem Verzehr von gegartem Hähnchenfleisch an einem Imbissstand erkrankte eine Person mit den Symptomen Durchfall und Erbre-chen. Gebratenes Hähnchenfleisch, das daraufhin in dem Imbissbetrieb als Verdachtsprobe entnommen wurde, wurde im CVUA Stuttgart auf mögli-che mikrobielle Lebensmittelvergifter sowie auf deren Toxine untersucht. Die Untersuchung ergab zwar den Nach-weis von relativ wenigen Staphylococ-cus-aureus-Keimen, jedoch verlief der Nachweis des Staphylokokken-Ente-rotoxins positiv. Dieser Befund deutet darauf hin, dass es bereits vor dem Garen des Hähnchenfleisches zu ei-ner Staphylokokken-Vermehrung und Toxinbildung gekommen war. Ursäch-lich hierfür dürfte eine unsachgemäße Lagerung (zu lange und / oder zu warm) gewesen sein. Durch den anschließen-den Garprozess waren die Staphylo-kokken-Keime größtenteils abgetötet worden, während das hitzestabile En-terotoxin durch den Garprozess nicht inaktiviert wurde. Ein Zusammenhang zwischen dem Verzehr des gegarten Hähnchenfleisches und der beschrie-benen Erkrankung war deshalb mit großer Wahrscheinlichkeit gegeben. Die Probe wurde als gesundheitsge-fährdend beanstandet.

Staphylococcus-aureus-Untersuchungen

Staphylococcus aureus ist ein potenzieller Lebensmittelvergifter. Voraus-

setzung für eine Erkrankung ist jedoch, dass der Keim in Lebensmitteln

bestimmte Giftstoffe, so genannte Enterotoxine, bildet. Nicht alle Stäm-

me sind in der Lage, diese Giftstoffe zu bilden.

Staphylococcus aureus kommt bei sehr vielen Menschen im Nasen-Rachen-Raum, auf der Haut, in den Haaren, aber auch in eiternden Wunden vor. Werden Lebensmittel infolge von mangelhafter Personalhygiene mit Staphylococcus aureus kontaminiert und danach unsachgemäß (zu lange und ohne ausreichende Kühlung) gelagert, können sich die Staphylokokken massenhaft vermehren und Enterotoxin bilden. Das von Staphylokokken gebildete Toxin ist hitzestabil. Es wird durch das Erhitzen des Lebensmittels in der Regel nicht inaktiviert.

Gesundheitsrisiko durch beschädigte Konservendosen

Clostridium-perfringens-Untersuchungen

Clostridium perfringens ist ein ubiquitär vorkommender Sporenbildner und in Lebensmitteln ab einer

Konzentration von 106 KbE / g ein potenzieller Lebensmittelvergifter.

fall handelte. Bei der beanstandeten Konservendose war der Dosenfalz beschädigt und Doseninhalt war aus-getreten. Offenbar konnten durch die beschädigte Stelle Staphylokokken-Keime in die Konserve eindringen, sich dort vermehren und Toxin bilden. Andere Dosen aus der gleichen Her-stellungscharge waren unbeschädigt. Die mikrobiologische und toxikologi-sche Untersuchung dieser Vergleichs-proben ergab keine Auffälligkeiten.

Die meisten Tiere scheiden Clost-ridium perfringens mit dem Stuhl aus, sodass eine Kontamination von rohem Fleisch nicht ungewöhn-lich ist. Kontaminationsquellen für Clostridium perfringens sind Fäka-lienspuren, Staub, Erdboden und Abwasser. Während des Stehen-lassens von hauptsächlich fertigen

Zubereitungen auf Fleischgrundlage bei Zimmertemperatur bzw. unge-nügender Kühlung können sich die Erreger in den zubereiteten Spei-sen innerhalb kurzer Zeit auf Kon-zentrationen von über 106 Keime / g Lebensmittel vermehren. Eine Ver-mehrung findet nur unter anaero-ben Verhältnissen statt.

Die Sporen sind teilweise hitzere-sistent. Durch erneutes Aufwärmen wird die stark erhöhte Keim- / Spo-renzahl nicht unbedingt ausreichend verringert. Im Berichtszeitraum konnte allerdings kein Erkrankungs-fall auf Clostridium perfringens zu-rückgeführt werden.

Bereits eine Stunde nach dem Genuss von Hausmacher Schwartenmagen aus einer Konservendose stellten sich bei einem Mann Übelkeit, Magen-schmerzen, Erbrechen und schließ-lich starke Durchfälle ein. Neben anderen „Verdachtsproben“ wurde auch die Dose mit dem verbliebenen Schwartenmagen zur Untersuchung eingeschickt. Die mikrobiologische Untersuchung ergab den Nachweis von Staphylococcus aureus in großer Menge (750 000 KbE / g). Darüber hin-aus konnte aus dem Schwartenmagen mittels fluoreszenzimmunologischer Untersuchung (VIDAS) das Staphylo-kokken-Enterotoxin isoliert und nach-gewiesen werden. Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Ver-zehr des Schwartenmagens und der Erkrankung war somit gegeben. Der Schwartenmagen wurde als „gesund-heitsschädlich“ beanstandet.Weitere Nachforschungen ergaben, dass es sich hierbei um einen Einzel-

Krankheitserregende Mikroorganismen … Jahresbericht 2006 85

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Campylobacter-Untersuchungen

Thermophile Campylobacter-Keime (C. jejuni und C. coli) sind nach

Angaben des Bundesinstitutes für Risikobewertung (BfR) neben Salmo-

nellen die häufi gsten bakteriellen Verursacher von lebensmittelbeding-

ten Darminfektionen in Deutschland. Trotzdem gelingt es nur selten, den

Zusammenhang zwischen dem Verzehr eines bestimmten Lebensmittels

und einer Campylobacter-Erkrankung nachzuweisen. Dies liegt daran,

dass Campylobacter-Infektionen mit einer meist mehrere Tage dauern-

den Inkubationszeit einhergehen. Wenn erste Erkrankungssymptome

auftreten, wird ein vor mehreren Tagen verzehrtes Lebensmittel in der

Regel nicht mehr als Ursache der Erkrankung angenommen bzw. es

steht für eine Untersuchung nicht mehr zur Verfügung.

ser Teil gelangte zur mikrobiologischen Untersuchung. Hierin wurde ebenfalls Campylobacter jejuni nachgewiesen.Unter Berücksichtigung der langen Inkubationszeit bei Campylobacter-In-fektionen kann nicht ausgeschlossen werden, dass die in den Hähnchenle-bern nachgewiesenen Campylobacter-Keime für die Erkrankungen ursäch-lich waren. Dies kann aber nur der Fall gewesen sein, wenn die Hähnchenle-bern entgegen dem bestimmungsge-

mäßen Gebrauch vor dem Verzehr nicht ausreichend durch-erhitzt worden sind oder wenn es durch unsachgemäßen Umgang mit den rohen Lebern im Küchenbereich zu einer Kontamination anderer Lebensmittel (z. B. des Salates) und / oder Bedarfsgegenstände gekommen ist.

Eine Campylobacter-Infektion geht in der Regel mit den Symptomen Durchfall, Erbrechen und Fieber einher. Routi-nemäßig werden daher alle Proben, die im Zusammenhang mit fi eberassoziierten Erkrankungen eingeschickt wurden,

auf Campylobacter untersucht. Einen weite-ren Untersuchungsschwerpunkt bildet

die Untersuchung von rohem Gefl ü-gelfl eisch, da dieses sehr häufi g

mit Campylobacter-Erregern be-lastet ist. Untersuchungen auf thermophile Campylobacter-Keime wurden an 1 165 Lebens-mitteln durchgeführt, 83 Proben davon waren positiv (= 7,1 %).

Die meisten positiven Befunde betrafen den Nachweis von C. jejuni

(55-mal) und C. coli (27-mal), in der Regel in rohem Gefl ügelfl eisch. Zwei-

mal wurden Campylobacter-Keime in Roh-milch nachgewiesen, einmal in Miesmuscheln (C. lari). Die positiven Befunde blieben lebensmittelrechtlich weit-gehend ohne Folgen: Bei einer bestimmungsgemäßen Behandlung durch ausreichende Durcherhitzung vor dem Verzehr des Gefl ügelfl eisches werden Campylobacter-Kei-me mit Sicherheit abgetötet. Gleiches galt für die beiden Nachweise in Rohmilch. Rohmilch darf nicht unerhitzt zum Verzehr gelangen. Deshalb schreibt die Milch-Verordnung vor, dass bei der Rohmilch-Abgabe ab Hof der Kunde, ggf. auch durch ein entsprechendes Schild an der Abgabestelle, darauf hingewiesen werden muss, dass die Milch vor dem Verzehr abzukochen ist.

Krank durch nicht durcherhitzte Hähnchenlebern?

Ein Ehepaar erkrankte gleichzeitig an Magenschmerzen, Übelkeit, Fieber und Brechdurchfall. Beide Personen muss-ten sich für 4 Tage in stationäre Behandlung im Kranken-haus begeben. Dort wurde in den Stuhlproben Campylo-bacter jejuni nachgewiesen. Die Eheleute hatten 2 Tage vor dem Ausbruch der ersten Krankheitssymptome gegarte Hühnerleber mit Sahnesoße und grünem Salat gegessen. Von den rohen Lebern war ein Teil eingefroren worden. Die-

Yersinia-enterocolitica-Untersuchungen

Nach oraler Infektion mit Y. enterocolitica kommt es nach einer Inkubationszeit von vier bis sieben Tagen zu akuten Magen-Darm-Störungen, deren Dauer zwischen wenigen Tagen bis Wochen variieren kann. Klinisch treten Durchfall, kolikartiger Bauchschmerz, Fieber, Übelkeit, blutiger Stuhl sowie Entzündungen im Halsbereich auf. Yersinien kommen im Darm von Tieren vor. Als In-fektionsquelle für die humane Yersiniose spielt ro-hes oder nicht vollständig durcherhitztes Schwei-nefl eisch (Hackfl eisch und Rohwürste) die größte Rolle. Als Ursache für die Kontamination des Flei-sches gelten einzelne, hygienisch problematische Verfahrensschritte beim Schlachtprozess und in der Verarbeitung. Da nicht alle Y.-enterocolitica-Stämme für den Men-schen pathogen sind, muss der Yersinien-Nachweis immer in Verbindung mit einem Pathogenitätsnach-weis (mittels PCR und / oder biochemisch) erfolgen. Nur wenn pathogene Yersinia enterocolitica nach-gewiesen werden, kann ein Gesundheitsrisiko ver-mutet werden.Im Berichtszeitraum wurden 192 Untersuchungen, überwiegend bei rohem Schweinefl eisch, auf Yersi-nia enterocolitica durchgeführt. Pathogene Yersinia enterocolitica wurden in keinem Fall nachgewie-sen.

86 Lebensmittelüberwachung BW Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche

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VTEC / EHEC-Untersuchungen

EHEC-Infektionen können durch bestimmte Escherichia-coli-Bakterien

(gramnegative Stäbchen) verursacht werden, welche die grundsätzli-

che Eigenschaft der Bildung bestimmter Toxine besitzen. Sie werden

unter dem Begriff Shigatoxin- bzw. Verotoxin-bildende E. coli (STEC

bzw. VTEC) zusammengefasst. Als EHEC werden diejenigen STEC / VTEC

bezeichnet, die fähig sind, beim Menschen Krankheitserscheinungen

auszulösen und damit ›Pathovare‹ für den Menschen sind.

Noroviren nachgewiesen. Parallel da-zu wurden im Regierungspräsidium Stuttgart (Abteilung 9 Landesgesund-heitsamt) Stuhlproben von 6 Erkrank-ten ebenfalls mit positivem Ergebnis auf Noroviren untersucht.

Zur Abklärung der Infektionskette wurden sowohl die Noroviren-Patien-tenisolate als auch das Isolat aus dem gekochten Reis auf klonale Identität untersucht. Die Gensequenzierung ergab zu 100 % übereinstimmende Sequenzen zwischen den Virenisola-ten der Patienten und aus dem Reis. Deshalb musste davon ausgegangen werden, dass ein kausaler Zusam-menhang zwischen dem Konsum der Reisspeisen im Restaurant und den Erkrankungen der 16 Schüler bestand. Der gekochte Reis wurde als gesund-heitsschädlich beanstandet.

Viele EHEC-Infektionen verlaufen klinisch inapparent und bleiben daher oft unerkannt. Etwa ein Drittel der manifes-ten Erkrankungen tritt als leichter Durchfall in Erscheinung. Die Erkrankung beginnt in der Regel mit wässrigen Durch-fällen, die im Verlauf der Erkrankung zunehmend wässrig-blutig erscheinen und ein der Ruhr ähnliches Bild aufwei-sen können. Begleitsymptome sind Übelkeit, Erbrechen und zunehmende Abdominalschmerzen, selten Fieber. In wenigen Fällen entwickelt sich als schwere Verlaufsform eine hämorrhagische Kolitis mit Leibschmerzen, blutigem Stuhl und häufig mit Fieber. Säuglinge, Klein-kinder, alte Menschen und abwehr-geschwächte Personen erkranken erfahrungsgemäß häufiger schwer. Eine gefürchtete Komplikation ist hierbei das hämolytisch urämische Syndrom (HUS), das zu Nierenver-sagen mit Todesfolge führen kann.

Norovirus-Untersuchungen

Noroviren sind hochinfektiöse Erreger von Magen-Darm-Erkrankun-

gen. Das Virus wird mit dem Mund aufgenommen und führt nach einer

Inkubationszeit von 1 bis 2 Tagen zu den typischen Symptomen einer

Norovirus-Erkrankung: Massives und unkontrollierbares Erbrechen und

begleitend dazu sehr starker Durchfall.

sammenleben (z. B. Altenheime oder Krankenhäuser).

Noroviren in gekochtem Reis

Nach dem Verzehr von Reisgerichten in einem indisch-ceylonesischem Re-staurant erkrankten 16 von 21 Schü-lern an Gastroenteritis. Die Symptome sowie die eintägige Inkubationszeit entsprachen denen einer Norovirus-In-fektion. Deshalb wurden die zur Unter-suchung eingeschickten Lebensmittel-proben neben der mikrobiologischen auch einer molekularbiologischen Un-tersuchung auf Noroviren unterzogen. In der Probe „gekochter Reis“ wurden

Wiederkäuer, vor allem Rinder, Scha-fe und Ziegen, aber auch Wildwieder-käuer (v. a. Rehe und Hirsche) werden als Hauptreservoir für EHEC angese-hen. Der relativ aufwändige Nachweis von VTEC erfolgt über eine Kombination aus molekularbiologischen und klas-

sisch mikrobiologischen Verfahren.Im Berichtsjahr wurden 901 Lebensmittel auf VTEC unter-sucht. Dabei wurden VTEC 41-mal in Lebensmitteln nachge-wiesen. In 12 Fällen wurden die betroffenen Lebensmittel als gesundheitsschädlich beurteilt. Es handelte sich dabei 8-mal um rohes Hackfleisch (vom Rind bzw. gemischt) und 4-mal um rohe Zwiebelmettwurst.Rohes Hackfleisch, das mit VTEC belastet ist, ist geeignet,

die menschliche Gesundheit zu schädigen, da der Rohgenuss möglich ist (z. B. als Tatar

oder Hackepeter). Der Rohverzehr liegt, auch unter Würdigung eines evtl. auf

der Verpackung angebrachten Erhit-zungshinweises, im Rahmen des vorhersehbaren Gebrauchs.Rohe Zwiebelmettwurst ist immer für den Rohverzehr bestimmt. Der Nachweis von VTEC macht Zwie-

belmettwurst immer genussun-tauglich.

Die Norovirus-Übertragung erfolgt meist von Person zu Person, kann aber auch durch kontaminierte Le-bensmittel erfolgen. Erkrankungen treten ganzjährig auf, häufen sich aber oft in den Wintermonaten. Im Patien-ten-Stuhl sowie in Erbrochenem sind sehr hohe Viruszahlen vorhanden, wo-bei zum Auslösen der Krankheit nur 10 bis 100 Viruspartikel benötigt werden. Diese hohe Infektiosität in Verbindung mit der Übertragbarkeit von Person zu Person erklärt auch, warum Norovirus-Infektionen meist zu Gruppenerkran-kungen führen, oft in Einrichtungen, wo Menschen auf engem Raum zu-

Krankheitserregende Mikroorganismen … Jahresbericht 2006 87

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Auch bittere und süße Aprikosen-kerne, die im Rahmen eines Unter-suchungsprogramms auf Cyanid entnommen worden sind, wiesen teilweise beträchtliche Gehalte an Af-latoxinen auf.

Bei Erzeugnissen aus Nüssen steigt der Prozentsatz der Proben mit Aflato-xinbelastung mit zunehmendem Zer-kleinerungsgrad an. Dieses Ergebnis lässt den Schluss zu, dass für diese Produkte minderwertige Ware zum Einsatz kommt, die der Verbraucher praktisch nicht erkennen kann. Mehr als 70 % der gemahlenen Haselnüsse und Mandeln waren mit Aflatoxinen belastet, bei 4 bzw. 14 % waren die Höchstgehalte überschritten. Nuss-pasten für die Schokoladenindustrie und die Speiseeisherstellung waren bis zu 100 % aflatoxinhaltig; jedoch musste nur eine Pistaziengrundmas-se beanstandet werden. Bei Marzipan, Nougatrohmasse und Pralinen waren nur wenige Proben af-latoxinfrei, die Gehalte lagen alle unter der Höchstmenge. Aufgrund der ge-ringen Probenzahl für diese Produkte sind allgemein gültige Aussagen aller-dings nicht möglich.

MykotoxineMykotoxine sind Stoffwechselprodukte der verschiedensten Spezies von Schim-

melpilzen, die Lebensmittel je nach äußeren Bedingungen in den unterschied-

lichsten Stadien befallen. Ihre negativen Auswirkungen auf den Menschen

reichen von Haut- und Zellschädigungen über Verursachung von Nierenschä-

den, Beeinträchtigung des Immunsystems bis zur Entstehung von Krebs und

Mutationen. Aus diesem Grunde sind die zulässigen Gehalte der meisten für

Lebensmittel relevanten Toxine in den einzelnen Lebensmittel-Gruppen ent-

weder national oder auf europäischer Ebene festgelegt worden. Aufgabe der

amtlichen Lebensmittelüberwachung ist insbesondere die Untersuchung der

Warengruppen, die vorrangig von Schimmelpilzen befallen sein können und damit

möglicherweise einen oder mehrere der unerwünschten Giftstoffe enthalten.

Im Jahr 2006 wurden in insgesamt etwa 2 500 Lebensmittelproben rund 4 200 Toxin-bestimmungen durchgeführt. Ausgewählte Ergebnisse werden nachfolgend

zusammengefasst.

Aflatoxine B1, B2, G1 und G2

Aflatoxine gehören zu den giftigsten der bisher

bekannten Substanzen. Sie sind Lagertoxine, deren

Bildung wesentlich von den Bedingungen während der

Lagerung und des Transportes der Lebensmittel abhängt.

Die Pilzarten Aspergillus flavus und Aspergillus parasiticus

benötigen feucht-warme Bedingungen, die in den Hauptan-

bauzonen der betroffenen Lebensmittel vorherrschen. Länder wie der

Iran, die Türkei, Aserbeidschan, Brasilien und China stellen mit ihren oft

unzulänglichen Trocknungsbedingungen und der daraus resultierenden

Aflatoxinbelastung verschiedener Lebensmittel Problemzonen dar. Aus

diesem Grund gelten für solche Länder strenge Einfuhrkontrollen.

Mehr als die Hälfte der 895 im Be-richtszeitraum untersuchten Proben wies Gehalte an Aflatoxinen auf; über den zulässigen Höchstgehalten von 2 µg / kg Aflatoxin B1 bzw. 4 µg / kg für die Summe aus den Aflatoxinen B1,B2,G1 und G2 (für Gewürze gelten 5 bzw. 10 µg / kg) lagen die Befunde bei 5 % der untersuchten Erzeugnisse.

Nüsse und daraus hergestellte Er-

zeugnisse

Während Walnüsse hinsichtlich der Mykotoxinbelastung kein Problem darstellen, müssen Erdnüsse, Ha-selnüsse, Mandeln und Pistazien regelmäßig und intensiv überwacht werden. Dabei sind es überwiegend Verarbeitungsprodukte, die auffällige oder gar über den Höchstgehalten lie-gende Werte aufweisen. Ausnahmen sind ganze Erdnüsse, bei denen 67 % belastet und 44 % zu beanstanden

waren, sowie Pistazien mit 90 % be-lasteten Proben und 20 % Überschrei-tungen der Höchstgehalte (jeweils bei der Summe der Aflatoxine). Geröstete und gesalzene Pistazien fielen erneut mit 15 % Beanstandungen auf. Bei Paranüssen, die in der Vergangenheit durch häufige und hohe Kontaminati-onen aufgefallen waren, hat sich die Situation entscheidend verändert. Angesichts des hohen Risikos, mit Schimmel befallene ganze Nüsse in den Verkehr zu bringen, geht der Trend eindeutig zur geschälten Ware; das Angebot auf dem Markt ist insgesamt erheblich zurückgegangen. Nur in 8 % der untersuchten Paranüsse waren Af-latoxine nachweisbar, im Vorjahr wa-ren dagegen 80 % belastet.

Erstmals ergab sich eine Überschrei-tung für das Aflatoxin B1 bei Maronen; diese Spur wird durch verstärkte Un-tersuchungen im Jahr 2007 weiter verfolgt.

88 Lebensmittelüberwachung BW Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche

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Höchstgehalte. Die Problematik der Mehrfachbelastung, z. B. mit Ochra-toxin A, relativiert jedoch auch gerin-ge Gehalte.

Trockenobst

Aus dieser Erzeugnisgruppe sind nur Feigen als problematisch anzusehen. 65 % aller Proben ergaben positive Be-funde für ein oder mehrere Afl atoxine, in 12 Fällen (19 %) war der festgelegte Höchstgehalt entweder beim Afl atoxin B1 oder bei der Summe der Afl atoxine überschritten, in einem Fall sogar um mehr als das 50fache (B1) bzw. das 30fache (Summe).

Ochratoxin A

Dieses Toxin wird von Penicillien und Aspergillen unter unzureichenden, zu feuch-

ten Lagerbedingungen auch in gemäßigten Klimazonen gebildet. Wegen seiner

nierentoxischen, erbgutverändernden, Fehlbildung erzeugenden und das Im-

munsystem nachteilig beeinfl ussenden Wirkung ist der zulässige Gehalt für

einige Lebensmittelgruppen EU-weit bzw. national festgelegt worden. Leider

fehlen noch Regelungen für mehrere sehr häufi g betroffene Erzeugnisse wie

Gewürze, Lakritz, Kakao und daraus hergestellte Erzeugnisse.

Knapp die Hälfte der 737 untersuchten Lebensmittel enthielt Ochratoxin A, in 5 Fällen lag eine Überschreitung der Höchstgehalte vor.

Getreide und Getreideerzeugnisse

Weizenmehl der verschiedensten Aus-mahlungsgrade, Hartweizengrieß für die Herstellung von Teigwaren, Mahl-erzeugnisse aus Buchweizen und Din-kel, Vollkornbrot und Vollkornzwieback sowie Teigwaren enthielten sehr häu-fi g Ochratoxin A, wenn auch zumeist deutlich unter den Höchstgehalten.

Fruchtsäfte, Wein und weinhaltige

Getränke

Bei roten Traubensäften (80 %), Wei-nen und Traubenmosten (durchschnitt-lich 55 %) und vor allem Glühwein (100 %) enthält ein beträchtlicher Teil das gesundheitlich bedenkliche Toxin, allerdings deutlich unter den jeweili-gen Höchstgehalten.

Lakritz, Kakao und daraus

hergestellte Erzeugnisse

Nahezu alle untersuchten Proben wie-sen Ochratoxin-A-Gehalte auf, bei ei-nem Lakritzerzeugnis lag der Wert bei 168 µg / kg. Dies ist insofern bedenk-lich, da derartige Produkte auch von Kindern in größeren Mengen verzehrt werden.

Gewürze

Wenn auch Gewürze mengenmäßig einen eher geringen Anteil an der Er-nährung haben, ist der Ochratoxin-A-Eintrag in die Nahrungskette nicht zu vernachlässigen, da mit 75 % ein sehr hoher Prozentsatz an Gewürzen und Gewürzmischungen belastet ist.

Trockenobst

Spitzenreiter mit 8 % Beanstandun-gen (4 Proben) bei 42 % positiven Befunden waren getrocknete Feigen. Die für Deutschland geltende Höchst-menge von 8 µg / kg wurde teilweise erheblich überschritten; der höchste festgestellte Gehalt lag bei 155 µg / kg. EU-weit ist noch kein Höchstgehalt für getrocknete Feigen festgelegt. Die teilweise hohen Ochratoxin-A-Gehal-te in Feigen sind auf ungünstige Wit-terungsbedingungen während der Ernte und vor allem auf die Bildung von Schimmelnestern während der Lagerung zurückzuführen. Nahezu alle Proben getrocknete Wein-trauben (Korinthen, Sultaninen und Ro-sinen) enthielten Ochratoxin A; Über-schreitungen des EU-weit geltenden Höchstgehaltes waren jedoch nicht zu verzeichnen.

Gewürze

Sowohl Frucht-, Rinden, Samen- als auch Wurzelgewürze sind sehr häufi g mit Afl atoxinen belastet. Besonders häufig traten die Toxine in Paprika und Chili (78 und 50 %), Zimt (89 %) und Muskatnuss (71 %) auf. Die Höchstmenge war nur bei einer Pro-be Muskatnuss überschritten. Sämt-liche Gewürzmischungen enthielten Aflatoxine, allerdings unterhalb der

Mykotoxine Jahresbericht 2006 89

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Patulin

Dieses Toxin entsteht beim Wachstum von Schimmelpilzen der Gattun-

gen Penicillium, Aspergillus und Byssochlamys vor allem auf Kernobst

und Gemüse. Der Verzehr patulinhaltiger Produkte kann Übelkeit und

Magenschleimhautentzündung verursachen. Da Patulin im Gegensatz

zu anderen Mykotoxinen z. B. durch längeres Kochen oder im Laufe der

Gärung abgebaut wird und chronische Schädigungen nicht zweifelsfrei

belegt sind, spielt die Toxizität eine eher geringe Rolle.

Insgesamt wurden 311 Lebensmit-telproben auf Patulin untersucht. Überschreitungen ergaben sich bei 5 Apfelsäften mit einem Maximalwert von 294 µg / kg sowie bei 2 Karotten-säften für Säuglinge und Kleinkinder mit einem Maximalwert von 34 µg / kg. Relativ häufi g war Patulin auch in To-

matenmark und anderen Tomatenerzeugnissen enthalten. Ursache für die positiven Befunde ist die Verarbeitung mehr oder weniger verschimmelter Ausgangsmaterialien. Da die o. g. Pilze nicht nur oberfl ächlich auf den Früchten wachsen, gelangt trotz Sichtkontrolle auch mit äußerlich einwandfrei-en Früchten braun verfärbtes und damit möglicherweise patulinhaltiges Fruchtfl eisch zur Verarbeitung.

Fusarientoxine

Diese Toxingruppe, zu der u. a. die Fumonisine, die Trichothecene und Zearalenon gehören, entstehen

als Stoffwechselprodukte unterschiedlicher Fusarienarten überwiegend auf dem Feld. Zum Wachstum

benötigen diese Schimmelpilze relativ hohe Wassergehalte, sodass mit der Toxinbildung bevorzugt in

kühlen und feuchten Klimazonen, z. B. in Nord- und Mitteleuropa zu rechnen ist.

Fumonisine

Fumonisine stehen im Verdacht, beim Menschen Krebs auszulösen und Neuralrohrdefekte sowie Fehler in der Gehirnentwicklung von Babys zu verursachen. Insgesamt wurden 281 Lebensmittelproben untersucht. Positive Be-funde traten vor allem bei Mais- und Maiserzeugnissen auf, die meisten Produktgruppen waren zu 100 % fumo-nisinhaltig. Bei 6 % der Proben lag der Gehalt teilweise erheblich über den national geltenden Höchstmengen für die Summe der Fumonisine B1 und B2 von 500 µg / kg bei Mais und Maiserzeugnissen zum direkten Verzehr bzw. 100 µg / kg bei Cornfl akes.

Aufgrund ungewöhnlich hoher Fumonisingehalte in Spezi-albroten für Zöliakiekranke wurden die Rohstoffe entspre-chend überprüft. Die dabei entnommenen Maismehle lieferten mit bis zu 12 500 µg / kg die höchsten Fumoni-singehalte aller im Laufe des Jahres untersuchten Pro-ben. Ursache für die Verarbeitung derart hoch belasteter Rohstoffe war die fehlende Qualitätskontrolle beim impor-tierenden Mühlenbetrieb und in der Spezialbrotbäckerei.Teilweise erhebliche Höchstmengenüberschreitungen lagen auch bei einem Maisgrieß, bei 14 % aller unter-suchten Cornfl akes ohne Zusätze, bei Teigwaren auf der Basis von Maisgrieß und bei Maisgebäck vor. Tacos und Rollos aus Maismehl lieferten Werte knapp unterhalb der Höchstmenge.

Ab Oktober 2007 werden EU-weit geltende Höchstge-halte für Mais und Maiserzeugnisse in Kraft treten. Sie liegen größtenteils erheblich über den bisher geltenden nationalen Höchstmengen, sodass die Beanstandungs-quote bei gleichbleibender Belastung der Lebensmittel zukünftig zurückgehen wird.

Trichothecene

Trichothecene werden unterteilt in Substanzen des Typs A und des Typs B. Zur ersten Gruppe gehören u. a. die Toxine T -, HT -2 und T2-Tetraol, die hauptsächlich in Ge-treide, insbesondere in Hafer und Haferprodukten, z. B. auch Müsli auftreten. Da ausreichendes Datenmaterial über die Belastungssituation bisher nicht vorliegt, wurden innerhalb der EU noch keine Höchstgehalte festgelegt. Angesichts der bekannten negativen Einfl üsse wie Hem-mung der Proteinsynthese und Schädigung der Zellen vor allem bei Organen mit hoher Zellteilungsrate – wie Leber und Magen-Darm-Trakt – ist dies jedoch unbedingt erforderlich.Insgesamt wurden 231 Proben untersucht. 78 % der unverarbeiteten Haferkörner enthielten T -2, HT -2 und T2-Tetraol mit Maximalwerten von 435, 1260 und 465 µg / kg. Müsli und Haferfl ocken enthielten nur vereinzelt Trichothecene des Typs A; bei 80 % der untersuchten Braugerste waren HT -2 und T2-Tetraol nachweisbar.

Im Rahmen des vorbeugenden Verbraucherschutzes wur-den jedoch EU-weit Höchstgehalte für Fruchtsäfte und alko-holische Getränke aus Äpfeln (50 µg / kg), feste Apfelerzeug-nisse (25 µg / kg) und apfelhaltige Nahrung für Säuglinge und Kleinkinder (10 µg / kg) festgelegt.

90 Lebensmittelüberwachung BW Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche

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Ein Trichothecen des Typs B ist das seit langem be-kannte und durch nationale Höchstmengen geregelte Toxin Deoxynivalenol (DON), das in allen Getreidearten sehr weit verbreitet ist. 54 % aller 570 untersuchten Proben enthielten dieses Toxin, Überschreitungen der Höchstmengen bzw. Höchstgehalte waren bei unverar-beitetem Weizen, Mais und Maismehl zu verzeichnen (6 Proben = 1 %). Getreideerzeugnisse für Säuglinge und Kleinkinder waren insgesamt nur sehr gering belastet. Mit Einführung der großzügigen EU-Höchstgehalte zum 01.07.2006 ist auch bei DON die Zahl der Beanstandun-gen rückläufi g.

Zearalenon

Zearalenon kann möglicherweise auch beim Men-schen Krebs verursachen, belegt ist seine ausgepräg-te östrogene Wirkung. Die nationale Höchstmenge für sämtliche Getreideerzeugnisse lag bei 50 µg / kg, die EU sieht ab 01.07.2006 bzw. 01.07.2007 nach Produk-ten gestaffelte Höchstgehalte vor. Überschreitungen ergaben sich lediglich bei einer Probe Maismehl und einem Maiskeimöl, andere Getreide- und Getreidepro-dukte wiesen allenfalls geringe Gehalte an Zearalenon auf, wobei überwiegend Mais und Maiserzeugnisse betroffen waren. Messbare Werte lagen nur bei 26 % aller 594 untersuchten Produkte vor.

Alternariatoxine

Die Gattung Alternaria (Schwärzepilze innerhalb der

Deuteromycetes) besteht aus mehr als 40 Arten, die

in unterschiedlichem Maße Toxine und sekundäre

Metaboliten bilden. Den Alternaria-Toxinen werden

sowohl akute als auch chronische toxische Wirkungen

zugeschrieben. In einer toxikologischen Bewertung

kommt das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR)

im Jahr 2003 zum Schluss, dass die Datenlage be-

züglich der Belastung mit Alternaria-Toxinen derzeit

nicht ausreicht, um eine Risikoabschätzung für den

Verbraucher vorzunehmen. Das BfR hält daher unter

anderem weitere Untersuchungen zur Exposition für

erforderlich. Eine Höchstmengenregelung existiert

derzeit nicht.

Screening- und Bestätigungsverfahren stehen für die Un-tersuchung auf ausgewählte Parameter (insbesondere Al-ternariol, Alternariol-Monomethylether, Altenuen, Tenuazon-säure und Tentoxin) zur Verfügung. Von 157 untersuchten Proben enthielten 75 (48 %) eines, zumeist jedoch mehrere Alternariatoxine. Am häufi gsten bzw. am höchsten belastet waren kaltgepresste Sonnenblumenöle (bis zu 390 µg / kg Tenuazonsäure), Distel- und Sesamöl (bis zu 270 µg / kg Tenuazonsäure), Sonnenblumenkerne (bis zu 1 000 µg / kg Tenuazonsäure und 880 µg / kg Tentoxin), Sesamsaat (bis zu 430 µg / kg Tenuazonsäure), Roggen (bis zu 110 µg / kg Tenuazonsäure) und Tomatenmark (bis zu 360 µg / kg Tenu-azonsäure), wobei Tenuazonsäure in 67 Proben, Tentoxin in 32 Proben, Alternariol-Monomethylether in 32 Proben und Alternariol in 25 Proben vorlag.

Mykotoxine Jahresbericht 2006 91

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Süßwasser-Biotoxine

Microcystine

Zur Beurteilung von Microcystinen in Trinkwasser wurden bisher kei-ne Grenzwerte erlassen, es wird der von der WHO vorgesehene Richtwert von 1 µg Microcystin LR je Liter Was-ser angesetzt. Die wenigen Oberflä-chengewässer, aus denen in Baden-Württemberg Trinkwasser gewonnen wird, wurden im Berichtsjahr auf Mi-crocystine untersucht. In keiner der Proben konnten Microcystine nach-gewiesen werden. Auch für Badegewässer wurden in Deutschland und in der EU bisher keine Grenzwerte verabschiedet. Al-lerdings werden 1000 µg pro Liter als Richtwert für die Summe der Micro-cystine LR, RR und YR angesehen. In allen 10 untersuchten Wasserproben aus Badeseen waren keine Microcys-tine nachweisbar. Hingegen waren die aus 2 Seenproben isolierten Algen mit über 1000 µg / kg hoch mit Microcysti-nen belastet.Bestimmte Blaualgen finden als Nah-

rungsergänzungsmittel Verwen-dung. Da einige Cyanobakterien aus natürlichen Süßwasserseen geerntet und zu Nahrungsergänzungsmitteln verarbeitet werden, wurden 19 Nah-rungsergänzungsmittel überprüft. In einem Produkt aus Chlorella-Algen und in 15 Produkten aus Spirulina-Al-gen konnten keine Microcystine nach-gewiesen werden. Dagegen waren alle drei AFA-Algen-Produkte mit Mic-rocystinen belastet. Die Gehalte lagen im Bereich zwischen 50 und 80 µg / kg. Wahrscheinlich waren die Erzeugnisse mit Microcystis-Algen verunreinigt.

Marine und Süßwasser-Biotoxine

(Algentoxine)

Marine Biotoxine

PSP-Toxine

(Paralytic Shellfish Poisoning,

Saxitoxine)

In der VO (EG) Nr. 853 / 2004 wurde ein Grenzwert für PSP-Toxine in Muscheln von insgesamt 800 Mikrogramm pro kg Muschelfleisch (Gesamttoxizität) festgelegt. In 43 von 204 Proben Muscheln und Muschelprodukten (= 21 %) wurden PSP-Toxine nachgewiesen. Nur in 8 Proben wurden relativ hohe Gehalte von über 140 µg STXeq / kg festge-stellt. Keine der Proben lag über dem o. a. Grenzwert.

ASP-Toxine

(Amnesic Shellfish Poisoning,

Domoinsäure)

Insgesamt wurden 191 Proben Mu-scheln und Muschelprodukte, Al-gen und Nahrungsergänzungsmittel untersucht. Nur in einer Probe Ja-kobsmuscheln wurde Domoinsäure nachgewiesen. Der Gehalt lag mit 1,75 mg / kg noch weit unterhalb des Grenzwertes von 20 mg Domoinsäure (ASP) je kg Muschelfleisch.

DSP-Toxine

(Diarrhetic Shellfish Poisoning,

Okadasäure)

Die VO (EG) 853 / 2004 enthält einen Grenzwert für Okadasäure, Dinophy-sistoxine und Pectenotoxine von ins-gesamt 160 Mikrogramm pro kg Mus-kelfleisch.In 74 von insgesamt 205 untersuchten Muschelproben (= 36 %) wurden klas-sische DSP-Toxine nachgewiesen. Bei Miesmuscheln, die frisch oder in ge-frorenem Zustand zur Untersuchung gelangten, war ungefähr jede zweite Probe (29 von 55 Proben) mit DSP-Toxinen belastet, größtenteils mit Her-kunft Europa.

AZP-Toxine

(Azaspiracid Shellfish Poisoning,

Azaspirsäuren)

In der VO (EG) Nr. 853 / 2004 ist für Azaspirsäuren ein Grenzwert von 160 µg / kg Muschelfleisch festgelegt. In keiner der 207 Proben Muscheln waren Azaspirsäuren nachweisbar.

Cyclische Imin-Toxingruppe

Spirolide (SPX-Toxine) und

Gymnodimin

Gymnodimin konnte fast ausschließ-lich in Grünschalenmuscheln und de-ren Produkten nachgewiesen werden. Fast drei Viertel der zur Untersuchung gelangten 19 Proben enthielten die Substanz, wenn auch in geringen Mengen im Bereich unter 10 µg / kg. Auffällig waren die relativ hohen Ge-halte von 90 µg / kg und 104 µg / kg in 2 dieser Muschelproben.Bei der Herstellung von Muschelpul-ver aus Grünschalenmuscheln als Rohstoff für Nahrungsergänzungs-mittel wird Gymnodimin durch Gefrier-trocknung aufkonzentriert. In solchen Proben lassen sich Gehalte von 20 bis 80 µg / kg Gymnodimin nachweisen.Darüber hinaus wurden in Teppich- bzw. Venus-, Mies-, Grünschalen-muscheln und Austern nur geringe Gehalte an des-methyl-C-Spirolid (vereinzelt knapp über 10 µg / kg) nach-gewiesen.

Abb.:Taschenkrebs (o.);Spirulina (li.)

92 Lebensmittelüberwachung BW Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche

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Zur angestrebten Weiterentwicklung und Harmonisierung der Lebensmittelüberwachung und Tierseuchendiagnostik wurde im Jahr 2005 die Einrichtung von Gemeinschafts-Referenz laboratorien (Community Reference Laboratories, CRLs) von der Europäischen Union u. a. für das Gebiet der Pestizidrückstandsanalytik ausgeschrieben. Dabei sollen die EU-Referenz-Laboratorien sowohl eine richtungswei-sende als auch eine koordinierende und beratende Funk-tion erfüllen.

Die Referenzlabore sollen analytische Qualitäts-Richtlinien erstellen, die dann von allen anderen Laboratorien innerhalb der EU übernommen und umgesetzt werden sollen. Ziel ist eine EU-weite Verbesserung der Qualität von analyti-schen Ergebnissen. In den jeweiligen Zuständigkeitsbe-reichen sollen möglichst zügig Netzwerke von CRLs und NRLs (nationale Referenz-Laboratorien) aufgebaut werden, die jeweils von den entsprechenden CRLs koordiniert wer-den. Unter Berücksichtigung der analytischen Defi zite und Gegebenheiten in den Mitgliedsstaaten, sollen die CRLs Forschungsarbeit zur Entwicklung neuer analytischer Me-thoden durchführen. Durch Workshops sollen die Experten der nationalen Referenzlabore aus den Mitgliedstaaten, und bei Bedarf auch aus Drittländern, zur Anwendung neuer Analysenmethoden geschult werden.

Mit Wirkung vom 1. Juli 2006 wurden das CVUA

Stuttgart und das CVUA Freiburg durch die EU-Kom-

mission als CRLs für die Analytik von Pestizidrückständen benannt. Dabei

deckt das CVUA Stuttgart den Bereich „mit Einzelbe-stimmungsverfahren zu analysierende Pestizidrückstände“ ab, ein Arbeitsgebiet, das analytisch außerordentlich for-dernd ist, da es sich hierbei in der Regel um Stoffe handelt, die aufgrund ihrer chemischen Eigenschaften nicht in be-stehende Multimethoden integriert werden können. Das CVUA Freiburg ist für den Bereich „Pestizidrückstände in Lebensmitteln tierischer Herkunft und Waren mit hohem Fettanteil“ benannt. Hier geht es unter anderem darum, bestehende Multimethoden zu erweitern und neue Ver-fahren für bisher unzureichend untersuchte Stoffgruppen zu entwickeln. Für beide Aufgabengebiete ist neben einer sehr guten apparativen Ausstattung vor allem analytisches Können und Geschick erforderlich.

Mit der Vergabe dieser anspruchsvollen Aufgabe an die CVUAs Stuttgart und Freiburg hat die Auswahlkommission die bisherigen Leistungen beider Untersuchungsämter im analytischen und innovativen Bereich gewürdigt.

Im Mai 2006 wurden Rahmenarbeitsprogramme über 5 Jahre mit der Kommission abgestimmt, Arbeitsprogramme für 2006 aufgestellt und die Arbeit als CRL wurde bereits zum 1. Juli 2006 aufgenommen.

Ein Methodenvalidierungs-Ringversuch für Phenoxyalkan-carbonsäure-Herbizide, ein Ringversuch für einige Einzel-bestimmungsverfahren wie für Chlormequat und Orga-nozinn-Verbindungen (in Zusammenarbeit mit dem CRL in Almeria), ein Ringversuch für Organochlor- und Orga-nophosporverbindungen sowie Pyrethroide in Öl, ein In-ternet-Portal (www.crl-pesticides.eu ), eine „method validation database“ und erste Workshops in Freiburg und Fellbach, um nur einiges aufzuführen, waren zusätzlich zu den Routinetätigkeiten im Rahmen der Lebensmittelüber-wachung zu bewältigen.

Dabei war die Organisation und Durchführung der Interna-tionalen Workshops mit Teilnehmern aus allen EU-Ländern eine besondere und neue Herausforderung, die nur durch den unermüdlichen Einsatz der gesamten Teams bewältigt werden konnte.

Pfl anzenschutzmittel und Organische Kontaminanten

Zwei von vier EU-Referenzlaboratorien (CRL) für Pestizidrückstandsanalytik

sind in Baden-Württemberg angesiedelt!

Pflanzenschutzmittel und Organische Kontaminanten Jahresbericht 2006 93

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Lebensmittel pfl anzlicher Herkunft

Durch umfangreiche Methodenentwicklung, verbunden mit dem Einsatz neuer Analysentechniken, konnte das

untersuchte Wirkstoffspektrum nochmals stark erweitert werden. So können nun pfl anzliche Proben routine-

mäßig auf potenzielle Rückstände von über 500 Pfl anzenschutzmittelwirkstoffen und Metaboliten mit sensiti-

ven und selektiven Verfahren untersucht werden. Durch die Erweiterung des Untersuchungsspektrums erhöh-

te sich auch die Anzahl der verschiedenen, in pfl anzlichen Lebensmitteln nachgewiesenen Wirkstoffe nochmals

deutlich. So wurden insgesamt 170 verschiedene Wirkstoffe in Obstproben und 199 verschiedene Wirkstoffe

in Gemüseproben nachgewiesen. Dies verdeutlicht die große Bedeutung die der ständigen Weiterentwicklung

und Aktualisierung des der Untersuchung zugrunde liegenden Stoffespektrums für die erfolgreiche Rück-

standsüberwachung von Lebensmitteln zukommt. Die einzelnen Höchstmengenüberschreitungen, die Häufi g-

keit der nachgewiesenen Stoffe und andere Informationen sind über das Internet abrufbar (www.cvua-stutt-

gart.de ). Allgemeine Daten zu Analytik, Rückstandsbefunden und Anwendungsempfehlungen sind über

eine Internet-Datenbank des CVUA Stuttgart verfügbar (www.pesticides-online.com ).

Von den 2 536 Proben pflanzlicher Lebensmittel, die auf Rückstände an Pfl anzenschutzmitteln untersucht wurden, stammten 2 032 Proben aus konventionellem und 504 Proben aus ökologischem Anbau. Der Anteil an Proben aus konventionellem Anbau mit Höchstmengenüberschreitungen beträgt 9,5 % (193 Proben von 2032 Proben). Die Ergebnisse der Rück-standsuntersuchungen bei Lebens-mitteln aus ökologischem Anbau sind im Kapitel Öko-Monitoring sowie im Bericht zum Öko-Monitoring 2006 dargestellt. Siehe auch www.unter-

suchungsaemter-bw.de .

Tabelle: Pfl anzenschutz-

mittelrückstände in Proben pfl anzli-cher Lebensmittel differenziert nach

Herkunft

Paprika – weniger Höchstmengenüberschreitungen, Rückstände

verbotener Pestizide in spanischem Paprika

Pfl anzlicheLebensmittel

Obst, konventionell erzeugt Gemüse, konventionell erzeugt

Inland Ausland Inland Ausland

Anzahl % Anzahl % Anzahl % Anzahl %

Proben gesamt 380 43 481 54 285 33 544 63davon mit Rückständen 364 96 455 95 224 79 482 89Proben über HM 27 7 39 8 20 7 86 16

Herkunftsland AnzahlProben

Proben mitRückständen

Proben mit Rückständen

> HM

Proben mit Mehrfach rückständen

Anzahl % Anzahl % Anzahl %

Griechenland 3 3 ** 0 3 **Israel 18 14 78 1 6 9 50Marokko 4 4 ** 0 4 **Niederlande 13 12 92 1 8 9 69Ohne Angabe 1 1 ** 0 1 **Spanien 101 100 99 15 15 99 98Türkei 30 25 83 7 23 21 70Gesamt 170 159 94 24 14 146 86

Quoten an Proben mit Höchstmengen-überschreitungen auf. Die mittlere An-zahl nachgewiesener Wirkstoffe pro Paprikaprobe hat im Jahr 2006 jedoch ebenso wie die Anzahl an Proben mit Mehrfachrückständen im Vergleich zu 2005 deutlich zugenommen. Bei den Untersuchungen des Vorjahres wies jede Paprikaprobe im Mittel 5,4 Wirk-stoffe auf, im Jahr 2006 wurden je-doch im Mittel 7 Wirkstoffe pro Probe nachgewiesen (max. 21 Wirkstoffe). Gemüsepaprika zählen somit weiter-hin zu den höher mit Pfl anzenschutz-mitteln belasteten Gemüsearten.

Der Anteil an Paprikaproben mit Höchstmengenüberschreitungen verringerte sich im Vergleich zu den vorhergehenden Jahren. Die Be an-standungsquote nahm von 25 % (2005) auf 14 % (2006) deutlich ab. Dies ist u. a. auf die im Rahmen der EU-Harmonisierung erfolgte Anhe-bung von Rückstands höchstmengen für einzelne Wirkstoffe sowie die Beantragung und Erteilung von All-gemeinverfügungen zurückzuführen. Nach wie vor weisen jedoch Paprika aus der Türkei mit 23 % sowie Spa-nien mit 15 % vergleichsweise hohe

Tabelle: Rückstände in

Gemüsepaprika differenziert nach

Herkunftsland

HM = Höchstmenge

* Datenbasis für prozentuale Aus-

wertung zu gering

standsuntersuchungen bei Lebens-mitteln aus ökologischem Anbau sind im Kapitel Öko-Monitoring sowie im Bericht zum Öko-Monitoring 2006 dargestellt. Siehe auch suchungsaemter-bw.d

Tabelle:

94 Lebensmittelüberwachung BW Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche

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Das CVUA Stuttgart deckt verbotenes Pestizid in spanischem Gemüsepaprika auf

Im Rahmen von Rückstands unter suchungen bei Gemüse paprika hat

das CVUA Stuttgart Ende des Jahres 2006 Rückstände des in der EU

nicht zugelassenen Insektizids Isofenphos-methyl festgestellt. Auffal-

lend war, dass dieses Insektizid ausschließlich in Proben aus Spani-

en nachgewiesen wurde. In 12 der ca. 40 Proben, die auf Isofenphos-

methyl untersucht wurden, konnte dieser Wirkstoff nachgewiesen

werden. Die Rück stands gehalte lagen in 8 Proben über der allgemei-

nen Höchstmenge von 0,01 mg / kg.

November 2006

Entwicklung einer Methode zur Bestimmung von Iso-fenphos-methyl bei spanischem Gemüsepaprika, erste Rückstandsbefunde

20.12.2006

Pressemitteilung – Verbraucherministerium Baden-Württemberg warnt vor dem Verzehr von spanischem Paprika. Erste Internetveröffentlichung des CVUA Stuttgart mit Angaben zur Analytik und Untersuchungs ergebnissen. 60 % der spanischen Proben enthielten Rückstände des Insektizids Isofenphos-methyl.

22.12.2006

Nach retrospektiver Auswertung früherer Untersuchun-gen traten Isofenphos-methyl-Rückstände bei spani-schem Paprika erstmals im Januar 2006 auf.

27.12.2006Deutschland meldet Proben mit Isofenphos-methyl-Be-funden an das EU-Schnellwarnsystem (RASFF).

28.12.2006

Es folgen weitere Meldungen an das EU-Schnellwarn-system aus England, Finnland, Holland, Spanien.

28.12.2006

Die Rückverfolgung der Informationen über die Wa-renströme hat ergeben, dass die Paprikas der ersten Schnellwarnung aus Deutschland von 37 verschiedenen Erzeugern stammten.

29.12.2006 – 03.01.2007

Inspektion der betroffenen Erzeugerbetriebe in Spa-nien, Beschlagnahmung vorhandener Ware, Untersu-chung auf Isofenphos-methyl-Rückstände, Sperrung von Betrieben, Vernichtung der Ware.

06.02.2007

2. Pressemeldung des Ministeriums für Ernährung und Ländlichen Raum MLR: „Die Warnung vor Paprika aus Spanien bleibt bestehen“. Verbraucherministerium Baden-Württemberg fordert wirksamere Kontrollen in Spanien und intensivere Eigenkontrolle des Handels in Deutschland / Aktuelle Untersuchung zeigen Rückgang von Rückständen in spanischem Paprika / Ergebnisse noch nicht zufrieden stellend. 32 % der spanischen Pro-ben mit Isofenphos-methyl-Rückständen.

1. Quartal 2007

Bericht der spanischen Behörden im RASFF-System:In Almeria werden insgesamt 303 Firmen kontrolliert, 123 Proben Paprika untersucht, 11 Strafverfahren ein-geleitet, 24 Betriebe erhalten ein Vermarktungsverbot, 107 203 kg Paprika werden vernichtet.

toxikologische Bewertung der Rückstands-gehalte nicht möglich. Da der Wirkstoff Isofenphos-methyl zur Gruppe der neu-rotoxischen Phosphorsäureester gehört und der chemisch sehr ähnliche Wirkstoff Isofenphos aufgrund eines sehr niedrigen ADI von 0,001 mg / kg KG (BfR 1992, WHO 1986) eine vergleichsweise hohe Toxizität aufweist, war von einer entsprechenden

toxi kologischen Relevanz des Wirkstoffs Isofenphos-methyl auszugehen. Die Ergebnisse wurden in das Schnellwarn-system der Europäischen Kommission gemäß Artikel 50 der VO (EG) 178 / 2002 eingestellt (RASFF News 06-347 vom 21.12.2006).

Hintergrundinformation:

Isofenphos-methyl enthaltende Pfl anzenschutzmittel sind weder in Spanien noch in einem anderen EU-Mitglieds staat zugelassen. Dieser Wirkstoff ist daher weder in Anhang 1 der EU-Richtlinie 91 / 414 auf ge nommen, noch zur Prüfung einer möglichen Aufnahme vorgesehen. Er wurde ohne Zulassung und damit ohne toxikologische Bewertung illegal aus China nach Spanien eingeführt und angewendet. Da auch dem Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) keine Angaben zur Toxizität des Wirkstoffs vorlagen, war eine

Chronologie der Ereignisse

29.12.2006 – 03.01.2007

Inspektion der betroffenen Erzeugerbetriebe in Spa-

Pflanzenschutzmittel und Organische Kontaminanten Jahresbericht 2006 95

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Frische Kräuter – hohe Beanstandungsquote

bei Petersilie

Aufgrund der hohen Anzahl an Proben mit Mehrfach-rückständen und der hohen Beanstandungsquote bei Küchenkräutern im Jahr 2005 wurden auch im Berichtsjahr Küchenkräuter verstärkt untersucht. Rückstandsbefunde meist mehrerer Wirkstoffe sind bei Küchenkräutern die Regel. In 28 von 83 Pro-ben (34 %) lagen die nachgewiesenen Rückstands-gehalte über den gesetzlich festgelegten Höchst-mengen. Dabei handelte es sich in 22 Fällen um Petersilienblätter-Proben, dies entspricht 47 % der untersuchten Petersilienblätter. Diese Untersu-chungsergebnisse verdeutlichen, dass auch nahe-zu alle Küchenkräuter aus konventionellem Anbau Rückstände an Pfl anzenschutzmitteln aufweisen, wobei insbesondere Petersilienblätter durch ver-gleichsweise hohe Beanstandungsquoten auffallen. Aufgrund der relativ geringen Verzehrsmengen wur-den trotz höherer Rückstandsgehalte in keinem Fall gesundheitsgefährdende Rückstandsmengen bei Küchenkräutern festgestellt. Ausführlicher Bericht im Internet unter www.cvua-stuttgart.de .

Beerenobst Anzahl Proben

Proben mitRückständen

Proben mit Rückständen

> HM

Proben mit Mehrfach rückständen

Proben mit nicht zugelassenen

Stoffen *

Anzahl % Anzahl % Anzahl % Anzahl %

Brombeere 6 6 100 0 4 67 0 Erdbeere 171 171 100 9 5 162 95 1 1Heidelbeere 7 6 86 0 5 71 0 Himbeere 31 27 87 2 6 23 74 4 13Johannisbeere 97 92 95 17 18 87 90 18 19Stachelbeere 36 36 100 3 8 35 97 7 19Gesamt 348 338 97 31 9 316 91 30 9

Salatarten – viele Höchstmengenüberschreitungen

bei Rucola und Kopfsalaten

Aufgrund häufi ger Rückstandsbefunde bei Salaten wurden Salate auch im Jahr 2006 verstärkt untersucht. Bei 89 % der 253 untersuchten Salatproben wurden Rückstände fest-gestellt, dabei lagen die Rückstandsgehalte in 13 % der Proben über der gesetzlich festgelegten Höchstmenge. Auch bei Salaten ist der Nachweis mehrerer Wirkstoffe je Probe die Regel, im Durchschnitt konnten 4 Wirkstoffe pro Probe nachgewiesen werden. Mit sehr hohen Beanstandungsquoten fallen wie schon in den vergangenen Jahren wieder Kopfsalat mit 29 % (14 von 48 Proben) und Rucola mit 63 % (5 von 8 Proben) auf. Aus diesem Grund werden im Jahr 2007 verstärkt Rückstands-untersuchungen bei Rucola durchgeführt. Eisbergsalat wies die geringste Beanstandungsquote bei den Salatarten auf, lediglich bei einer von 38 Proben (3 %) war die gesetzlich festgelegte Höchstmenge überschritten.

Beerenobst

In der Obstvermarktung zeichnet sich der Trend ab, die An-gebotssaison für Beerenobst deutlich auszudehnen und Beeren obst nahezu ganzjährig anzubieten. Aufgrund des Angebotsumfangs und der Beliebtheit beim Verbraucher sowie der Anfälligkeit dieser Kulturen für Krankheiten und Schaderreger und infolgedessen erforderlicher Pfl anzen-schutzmaßnahmen wurden auch dieses Jahr in größerem Umfang Rückstandsuntersuchungen bei Beerenobst durch-geführt. Insgesamt wurden 348 Proben Beerenobst (Erdbeeren, Johannisbeeren, Himbeeren, Brombeeren, Stachelbee-ren und Heidelbeeren; Tafeltrauben hier ausgenommen) aus konventionellem Anbau untersucht. Erhöhte Bean-standungsquoten werden, wenn auch auf niedrigerem Niveau, nach wie vor bei Strauchbeerenobst festgestellt. Zusammenfassend sind die Ergebnisse in nachfolgender Tabelle dargestellt.

* Summe. Diese beinhaltet sowohl Stoffe, die generell in Deutschland zur Anwendung nicht zugelassen sind, als auch Stoffe, die zwar in Deutschland, nicht aber zur Anwendung in dieser Kultur zugelassen sind.

Tabelle: Rückstände in

einheimischem und ausländischem

Beerenobst aus konventionellem

Anbau

HM = Höchstmenge

96 Lebensmittelüberwachung BW Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche

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Strauchbeerenobst deutscher Herkunft – geringere Beanstandungsquote im Vergleich zum Vorjahr,

nach wie vor erhöhte Beanstandungsquoten bei Johannisbeeren

mengenüberschreitungen, als auch Befunde von nicht zugelassenen Pflanzenschutzmitteln immer noch auffallend häufig vorkommen.

Im Vergleich zum Vorjahr hat sich die Beanstandungsquote jedoch verrin-gert, was u. a. auf verstärkte Infor-mationsangebote für einheimische Obstanbauer und Änderungen in der Zulassungssituation zurückzuführen ist. Aufgrund der vergleichsweise hohen Beanstandungsquote insbe-sondere bei Johannisbeeren werden die Untersuchungen jedoch auch im Jahr 2007 auf hohem Niveau fortge-setzt. Durch Veröffentlichungen und Schulungen des amtlichen Pflanzen-schutzdienstes werden die Erzeuger und Vermarkter auf die Problemstel-lung sowie ihre Sorgfaltspflicht hinge-wiesen und durch intensive Beratung wird Hilfestellung zur Verbesserung der Rückstandssituation gegeben.

Obstkultur Jahr ProbenAnzahl

Proben mit Rückständen

> HM

Proben mit nicht zugelassenen

Stoffen *

Anzahl % Anzahl %

Johannisbeeren 2005 53 9 17 20 38 2006 94 16 17 17 18

Stachelbeeren 2005 14 3 21 4 29 2006 35 3 9 6 17

Himbeeren 2005 19 4 21 4 21 2006 22 2 9 4 18

Erdbeeren – geringe Quote an Höchstmengen-

überschreitungen

In diesem Jahr wurden 171 Proben, davon 85 Proben aus Deutschland, auf Pestizidrückstände untersucht. In al-len untersuchten Erdbeeren aus konventionellem Anbau wurden Pflanzenschutzmittelrückstände nachgewiesen – hierbei waren in 95 % der Proben Rückstände mehrerer Wirkstoffe festzustellen. Bei 2 Proben deutscher und 7 Proben ausländischer Erdbeeren wurden Höchstmengen-überschreitungen festgestellt. Der positive Trend eines vergleichsweise niedrigen Ni-veaus an Höchstmengenüberschreitungen hat sich aber erfreulicherweise bestätigt: 2004 waren es noch insgesamt 13 % Höchstmengenüberschreitungen im Vergleich zu 4 % (2005) und 5 % (2006).

Tafeltrauben – geringere Höchstmengen-

überschreitungsquote

Tafeltrauben gehören nach wie vor zu den Obstarten, die vergleichsweise viele Rückstandsbefunde aufweisen. Er-freulicherweise waren in 2006 jedoch deutlich weniger Proben von Tafeltrauben aufgrund von Höchstmengenü-berschreitungen zu beanstanden als die Jahre zuvor. Im Jahr 2006 wurden 147 Proben Tafeltrauben auf Rückstände an Pflanzenschutzmitteln untersucht. 141 (96 %) Proben wiesen Rückstände von Pflanzenschutzmitteln auf, wobei bei 14 Proben (10 %) die Rückstandsgehalte über der ge-setzlich festgelegten Höchstmenge lagen. Im Jahr 2005 be-trug die Beanstandungsquote aufgrund von Höchstmengen-überschreitungen dagegen noch 17 %. Insgesamt wurden in den untersuchten Tafeltrauben 82 verschiedene Pestizide

In 16 Proben (17 %) der untersuchten 94 Proben Johannisbeeren deutscher Herkunft wurden Höchstmengenüber-schreitungen festgestellt, weiterhin wurden in 17 Proben (18 %) Rück-stände nicht zugelassener Pflanzen-schutzmittel nachgewiesen. Dabei handelte es sich in 4 Fällen um in Deutschland generell nicht zugelas-sene Wirkstoffe, in 13 Fällen wurden Pflanzenschutzmittel nachgewiesen, die für eine Anwendung bei anderen Kulturen – jedoch nicht bei Johannis-beeren – zugelassen sind (Verstöße gegen die Indikationszulassung).

Bei Stachelbeeren wurden in 3 (9 %) der 35 untersuchten Proben deut-scher Herkunft Überschreitungen von Rückstandshöchstmengen fest-gestellt. In 6 Fällen wurden Pflanzen-schutzmittel nachgewiesen, die für eine Anwendung bei anderen Kultu-ren – jedoch nicht bei Stachelbeeren – zugelassen sind.

Bei Himbeeren deutscher Herkunft wurden in 2 (9 %) der 22 untersuch-ten Proben Überschreitungen von Rückstandshöchstmengen festge-stellt. In Proben von 2 Erzeugern wurde der in Deutschland nicht zuge-lassene Wirkstoff Bifenthrin nachge-wiesen. In 2 weiteren Proben wurden Pflanzenschutzmittelrückstände nach-gewiesen, die für eine Anwendung bei anderen Kulturen – jedoch nicht bei Himbeeren – zugelassen sind. Auch in einheimischen kultivierten Heidelbeeren und Brombeeren werden üblicherweise Pestizidrück-stände festgestellt, die ermittelten Rückstandsgehalte sowie das fest-gestellte Wirkstoffspektrum waren jedoch erfreulicherweise unauffällig.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass in den Beerenobstkulturen Jo-hannisbeeren, Stachelbeeren und Himbeeren weiterhin sowohl Höchst-

Tabelle: Rückstände in Johannisbeeren, Stachelbeeren und Himbeeren aus einheimischer Erzeugung 2005 – 2006

HM = Höchstmenge

* Summe. Diese beinhaltet sowohl Stoffe, die generell in Deutschland zur Anwendung nicht zugelassen sind, als auch Stoffe, die zwar in Deutsch-land, nicht aber zur Anwendung in dieser Kultur zuge-lassen sind.

Pflanzenschutzmittel und Organische Kontaminanten Jahresbericht 2006 97

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nachgewiesen – die durchschnittliche Anzahl lag bei 6,4 ver-schiedenen Wirkstoffen je Probe wobei bis zu 21 Pestizide in einer Probe festgestellt wurden (ausführlicher Bericht im Internet unter www.cvua-stuttgart.de ).Bezogen auf die jeweiligen Anbauländer bestehen nach wie vor deutliche Unterschiede hinsichtlich der Rückstands-situation. Erfreulicherweise waren bei den untersuchten einheimischen Tafeltrauben weder Höchstmengenüber-schreitungen noch Rückstände nicht zugelassener Stoffe feststellbar.

Kernobst – keine Höchstmengenüber-

schreitungen festgestellt

Die Untersuchung von 68 Proben Äpfeln und 42 Proben Birnen aus konven tioneller Erzeugung – da-von insgesamt 69 Proben aus Deutschland – ergab in keinem Fall Beanstandungen wegen Höchstmengenüberschreitun-gen. Nachweisbare Rückstän-de meist mehrerer Wirkstoffe sind auch bei Kernobst die Re-gel, wobei jedoch keine signi-fikanten Unterschiede zwischen einheimischer und importierter Ware festzustellen sind. Rückstände von für den Kernobstanbau nicht zugelassenen Pfl anzen-schutzmitteln wurden lediglich in einer Birnenpro-be nachgewiesen (Dichlofl uanid). Erfreulicherweise waren im Jahr 2006 keine auffälligen Rückstands-befunde der Wachstumsregulatoren Chlormequat und Mepiquat in einheimischen Birnen mehr fest-stellbar.

Steinobst – Höchstmengenüberschreitungen

und Rückstände nicht zugelassener Wirkstoffe bei

Pfl aumen

Insgesamt wurden 133 Proben Steinobst aus konventio-nellem Anbau auf Rückstände von Pfl anzenschutzmitteln untersucht. Bei Süßkirschen (6 %), Nektarinen (7 %), Apri-kosen (7 %) wurden Überschreitungen von Höchstmen-gen festgestellt, bei Mirabellen und Nektarinen erfreu-licherweise nicht. Auffällig waren Pfl aumen: in 4 (10 %) von 39 untersuchten Proben wurden Höchstmengenüber-schreitungen festgestellt, 3 dieser Proben stammten aus Deutschland. Bei 3 Proben einheimischer Erzeuger wurden darüber hinaus Rückstände von nicht zur Anwendung bei Pfl aumen zugelassener Wirkstoffe (Indikationszulassung) nachgewiesen.

Sultaninen – auffallend viele Rückstandsbefunde

je Probe

4 von 16 auf Rückstände von Pfl anzenschutzmitteln unter-suchten Proben Sultaninen wiesen Höchstmengenüber-schreitungen der Wirkstoffe Flufenoxuron bzw. Lufenuron auf. Auffallend bei den untersuchten Proben war jedoch die hohe Anzahl an nachgewiesenen Wirkstoffen: Durchschnitt-lich waren 9 Wirkstoffe pro Probe nachweisbar, im Maxi-mum jedoch bis zu 33 Wirkstoffe pro Probe. Ursächlich für diese hohe Anzahl an Wirkstoffen dürfte die Vermischung unterschiedlich behandelter Traubenpartien sein.

Lebensmittel-Monitoring

Im Jahr 2006 wurden im Rahmen des Lebensmittel-Monitorings am CVUA Stuttgart insgesamt 206 Lebensmittelproben auf ein Spek-trum von ca. 400 verschiedenen Pestizidwirkstoffen untersucht. 183 dieser Proben stammten aus

konventionellem und 23 Proben aus ökologischem Anbau. In 85 % der

konventionell erzeugten Proben konn-ten Rückstände an Pfl anzenschutzmitteln

nachgewiesen werden, 15 der 183 Proben (8 %) wiesen Rückstandsgehalte auf, die über den

gesetzlich festgelegten Höchstmengen lagen.

Das Lebensmittel-Monitoring wird seit 4 Jahren in zwei sich ergänzenden Untersuchungsprogrammen durchgeführt: Untersuchung von Lebensmitteln des aus dem Ernährungs-verhalten der Bevölkerung entwickelten Warenkorbes, um die Rückstandssituation unter repräsentativen Beprobungs-bedingungen verfolgen zu können (Warenkorb-Monitoring), und Untersuchungen zu speziellen aktuellen Fragestellun-gen in Form von Projekten (Projekt-Monitoring). Im Waren-korb-Monitoring wurden in diesem Jahr 70 Proben (Auber-gine (20), Eichblattsalat (18), Tafelweintraube (23), Tee (9)), im Projekt-Monitoring 136 Proben (Paprika (33) und anderes Gemüse (103)) untersucht. Die bundesweiten Ergebnisse des Lebensmittel-Monitorings werden im gemeinsamen Bericht des Bundes und der Länder (www.bvl.bund.de )veröffentlicht werden.

Das CVUA Stuttgart bearbeitete auch in diesem Jahr wieder federführend das Projekt „Herbizidrückstände in bestimm-ten Gemüsearten“. Ziel diese Projektes war es, die gezielte Untersuchung verschiedener Gemüsekulturen auf Rück-stände anwendungsrelevanter Herbizide verschiedener Stoffklassen des Jahres 2005 fortzuführen und auf ande-re Gemüsesorten auszudehnen, um weitere Rückstands-daten zu der mengenmäßig am meisten ausgebrachten Pestizidgruppe der Herbizide zu erhalten.

Lebensmittel-Monitoring

Im Jahr 2006 wurden im Rahmen

98 Lebensmittelüberwachung BW Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche

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Lebensmittel tierischer Herkunft

Gesamtergebnisse

Insgesamt wurden 894 Proben Lebensmittel tierischer Herkunft auf Rückstände an Pflanzenschutzmitteln und

persistente organische Kontaminanten untersucht. Davon wurden 541 Proben im Handel sowie 287 Proben bei

Erzeugern im Rahmen des Nationalen Rückstandskontrollplanes entnommen. 66 Fischproben stammten aus

dem Rhein im Regierungsbezirk Freiburg.

Da es ein Hauptanliegen der Lebensmittelüberwachung ist, das Vorkommen von unerwünschten Stoffen in Lebensmit-teln und damit eventuelle Gefährdungspotenziale frühzeitig zu erkennen und darüber hinaus auf längere Sicht zeitliche Trends in der Kontamination aufzuzeigen, wird die Über-wachung immer mehr nach Monitoring-Gesichtspunkten ausgerichtet. Das bedeutet systematisches Messen und Beobachten der Rückstandssituation. Die Rückstandsge-halte an Altlasten nehmen in Lebensmitteln tierischer Her-kunft kontinuierlich ab, was sich daran zeigt, dass der Anteil der Proben mit nachgewiesenen Rückständen von 96 % über 86 % in den Vorjahren auf jetzt 74 % zurückgegangen ist. Höchstmengenüberschreitungen sind nur in Einzel-fällen zu beobachten. In diesem Jahr wurde bei keinem Lebensmittel eine Beanstandung wegen Höchstmengen-überschreitung ausgesprochen, jedoch wurden bei 23 % der Rheinfische (Aale) Höchstmengenüberschreitungen an HCB und in einem Fall überhöhte PCB-Gehalte festgestellt. Ein Bericht zu den Ergebnissen der Rheinfische wird an anderer Stelle publiziert.

Bedeutung und Untersuchungsumfang

Persistente chlor- und bromorganische Verbindungen rei-chern sich über die Nahrungskette im Fettgewebe von Tieren an. Lebensmittel tierischer Herkunft stellen daher die Hauptquelle für die Aufnahme dieser Stoffe durch den Verbraucher dar. Das Untersuchungsspektrum umfasste die Stoffgruppen der chlor- und bromorganischen Kontami-nanten, Pestizide sowie Nitromoschusverbindungen.

Als besonders relevant und repräsentativ für die Belas-tung mit Altpestizidrückständen und Kontaminanten sind die Stoffe Hexachlorbenzol (HCB), Lindan (gamma-HCH), Gesamt-DDT, PCB 153 (Indikatorkongener), Dieldrin, Ge-samt-Endosulfan, Moschusxylol sowie die Summe der polybromierten Diphenylether (PBDE, Summe aus BDE 28, 47, 99, 100, 153 und 154) anzusehen. Bei den Fischen sind noch einige spezielle Kontaminanten wie Nonachlor, Chlordan, Tribromanisol, Trichlosan-methyl und Toxaphen

Rückstände HCB gamma-HCH Summe DDT PCB 153 Dieldrin Endosulfan Moschus- Xylol

Summe PBDE

Gehalte in µg / kg Fettmin. nn nn nn nn nn nn nn nnmax. 2,15 nn 1,34 nn 1,15 1,20 nn nnMittelwert 1,63 nn 0,72 nn 0,31 0,05 nn nnMedian 1,78 nn 0,89 nn 0,25 nn nn nn

Tabelle: Rückstände in irischer Butter

(Summe der Parlar Kongeneren 26, 50, 62) von Bedeu-tung. Im Folgenden wird daher hauptsächlich auf diese Stoffgruppen eingegangen.

Irische Butter

Verunreinigung mit Kontaminanten auf sehr niedri-

gem Niveau

Im Rahmen des Lebensmittel-Monitoringprogrammes wur-den 22 Proben Butter mit Herkunft Irland untersucht. Dabei fanden sich nur sehr geringe Gehalte an Organochlorpes-tiziden, während Industriekontaminanten wie PCB oder PBDE gar nicht nachgewiesen wurden.Irland ist ein Agrarland, dass nur in geringem Umfang Einflüssen durch industrielle Verschmutzung ausgesetzt ist. Nichtsdestotrotz wurden Rückstände der sehr lang-lebigen Organochlorpestizide wie z. B. Hexachlorbenzol, DDT, Dieldrin und Endosulfan sehr wohl nachgewiesen, allerdings auf sehr niedrigem Niveau. Der höchste fest-gestellte Wert betrug 2,15 µg / kg Fett für Hexachlorbenzol (siehe Tabelle).

Käse

Die Schadstoffbelastung von Käse ist ebenfalls gering. Grie-chischer Schafskäse fällt jedoch aus dem Rahmen.

71 Proben Käse mit mittleren Fettgehalten kamen zur Unter-suchung. Kuhmilchkäse aus Deutschland und der Schweiz stellte dabei die größte Gruppe, aber auch 19 Schafs- und Ziegenkäse aus Deutschland, den Niederlanden, Frankreich und Griechenland waren vertreten. Insgesamt zeigten sich auch hier nur niedrige Belastungen mit Rückständen an Pestiziden oder mit Kontaminanten. Der höchste Gesamt-mittelwert aller Proben wurde für DDT mit 0,05 mg / kg Fett ermittelt. Auffällig waren allerdings Schafskäseproben aus Griechenland, die im Mittel weitaus höhere Gehalte auf-wiesen, insbesondere an DDT, Lindan und Endosulfan. Bei einer Probe wurde sogar eine nominelle Überschreitung der Höchstmenge für Lindan festgestellt, die jedoch wegen

Pflanzenschutzmittel und Organische Kontaminanten Jahresbericht 2006 99

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des zu berücksichtigenden analytischen Streubereiches noch nicht zu einer Beanstandung führte.Schafs- und Ziegenkäseproben aus Deutschland, Frankreich und den Niederlanden waren in ihrer Schadstoffbelastung mit den Kuhmilchkäsen vergleichbar, sodass die Vermu-tung nahe liegt, dass die deutlich höhere Belastung der griechischen Schafskäseproben ihre Ursache in regionalen Einflüssen des Herkunftslandes hat.

Freilandhaltung auftraten, während Eier aus Käfighaltung bei allen relevanten Schadstoffen im Mittel die geringsten Werte aufwiesen. Dies erklärt sich dadurch, dass Lege-hennen in Käfighaltung von Umwelteinflüssen weitge-hend abgeschlossen sind und mit kontrollierbarem Futter versorgt werden, während in biologischer Haltung sowie in Freiland- und Bodenhaltung ein schwer kontrollierbarer Einfluss von den Auslaufflächen ausgeht, die die Tiere mehr oder weniger intensiv nutzen. Da Hühner durch Scharren und Picken relativ viele Bodenpartikel aufnehmen, kann es bei entsprechender umweltbedingter Schadstoffbelastung zu einer Anreicherung der fettlöslichen Kontaminanten im Tierkörper und dann zu einer erhöhten Belastung der Eier kommen.

Org. Kont. Eier 2006

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HCB gamma-HCH

SummeDDT

PCB153

Dieldrin Endosulfan Moschus-Xylol

SummePBDE

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0,006

0,008

0,010

0,012

Mitt

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Org. Kont. Käse 2006

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HCB gamma-HCH

SummeDDT

PCB153

Dieldrin Endosulfan Moschus-Xylol

SummePBDE

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0,015

0,020

0,025

Mitt

elw

ert (

mg /

kg F

ett)

Grafik: Organische Kontaminanten in Käse nach Tierart / Herkunft

Kuh (D, CH)

Schaf, Ziege (D, F, NL)

Schaf (GR)

Eier

Eier aus Käfighaltung weisen die geringste Schadstoffbelastung auf.

123 Hühnereiproben wurden auf das relevante Rückstands- und Schadstoffspektrum untersucht. Insgesamt zeigte sich – von wenigen Einzelfällen abgesehen – eine erfreulich niedrige Belastung der Eier mit Schadstoffen. Bei keinem der untersuchten Stoffe lag der Medianwert über alle Pro-ben höher als 0,002 mg / kg Fett. Der höchste gemessene Wert betrug 0,15 mg / kg Fett für DDT in einer Eiprobe aus ökologischer Produktion. Dieser Wert lag aber noch unter der zulässigen Höchstmenge von 0,5 mg / kg Fett.Dank der jetzt vorgeschriebenen Herkunftskennzeichnung („Ei-Stempel“) war bei nahezu allen Proben bekannt, aus welcher Haltungsform sie stammten (ökologische Produk-tion, Freilandhaltung, Bodenhaltung oder Käfighaltung), sodass eine Auswertung der Schadstoffbelastung in Ab-hängigkeit von der Haltungsform vorgenommen werden konnte. Dabei zeigte sich, dass die mit Abstand höchsten Gehalte (Mittelwerte für DDT und PCB 153) bei Eiern aus Grafik: Organische Kontaminanten in Eiern nach Haltungsform

Bio

Freiland

Bodenhaltung

Käfighaltung

100 Lebensmittelüberwachung BW Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche

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Fische und Fischerzeugnisse

Kein Fischprodukt bietet mehr organische Schadstoffe als Dorschleber.

Die Belastung der Aale wird nur noch von den Dorsch-leberproben übertroffen. Hier finden sich z. B. 6 fach höhe-re Werte für DDT und 3fach höhere für PCB. Was den Verzehr betrifft, nimmt der Verbraucher sogar bei gleicher Verzehrsmenge 9-mal mehr DDT und 5-mal mehr PCB mit Dorschleber auf als mit Aal. Dorschleber im eigenen Öl ist als Konserve im Handel erhältlich, wobei Öl und Leber in gleicher Höhe kontaminiert sind.Ein besonderer Befund von Heptachloro-1‘-methyl-1,2‘-Bipyrrole (Q1) ergab sich in einer Probe Schwertfisch aus dem Indischen Ozean. Diese Verbindung gehört zu einer Vielzahl von halogenierten Naturstoffen, die Forschergrup-pen inzwischen weltweit nicht nur in Fischen, sondern auch in Meeressäugern nachweisen. Die halogenierten Stoffe natürlichen Ursprungs reichern sich wohl ebenso wie die industriell erzeugten POPs (persistent organic pollutents) in der Nahrungskette an. Sie kommen vorrangig im Meer vor und werden dort von niederen Organismen wie Algen, Schwämmen und Würmern produziert.

Org.Kont.Fische 2006

HCB Nonachlor DDT PCB Dieldrin Chlordan Tribrom- PBDE Trichlosan- Parlar153 anisol methyl

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Mitt

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kg F

ett)

Grafik: Vergleich der Belastung von Fischen mit organischen Kontaminanten

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Org.Kont.Fischart 2006

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HCB Nonachlor DDT PCB Dieldrin Chlordan Tribrom- PBDE Trichlosan- Parlar153 anisol methyl

Mitt

elw

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mg /

kg F

risch

gew

icht

)

Grafik: Unterschiedliche Fischarten – Beitrag zur Belastung des Verbrauchers

Aal

Forelle

Lachs

Schwertfisch

Im Rahmen des bundesweiten Warenkorb-Lebensmittel-Monitorings wurden 15 geräucherte Aalproben, 16 Schwert-fisch- und 18 Dorschleber-Proben untersucht. Außerdem kamen im Rahmen des Nationalen Rückstandskontrollpla-nes (NRKP), eines speziellen Öko-Monitoringprogrammes des Landes Baden-Württemberg und der üblichen Lebens-mittelüberwachung 24 Forellen- aus heimischer Fischzucht und 11 teilweise geräucherte Lachsproben zur Untersu-chung auf Pestiziden sowie chlor- und bromhaltigen Konta-minanten. Die Belastung der unterschiedlichen Fischarten wird durch eine Auswahl an relevanten Stoffen im Vergleich dargestellt. Danach zeigt sich bei allen Fischarten als Haupt-komponente das Gesamt-DDT mit den höchsten mittleren Gehalten bei Aalen und Schwertfisch von je 0,12 mg / kg Fett. Da die Fettgehalte von Schwertfisch unter 10 % (Mit-telwert: 2,6 %), von Aalen jedoch im Mittel bei 32 % la-gen, nimmt der Verbraucher bei Verzehr eines fettreichen Fisches absolut deutlich mehr Schadstoffmenge auf als mit einem fettarmen Fisch. So ist die Aufnahmemenge von DDT und PCB beim Aal am höchsten, gefolgt von Toxaphen (Parlar), Dieldrin und HCB bei Aal sowie DDT, Tribromanisol und Toxaphen (Parlar) bei Lachs.

Pflanzenschutzmittel und Organische Kontaminanten Jahresbericht 2006 101

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Bei Lamm- und Ziegenfleisch liegen bis auf den Gesamt-DDT -Gehalt bei Ziege (0,019 mg / kg Fett) alle mittleren Rückstandsgehalte unter 0,01 mg / kg Fett und weisen damit die ubiquitäre Hintergrundbelastung für Fleisch auf. Aus der Gruppe der Pyrethroide und Phosphorsäureester wurden lediglich in zwei Proben positive Befunde unter der Höchstmenge festgestellt (Permethrin, Fenvalerat und Fenitrothion).

Fleisch

Schweineleber und Straußenfleisch heben sich von anderen Fleischarten ab.

Org. Kont. Schwein 2006

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HCB beta- Lindan DDT PCB Dieldrin Endo- Moschus- PBDEHCH 153 sulfan keton

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0,005

0,010

0,015

0,020

0,025

Mitt

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mg /

kg F

ett)

Grafik: Fleisch und Leber von Rind und Schwein im Vergleich

Org.Kont._Aal 2006

0,00

0,05

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0,15

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0,05

0,10

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0,20

0,25

0,30

0,35

0,40

HCB Nonachlor DDT PCB Dieldrin Chlordan Tribrom- PBDE Trichlosan- Parlar153 anisol methyl

Mitt

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ert (

mg /

kg F

risch

gew

icht

)

Grafik: Aal und Dorschleber im Vergleich – Beitrag zur Belastung des Verbrauchers Aal Dorschleber

Rindfleisch Schweinefleisch

Rinderleber Schweineleber

Im bundesweiten Lebensmittel-Monitoring wurden 21 Pro-ben Rinder- und 16 Proben Schweineleber untersucht, die mit 129 Proben Rind- und 88 Proben Schweinefleisch – teil-weise im NRKP beprobt – verglichen wurden.

Eine Auswahl von relevanten und repräsentativen Pestizi-den und Kontaminanten zeigt die höchste Belastung bei Rinderleber, während Rindfleisch deutlich geringer kon-taminiert ist. Auffällig ist ein erhöhter mittlerer beta-HCH-Gehalt von 0,018 mg / kg Fett, während die übliche Hinter-grundbelastung für Fleisch bei etwa 0,001 mg / kg Fett liegt. Für PCB 153 ergibt sich sogar ein mittlerer Gehalt von 0,025 mg / kg Fett. Im Gegensatz zur Rinderleber ist Schweinele-ber ebenso wie Schweinefleisch fast rückstandsfrei.

Darüber hinaus wurden noch einige andere Fleischarten be-züglich persistenter Stoffe miteinander verglichen. Während Geflügel nur noch im Spurenbereich Rückstände aufweist, ist Straußenfleisch deutlich höher belastet. Hier zeigte sich vor allem ein erhöhter mittlerer Gesamt-DDT -Gehalt von 0,12 mg / kg Fett. Auch bei den anderen Pestiziden / Konta-minanten nimmt Straußenfleisch die Spitzenposition ein.

102 Lebensmittelüberwachung BW Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche

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Honig

Honig kann ein gutes „Rückstandszeugnis“ ausgestellt werden

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HCB beta- Lindan DDT PCB Dieldrin Endo- Moschus- PBDEHCH 153 sulfan keton

Org. Kont. Fleisch 2006

Mitt

elw

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mg /

kg F

ett)

Grafik: Verschiedene Fleischarten im Vergleich Geflügel Lamm

Straußenfleisch Ziegenfleisch

ist ein Akarizid, das im Bienenstock zur Bekämpfung der Varroa-Milbe eingesetzt wird. Eine Höchstmenge ist für die-sen Stoff nicht festgelegt. Nach diesen Ergebnissen lässt sich somit dem Lebensmittel Honig ein gutes Zeugnis in Bezug auf Verunreinigungen mit Pestizidrückständen und Kontaminanten ausstellen.

21 Proben Honig wurden im Rahmen des Nationalen Rück-standskontrollplans auf Organochlor- und Organophosphor-Verbindungen, Pyrethroide und weitere akarizid wirksame Stoffe untersucht. Außer einer Spur von Brompropylat in einer Probe war ansonsten Coumaphos als einziger Stoff in 76 % der Proben enthalten, wobei der Median- und Mit-telwert jeweils lediglich 0,001 mg / kg betrug. Coumaphos

Pflanzenschutzmittel und Organische Kontaminanten Jahresbericht 2006 103

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Weitgehende Rückstandsfreiheit

bei pfl anzlichen Lebensmitteln

aus ökologischem Anbau

Wie in den Vorjahren weist ökologi-sches Obst und Gemüse signifi kant geringere Rückstandsgehalte als kon-ventionell erzeugte Ware auf. Bei der überwiegenden Anzahl der Proben aus ökologischem Anbau waren kei-ne Pestizidrückstände nachweisbar. Sofern Rückstände festgestellt wur-den, handelte es sich meist nur um Rückstände einzelner Wirkstoffe im Spurenbereich (< 0,01 mg / kg) und damit deutlich unterhalb der Kon-zentration, die üblicherweise nach

Anwendung entsprechender Wirk-stoffe im Erntegut festgestellt werden kann. Da sich die Rück-standssituation bei Bio-Paprika und -Tafeltrauben im Jahr 2006

deutlich verbessert hat, hat die Beanstandungsquote bei frischen

Erzeugnissen im Vergleich zum Vor-jahr erfreulicherweise wieder abge-nommen: 4,9 % 2006, 8,4 % 2005, nur 3,6 % 2004 und 4,5 % 2003. Da jedoch gerade bei einem knappen Angebot und einer stark steigenden Nachfrage Verfälschungen besonders lukrativ sind, soll der Markt auch im Jahr 2007 aufmerksam beobachtet werden.

Untersuchungsergebnisse bei

pfl anzlichen Lebensmitteln

Im Jahr 2006 wurden insgesamt 504 Proben pfl anzlicher Lebensmittel aus ökologischem Anbau auf Rückstände an Pfl anzenschutzmitteln untersucht. Die vollständigen Ergebnisse sind im Bericht über das Öko-Moni toring 2005 im Internet unter www.cvua-stutt-

gart.de abrufbar. Nachfolgend eine Auswahl der Ergebnisse:

Blattgemüse aus ökologischem

Anbau

Von 57 untersuchten Blattgemüse-Proben wiesen lediglich 2 Proben Rückstände über 0,01 mg / kg auf.

Fruchtgemüse aus ökologischem

Anbau

Insgesamt wurden 64 Proben, v. a. Pap-rika und Tomaten, auf Pfl anzenschutz-mittelrückstände untersucht. Lediglich 3 % der Proben enthielten Pestizid-rückstände über 0,01 mg / kg (ohne die für die ökologische Landwirtschaft zugelassenen natürlichen Stoffe). In 3 Fällen wurde die Öko-Kontrollstelle auf erhöhte Gehalte hingewiesen. Damit hat sich die Situation bei Fruchtgemü-se im Vergleich zum Vorjahr deutlich verbessert: 2005 wurde bei 5 Proben (10 %) die Bezeichnung „aus ökolo-gischem Anbau“ als irreführend be-urteilt, eine Probe wies einen Rück-standsgehalt über der gesetzlich fest-gelegten Höchstmenge auf.

Wurzelgemüse aus ökologischem

Anbau

Insgesamt wurden 38 Proben Öko-Wurzelgemüse untersucht, wobei ein deutlicher Schwerpunkt bei Ka-rotten lag (34 Proben). Die 4 Proben Rote Bete wiesen keine Rückstände auf. Wie bereits 2005 wurden auch im Jahr 2006 viele Herbizide miterfasst und in vergleichsweise vielen Proben in kleinen Konzentrationen nachge-wiesen. Während deutsche Karotten überwiegend rückstandsfrei waren (lediglich 1 Probe enthielt Spuren an 2 Pestiziden), enthielten 9 der 10 Proben italienischer Bio-Karotten Rückstände. Nahezu alle Karottenproben enthiel-ten ein oder sogar mehrere Herbizide. Ferner wurden auch Rückstände an Fungiziden und Insektiziden nachge-wiesen. Insgesamt wurden 5 der 34 Karottenproben (15 %!) als irreführend gekennzeichnet beanstandet. Diese hohe Beanstandungsquote deutet darauf hin, dass bei Öko-Karotten die Nachfrage größer ist als das Angebot und deshalb möglicherweise auch konventionelle Ware als Öko-Ware ver-marktet wird. Bereits in den Vorjahren waren italienische Bio-Karotten wegen der vergleichsweise hohen Pestizidge-halte aufgefallen. Aufgrund der Auffäl-ligkeiten werden die Untersuchungen im Jahr 2007 fortgeführt.

Öko-Monitoring – Rückstandsuntersuchungen bei

Lebensmitteln aus ökologischer ProduktionBaden-Württemberg führt im Zusammenhang mit der vom Ministerrat des Landes beschlossenen Gesamt-

konzeption zur Förderung des ökologischen Landbaus zusätzlich ein spezielles Untersuchungsprogramm

für Lebensmittel aus ökologischem Landbau durch. Da dieses Öko-Monitoring im Rahmen der amtlichen

Lebensmittel überwachung erfolgt, werden Lebensmittel aus ökologischem Anbau systematischer und

häufi ger als in der Vergangenheit auf Rück stände und Kontaminanten untersucht. Ziel des Öko-Monitorings

ist es, in dem stark ex pandierendem Marktsegment Verbrauchertäuschun gen besser zu erkennen und somit

das Verbrau chervertrauen in die Qualität ökologisch erzeug ter Lebensmittel zu stärken.

Die ausführliche und tabellarische Darstellung der Untersuchungsergebnisse des Öko-Monitorings 2006

werden in einem gesonderten Bericht im Internet veröffentlicht (www.cvua-stuttgart.de ).

Anwendung entsprechender Wirk-stoffe im Erntegut festgestellt werden kann. Da sich die Rück-standssituation bei Bio-Paprika und -Tafeltrauben im Jahr 2006

deutlich verbessert hat, hat die Beanstandungsquote bei frischen

BIO !

Pfl anzliche Lebensmittel

104 Lebensmittelüberwachung BW Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche

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ÖKO !

Kartoffeln aus ökologischem

Anbau

Im Jahr 2006 wurden insgesamt 23 Proben Kartoffeln aus ökologischem Anbau auf Pflanzenschutzmittel-rückstände untersucht. 11 Proben wiesen Rückstände auf, wobei die Rückstandsgehalte von 7 Proben (30 %) über 0,01 mg / kg lagen. Die Bezeichnung „aus ökologischem An-bau“ wurde bei einer Probe, aufgrund überhöhter Propamocarb-Rückstän-de, als irreführend beurteilt. 6 Proben Früh-Kartoffeln aus Israel und Ägypten wiesen Rückstände des nach Öko-VO nicht zugelassenen Keimhemmungs-mittels Chlorpropham auf, die Gehalte lagen bei 4 Proben über 0,01 mg / kg. Die Untersuchungen bei Öko-Kartof-feln werden aufgrund dieser Rück-standsbefunde im Jahr 2007 intensi-viert werden.

Zuchtpilze aus ökologischem

Anbau

Die Beanstandungsquote war 2005 bei Zuchtpilzen mit 23 % sehr hoch, deshalb wurden die Untersuchungen zu Pilzen im Jahr 2006 fortgeführt. Ins-gesamt wurden 23 Proben Zuchtpilze aus ökologischem Anbau auf Pestizid-rückstände untersucht. 4 Proben Aus-ternseitlinge und eine Probe andere Pilze wiesen Rückstände an Chlor-mequat über 0,01 mg / kg auf. Dieser Wirkstoff wird als Halmverkürzer im konventionellen Getreideanbau einge-setzt und gelangt vermutlich über das Substrat, auf dem die Pilze gezüchtet werden, in das Lebensmittel. Nach An-hang I Nr. 5 der Öko-V muss im Bio-Landbau jedoch auch das Sub strat (Stroh) von Bio-Getreide stammen. Die Anwendung von Halmverkürzern ist hier nicht zulässig. Bemerkens-wert ist, dass Zuchtchampignons im Unterschied zum Vorjahr in keinem Fall beanstandet werden mussten. Die Proben enthielten lediglich gerin-ge Spuren an Chlormequat, nur eine Probe enthielt das Herbizid Clopyralid (0,01 mg / kg).

Damit haben die 2005 ergriffenen Maßnahmen zu einer drastischen Verbesserung der Rückstandssituati-on bei Zuchtchampignons aus ökolo-gischem Anbau geführt.

Beerenobst aus ökologischem

Anbau

Insgesamt wurden 59 Proben Beeren-obst aus ökologischem Anbau auf Pestizid rückstände unter-sucht. 2 Proben Tafeltrauben wiesen Rückstände über 0,01 mg / kg auf, bei diesen Proben erfolgte ein Hinweis auf die erhöhten Gehalte. Die Zahl der Proben mit Mehrfachrückständen ist bei Tafeltrauben vergleichsweise hoch und könnte auf die zum Teil recht kleine Parzellierung im Weinbau und damit stärker zum Tragen kommende Abdriftproblematik hindeuten.

Zitrusfrüchte aus ökologischem

Anbau

Insgesamt wurden 58 Proben Zitrus-früchte aus ökologischem Anbau auf Pestizid rückstände und Rückstände von Oberflächenbehandlungsmit-teln untersucht. Während 2004 noch eine relativ große Anzahl von Bio-Zitrusfrüchten geringe Gehalte an Oberflächen konservierungs stoffen aufwiesen (Kontamination der Öko-Ware in der Packstelle) scheint die-ses Problem 2006 weitgehend ge-löst zu sein: Nur 4 Proben enthielten Rückstände an Orthophenylphenol, Imazalil und Thiabendazol. Auffäl-lig waren jedoch Zitronen meist aus Italien oder Spanien, bei denen zum Teil erhebliche Gehalte an Akariziden (Fenbutatin-oxid, Dicofol, Tetradifon) festgestellt wurden. 7 der 38 Proben Zitronen (18 %!) wurden als irrefüh-rend bezeichnet beurteilt, bei 3 weite-ren Zitronenproben wurde auf erhöhte Gehalte an Imazalil und Azoxystrobin hingewiesen.

Pfl anzliche Öle aus ökologischem

Anbau

Insgesamt wurden 16 Proben pfl anzli-che Öle aus ökologischem Anbau auf Pestizid rückstände untersucht. Bei pfl anzlichen Ölen muss bei der Beur-teilung noch ein Verarbeitungsfaktor berücksichtigt werden, da sich lipo-phile Pfl anzenschutzmittel im Fettan-

teil der Ölsaaten anreichern. Bei 5 Proben waren Rückstände > 0,01 mg / kg nachweisbar, es wurde jedoch keine Probe beanstandet (Verarbeitungs-

faktor). Am häufigsten waren Rückstände an Pirimiphos-methyl,

Chlorpyrifos, Endosulfan und Procy-midon nachweisbar. Bei Pirimiphos-methyl handelt es sich um einen Stoff, der häufi g bei der Lagerhaltung von Getreide und Ölsaaten eingesetzt wird. Es dürfte sich demnach um Kon-taminationen in den Lagerhallen oder Mühlen handeln. Hier müssen die Betreiber noch größere Sorgfalt auf-wenden, um eine Kontamination zu vermeiden. In Olivenölen waren 2005 teilweise noch Rückstände an Fenthion nach-weisbar. Aufgrund der Entscheidung 2004 / 141 / EG der Europäischen Kom-mission (vom 12.02.2004) bzgl. der Nichtaufnahme von Fenthion in An-hang 1 der EU-Richtlinie 91 / 414 ist die Anwendung von Fenthion enthal-tenden Pfl anzenschutzmitteln europa-weit auch bei konventionell erzeugten Lebensmitteln nicht mehr zugelassen. Zulassungen der Mitgliedsstaaten mussten gemäß der Entscheidung 2004 / 141 / EG bis zum 11.08.2004 widerrufen werden. Bei den Unter-suchungen 2006 konnte nur noch in einer Probe Olivenöl aus Griechenland Fenthion nachgewiesen werden.

Öko-Monitoring Jahresbericht 2006 105

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Getreide und Erzeugnisse aus

Getreide sowie Teigwaren aus

ökologischem Anbau

Insgesamt wurden 42 Proben Getrei-de, Getreidemehle, Brot, Gebäck und Teigwaren aus ökologischem Anbau auf Rückstände an Pestiziden unter-sucht. Während bei Getreide und Ge-treidemehlen keine Rückstände an Pflanzen- und Vorratsschutzmitteln > 0,01 mg / kg nachweisbar waren, wurden bei Backwaren einige Proben Knäckebrot, Kräcker und Zwieback aufgrund überhöhter Rückstände als irreführend bezeichnet beur-teilt. Bei den Knäcke brotproben ergab die Ursachenforschung durch die Öko-Kontrollstellen, dass die Rück-stände durch Kontamination bei der Herstellung des Brotes zustande ka-men. Der Hersteller produzierte auf der gleichen Anlage sowohl konven-tionelles als auch ökologischen Knä-ckebrot ohne ausreichende Reini-gungsschritte bei der Umstellung der Produktion. Der Erfolg der zwischen-zeitlich getroffenen Maßnahmen soll 2007 überprüft werden.

Die Schadstoffgehalte liegen bei

tierischen Lebensmitteln aus

ökologischer und konventioneller

Produktion insgesamt sehr niedrig

Persistente chlor- und bromorganische Verbindungen reichern sich über die Nahrungskette im Fettgewebe von Tieren an. Lebensmittel tierischer Her-kunft stellen daher die Hauptquelle für

die Aufnahme dieser Stoffe durch den Verbraucher dar. Da es kei-

ne Stoffe sind, die zur Produk-tion von Lebensmitteln einge-setzt werden, sondern durch

Verunreinigungen der Luft, des Wassers oder des Bodens oder

durch Tierfuttermittel eingeschleppt werden, sind ökologisch erzeugte Lebensmittel in der Regel im selben Ausmaß betroffen wie konventionelle Produkte.Es können bei ökologisch erzeugten Produkten im Einzelfall aber auch Ge-halte an einer Umweltkontaminante auftreten, die höher sind als die der-zeitige durchschnittliche Hintergrund-belastung für die Schadstoff / Lebens-mittel-Kombination. Für solche Fälle stellt sich die Frage, ob es vonseiten des Verbrauchers eine berechtigte Er-wartung geben kann, dass ökologisch erzeugte Lebensmittel keine höheren Gehalte an einer Umweltkontaminan-te aufweisen als ein entsprechendes Produkt aus einem konventionellen Betrieb. Nach derzeitiger Rechtslage regelt die Verordnung über den ökologischen Landbau bezüglich der Kennzeich-nung als Spezialrecht abschließend, was berechtigte Verbrauchererwar-tung für die ökologisch erzeugten Le-bensmittel ist. Danach ist der Gehalt an einer Umweltkontaminante nicht als Kriterium der berechtigten Verbrau-chererwartung anzusehen.

Gesamtergebnisse

Im Jahr 2006 wurden insgesamt 102 Lebensmittel tierischer Herkunft aus ökologischer Produktion auf Konta-minanten und Pestizide untersucht. Schwerpunktmäßig kamen Eier, Fleisch / Fleischerzeugnisse / Wurst-waren sowie Fische / Fischerzeugnis-se / Krustentiere zur Untersuchung, wobei die Warenkorbuntersuchung aus früheren Jahren fortgesetzt wur-de. Die Belastung dieser Lebensmit-tel mit chlor- und bromorganischen Kontaminanten und Pestiziden sowie Nitromoschusverbindungen hat sich in den letzten 20 Jahren generell deut-lich reduziert, wobei DDT und PCB sowie teilweise HCB noch die höchs-ten Konzentrationen aufweisen. Die durchschnittliche Hintergrundbelas-tung liegt für die persistenten Konta-minanten und Pestizide bei den Wa-rengruppen Fleisch und Eier derzeit unter 0,010 mg / kg Fett. Bei Fischen aus Aquakulturen ist die Hintergrund-belastung für einige Stoffe – insbeson-dere PCB, DDT und teilweise PBDE – deutlich höher.

Tierische Lebensmittel

wurden bei Backwaren einige

teilt. Bei den Knäcke brotproben

den Verbraucher dar. Da es kei-ne Stoffe sind, die zur Produk-tion von Lebensmitteln einge-setzt werden, sondern durch

Verunreinigungen der Luft, des Wassers oder des Bodens oder

BIO !

106 Lebensmittelüberwachung BW Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche

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Die Überwachung von Rückständen pharmakologisch wirksamer Stoffe in Tieren und Lebensmitteln tierischer Herkunft erfolgt auf allen Stufen der Produktions- und Han-delskette. In den CVUAs werden untersucht:

• Proben, die im Rahmen des Nationalen Rückstands-kontrollplanes (NRKP) entnommen wurden,

• Planproben nach dem Lebensmittel-, Bedarfsgegen-stände- und Futtermittelgesetzbuch (Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch – LFGB),

• auffällige Proben aus der Schlachttier- und Fleisch-untersuchung.

Der NRKP ist ein jährlich für jeden EU-Mitgliedsstaat erstell-ter Plan für die Entnahme und Untersuchung von Proben zur Überprüfung der Rückstandssituation in Erzeuger- und Schlachtbetrieben. Darin wird jeweils ein bestimmtes Spek-trum an Stoffen vorgegeben, auf das die entnommenen Proben mindestens zu untersuchen sind (Pfl ichtstoffe). Neben diesen Pfl ichtstoffen können bei einer defi nierten Probenanzahl die Stoffe, auf welche die entnommenen Proben zu untersuchen sind, frei gewählt werden. Diese Wahlstoffe werden nach aktuellen Erfordernissen und Er-kenntnissen aus der Tierarzneimittelüberwachung (Risiko-analysen) festgelegt.

Pharmakologisch wirksame StoffePharmakologisch wirksame Stoffe fi nden in der landwirtschaftlichen Nutztierproduktion als Bestandteile von

Tierarzneimittelpräparaten Verwendung und dienen damit der Krankheitsvorbeugung und -bekämpfung.

Tierarzneimittelrückstände i. S. von Art. 1 (1) Verordnung (EWG) Nr. 2377 / 90 sind alle Stoffe mit pharmako-

logischer Wirkung – seien es wirksame Bestandteile, Arzneiträger oder Abbauprodukte – einschließlich ihrer

Stoffwechselprodukte, die in Nahrungsmitteln tierischen Ursprungs vorhanden sind und aus der Anwendung

des betreffenden Tierarzneimittels resultieren.

Bei ordnungsgemäßer Anwendung von Tierarzneimitteln verbleiben in den von behandelten Tieren gewonnenen Lebensmitteln nur Rückstandsmengen, die als toxikolo-gisch unbedenklich gelten. Der unsachgemäße Umgang mit Arzneimitteln, wie beispielsweise die Nichteinhaltung der erforderlichen Wartezeit nach der Behandlung oder gar die rechtswidrige Applikation verbotener Wirkstoffe, kann indes zu Rückständen führen, die ein gesundheitliches Ri-siko für den Verbraucher darstellen. Die missbräuchliche Anwendung von Antibiotika birgt ferner die Gefahr der unbeabsichtigten selektiven Heranzüchtung resistenter Krankheitserreger. Antibiotikaresistente pathogene Keime können sich in Tierbeständen verbreiten oder auch auf den Menschen übergehen. Schwer oder nicht mehr heilbare Infektionskrankheiten können die Folge sein. Tiere, die der Lebensmittelgewinnung dienen, dürfen EU-weit nur mit Arzneistoffen behandelt werden, die in den Anhängen I bis III der VO (EWG) Nr. 2377 / 90 aufgeführt sind.

Untersuchungen auf Rückstände pharmakologisch wirksamer Stoffe

Ferner regelt der NRKP Bedingungen für die Probenahme und defi niert Anforderungen an die Leistungsfähigkeit der Untersuchungsverfahren.

Die Durchführung des NRKP erfolgt mit dem Ziel:

• vorschriftswidrige Behandlungen nachzuweisen,• die Einhaltung von Höchstmengen zu überprüfen, und• Ursachen von Rückstandsbelastungen aufzuklären.

Nach nationalem und EU-Hygienerecht muss vor jeder Schlachtung eine Schlachttier- und anschließend eine Fleisch untersuchung durchgeführt werden. Weisen leben-de Tiere physiologische bzw. physische oder psychische Veränderungen auf, die auf eine Behandlung mit pharma-kologisch wirksamen Stoffen hindeuten, oder wird z. B. ei-ne Injektionsstelle im Muskelfl eisch entdeckt, so wird der Tierkörper beschlagnahmt und geeignetes Probenmaterial zur Analyse eingesandt. Pathologisch verändertes Gewebe, das eine Infektion vermuten lässt, wird durch eine bak-teriologische Fleischuntersuchung auf Krankheitserreger geprüft. Zusätzlich werden solche Proben mit dem Allge-meinen Hemmstofftest (AHT) untersucht. Der Allgemeine Hemmstofftest stellt ein biologisches Untersuchungsver-fahren zur Prüfung auf Anwesenheit von Antibiotika dar.

Die Anhänge I und III enthalten Verzeichnisse von phar-makologisch wirksamen Stoffen, für die Höchstmengen für Rückstände festgesetzt sind (Maximum Residue Limit, MRL). Das Verzeichnis nach Anhang II führt Stoffe auf, die nach aktuellem Kenntnisstand als toxikologisch unbedenk-lich gelten. Rückstände dieser Stoffe sind nicht relevant und es sind daher keine Höchst-mengen festzusetzen.

Die Anwendung von Stoffen des Anhangs IV ist bei lebensmittelliefernden Tieren EU-weit verboten.

Pharmakologisch wirksame Stoffe Jahresbericht 2006 107

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Sonderprogramm Schlachtpferde

Pferde werden meist als Reittiere gehalten. Pferde-fl eisch und Fleischerzeugnisse aus Pferdefl eisch wer-den z. T. aber auch von einem Anteil der Bevölkerung ge-gessen. Für die als Reittiere gehaltenen Pferde stehen zur Behandlung einige pharmakologisch wirksame Stof-fe zur Verfügung, die bei lebensmittelliefernden Tieren nicht eingesetzt werden dürfen. Deshalb müssen für Pferde, die der Lebensmittelgewinnung dienen sollen, Pferdepässe vorhanden sein, in die beispielsweise auch die verabreichten Tierarzneimittel eingetragen werden sollen. Bei einer EU-Inspektion war zufällig aufgefallen, dass beim Schlachten von Pferden entweder nur kurz vor Schlachtung, nur oberfl ächlich ausgestellte oder zum Teil auch keine Pferdepässe vorhanden waren.

Da bei Pferden meist nur geringe Probenzahlen auf Rückstände von Tierarzneimittel untersucht werden, wurden in einem Sonderprogramm alle während eines Zeitraumes von 4 Wochen zur Schlachtung gebrachten Pferde überprüft. 62 dieser Pferde wurden in diesem Zusammenhang auf Rückstände folgender pharmako-logisch wirksamer Stoffe getestet: Wachstumsförderer (ß-Agonisten), Entzündungshemmer (Nichtsteroidale Antiphlogistika einschließlich Phenylbutazon sowie teil-weise auch auf Corticosteroide [z. B. Cortison]) und An-

tibiotika (Übersichtsanalyse, Hemmstofftests). In keiner dieser 62 Proben waren Rückstände nachweisbar.

Phenylbutazon in Pferdewurst

In einer Probe Pferdewurst wurden Rückstände von Phenylbutazon und Oxyphenbutazon festgestellt. Phenylbutazon wird als Arzneistoff aus der Gruppe der nichtsteroidalen Antiphlogistika verwendet. Phenylbu-tazon war das erste nichtsteroidalen Antirheumatikum, das in Deutschland zugelassen wurde. Der Wirkstoff wird in Klein- und Großtierpraxen häufi g eingesetzt. Bei Pferden wird Phenylbutazon sehr häufi g therapeutisch eingesetzt, im Pferdesport auch zu Dopingzwecken. Die Metabolisierung von Phenylbutazon erfolgt in der Leber. Dabei wird Oxyphenbutazon als ebenfalls wirk-samer Metabolit gebildet. In der Europäischen Union ist allerdings die Verwendung von Phenylbutazon bei lebensmittelliefernden Tieren nicht zugelassen. Aus die-sem Grund wurde die Probe beanstandet.

Fällt der AHT positiv aus, wird ebenfalls Probenmaterial zur weitergehenden Analyse eingesandt.

Von den Chemischen und Veterinäruntersuchungsämtern Karlsruhe und Freiburg wurden im Rahmen des NRKP 2006 insgesamt 18 809 Untersuchungen mit Proben von 11 340 verschiedenen Tieren durchgeführt. 13 708 dieser Untersuchungen (entspricht 6 854 Tieren) sollten mit dem Allgemeinen Hemmstofftest durchgeführt werden. Für die übrigen 5 101 Untersuchungen (in 4 486 Proben) wurden überwiegend physikalkalisch chemische Verfahren verwen-

det. Nur bei drei Untersuchungen mit dem Allgemeinen Hemmstofftest an Probenmaterialien von 2 Tieren sowie in einer Probe „Ei“ wurden Rückstände festgestellt, die den gesetzlichen Anforderungen nicht entsprachen. Dies entspricht einer Quote von lediglich 0,03 % aller untersuch-ten Proben. Die positive Eiprobe enthielt Rückstände des Coccidiostaticums Lasalocid.

Im Rahmen der allgemeinen Lebensmittelüberwachung wurden 1 087 Untersuchungen in 807 Planproben nach LFGB durchgeführt. Bei 21 Proben (2,6 %) wurden Rückstän-

108 Lebensmittelüberwachung BW Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche

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Kein Doping beim Schwein

Bei der Untersuchung auf Rück-stände von Anabolika wurden im Urin eines Schweins Rückstände an Nandrolon (17beta-Hydroxyes-tra-4-en-3-on; 19-Nortestosteron-17ß) in Höhe von 25 µg / kg auffäl-lig. Nandrolon ist ein sehr effek-tives Anabolikum, welches die Muskelbildung stark fördert und deshalb illegal als Leistungsförde-rer bei Masttieren und bei Sport-lern eingesetzt werden kann. So-wohl bei Kontrollen in der Tiermast als auch bei Dopingkontrollen im Sport hatte es in der Vergangen-heit einige positive Befunde gege-ben. Als Grenzwert für Nandrolon sind 2 µg / l Urin festgelegt.

Zweifel an einer illegalen Behand-lung mit Nandrolon waren ange-bracht, da es sich bei der unter-suchten Probe um den Urin ei-nes sogenannten „Binnenebers“ (Spitzeber) handelte. Binneneber sind männlich Schweine, bei de-nen die Hoden in der Bauchhöhle entwickelt sind. Dies kommt in der Natur immer wieder vor und ist fol-gendermaßen erklärbar:

Die Keimdrüsen (Hoden und Ova-rien) entstehen in der Embryonal-phase aus der Urniere. Während

die Ovarien im Bauchraum ver-bleiben, wandern die Hoden durch den Leistenkanal nach außen in den Hodensack. Ist der Leisten-kanal verengt, verbleiben die bei-den oder nur einer der Hoden im Bauchraum und man spricht von Kryptorchismus.

Durch die höhere Temperatur im Bauchraum kann die Hormonpro-duktion verstärkt sein, während die Produktion der Spermien in der Regel gestört ist.

Zur Klärung des Sachverhaltes wurden bei 11 Binnenebern aus verschiedenen Mastbetrieben die Gehalte von Testosteron und Nandrolon im Urin sowie von An-drostenon (Ebergeruchssteroid) im Fleisch bestimmt. Die Untersu-chungsdaten zeigen auf, dass vor allem bei den älteren Binnenebern erhöhte Gehalte von Testosteron und Nandrolon im Urin sowie von Androstenon im Fleisch vorkom-men können. Die Höchstgehalte im Urin lagen bei 340 µg / l Nandro-lon und 100 µg / l Testosteron. Der Höchstgehalt von Androstenon im Fleisch betrug 3 800 µg / kg. Die Probe wurde daher nicht be-anstandet.

Die Anwendung streptomycinhaltiger PSM wird durch amtliche Untersu-chungen begleitet. Während der Obst-blüte wurden daher in 66 verschiede-nen Obstanlagen Blüten als Proben erhoben. Ein Viertel der Proben (16) wurde aus Anlagen erhoben, in de-nen eine Behandlung aufgrund der Erteilung von Berechtigungsscheinen möglich gewesen wäre. In 10 dieser Proben wurden in den Blüten Rück-stände von Streptomycin im Bereich zwischen 400 µg / kg und 5 000 µg / kg festgestellt. Die Mehrzahl von 75 % der Proben stammte dagegen aus Obstanlagen, deren Besitzer keine Berechtigungsscheine zum Erwerb von streptomycinhaltigen PSM be-antragt hatten und die deshalb diese PSM nicht anwenden durften. In einer Probe aus diesen Obstanlagen wur-den in den Blüten 4 800 µg / kg Strep-tomycin festgestellt. Bei der anschlie-ßend durchgeführten Befragung gab der Landwirt zu, dass er Restmengen streptomycinhaltiger PSM aus dem Jahr 2005 angewendet habe.

35 Honige aus der Erstschleuderung, die aus Gebieten mit Feuerbrandbe-kämpfung stammten, wurden eben-falls auf Rückstände von Streptomy-cin untersucht. Davon waren nur in 2 Proben geringe Rückstandsmengen von Streptomycin enthalten. Eine Ho-nigprobe enthielt 10 µg / kg Streptomy-cin, die zweite 18 µg / kg. Obwohl der zulässige Grenzwert für Streptomycin (20 µg / kg) bei beiden Proben nicht erreicht wurden, wurde die gesamte Charge der zweiten Honigprobe frei-willig nicht in Verkehr gebracht.

de von pharmakologisch wirksamen Stoffen festgestellt, 9 dieser Proben (1,1 %) enthielten Rückstände, die den gesetzlichen Anforderungen nicht entsprachen.

Die Rückstände der 9 nicht gesetzes-konformen Proben gehörten zu folgen-den Stoffgruppen (Anzahl der Proben jeweils in Klammern): Sulfonamide (2), Coccidiostatica (3), Nitrofuranmetabo-lite (2), Triphenylmethanfarbstoffe (1), Phenylbutazon (1). Darüber hinaus wa-ren in 12 Proben Rückstände von Te-tracyclinen jeweils unterhalb entspre-chender Höchstmengen vorhanden.

Streptomycin als Wirkstoff gegen bakteriellen Feuerbrand

Das Antibiotikum Streptomycin ist als Wirkstoff in 3 Pflanzenbehandlungs-mitteln (PSM) enthalten, deren Einsatz 2006 zur Bekämpfung der bakteriellen Feuerbrandkrankheit im Erwerbsobst-bau über Ausnahmegenehmigungen möglich war. Streptomycinhaltige PSM können von Obstbauern nur nach Erhalt eines Be-rechtigungsscheins erworben und dürfen auch dann nur nach vorheriger Ankündigung angewendet werden. Hierdurch sollen Kontaminationen von Bienen mit Streptomycin und da-mit des von diesen Bienen erzeugten Honigs verhindert werden.

Pharmakologisch wirksame Stoffe Jahresbericht 2006 109

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Antibiotika in Honig

Antibiotika sind in der Europäischen Union zur Anwendung bei Bienen nicht zugelassen. Demzufolge dürfen in Honig keine Rückstände von Anti-biotika vorhanden sein. Lediglich für das zur Gruppe der Aminoglycoside gehörende Antibiotikum Streptomycin ist in Deutschland eine Höchstmen-ge von 20 µg / kg festgelegt. In Baden-Württemberg wurden 69 Stichproben aus der Lebensmittelüberwachung auf Rückstände zahlreicher Antibio-tika untersucht. In 2 dieser Honige waren Rückstände von Sulfonamiden enthalten. Ein Wabenhonig enthielt weit mehr als 1000 µg / kg Sulfadi-midin. Ein Blütenhonig enthielt so-wohl 15 µg / kg Sulfathiazol als auch 21 µg / kg Sulfadimidin. Sulfonamide sind Chemotherapeutika, welche auf-grund der Hemmung des Einbaus von para-Aminobenzoesäure in Folsäure bakteriostat wirken. In der Literatur finden sich unter anderem Hinweise darauf, dass Sulfonamide zur Bekämp-fung der Amerikanischen Faulbrut bei Bienen eingesetzt werden können (Lit. z. B.: Journal of Chromatography 463 (1989) 229–233). Diese beiden Honige wurden beanstandet.

Nicarbazin in Wachteleiern

In 3 verschiedenen Proben von Wach-teleiern wurden Rückstände des Cocci-diostaticums Nicarbazin festgestellt. Die Verwendung von Nicarbazin als Futtermittelzusatzstoff für Mastge-flügel ist bereits seit Mai 2002 nicht mehr erlaubt. Der Zusatzstoff E 772 (Maxiban G 160) enthält zwar neben Nicarbazin auch Narasin zu gleichen Teilen, ist aber nur zur Anwendung bei Masthühnern zugelassen und nicht bei Wachteln, die zur Eiergewinnung gehalten werden. Beide Proben wur-den daher beanstandet.

Nitrofuranmetaboliten in Shrimps

Nitrofurane zählen zu den Anhang-IV-Stoffen der VO (EWG) Nr. 2377 / 90 d. h. die Anwendung von Nitrofura-nen ist aufgrund genotoxischer so-wie karzinogener Wirkungen EU-weit verboten. Nitrofurane sind bakterio-statisch wirkende Chemotherapeuti-ka, deren Wirkungsspektrum sowohl grampositive als auch gramnegative Bakterien umfasst. Alle Nitrofurane werden im Organismus sehr schnell metabolisiert. Nitrofurane werden daher in unveränderter Form nicht mehr vorgefunden. Deshalb wird der Nachweis einer Anwendung von Ni-trofuranen über die Untersuchung von bestimmten Zielanalyten geführt. Bei diesen Zielanalyten handelt es sich um spezifische, an Proteine gebundene Metaboliten der Nitrofurane. Die Me-taboliten werden durch saure Hydro-lyse abgespalten und gleichzeitig mit o-Nitrobenzaldehyd derivatisiert. Der Nachweis und die Bestimmung der Nitrofuranmetaboliten erfolgt mit-hilfe der HPLC-MS / MS. Insgesamt wurden 33 Proben Shrimps aus der Lebensmittelüberwachung auf Rück-stände von proteingebundenen Nitro-furanmetaboliten untersucht. In 2 Pro-ben Shrimps (6 %) konnte der Stoff Semicarbazid (SEM) eindeutig nachge-wiesen werden. Bei SEM handelt es sich um einen Metaboliten des Nitro-furans Furazolidon. Beide Proben wur-den deshalb beanstandet.

Rückstände von Malachitgrün in

Forellen

Malachitgrün gehört chemisch zur Gruppe der Triphenylmethanfarbstof-fe und findet vorwiegend Verwendung als synthetischer Farbstoff (z. B. in der Lackherstellung). Malachitgrün stellt aber auch ein hochwirksames Desin-fektionsmittel dar und vermag darüber hinaus äußerst effektiv verschiedene Parasiten (Pilze, Bakterien, Einzeller) zu bekämpfen, die Fische und Fischei-er befallen. Daher wird es oft in der Zierfischmedizin eingesetzt, insbeson-dere gegen die Weißpünktchenkrank-heit. Malachitgrün steht jedoch im Verdacht krebserregend und erbgut-schädigend zu sein. Zur Vermeidung einer möglichen gesundheitlichen Ge-fährdung des Verbrauchers ist konse-quenterweise eine Anwendung von Malachitgrün als Tierarzneimittel bei lebensmittelliefernden Tieren EU-weit nicht erlaubt.

In einer Forellenprobe von insgesamt 56 untersuchten Proben von Fischen (See-, Süßwasserfische und Forellen-kaviar) auf Triphenylmethanfarbstoffe wurden Rückstände von Leukomala-chitgrün, das Haupt-Stoffwechselab-bauprodukt von Malachitgrün, nach-gewiesen. Der ermittelte Gehalt lag bei 3,3 µg / kg.

110 Lebensmittelüberwachung BW Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche

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Nachweis von Lebensmittelallergenen

Immerhin jede vierte untersuchte Probe verpackter Lebensmittel wies Spuren der Lebensmittel allergene

Haselnuss, Mandel sowie Senf auf, jede fünfte enthielt Ei- oder Milchbestandteile in geringen Mengen –

ohne eine entsprechende Allergenkennzeichnung. Aber auch gut ein Jahr nach Einführung der Kennzeich-

nungs regelungen verpfl ichtet ein Nachweis von Allergenen nicht zwangsläufi g zur Kennzeichnung.

Herstellungsbedingte Verunreinigungen sind häufi g Ursache für Allergen-Spuren in Lebensmitteln und

müssen nach wie vor nicht obligatorisch deklariert werden.

Pfl anzliche Lebensmittel

ErdnussSojabohneBaumnüsse (Haselnuss, Walnuss, Mandel etc.)WeizenSesamSenfSellerieLupine

Tabelle: Grenzwert-vorschläge und analytische Möglichkeiten

Ein Eintrag allergener Bestandteile in Lebensmitteln kann viele Ursachen haben wie verunreinigte Rohstoffe, Ge-rätschaften oder Stäube. Werden in denselben Betrieben (oder gar Produktionslinien) allergenfreie und allergenhal-tige Produkte verarbeitet, können Verunreinigungen durch Allergene in den laut Rezeptur „allergenfreien“ Lebensmit-teln oft nicht ganz ausgeschlossen werden. Durch solche Kreuzkontamination verursachte Allergenanteile sind wei-terhin nicht kennzeichnungspfl ichtig und eine Verpfl ichtung, diese zu reduzieren, ist im geltenden Lebensmittelrecht derzeit noch nicht vorgesehen.

Empfi ndliche Allergiker sollten auch geringe Allergen-Spu-ren beim Kauf erkennen, selbst wenn diese nur über eine Kreuzkontamination in das Produkt gelangt sind. Wenn allerdings nahezu sämtliche infrage kommenden Allergene in der Kennzeichnung genannt werden (s. Ab-bildung), drängt sich die Frage auf, ob diese freiwilligen Hinweise wirklich immer notwendig sind.

Den betroffenen Personen bleibt keine Wahl, als diese Pro-dukte ganz zu meiden. In einigen Fällen wäre es aufgrund einer Risikobewertung im Rahmen des Allergen-Manage-ments möglicherweise vertretbar, auf die Kennzeichnung des ein oder anderen Allergens zu verzichten.

Im Rahmen der Überprüfung der einheimischen Hersteller wurde daher auch die „kann … enthalten“- oder Spuren-Kennzeichnung hinterfragt und gebeten, praktikable Ver-meidungsmöglichkeiten zu prüfen.

Allerdings sind Grenzwerte, welche Allergen-Einträge durch Kreuzkontamination mit einschließen, hier mittelfristig die beste Lösung. Auch Allergologenverbände haben 2006 für solche Grenzwerte plädiert (s. u.).

Um solche Grenzwerte auch überwachen zu können, müs-sen quantitative Analysenverfahren verfügbar sein. Dies ist nach wie vor nur eingeschränkt der Fall. Zwar konnten 2006 weitere Fortschritte, etwa beim Nachweis allerge-ner Lebensmittelbestandteile durch molekularbiologische Verfahren auf Basis der real-time-PCR erzielt werden. Eine Quantifi zierung ist derzeit allerdings nur mittels immunolo-gischer (zumeist ELISA-) Verfahren möglich – und auch hier gibt es noch Handlungsbedarf bei der Standardisierung und der Herstellung von Referenzmaterialien.

Regelungen für Kreuzkontaminationen noch nicht in Sicht

Vorschlag Allergologenverbände *mg / kg

analytische Möglichkeiten **mg / kg

allergenes Lebensmittel (z. B. Haselnuss) 10 – 100 2 – 50allergenes Protein (z. B. Haselnussprotein) 1 – 10 0,5 – 5

* Vieths et al. Allergo J. 2006 15, 114 – 122** ungefähre Nachweisgrenzen

Tierische Lebensmittel

KuhmilchHühnereiFischSchalentiereWeichtiere

Tabelle: Bedeutendste allergene Lebensmittel

Lebensmittelallergene Jahresbericht 2006 111

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Untersuchungsergebnisse

An den CVUAs wurden 2006 insgesamt 783 Untersuchun-gen bei Proben ohne Allergendeklaration durchgeführt. In 116 Fällen (= 15 %) wurden dabei nicht deklarierte Allergene festgestellt. Bei positiven Befunden musste zunächst im Herstellungsbetrieb geklärt werden, ob eine (nicht kenn-zeichnungspflichtige) Kreuzkontamination oder eine nicht gekennzeichnete Zutat die Ursache war.Weitere 348 Untersuchungen, vor allem auf Erdnuss, Ha-selnuss und Mandel, wurden durchgeführt bei Produkten mit „kann … enthalten“- Deklaration dieser Allergene. In 40 % dieser Proben waren Allergene auch nachweisbar; zu-mindest bei den einheimischen Herstellern wurde diese Art der Kennzeichnung auf den Prüfstand genommen (s.u.).Untersucht wurden alle verpackten Lebensmittel, Schwer-punkte waren Backwaren, Nudeln, Schokolade, Wurstwa-ren und Fertiggerichte.

Die Ergebnisse bei den am häufigsten untersuchten Aller-genen (verpackte Ware ohne Hinweise auf die jeweiligen Allergene) sind in der Grafik dargestellt.

Der Anteil positiver Proben lag bei diesen Allergenen zwi-schen 3 und 25 % und hat sich gegenüber 2005 – also vor dem Inkrafttreten der Kennzeichnungspflicht – jeweils kaum verändert.

Erfreulicherweise wurde in nur wenigen Proben (z. B. Scho-kolade, s. u.) nicht deklarierte Erdnuss nachgewiesen. Bei Erdnussallergikern können schwerwiegende Symptome auch nach Aufnahme geringer Mengen auftreten.

Allergene_verpackt 2006

Erdn

uss

Hase

lnus

s

Man

del

Selle

rie

Senf

Glut

enha

ltige

sGe

treid

e

Milc

h, C

asei

n,ß-

Lact

oglo

bulin Ei

Soja

0

50

100

150

200

250

0

50

100

150

200

250

Prob

enza

hl

Grafik:Allergenuntersuchungen 2006 – verpackte Ware ohne Hinweis

Wurstwaren – Senf und andere Verunreinigungen

Insgesamt 82 verpackte Wurstprodukte aus industrieller und handwerklicher Herstellung wurden im Rahmen eines bundesweiten Überwachungsprogramms auf Allergene überprüft. In knapp jeder fünften untersuchten Wurstprobe waren nicht deklarierte Verunreinigungen durch Senf nach-weisbar, jede zehnte enthielt Milchprotein ohne entspre-chende Hinweise, hier bis zu 350 Milligramm des Milch-proteins Casein. Weitere nachgewiesene Allergene waren Sellerie und Gluten, obwohl die betroffenen Produkte sogar als „glutenfrei“ beworben waren. In einigen Fällen zeigten die Ermittlungen vor Ort, dass der Senf- und der Sellerie-Eintrag über die Gewürze er-folgte und nicht als kennzeichnungsfreie Kontamination zu bewerten ist.

Nussallergiker: Vorsicht bei Schokolade!

Spuren von Haselnüssen sind in vielen Schokoladen ent-halten, obwohl die Rezeptur dies eigentlich nicht vorsieht. So waren von 140 auf Haselnuss untersuchten Proben 81 (= 58 %) positiv. Da Haselnüsse vor allem über „cross con-tacts“ bei der Herstellung in Schokoladen gelangen kön-nen, weisen sehr viele Hersteller in der Kennzeichnung auf mögliche Spuren hin (siehe auch Kapitel II, Betriebskontrol-len). So enthielten fast alle positiv getesteten Erzeugnisse einen Hinweis auf Spuren an Nüssen. Allerdings wurden in 14 Proben Anteile zum Teil deutlich über 100 Milligramm pro Kilogramm, in 4 Proben gar über 10 Gramm (bis zu 23 Gramm) pro Kilogramm festgestellt. Solche Anteile können keineswegs mehr als „Spur“ angesehen werden.Deutlich besser ist die Situation bei der für Allergiker be-sonders kritischen Erdnuss; insgesamt nur zwei von 59 Schokoladen-Proben ohne Hinweis auf Erdnuss waren po-sitiv. Erdnuss-Spuren waren auch bei Spurendeklaration in keiner der in Baden-Württemberg hergestellten Schokola-denprodukte nachweisbar.positive Proben negative Proben

112 Lebensmittelüberwachung BW Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche

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Untersuchungen bei „glutenfreien“ Produkten

Etwa jede tausendste Person leidet in Deutschland an Zöliakie (syno-

nym: Sprue), einer chronischen Erkrankung des Dünndarms. Verursacht

wird Zöliakie durch bestimmte Getreideproteine, dem Gluten. Proble-

matische glutenhaltige Getreidearten sind vor allem Weizen und Dinkel,

Roggen und Gerste.

Zöliakiepatienten reagieren unterschiedlich stark auf Gluten. Teilweise können – ähnlich wie bei Lebensmit-telallergenen – bereits sehr niedrige Glutenmengen Symptome auslösen.

Erfahrungsgemäß wird laut Deutscher Gesellschaft für Zöliakie eine Gesamtmenge von 10 mg pro Tag als to-lerabel angesehen.

Seit geraumer Zeit wird durch den Codex Alimentarius ein weltweiter Standard ausgearbeitet, im Jahr 2006 wurden die Grenzwert-Vorschläge noch einmal leicht verändert (s. u.).

35 % positiv

65 % negativ

Gluten 2006

14 %21 %

Lebensmittel aktueller Vorschlag Codex Alimentarius Grenzwert(in mg Gluten im verzehrsfertigen Lebensmittel)

aus natürlicherweise glutenfreien Zutaten (z. B. Mais, Reis) 20hergestellt aus ursprünglich glutenhaltigen Rohstoffen (z. B. Weizenstärke) 200

Untersuchungsergebnisse 2006

Mit 35 % gegenüber 21 % im Vorjahr hat der Anteil der auf Gluten positiv getesteten Proben deutlich zugenom-men. Insgesamt 17 von 81 „gluten-

frei“ gekennzeichneten Proben enthielten Glutenanteile über 20 Milligramm pro Kilogramm (maximal 192 mg / kg in Teigwaren). Allerdings wurden schwerpunktmäßig Produkte von Betrie-ben untersucht, die auch in den Vorjahren bereits Auffäl-ligkeiten zeigten. So werden teilweise neben glutenfreien auch glutenhaltige Erzeugnisse (z. B. auch Dinkel) auf den-selben Produktionslinien verarbeitet. Ein besonders betroffener Betrieb wurden aufgefordert, seine Eigenkontroll- und Trennungsmaßnahmen zu ver-bessern.Stark erhöhte, bei Zöliakiepatienten gesundheitsgefährden-de Anteile von Gluten über 2000 Milligramm pro Kilogramm wurden im Gegensatz zu 2005 jedoch nicht festgestellt.

< 20 mg / kg (Grenzwert)

> 20 mg / kg

> 2 000 mg / kg (0 %)

Zöliakiepatienten müssen sich lebenslang von glutenfrei-en Lebensmitteln ernähren. Hersteller von Säuglings- und Kleinkindernahrung sowie eine Reihe von Backwaren- und Teigwarenherstellern bieten daher eigens „glutenfreie“ Produkte an, bei deren Herstellung eine Verunreinigung durch Gluten bzw. glutenhaltigen Getreidearten unbedingt vermieden werden soll. Die Produkte sind durch das durch-gestrichene Ährensymbol erkennbar.

Codex Alimentarius – Standard für „glutenfreie“ Produkte noch nicht verabschiedet

Tabelle:Neue Grenzwert-Vorschläge für den Codex Alimentarius

Grafi k: Untersuchungs ergebnisse

Lebensmittelallergene Jahresbericht 2006 113

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Gentechnik in LebensmittelnWeiterhin nur in Form von Verunreinigungen gelangen gentechnische Veränderungen hier zu Lande in

Lebensmittel. Gentechnisch veränderte (gv) Produkte mit entsprechender Kennzeichnung sind dagegen so

gut wie nicht anzutreffen.

Allerdings haben 2006 die Funde von nicht zugelassenem gv Reis die Diskussion um die Gentechnik in

Lebensmitteln wieder entfacht. Auch die Zulassungsverfahren für gentechnisch veränderte Pflanzen (GVP) in

der EU sind ins Stocken geraten. Ende 2006 standen 30 Zulassungen bei Mais, Raps, Soja und Baumwolle

inzwischen 36 offenen Zulassungsanträgen gegenüber.

Grenzwerte, Auslöseschwellenwerte und Nulltoleranz

Status GVP-Anteil im Erzeugnis (bezogen auf die jeweilige Zutat)

Beispiele Maßnahme

zugelassen

> 0,9 %

Roundup Ready Soja (GTS 40-3-2), Bt-Mais (Bt11, MON 810)

Kennzeichnung

> 0,1 % – 0,9 %Kennzeichnung,

sofern nicht zufällig oder technisch unvermeidbar

nicht zugelassen jegliche Verunreinigung durch GVP

LL601-Reis, Bt-Reis,

gv PapayaVerkehrsverbot

Seit 2004 beträgt der Grenzwert für Verunreinigungen durch GVP 0,9 %. Allerdings gilt dieser nur für GVP, wel-che das europäische Zulassungsver-fahren durchlaufen haben. Wird dieser Wert überschritten, müssen die Pro-dukte gekennzeichnet werden.

Derzeit werden in praktisch allen po-sitiven Lebensmittelproben Anteile unter 0,9 % festgestellt. Handelt es sich um zugelassene GVP, können diese von der Kennzeichnungspflicht befreit werden. Dazu muss aber der Nachweis vorliegen, dass die festge-stellten gentechnischen Veränderun-gen „zufällig“ oder „technisch nicht zu vermeiden“ sind. Entsprechende Er-mittlungen vor Ort müssen hier noch zur Klärung beitragen. Hierbei wird ins-besondere überprüft, ob die Eigenkon-trollmaßnahmen zur Vermeidung von

Tabelle: GVP-Anteile in

Lebens- und Futtermitteln

sowie rechtliche Vorgaben

Wenn auch die Gentechnik bei Lebensmitteln derzeit noch einen Bogen um Europa macht, ist sie weltweit weiter auf dem Vormarsch. GVP wurden 2006 in den USA auf knapp 90 % der Soja- sowie 60 % der Maisanbauflächen geerntet. Aber auch in Brasilien, dem weltweit wichtigsten Anbau-land für konventionelle Soja, hat besonders in den südlichen Regionen der Anbau von gv Soja stark zugenommen.

GVP können über Importe aus Anbauländern oder durch verunreinigtes Saatgut auch in hier vermarktete Lebens-mittel gelangen.Aktuelle Informationen über Zulassungsanträge, den der-zeitigen Stand des Anbaus von GVP und des Einsatzes der Gentechnik im Lebensmittelbereich sind unter www.

transgen.de zugänglich.

gentechnischer Veränderungen ange-messen und ausreichend waren.

Nur Anteile zugelassener GVP unter 0,1 % können in der Regel von der Kennzeichnungspflicht befreit wer-den. Dieser Wert wird von der Le-bensmittelüberwachung, aber auch bei Eigenkontrollen der Hersteller oft als Auslöse-Schwellenwert für weitere Ermittlungen bzw. Ursachenforschung herangezogen. Handelt es sich aller-dings um nicht zugelassene GVP, sind selbst geringe Verunreinigungen nicht zulässig. Auch mit Kennzeichnung dürfen diese Produkte nicht auf den Markt (s. Tabelle).

Abb.: Nicht zugelassener Reis – auch geringe Verunreinigungen (z. B. einzelne Körner) sind nicht erlaubt.

114 Lebensmittelüberwachung BW Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche

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US-Langkornreis

Einer der größten amerikanischen Reishersteller hatte bei Qualitätskon-trollen Anfang 2006 Verunreinigungen durch nicht zugelassenen, gentech-nisch veränderten, herbizidresisten-ten „LibertyLink“-Reis (LL601) festge-stellt. Im August informierte die für die Entwicklung der Sorte LL601 verant-wortliche Firma Bayer Crop Science die Öffentlichkeit über mögliche Verun-reinigungen in US-Langkornreis. Als Reaktion auf diese Mitteilung aus den USA hatte die EU-Kommis-sion im August eine Dringlichkeits-entscheidung verabschiedet, wonach bestimmter Langkornreis aus den USA nur noch mit einem Zertifikat in die EU eingeführt werden darf, wel-ches bescheinigt, dass kein LL601-Reis enthalten ist.

Als festgestellt wurde, dass weiterhin verunreinigte Reis-Partien hierher ge-langten, wurden im November 2006 die Maßnahmen nochmals verschärft und bei allen Langkornreissendungen aus den USA eine genau beschrie-bene amtliche Untersuchung an der Eingangszollstelle vorgeschrieben. Nur wenn danach LL601-Reis nicht nachweisbar ist, darf der Reis in die EU gelangen.

Untersuchungsergebnisse 2006

Im Jahr 2006 wurden insgesamt 653 Lebensmittelproben auf Bestand-

teile aus GVP untersucht. Insgesamt wurden in 108 Fällen (= 17 %) posi-

tive Befunde erhalten. Schwerpunkte der Untersuchungen waren Reis,

Soja, Mais und Raps. Daneben wurden auch stichprobenartig Papayas,

Tomaten-, Zuckerrüben- und Kartoffelerzeugnisse auf GVP überprüft.

Grafik: Untersuchung von Reisproben auf gentechnische Veränderungen (nach Herkunftsländern)

Gen Reis 2006

020406080

100120140160180200

020406080100120140160180200

Proz

ent

USA China Sonstige / Gesamt o. A.

Reis

Verdachtsmomente, dass sich nicht zugelassener, gv Reis auch auf dem deutschen Markt befindet, wurden Ende August publik. US-Langkornreis sowie chinesische Reisprodukte soll-ten betroffen sein. Reis wird bereits seit 2005 stichprobenweise auf gen-technisch veränderte Anteile unter-sucht, allerdings mit Schwerpunkt auf Reis asiatischer Herkunft. Bisher gab es nur dort Anhaltspunkte für einen verstärkten, möglicherweise illegalen Anbau von gv Reis. Aufgrund der aktuellen Entwicklung wurden ab September in Baden-Württemberg die Untersuchungen bei Langkornreis mit US-amerikani-scher Herkunft sowie bei Reisnudeln aus China wesentlich verstärkt. Zum Jahresende waren knapp 200 Proben untersucht, und der Verdacht hat sich bei einigen Erzeugnissen bestätigt (s. Grafik). In insgesamt 31 von 195 Proben wur-den Verunreinigungen durch nicht zu-gelassenen gv Reis festgestellt. Die Verunreinigungen bewegten sich zwar durchweg im sehr niedrigen Spu-renbereich, aber derzeit sind selbst solche Spuren an nicht zugelassenem gentechnisch verändertem Reis ver-boten (s.u.).

Probenzahl

davon positiv

Gentechnik in Lebensmitteln Jahresbericht 2006 115

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Chinesische Reisnudeln

In China wird bereits seit einigen Jah-ren intensiv an der Entwicklung von gentechnisch veränderten Reis-Linien gearbeitet, die durch ein zusätzliches Protein aus einem Bakterium (Bacil-lus thuringiensis-Toxin) resistent ge-gen Schadinsekten gemacht wurden. Dieser Bt-Reis wurde in größerem Umfang in China im Freiland getestet, aber noch nicht für Lebensmittelzwe-cke zugelassen.Untersuchungen zeigten, dass spe-ziell Reisnudeln aus China Verunrei-nigungen durch Bt-Reis aufweisen können. In Baden-Württemberg wur-den im September Asia-Läden inten-siv auf entsprechende Produkte hin überprüft.

Noch fehlen genaue Informationen, doch sehr wahr-scheinlich wurde US-Langkornreis über das Saatgut mit nicht zugelassenem LL601-Reis verunreinigt. Zwischen 1999 und 2001 wurden am Reisforschungsinstitut der Universität Louisiana mehrere herbizidresistente Reis-Sorten, so auch LL601, im Auftrag der Firma Aventis Crop Science im Freiland getestet. Nach Übernahme durch Bayer Crop Science wurden die Tests mit LL601 nicht weiter verfolgt. Dennoch muss es zu einer Verun-reinigung des dort hergestellten, konventionellen Basis-Saatguts gekommen sein, möglicherweise aufgrund von Durchwuchs aus Reiskörnern, die nicht vollständig von dem ehe-maligen Freisetzungsareal entfernt worden sind. Bei der Vermehrung von Saatgut aus verunreinigtem Basis-Saatgut kann es zu einer großflächigen Ausbreitung von LL601-Reis gekommen sein. Mit-tlerweile ist LL601-Reis in den USA nachträglich zugelassen worden, allerdings wurde bisher kein Zulas-sungsantrag in der EU gestellt.

In insgesamt 28 Proben, darunter 24 Proben mit de-klarierter US-Herkunft, wurde LL601 Reis in geringen Anteilen unter 0,05 % nachgewiesen. Der hohe Anteil positiver Proben von 51 % bei US-Reis erklärt sich auch durch die gezielte Auswahl verdächtiger Produkte; teil-weise wurden verschiedene Chargen desselben Er-zeugnisses beprobt. Dennoch zeigte sich, dass viele Reislieferungen aus den USA solche geringen Konta-minationen durch LL601 Reis aufwiesen. Aufgrund des Verkehrsverbotes für nicht zugelassenen gentechnisch veränderten Reis mussten große Warenmengen vom

Markt zurückgerufen werden. En-de des Jahres wurden keine Reis-importe aus den USA mehr fest-gestellt.Dennoch werden Langkornreispro-ben, vor allem von Großverteilern und großen Verarbeitungsbetrie-ben, in Baden-Württemberg auch 2007 stichprobenartig weiter un-tersucht.

de des Jahres wurden keine Reis-importe aus den USA mehr fest-gestellt.Dennoch werden Langkornreispro-ben, vor allem von Großverteilern und großen Verarbeitungsbetrie-ben, in Baden-Württemberg auch 2007 stichprobenartig weiter un-tersucht.

Verunreinigtes Saatgut als wahrscheinliche Ursache für LL601-Fall

Insgesamt wurden bei 3 von 25 Pro-ben verschiedener Reisnudel-Erzeug-nisse Spuren an nicht zugelassenem Bt-Reis festgestellt. Die beiden be-troffenen Erzeugnisse wurden relativ selten in Asia-Märkten angetroffen, es handelt sich also eher um „Exoten“.

116 Lebensmittelüberwachung BW Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche

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Keine Kennzeichnung unter 0,9 %?

Auch der Anteil von Proben, die zwischen 0,1 % und 0,9 % an gv Soja (Roundup Ready Soja) aufwiesen, hat gegenüber dem Vorjahr abgenommen. Bei 13 Proben (entsprechend 7 % der Sojaerzeugnisse; Vor-jahr: 11 %) waren Ermittlungen vor Ort erforderlich, ob die festgestellten Anteile tatsächlich zufällig und technisch unvermeidbar waren. Besonders häufi g war hier Sportlernahrung auf Basis von Sojaeiweiß betroffen.

Maisprodukte

Seit 2003 rückläufi g ist der Anteil der positiven Maispro-ben (s. Grafi k). Nunmehr lediglich 10 von 136 (= 7 %) der Maisproben enthielten gv Mais. Nachgewiesen wurden Spuren der zugelassenen Mais-Events NK603, MON810, T25, Bt11 und Bt176. Lebensmittelhersteller greifen bei Mais-Rohstoffen zumeist auf deutsche, französische und italienische Ware zurück. Da in diesen Ländern derzeit kein kommerzieller Anbau von gv Mais stattfi ndet, besteht hier auch nur ein geringes Verunreinigungsrisiko. Positive Be-funde waren bis auf eine Ausnahme (s. Ernteproben) nur im Spurenbereich unter 0,1 % feststellbar und lassen sich am ehesten durch geringfügig kontaminiertes Saatgut er-klären.

Gen Entwicklung 2006

0

5

10

15

20

25

30

35

0

5

10

15

20

25

30

35

Grafi k: Anteile positiver Proben bei Soja- und Maiserzeugnissen von 2000 bis 2006* bisheriger und jetziger Kennzeichnungsgrenzwert (seit 04 / 2004)

Proz

ent

2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006

Anteile positiver Proben

Anteile an Proben über 1 % bzw. 0,9 % GVP *

Soja Mais

Sojaprodukte

Gentechnische Veränderungen sind bei Sojaproduk-

ten weiterhin am häufi gsten nachweisbar. Auch 2006

war ein Drittel der untersuchten Proben (61 von 181

Proben = 34 %) positiv. Somit blieb der Anteil positi-

ver Proben im Vergleich mit den Vorjahren konstant

(s. Grafi k). Allerdings wurden erstmals keine Über-

schreitungen des Kennzeichnungsgrenzwertes von

0,9 % mehr festgestellt.

Kennzeichnungsgrenzwert von 0,9 % erstmals

in keiner Probe überschritten

Die Hersteller von Lebensmitteln sind weiterhin intensiv bemüht, kennzeichnungspfl ichtige Produkte zu vermeiden. Bei keinem der untersuchten Sojaprodukte war der Kenn-zeichnungsgrenzwert von 0,9 % überschritten. Lebensmit-tel, die mehr als 0,9 % an gv Soja enthalten, waren auch bisher allenfalls in kleineren russischen, asiatischen oder türkischen Spezialitätengeschäften anzutreffen. Ein solches, korrekt gekennzeichnetes Öl aus gv Soja wur-de beispielsweise in einem Asia-Shop gefunden.

Sojalecithine: kaum Auffällig keiten

Gering war auch der Verunreinigungsgrad bei Sojalecithinen. Diese werden in großen Mengen, z. B. bei der Herstellung von Schokolade benötigt. Trotz der weltweiten Verknappung standen den Herstellern offensichtlich noch genügend Le-cithine aus konventioneller Soja – zumeist brasilianischer Herkunft – zur Verfügung. In 5 von 20 Proben wurden Spu-ren gentechnisch veränderte Bestandteile nachgewiesen, die teilweise nicht exakt quantifi ziert werden konnten. An-hand einer Überprüfung der Lieferdokumente, in der Regel zurückverfolgend bis zum Rohstoff (Sojabohnen), konnte jedoch von den betroffenen Lebensmittelherstellern dar-gelegt werden, dass es sich um technisch unvermeidbare und daher nicht kennzeichnungspfl ichtige Verunreinigungen handelte.

Abb.: Beispiel für ein korrekt etiket-tiertes Sojaöl aus gentechnisch veränderter Soja

Gentechnik in Lebensmitteln Jahresbericht 2006 117

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ne nennenswerten Anbau von gv Mais eingesetzt wird. Die Lebensmittelüberwachung in Deutschland toleriert bei Öko-Produkten in der Regel Verunreinigungen durch GVP bis zu 0,1 %. Wie auch in den 3 vergangenen Jahren wurden bei keiner Probe GVP-Anteile über 0,1 % festge-stellt, sodass die Behörden in keinem Fall weiter gehende Ermittlungen einleiten mussten, ob ggf. ein Verstoß gegen die Öko-Verordnung vor lag.

Produktgruppe(Auswahl)

Zahl deruntersuchten

Proben

Zahl der negativen *

Proben

Zahl derpositivenProben

Proben> 0,9 %

Proben> 0,1 – 0,9 %

Proben0,1 %

und weniger

Gesamt Soja-Erzeugnisse, Erzeugnisse mit Zutat Soja

181 120 61 0 13 48

Sojaschrot, -fl ocken, -mehl 33 19 14 0 0 14Sojaprotein, -isolat 11 4 7 0 2 5Tofu, -erzeugnisse, Wurstwaren auf Tofubasis

41 27 14 0 2 12

Sportlernahrung, Eiweiß-konzentrate auf Sojabasis

13 3 10 0 5(max. 0,38 %)

5

Lecithin 20 15 (3) 5 0 (3) 2Gesamt Maiserzeugnisse 136 126 10 0 1 9Maiskörner (auch Ernte 2006), Popcorn-Mais

33 28 5 0 1(0,36 % Bt176)

4

Maisgrieß, Maismehl 33 30 3 0 0 3Maischips, Tortillachips 28 34 1 0 0 1

Gen Anteile 2006

05

101520253035404550

Grafi ken: Anteile (in %) positiver Proben bei Soja- und Maiserzeugnissen von 2000 bis 2006; Vergleich Bio – Konventionell

Proz

ent

2003 2004 2005 2006 2003 2004 2005 2006

Bio konventionell

Soja Mais

* Die Nachweisgrenze betrug in der Regel 0,05 % Anteil gentechnisch veränderter Soja bzw. Mais (bestimmt als Anteil gentechnisch veränderter DNA, bezogen auf die jeweilige Spezies-DNA). Überschritt die Sensitivität bzw. Bestimmungs -grenze der Methode in einer Probe diesen Wert deutlich oder lagen diese gar über dem Grenzwert von 0,9 %, wurde eine Dokumentenprüfung erforderlich (Probenzahl in Klammern).

Öko-Monitoring Soja und Mais

Immer weniger Bio-Lebensmittel aus Soja und Mais sind durch gentechnische Veränderungen verunreinigt (s. Grafi k). 2006 waren 42 % der konventionellen Sojaprodukte, aber nur 13 % der Bio-Produkte durch gv Soja betroffen. Kon-ventionelle „non-GMO“- Ware wird sehr häufi g in Brasilien geordert, auf den langen Transport- und Verarbeitungswe-gen kann zumeist zwar ein niedriger Verunreinigungsgrad gewährleistet werden, eine völlige Abwesenheit von gv Soja ist aber schwer erreichbar. Anders im Öko-Bereich, wo aufgrund geringerer Bedarfsmengen noch häufi g auf ein-heimische Ernte (z. B. D, A) zurückgegriffen werden kann.

Bei Mais sind die Unterschiede zwischen ökologischer und konventioneller Ware eher gering (6 % bzw. 8 % positive Proben), da hier jeweils Ware aus Herkunftsländern oh-

Tabelle: Untersuchung von Lebensmitteln mit

Soja und Mais auf Bestandteile

von gentechnisch veränderten Organismen

ÖKO ?

118 Lebensmittelüberwachung BW Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche

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Raps

Gentechnisch veränderter Raps wird besonders in Nord-amerika (v. a. Kanada) in großem Umfang angebaut, wäh-rend eine Zulassung zum Anbau in der EU noch nicht abzu-sehen ist. Dennoch wurde weiterhin vorsorglich in einem Monitoring-Programm Rapssaat sowie kaltgepresste Raps-öle von baden-württembergischen Ölmühlen auf gentech-nische Veränderungen untersucht. In einer von insgesamt 59 Proben wurden Spuren (unter 0,05 %) von gentechnisch verändertem Raps GT 73 nachgewiesen. Derartig geringe Anteile dieser zur Verarbeitung zugelassenen Rapssorte wurden als zufällig und technisch unvermeidbar angese-hen.

Auch 2006 wurde die Untersuchung einheimischer Raps- sowie Blütenhonige auf gentechnisch veränderten Raps fortgesetzt. In keinem der 37 untersuchten Honige aus Baden-Württemberg war gv Raps nachweisbar. Dagegen enthielten die Pollen kanadischer Rapshonige in allen 5 Proben Erbsubstanz aus gv Raps (Event GT 73 sowie MSx-RFx-Events), jeweils in Anteilen über 10 %. Dies dürfte al-lerdings angesichts eines Flächenanteils von 80 % bei gv Sorten in Kanada kaum zu vermeiden sein. Eine Kennzeich-nung solcher Honige ist weiterhin nicht erforderlich. In ei-ner gutachterlichen Stellungnahme hat der maßgebende Europäische Lebensmittelausschuss dargelegt, dass nur Pollenanteile im Honig über 0,9 % zu kennzeichnen sind. Honige enthalten allerdings zumeist nicht mehr als 0,1 % Pollen, sodass dieser Wert auch bei hohen relativen Antei-len von gv Pollen (d. h. bezogen auf den Pollenanteil des Honigs) nicht überschritten wird.

Untersuchungen bei Ernteproben

Bei den landwirtschaftlichen Erfassungsstellen der Mais- und Rapsernte, also weitgehend am Ursprung der Lebens-mittel- oder Futtermittelkette, können Kontrollen besonders wirksam und effektiv angesetzt werden. Gemeinsam mit der Futtermittelüberwachung Baden-Württembergs wird daher in einem jährlichen Stichprobenprogramm die baden-württembergische Soja-, Mais- und Rapsernte auf eventuel-le Verunreinigungen durch GVP-Bestandteile untersucht. Während in den untersuchten 8 Soja- sowie 27 Rapsproben jeweils keine gentechnische Veränderungen nachweisbar waren, wurden in 4 von 34 Maisproben po-sitive Befunde erhalten, 3 davon mit gv Anteilen unter 0,1 %.

Eine Maisprobe von einer Ein-zelanlieferung eines Landwirts enthielt 0,36 % der zugelasse-nen gv Maissorte Bt176. Um-fangreiche Nachuntersuchungen an der Erfassungsstelle ergaben jedoch keine weiteren Auffälligkei-ten, Verunreinigungen an gv Mais Bt176 waren bei diesen weiteren Proben nicht fest-stellbar. Die Ursache für die Verunreinigung in der einzelnen Ernteprobe konnte nicht geklärt werden, vermutlich war diese auf kontaminiertes Saatgut zurückzuführen.

Sonstige pflanzliche Lebensmittel

Auch weitere gv Nutzpflanzen werden bereits kommerziell angebaut. Der Anbau der meisten Pflanzen hat allerdings nur untergeordnete oder regionale Bedeutung. Stichprobenartig wurden insgesamt 40 Proben von Kar-toffelchips, Tomatenkonserven, Zuckerrüben, Papayas und gelben Zucchini untersucht. Bei keiner der untersuchten Proben ergaben sich im Screening Anhaltspunkte auf gen-technische Veränderungen.

Gen Ernteproben 20060

5

10

15

20

25

30

35

0

5

10

15

20

25

30

35

Soja Mais Raps

Probenzahl

davon positiv

Grafik: Ernteproben 2006

Gentechnik in Lebensmitteln Jahresbericht 2006 119

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Bestrahlung von LebensmittelnSeit Juni 2006 dürfen außer bestrahlten getrockneten Kräutern / Gewürzen

auch bestrahlte Froschschenkel in Deutschland in den Verkehr gebracht

werden.

Betrachtet man die zurückliegenden 7 Jahre, so konnte bei 7 von insge-samt 14 untersuchten Proben eine Be-strahlung nachgewiesen werden. Für den Nachweis der Behandlung wird im CVUA Karlsruhe üblicherweise das Verfahren der Elektronenspinresonanz (ESR) angewendet. Hierbei werden die bei der Bestrahlung in den Kno-chen entstehenden bestrahlungsspe-zifi schen Radikale nachgewiesen.

Im Juni 2006 hat das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittel-sicherheit (BVL) dem Antrag einer niederländischen Firma auf Erlass einer Allgemeinverfügung stattgege-ben (www.bvl.bund.de > Pres-se- und Hintergrundinformationen > 11.08.2006).

Nach den Vorgaben des § 54 Lebens-mittel- und Futtermittelgesetz (LFGB) dürfen rechtmäßig in einem EU-Mit-gliedsstaat im Verkehr befindliche oder auch hergestellte Lebensmittel grundsätzlich nach Deutschland ver-bracht werden. Voraussetzung ist je-doch, dass die betroffenen Erzeug-nisse gesundheitlich unbedenklich sind. Die Bestrahlung von tiefgefro-renen Froschschenkeln, die u. a. mit Salmonellen behaftet sein können, ist in den Niederlanden, aber auch in Belgien und Frankreich zulässig. Nach dem jetzigen Stand der Forschung gibt es keine Hinweise für gesund-heitliche Risiken durch die Behand-lung. Das BVL gab daher für die Ein-

fuhr der bestrahlten, tiefgefrorenen Froschschenkel „grünes Licht“. Jetzt dürfen die deutschen Gastronomen ihren Kunden auch bestrahlte Frosch-schenkel anbieten. Voraussetzung ist allerdings, dass sich die Information über die Strahlenbehandlung in der Speisekarte befi ndet.

Überprüfung von Froschschenkeln

Froschschenkel werden im baden-württembergischen Zentrallabor für den Bestrahlungsnachweis, dem CVUA Karlsruhe, schon seit vielen Jahren auf Bestrahlung untersucht. Die Produkte stammten zumeist aus dem asiatischen Raum (Indonesien, Vietnam) und wurden über Frank-reich oder Belgien nach Deutschland verbracht. In dem grenznahen Gebiet zu Frankreich sind es oft die Gastro-nomen selber, die für ihre Feinschme-ckerkunden im Badischen die Schen-kel im Elsass erstehen.

Grafi ken: ESR-Spektrum

von bestrahlten (oben) und unbe-strahlten (unten)

Froschschenkeln

120 Lebensmittelüberwachung BW Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche

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Weitere 4 positive Befunde ergaben sich bei türkischen Trockensuppen eines Her-stellers (wie bereits 2005).

Darüber hinaus konnte bei 2 Arzneimit-teln, die laut Deklaration unter Verwen-dung von Sennesblättern- und -früchten und Chrysanthemen bzw. Maca-Wurzel-pulver hergestellt wurden, eine Behand-lung mit ionisierenden Strahlen nachge-wiesen werden. Die Bestrahlung von mi-krobiologisch anfälligen Arzneimitteln zur Keimreduktion ist in Deutschland erlaubt, bedarf jedoch einer speziellen Zulassung durch die zuständige Bundesbehörde.

Ergebnisse der Untersuchungen

Lebensmittelgruppe Summe der untersuchten Lebensmittelproben

davon bestrahlt bzw. teilbestrahlt

Kräuterkäse / Kräuterbutter 23 0Wurstwaren 5 0Fisch, Fischerzeugnisse 19 0Krustentiere, Schalentiere, Muscheln und andere Wassertiere sowie deren Erzeugnisse

30 2

Suppen und Soßen 26 5Hülsenfrüchte, Ölsamen, Schalenobst 17 0Frisches Gemüse, Salat 8 0Getrocknetes Gemüse, Gemüseerzeugnisse 23 1Frische Pilze 1 0Pilze, getrocknet 23 0Frisches Obst 13 0Trockenobst oder Obsterzeugnisse 4 0Tees bzw. teeähnliche Erzeugnisse 83 0Fertiggerichte, zubereitete Speisen 14 0Nahrungsergänzungsmittel 27 7Gewürze, Kräuter, einschließlich Zubereitungen und Gewürzsalz 226 2Gesamt 542 17 (3,1 %)

Im Jahr 2006 wurden 542 Lebens-mittel auf Bestrahlung untersucht; bei 3 % der Produkte (17 Proben) konnte eine Behandlung mit ionisierenden Strahlen nachgewiesen werden.

Im Berichtsjahr konnte bei keiner der 18 untersuchten Proben getrockne-te Fische, die größtenteils aus Asien stammten, eine Bestrahlung nachge-wiesen werden. 2004 waren noch 4 von 11 und 2003 4 von 14 der getes-teten Erzeugnisse mit ionisierenden Strahlen behandelt.

Hingegen setzt sich der Trend der ver-gangenen Jahre bei der Prüfung von Nahrungsergänzungsmitteln weiter fort. Bei 7 von 27 Produkten wurde das CVUA Karlsruhe fündig. Es han-delte sich um Erzeugnisse, die unter Verwendung von Guarana- oder auch Gemüsepulver sowie Süßwasseral-gen (Chlorella oder Spirulina) herge-stellt wurden.

Tabelle: Auf Bestrahlung untersuchte Lebensmittel

Bestrahlung von Lebensmitteln Jahresbericht 2006 121

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Radiochemische Untersuchungen

Als Folge der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl in der Ukraine kam es

1986 auch in Deutschland zu teilweise erheblichen Kontaminationen mit

künstlichen Radionukliden. Besonders betroffen vom radioaktiven Nie-

derschlag (Fallout) waren in Baden-Württemberg der Raum Oberschwa-

ben sowie in Bayern Gebiete südlich der Donau.

Um bei möglichen Ereignissen dieser Art in der Zukunft besser reagie-

ren zu können (z. B. frühzeitiges Einbringen der Ernte, Abdecken von

Freilandkulturen, Empfehlungen an die Öffentlichkeit), beschloss der

Bundestag 1986 die Einrichtung des bundesweiten Radioaktivitätsmess-

netzes IMIS (= Integriertes Mess- und InformationsSystem zur Überwa-

chung der Umweltradioaktivität).

Bezeichnung Probenzahl Cs-137 + Cs-134 (Bq / kg FM)

Gesamt davon Proben über600 Bq / kg

Proben über Nachweis-

grenze

min. max.

EU-Ausland Drittländer

Milch, -Erzeugnisse, Käse 73 15 22 0,014 0,46Gewürze, getr. Kräuter 3 3 2 0,85 0,99Fleisch (ohne Wild) 62 2 1 17 0,1 19,8Wild (überw. Wildschwein) 587 95 469 0,1 5 385Süßwasserfische 11 1 6 < 0,01 9,1Getreide, -Erzeugnisse, Kartoffeln

66 2 3 0,101 0,147

Gemüse, -Erzeugnisse 79 1 5 0,03 0,277Pilze, -Erzeugnisse 14 7 4 10 3,97 385Obst, -Erzeugnisse 90 3 8 0,027 27,1Hülsenfrüchte, Ölsamen, Nüsse

3 2 1 9,8

Honig, Brotaufstriche 6 3 0,21 3,1Kleinkindernahrung 14 4 0,025 0,03Gesamtkost-Tagesrationen 65 20 0,018 0,34Trinkwasser, Rohwasser, Mineralwasser

25 < 0,01

Sonstige Lebensmittel 7 5 5 0,18 136Lebensmittel gesamt 1105

Cs-137 + Cs-134 (Bq / kg TM)

Futtermittel 64 2 0,13 7,95Böden 15 14 0,95 121Futtermittel gesamt: 79

Gesamtprobenzahl 1184

Tabelle: Untersuchungen auf radioaktives Cäsium

in Lebensmitteln, Futtermitteln und

Böden

FM = Frischmasse TM = Trockenmasse

Die CVUAs Freiburg und Stuttgart sind als Landesmessstellen für Ba-den-Württemberg in dieses System eingebunden und untersuchen für das Bundesmessprogramm jährlich mehr als 800 Lebensmittel- und Fut-termittelproben. Die aktuellen Mess-ergebnisse sind in Form von Karten und Diagrammen über das Internet

beim Bundesamt für Strahlenschutz abrufbar (www.bfs.de ). Dort finden sich auch umfangreiche Erläuterungen und gegebenenfalls entsprechende Empfehlungen an die Bevölkerung. IMIS wertet die Daten im Normal-betrieb täglich, im Ereignisfall alle 2 Stunden aus.

122 Lebensmittelüberwachung BW Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche

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Probenzahlen und Ergebnisse

Im Jahr 2006 wurden in Baden-Württemberg 1184 Lebens-mittel-, Trinkwasser-, Futtermittel- und Bodenproben auf ihren Radioaktivitätsgehalt untersucht. Davon erfolgten neben den etwa 800 Messungen für das Bundesmess-programm (s. li.) fast 400 weitere Probenmessungen im Rahmen der amtlichen Lebensmittelüberwachung.

Den größten Teil der Untersuchungen machten die gamma-spektrometrischen Analysen auf radioaktives Cäsium aus (Cs-137, Cs-134). Wie die Tabelle zeigt, ist die Kontamination mit radioaktivem Cäsium bei den meisten Lebensmitteln nur noch sehr gering. Gehalte über dem Grenzwert sind teilweise jedoch noch bei Wild festzustellen.

Wildfl eisch, Wildpilze

Die Kontamination von heimischem Wildfl eisch,

insbesondere Wildschweinfl eisch, ist immer noch

deutlich messbar. In Baden-Württemberg wurden

Gehalte für Gesamtcäsium von nicht nachweisbar

(< 0,1 Bq / kg) bis 5 385 Bq / kg bei einer Wildschwein-

Probe aus dem Kreis Waldshut festgestellt.

Wild mit einem Gesamtcäsium-Gehalt von mehr als 600 Bq / kg ist nach EU-Recht als nicht sicheres Lebensmit-tel zu bewerten und darf nicht in den Handel kommen.

Gründe für die große Spannbreite der gefundenen Cäsium-Gehalte sind zum einen die regional verschiedenen Kon-taminationen durch den Tschernobyl-Fallout sowie das je-weils bestehende Nahrungsangebot. Besonders Nahrungs-bestandteile aus dem Boden (z. B. Hirschtrüffel) können zu hohen Cäsium-Gehalten im Wildschweinfl eisch führen.

Die Landesregierung Baden-Württembergs hat deshalb im Jahr 2005 ein umfangreiches Überwachungsprogramm installiert. Danach müssen in den als belastet erkann-ten Gebieten alle Wildschweine vor ihrer Vermarktung auf Radioaktivität untersucht werden, und zwar in eige-ner Verantwortung der Jäger. Zusätzliche „Erkundungs-messungen“ durch die staatlichen Labors (CVUA Stutt-gart und Freiburg) sollen sicherstellen, dass mögliche weitere Belastungsgebiete erkannt werden. Weiterhin werden Proben aus Gaststätten und Metzgereien unter-sucht. Die aktuellen Messergebnisse werden in Form von Karten und Tabellen im Internet veröffentlicht unter www.cvua-freiburg.de bzw. unter www.untersu-

chungsämter-bw.de .

Manche Wildpilzarten, insbesondere bestimmte Röhrlinge, sind bekannt für ihre Fähigkeit, Cäsium anzureichern. Die Untersuchungsämter bekommen jedoch Probenmaterial fast nur durch Pilzsammler.

Aus Artenschutzgründen dürfen heimische Wildpilze in Ba-den-Württemberg nicht gehandelt werden und sind des-halb für die Lebensmittelüberwachung kaum zugänglich. Im Jahr 2006 war die Zahl der privaten Pilzeinsendungen nur gering. Höchstmengenüberschreitungen wurden weder bei heimischen noch bei importierten Pilzen festgestellt.

fast nur durch Pilzsammler.

Aus Artenschutzgründen dürfen heimische Wildpilze in Ba-den-Württemberg nicht gehandelt werden und sind des-halb für die Lebensmittelüberwachung kaum zugänglich. Im Jahr 2006 war die Zahl der privaten Pilzeinsendungen nur gering. Höchstmengenüberschreitungen wurden weder bei heimischen noch bei importierten Pilzen festgestellt.

Grenzwerte

Nach der Verordnung (EWG) Nr. 737 / 90 dürfen Le-bensmittel aus bestimmten Nicht-EU-Ländern nur dann importiert werden, wenn der Grenzwert für Cäsium-134+137 nicht überschritten ist. Dieser be-trägt 370 Bq pro kg bei Milchprodukten und Kleinkin-dernahrung bzw. 600 Bq pro kg bei allen übrigen Le-bensmitteln. In Deutschland werden Lebensmittel, welche die genannten Grenzwerte überschreiten, von der Überwachung als nicht sicher im Sinne Ver-ordnung (EG) 178 und damit als nicht verkehrsfähig beanstandet.

Radiochemische Untersuchungen Jahresbericht 2006 123

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Strontium-90

Bei 75 Lebensmittel-, Futtermittel- und Bodenproben wurde außerdem der Strontium-90-Gehalt bestimmt (Sr-90). Geringe Mengen dieses Spaltproduk-tes, das hauptsächlich in den 50er- und 60er-Jahren durch oberirdische Kern-waffentests in die Atmosphäre ge-langte, lassen sich noch heute in den meisten Lebensmitteln nachweisen.

Sr-90 verhält sich chemisch ähnlich wie Calcium und wird deshalb vom Körper besonders während der Wachstum-sphase fest in die Knochensubstanz eingebaut, wo es mit einer Halbwert-zeit von 30 Jahren seine schädigen-de Wirkung entfalten kann. Durch den Kraftwerksunfall von Tschernobyl wurde Deutschland nur unwesentlich mit Sr-90 und anderen schwerflüchti-gen Radionukliden (Plutonium, Uran) kontaminiert. Sr-90 ist als reiner Beta-Strahler nicht mit der Gammaspektrometrie erfass-bar, sondern muss, wie auch die meis-ten Alpha-Strahler, vor der Messung relativ aufwändig aus der Probe isoliert werden. Die Untersuchungsergebnis-se zeigen, dass die nahrungsbedingte Dosisbelastung durch Sr-90 nur noch sehr gering ist. Die gesamte Jahres-aufnahme an Sr-90 über die Nahrung lag für eine erwachsene Person im Jahr 2003 bei rund 32 Becquerel (Bq). Im Jahre 1963 betrug die durchschnitt-liche Sr-90-Jahresaufnahme noch 412 Bq pro Person.

Gesamte Strahlenbelas-tung durch die Nahrung

An der durchschnittlichen Strahlenbe-lastung der Bevölkerung hat die Nah-rung nur einen Anteil von ca. 10 %. Dabei leisten nicht die künstlichen Radionuklide wie z. B. das Cäsium-137, sondern die natürlichen Radionu-klide wie Blei-210, Radium-228, Radi-um-226 und Kalium-40 den größten Beitrag zur nahrungsbedingten Strah-lendosis.Die Untersuchung von 10 Gesamtnah-rungsproben auf Radium ergab aber keine Belastung: Der Höchstwert be-trug 0,08 Bq / kg. 5 Trinkwasserproben wurden auf U 234 / 238-Pu 239 unter-sucht. Gefunden wurden maximal 0,038 Bq / kg.Dabei zeigt sich, wie schon in den Jah-ren zuvor, dass der Reaktorunfall von Tschernobyl bei Lebensmitteln, die bei uns in den Verkehr gebracht werden, keine signifikante Erhöhung der Kon-tamination mit Strontium-90 und an-deren schwerflüchtigen Nukliden zur Folge hatte.

Proben aus dem Bereich der Landwirtschaft

Futtermittel

Im Gegensatz zu Lebensmitteln wer-den die Aktivitätsgehalte von landwirt-schaftlichen Proben auf Trockenmasse bezogen, sodass die Werte zunächst höher erscheinen. Rechnet man bei pflanzlichen Materialien mit einem Trockensubstanzgehalt von ca. 10, so sind die gemessenen Aktivitäten mit denen der Nahrungsmittel vergleich-bar.Die Cs-137-Konzentrationen von Grasproben betrugen durchschnittlich 1,7 Bq / kg TM mit einem Maximum von 4,4 Bq / kg. Die Sr-90-Werte lagen zwischen 0,9 und 1,7 Bq / kg TM. Die Radiocäsiumgehalte aller anderen Futtermittel (Kartoffeln, Grünmais, Getreide) lagen meist unterhalb der Nachweisgrenze von 0,5 Bq / kg TM. Lediglich eine Heuprobe hatte einen Gehalt von 8 Bq / kg TM.

Böden

Die Radiocäsiumkontamination der Böden zeigt das Aktivitätsmuster, wie es seit dem Tschernobyl-Unfall bekannt ist. Die Gehalte nehmen nur sehr langsam ab, sodass die Aktivitä-ten auf dem Niveau der Vorjahre lie-gen. Der gemessene Maximalwert betrug 121 Bq / kg.

Bezeichnung Probenzahl Sr-90 (Bq / kg)

min. max.

Milch, -Erzeugnisse, Käse 11 0,032 0,06Süßwasserfisch 2 0,01 0,01Getreide, -Erzeugnisse, Kartoffeln 13 0,07 0,26Gemüse, -Erzeugnisse 7 0,05 0,19Obst, Obstprodukte 8 0,009 0,18Kleinkindnahrung 4 0,003 0,017Gesamtkost-Tagesrationen 12 0,05 0,06Trinkwasser, Rohwasser, Mineralwasser 6 < 0,003 0,005Gesamt 63

Futtermittel (TM) 6 0,47 3,95Böden (TM) 6 0,42 2,97Gesamt 12

Tabelle: Untersuchungen auf Strontium-90

124 Lebensmittelüberwachung BW Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche

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zide mit Einzelnachweisverfahren be-stimmt. Die Tätigkeiten wurden zum 1. Juli 2006 übertragen.

Wesentliche Tätigkeiten des Dioxin-CRLs in 2006 umfassen die wissen-schaftliche Unterstützung der Kom-mission bei folgenden Fragestellun-gen:

• Klärung der Notwendigkeit, Doppel-bestimmungen zur Absicherung von Untersuchungsergebnissen durch-zuführen, wenn zulässige Höchst-mengen überschritten werden.

• Harmonisierung der Extraktionsver-fahren bei Mineralfuttermitteln.

• Beginn der Kooperation mit CEN zur Entwicklung analytischer Methoden zur Bestimmung von Dioxinen, dio-xinähnlichen PCB und Marker-PCB in Lebensmitteln und Futtermit-teln.

Die physikalisch-chemischen Untersu-chungsmöglichkeiten zur Bestimmung von Dioxinen und dioxinähnlichen PCB des CVUA Freiburg wurden erheblich ausgebaut. Zusätzlich wurden die Un-tersuchungsmöglichkeiten auch für bi-ologische Screeningtests (Bioassays) geschaffen. Hierdurch wird die Leis-tungsfähigkeit des Dioxinlabors erheb-lich gestärkt.

Dioxinlabor des CVUA Freiburg als EU-Referenzlabor (CRL)

Zur angestrebten Weiterentwicklung und Harmonisierung der Lebens-

mittelüberwachung und Tierseuchendiagnostik wurde im Jahr 2005

die Einrichtung von Gemeinschafts-Referenzlaboratorien (Community

Reference Laboratories, CRLs) von der Europäischen Union u. a. für ver-

schiedene rückstandsanalytische Arbeitsgebiete ausgeschrieben. Dabei

sollen die EU-Referenz-Laboratorien sowohl eine richtungsweisende als

auch eine koordinierende und beratende Funktion erfüllen. Die Referenz-

labore sollen analytische Qualitäts-Richtlinien erstellen, die dann von

allen anderen Laboratorien innerhalb der EU übernommen und umge-

setzt werden sollen. Ziel ist eine EU-weite Verbesserung der Qualität von

analytischen Ergebnissen. In den jeweiligen Zuständigkeitsbereichen

sollen möglichst zügig Netzwerke von CRLs und NRLs (nationale Refe-

renz-Laboratorien) aufgebaut werden, die jeweils von den entsprechen-

den CRLs koordiniert werden. Unter Berücksichtigung der analytischen

Defizite und Gegebenheiten in den Mitgliedsstaaten sollen die CRLs

unter anderem Forschungsarbeit zur Entwicklung neuer analytischer

Methoden durchführen. Durch Workshops sollen die Experten der natio-

nalen Referenzlabore aus den Mitgliedstaaten und bei Bedarf auch aus

Drittländern zur Anwendung neuer Analysenmethoden geschult werden.

Industrie- und umweltbedingte Kontaminanten

Dioxine und dioxinähnliche PCB

Was sind Dioxine?

Unter dem Begriff „Dioxine“ werden 210 chemische Verbindungen mit einer ähnlichen Struktur zusammen-

gefasst: 75 polychlorierte Dibenzo-p-dioxine (PCDD) und 135 polychlorierte Dibenzofurane (PCDF). Dioxine ge-

hören zu den giftigsten chlororganischen Verbindungen. Durch ihre gute Fettlöslichkeit und ihre Langlebigkeit

reichern sie sich in der Nahrungskette an. Nach heutiger Kenntnis nimmt der Mensch diese Substanzen fast

ausschließlich über die Nahrung auf. Mit Dioxinen belastete Lebensmittel können daher für die Verbraucher

ein gesundheitliches Risiko darstellen. Bestimmte polychlorierte Biphenyle (PCB) weisen dioxinähnliche

Eigenschaften auf und sind daher ebenfalls in den Blickpunkt des Interesses gerückt. Den dioxinähnlichen PCB

werden wie den Dioxinen Toxizitätsäquivalente (TEQ) zugeordnet, die diese PCB-Kongenere gemäß ihrer Toxi-

zität im Vergleich zum 2,3,7,8-TCDD einstufen. Ein Expertengremium unter der Leitung der WHO (Weltgesund-

heitsorganisation) hat für 4 non-ortho und 8 mono-ortho PCB Toxizitätsäquivalenzfaktoren (TEF) festgesetzt.

Ab November 2006 gelten Höchstgehalte nicht nur für Dioxine, sondern auch für den Gesamt-TEQ-Gehalt (als

Summe der Toxizitätsäquivalente von Dioxinen und dioxinähnlichen PCB). Zusätzlich zu den bestehenden Aus-

lösewerten für Dioxine sind separate Auslösewerte für dioxinähnliche PCB in Kraft getreten.

Nach Abschluss eines strengen Aus-wahlverfahrens auf nationaler und EU-Ebene gingen Anfang 2006 von den 8 vergebenen CRLs im Bereich „Rückstände und Kontaminanten“ drei Benennungen an Einrichtungen der amtlichen Lebensmittelüberwa-chung in Baden-Württemberg: Das CVUA Freiburg wurde als Gemein-schaftsreferenzlabor für zwei Arbeits-gebiete ausgewählt, nämlich für den Bereich „Dioxine und PCB in Lebens-mitteln und Futtermitteln“ und für den Bereich „Pestizide in Lebensmitteln

tierischen Ursprungs und Waren mit hohem Fettanteil“. Hier wurden un-ter anderem die Leistungen auch in anderem internationalen Rahmen ge-würdigt, weil sich das CVUA Freiburg bereits als Referenzlabor für die Welt-gesundheitsorganisation (WHO) zur Durchführung einer weltweiten Studie mit Humanmilch zur Feststellung der Belastung mit Dioxinen, PCB und an-deren chlororganischen Kontaminan-ten qualifiziert hat. In Baden-Württem-berg wurde ferner das Pestizid-Labor des CVUA Stuttgart als CRL für Pesti-

Industrie- und umweltbedingte Kontaminanten Jahresbericht 2006 125

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Milch und Milchprodukte

Insgesamt 147 Proben von Milch und Milchprodukten wurden auf Dioxinge-halte untersucht. Alle Proben liegen unterhalb der zulässigen Höchstmen-ge von 3 pg WHO-PCDD / F-TEQ / g Fett und dem Auslösewert von 2 pg WHO-PCDD / F-TEQ / g Fett. Ergänzend wur-den auch die Gehalte der dioxinähnli-chen PCB und der Summe aus den Dioxinen und den dioxinähnlichen PCB bestimmt. Der Beitrag der dioxinähnli-chen PCB zu den Gesamt-TEQ ist bei Milch und Milchprodukten etwa dop-pelt so hoch wie der Beitrag „nur“ der Dioxine. Seit 4. November 2006 gilt neben dem Dioxinhöchstgehalt auch ein Gesamthöchstgehalt für die Sum-me aus Dioxinen und dioxinähnlichen PCB von 6 pg WHO-PCDD / F-PCB-TEQ / g Fett. Eine separate Höchst-menge nur für die dioxinähnlichen PCB wurde nicht festgelegt, sondern nur ein Auslösewert von 2 pg WHO-PCB-TEQ / g Fett. Die nachfolgende Tabelle stellt die Untersuchungser-gebnisse des Gesamt-Dioxin-Gehal-tes (in pg WHO-PCDD / F-PCB-TEQ / g Fett) dar.

Untersuchungen von Lebens-

mitteln und Futtermitteln

Im Jahr 2006 wurden 614 Proben auf Dioxine untersucht, hiervon 488 Le-bensmittel, 115 Futtermittel und 11 Humanproben. Bei den Futtermitteln wurden 113 Proben im Auftrag der amtlichen Futtermittelüberwachung in Baden-Württemberg und 2 Proben in Amtshilfe als Bestätigungsanalyse für ein anderes Untersuchungsamt untersucht. Die Ergebnisse der Fut-termitteluntersuchungen werden se-parat in Teil V (Futtermittel) dargestellt. Die Humanproben wurden für die in-ternationale WHO-Studie zu Gehalten von Dioxinen, PCBs und anderen per-sistenten Organochlorkontaminanten in Humanmilch in Zuständigkeit als WHO-Referenzlabor analysiert.

Bei allen Lebensmitteln wurden zu-sätzlich zu den Dioxinen auch die dio-xinähnlichen PCB bestimmt. Bei den Futtermitteln wurde bei 25 Proben zusätzlich auch der Gehalt an dioxin-ähnlichen PCB ermittelt.

Die weitaus meisten der 488 Lebens-mittelproben zeigten die auch in frühe-ren Jahren für die jeweiligen Matrices festgestellten Dioxingehalte. Auch die Gehalte an dioxinähnlichen PCB lagen

Tabelle: Übersicht über Ergebnisse der Untersuchungen von Säuglings- und Kleinkindernahrungsmitteln auf Dioxine und dioxinähnliche PCB (Angaben in pg / kg Frischgewicht)

WHO-PCDD / F-PCB-TEQ WHO-PCB-TEQ WHO-PCDD / F-TEQ

Anzahl 20 20 20Minimum 4,50 2,02 0,88Median 11,7 8,47 3,28Mittelwert 15,2 10,0 5,1795 % - Perzentil 29,9 29,7 20,2Maximum 39,8 19,7 20,2

Produkt Probenzahl Niedrigster Wert Median Mittelwert HöchsterWert

Milch 61 0,68 1,06 1,16 2,20Butter 38 0,52 0,90 0,90 1,26Joghurt, Sahne 20 0,70 1,09 1,06 1,38Käse 28 0,47 0,89 1,00 2,86

Tabelle: Übersicht über Ergebnisse der Untersuchungen auf Dioxine und dioxinähnliche PCB in Milch und Milchprodukten (Angaben in pg WHO-PCDD / F-PCB-TEQ / g Fett)

überwiegend im Bereich der bereits vorliegenden Daten aus den voran-gegangenen Jahren. Besondere Pro-gramme waren die Untersuchung von Kindernahrungsmitteln, die Untersu-chungen im Rahmen des Filder-Pro-grammes und die Untersuchung von Dorschlebern.

Kindernahrungsmittel

Im Rahmen eines Monitoring-Projek-tes wurden 20 Säuglings- und Klein-kindernahrungsmittel auf Dioxine und dioxinähnliche PCB untersucht. Für Säuglings- und Kindernahrungs-mittel, wie auch ganz allgemein für Fertiggerichte, gibt es zurzeit keine Höchstgehalte. Auch für Gemüse und Getreide als Hauptbestandteile der überwiegenden Anzahl der Proben sind bis jetzt nur Auslösewerte fest-gelegt. Sie können jedoch in diesem Fall als Orientierungspunkt dienen. Ein Vergleich mit den Auslösewerten für Obst, Gemüse und Getreide von 400 pg WHO-PCDD / F-TEQ / kg Frischge-wicht und 200 pg WHO-PCB-TEQ / kg Frischgewicht zeigt, dass die Gehalte an Dioxinen und dioxinähnlichen PCB in den untersuchten Säuglings- und Kindernahrungsmitteln erfreulich ge-ring sind.

126 Lebensmittelüberwachung BW Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche

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Gesundheitliche Bewertung

Um eine gesundheitliche Bewer-tung vornehmen zu können, wurde bei allen 25 Proben die Aufnahme an Dioxinen und dioxinähnlichen PCB durch Verzehr von 100 g Dorschleber (Abtropfgewicht) für eine 60 kg schwere Person be-rechnet. Die international harmo-nisierten duldbaren Aufnahmen für Dioxine und dioxinähnliche PCB liegen bei 70 pg WHO-TEQ / kg Körpergewicht und Monat (Joint FAO / WHO Expert Committee on Food Additives; JECFA) bzw 14 pg WHO-TEQ / kg Körpergewicht und Woche (EU Scientific Committee on Food; SCF). Diese Werte gelten für die Summe der beiden Schad-stoffgruppen und entsprechen um-gerechnet auf die duldbare tägli-

che Aufnahme einem Wert von etwa 2 pg WHO-TEQ / kg KGW. Die durchschnittliche tägliche Auf-nahme der deutschen Bevölke-

rung liegt etwa bei 1 – 2 pg WHO-TEQ / kg Körpergewicht und Tag. Durch den Verzehr von 100 g Dorschleber würde bei den unter-suchten 25 Proben im Mittel für einen 60 kg schweren Menschen eine Aufnahme zwischen etwa 12 und 126 pg WHO-PCDD / F-PCB-TEQ / kg KGW resultieren. Das be-deutet, dass bei der Dorschleber mit der geringsten Belastung die duldbare tägliche Aufnahme etwa um das 6 fache überschritten wird, während bei der höchstbelasteten Probe diese duldbare tägliche Auf-nahme etwa um Faktor 60 über-schritten wird. Im Mittel wird die duldbare Aufnahme durch Verzehr von 100 g Dorschleber etwa um das 30fache überschritten und da-mit durch den einmaligen Verzehr dieser Menge an Dorschleber be-reits die duldbare monatliche Do-sis in etwa ausgeschöpft.

Dorschleber

Insgesamt 25 Dorschleberkonser-venproben wurden auf Dioxine und dioxinähnliche PCB untersucht. Zur Untersuchung wurde die Dorschle-ber in einem Sieb vom Fett getrennt. Aus lebensmittelrechtlichen Gründen wurden dann jeweils die abgetropfte Leber und das Abtropföl separat un-tersucht. Eine Übersicht über die Ge-halte an Dioxinen und dioxinähnlichen PCB sowie der Summe gibt die obige Tabelle sowohl für die Leber als auch für das abgetropfte Öl wieder.

Die Werte für Fischleber sind unter Berücksichtigung von speziellen Rege-lungen für kombinierte Nomenklatur-codes (KN-Codes) mit dem Höchstge-halt von 4,0 pg WHO-PCDD / F-TEQ / g Frischgewicht für Muskelfleisch von Fischen und Fischereierzeugnissen zu vergleichen. Ab November 2006 wur-de zusätzlich ein Höchstgehalt für die Summe aus Dioxinen und dioxinähn-lichen PCB von 8,0 pg WHO-PCDD / F-PCB-TEQ / g festgelegt.

Das abtropfende Öl, in dem das Pro-dukt eingelegt ist oder das beim Her-stellungsprozess (z. B. durch Erhitzen der sehr fetthaltigen Fischleber) aus-getreten ist, ist zwar nicht das primär vorgesehene Verzehrserzeugnis, kann allerdings nach vernünftigem Ermes-sen bei Verzehr der Dorschleber nicht vollständig entfernt werden. Somit kann es als Lebensmittel angesehen werden, für das die Höchstgehal-te für Öle von Meerestieren (Fisch-öl, Fischleberöl und andere Öle von Meerestieren für den menschlichen Verzehr) gelten, nämlich 2,0 pg / WHO-PCDD / F-TEQ / g Fett bei Dioxinen und

Dorschleber Dorschleberöl

WHO-PCDD / F-PCB-TEQ

WHO-PCB- TEQ

WHO-PCDD / F-TEQ

WHO-PCDD / F-PCB-TEQ

WHO-PCB- TEQ

WHO-PCDD / F-TEQ

Anzahl 25 25 25 25 25 25Minimum 6,90 5,22 1,15 19,3 15,7 3,06Median 33,0 26,2 7,27 96,8 75,9 20,4Mittelwert 35,6 27,4 8,16 99,4 77,3 22,195 % - Perzentil 67,6 51,1 16,7 175,1 132,1 40,7Maximum 76,5 63,9 17,3 194,0 158,0 43,5

Tabelle: Übersicht über Ergebnisse der Untersuchung auf Dioxine und dioxinähnliche PCB von Dorschleber (Angaben in pg / g Frischgewicht) und Dorschleberöl (Angaben in pg / g Fett)

zusätzlich ab November 2006 10 pg WHO-PCDD / F-PCB-TEQ / g Fett für die Summe aus Dioxinen und dioxin-ähnlichen PCB. Diese festgesetzten Höchstmengen werden sowohl bei

Bezug auf das Produkt als auch auf das abtropfende Öl von fast allen Pro-dukten überschritten, teilweise in er-heblichem Umfang.

Industrie- und umweltbedingte Kontaminanten Jahresbericht 2006 127

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Filderprogramm

Die Filderebene nahe Stuttgart ist mit ihren besonders fruchtbaren Lössbö-den sehr gut für die landwirtschaft-liche Erzeugung geeignet, was eine intensive landwirtschaftliche Nutzung zur Folge hat. Angebaut wird neben dem bekannten Filderkraut auch ver-mehrt Gemüse (hauptsächlich Salat) zur Versorgung der Region. Aufgrund der Nähe zum Flughafen Stuttgart und zur Autobahn A 8 bzw. zur Bundesstra-ße B 27 wird für das Gebiet der Fildern immer wieder die Frage nach einer be-sonderen Belastungssituation gestellt.Ist die Belastung durch Schadstoffe von Auto- und Flugverkehr bei Gemü-se von den Fildern möglicherweise höher als die übliche Hintergrund-belastung bei Gemüse aus anderen Regionen? Vor diesem Hintergrund wurde ein Monitoringprogramm zur Feststellung der Belastung von Filder-kraut mit verschiedenen Kontaminan-ten, unter anderem mit Dioxinen und PCB, durchgeführt.

Insgesamt wurden 6 Pfl anzenproben aus dem Anbaugebiet „Fildern“ zur Untersuchung auf Dioxine und dio-xinähnliche PCB angeliefert: 3 Salat-proben (mit großfl ächigen Blättern, an denen luftgetragene Emissionen ad-sorbiert werden können), und 3 Kraut-proben. Bei den Krautpfl anzen wurden innere und äußere Blätter getrennt untersucht, um festzustellen, ob nach Abtrennen der äußeren Blätter die Dioxingehalte abgesenkt werden. Die Ergebnisse sind in der folgenden Tabelle zusammengestellt.

Derzeit gibt es für pfl anzliche Lebens-mittel weder gültige Höchstgehalte für Dioxine noch für dioxinähnliche PCB. Dagegen wurden durch Kommissions-empfehlung Auslösewerte für Dioxi-

PCDD / F-TEQ / kg Erzeugnis) zeigt, dass die Dioxingehalte der untersuch-ten Pfl anzen im unteren Bereich der üblichen Hintergrundbelastung liegen. Für die dioxinähnlichen PCB liegen bis jetzt noch keine repräsentativen Daten für bodennahes Blattgemüse vor. Ein Vergleich der Gehalte der Fil-derproben an dioxinähnlichen PCB mit denen von bodennahem Blattgemüse aus dem Jahr 2005 (Mittelwert von 14 Proben: 0,004 ng WHO-PCB-TEQ / kg Erzeugnis; Maximum: 0,007 ng WHO-PCB-TEQ / kg Erzeugnis) zeigt, dass diese in den Filderproben ebenfalls in derselben Größenordnung liegen.

Die separate Untersuchung der äuße-ren Blätter bei 3 Proben zeigte die auch aus anderen Studien bekannte Ten-denz von leicht höheren Gehalten an Dioxinen und dioxinähnlichen PCB in den äußeren Hüllblättern im Vergleich zu den inne-ren Blättern.

ne von 0,4 ng WHO-PCDD / F-TEQ / kg Erzeugnis und für dioxinähnliche PCB von 0,2 ng WHO-PCB-TEQ / kg Erzeugnis festgesetzt. Ein Vergleich dieser Auslösewerte mit den im Rahmen des Filderkraut-Projektes erhaltenen Werten (Maxima: 0,009 ng WHO-PCDD / F-TEQ / kg Erzeugnis bzw. 0,021 ng WHO-PCB-TEQ / kg Er-zeugnis) zeigt, dass die Auslösewerte um mehr als das Zehnfache über den erhaltenen Maximalgehalten liegen. Somit sind die vorliegenden pfl anzli-chen Lebensmittel bezüglich der Ge-halte an Dioxinen und dioxinähnlichen PCB aus lebensmittelrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden und geben keine Hinweise auf möglicherweise erhöhte Gehalte an Dioxinen oder dioxinähnli-chen PCB.

Ein Vergleich der Dioxingehalte der Filderkrautproben mit den in den Jah-ren 1993 bis 2001 untersuchten Ge-halten in bodennahen Blattgemüse außer Grünkohl (wie Mangold, Kopf-salat, Lauch, Lollo Rosso, Eissalat, Eichblattsalat, Endiviensalat, Zucker-hut, Weisskraut, Wirsing, Eisberg-salat) aus unbelasteten Ge-bieten (Mittelwert von 53 Proben: 0,008 ng WHO-PCDD / F-TEQ / kg Er-zeugnis; Maximum: 0,047 ng WHO-

WHO-PCDD / F-PCB-TEQ WHO-PCB-TEQ WHO-PCDD / F-TEQ

Anzahl 9 9 9Minimum 0,007 0,005 0,001Median 0,012 0,006 0,003Mittelwert 0,014 0,011 0,00395 % - Perzentil 0,025 0,021 0,007Maximum 0,026 0,021 0,009

Tabelle: Übersicht über Ergebnisse der Unter-suchung von pfl anzlichen Lebensmitteln aus der Filderebene auf Dioxine und dioxinähnliche PCB (Angaben in ng / kg Frischgewicht)

128 Lebensmittelüberwachung BW Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche

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Neben diesen höher belasteten ma-rinen Lebensmitteln zeichnen sich bestimmte pflanzliche Lebensmittel ebenfalls durch eine erhöhte Belas-tung mit Schwermetallen aus. So ist bekannt, dass die Kakaopflanze auf cadmiumhaltigen Böden dieses toxische Schwermetall aufnehmen kann. Je nach Anbaugebiet des Ka-kaos resultieren daraus natürlicher-weise sehr unterschiedliche Gehalte in den Kakaosamen und den daraus hergestellten Produkten. Aus diesem Anlass wurde im Berichtsjahr, wie im Jahr zuvor, Schokolade auf Cadmium untersucht. Bei der Analyse von 50 Proben wurden überwiegend Gehal-

te unter 0,25 mg / kg festgestellt. 5 Proben Edelbitterscho-kolade zeigten dagegen erhöhte Gehalte (Maximalgehalt 0,49 mg / kg), die sich durch deren hohen Kakaoanteil und das Anbaugebiet des zur Herstellung verwendeten Kakaos erklären ließen. Neben den Schokoladen wurden auch 8 Proben Kakao analysiert. Diese Proben wiesen durchweg Cadmiumgehalte unterhalb von 0,25 mg / kg auf. Obwohl die hier beschriebene Problematik seit langem bekannt ist, konnten sich die Mitgliedsstaaten der EU bislang nicht auf einen Höchstgehalt für Cadmium in Schokolade oder Kakao einigen.

Weitere pflanzliche Lebensmittel, die Cadmium akkumulie-ren, sind bekanntermaßen Ölsaaten wie Leinsamen, Mohn und Sonnenblumenkerne. Für diese Lebensmittel existie-ren bislang ebenfalls keine Höchstgehalte. Auch Pinienker-

ne können, je nach Herkunft, erhöhte Cadmiumgehalte aufweisen. Bei eigenen Untersuchungen wurden Gehalte zwischen 0,02 und 0,4 mg / kg (Mittelwert: 0,22 mg / kg) ermittelt. Nach Definition der EU werden Pinienkerne den Nüssen zugerechnet, die als „Früchte“ dem Höchstgehalt für Obst von 0,05 mg / kg unterliegen. Dies hatte zur Folge, dass Pinienkerne vielfach als nicht verkehrsfähig eingestuft wurden. In der Neufassung der Kontaminanten-Höchst-gehalteverordnung (VO (EG) 1881 / 2006), die im Dezem-ber 2006 veröffentlicht wurde, wurden Pinienkerne beim Höchstgehalt für Früchte explizit ausgenommen. Da die Verzehrsmenge von Pinienkernen deutlich unter der Ver-zehrsmenge anderer Früchte liegt, ist diese Verfahrens-weise bis zur Festsetzung eines eigenen Höchstgehalts für Cadmium in Pinien durchaus vertretbar.

Die Minimierung der in Lebensmitteln in Spuren enthaltenen Schwer-

metalle Blei, Cadmium und Quecksilber spielt seit langem eine wichtige

Rolle für den gesundheitlichen Verbraucherschutz. Für diese Elemente

existieren demzufolge europaweit verbindliche Höchstgehalte für ver-

schiedene Lebensmittel, die zusammen mit Höchstgehalten anderer

Kontaminanten in der Verordnung (EG) Nr. 466 / 2001 (inzwischen VO

(EG) Nr. 1881 / 2006) festgelegt sind.

Neben diesen und anderen mehr oder weniger gesundheitsschädlichen

Schwermetallen gibt es aber auch viele Elemente, deren Aufnahme

für den Erhalt der menschlichen Gesundheit notwendig ist. Bestimmte

Elemente können aber auch zur Charakterisierung von Lebensmitteln

(z. B. Weine, Säfte, Separatorenfleisch) herangezogen werden.

Im Berichtsjahr wurden in 5 171 Proben insgesamt 36 148 Elementbe-

stimmungen durchgeführt. Das Spektrum umfasste dabei 31 verschie-

dene Elemente, die mit modernsten Analysentechniken (z. B. ICP-MS)

bestimmt wurden.

Die Belastung von Lebens-mitteln mit den toxi-

schen Schwermetal-len Blei, Cadmium und Quecksi lber

kann insgesamt als gering angesehen wer-

den. Einzelne Lebensmit-tel bzw. Lebensmittelgruppen

bilden hier jedoch die Ausnahme, sodass sich bei diesen Lebensmittel

immer wieder Auffälligkeiten ergeben, die es zumeist aus Gründen der Gesundheitsvorsorge

zu minimieren gilt.

Bereits seit einigen Jahren ist die Problematik „Schwerme-

talle in Seefisch“ bekannt. Die Schwermetalle Quecksilber und Cadmium reichern sich in der marinen Nahrungskette an, was zu beträchtlichen Schwermetallbelastungen füh-ren kann. Im EU-Schnellwarnsystem (Rapid Alert System For Food And Feed – RASFF) liegen Warnungen über ho-he Quecksilber- und Cadmiumgehalte in Raubfischen, wie Schwertfisch, Hai oder Tintenfisch, mit deutlichem Abstand an der Spitze der Meldungen über Schwermetalle in Le-bensmitteln. Untersuchungen in den Jahren 2002 und 2003 bestätigten, dass entsprechende Ware auch nach Baden-Württemberg geliefert wurde.

Diese Untersuchungen wurden fortgeführt und zeigten 2006 aber lediglich 5 Quecksilber-Höchstgehaltüberschrei-tungen bei Schwertfisch und Degenfisch. Hierbei lag der Maximalgehalt bei 2,3 mg / kg, bei einem Höchstgehalt von 1,0 mg / kg. Weitere Höchstgehaltüberschreitungen erga-ben sich in 2 Fällen bei der Untersuchung von Miesmu-

scheln aus dem Pazifik. Hier lagen die Cadmiumgehalte bei 1,34 bzw. 2,08 mg / kg (Höchstgehalt:1,0 mg / kg).

Schwermetalle und toxische Spurenelemente

Industrie- und umweltbedingte Kontaminanten Jahresbericht 2006 129

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Ende des Jahres 2005 wurde bekannt, dass Russland Importe von Produkten einiger norwegischer Fischzucht-betriebe verboten hatte, weil angeblich in Zuchtlachs erhebliche Überschreitungen der in Russland geltenden Höchstmengen für Blei und Cadmium festgestellt worden waren. Da Zuchtlachs aus Norwegen auch in Deutschland eine erhebliche Marktbedeutung hat, wurden 2006 ent-sprechende Untersuchungen durchgeführt. Die Gehalte an Blei, Quecksilber und Cadmium bewegten sich in allen 26 Lachsproben (davon 11 aus Norwegen) weit unterhalb der in der EU geltenden Höchstmengen, die Gehalte an Blei und Cadmium lagen mit einer Ausnahme sogar unterhalb der analytischen Nachweisgrenze. Hintergrund des Im-

portverbotes war offenbar ein zwischen Russland und Norwegen bestehender Fischereikon-

flikt, der mittlerweile zumindest vorläufig beigelegt wurde.

Zu Aluminium in Süßwaren siehe Teil III, Kapitel Zuckerwaren, Scho-kolade, Brotaufstriche.

Neben den durch Höchstgehalte in Lebensmitteln be-grenzten Schwermetallen Blei, Cadmium und Quecksil-ber, geraten immer wieder Elemente ins Blickfeld, die nicht gesetzlich geregelt sind und daher einer eigenen Bewertung bedürfen. Ein Beispiel hierfür stellen Befunde über Antimon in Bier dar. Der Antimongehalt in Bier liegt normalerweise unter 1 µg / Liter. Im Januar 2006 wurden Untersuchungen der Landesuntersuchungsanstalt für das Gesundheits- und Veterinärwesen Sachsen (LUA) aus dem Jahr 2005 bekannt, wonach in Bieren von 2 sächsischen Brauereien auffällige Gehalte zwischen 5 und 15 µg / Liter ermittelt wurden, der höchste Wert lag bei 23 µg / Liter. Die Durchführung von Stufenkontrollen zeigte, dass die hohen Antimongehalte wahrscheinlich auf die verwende-ten Kieselgur-Filtermaterialien zurückzufüh-ren waren.

Eine gesundheitliche Beeinträchti-gung ist bei Antimon-Gehalten in dieser Größenordnung auch bei regelmäßigem Bierkonsum nicht zu befürchten. Dennoch handelt es sich um eine technologisch beding-te Kontamination, die durch Ver-wendung anderer Filtermaterialien zu vermeiden wäre. Nach Art. 2 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 315 / 93 des Rates vom 08.02.1993 zur Festlegung von gemeinschaftlichen Verfahren zur Kontrolle von Kontaminanten in Lebensmitteln sind Kontaminanten auf so niedrige Werte zu begrenzen, wie sie durch gute Pra-xis auf allen Stufen sinnvoll erreicht werden können. Das LUA Sachsen schlägt deshalb einen „Eingreifwert“ für An-timon von 10 µg / Liter Bier – dies entspricht dem doppelten Grenzwert der Trinkwasser-Verordnung – vor.

In diesem Zusammenhang wurden 244 Bierproben auf ih-ren Antimongehalt untersucht. Im überwiegenden Teil der Proben war Antimon nicht nachweisbar. 15 Proben lagen über 5 µg / Liter, lediglich bei 6 Proben wurde ein Antimon-gehalt von über 10 µg / Liter und damit über dem o. g. Ein-greifwert von 10 µg / Liter festgestellt. Weiterhin wurden 35 Filterhilfsmittelproben untersucht, von denen sich 5 Proben als auffällig erwiesen. Da eine endgültige gesundheitliche Bewertung der Antimongehalte in Bier durch das Bundes-institut für Risikobewertung noch aussteht, wurden die untersuchten Bierproben nicht beanstandet.

Dass bei der Beurteilung von Kontaminanten in Lebensmit-teln nicht immer der gesundheitliche Verbraucherschutz im Vordergrund steht, zeigt folgendes Beispiel.

130 Lebensmittelüberwachung BW Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche

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Herstellungsbedingte Kontaminanten

Bei einer Probe Haargel wurde ein Ge-halt an NDELA von 10 mg / kg (1000-fach über dem Richtwert) nachge-wiesen. Verbotenerweise wurde hier Triethanolamin zusammen mit dem Konservierungsstoff Bronidox einge-setzt – eine Kombination, die zur Ent-stehung von NDELA maßgeblich bei-trägt. Das Haargel wurde als gesund-heitsschädlich beanstandet. Nähere Informationen zur Risikobeurteilung von mit NDELA belasteten kosmeti-schen Mitteln finden Sie im Jahresbe-richt 2006 des CVUA Karlsruhe unter dem Kapitel Kosmetische Mittel.

Nitrosamine in Bedarfsgegen-

ständen

Bezüglich der Untersuchungen von Bedarfsgegenständen aus Gummi auf Nitrosamine und nitrosierbare Stoffe wird auf Teil III, Bedarfsgegenstände verwiesen.

Nitrosamine in Lebensmitteln –

noch ein Problem?

In Gegenwart von Nitrit und Nitrat kön-nen in eiweißreichen Lebensmitteln Nitrosamine gebildet werden. Neben der exogenen Nitrosaminbildung im Lebensmittel können Nitrosamine auch erst im menschlichen Körper (endogen) gebildet werden, wenn die notwendigen Reaktionspartner vorliegen.Untersucht wurden Biere, Röstmal-ze für die Bierbereitung, geräucherte Fleisch- und Fischerzeugnisse sowie Vollmilchpulver, Grünkern und Käse. „Technische Richtwerte“ existieren nur für N-Nitrosodimethylamin (NDMA) in Bier (0,5 µg / kg) und Malz (2,5 µg / kg). Bei allen 21 Bier- und Malzproben la-gen die Gehalte an NDMA unterhalb der technischen Richtwerte bzw. un-terhalb der Nachweisgrenze. Auch in den restlichen 32 Lebensmittelproben konnten keine auffälligen Nitrosamin-gehalte festgestellt werden.Während Bier und gepökelte Lebens-mittel durch verbesserte Herstellungs-verfahren nur noch selten mit Nitrosa-minen belastet sind, liegen seit Ende 2006 erste Kenntnisse über erhöhte Gehalte an NDMA in Trinkwasser vor. Näheres hierzu siehe Teil V, Trinkwas-ser.

Der Kauf von Wimperntusche

kann ins Auge gehen.

Nach der EU-Kosmetik-Richtlinie darf N-Nitrosodiethanolamin (NDELA) in kosmetischen Mitteln lediglich in Spuren enthalten sein, sofern es nach guter Herstellungspraxis technisch un-vermeidbar ist und bei normaler oder vernünftigerweise vorhersehbarer Ver-wendung die menschliche Gesundheit nicht schädigt. NDELA weist krebser-zeugende, genotoxische Eigenschaf-ten auf und gelangt als Verunreinigung aminhaltiger Inhaltsstoffe, wie z. B. Triethanolamin, in das Produkt oder kann aus diesen gebildet werden. Als kritisch zu bewerten sind Produkte, die auf der Haut verbleiben und bei denen NDELA bis zu 30 % resorbiert werden kann.

46 kosmetische Mittel, insbesondere Wimperntusche, Eyeliner und Hand-waschpasten, wurden auf NDELA geprüft. Gehalte über dem technisch vermeidbaren Wert von 0,01 mg / kg konnten bei 26 % der Proben, über-wiegend Wimperntusche, festgestellt werden. Die NDELA-Gehalte in Wimperntusche lagen zwischen 14 und 370 µg / kg. Eine Eignung zur Gesundheitsschädi-gung wurde jedoch aufgrund der ge-ringen Exposition mit Wimperntusche nicht gesehen.

Nitrosamine

Insgesamt 203 Proben Lebensmittel,

kosmetische Mittel und Bedarfsgegen-

stände wurden auf krebserregende

Nitrosamine geprüft.

Herstellungsbedingte Kontaminanten Jahresbericht 2006 131

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Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK)

Rückstandssituation in Lebensmitteln

Bei den polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) – einer

Stoffgruppe aus ca. 250 verschiedenen Verbindungen – handelt es sich

um Umwelt-Prozesskontaminanten. Einige dieser Verbindungen weisen

unterschiedlich starke karzinogene (krebserregende) Eigenschaften auf.

Benzo(a)pyren ist der bekannteste Vertreter dieser Stoffgruppe. PAK wer-

den u. a. gebildet bei der unvollständigen Verbrennung von organischem

Material, aber auch beim Grillen, Räuchern von Lebensmitteln sowie

beim Rauchen von Tabakerzeugnissen (z. B. Zigaretten). Fast die Hälfte

der durchschnittlichen PAK-Belastung bei Menschen wird durch konta-

minierte Nahrungsmittel verursacht.

Im Berichtszeitraum wurden 481 Le-bensmittel auf ihre Gehalte an PAK untersucht. In 222 Proben (46 %) war Benzo(a)pyren nachweisbar.

Geräucherte Fleischerzeugnisse

In geräucherten Fleischerzeugnissen (Schinken, Bauchspeck, Rohwürste) spielt der Gehalt an PAK seit Jahren nur noch eine untergeordnete Rolle.

In 30 untersuchten Proben waren keine Rückstände an Benzo(a)pyren enthalten. Insofern ist es nicht nachvollziehbar, dass im Jahre 2005 der Grenzwert für Benzo(a)pyren in geräucherten Fleischer-zeugnissen von 1 µg / kg auf 5 µg / kg hochgesetzt wurde.

Geräucherte Fische / Fischerzeugnisse

Die Problematik der PAK-Rückstände in Fischkonserven

mit Speiseöl, insbesondere geräucherte Sprotten in Öl

aus dem Baltikum, besteht nach wie vor. Die zu beanstan-denden Gehalte an Benzo(a)pyren wurden dabei meist im Ölaufguss und nicht in den geräucherten Fischen festge-stellt. In ca. 30 % der Proben waren Benzo(a)pyren-Rück-stände enthalten, die weit über den Grenzwerten von 2 µg / kg für Speiseöl lagen.

Bei der Herstellung von Fischkonserven mit geräucher-tem Fisch gehen die PAK vom eingelegten Fisch in das Aufgussöl über (Carry-over). Da das eingelegte Lebens-mittel entsprechend der Kontaminanten-Höchstgehalt-VO (EG) 1881 / 2006 deutlich höhere Benzo(a)pyren-Gehalte aufweisen darf (5,0 µg / kg) als das Aufgussöl (2,0 µg / kg), kann es dazu kommen, dass im fertigen Erzeugnis der Benzo(a)pyren-Gehalt im Ölanteil deutlich über den Grenz-wert für Fette und Öle ansteigt, obwohl das zur Herstellung eingesetzte Öl ursprünglich einen Benzo(a)pyren-Gehalt unter 2,0 µg / kg aufgewiesen hat. In einzelnen Proben wa-ren die Gehalte im Ölanteil jedoch so hoch, dass von der Verwendung verunreinigter Pflanzenöle auszugehen ist.In der Praxis der Lebensmittelüberwachung müssen der Fisch- und der Ölanteil getrennt untersucht und bewertet werden. Mangels eines Grenzwertes für das Gesamter-zeugnis (eingelegter Fisch in Öl) ist diese analytisch auf-wändige Vorgehensweise derzeit noch erforderlich.

Untersuchungen von in Öl eingelegten Fischkonserven im Rahmen des Bundesweiten Überwachungsplanes 2007 (BÜP) sollen weitere Erkenntnisse hinsichtlich der Belas-tung dieser Produkte bringen.

Die Kontamination von pflanzlichen Lebens-mitteln, wie z. B. Getreide und Gemüse,

mit PAK entsteht durch Ablagerun-gen von PAK-haltigem Staub aus der Luft. Eine überhöhte Belas-tung von geräucherten Lebens-mitteln, wie z. B. Rauchfleisch und geräucherte Fische, kann durch unsachgemäße Räucher-

verfahren verursacht werden. Auch Trocknungsverfahren über

offenem Feuer (z. B. Trocknung von Trester vor der Gewinnung von Trauben-

kernölen) führen zu überhöhten PAK-Gehal-ten in Lebensmitteln.

Der wissenschaftliche Lebensmittelausschuss der EU hat im Jahre 2005 folgende 15 PAK-Substanzen aufgelistet, die als karzinogen eingestuft werden: Benzo(a)anthracen, Chrysen, Benzo(b)fluoranthen, Benzo(k)fluoranthen, Benzo(a)pyren, Dibenz(a,h)anthracen, Benzo(ghi)perylen, Indeno(1,2,3cd)pyren, Benzo(j)fluoranthen, Cyclo-penta(cd)pyren, Dibenzo(a,e)pyren, Dibenzo(a,h)pyren, Dibenzo(a,i)pyren, Dibenzo(a,l)pyren und 5-Methyl-chry-sen.

Die Untersuchungsergebnisse von stärker belasteten Lebensmitteln, wie z. B. geräucherten Fischkonser-ven in Öl, zeigen, dass neben Benzo(a)pyren ledig-lich Benzo(a)anthracen, Chrysen, Benzo(b)fluoranthen, Benzo(k)fluoranthen und Benzo(ghi)perylen zur Rückstands-belastung beitragen. Rückstände der anderen von der EU als karzinogen bewerteten PAK spielen praktisch keine (z. B. Dibenzopyrene) bzw. eine untergeordnete Rolle.

Die Kontaminanten-Höchstgehalt-VO (EG) 466 / 2001 wurde mittlerweile durch die VO (EG) 1881 / 2006 ersetzt. Dort finden sich Höchstmengen ausschließlich für die Leit-substanz Benzo(a)pyren in verschiedenen Lebensmitteln wie z. B. Öle, Fette: 2 µg / kg; Nahrung für Säuglinge und Kleinkinder: 1 µg / kg; geräuchertes Fleisch und geräucherte Fleischerzeugnisse sowie Muskelfleisch von geräuchertem Fisch und geräucherten Fischerzeugnissen: 5 µg / kg.

Abb.: Geräucherte

Fische

132 Lebensmittelüberwachung BW Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche

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Sonstige Proben

Von 88 untersuchten Proben Pflanzenölen überschritten 3 Proben die Höchstmenge für Benzo(a)pyren von 2 µg / kg. Der höchste Gehalt wurde mit 5,9 µg / kg bei einem Son-nenblumenöl aus Russland festgestellt.Kakaobutter wies nur geringe Gehalte an Benzo(a)pyren bis ca. 2 µg / kg auf, in geräuchertem Käse, getrockneten

Früchten und Nüssen waren praktisch keine Rückstände enthalten.Die starke Belastung von Schwarztee und Matetee ist bekannt. 6 von 16 Proben wiesen Benzo(a)pyren-Gehalte zwischen 10 und 100 µg / kg auf. Da die aus den belasteten Tees hergestellten Aufgüsse bekanntlich nur geringe bis keine Rückstände aufweisen, besteht für den Verbraucher jedoch keine Gefahr.

Abb.:Benzo(a)pyren ist die Leitsubstanz für krebserregende PAK

Acrylamid

Am 24. April 2002 gingen Meldungen durch die Medien, dass schwedi-

sche Forscher in erhitzten stärkehaltigen Lebensmitteln hohe Konzent-

rationen an Acrylamid entdeckt haben. Acrylamid ist eine Verbindung,

die bis dahin nur als Ausgangsstoff für Kunststoffe (Polyacrylamid) in

Erscheinung getreten ist. Es ist bis heute nicht geklärt, ob die Acrylamid-

gehalte in den Lebensmitteln beim Menschen Krebs auslösen können.

Im Berichtsjahr wurden an den CVUA Stuttgart und Sig-maringen insgesamt 137 Lebensmittelproben aus Herstel-lerbetrieben, aus dem Handel und aus der Gastronomie auf Acrylamid untersucht. Die Untersuchungsergebnisse fließen direkt in die Berechnung der so genannten Signal-werte mit ein. Wird in einer Lebensmittelprobe eine Überschreitung des Signalwertes festgestellt, so hat dies zwar noch keine un-mittelbare rechtliche Konsequenz (Verkehrsverbot, Buß-geld), der Hersteller dieses Lebensmittels ist aber verpflich-tet, Maßnahmen zur Ursachenforschung und zur Minimie-rung der Acrylamidbelastung seiner Produkte einzuleiten.

Ende des Jahres 2006 galten folgende Signalwerte:

Lebensmittel µg / kg

Kartoffelchips 1000 Pommes frites (verzehrsfähig) 530 Knäckebrot 590 Feine Backwaren aus Mürbeteig 300 Kinderkekse 245 Diabetikerbackwaren 545 Lebkuchen 1000 Kaffeepulver 370Kaffeeextrakt, Kaffeeersatz 1000 Alle anderen Lebensmittel 1000

Kartoffelerzeugnisse (61 Proben)

Die Acrylamidgehalte in Pommes fri-tes liegen meist deutlich unter dem Signalwert. Die Empfehlungen, die Frittiertemperatur abzusenken (maxi-mal 175 °C) und zu starke Bräunung zu

vermeiden („Vergolden statt Verkohlen“) werden allerdings nicht immer beachtet, wie 2 Proben mit Gehalten von 777 bzw. 531 µg / kg zeigen. Von den 46 Proben Kartoffelchips u. Ä. wiesen 3 Proben, davon 2 Proben „Bio-Chips“ Acryl-amidgehalte über dem Signalwert auf, der höchste Gehalt betrug 1600 µg / kg.

Backwaren (41 Proben)

Brot, Brötchen und Brezeln weisen im Allgemeinen nur niedrige Acrylamidgehalte auf. Im Inneren der Brotkrume wird wegen des Wassergehaltes auch bei hohen Back-ofentemperaturen eine Temperatur von 100 °C kaum über-schritten, deshalb wird Acrylamid fast ausschließlich in der Kruste gebildet.

Bei Zwieback, Butterkeksen, Kräckern und Weihnachtsge-bäck lagen die Acrylamidgehalte deutlich unter dem Sig-nalwert.

Für Kekse für Babys und Kleinkinder gilt ein sehr niedriger Signalwert von 245 µg / kg. In 2 von 7 untersuchten Proben war dieser Signalwert geringfügig überschritten.

Backwaren für Diabetiker enthalten häufig Fructose (Frucht-zucker) als Zuckeraustauschstoff. Fructose fördert zusam-men mit der Aminosäure Asparagin in besonderem Maße die Bildung von Acrylamid. Die Acrylamidgehalte liegen deshalb häufig höher als bei vergleichbaren konventionellen

Herstellungsbedingte Kontaminanten Jahresbericht 2006 133

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Erzeugnissen. Dies gilt vor allem dann, wenn ne-ben Fructose auch noch das Backtriebmittel Ammoniumhydrogen-carbonat verwendet wird. Die Hersteller haben offensichtlich das Problem erkannt und die Herstellungsverfahren op-ti miert. Im Gegensatz zu den Vorjahren lagen alle untersuchten Proben deutlich unter dem Signalwert.

Ein Problem stellen Lebkuchen und verwandte Erzeugnisse dar: Lebkuchen enthalten sehr viel reduzierende Zu-cker (Honig, Invertzuckersirup). In der Regel wird aus Geschmacksgründen das Backtriebmittel Ammonium-hydrogencarbonat (Hirschhornsalz, ABC-Trieb) verwen-det. Wegen des niedrigen Wassergehaltes werden hohe Backtemperaturen nicht nur an der Oberfl äche, sondern auch im Inneren der Lebkuchen erreicht. Auf der Inter-net-Homepage der CVUAs sind die „Empfehlungen zur Vermeidung hoher Gehalte an Acrylamid beim Backen von Lebkuchen“ für die Öffentlichkeit zugänglich (www.

cvuas.de ). Bei Beachtung dieser Empfehlungen ist es auch für die Hausfrau und den handwerklichen Bä-ckerbetrieb möglich, Lebkuchen mit relativ niedrigen Acrylamidgehalten zu backen. Wie im Vorjahr wiesen Lebkuchen aus industrieller Produktion tendenziell nied-rigere Acrylamidgehalte auf, als handwerklich herge-stellte Lebkuchen. Lediglich eine Überschreitung des Signalwertes wurde mit 1755 µg / kg bei einem Lebku-chen aus handwerklicher Fertigung festgestellt.

Kaffee und Kaffeesurrogate (32 Proben)

Während bei Kaffeepulver und bei Kaffeeextrakt die Si-gnalwerte nicht überschritten wurden, waren bei Kaf-feesurrogaten häufi ger Acrylamidgehalte über dem Si-gnalwert zu fi nden. Die höchsten Gehalte wiesen dabei Produkte auf, die mit gerösteter Zichorie hergestellt werden. Die Hersteller haben das Problem erkannt und erhebliche Anstrengungen unternommen, um die Acrylamidgehalte zu senken. Wie die Untersuchungen zeigen, sind geringfügige Überschreitungen des Signal-wertes trotzdem nicht ganz zu vermeiden.

Sonstige Proben

Getrocknete Apfelchips (3 Proben) erwiesen sich als frei von Acrylamid.

3-MCPD

3-Monochlorpropandiol (3-MCPD) entsteht bei der

Herstellung und Zubereitung von verschiedenen

Lebensmitteln. Es wirkt in hohen Dosen bei Ratten

krebserregend, schädigt jedoch nicht die Erbsub-

substanz (DNS). Daher wurde vom wissenschaft-

lichen Lebensmittelausschuss der Europäischen

Kommission eine tolerierbare tägliche Aufnahme-

menge (TDI) von 2 µg 3-MCPD pro kg Körperge-

wicht festgelegt. Eine gesetzliche Höchstmenge

von 20 µg / kg Lebensmittel existiert bislang aber

lediglich für Sojasoße und hydrolysiertes Pfl an-

zenprotein.

Fleischerzeugnisse

3-Monochlorpropandiol (3-MCPD) in geräucherten

Fleischwaren

3-Monochlorpropandiol (3-MCPD) ist ein unerwünsch-ter Stoff, der bei der Verarbeitung von Lebensmitteln aus natürlichen Inhaltsstoffen entstehen kann. Dies ist zum Beispiel bei der Herstellung von Sojasoße oder hydrolysiertem Pfl anzenprotein (HVP) der Fall. Bei der Hydrolyse von Pfl anzeneiweiß, die mit Salzsäure durch-geführt wird, reagieren im pfl anzlichen Ausgangsmate-rial enthaltene Lipidreste mit Chloridionen zu 3-MCPD. Durch technologische Maßnahmen konnte der Gehalt von 3-MCPD in Sojasoßen und hydrolysiertem Pfl anzen-protein in letzter Zeit entscheidend gesenkt werden.

134 Lebensmittelüberwachung BW Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche

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Da 3-MCPD auch in Lebensmitteln tierischer Herkunft nach-gewiesen worden ist, wurde diese Produktgruppe im Be-richtsjahr genauer unter die Lupe genommen. Im Rahmen einer Stufenkontrolle bei einem Fleischwarenhersteller und in umfangreichen Laborversuchen konnte gezeigt werden, dass beim Räuchern 3-MCPD entsteht: Pfefferknacker (kleinkalibrige geräucherte Rohwurst), die noch nicht ge-räuchert waren, enthielten kein 3-MCPD. Dieselben Pfefferknacker, die mit Kaltrauch von ca. 28 °C geräuchert wurden, wiesen nach der Räucherung einen 3-MCPD Gehalt von 133 µg / kg auf. Die zur Herstellung verwendeten Zutaten und Zusatzstoffe enthielten kein 3-MCPD. Eine Probe „Wandabkratzung“ aus der Räu-cherkammer war mit einem sehr hohen 3-MCPD Gehalt (2455 µg / kg) belastet. Die zur Räucherung verwendeten Holzspäne waren frei von chlororganischen Verbindungen, die evtl. eine Quelle für das gebildete 3-MCPD darstellen könnten und waren auch frei von 3-MCPD. Die Holzspäne wurden anschließend im Labor unter kontrollierten Bedin-gungen verschwelt, dabei zeigte sich, dass der aufgefan-gene Rauch große Mengen an 3-MCPD enthielt. Damit war klar: Beim Räuchern entsteht 3-MCPD. Die bisherigen Untersuchungsergebnisse deuten auch darauf hin, dass der Bildungsweg für 3-MCPD bei der Verschwelung von Holz ein anderer ist als z. B. in Sojasoßen und Backwaren. Da 3-MCPD sehr gut wasserlöslich ist, bleibt es nicht an der Oberfl äche, sondern es dringt schnell auch in die inneren Schichten des geräucherten Erzeugnisses ein.

Gefährdungspotenzial beim Verzehr von Lebensmitteln, die mit 3-MCPD belastet sind:

Durch Entfernen der Haut lässt sich also bei Wurst leider keine nennenswerte Reduktion der Kontamination mit 3-MCPD erreichen. In anderen geräucherten Lebensmitteln (z. B. Räucherfi sch) war 3-MCPD ebenfalls nachweisbar, wobei bei geräucherten Sprotten der höchste Gehalt mit 126 µg / kg gefunden wurde. Im Gegensatz hierzu konn-te bei ungeräucherten Erzeugnissen (z. B. Kochschinken, n=15) 3-MCPD nicht nachgewiesen werden. Weitere Un-tersuchungen zeigen, dass beim Verschwelen handelsüb-licher Grillkohle kein 3-MCPD entsteht.

Erst nachdem der Grillkohle Speiseöl zugesetzt wurde, ent-stand beim Verschwelen in hoher Konzentration 3-MCPD. Dies führt, wie bei der Problematik der Entstehung von PAKs (polyzyklische aromatischen Kohlenwasserstoffe), zur Empfehlung, Marinaden bzw. fetthaltigen Fleischsaft nicht auf die Grillkohle tropfen zu lassen. Durch Verwendung einer Grillschale aus Aluminium lässt sich beispielsweise beim Grillen mit Grillkohle die Entstehung von 3-MCPD vermeiden.

Sojasoßen

Im Berichtsjahr wurden am CVUA Karlsruhe insgesamt 18 Proben Sojasoße untersucht. Dabei waren lediglich geringe Spuren an 3-MCPD, weit unter der Höchstmenge, nach-weisbar. Im Gegensatz zu früheren Jahren hat sich damit die Rückstandssituation grundlegend verbessert.

dem täglichen Verzehr von etwa einem Kilogramm einer relativ stark kontaminierten geräucherten Wurst. Dabei ist jedoch zu bedenken, dass zusätzliches 3-MCPD gleichzeitig auch noch über andere Lebensmittel (Brot mit dunkler Krus-te, stark getoastetes Brot etc.) aufgenommen wird.

3-MCPD wirkt im Tierversuch in hohen Dosen kanzerogen (krebserzeugend), daneben wurde in vitro (im Reagenzglas) Genotoxizität (Erbgutschädigung) festgestellt. Diese konnte in neueren Studien jedoch in vivo (im lebenden Organis-mus) nicht bestätigt werden. Basierend auf der früheren Einschätzung des Wissenschaftlichen Lebensmittelaus-schusses der Europäischen Kommission (SCF), nach der 3-MCPD-Rückstände in Lebensmitteln nicht nachweisbar sein sollen, wurde in der EU ein Höchstgehalt von 20 µg / kg für Sojasoße und hydrolysiertes Pfl anzenprotein (HVP) fest-gelegt. Aufgrund neuerer Forschungsergebnisse wird vom SCF inzwischen eine tolerierbare tägliche Aufnahme = To-lerable Daily Intake (TDI) an 3-MCPD von maximal 2 µg pro kg Körpergewicht empfohlen. Bei einer 60 kg schweren Person beträgt der TDI folglich 120 µg. Dies entspräche

Abb. links: Buchenholz pellets zur Räucherung

Herstellungsbedingte Kontaminanten Jahresbericht 2006 135

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Furan in Lebensmitteln

Furan wurde von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) nach umfangreichen toxikologischen

Überprüfungen als für den Menschen mögliches Karzinogen (Klasse 2B) eingestuft. Zahlreiche Unter-

suchungen in Baden-Württemberg belegen, dass Furan in verschiedenen Lebensmitteln vorkommt.

Die höchsten Gehalte kommen in geröstetem Kaffee vor, aber auch in anderen Lebensmitteln wurde

Furan in nennenswerten Konzentrationen nachgewiesen.

In Lebensmitteln kann Furan beim Erhitzen von Kohlen-hydraten, mehrfach ungesättigten Fettsäuren oder Ascor-binsäure entstehen. Besonders hoch sind die Gehalte, wenn Lebensmittel geröstet – z. B. Kaffeebohnen – oder in „geschlossenen Systemen“ wie etwa bei Babygläschen erhitzt werden.

Über Ergebnisse zu Furangehalten in Kaffee, Kaffeegeträn-ken, Soßen und Fertiggerichten wurde in vergangenen Jah-ren berichtet. Demzufolge wiesen geröstete Kaffeebohnen durchschnittlich 4 660 µg / kg, Kaffeeaufgüsse zwischen 18 und 88 µg / l Furan auf (Kuballa T. et.al. Deutsche Lebens-mittelrundschau (2005), 6, 229 – 235).

In Soßenerzeugnissen wurden im Mittel 12,8 µg / kg und in Fertiggerichten zwischen 3 und 74 µg / kg Furan ermit-telt. 2006 wurde der Schwerpunkt auf Methodenweiter-entwicklung, Babynahrung, Spirituosen und Fertiggerichte gelegt.

Mikrodestillation

Bei der Mikrodestillation handelt es sich um eine Wasser-dampfdestillation im Mikromaßstab (Schema s. Abb.1), bei dem Furan aus der Probe heraus in eine Lösungsmittelvor-lage destilliert wird. Aus dem Lösungsmittelextrakt kann dann der Furangehalt bestimmt werden.

Mit der automatisierten Methode steht damit ein Verfahren zur Verfügung, mit dem sehr viel schneller und effi zienter Furan in Lebensmitteln bestimmt werden kann. Simultan können 6 Proben aufgearbeitet werden.

Darüber hinaus kann mit dieser Methode Furan auch in Lebensmitteln bestimmt werden, bei denen die bisher an-gewandte Dampfraum-Methode kaum anwendbar war wie etwa bei Kakao und Kakaoprodukten.

Erste Untersuchungen im Rahmen der Methodenent-wicklung zeigten in 8 untersuchten Kakaopulvern einen Furanmittelwert von 8,6 µg / kg wobei der Maximalwert bei 22,3 µg / kg, der Minimalwert bei 4,6 µg / kg und der Medianwert bei 6,5 µg / kg lag. Ein kakaohaltiges Geträn-kepulver mit Zucker lag unterhalb der Nachweisgrenze. Ein Vergleich beider Methoden in anderen Matrices zeigt ver-gleichbare Ergebnisse (Kuballa T. et.al. Lebensmittelchemie (2006), 60(2), 44).

Was bedeuten die Ergebnisse für den Verbraucher?

Nach den bisherigen Untersuchungen der Chemischen und Veterinäruntersuchungsämter in Baden-Württemberg ist nach derzeitigem Kenntnisstand nicht von einer akuten Ge-sundheitsgefahr auszugehen. Im Sinne des vorbeugenden gesundheitlichen Verbraucherschutzes ist aber eine Mini-mierung der Gehalte in allen Lebensmitteln – vor allem in Babynahrung – sinnvoll.

Grafi k:Schematischer

Aufbau des MicroDistiller®,

Eppendorf, Hamburg

136 Lebensmittelüberwachung BW Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche

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[µg /

kg]

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[µg /

kg]

Furan_Babynahrung 2006

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üse

(n =

23)

Gem

üse

u.Fl

eisc

h

Obst

(n =

8)

30

25

20

15

10

5

0

[µg /

kg]

Furan_Spirit 2006

0

5

10

15

20

25

30

0

5

10

15

20

25

30

Rum (n = 4) Whisky (n = 5) Tequila (n = 10)

Rum

(n =

4)

Whi

sky

(n =

5)

Tequ

ila

(n =

10)

Babynahrung

2006 wurden wiederum 89 Erzeugnisse aus dieser Pro-duktgruppe auf Furan untersucht, da die Auswirkungen aufgrund des geringen Körpergewichtes am größten sein können. Ähnlich wie bei den bisherigen Untersuchungen zeigen Baby-Gläschen mit einem Gemüseanteil die höchs-ten Furangehalte von maximal 85 µg / kg. Bei Verzehr eines solchen Gläschens mit 200 g Inhalt nimmt ein Baby etwa 17 µg Furan auf. Legt man die Mittelwerte von 31,6 µg / kg für reine Gemüsegläschen oder 30,4 µg / kg für fl eischhaltige Gemüsegläschen zugrunde, nimmt ein Baby mit einem 200-g-Gläschen etwa 6 µg auf. In Anbetracht des geringen Körpergewichtes kann eine tägliche zulässige Aufnahme-menge sehr schnell erreicht werden. Brei-, Beikost- und Obstgläschen zeigen im Mittel mit 6,8 µg / kg und 2,9 µg / kg vergleichsweise geringe Furangehalte.

Spirituosen

Insgesamt wurden 19 Spirituosen auf Furan untersucht. Bei 4 untersuchten Proben Rum lagen 2 Proben unterhalb der Nachweisgrenze von 2 µg / l, während die anderen beiden Proben Gehalte von 5 und 26 µg / l zeigten. Die 5 unter-suchten Proben Whisky wiesen im Mittel 6,0 µg / l und die 10 untersuchten Proben Tequila 6,7 µg / l Furan auf. Spiritu-osen stellen für den Durchschnittsverbraucher damit keine nennenswerte Furanbelastung dar.

Suppen, Fertiggerichte, Reaktionsaromen

Die Furan-Gehalte von 41 untersuchten Fertiggerichten sind in der Grafi k, nach ihren Hauptzutaten unterteilt, dar-gestellt. In einem Pastagericht wurde mit 75 µg / kg Furan der höchste Gehalt bestimmt. Mit Ausnahme einer Probe Gulasch lagen die Gehalte bei allen weiteren Erzeugnissen unter 50 µg / kg.In einer asiatischen Flüssigsuppe lag der Furangehalt bei 105 µg / kg. Bei fl üssigen Tomatensuppen ging die Gehalts-spanne von 10 bis 57 µg / kg. In Instant-Trockensuppen wur-den generell weniger als 10 µg / kg Furan bestimmt.Reaktionsaromen, das sind Aromen, gebildet in einem ge-steuerten Erhitzungsprozess unter Mitverwendung von Eiweiß / Aminosäuren und Zucker, wiesen etwas höhere Furangehalte auf. Bei einer bestimmungsgemäßen Ver-wendung im verzehrsfertigen Erzeugnis (Verdünnung von ca. 1 : 500) sind die analysierten Gehalte nicht relevant.

Maximum

Median

Minimum

Mittelwert

n = Anzahl untersuchter Proben

Grafi ken:Furan in verzehrsfertiger Babynahrung; in Spirituosen; in Suppen, Fertiggerichten und Reaktionsaromen (von oben)

Herstellungsbedingte Kontaminanten Jahresbericht 2006 137

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Warengruppe Probenzahl davon auffällig / beanstandet

Spargel 23 5Apfel-Direktsaft 35 3Äpfel 10 1Bio-Milch, -Produkte 15 2Importwein 57 6Andere 15 0Gesamt 155 17

Stabilisotopen-AnalytikDeutschland importiert heute Lebensmittel aus mehr als 80 Ländern der

Erde. Verbraucherinnen und Verbraucher schauen beim Lebensmittel-

kauf immer häufi ger auf die geografi schen Herkunftsangaben und sind

durchaus bereit, für Waren aus bestimmten Regionen und speziell aus

heimischer Erzeugung einen höheren Preis zu bezahlen. Sie vertrauen

dabei auf die Korrektheit der Herkunftsangaben auf dem Etikett bzw.

erwarten deren amtliche Kontrolle. Ähnliches gilt für die Angaben zur

ökologischen Erzeugungsweise oder zur Naturbelassenheit von Zutaten

(z. B. „mit echter Bourbon-Vanille“).

Mit den üblichen analytischen Verfahren waren solche An-gaben bisher im Überwachungslabor kaum überprüfbar. Die Stabilisotopen-Methode jedoch bietet hiefür eine viel versprechende Möglichkeit. Sie nutzt den Umstand, dass die Hauptelemente der Biomasse, nämlich Wasserstoff, Kohlenstoff, Stickstoff, Sauerstoff und Schwefel (H, C, N, O, S) sowie Spurenelemente wie Strontium (Sr), in der Na-tur nicht als konstante, sondern als variierende Gemische stabiler Isotope vorkommen. Diese sehr geringen, aber gut messbaren Verschiebungen der Isotopenverhältnisse ha-ben ihren Grund in physikalischen Vorgängen (z. B. Verduns-ten von Wasser) und in (bio-)chemischen Reaktionen (z. B.

Aufbau von Kohlenhydraten in Pfl an-zen aus dem CO2 der Luft). Hierdurch wird den Inhaltsstoffen von Pfl anzen und Tieren ein Isotopenmuster aufge-prägt, durch welches eine Zuordnung zu den Erzeugungsregionen bzw. Her-stellungsverfahren möglich ist. Am CVUA Freiburg werden zentral für Baden-Württemberg Herkunfts- und Identitätsüberprüfungen von Lebens-

mitteln mithilfe der Stabilisotopen-Methode durchgeführt. Das Labor hat im Jahr 2006 insgesamt 285 Proben unter-sucht, davon 155 Handelsproben und 130 Proben mit ver-lässlicher Herkunftsangabe (Referenzproben). Der Schwer-punkt der Untersuchungen lag auf denjenigen Produkten, die auch in Baden-Württemberg erzeugt werden sowie bei Importwein. Weiterhin wurden ca. 50 Honige als Referenz-proben erfasst, die von Bienenvölkern genau bekannter Standorte in Baden-Württemberg stammen. Dadurch steht außer für Spargel und Äpfel auch bald für dieses vom Ver-braucher sehr geschätzte Lebensmittel eine Isotopenda-tenbank zur Verfügung.

Tabelle: Untersuchungen

an Handelsproben mithilfe der IRMS

• Drittlandsweine besonders aus Südosteuropa fi elen durch untypische Werte für Sauerstoff und Kohlenstoff (δ18O bzw. δ13C) auf. Anhand dieser Ergebnisse konnten Wässerungen bzw. Verwendung von weinfremdem Zucker (Rohrzucker) nach-gewiesen werden. Die Weine wurden nach weiteren Messung von Speziallabors als gefälscht beanstandet.

• Spargel von Marktständen stammte entgegen den Angaben nachweislich nicht aus der angegebenen Erzeugungsregion. Gerade zu Beginn der Saison wird immer wieder versucht, die günstigere Auslandsware als heimischen Spargel mit entspre-chend höherem Gewinn zu verkaufen.

• Bio-Milch(-erzeugnisse) wiesen erhöhte δ13C –Werte auf, aus denen Maisanteile im Futter der Milchkühe von bis zu 28 % errechnet werden konnten. Ob hier wirklich entsprechend der Öko-Verordnung immer auch Öko-Mais verfüttert worden war,

kann mit der Stabilisotopen-Methode nicht ohne weiteres fest-gestellt werden. Aber Zweifel sind bei der gegenwärtig großen Nachfrage nach Bio-Milchprodukten angebracht: Öko-Mais ist eher knapp. Die Marktentwicklung soll deshalb durch weitere Untersuchungen verfolgt werden. Für die Beurteilung von Bio-Milch(-erzeugnissen) werden neben Daten zur Erzeugungssta-tistik auch Auskünfte der Öko-Kontrollstellen erforderlich sein.

• Apfel-Direktsäfte waren entweder nicht aus Äpfeln der Boden-see-Region gepresst oder aus Konzentrat rückverdünnt worden. Weiterhin wurden Äpfel von einem „fl iegenden Händler“ als Bio-Äpfel vom Bodensee angepriesen – ein Verkaufstrick, wie sich beim Vergleich der gemessenen Isotopenwerte mit den Datenbankwerten herausstellte. Für diese Datenbank werden jährlich ca. 50 Apfel-Referenzproben mit genau bekanntem Er-zeugungsort und Erntezeitpunkt gemessen.

Auffälligkeiten und Beanstandungen

Auch im Jahr 2006 führten Stabilisotopen-Messungen wieder zu Beanstandungen bzw. waren Anlass zu weiteren

Nachforschungen der Überwachungsbehörden:

138 Lebensmittelüberwachung BW Teil IV: Spezielle Untersuchungsbereiche

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Teil V :

Trinkwasser

Themen:

Perfl uorierte Tenside (PFT) 140

Metaboliten von Pfl anzenschutzmitteln 141

Jahresbericht 2006 139

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Perfluorierte Tenside (PFT)Perfluorierte organische Verbindungen mit Tensideigenschaften sind in

jüngster Zeit verstärkt in die öffentliche Diskussion geraten, nachdem in

den Flüssen Möhne und Ruhr in Nordrhein-Westfalen sowie in weiteren

Zuflüssen der Ruhr im Rahmen einer wissenschaftlichen Untersuchung

z. T. hohe Gehalte dieser Verbindungen nachgewiesen wurden. Das aus

der Möhne gewonnene Trinkwasser wies PFT -Gehalte bis über 0,5 µg / l

auf.

Was sind PFT?

Aufgrund ihrer hohen Stabilität und ihrer ausgeprägten Oberflächenak-tivität findet man PFT in den unterschiedlichsten Produkten. So sind sie weltweit in nahezu allen Lebensbereichen anzutreffen (z. B. in Körperpfle-gemitteln, Farben, Beschichtungsstoffen und Imprägnierungsmitteln für Leder, Textilien und Lebensmittelverpackungen). Darüber hinaus sind sie als Flammschutzmittel im Einsatz (z. B. in Feuerlöschschäumen).

Bekannteste Vertreter dieser Stoffgruppe sind die beiden Stoffe Perfluor-octylsulfonat (PFOS) und Perfluoroctanoat (PFOA), die als Leitsubstanzen für PFT bezeichnet werden. Für sie liegen bereits einige, allerdings noch unvollständige Angaben zu ihrer toxikologischen Bewertung vor.

PFT werden in der Umwelt kaum oder nicht abgebaut, sind stark bioak-kumulierbar und toxikologisch relevant. So wird beispielsweise Perfluor-octylsulfonat in menschlichen Blutproben bis im µg / l-Bereich gefunden. Die Ausscheidung aus dem menschlichen Körper erfolgt recht langsam, die Halbwertszeit beträgt mehrere Jahre.

Im Rahmen der Abfallentsorgung auf Deponien besteht grundsätzlich immer die Gefahr der Versickerung und damit eines Eintrags der Stoffe in das Grundwasser. Weiterhin können Oberflächenwässer direkt durch Abschwemmung aus Deponiebereichen oder indirekt über den Weg ge-werblicher und kommunaler Abwässer durch PFT kontaminiert werden. Die hohen Gehalte in der Möhne resultierten aus Abschwemmungen von landwirtschaftlichen Nutzflächen, wobei die Bodenkontamination vermut-lich über ein PFT -belastetes „Bioabfallgemisch“ verursacht wurde.

PFT sind wasserlösliche Verbindungen, die im Grundwasser mobil sind. Darüber hinaus sind die Stoffe bei der Wasseraufbereitung nur mit gro-ßem Aufwand zu entfernen.

Die Trinkwasser-Verordnung enthält derzeit keine Grenzwerte für diese Stoffgruppe. Da ein sekundär geno-toxisches Wirkungspotenzial von PFT nicht sicher auszuschließen ist, wurde von der Trinkwasserkommission des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) in einer Stellungnahme als Zielwert ein gesundheitlicher Ori-entierungswert (GOW) in Höhe von 0,1 µg / l für PFT genannt.

Im Berichtszeitraum wurden in Baden-Württemberg insgesamt 104 Trinkwas-serproben auf diese Stoffgruppe (ins-gesamt 9 Parameter) untersucht.

11 Proben wiesen Gehalte über der Bestimmungsgrenze von 0,005 µg / l auf, wobei bisher nur in Roh- und Trinkwasserproben einer Wasserver-sorgung, die teilweise Rheinuferfiltrat nutzt, Werte über dem GOW (bis ca. 0,3 µg / l) ermittelt wurden. Durch Um-stellung auf andere Wasservorkom-men konnten die PFT -Gehalte dieser Wasserversorgung im abgegebenen Trinkwasser rasch deutlich gesenkt werden.

Die Ergebnisse zeigen, dass PFT in Ba-den-Württemberg keine großflächige Grund- und Trinkwasserkontamination darstellen. Allenfalls punktuelle Belas-tungen sind bekannt, die anders als in Nordrhein-Westfalen nicht durch eine illegale Bodenkontamination, sondern vermutlich durch zeitweise vorhande-ne PFT -Gehalte im Rhein verursacht wurden.

Was sind PFT?

140 Lebensmittelüberwachung BW Teil V: Trinkwasser

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Metaboliten von

Pfl anzenschutzmittelnNachdem Grenzwertüberschreitungen des herbiziden Wirkstoffs Atrazin

beziehungsweise dessen Metabolit (Abbauprodukt) Desethylatrazin in

den vergangenen Jahren zwar langsam, jedoch stetig abnahmen, führ-

ten aktuelle Hinweise auf erhöhte Gehalte bisher routinemäßig nicht

untersuchter Abbauprodukte der Wirkstoffe Chloridazon und Tolylfl uanid

zu kurzfristig Ende des Berichtsjahres aufgenommenen Untersuchungs-

programmen.

Trinkwasser 2006

43 9 28

nach den vorliegenden Einstufungen durch das Bundesinstitut für Risikobe-wertung bei weitem nicht.

Der Grenzwert der Trinkwasser-Ver-ordnung von 0,1 µg / l gilt sowohl für die eigentlichen Pfl anzenschutzmittel-wirkstoffe, als auch für die daraus ent-stehenden „relevanten Metaboliten“. Die offene Frage, ob Chloridazon-des-phenyl als „relevanter“ Metabolit im Sinne der Trinkwasser-Verordnung an-zusehen ist und damit dem Grenzwert von 0,1 µg / l unterliegt, wird derzeit auf Bundes- und EU-Ebene geklärt. Durch die zulässige Aufbereitung von Wasser mittels Ozon werden Chlori-dazon-desphenylgehalte deutlich ver-mindert.

< 0,05 µg / l

0,05 – 0,1 µg / l *

> 0,1 µg / l

Chloridazon-desphenyl

Chloridazon-desphenyl ist ein Meta-bolit des Unkrautvernichtungsmittels Chloridazon, das v. a. im Zuckerrü-benanbau, daneben auch bei Futter-rüben, Rote Bete und Mangold ein-gesetzt wird. Wie die Messung von

zunächst 80 Trinkwasserproben ergab, wird er in einer ungewöhnlichen Häu-fi gkeit in Gehalten über 0,1 µg / l (Maxi-malwert 3,4 µg / l) in Trinkwasser nach-gewiesen. Eine Gesundheitsgefahr besteht bei den ermittelten Gehalten

Grafi k: Chloridazon-desphenyl in Wasser

* Grenzwert der Trinkwasser-VO für Pfl anzenschutzmittelwirkstoffe und „relevante Metaboliten“

Perfluorierte Tenside / Metaboliten von Pflanzenschutzmitteln Jahresbericht 2006 141

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N,N-Dimethylsulfamid und N-Nitrosodimethylamin

Er unterliegt daher dem Grenzwert von 0,1 µg / l. Bei Überschreitung des Grenzwertes muss die Trinkwasser-versorgung eingestellt werden. Falls dies nicht möglich ist, kann das zu-ständige Gesundheitsamt eine Ab-weichung vom Grenzwert zulassen. Diese Abweichung muss zeitlich be-fristet werden auf den Zeitraum, der zur Behebung des Problems erforder-lich ist. Die betroffene Bevölkerung wird vom Wasserversorgungsunter-nehmen oder vom Gesundheitsamt über die zugelassene Abweichung vom Grenzwert informiert.

In einem Rundschreiben der Deut-schen Vereinigung des Gas- und Was-serfaches (DVGW) Ende 2006 wurde über ein Forschungsvorhaben berich-tet, bei welchem festgestellt wurde, dass aus dem im Wesentlichen im Obstanbau eingesetzten fungiziden Pflanzenschutzmittelwirkstoff Tolylflu-anid ein auch im Rahmen des Zulas-sungsverfahrens für diesen Wirkstoff nicht erkannter Metabolit, N,N-Dime-thylsulfamid, entstehen kann.

Erste baden-württembergische Er-gebnisse von Trinkwasserproben aus Obstanbaugebieten bestätigen, dass dieser Parameter teilweise in Gehal-ten deutlich über 0,1 µg / l nachweisbar ist. Die Untersuchungen werden 2007 fortgeführt und ausgeweitet.

Besondere Bedeutung kommt die-sem in den nachgewiesenen Gehalten wahrscheinlich nicht gesundheitsge-fährdenden Metaboliten dadurch zu, dass bei der zulässigen Aufbereitung von Wasser mit Ozon das krebserre-gende N-Nitrosodimethylamin entste-hen kann. Das N-Nitrosodimethylamin wird durch die üblicherweise der Ozo-nierung nachgeschalteten Filterstufen teilweise wieder entfernt. Umfangrei-che Untersuchungen auf diesen Stoff in Trinkwasser erfolgen 2007.

Da es sich bei N,N-Dimethylsulfamid um einen bislang unbekannten Pflan-zenschutzmittelmetaboliten handelt, der toxikologisch noch nicht umfas-send untersucht und bewertet wurde, und weil sich bei Ozonierung daraus das gesundheitsbedenkliche N-Nitroso-dimethylamin bilden kann, muss der Metabolit als „relevanter Metabolit“ im Sinne der Trinkwasser-Verordnung angesehen werden.

142 Lebensmittelüberwachung BW Teil V: Trinkwasser

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Teil VI :

Futtermittel

Jahresbericht 2006 143

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folgernd Beprobungen von Futtermitteln auf den notwen-digen Umfang zu beschränken. Damit wird den Betriebs-prüfungen und den Buchprüfungen zukünftig eine deutlich höhere Bedeutung zukommen.

Wer wird kontrolliert?

Nach der Verordnung (EG) Nr. 183 / 2005 müssen sich alle Betriebe, die Futtermittel herstellen, lagern, transportie-ren oder behandeln, registrieren lassen. Betriebe, die mit „kritischen“ Zusatzstoffen umgehen, müssen bei der zu-ständigen Behörde eine Zulassung beantragen, die erst nach einer Vor-Ort-Kontrolle erteilt werden kann. Folgende Betriebe werden durch die amtliche Kontrolle erfasst:

• Einzel- und Mischfuttermittelhersteller, Hersteller von Zusatzstoffen oder Vormischungen, Betriebe, die Le-bensmittel herstellen und Reststoffe als Futtermittel abgeben,

• Vertriebsunternehmen (Handelsfirmen, Genossenschaf-ten, Importeure), Transportunternehmen, Lagerstätten,

• tierhaltende Betriebe, fahrbare Mahl- und Misch-anlagen.

Inhalt und Umfang der amtlichen Kontrollen werden unter Berücksichtigung der Erkenntnisse aus den Vorjahren ange-passt und im Nationalen Kontrollprogramm Futtermittelsicherheit (NKP) durch den Bund in Abstimmung mit den für die amtliche Kontrolle zuständigen Ländern festgeschrieben. Die Zahl der Untersuchungen auf unerwünschte und verbo-tene Stoffe wurde in den letzten Jahren deutlich erhöht. Die Verordnung (EG) Nr. 882 / 2004 über amtliche Kontrollen verlangt regelmäßige Kontrollen auf Risikobasis und mit angemessener Häufigkeit bei Herstellern, im Handel und auf landwirtschaftlichen Betrieben.

Die Verordnung (EG) Nr. 183 / 2005 (Futtermittelhygiene-Verordnung), die seit 1. Januar 2006 gilt, stellt an den Land-wirt, der auf seinem Betrieb Futtermittel herstellt und Tiere füttert, umfangreiche Anforderungen in Bezug auf Hygiene und Buchführung. Weiter gehende Anforderungen wer-den an alle sonstigen Futtermittelhersteller gestellt. Sie betreffen die Einrichtungen und Ausrüstungen der Betriebe, Umfang und Qualität des Personals, die Herstellung der Produkte, die Qualitätskontrolle einschließlich einer Prü-fung der Produktionsabläufe auf kritische Kontrollpunkte (HACCP), die Lagerung und Beförderung der Produkte, die Dokumentation aller Maßnahmen auch zur Sicherstellung der Rückverfolgbarkeit sowie die Reaktion auf Beanstan-dungen und bei Produktrückruf. Die Verordnung (EG) Nr. 178 / 2002 verlangt seit 1. Januar 2005 die Sicherstellung der Rückverfolgbarkeit der zugekauften und abgegebenen Futtermittel, weshalb entsprechende Aufzeichnungen über die zugekauften und abgegebenen Futtermittel vorliegen müssen. Aus dieser Gewichtung der Verantwortung des Betriebsinhabers ergeben sich für die amtliche Kontrolle zukünftig neue Schwerpunkte. Ziel ist es, den Betrieb hin-sichtlich der genannten Kriterien zu bewerten und daraus

Futtermittelüberwachung

Übersicht

Die Erzeugung hochwertiger und gesunder

Lebensmittel ist eine zentrale Aufgabe der

Landwirtschaft. Nur sichere Futtermittel

garantieren, dass in Fleisch, Milch und Eiern

keine unerwünschten oder verbotenen Stoffe

enthalten sind, die die Gesundheit des Men-

schen gefährden können. Futtermittel dürfen

auch nicht die Gesundheit der Tiere schädigen.

Die ernährungsphysiologische Qualität einer

Futterration ergibt sich aus den eingesetzten

Komponenten, den Gehalten an Inhaltsstoffen, der

mikrobiologischen Qualität sowie der tierartgerechten

Struktur.

144 Lebensmittelüberwachung BW Teil V: Futtermittel

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Was wird untersucht?

• Einzelfuttermittel wie Getreide, Extraktionsschrote, Nebenprodukte der Lebensmittelherstellung, Produkte aus Trocknungseinrichtungen oder Mineralstoffe,

• Zusatzstoffe wie Spurenelemente, Vitamine, Leistungs-förderer oder Kokzidiostatika,

• Vormischungen von Zusatzstoffen zur Herstellung von Mischfuttermitteln und

• Mischfuttermittel, zusammengesetzt aus verschiede-nen Einzelfuttermitteln, meist Zusatzstoffe enthaltend.

Schwerpunkte des von der Europäischen Kommission empfohlenen Kontrollprogramms waren Untersuchun-gen auf Pilzgifte (Mykotoxine), auf mögliche unzulässige Verwendungen von Antibiotika und Kokzidiostatika, auf Einhaltung des Verbots der Verfütterung von Stoffen tie-rischen Ursprungs sowie auf Einhaltung der Höchstwerte verschiedener Spurenelemente (insbesondere Kupfer und Zink) in Mischfuttermitteln. Aus den Ergebnissen der Vor-Ort-Kontrolle in einem Betrieb (Betriebsprüfung), der dort evtl. durchgeführten Prüfungen der Unterlagen und Doku-mentation (Buchprüfung) sowie aus den Ergebnissen der Untersuchungen der im Rahmen der Kontrolle gezogenen Proben (Probenahme und Untersuchung) ergibt sich die Bewertung eines Betriebes.

Risikoorientierte Auswahl der

Betriebe und der Proben

Durch das seit 2002 in Abstimmung zwischen Bund und Ländern erstellte „Nationale Kontrollprogramm Futter-mittelsicherheit“ (NKP) werden auf-geteilt auf die Länder entsprechend der Bedeutung der dortigen Futter-mittelproduktion und der Struktur der landwirtschaftlichen Betriebe die Zahl und die Art der Untersuchungen fest-gelegt und Vorgaben zu Betriebskon-trollen gemacht.

Baden-Württemberg setzt die Vorga-ben des NKP durch folgendes Kontroll-konzept um: Ein Teil der auf die Gruppe der „Futtermittelhersteller“ entfallen-

den Proben wird durch eine EDV-gestützte Zufallsauswahl ermittelt. Größere Betriebe sollen mindestens einmal jähr-lich einer Kontrolle unterzogen werden. Dabei sind Art und Menge der hergestellten oder gehandelten Futtermittel zu berücksichtigen. Die Auswahl der zu kontrollierenden land-wirtschaftlichen Betriebe erfolgte 2006 EDV-gestützt aus der Gesamtheit aller Betriebe, die einen „Gemeinsamen Antrag“ auf Direktzahlungen gestellt haben. Damit wird den Anforderungen der VO (EG) Nr. 1782 / 2003 zum ersten Mal für den Bereich der Futtermittelsicherheit Rechnung getragen und die Cross-Compliance-Anforderung erfüllt. Sonstige Betriebe, z. B. solche, die Fischmehl enthaltende Futtermittel herstellen oder in Gemischtbetrieben verfüt-tern, oder fahrbare Mahl- und Mischanlagen werden von den Regierungspräsidien nach eigenen Erkenntnissen risi-koorientiert ausgewählt und kontrolliert.

Buch- und Betriebsprüfungen erfolgen nach dem NKP in Abhängigkeit von der Art des Betriebes und der Art und Menge der eingesetzten bzw. hergestellten Futtermittel, Vormischungen oder Zusatzstoffe. Betriebs- und Buch-prüfungen sind wesentliche Bestandteile von Rückverfol-gungsmaßnahmen, die sich aus eigenen Erkenntnissen, aus Mitteilungen anderer Bundesländer oder aus Erkennt-nissen anderer europäischer Mitgliedstaaten ergeben kön-nen. Das europäische Schnellwarnsystem (RASFF) dient dabei der schnellen und umfassenden Information und Reaktion innerhalb der EU.

Futtermittelüberwachung Jahresbericht 2006 145

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Im Kontrolljahr 2006 wurden 674 landwirtschaftliche Betrie-be auf Einhaltung der Anforderungen der Futtermittelhygi-ene-Verordnung überprüft, dies entspricht 1,7 % aller regis-trierten landwirtschaftlichen Betriebe. Bei 20 Kontrollen wurde eine Beanstandung ausgesprochen, hiervon bestand in 17 Fällen die Gefahr der Kontamination der Futtermittel mit gefährlichen Stoffen, wodurch die Futtermittelsicherheit nicht mehr gewährleistet war. In mehreren Fällen wurde die unzureichende Trennung von Dieseltanks und Futter-lagerstätten beanstandet. In einem Fall sollte gebeiztes Saatgut, ein nach dem Futtermittelrecht verbotener Stoff, verfüttert werden. Zur Prüfung auf mögliche Verschleppun-gen wurden 1543 Untersuchungen auf zugelassene und verbotene Wirkstoffe einschließlich nicht zugelassener anti-mikrobiell wirksamer Substanzen durchgeführt. In 3 Fällen wurde eine Verschleppung festgestellt und beanstandet. Je nach Schwere des Falls wurden Belehrungen oder Verwar-nungen ausgesprochen oder Bußgeldverfahren eingeleitet. Außerdem führen Beanstandungen zu einer Kürzung der Direktzahlungen.

Prüfung der Zusammensetzung von Mischfuttermit-

teln mittels Mikroskopie

Mischfuttermittel für Nutztiere müssen mit allen Futtermit-tel-Ausgangserzeugnissen unter ihrem spezifischen Na-men und in absteigender Reihenfolge ihrer Gewichtsanteile mit Angabe ihres prozentualen Anteils (unter Zubilligung einer Toleranz von 15 % rel.) gekennzeichnet werden. Ge-genüber der früheren Regelung, die lediglich eine Angabe in absteigender Reihenfolge vorsah und die Angabe von Kategorien (zum Beispiel: „Erzeugnisse und Nebenerzeug-nisse von Ölsaaten“) zuließ, soll dadurch die Information für den Landwirt verbessert und die Rückverfolgbarkeit erleichtert werden. Wichtige Komponenten für die Herstel-lung von Futtermitteln sind Körner von Getreide, Legumi-nosen, Ölsaaten und Produkte aus Wurzeln und Knollen, die als Schrote, Mehle oder Flocken vorliegen können. Von Bedeutung sind auch Verarbeitungsprodukte aus der Le-bensmittelgewinnung, Grünmehle von Gras oder Luzerne und auch Fischmehl (bei Schweinefutter).

Die Kontrolle der Einhaltung dieser Kennzeichnungsvor-schriften erfolgt mittels Mikroskopie. Für die Überprüfung der Zusammensetzung müssen die Mischfuttermittel wie-der in ihre Einzelkomponenten zerlegt, die Komponenten identifiziert und mengenmäßig geschätzt werden.

Registrierung aller Futtermittelunternehmen und

Betriebskontrollen

Nach der Futtermittelhygiene-Verordnung müssen sich al-le Futtermittelunternehmen bei der zuständigen Behörde registrieren lassen. Darüber hinaus ist für Betriebe, die bestimmte Zusatzstoffe, Vormischungen oder Einzelfut-termittel herstellen, verwenden oder in Verkehr bringen eine Zulassung erforderlich. Eine Zulassung kann nur erteilt werden, wenn eine Überprüfung im Betrieb ergeben hat, dass der Betrieb insbesondere die Anforderungen nach An-hang II der Futtermittelhygiene-Verordnung erfüllt. Mit der Registrierung und Zulassung soll die lückenlose Rückver-folgbarkeit der Futtermittel gewährleistet und die amtliche Kontrolle aller Betriebe ermöglicht werden. Futtermittelun-ternehmer und Landwirte dürfen Futtermittel nur noch von registrierten oder zugelassenen Betrieben beziehen. Inzwi-schen sind in Baden-Württemberg 1575 Betriebe registriert (ohne landw. Betriebe). Die Liste dieser Betriebe kann unter www.rp.baden-wuerttemberg.de eingesehen werden. Die Veröffentlichung eines bundesweiten Verzeichnisses aller registrierten Betriebe ist für dieses Jahr geplant. Die Kommission wird eine Liste der zugelassenen Betriebe veröffentlichen.

Mehr Futtermittelsicherheit durch Futtermittelhygiene

Der Landwirt muss die Gefahren kennen, die sich aus sei-nen Tätigkeiten für die Sicherheit der Futtermittel ergeben können. Hierunter fällt insbesondere der Umgang mit ge-beiztem Saatgut, mit Pflanzenschutzmitteln und Arzneimit-teln. Die Verpflichtung zur Durchführung entsprechender vorsorgender Maßnahmen und zu deren Dokumentation sind wesentliche Merkmale der Futtermittelhygiene-Verord-nung. Auf eine getrennte Lagerung und Handhabung von Futtermitteln und gefährlichen Stoffen, zu denen z. B. Altöl, Reinigungsmittel und Abfälle zählen, ist zu achten. Bei der Handhabung von Arzneimitteln oder von Futtermitteln, die Arzneimittel enthalten, ist die Gefahr der Verschleppung der Arzneimittelwirkstoffe in andere Futtermittel zu vermeiden. Eine weitere wichtige Anforderung der Futtermittelhygiene-Verordnung ist die Sicherstellung der Rückverfolgbarkeit aller Futtermittel. Zu- und Verkäufe von Futtermitteln müs-sen über Rechnungen oder Lieferscheine ebenso nachvoll-ziehbar sein, wie die Verwendung von Pflanzenschutz- und Schädlingsbekämpfungsmitteln sowie von gentechnisch verändertem Saatgut.

Betriebsart registriert davon zugelassen Kontrollen 2006

Hersteller Einzelfuttermittel 252 147Hersteller Mischfuttermittel 76 14 196Hersteller Zusatzstoffe und Vormischungen 15 8 11Fahrbare Mahl- und Mischanlagen 51 13Handelsbetriebe, Importeure 1065 6 297Lagerbetriebe, Spediteure 116 14

Tabelle: Anzahl der

registrierten und zugelassenen

Futtermittel-betriebe

146 Lebensmittelüberwachung BW Teil V: Futtermittel

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125 Proben von Mischfuttermitteln wurden auf ihre Zusam-mensetzung untersucht, in 11 Proben wurden Abweichun-gen festgestellt. 6-mal fehlte eine deklarierte Komponente, 4-mal war eine zusätzliche, zwar als Futtermittel zugelas-sene, aber nicht deklarierte Komponente im Futtermittel enthalten und 8-mal wurde eine Komponente in stark von der Deklaration abweichender Menge oder eine von der Deklaration abweichende Reihenfolge der Komponenten festgestellt. Teilweise kamen mehrere Abweichungen in ein und derselben Probe vor.

Hierzu wird durch Sieben die zu untersuchende Probe nach Partikelgrößen fraktioniert. Grobe Partikel über 0,5 mm werden unter der Stereolupe betrachtet und die Bruch-stücke anhand von spezifischen äußeren Merkmalen, wie Farbe, Partikelform, Bruchkanten, Glanz / Schimmer, Konsis-tenz, Quellungsverhalten in Wasser etc. ihren Ausgangser-zeugnissen zugeordnet. Von feinen Partikeln unter 0,5 mm werden Streupräparate hergestellt und mit dem Mikroskop untersucht. Durch Anfärben oder mithilfe verschiedener Beleuchtungsverfahren können spezifische Strukturmerk-male im Gewebe hervorgehoben werden. Diagnostisch wichtige pflanzliche Merkmale sind Stärkekörner, Haare, Zellwandverdickungen, Spiralgefäße und ins Gewebe ein-gelagerte Kristalle.

Untersuchungen auf gentechnisch veränderte Organismen (GVO)

Ein wesentliches Ziel bei der Unter-suchung von Futtermitteln auf gen-technisch veränderte Organismen (GVO) ist die Überwachung der ord-nungsgemäßen Kennzeichnung. Im Berichtszeitraum wurden 109 Futter-mittel, davon 54 Mischfuttermittel, auf GVO untersucht. Der Schwerpunkt lag bei der Untersuchung von Einzelfut-termitteln aus Soja und Mais sowie von Mischfuttermitteln, die solche Komponenten enthalten; rapshaltige Produkte spielten eine untergeordne-te Rolle. Insgesamt 8 Proben (davon 3 mit einem Nachweis von Reis LL 601, ansonsten Nachweis von gv So-ja) entsprachen nicht den rechtlichen Vorgaben und führten zu Maßnahmen durch die Behörde.

Aufgrund der weltweiten Zunahme der Anbauflächen für gentechnisch veränderte Pflanzen stellt sich die Fra-ge, ob heimische Produkte frei sind von GVO. Gemeinsam mit der Lebens-mittelkontrolle wurden 69 Proben von Mais, Raps und Soja aus heimischer Ernte untersucht. Damit wurden erst-malig im Jahr 2006 auch Sojaernten aus dem Oberrheingraben, die alle aus dem ökologischen Anbau stammten, in die Ernteuntersuchungen mit ein-bezogen. In den untersuchten 8 Soja- sowie in den 27 Rapsproben konn-ten keine gentechnisch veränderten Bestandteile nachgewiesen werden. 4 von 34 untersuchten Maisproben ergaben positive Befunde; bei 3 Pro-

ben lagen die festgestellten Anteile al-lerdings unter 0,1 %. Eine Probe von einer Einzelanlieferung eines Land-wirts enthielt 0,36 % der zugelasse-nen Maissorte Bt 176. Umfangreiche Nachforschungen brachten keine Klä-rung für diesen Befund. Es bleibt die Vermutung, dass bereits das aufge-brauchte Saatgut kontaminiert war.

Nachweis von Reis LL 601 mit weit

reichenden Auswirkungen

Im August 2006 wurde die EU-Kom-mission von den amerikanischen Be-hörden darüber informiert, dass in amerikanischen Reisprodukten Spu-ren der nicht zugelassenen gentech-nisch veränderten Reissorte LL 601 nachgewiesen wurden und vermut-lich in die Lebensmittel- und Futter-mittelkette gelangt seien. Reis und Reisprodukte spielen als Bestandteile von Futtermitteln eine untergeordnete Rolle. Im Rahmen der amtlichen Fut-termittelkontrolle wurden Hersteller, die Reis oder Reisprodukte in Futter-mitteln verarbeiten, überprüft. In 3 der 10 untersuchten Proben konnte Reis LL 601 nachgewiesen werden. Die 3 positiven Befunde bezogen sich auf eine Partie Reisfuttermehl von 50,6 t, die von einer Reismühle als Futtermit-tel abgegeben worden war. Die Rest-bestände von 1,6 t beim Hersteller wurden gesperrt und die Vertriebs-wege ermittelt. Über einen Zwischen-händler waren 25,0 t an einen Han-

delsbetrieb in Nordrhein-Westfalen ausgeliefert worden. Weitere 24,0 t waren an einen Mischfuttermittelher-steller in Baden-Württemberg geliefert worden. Dort lagen noch 6,0 t Reis-futtermehl vor, die restlichen 18,0 t waren in geringen Anteilen in 1 500 t Ergänzungsfuttermittel für Pferde ein-gemischt worden. Über einen Waren-rückruf konnten hiervon noch 80,4 t von den belieferten Kunden zurück-geholt werden. Insgesamt mussten aufgrund der Befunde 7,6 t Reisfut-termehl und 80,4 t Ergänzungsfutter-mittel für Pferde unschädlich beseitigt werden.

Futtermittelüberwachung Jahresbericht 2006 147

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Die Gehalte an dioxinähnlichen PCB (cPCB), für die bis-her keine Höchstgehalte festgelegt wurden, lagen in den 25 Futtermittelproben im Mittel bei 0,028 ng WHO cP-CB-TEQ / kg Produkt (88 %TM) und damit weit unter den Auslösewerten von 0,35 ng / kg für Futtermittel-Ausgangs-erzeugnisse pfl anzlichen Ursprungs bzw. von 0,5 ng / kg für Mischfuttermittel. Mit einem mittleren Gehalt von 0,045 ng WHO-TEQ-PCDD / F + cPCB, dem Summenwert der Toxizitätsäquivalente beider Stoffgruppen, wurden auch die Höchstgehalte von 1,25 ng / kg für Futtermittel-Ausgangs-erzeugnisse pfl anzlichen Ursprungs bzw. von 1,5 ng / kg für Mischfuttermittel für Nutztiere erfreulicherweise weit unterschritten.

2006 WHO-TEQ PCDD / F (Dioxine)ng / kg (88 % TM)

Gesamt-WHO-TEQ PCDD / F + PCBng / kg (88 % TM)

Anzahl 113 25Minimum 0,002 0,009Maximum 1,303 0,235Median 0,009 0,022Mittelwert 0,045 0,04590 %-Percentil 0,114 0,131Höchstwert Mischfuttermittel 0,75 1,5Höchstwert Mischfuttermittel Heimtiere 2,25 7,0

Statuserhebung zu Dioxinen und dioxinähnlichen PCB in Futtermitteln

Etwa 90 % der Dioxinaufnahme durch den Menschen er-folgt über Lebensmittel tierischer Herkunft. Der Eintrag der Dioxine und dioxinähnlichen Polychlorierten Biphenyle (PCB) erfolgt zum Großteil über die Futtermittel, weshalb der regelmäßigen Kontrolle von Futtermitteln eine beson-dere Bedeutung zukommt. Die Richtlinie 2006 / 13 / EG vom 3. Februar 2006 enthält neben Höchstwerten für Dioxine auch solche für die Summe aus Dioxinen und dioxinähnli-chen PCB sowie Auslösewerte, bei deren Überschreitung Nachforschungen zur Ursache notwendig werden. Diese Werte wurden in das nationale Futtermittelrecht übernom-men und gelten seit November 2006.

Im Kontrolljahr 2006 wurden 113 Futtermittel zur Unter-suchung auf Dioxine beprobt. Neben 61 Einzelfuttermit-teln, davon 23 aus verschiedenen Getreidearten und 21 aus Ölsaaten, wurden 44 Proben von Mischfuttermitteln, davon 23 Ergänzungsfuttermittel und 11 Alleinfuttermittel, untersucht. Dazu kommen Proben von 4 Vormischungen und 2 Zusatzstoffen. Von den 113 Proben wurden 25 zu-sätzlich auf dioxinähnliche PCB und Indikator-PCB unter-sucht. Die Untersuchungen erfolgten am CVUA Freiburg.

Der Mittelwert über alle Dioxinbefunde beträgt 0,045 ng WHO-TEQ-PCDD / F / kg Produkt (88 %TM). Damit liegen die Ergebnisse im Mittel deutlich unter dem für Mischfut-termittel für Nutztiere zulässigen Höchstgehalt von 0,75 ng / kg. In einem Halbfertigprodukt zur Herstellung von Heimtierfutter mit einem erhöhten Dioxingehalt war der für Mischfuttermittel für Heimtiere geltende Auslösewert und damit auch der Höchstwert nicht überschritten. Für Futtermittel für Heimtiere gelten höhere Höchst- und Auslö-sewerte, da ein Eintrag in die Nahrungskette nicht gegeben ist. Damit führte keines der 113 Untersuchungsergebnisse zu einer Beanstandung oder zu weiteren Ursachenermitt-lungen.

Tabelle: Übersicht Ergebnisse Dioxine (Spalte 3 mit PCB)TM = Trockenmasse

148 Lebensmittelüberwachung BW Teil V: Futtermittel

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• In 12 Fällen wurden Verwarnungen ausgesprochen.• In 11 Fällen wurde eine weitere Behandlung des Fut-

termittels, dessen anderweitige Verwendung (nicht zur Verfütterung) oder die unschädliche Beseitigung ange-ordnet.

• In 71 Fällen wurde ein Bußgeldverfahren eingeleitet, da-von wurden 36 Fälle abgeschlossen und Bußgelder in Höhe von 11 315.- 1 vereinnahmt.

• In keinem Fall erfolgte eine Abgabe an die Staatsanwalt-schaft.

• Insgesamt wurden Gebühren in einer Größenordnung von 6 414.- 1 erhoben.

Die Kontrollen 2006 ergaben keine auffälligen Befunde und keine Hinweise auf besondere oder bisher unbekann-te Kontaminationswege.

Stoffgruppe / Art der Untersuchung Untersuchungen Beanstandungen

Anzahl Anzahl %

Inhaltsstoffe (ohne Wasser) 2 072 88 4,3Zusatzstoffe (Gehalte in Mischfuttermitteln) 745 96 12,9Unerwünschte Stoffe 2 220 13 0,6Unzulässige Anwendung / verbotene Stoffe 1 895 7 0,4davon „tierische Bestandteile“ 798 5 0,6Schädlingsbekämpfungsmittel 1 457 0 0Mikrobiologische Qualität (z. B. Verderb) 332 56 16,9Salmonellenuntersuchung 63 1 1,6Formale Kennzeichnungsvorschriften 463 72 15,6

Zusammenfassung

Die Tabelle gibt eine Übersicht über die Zahl der durch-geführten Untersuchungen, wobei je Probe in der Regel mehrere Untersuchungen durchgeführt werden.

Im Jahr 2006 wurden 1 132 Betriebe, in denen Futtermittel hergestellt, gehandelt, eingeführt oder verfüttert wurden, kontrolliert (davon 674 tierhaltende Betriebe, insbesondere im Rahmen der Cross-Compliance-Kontrollen). Dabei wur-den verschiedene Betriebe auch mehrfach geprüft. Insge-samt wurden 1 319 Betriebsprüfungen und 47 Buchprüfun-gen durchgeführt sowie 1 314 Futtermittelproben gezogen, von denen 247 nicht den Vorschriften entsprachen. Beprobt wurden 450 Einzelfuttermittel, 809 Mischfuttermittel, 55 Vormischungen und Zusatzstoffe.

Aus den Beanstandungen ergaben sich folgende Maßnah-men:

• In 153 leichten Fällen wurden die Betroffenen durch Hin-weise belehrt.

Metallteile in Katzenfutter

Eine Verbraucherbeschwerde aus Nordrhein-Westfalen über Metallteile in 2 Schalen Katzenfutter führte zu einem Heimtier-futtermittelhersteller in Baden-Württemberg. Bei den Metalltei-len handelte es sich um eine abgebrochene Schraube sowie die dazugehörende Unterlegscheibe. Wie die Ursachenermittlung ergab, waren die Schraube und die Unterlegscheibe während der laufenden Herstellung an einem Teil der Produktionsanlage abgebrochen und in den Futterbrei gefallen. Der Vorfall führte zu einer Verbesserung des Qualitätssicherungssystems des Herstellers durch Aufnahme eines Maschinencontrollings. Schrauben und andere nicht feste Teile werden dabei erfasst und auf Sitz sowie Unversehrtheit überprüft.

Futtermittelüberwachung Jahresbericht 2006 149

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Verzeichnis der Autorinnen und Autoren dieses Jahresberichts

Thema Autorin / Autor

Zusammenfassung Frau Roth, CVUA StuttgartBetriebskontrollen und Vollzug der Lebensmittelüberwachung Frau Dr. Pfleghar, LRA Ravensburg

Frau Wiater, LHS Stuttgart Frau Gutmacher, CVUA Sigmaringen

Milch und Milchprodukte Frau Helble, CVUA Freiburg Fleisch, Wild, Geflügel und -Erzeugnisse Herr Dr. Kuntzer, CVUA Stuttgart Fische, Krusten-, Schalen-, Weichtiere und -Erzeugnisse Herr Dr. Kuntzer, CVUA Stuttgart Fette und Öle Herr Dr. Weißhaar, CVUA Stuttgart Brühen, Suppen, Saucen und Feinkostsalate Herr Grundhöfer, CVUA FreiburgGetreide, Backwaren, Teigwaren Frau Dr. Kaufmann-Horlacher, CVUA Stuttgart Obst, Gemüse und -Erzeugnisse Herr Dr. Reusch, CVUA KarlsruheKräuter und Gewürze Herr Dr. Ruge, CVUA KarlsruheAlkoholfreie Getränke Frau Wahl und Frau Dr. Fischer-Hüsken, CVUA FreiburgWein, Erzeugnisse aus Wein Herr Rothenbücher, CVUA StuttgartAlkoholische Getränke (außer Wein) Herr Dr. Lachenmeier, CVUA Karlsruhe Eis und Desserts Frau Dr. Kaufmann-Horlacher, CVUA Stuttgart Zuckerwaren, Schokolade, Brotaufstriche Frau Blum-Rieck, CVUA StuttgartHülsenfrüchte, Ölsamen, Nüsse und Nusserzeugnisse Herr Dr. Reusch, CVUA KarlsruheFertiggerichte Herr Grundhöfer, CVUA FreiburgDiätetische Lebensmittel, Säuglingsnahrung, Sportlernahrung Frau Dr. Schweizer, CVUA Freiburg

Frau Maixner, CVUA Karlsruhe Nahrungsergänzungsmittel Frau Bauer-Aymanns, CVUA KarlsruheFunktionelle Lebensmittel (Functional Food) Frau Dr. Schweizer, CVUA FreiburgNeuartige Lebensmittel (Novel Food) Frau Maixner, CVUA Karlsruhe Zusatzstoffe und Aromastoffe Herr Dr. Schneider, CVUA Karlsruhe

Herr Dr. Hahn, CVUA Sigmaringen Kosmetische Mittel Frau Kratz, CVUA KarlsruheBedarfsgegenstände Frau Dr. Steiner, CVUA Stuttgart Bedarfsgegenstände zur Reinigung und Pflege sowie sonstige Haushaltschemikalien

Frau Eckstein, CVUA Stuttgart

Tabakwaren Herr J. Hahn, CVUA SigmaringenKrankheitserregende Mikroorganismen und mikrobiologische Besonderheiten

Herr Dr. Friedrich, CVUA Stuttgart

Mykotoxine Frau Gutmacher, CVUA SigmaringenMarine und Süßwasser-Biotoxine Herr Dr. Thielert, CVUA SigmaringenPflanzenschutzmittel und Organische Kontaminanten Herr Dr. Schüle, CVUA Stuttgart

Frau Dr. Kypke, CVUA FreiburgÖkomonitoring Frau Scherbaum, CVUA StuttgartPharmakologisch wirksame Stoffe Herr Lippold, CVUA Freiburg Nachweis von Lebensmittelallergenen Herr Waiblinger, CVUA FreiburgGentechnik in Lebensmitteln Herr Waiblinger und Herr Dr. Pietsch, CVUA FreiburgBestrahlung von Lebensmitteln Frau Straub, CVUA KarlsruheRadiochemische Untersuchungen Herr Dr. Kaut, CVUA StuttgartDioxine und dioxinähnliche PCB Herr Dr. Malisch, CVUA FreiburgSchwermetalle und toxische Spurenelemente Herr Reiser, CVUA Sigmaringen Nitrosamine Frau Fügel, CVUA StuttgartPolyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) Herr Klein, CVUA Sigmaringen Acrylamid Herr Dr. Weißhaar, CVUA Stuttgart3-Monochlorpropandiol (3-MCPD) Herr Dr. Weißhaar, CVUA StuttgartFuran in Lebensmitteln Herr Dr. Martin, CVUA Freiburg

Herr Dr. Kuballa, CVUA KarlsruheStabilisotopen-Analytik Herr Dr. Metschies, CVUA Freiburg

150 Lebensmittelüberwachung BW Autorenverzeichnis

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Thema Autorin / Autor

Trinkwasserüberwachung Herr Brezger, CVUA Sigmaringen Futtermittelüberwachung Frau Assfalg, RP Stuttgart

Frau von der Heydt, RP Freiburg Herr Kraus, RP Tübingen Frau Stegili und Frau Kehr, RP Karlsruhe Herr Bliß, SES am RP Tübingen Frau Dr. Modi, LA Chemie der Universität Hohenheim Frau Dr. Roth, LTZ Augustenberg Herr Wambold, CVUA Freiburg Herr Dr. Zittlau, CVUA Karlsruhe Herr Dr. Eckstein, MLR

Abkürzungen:

CVUA = Chemisches und VeterinäruntersuchungsamtLHS = LandeshauptstadtLA Chemie = Landesanstalt für Landwirtschaftliche Chemie HohenheimLRA = LandratsamtLTZ = Landwirtschaftliches TechnologiezentrumMLR = Ministerium für Ernährung und Ländlichen RaumRP = RegierungspräsidiumSES = Stabsstelle Ernährungssicherheit

Autorenverzeichnis Jahresbericht 2006 151

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Herausgeber:

Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum Baden-WürttembergPostfach 10 34 4470029 Stuttgart

Für eventuelle Rückfragen:

Telefon: 0711. 126 - 0Telefax: 0711. 126 - 2255

Gestaltung:

Kai Twelbeck, Stuttgart, www.sojusdesign.de

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