JULI Nr. 1 / Jan. 2010

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JULI 21 im Kanton wird Sie nun monat- lich zu einer Fahrt nach Baden, einem Stopp in Lenzburg, einem Abend in Brugg oder einem Ausflug nach Aarau einladen. Das Magazin ist ebenfalls ganz dem Interesse an Kunst und Kultur gewidmet. JULI berichtet vom neuen Kulturgesetz, das dieser Tage in Kraft tritt, und vom Kul- turlokal Tommasini in Lenzburg, das neue Wege in die Zukunft sucht. Klaus Merz und Ilja Röth- lisberger gestalten einen winter- lich-haarigen Beitrag, und Anna Sommer schwingt für JULI den Pinsel. Dazu werden mehrere Beitragsreihen vorgestellt, die Sie auch in den kommenden Aus- gaben finden werden: «das Jour- nal» mit einem Personenporträt aus dem Kulturleben, die frei- schwebende Kolumne von Rafael Schmid, eine eigenwillige Film- besprechung von Thomas Meier und zwei Tipps aus ganz per- sönlicher Perspektive unter den Namen «Panama» und «Fami- liensilber». Das Kind ist gebadet, gekämmt und steht adrett gekleidet vor Ihnen. Wir werden uns bemühen, ihm Manieren beizubringen! Was halten Sie von ihm? Ihre Rückmeldung würde uns freuen! Ihre JULI-Redaktion Marcel Auf der Maur Angela Thut EDITORIAL LIEBE LESERINNEN UND LESER Jetzt ist sie also da, die erste Ausgabe des Aar- gauer Kultur- magazins JULI! 43 Trägerorga- nisationen aus allen Sparten präsentieren im Mantelteil ihre Veranstaltungen des Monats Janu- ar. Dieser Über- blick über das vielfältige kultu- relle Angebot ÜBERBLICK S. 22 WINTERPELZ. VON KLAUS MERZ UND ILJA RöTHLISBERGER S. 24 EIN BEKENNTIS ZU MEHR KULTUR. VON SUSANNA PERIN S. 28 PANAMA. VON SIBYLLE CIARLONI S. 29 FAMILIENSILBER VON PETER KUNTNER S. 29 EINE KNISTERNDE WOLKE IN LENZBURG. VON MARCEL AUF DER MAUR S. 31 DIE BALLADE VON NARAYAMA. VON THOMAS MEIER S. 32 JOURNAL. VON ANGELA THUT S. 34 ANNA SOMMER. S. 35 JANUARTHEATER. VON RAFAEL SCHMID REDAKTIONSSCHLUSS FÜR VERANSTALTUNGSHINWEISE UND AGENDAEINTRäGE FÜR NR. 02, FEBRUAR 2010 : 3. JANUAR 2010 IMPRESSUM JULI KULTURMAGAZIN AARGAU POSTFACH, 5600 LENZBURG WWW.JULIMAGAZIN.CH [email protected] NR. 1, JANUAR 2010 AUFLAGE : 6000 HERAUSGEBERIN : INTERESSENGEMEINSCHAFT KULTUR AARGAU REDAKTION : MARCEL AUF DER MAUR, ANGELA THUT, [email protected] MITARBEITER / INNEN DIESER AUSGABE : SIBYLLE CIARLONI, PETER KUNTNER, THOMAS MEIER, KLAUS MERZ, SUSANNA PERIN, ILJA RöTHLISBERGER, RAFAEL SCHMID, ANNA SOMMER, SIBYLLE KOCH, TOSHIMI OGASAWARA GESTALTUNG : BONBON – VALERIA BONIN, DIEGO BONTOGNALI, LARS EGERT, ZÜRICH DRUCK : EFFINGERHOF AG, BRUGG COPYRIGHTS : ALLE RECHTE VORBEHALTEN, KEINE KOPIE OHNE GENEHMIGUNG DER HERAUSGEBERIN NR 01 ABO HANS BISCHOFBERGER [email protected] WWW.JULIMAGAZIN.CH/JULI-ABO JAHRESABONNEMENT : 50.– FÜR GöNNER / INNEN : 200.– ANZEIGEN STEFANIE KESSLER [email protected]

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JULI Kulturmagazin Aargau

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Juli 21

im Kanton wird Sie nun monat-lich zu einer Fahrt nach Baden, einem Stopp in Lenz burg, einem Abend in Brugg oder einem Ausflug nach Aarau einladen. Das Magazin ist ebenfalls ganz dem Interesse an Kunst und Kultur gewidmet. JULI berichtet vom neuen Kulturgesetz, das dieser Tage in Kraft tritt, und vom Kul-turlokal Tommasini in Lenzburg, das neue Wege in die Zukunft sucht. Klaus Merz und Ilja Röth-lisberger gestalten einen winter-lich-haarigen Beitrag, und Anna Sommer schwingt für JULI den Pinsel. Dazu werden mehrere Beitragsreihen vorgestellt, die Sie auch in den kommenden Aus- gaben finden werden : « das Jour-nal » mit einem Person en por trät aus dem Kulturleben, die frei-schwebende Kolumne von Rafael Schmid, eine eigenwillige Film-besprechung von Thomas Meier und zwei Tipps aus ganz per - sön licher Perspektive unter den Na men « Panama » und « Fami-liensilber ». Das Kind ist gebadet, gekämmt und steht adrett gekleidet vor Ihnen. Wir werden uns bemühen, ihm Manieren beizubringen ! Was halten Sie von ihm ? Ihre Rückmeldung würde uns freuen ! Ihre JULI-RedaktionMarcel Auf der Maur Angela Thut

editorial

LIeBe LeSeRINNeN UND LeSeR

Jetzt ist sie also da, die erste Ausgabe des Aar­gauer Kultur­magazins JULI ! 43 Trägerorga­nisationen aus allen Sparten präsentieren im Mantelteil ihre Veranstaltungen des Monats Janu­ ar. Dieser Über­ blick über das vielfältige kultu­relle Angebot

ÜBERBLICKS. 22

WINTeRPeLZ. VoN KLAUS MeRZ

UND ILJA RöThLISBeRgeR

S. 24 eIN BeKeNNTIS

ZU MehR KULTUR. VoN SUSANNA

PeRIN

S. 28 PANAMA.

VoN SIByLLe CIARLoNI

S. 29 FAMILIeNSILBeR

VoN PeTeR KUNTNeR

S. 29 eINe KNISTeRNDe

WoLKe IN LeNZBURg.

VoN MARCeL AUF DeR MAUR

S. 31 DIe BALLADe VoN

NARAyAMA. VoN ThoMAS

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S. 32 JoURNAL.

VoN ANgeLA ThUT

S. 34 ANNA SoMMeR.

S. 35 JANUARTheATeR.

VoN RAFAeL SChMID

REdaKtIonssChLussfÜR VERanstaLtungshInwEIsE und agEndaEIntRägE fÜR nR. 02, fEBRuaR 2010 : 3. JanuaR 2010

IMPREssuM

JuLI KuLtuRMagazIn aaRgau PostfaCh, 5600 LEnzBuRg www.JuLIMagazIn.Ch [email protected] nR. 1, JanuaR 2010 aufLagE : 6000

hERausgEBERIn : IntEREssEngEMEInsChaft KuLtuR aaRgau

REdaKtIon : MaRCEL auf dER MauR, angELa thut, [email protected]

MItaRBEItER / InnEn dIEsER ausgaBE : sIByLLE CIaRLonI, PEtER KuntnER, thoMas MEIER, KLaus MERz, susanna PERIn, IL Ja RöthLIsBERgER, RafaEL sChMId, anna soMMER, sIByLLE KoCh, toshIMI ogasawaRa

gEstaLtung : BonBon – VaLERIa BonIn, dIEgo BontognaLI, LaRs EgERt, zÜRICh

dRuCK : EffIngERhof ag, BRugg

CoPyRIghts : aLLE REChtE VoRBEhaLtEn, KEInE KoPIE ohnE gEnEhMIgung dER hERausgEBERIn

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JahREsaBonnEMEnt : 50.– fÜR gönnER / InnEn : 200.–

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Juli 23 winterpelz

wusste. Was ihm zu meinem entsetzen, selbst in unserem auf -geklärten elternhaus, wider-spruchslos abgenommen wurde. – Allerdings war es dann aus-gerechnet sein Lehrling, der jüngs-te Spross einer luzernischen Familie, die je einen ihrer Söhne bereits als Priester, Lehrer und Schweizer gardisten platziert hatte und froh war, ihren Nach-zügler ebenfalls einer sinnstiften-den Aufgabe zugeführt zu ha- ben und auswärts an der Kost zu wissen, ausgerechnet er war es, der mich mit seiner stumpfen Schere ins ohrläppchen zwackte und prompt zu Boden ging, als ich auf seinem Schragen beinahe verblutet wäre. – Mit dem ein- gefleischten Bild dieses bleichen entlebuchers vor Augen stand ich auch sofort wieder vom gros-sen Stuhl auf, schob dem un- bescholtenen Coiffeur, der mir nun endlich seine weisse Man- tille überwerfen wollte, einen Zwei- fränkler am bereitstehenden Kammsortiment vorbei in die Po- chettchentasche und suchte ungeschoren das Weite, fest ent-schlossen, Zeit meines Lebens nie mehr einen Friseursalon zu betreten. An diesem entschluss hat sich bis auf den heutigen Tag nichts geändert, ausser dass mein haar ganz von selber lichter und lichter wird.

Dort stellte ich erfreut fest, dass Alpsteg, der geselle des Meis ters, noch immer am selben Stuhl stand. er verriet mir jedoch schon zu Anfang des gesprächs, dass er seit unserem letzten Zusam-mentreffen zwölf Jahre lang im Ausland geweilt und als Land-schaftsgärtner gearbeitet habe. erst vorige Woche sei er wieder an seinen einstigen Ar beitsplatz zurückgekehrt. Wo rauf ich ihm gestand, dass ich seine Abwesen-heit nicht bemerkt hätte, da ich seit unserer letzten Begegnung tatsächlich nie mehr beim Friseur gewesen sei, sondern mich ledig-lich zweimal im Jahr von meiner Freundin im Freien hätte sche- ren lassen. – Ich würde es seit dem ende meiner Pubertät unter den adretten Mäntelchen mit den engen Kragen und den Papierbeff-chen um den hals einfach nicht mehr aushalten. Atemnot und Schweissausbrüche stünden uns also auch heute vermutlich wie- der ins haus, warnte ich vorsorg-lich. Trotzdem hätte ich es noch einmal mit einem gang auf sein Scha fott versuchen wollen, um meine hoch schwangere Liebste mitten im kalten Winter von der Arbeit an meinem Kopf zu ent- binden und bei ihrer bevorste- henden Niederkunft dennoch ei- nen einigermassen gesitteten eindruck zu machen. – Mein Un- behagen vis-à-vis von Friseuren, das sei überhaupt nicht persönlich zu nehmen, fügte ich hinzu, um das Überwerfen des Nylonman- tels noch ein wenig hinauszuzö-gern und das Verständnis meines Friseurs vollends zu gewinnen, müsse übrigens auf zwei schwierige erleb nisse in meiner Kindheit zu rück geführt werden. Mein ers- ter Bürstenschnitt sei näm lich unter der zittrigen hand eines Seniorchefs entstanden, der von seinem florierenden geschäft einfach nicht lassen mochte und seiner Kundschaft gegenüber das Zittern seiner Rechten, der Schneidhand, als zunftgemäs- ses « Pariser Vibrato » zu verkaufen

WINTeRPeLZ

von Klaus Merz

Im Januar 1975, dem bewaldeten Hügelzug im Rücken unseres Hauses schien die Morgensonne bis auf die Kopf­haut hinein, hatte ich wieder einmal einen An­ lauf genommen und war zum Fri­seur gegangen.

KLaus MERz ( 65 ) LEBt In untERKuLM.

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24 Januarein bekenntnis zu mehr kultur

Kurtheater Baden

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Juli 25 ein bekenntnis zu mehr kultur

-schen von der Zeit überholt. In diesen 30 Jahren ist der Stel-lenwert und das Interesse an Kultur in der gesellschaft enorm gestiegen. « Das gesamtziel der gesetzesrevision ist es, der wirt-schaftlichen Bedeutung des Kantons Aargau seine kulturelle Stärke ebenbürtig zur Seite zu stellen und diese auch ausser-halb seiner grenzen sichtbar zu machen », war der Leitsatz der Revison. Nicht zuletzt dank der Mitarbeit einer zwanzigköpfigen Kommission aus Kulturschaffenden und weiteren Fachleuten führte der Revisionsprozess zum erfolg.

DAS eNDe DeS KULTURPRoZeNTeS

Im September 2005 erreichte die Volksinitiative « der Aargau bleibt Kulturkanton », mit der die Ausschöpfung des Kulturpro-zentes gefordert wurde, überraschende 42 % Ja-Stimmen. Die Initiative und das Resultat gaben einen wichtigen Impuls für die Revision. Danach brachten zwei Vorstösse im Parlament von Seiten der FDP und CVP den Stein definitiv ins Rollen. eine Überarbeitung des gesetzestextes – zeigte sich – war schlicht eine inhaltliche Notwendigkeit. Die Beratung zum gesetz fand mitten in der Finanzkrise statt, und obwohl klar war, dass das neue gesetz nicht weniger, sondern mehr Kosten verursachen würde, wurde es nicht blockiert. Das enge Korsett des Kultur-prozentes ( maximal 1 % der Steuererträge für die Kultur ) ist mit dem neuen gesetz gesprengt. Das bisherige gesetz schuf mit dem Begrenzungsprozent eine Abhängigkeit der Finanzierung des zeitgenössischen Kulturschaffens von unvorhersehbaren

eIN BeKeNNTNIS ZU MehR KULTUR

von Susanna Perin

Am 01.01.2010 tritt das neue Kulturgesetz des Kantons Aargau in Kraft und löst nach 30 Jahren seinen Vorgänger ab. War das Ge­setz von 1969 in der Schweiz eine Pionierleistung, wurde es inzwi­

Kosten vor allem des Bereichs Archäologie und Denk-malpflege, was eine kontinuierliche und gute Förde-rungspolitik verunmöglichte.

Mit dem neuen gesetz werden für den Kulturbereich insgesamt mehr Mittel zur Verfügung stehen. Zusam-men mit dem Kulturlastenausgleich an die Kantone Zürich und Luzern, dem Betrieb des Schlosses Wild-egg und zusätzlichen archäologischen grabungen wer-den die Kulturausgaben pro einwohner von 54 Fran-ken im Jahr 2009 bis 2013 auf 72 Franken steigen ( to-tal rund 43 Mio. Franken ).

DAS geSeTZ IM ÜBeRBLICK

Das bisher Markante am Aargauer Modell bleibt beste-hen : Die drei zentralen Aufgaben des Kantons im Kul-turbereich – die Förderung des zeitgenössischen Kul-turschaffens, der Betrieb der kantonalen Kulturein-richtungen und die Pflege des kulturellen erbes – sind in einem gesetzeswerk zusammengefasst. Und die zweite Aargauer eigenheit – die Delegation des Be-reichs Förderung des aktuellen Kulturschaffens an das Aargauer Kuratorium –, bleibt ebenfalls erhalten. Im neuen gesetz sind jedoch die Zuständigkeiten und Kompetenzen der einzelnen Akteure klarer definiert. Neben dem Kuratorium wird der Regierungsrat neue Kompetenzen bei der Verteilung der Mittel erhalten.

So kann er die grossen privaten Kulturinstitutionen von kantonaler oder überkantonaler Bedeutung jetzt mit Betriebsbeiträgen unterstützen, was bisher nicht möglich war, da das alte gesetz nur die kantonseige-nen einrichtungen ( wie das Kunsthaus, die Kantons-bibliothek u. a. ) aufzählte. Die Neuerung entlastet das Budget des Kuratoriums von dieser Aufgabe und sie ermöglicht den privaten Kultureinrichtungen die not-wendige finanzielle Absicherung. Die Beratung der Re-gierung bei der Vergabe solcher Betriebsbeiträge über-nimmt hier eine neue Kommission für Kulturfragen aus elf Fachleuten. Diese soll aufgrund kulturpoliti-scher Kompetenzen, Kultursparten, regionaler Abde-ckung und Altersgruppen zusammengesetzt werden.

Die Kulturvermittlung erhält einen grösseren Stellen-wert und ist neu im gesetz festgeschrieben. Das be-deutet, dass die Finanzierung von Projekten wie z. B. Kultur macht Schule oder A wie Atelier, die als Pilot-projekte galten, eine gesicherte finanzielle Basis erhal-ten und nicht mehr von Jahr zu Jahr mit der Ungewiss-heit über ihr Weiterbestehen arbeiten müssen. Die För-derung der ausserschulischen Jugendarbeit ist jetzt ebenso gesetzlich verankert.

Die Unterschutzstellung von Baudenkmälern und ar-chäologischen hinterlassenschaften hat nun eine sichere Rechtsgrundlage. Früher wurde die Archäologie

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per Dekret geregelt, heimatschutz und Denkmalpflege unterstanden dem Baugesetz, was oft für Wider-sprüchlichkeiten sorgte. ein wichti-ger Punkt ist die Festschreibung der Kostenbeteiligung von gemeinden und Städten an archäologischen grabungen. Dies soll verhindern, dass archäologische Stätten bei Bau-vorhaben zerstört werden, ohne dass eine zwingende Notwendigkeit dazu besteht.

Neu ist auch die Verlagerung der kulturellen Bemühungen von den gemeinden hin zum Kanton. hatte in der vorhergehenden Fassung der Kanton gegenüber den gemeinden eine unterstützende Funktion, übernimmt er nun die Führungs-rolle. Dieser Punkt könnte wegwei-send sein für andere Kantone, die wie der Aargau über keine grossen, urbanen Zentren verfügen.

Im neuen gesetz ist auch die Be-wahrung des immateriellen Kultur-erbes festgeschrieben. Die Unesco-

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BILdung KuLtuR und sPoRt dEs Kan tons

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VIsaRtE.aaRgau und LEBt In aaRau.

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wEIsE Von RogER KaysEL zuR

VERfÜgung gEstELLt.

Konvention versteht darunter Praktiken, Darbietungen, Aus-drucksformen, Kenntnisse und Fähigkeiten sowie die damit verbundenen Instrumente, objekte, Artefakte und Kulturräume, die gemeinschaften, gruppen und gegebenenfalls Individuen als Bestandteil ihres Kulturerbes ansehen. Der Kanton Aargau ist der erste Kanton in der Schweiz, der diesen Bereich in sein Kultur-gesetz aufgenommen hat. Vorstellungen, Konzepte und Ziele scheinen jedoch hier noch nicht eindeutig definiert zu sein.

DeR LeIDIge PUNKT

Die soziale Sicherheit der freien Künstler / innen – eine zentrale Forderung aller grossen Verbände der Kulturschaffenden – ist mit keinem Wort im gesetz erwähnt. ein entsprechender Vor-schlag im gesetzestext wurde im Parlament und im Regie-rungsrat abgelehnt. In der grossrätlichen Kommission wurde zuletzt auch ein entsprechender Antrag der SP bachab ge-schickt. Im Tauziehen um die Kompetenzen zwischen Kanto-nen, Bund und Sozialversicherungen liegt der Ball leider wieder bei den Kulturschaffenden.

eIN geSeTZ MAChTKeINe KULTUR

Insgesamt ist das neue gesetz ein parteiübergreifendes Be-kenntnis zur Kultur. ein Kulturgesetz macht aber noch keine Kultur, wie ein Theater-haus kein Theater, ein Kunst-haus keine Kunst produziert.

Der Kanton Aargau scheint mit seiner feinmaschigen, dezentralen Struktur als Ort der Produktion geeignet. Etwas ab­seits der Hauptrouten des Kunst marktes, der Verwertungs­ und Legitimationsma­schinerien, ohne überbordende Gesten, Parolen, grosse Häuser und Bühnen der Selbst darstellung könnte er insgesamt ein Ort des Experimentierens und der Inno­vation werden.Nun liegt der Ball wieder bei Förderstel­len, den Kurator / innen, Direktor / innen, Intendant / innen – und bei uns Produzent / innen. Wir machen weiter !

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Juli 27 ein bekenntnis zu mehr kultur

Toni Businger (r.)

Ilse Weber (u.)

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28 JanuarnaCh indien

« Auf dem Seeweg nach Indien besteht die gefahr von Piratenüber- fällen vor Somalia. Und Somalia kommt früher oder später ! ob man via Rotes Meer in den Indischen ozean gelangt und dann in Mumbai an Land geht, oder ob man Afrika umsegelt. Irgendwann streckt So- malia seine Nase ins Meer. » « Natürlich », sage ich und nehme mir vor, auf der Weltkarte die Nase von Somalia zu suchen. « Auf dem Landweg nach Indien sind einige Routen möglich, doch keineswegs gefahrlos. Man könnte zunächst dem hallwilersee ent-langgehen, um dann in der glei - chen Nacht noch die Kantons-grenze bei Aesch zu überqueren und sich via Alpen Richtung Süd-osten zu bewegen. » « Klar. » « An den Alpen führt eigentlich kein Weg vorbei, man sollte deshalb sowieso Skier und Felle mitnehmen. » « Der Mann spinnt. » Das denke ich nur. « eine Überquerung der Aar-gauer grenze im Norden oder im Westen ist gar nicht erst denk-bar, da würde man sich in eine vollkommen falsche Richtung be -wegen. » « Spreitenbach wäre aber schon okay ? », frage ich. « Die Frage stellt sich also, wel- che Route die optimale sei. Wer darauf keine Antwort will, der geht einfach seinen Weg und trifft in Wien vielleicht den einen letz- ten Spanier an der Reitschule, in hermannstadt einen bleichen grafen, riecht im Dolmabahçe den Jasmin, überquert den Bos-porus, entdeckt in den Strassen zur Moschee die schönen Augen, duckt sich später durch Kriegs-gebiete, schwebt durch sagenum-wobene Täler und kommt irgend-wann in Indien an. » « hm. » « Kein Leben reicht aus, um die tausend Wege zu gehen. Aber ich verrate Ihnen etwas. »Wir sind kurz vor Baden. « Indien liegt in Baden. »

NACh INDIeN

von Sibylle Ciarloni

« Um ein Gefühl für die Welt zu bekommen, ist es wichtig, zu Fuss oder mit ei­ nem Boot zu reisen. Für alle Fälle kann man auch Skier und Felle mitneh­men. » Ich reise von Aarau nach Baden und höre einem Mann zu, in dessen Au­gen ein Lager­ feuer brennt.

Der Zug hält an, er packt mich am Arm und führt mich durch die Strassen von Baden West Rich-tung Norden, also in die vollkom-men falsche Richtung, um nach Indien zu gelangen.

eine gruppe von Frauen arbeitet auf den Feldern. eine andere sitzt mit den Kindern auf einer Treppe. goldfische schwimmen im Teich. ein Buddha lächelt geläutert auf dem Tresen. An den Tischen sitzen Ingenieurinnen, IT-Spezialisten, Berufsschü ler und ein Pirat. Vor dem Schaufens-ter geht einer zwei Schritt vor und einen zurück. Der Wirt winkt. Auf CNN schaltet gerry zu Sonia und diese zu Frank. Krieg und Frieden, Bomben und Wahlen, Sturmflut in hamburg und Lawi-nen in den Rocky Mountains. Im Mini-Markt kaufe ich Jasminöl fürs haar, orange Jelly Cristals für Pudding und eine gewürz-mischung für Linsen. Der Wirt bringt das bestellte Curry und ich frage ihn, was der Pirat hier tue. Da sagt er :« Seine Frau er- wartet ein Kind und hier ist es vielleicht nicht schöner, aber bestimmt sicherer als im Indi-schen ozean. »

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Juli 29 eine knisternde wolke

dIE BRautPRInzEssIn

Worum geht es in diesem Buch ? Fechten. Folter. Gift. Wahre Liebe. Hass. Rache. Riesen. Böse Menschen. Gute Menschen. Bildschöne Damen. Schmer­zen. Tapfere Männer. Verfolgungsjagden. Lügen. Wahrheiten. usw. usf.

WG ist nicht der wirkliche Autor dieses Buches. Da seiner Meinung nach jedoch der richtige Autor, ein gewisser S. Mor-genstern, ein überbordendes Interesse an langatmigen und ( zu ) detailversessenen Beschreibungen dramaturgisch unnöti-ger Aspekte zeigt, erzählt er uns die Ge-schichte nochmals und zwar « in ihren spannenden Teilen ».

Die schöne Butterblume soll den unaus­stehlichen Prinzen Humperdinck heira­ten, doch sie liebt den Stalljungen Westley. Eine Unmenge schwindelerregender flori­nesischer Abenteuer sind die Folge.

Alexandre Dumas und Georges Perec hätten dieses Buch sicher gerne zusam-men geschrieben ( ev. unter Zuhilfenahme des einen oder anderen stimulierenden Mittels ).

« Ich glaube wirklich, die Liebe ist die bes­te Sache von der Welt, ausgenommen Hus­tenbonbons. » WG

Nun soll niemand meinen, das sei irgend ein modriger historischer Roman oder eine Fantasy-Geschichte nur für roman-tische Mädchen. Die Brautprinzessin ist etwas ganz Besonderes, weil sich nie-mand der Fantasie, der Intelligenz und dem sagenhaften Witz dieses wunderba-ren Buches entziehen kann.

PEtER KuntnER LEBt In KÜttIgEn und BEtREIBt zusaMMEn MIt stEPhan LIChtEnstEIgER das

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eINe KNISTeRNDe WoLKe IN LeNZBURg

WIeDeReRöFFNUNg DeS KULTURhAUSeS UND JUgeNDWeRKhoFS ToMMASINI

von Marcel Auf der Maur

« Fünf Helden der Kultur haben das Lenzburger Tomma sini wiedereröff­net ! » Diese Nachricht musste die JULI­Redak­tion naturgemäss alar­mieren. Der Augenschein vor Ort bestätigt : alles ist wahr. Sie sind Helden. Sie haben einen hals bre­cherischen Plan.

Und das Tomma sini groovt wieder. es ist Donnerstagabend, die zweite offene Bühne in der Tomm-Bar seit Wiedereröffnung am 1. oktober. Chana, ercan und Frank impro-visieren auf den Spuren von Bob Marley. An den Tischchen wartet der Musik-Nachwuchs lässig auf den eigenen einsatz. Der provisori-sche Charakter des Jugend- und Kulturhau-ses, unverwechselbar wie das Wartezimmer des Zahnarzts, entfaltet seinen Charme. ein angenehmer Klang teppich, eine entspannte Athmo sphäre, Bier und Zigaretten im ge-dämpften Licht. gute, wohlige Vibes. Die gesamte energie des hauses aber zieht sich im angrenzenden Büroraum zusammen. hier sprechen die helden von heute – Basil Schneider, Peter heusler, Michael Wettstein, eliane Zgraggen, Alexander Wildi – über ih-ren Plan. eliane, 33, ist als Teenie von Seon ins Tommasini geradelt. Peter, 25, hat hier als Kind Ker zen gezogen und später animierte Jugendjahre verbracht. Beide können nicht von der Idee Tommasini lassen. « hier wurde über Jahrzehnte etwas aufgebaut », erklärt Pe-ter. « Das kann nicht alles vergebens gewesen sein ». Acht Mulden und den Zivildienst hat das Quintett bestellt und im Tommasini aus-gemistet. Den Schimmel weggekratzt, den

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30 Januareine knisternde wolke

Bach, der durch den Turbinenraum fliesst, gebändigt, die elektro-Installationen erneuert, die Bar ersetzt, geputzt, gestrichen. Und das war der einfache Teil. Den beschädigten Ruf des Lokals wiederherzustellen, das polizeilich geschlossen wurde, in dem Koma-Sauf-Par-ties stattfanden, und das einen privaten Si-cherheitsdienst engagieren musste, wird mehr Ausdauer erfordern. eliane war Illustratorin und Bühnenbildne-rin in London, Berlin und Frankreich. Für sie muss das Tommasini offen sein. ein Begeg-nungsort wie die Cafés in London, in denen man mit Fremden ins gespräch kommt, in denen sich Kulturschaffende treffen. ein ort, an dem Kultur entsteht. Sie gewinnt junge Künstler wie Cosimo gritsch, Mischa Camen-zind und Seline Quadri für das Bemalen der Wände. Sie hilft beim Aufbau eines Kinder-cafés. Das Tommasini müsse an möglichst vielen Tagen die Woche für möglichst viele verschiedene Menschen offen sein. ebenfalls müsse man ein vielseitiges Programm bie-ten, sind sich die helden einig. Stiller has war schon hier, hip hopper aus New york tre-ten ebenso auf wie lokale Bands, Lesungen haben Platz, Theater wäre wünschbar, Kino-Abende wären toll. Und auch Workshops, Aus-

stellungen, Proben passen ins Tommasini. Wir haben nicht bemerkt, wie es passiert ist, sitzen nun aber mitten drin in einer knisternden Wolke. Alex Wildi aka Pablo diktiert ins phy-sisch nicht nachweisbare Mikrophon : « ein Programm mit regionaler und nationaler Ausstrahlung. » etwas später sind wir zurück auf der erde, dem ort der schlechten Schall- und Wärme-isolation, der keuchenden Lüftungen, der feu-ergefährdeten Dachstöcke, feuchten Keller, schlecht verputzten Wände, der kalten Fuss-böden, der Unordnung aus hundert halb ka-putten Dingen, die von irgendwelchen Perso-nen hinter lassen wurden. Plötzlich sieht man dem Tommasini jeden einzelnen Tag seiner 28-jährigen geschichte als Kultur- und Ju-gendhaus an. Die helden schauen ge lassen hin. Sie kennen diesen Anblick. Das Konzept, das sie ausgearbeitet haben, wird alles ändern. Sie haben damit lobbyiert, die Nachbarn besucht, haben Flyer verteilt. « Wir sind mit dem Beginn zufrieden », erklärt eliane. « Wir haben eine grosse Unterstützung gespürt ». Die gemeinde Lenzburg hat eine Starthilfe von 20 000 Franken gesprochen. Sie wissen, dass das nicht weit tragen wird, und dass ehrenamtliche Arbeit auf längere Frist

nicht reichen wird. Sie suchen Sponsoren. es wäre der Moment um « Viel glück, Tommasini ! » zu wünschen. es braucht aber mehr als glück. es braucht ein Power-Team mit einer Vision, mit enthu siasmus und mit Know-how in organi sation, Technik, gastro und PR. Dieses Team ist gefunden. Mehr kann man sich für einen Neustart nicht wünschen. Was es noch braucht, ist eine breite Partei von Kulturinteressierten und Kulturförderern, die einsteigt und dem Team den Rücken stärkt. Dann kann der 1. ok-tober 2009 der Anfang der neueren geschichte des Kultur- und Jugendhauses Tommasini gewesen sein.

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Juli 31 die ballade von narayama

DIe BALLADe VoN NARAyAMA

von Thomas Meier

Tristan lachte. « Schlitzaugen­kino, das von Cannes geweiht wurde ? Vergiss es. Ich zieh mir Emmerich und sein Unter gangs­ge krache rein. Trink du hübsch deinen Sake und mach ein

ernstes gesicht. » Tristan hängte auf und ich fragte den Summ- ton : « Mit wem gehst du 2012 schauen ? » Sara druckste. « Naja, ich weiss nicht, ob ich bei dem Regen noch einmal rausgehe. Ins orient mag ich nicht. Vielleicht später in den Rebstock. » Ich verstand kein Wort von dem, was Sara mir sagte. Die eifersucht brüllte un ent wegt : Sara und Tristan. Das ist das Problem am orient. Da geht man alleine hin. Und man geht alleine nach hause. Ich stapfe über das glit-schige Laub am Strassenrand und der Regen sickert durch die Jacke in mein gemüt. Als ich das Kino betrete, heben die haarfär beverweigerer, die in der hintersten Reihe ihre Schuhe bereits ausgezogen haben und an ihrem Primitivo nip pen, die Köpfe und schenken mir ihr seliges Lächeln. Ich grüsse nicht zurück, bestelle ein Bier und setze mich in eine freundlichkeitsfreie Zone. Das Kino stinkt und dem Film gebe ich keine Chance. Doch dann bringt mich die Kamera in ein verschneites japa-nisches Dorf von damals und setzt mich für zwei Stunden in eine wuchernde Welt, an der sich meine wunde Seele glück-lich reibt. In diesem Dorf in der Abgeschiedenheit der Berge, in dieser Ursuppe aus Natur und Kultur entwickelt sich eine ge schichte mit den bekannten Ingredienzien des Dorflebens : der weisen Alten, dem missratenen und dem ehelosen Sohn, dem Dorftrottel. Die Leinwand strotzt vor Physik und geo-graphie. Das Feuer knistert. Der Reis pappt. Der Bach plät-schert. Die Felsen überragen mächtig das fleischige Leben und die enge der gemeinschaft stürzt sich auf die Schwa-chen. Die Men schen schreien, raufen sich die haare, verhar-ren, stampfen, rammeln, töten, zelebrieren die pralle exis-tenz. Das tut gut. Mit kurzen Tierfilm-einblendungen – kopulierenden Frö-schen, fressenden Insekten, verwesenden Mäusen – drängt uns Imamura seine Frage auf : Was unterscheidet den Men-schen vom Tier ? Plötzlich Pause. Ich hole mir ein Bier und kontrolliere mein Natel. Kein SMS von Sara. Ich schreibe ihr : Und ? Das Saallicht dimmt ins Dunkel, die Vorhänge öffnen sich und nach dem Frühling und dem herbst kommt nun der Winter. orin, die 69-jährige Mutter, will vor dem Schneefall auf den Berg Narayama gehen, wo sie durch ihr freiwilliges Dahinscheiden den Nachkommen den Segen des Berggottes schenken möchte. Und hier liegt das Kunststück des Filmes. Der lauten Brutalität der Natur stellt der Film eine leise geschichte über das stete Miteinander und das grosse Los-lassen gegenüber. Und mit dieser Mischung aus gewaltigen Bildern und schwelenden gefühlen inszeniert Imamura auch den Schluss. Tatsuhei, orins Sohn, trägt seine Mutter auf die Spitze des Berges Narayama, wo sich seit alters her die Sieb-zigjährigen zum Tode hinbegeben. Dann, dankbares Zeichen der Natur, beginnt es zu schneien. Beim hinausgehen bringe ich die Bierflaschen zurück, lege Trinkgeld auf die Theke, verabschiede mich mit ehrli-cher Stim me und halte den Leuten die Türe auf. Der Regen hat aufgehört. Ich atme die frische Luft, spüre die Vibration des Mobiltelefons, schaue nicht nach und spaziere nach hause. Dann, dankbares Zeichen der Natur, fallen die ersten Flocken.

dIE BaLLadE Von naRayaMa, JaPan 1983,

REgIE : shohEI IMaMuRa,

sChausPIELER : suMIKo saKaMoto,

KEn ogata

httP : // saKKadEn.swIssBLog.Ch

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32 JanuarsinJe homann

weiss, wurden dort früher Similasan-Tropfen hergestellt. Wir stel-len gerade das Programm für die Spielzeit 2010 / 11 auf die Beine, organisieren die Tournee der diesjährigen Produktion « Der Junge, der unsichtbar wurde » und proben an einer Überarbeitung des Stücks « heimweg » für das Zirkuszelt, das im Rahmen von « 175 Jahre Volksschule Aargau » unterwegs sein wird. Für 2010 / 2011 haben wir uns bereits für ein Stück entschieden. Ich möchte es aber gerne bearbeiten, andere Schwergewichte setzten. Das ma-che ich zusammen mit einer Dramaturgin. Für 2011 / 12 führe ich bereits Autorengespräche. ein eigens für Zamt und Zunder geschriebenes Theaterstück steht auf dem Programm. Ich habe erst im September bei Zamt und Zunder angefangen. Vorher war ich Leiterin der TheaterFABRIK, der jungen Abtei-lung von Theater & Philharmonie Thüringen in gera, einem gros-sen Mehrspartenhaus mit eigenem Spielbetrieb. Zamt und Zun-der hat keine eigene Bühne. es ist ein anderes Arbeiten, wenn man nicht mehr regelmässig mit dem Publikum im Austausch ist. Mit dem geplanten Jugendtheaterclub möchte ich vermehrt junge Menschen an unser haus binden. Wenn es nach mir geht, können die Jugendlichen gerne unser haus stürmen. Den ausser-schulischen Kontakt mit unserem Publikum finde ich sehr wich-tig. Ich bin definitiv keine Jugendliche mehr. Woher soll ich also wissen, welche Themen die Jugend beschäftigen ? gleichzeitig sollen dieser Club wie auch die Kinderkurse die lokale Anbindung von Zamt und Zunder fördern. Neben dem Spinnen solcher Ideen liegt die künstlerische Um-setzung der Theaterstücke auf meinem Tisch. Alles, von der The-menwahl bis hin zu den Schauspielerinnen und Schauspielern –

SINJe hoMANN KÜNSTLe RISChe LeITeRIN DeS TheATeRS ZAMT UND ZUNDeR

von Angela Thut

Im Moment ar­beite ich meis­tens in unserem Büro in Baden. Das befindet sich zusammen mit einem Probe­raum im Keller­geschoss des Treupa­Gebäu­des. So viel ich aber Theatermachen ist Teamarbeit und mir ist es wichtig, dass meine Ideen durch viele Köpfe gehen. Für das nächste Stück über-nehme ich die Regie, die mich dann wieder vermehrt in den Proberaum und ins Theater führen wird. Regie ist die Reibung der lange konzipierten Ideen mit der konkreten Umset-zung. ein Text allein macht noch kein Thea-ter, durch die Schauspieler, das Bühnenbild und den Ton wird das Theaterstück dreidi-mensional. Welches genau mein Stil ist, kann ich nicht sagen. Ich fange jedes Mal bei Null an. Die erfahrung hilft mir, nicht nervös zu werden, mich hineinzubeissen und nicht auf-zugeben, bis die Sprache und Atmosphäre kreiert ist, die für das Publikum und auch für mich am spannendsten ist. Die aktuelle Produktion « Der Junge, der unsichtbar wurde » wird einerseits im Rah-men vom Theaterfunken auf den Aargauer Bühnen aufgeführt, führt die Schauspielerin-nen und Schauspieler aber auch in Turnhal-len und Singsäle der Schulen. Zamt und Zun-der ist eine mobile Truppe, das heisst, ein Stück muss auf einer Theaterbühne genauso funktionieren wie in einer Aula. Parallel zu jedem Theaterstück wird ein so genannter « Roter Teppich » entwickelt,

« Theaterpädagogisches Begleitmaterial » für die Schu-len, das, anders als dieses lange Wort verheisst, immer sehr ansprechend und liebevoll gestaltet ist und spie-lerisch daherkommt. Das Material liefert keine simp-len inhaltlichen erklärungen, die Kinder sollen für die Themen, die im Stück auf sie warten, sensibilisiert werden. Kultur ist immer eine horizonterweiterung, ermög-licht das eintauchen in eine andere, in eine neue Welt. Aber Theater ist keine Mathematik, erkenntnispunkte können beim Theaterbesuch nicht gemessen werden, das erleben und die erfahrungen sind individuell. Man kann weder richtig noch falsch Theater schauen. es ist ein erlebnis, ins Theater zu kommen, im selben Raum mit den Schauspielern zu sein und dann in eine geschichte abzutauchen. Ich glaube wir brauchen ge-schichten zum Leben. Umso besser, wenn sie gut erzählt sind.

fotogRafIE: sIByLLE KoCh und

totoshIMI ogasawaRa

JouRNal

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34 Januaranna sommer

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Juli 35 Januartheater

JANUARTheATeR

von Rafael Schmid

Als mich Mitte Sep­tember überraschend die Mitteilung er­reichte, bis Anfang Oktober sei definitiv darüber entschieden, ob ich Ende Novem­ber meine erste Ko­lumne abliefern dür­fe, die dann im Ja­ nuar in der ersten Ausgabe des Kultur­magazins JULI er­scheinen würde, war unmissverständlich

klar : meine Lebensplanung geht den Bach runter. Da wartet man sehnsüchtig auf das Angebot einer Sportredaktion, um in lässiger Stammtischmanier über Fussballspiele schreiben zu dürfen und wird wie aus hei terem himmel mit Kultur kon-frontiert ! Barmherzigerweise liess die Auftraggeberin verlau-ten, meine Texte müssten nicht unumgänglich um Bühne und Theater kreisen, es seien freilich auch alltagskulturelle Themen wie « das Biertrinken » oder « der Umgang mit dem Nebel » erlaubt. Doch machen wir einander nichts vor. Bier ist da, um getrunken zu werden und Nebel macht in erster Linie depressiv, da hilft dann auch das Bier nicht mehr weiter. Also kam es schliesslich, wie es kommen musste. eines schönen Abends fand ich mich auf dem Weg ins Theater wieder. Das Stück las ich mit Sorgfalt aus. Da es mir allerdings beim Auswählen gewaltig an erfahrung fehlte, warf ich stattdessen meine ganze Intuition in die Waagschale. Ich las sämtliche Titel sämtlicher Stücke in sämtlichen lokalen Spielorten durch, bis ich beim Wort « Schlaflosigkeit » abrupt hängen blieb und wusste, so sieht er aus, der Wink des Schicksals. Seit dieser Kolumnisten-Anfrage des Schlafs be- raubt, schien mir das Werk « Vulkan – Stücke von Schlaf- losigkeit » genau das Richtige zu sein. Und siehe da, ich war nicht der einzige, der dem Lockruf der Titulierung gefolgt war. In den licht besetzten Reihen der üppigen Bestuhlung traf ich auf einen Verbündeten, traf ich auf den eidgenössi-schen Datenschutzbeauftragten. Jenen Mann also, der sich kampfes lustig dem filmenden google-Autöli in den Weg stellte und dennoch von allen auf die Kappe kriegte. So sassen wir bei den Schlaflosen also da, fast Seite an Seite, und ich weiss nicht, wie es ihm erging, aber meine Schlafstörung schien innert Minuten überwunden. Aktuell plagt mich höchstens noch die Sorge, ob die eben formulierten Sätze versehentlich Datenschutzbestimmungen verletzen. Der Dämmerzustand hielt übrigens satte zwei Wochen an. hellwach wurde ich erst wieder beim nächsten Theater- besuch. Laura ender empfing in ihrem Stück « erreichPaar » die gästeschar im evakostüm. Ihr stiller, zarter, zuweilen verletzlicher bis flehender und aufbrausender Dialog mit dem Cello beeindruckt. Minimale Bewegungen erzielen maxi - male Wirkung, ziehen in den Bann und führen dazu, dass man kaum zu atmen wagt. Wer sich selber überzeugen möchte, tut dies am 20. Februar im Theater Tuchlaube. oder geht halt nach Zürich : 14. und 15. Januar in der Bühne S.

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Landschaft mit WörternEin Stück Nebelgrenze Da drüben liegt Amerika Puppetmastaz, Rap Pack Helden der Arbeit Stadt bewegt Kunst Bachfischet B-Ekspress 3rd Station Was für ein Fest! Urban Gold Edition Nature morte – still alive Leben im Riff Heute ist ein guter Tag Ton tut Not Grosses Maibrummeln Barfuss im Park 333 Pirouetten Minimal makes you Animal Tomate uf de Ohre Dance like a pony und dunkel und hell Poumtchakband4tet Fritz, Franz und Ferdinand Mardi Gras . bb & Puts Marie Venere, Amore e Ragione Flussaufwärts Fashion in Oil Mitternachtsjutzen a solas y a dos Nebelleben

3 Jahre Kulturfahrplan:Plakatausstellung im Kasinopark Aarau vom 15. Januar bis 1. Februar 2010Aarauer Kulturkalender 2006—2009 gestaltet von Sandra Walti, im Auftrag von:

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