Klaus R. Scherpe Beschreiben, nicht Erzählen!

34
Klaus R. Scherpe Beschreiben, nicht Erzählen! Beispiele zu einer ästhetischen Opposition: von Döblin und Musil bis zu Darstellungen des Holocaust Antrittsvorlesung 20. Juni 1994 Humboldt-Universität zu Berlin Philosophische Fakultät II Institut für deutsche Literatur

Transcript of Klaus R. Scherpe Beschreiben, nicht Erzählen!

Page 1: Klaus R. Scherpe Beschreiben, nicht Erzählen!

Klaus R. Scherpe

Beschreiben, nicht Erzählen!

Beispiele zu einer ästhetischen Opposition:von Döblin und Musil bis zu Darstellungen

des Holocaust

Antrittsvorlesung

20. Juni 1994

Humboldt-Universität zu BerlinPhilosophische Fakultät II

Institut für deutsche Literatur

Page 2: Klaus R. Scherpe Beschreiben, nicht Erzählen!

Copyright: Alle Rechte liegen beim Verfasser

Redaktion:Gudrun KramerForschungsabteilung der Humboldt-UniversitätUnter den Linden 610099 Berlin

Herstellung:Linie DREI, Agentur für Satz und GrafikWühlischstr. 3310245 Berlin

Heft 44

Redaktionsschluß: 30. 01. 1995

Page 3: Klaus R. Scherpe Beschreiben, nicht Erzählen!

Das Thema dieser Vorlesung ist nicht ganz frisch, fast schon einLadenhüter und Evergreen der rhetorischen, poetologischen undästhetischen Tradition.1 Aber selbstredend bin ich natürlich derMeinung, daß es dort etwas, wenn auch nicht originaliter zu ent-decken, so doch in unserer spätmodernen Situation wiederzuent-decken, hinzuzufügen oder umzuschreiben gibt. Wenn dem nichtso wäre, so würde ich es selbstverständlich nicht wagen, Ihnenmit dem von Georg Lukács 1936 in Moskau abschließend ver-handelten Thema “Erzählen oder Beschreiben?”2 noch einmal un-ter die Augen zu treten. Wo also liegt im Berliner Sommer von1994 der Distinktionsgewinn?

Mein Wiederbelebungsversuch an diesem Thema geht von derBeobachtung aus, daß die dienende Rolle der Beschreibung - dasmalende Beschreiben, das Lessing im Medium der Literatur alsminderwertig erachtete, das oberflächliche Beschreibungsver-fahren, das Georg Lukács als Indiz für eine verdinglichte Prosaverwarf - daß dieses ‘Nur’-Beschreiben oder ‘Rein’-Beschreiben-de in der Literatur und in anderen Medien der Moderne eine ei-gentümliche Faszination gewinnt: eine ästhetische Militanz so-gar, die immer dann durchschlägt, wenn die bindende und ver-bindliche Kraft der Erzählung sich als unzulänglich erweist oderversagt, vorzugsweise in Kriegs- und Krisenzeiten, zum Beispielin Flauberts akkuraten Beschreibungsorgien von Karthago, Paris1863, in Döblins Angriff auf das historische Erzählen in seinem“Wallenstein”, im Elsaß und in Berlin 1915/17, in Claude Simonswie mit dem Kameraauge geschriebenen Schlachtbeschreibun-gen von Pharsalos und Flandern, in Claude Lanzmanns “Shoah”-Film, der das historisch verlebendigende Erzählen verweigert.(Lanzmann hat in “Le Monde” dagegen protestiert, daß ein inHollywoods Kinobildern erzeugtes Wort wie “Schindler-Juden”die Geschichte der Judenvernichtung repräsentiert.)3

3

Page 4: Klaus R. Scherpe Beschreiben, nicht Erzählen!

Eine Erzählung, so sagt man, macht Sinn und dessen sind wir be-dürftig. In Kriegs- und Krisenzeiten wächst das Erzähl- und Sinn-bedürfnis natürlicherweise. Das Erzählen hat therapeutischeFunktion: die tausend Erzählungen nach dem sog. “Zusammen-bruch” des Dritten Reichs, der Lesehunger nach den gestandenenErzählungen eines vergangenen poetischen Realismus, Heilungdurch Zitate. Nach 1945 wurde aber nicht alles erzählt.

Gerät die Gesellschaft in Friedenszeiten in die Krise, so ist dasErzählen als kulturelle Strategie nicht minder gefragt. In den 80erJahren hat der Gießener Philosoph und kulturpolitische RatgeberOdo Marquard das Erzählbedürfnis verallgemeinert. Die Germa-nistik und alle Geisteswissenschaften könnten sich unentbehrlichmachen, wenn es ihnen noch einmal gelänge, durch ErzählungenErsatz zu schaffen für die Modernisierungsschäden: durch sinn-bildende und werteschaffende Erzählungen für die Geschädig-ten.4 Ich muß also achtgeben, wenn ich Ihnen heute diese alte Ge-schichte, die problematische Beziehung von ‘Erzählen und Be-schreiben’ als eine moderne aufbereite.

An der Erzählung, literaturwissenschaftlich und auch kulturpoli-tisch verstanden, haben wir etwas, wenn alles gut geht: Anfangund Ende, Leben und Tod, Aufstieg und Fall, Rot und Schwarz:binäre Strukturen, die fürs Ganze der Erzählung bürgen, Erinne-rungen an vergangene Lebendigkeit usw. Auch gute Aussichtenauf ein happy ending? Zukunftsvisionen? Zur Zeit nur postmo-dern in der Form des Futur II: Nicht “Es war einmal”, sondern“Es wird gewesen sein”. - Was haben wir noch? Wir haben das,was die erzählte Welt außen, aber vor allem im Innersten zusam-menhält, die drei “M”: Milieu, Meinung und Moral. Es funktio-nieren, wenn es gut geht, Identifikation und Projektion, noch im-mer Handlung und Charakter. Die Erzählung trifft sich mit unse-ren Ängsten und Wünschen nach Orientierung in Zeit und Raum.Der moderne Klassiker spricht: “Die Zeit ist das Element der Er-zählung, wie sie das Element des Lebens ist, unlösbar damit ver-bunden wie mit den Körpern im Raum.” (Thomas Mann 1924 im“Zauberberg”)5. Allerdings kann der zeithistorische Erzähler imFalle von Krieg und Unheil - und nur von solchen Fällen der Dar-

4

Page 5: Klaus R. Scherpe Beschreiben, nicht Erzählen!

stellung werde ich heute berichten - in eine unhaltbare Positiongeraten. Thomas Mann hat auch dies dargestellt in seinem Ro-man “Doktor Faustus” von 1947, in dem der humanistisch nach-sorgende und vorsorgende Deutschland-Erzähler Serenus Zeit-blom die vom Humanismus entleerte moderne Tonkunst AdrianLeverkühns nicht mehr nacherzählen kann. Historische Endzeitdes Romans, wie seinerzeit Hans Mayer meinte.6 Glauben wirweiterhin an ein zeitliches Apriori des Romans, auch dann noch,wenn es transzendental nicht mehr wirksam, vielmehr selber hi-storisch geworden ist, so erhalten wir uns (bis auf weiteres) dasVertrauen auf ein medientechnisches Darstellungsapriori der Li-teratur. Dann wissen wir noch, was wir an der Erzählung haben:behaustes Dasein, Fortschritt und Reaktion, ein signifikantes Be-zugskontinuum. So weit (und so gut?) einige Vorzüge der Erzäh-lung.

Aber was haben wir an der Beschreibung?

Sie macht in besonderer Weise aufmerksam auf die Dinge, dieNatur, die Landschaften, die Menschen, auch das Nicht-Mensch-liche, das Anorganische. Auch auf Geschichte? Nicht auf Ge-schichte im Fortschritt der Zeit, sondern im Räumlichen vonFlächen und Figuren. Wir werden sehen. Am Menschen interes-siert die Beschreibung besonders das Körperliche. Sie verstärktdie sinnliche Wahrnehmung; sie ist (oder kann sein): die Anver-wandlung von Sprache an die Natur, also mehr als Naturnachah-mung. “Das Ziel der Kunst ist, uns ein Empfinden für das Dingzu geben, ein Empfinden, das Sehen und nicht nur Wiedererken-nen ist”, sagt Viktor Sklovskij in seiner “Theorie der Prosa”7. “Dersichtbare Mensch” heißt eine bekannte Abhandlung des marxi-stischen Filmkritikers Béla Balázs. Die Sache der Beschreibungist das Äußerliche, die Oberfläche, die Örtlichkeit. Am Gesche-hen ist derOrt des Geschehens wichtig. Die Beschreibung liebtdie lexikalische Liste, die Nomenklatur, sie akkumuliert und sum-miert. An Flaubert beobachtet Roland Barthes die “structure pu-rement sommatoire.”8 Wo die Erzählung auf den Fortgang derHandlung und Spannung setzt, um den Leser einzunehmen, auf

5

Page 6: Klaus R. Scherpe Beschreiben, nicht Erzählen!

Chronologie und Kausalität, bildet die Beschreibung eine additi-ve und korrelative Struktur. Sie studiert die Dinge. Der Leser derBeschreibung erwartet nicht das Ende, sondern die nächsten Wor-te, im Prinzip ad infinitum. Die Beschreibung isoliert ihren Ge-genstand. Musil schätzt das Fernrohr, weil es “die gewohnten Zu-sammenhänge auflöst und die wirklichen entdeckt”.9 Die Be-schreibung ist Stückwerk, Kunststück, Schaustück. Sie stellt ihnheraus: den schönen Körper der Frau im Blason, das Denk- undErinnerungswürdige in der Inschrift, im Memorandum und Me-mento. Das Beschreiben schildert. Der schildaere war einmal derSchildbemaler. Die Beschreibung schärft das Unterscheidungs-vermögen. Vermutlich ist die Beschreibung eine linguistischeUtopie: die Sehnsucht, die Welt Wort für Wort zu bezeichnen.Dieser Wunsch kann umschlagen in die Diktatur des Benennens:Es ist nur so und nicht anders. Ohne die lästige Umgebung vonSyntax und Erzählung, ohne den bedingenden Kontext ist dasNur-Beschriebene, der Aus-Schnitt, ist das Ausgenommene ganzund gar unverständig, so schön und schrecklich wie am erstenTag. Vielleicht will die Beschreibung das Bild, die Imago, rettengegen den Schriftsinn.

Das Phantasma der ‘reinen’ Beschreibung geht zusammen mit demder ‘unmittelbaren’ Wahrnehmung. Hier beginnt die Faszinationder Schreibenden, aber auch ihr Leiden: der verzweifelte Ve r s u c h ,zu den Dingen zu kommen, ihr vermeintliches Eigengewicht zuspüren, welches die Erzählung eher verbirgt. Die Magie der Dingevor dem Kameraauge. Der Beschreibungskünstler Kafka, ein Flau-b e r t - B e w u n d e r e r, spricht von der “quälenden Lust, die Dinge so zusehen, wie sie sich geben mögen, ehe sie sich mir zeigen. Sie sindda wohl schön und ruhig.”1 0 Der Wunsch nach Beschreibung hatetwas Atavistisches und Regressives, in zivilisierter Form: derWunsch nach Nähe, teilnehmende Beobachtung. Und doch kanngerade dieser Beschreibungswunsch der unendlichen Zuschrei-bung von Bedeutungen, der Frage nach den anderen Bedeutungenunter der beschriebenen Oberfläche nie entgehen. Im Gegenteil!Die semantische Überdetermination, die Ambiguität der Zeichen,die Generierung von Text ist ‘vor Ort’, dort, wo das Zubeschrei-bende isoliert, detailliert und präzisiert wird, am allerg r ö ß t e n .

6

Page 7: Klaus R. Scherpe Beschreiben, nicht Erzählen!

Warum konnte die Konstellation ‘Erzählen oder Beschreiben’überhaupt zum Streitfall werden, zur Glaubensfrage? Es streitensich die Poetologen und Ideologen um die ‘wahrscheinliche’ odergar wahre Repräsentation der Wirklichkeit, die Künstler um dasausdruckfähigere Medium (Malerei, Literatur, Photographie,Film), die Philosophen über den Vorrang von Mimesis oder Se-miosis bei der Darstellung (bzw. Nicht-Darstellbarkeit) der Welt.Orientierung in diese Streitigkeiten bringt allein das historischeArgument.

Der Streit beginnt dort, wo die Historisierung des Problems be-ginnt. Nach 1750 - das ist die Zeit der Intervention von Diderot,Marmontel und Lessing - zerbricht die Einheit des metaphysisch-universellen Denkens. Die gesicherten Taxinomien und Ta b l e a u sdes Wissens werden subjektiv und perspektivisch gegengezeich-net. Die Regelbücher der Rhetorik und Poetik geraten in Aufruhr.Es erfolgt der Bruch in der Ordnung der Dinge, wie Foucault sagt.Der Riß ist der Mensch.In der klassischen Rhetorik und Poetik war das Verhältnis von Er-zählen und Beschreiben ein durchaus friedfertiges. Von der antikenRhetorik bis ins späte Mittelalter war mit dem Stichwort e k p h r a s i s ,lateinisch descriptio, stets eine Unterabteilung der n a rratio g e m e i n t ,eine Erweiterung der forensischen und epideiktischen Rede. Die Be-schreibung ist hier eine Form der Rede, die ihren Gegenstand demZuhörer unmittelbar anschaulich macht (“quae velut in rem prae-sentem perducere audientes videtur”). Es gab den Spezialfall derOrtsbeschreibung, die t o p o g r a p h i a, den der Personenbeschreibungund auch den Fall der beschriebenen Handlung, das ‘Stellt euch vor’der Teichoskopie. Auch der Überg r i ff der einen Kunst in die ande-re - der von Plutarch überlieferte Satz des Lyrikers Simonides vonKeos, daß “die Malerei eine stumme Poesie, und die Poesie eine re-dende Malerei” sei, das Horazische ut pictura poesis, - sprengte dieHierarchie der Medien und Genres der Darstellung nicht. War dochdie Beschreibung auch in der mittelalterlichen und noch in der Li-teratur des 17. Jahrhunderts ein Prunkstück der Erzählung.

Seit Leonardos “Trattato della pittura” konnte der Medienver-gleich im Sinne eines Vergleichens und Aufrechnens der “natür-

7

Page 8: Klaus R. Scherpe Beschreiben, nicht Erzählen!

lichen” Zeichen der Malerei und der “willkürlichen” Zeichen derPoesie zwar als mäßig gelten (jeder Kunst ihre spezifische Aus-drucks- und Wirkungsqualität), doch mußte eben diese gewohn-te Vergleichbarkeit zu dem Zeitpunkt zum casus belli werden als,beispielhaft in Lessings “Laokoon: Oder über die Grenzen derMahlerey und Poesie” von 1766, historisch gesehen, ein ‘Hand-lungsbedarf’ entstand, resultierend aus einem neuen historischenBewußtsein der Zeit, der Veränderbarkeit der Welt durch indivi-duelles und kollektives menschliches Handeln.

Lessing, der Semiotiker, hat entdeckt, wie unterschiedlich die ver-schiedenen Künste ihre Zeichen mit Bedeutung ‘aufladen’, auchwenn er sprachlogisch sicher nicht Recht behalten hat mit der Be-hauptung, daß eine Zeichenfolge immer temporalen Charakterh a t .11 Die überschüssige Emphase des Semiotikers übrigens verrätden Ideologen. “Nachahmende Zeichen a u f e i n a n d e r können auchnur Gegenstände ausdrücken, die auf einander, oder deren Theileauf einander folgen”, heißt es im Anhang zum “Laokoon”. “Sol-che Gegenstände heißen überhaupt H a n d l u n g e n. Folglich sindHandlungen der eigentliche Gegenstand der Poesie.”1 2 Lessing pro-testiert gegen die Immobilisierung der Zeichen in der “mahlendenPoesie”, die in den Lehrgebäuden der Poetik des 18. Jahrhundertsnoch ein ganzes Gattungsstockwerk besetzt hielt. Sein Protest giltdarüber hinaus einer in sich ruhenden Repräsentationskunst des an-cien regime, die auch das Transitorische als ewig zur Anschauungbringen will. Er ergreift Partei für die im Aufklärungszeitalter her-vortretende Handlungsdynamik entgegen der bildlichen Synchro-nie und der Koexistenz der Zeichen. Lessings heftige Interventionin die bislang friedfertige Konstellation von Poesie und Malerei,auch in die Modi von Erzählen und Beschreiben, betreibt die Mo-bilisierung der Leser und Zuschauer. Die wirkungsvolle Illusio-nierung des Rezipienten ist ihm alles. Die Künste sollen, jede fürsich, auf die ihnen bestmögliche Art und Weise helfen, den besse-ren Menschen hervorzubringen. Die aus sinnlichen Eindrückenund Argumenten erschlossene I d e e der Sache wird wichtiger alsdie Sache. An der Beschreibung interessiert nurmehr der Vo rg a n gdes Beschreibens, am Beschriebenen die damit zu verbindendenmenschlichen Empfindungen und Tätigkeiten. Lichtenbergs Kom-

8

Page 9: Klaus R. Scherpe Beschreiben, nicht Erzählen!

mentierungen der Hogarthschen Kupferstiche sind Bilde r z ä h l u n -g e n. Die A n s c h a u u n g der Bilder gilt alsbald mehr als ihr Ansehenoder ihre bloße Ansicht. Vom “Durchschauen” spricht Lenz in den“Anmerkungen übers Theater”. Die tief empfundene “unmittelba-re Anschauung” wird zum Ausgangspunkt der deutenden Sym-bolisierung. Die Einbildungskraft erlöst die Bilder aus ihrerbloßen Bildhaftigkeit. Funktionieren die Goetheschen Bildbe-schreibungen womöglich auch ohne Bilder?13 Aus der Erkennt-nis, daß “d i e s e Dinge” niemals nur diese Dinge sind, formiert sichdas beobachtende Bewußtsein als geschichtsphilosophische Auto-rität gegenüber den Dingen. Wenn seit dem 19. Jahrhundert, vonHegel bis Lukács, aus der Anschauung die Weltanschauung wird,dann siegt, in Gedanken, die zur künstlerischen Norm erhobene,Sinn verheißende Erzählung. Wir werden sehen, daß die Wi e d e r-entdeckung der Beschreibung in der Literatur der Moderne alsästhetische Opposition gegen das Erzählen eben hierauf zielt: aufdie weltanschaulich angeleitete und formierte Erzählung.

Lukács’ Moskauer Aufsatz von 1936 “Erzählen oder Beschrei-ben?” läßt sich in seinen Vorurteilen und Verurteilungen der Be-schreibung als Steigerung der kapitalistischen Verdinglichung inder Literatur heute anders lesen. Weniger als Kritik an der Befe-stigung der Welt im Zustand der fertigen Phänomene (Lukács’ An-g r i ff auf Flaubert und die Naturalisten), sondern als Kritik an derimmerschon fertigen Erzählung, die uns stets richtig und wahr-haftig und in der Konsequenz parteilich berät. Unerträglich ist fürLukács die Gleichgültigkeit des Seins, welche die Beschrei-bungskünstler des 19. Jahrhunderts, Stifter und Flaubert, bezau-berte und entsetzte, was ihnen schon die moralisierende Kritik vonHebbel und Saint-Beuve eintrug. In der Tat erfolgte die Beschrei-bung des casquet, der helmartigen Mütze von Charles Bovary oh-ne inneres Gewissen und ohne tragisches Bewußtsein. Durch ihrenSchematismus provoziert Lukács’ Abhandlung das, wogegen sieprotestiert: eine moderne Poetik der Beschreibung. Gegen LukácsForderung der sozialpolitisch “erfüllten” narrativen Zeit stehtdann die Beschreibung, die dem menschheitlichen Erzählen dieZeit entzieht. Gegen das zur B e g r ü n d u n g der Erzählung geeigne-te Zeitgefüge steht dann die momentane Ve rg e g e n w ä rt i g u n g ( G e r-

9

Page 10: Klaus R. Scherpe Beschreiben, nicht Erzählen!

trude Steins “just as soon as now”). An die Stelle der Evolutionentreten die Evokationen (Roland Barthes “existentielle Dichte ei-ner Dauer”). Auf Konklusionen antworten Kristallisationen. Stattder Totalität der Erzählung die Isolation des Beschriebenen, stattder Idealisierung des in der Wirklichkeit handelnden Menschendie sprachliche Realität des ‘behandelten’ Menschen, statt Aus-drucks- und Anschauungspathos die literarische Realität der Re-produktion, statt der Offenbarung der Realität ihre Konstruktion,statt der Identifikation, zu der die Erzählung einlädt, seit Proustdie ausgekühlte Emphase der Observation, statt der Illusion derWiderspiegelung Döblins Postulat der Faktenphantasien, statt derChronologie und Finalität der Erzählung Robbe-Grillets “Der Au-genblick leugnet die Kontinuität”.

Mich interessiert nun weiterhin, jetzt gleich und im folgenden, inder Reihe meiner Beschreibungsexempel der Moderne nur nochdas eine: der Anti-Lukács in Lukács, der lautlose Aufstand der Zei-chen einer beschreibenden Literatur inmitten der beredten Erzäh-lung, die I n t e rv e n t i o n der Beschreibung, mit der nicht nur, wieLukács fürchten mußte, der Formalismus siegte. Nicht der Tr i u m p hder “raffinierten Atelierkunst” der Naturalisten, wie er behauptete,nicht nur die Dominanz der Darstellung über das Dargestellte istdas Faszinierende und Unheimliche an der neuerlichen Beschrei-bungslust m o d e r n e r L i t e r a t u r. Etwas anderes kommt hinzu, etwasEntscheidendes, was ich bisher nur angedeutet habe und das mirbeim Abfassen dieses Vortrags immer wichtiger wurde: eine Artkultureller Fundamentalismus (die Auflösung der gewohnten Zu-sammenhänge, um das ‘Wirkliche wirklich’ zu entdecken), einWille zur u n b e d i n g t e n Darstellung, der sich gerade dort festsetzt,so meine These, wo die Erzählung nicht mehr weiter kann, keinenRat weiß, Platz läßt und Raum gibt. Was geschieht eben dort, nichtam Ende der Erzählung, sondern inmitten, dort, wo die Erzählungplötzlich aussetzt und die Beschreibung den leeren Platz besetzt?

***

“Wer wird erzählen in solchen Zeiten?” Alfred Döblins “Wallen-stein”-Roman, geschrieben in der elsässischen Etappe von 1915,

10

Page 11: Klaus R. Scherpe Beschreiben, nicht Erzählen!

wo er als Militärarzt am Tage Verwundete zusammenflickte undam Abend die aus den Universitätsbibliotheken von Straßburgund Heidelberg herbeigeschafften historischen Werke exzerpier-te (die Leihscheine liegen im Nachlaß in Marbach), Döblins Ro-man ist ein rücksichtsloser Angriff auf die fabulierende, histori-sierende und psychologisierende Erzählform des 19. Jahrhun-derts, zudem eine Schmähschrift auf die interpretierende und er-klärende Historiographie. Statt der Nacherzählung propagiertDöblin das moderne Epos: die Reaktivierung und Vitalisierungvon Gesten, Ritualen und Verhaltensweisen, die Handlungen her-vorbringen, kriegerische Schaubilder der Gewalt. Der Dreißig-jährige Krieg als historisches Ereignis war für Döblin sekundär,es hätte, nach der Lektüre von Flauberts “Salammbô”, auch einerder Punischen Kriege sein können oder, wie er selber mitteilt, ei-ner der Kreuzzüge. Geschichte im historischen Roman ist fürDöblin allemal Angelesenes, medial Vermitteltes, Buch, Bild,Kupferstich, die Serie von Bildern und einmal ums andere: ver-fehlte Gegenwart. “Der historische Roman ist erstens Roman undzweitens keine Historie”, sagt er im Exil der dreißiger Jahre.14

“Nachdem die Böhmen besiegt waren, war niemand darüber sofroh wie der Kaiser” 15. Bereits der erste Satz des “Wallenstein”-Romans beendet die historische Erzählung. Der Beginn durch ei-nen temporalen Nebensatz der Vorvergangenheit, dem der signi-fikante Kontext entzogen wird - die Schlacht am Weißen Bergevon 1620, in der die Böhmen dem Kaiser Ferdinand unterlegenwaren, - schließt die Erzählung ab und eröffnet sogleich das Ta-bleau des Siegesschmauses: “Noch nie hatte er [es ist Kaiser Fer-dinand der Andere, wie Döblin ihn nennt,] mit rascheren Zähnenhinter den Fasanen gesessen [...] kaute, knabberte, biß, mahlte,malmte [...]”16 In der Szenerie des Gelages - “zwanzig Ge-waltherren und Fürsten”, versammelt unter dem Blick der Maje-stät - zeigt Döblin Geschichte, genauer, er demonstriert Vorstel -lungen von Geschichte, die er aus dem angelesenen Bücherwis-sen und der Ansicht von Kriegsmalereien, Schlachtplänen und al-ten Stichen der Städte, Wiens zum Beispiel, allerdings aus dem15. und nicht aus dem 17. Jahrhundert, gewonnen hat. Wie in ei-nem historischen Ausstattungsfilm, der vor lauter Dekor nicht

11

Page 12: Klaus R. Scherpe Beschreiben, nicht Erzählen!

von der Stelle kommt, zeigt er in Großaufnahme die spanischenKrausen und niederländischen Spitzenkragen, die speicheltrie-fenden Lippen über dem Geflügel. Zur Schau gestellt werden diePerioden der Reden wie die Folgen der Speisen und Weine, dieReihe der Namen, das Zeremoniell der Tafel, in dem die gesell-schaftliche Hierarchie aufgeht, das musikalische Arrangementund die Bewachung durch die Leibgarde, die dem Ganzen seinenregulativen Rahmen gibt. Das Raumbild überlagert die Zeiten-folge. Die en detail erzeugte Dynamisierung des Wahrgenomme-nen, die Döblin durch seine futuristisch inspirierte Stilmanier imText durchsetzt (Akkumulation der Attribute, Aufschichten vonAssonanzen und Alliterationen, Aufhäufung von elliptischen, pa-rataktisch konstruierten Sätzen), unterliegt doch dem gewichti-gen Stillstand der Beschreibung. Deren Effektivität verstärkt dasinflationär gebrauchte Partizipium Präsens, das, wie später beiden Beschreibungskünstlern des nouveau roman, den Satzbau re-giert und die Aktivitäten in Zuständlichkeiten verwandelt, alsozum Beispiel die Kriegsgreuel der geschlagenen Schlacht um-standslos im Festsaal des Kaiserlichen Banketts in Wien plaziert:“[...] brausend gegen den wallenden Vorhang, den die Marschäl-le und Trabanten durchschritten: prächtig zerhiebene Pfälzerlei-chen, Rumpf ohne Kopf, Augen ohne Blicke, Karren, Karren vollLeichen, eselgezogen, von Pulverdunst und Gestank eingehüllt,in Kisten wie Baumäste gestaucht, kippend, wippend, hott, hottdurch die Luft. Oh, wie schmeckten die gebackenen Muscheln,die Törtchen und Konfitüren Seiner Kaiserlichen Majestät.”17

In dieser Manier schreibt Döblin seinen Roman fort und fort, oh-ne erzählerisch recht von der Stelle zu kommen. Aus der Erzäh-lung von Ereignissen herausgehoben und von der historischenCharakteristik abgehoben und isoliert werden immer wieder An-sichten von Gewalt: am Körper und an der Rüstung des Kriegs-herren erscheinen, blasonartig, seine Untaten: “Seine knotigenFinger bezeichneten ein jeder die Vernichtung von Städten; mitjedem Gelenk war ein Dutzend ausgerotteter Dörfer bezeich-net.”18 Die Verbrennung des Juden, der die Hostie geschändet hat,und die seines Weibes wird beschrieben in einer rücksichtslosenExponierung des Sichtbaren, einem Schaustück körperlicher Ge-

12

Page 13: Klaus R. Scherpe Beschreiben, nicht Erzählen!

walt im voyeuristischen Blickfang der Majestät, der Henker, Op-fer, der Zuschauer und auch des Lesers, dem dies vor Augen ge-stellt wird.19 Im Vollzug des Döblinschen Erzählens durch Be-schreibungen, in einer dynamisierten, assoziativen Sprache, wirddie historische Referenz der Protagonisten und Ereignisse über-formt und als Orientierungspunkt außer Kraft gesetzt.

Warum geschieht in Döblins historischem Roman nur dies undnichts anderes? Döblins Fixierung des Erzählens auf Schaubilderführt zu einer Art R e k u l t i v i e ru n g der Personen- und Ereignisge-schichte, zu einer unpersönlichen R i t u a l i s i e ru n g des Geschehens.Im Modus der isolierenden und detaillierenden Beschreibung voll-zieht sich eine E l e m e n t a r i s i e ru n g und Vi t a l i s i e ru n g des Histori-schen. Mit einer regresssiven Vision von Geschichte wird die Er-findung der historischen Zeit, von individuellen und kollektivenHandlungen und Ereignissen gewissermaßen rückgängig ge-macht. Nicht zufällig operiert Döblin im Sinne seiner emphati-schen Forderung nach einem modernen Epos anstelle des histori-sierenden Romans mit vormodernen taxinomischen und klassifi-katorischen Ordnungsmustern. Geschichte wird ‘dingfest’ ge-macht durch das Aufdecken der Rituale der gewaltsamen Kriegs-handlungen. Das beschreibende Verfahren moderiert diesen Zug-zwang zur Ve rgegenständlichung einer Geschichte, die ohne Wi l-lensentscheidungen, Motive und ideellen Antrieb funktioniert.Die Beschreibungslust und Beschreibungswut, die allein den Te x tdes Romans motivieren, haben einen doppelten Effekt: Artistischstärkten sie das Vorstellungsvermögen an der Oberfläche und be-reiten gerade dabei den Absturz in das Unwirkliche, nicht Faßba-re, erzählerisch Inkommensurable vor. Die an der sichtbaren Ober-fläche perfekt organisierte und stilistisch ausgeklügelte Musterungder Wirklichkeit schlägt um in eine De-Realisierung dieser Wi r k-lichkeit. In Döblins Roman ergreifen die Wortkaskaden und sug-gestiven Sprachströme die aus dem Geschichtsbuch hervortreten-den Personen und politischen Handlungen. Nach allen Regeln derSprachkunst wird in diesem Text Kaiser Ferdinand der Andere amEnde in den Wald getrieben und in ein Tier verwandelt. Irg e n d w i emußte der durch seine Beschreibungsrituale aus der Zeitfolge ge-worfene historische Roman trotzdem zum Ende gebracht werden.

13

Page 14: Klaus R. Scherpe Beschreiben, nicht Erzählen!

Der Erste Weltkrieg als Erfahrung der Moderne - die Destrukti-onspotentiale des technischen Fortschritts, eine gewaltsame Ord-nung, die das Chaos produziert, ein Funktionalismus, der die Mo-ral zerschlägt und archaische Mythen zurückbringt - radikalisier-te das Darstellungsproblem. Die große Masse der nachträglichenKriegserzählungen hielt sich an das Fronterlebnis. Dagegenstand, im Verbund mit den neuen technischen Medien, die Mo-mentaufnahme. Die Kriegsphotographien demonstrieren die ra-dikale Veränderung der Erfahrungswerte und Wahrnehmungs-strukturen. Was zeigt die Luftbildphotographie mehr als die Zer-legung der Landschaften und Ortschaften, die leere Strategie desSchlachtfeldes? Was zeigt das Photo im Tornister oder im Feld-postbrief von den individuellen Kriegserfahrungen? Bernd Hüp-pauf hat nachgewiesen, wie der diesen Momentaufnahmen ent-zogene Erzählgehalt in den Photoalben und Bilderbüchern vomKriege nachträglich wiederhergestellt wurde.20 Eine Literatur,welche die Erzähltherapie verweigert und auf der Darstellbarkeitdes destruktiven, die sinnlichen und kognitiven Vermögen über-fordernden Kriegserlebnisses besteht, macht die hierbei ins Au-ge zu fassende Zerstückelung und Fragmentierung des Körpers,den Ausschnitt, den Einschnitt in die Erfahrung, die technischversierte Momentaufnahme zum Gegenstand der Darstellung.

Der Erzähler Robert Musil, einer der Kriegsbegeisterten von1914, die im Krieg das elementare Erlebnis gegen die zivilisato-rische Trägheit der Friedenszeit suchten, hat sich stets für das in-teressiert, was den Erzählrahmen sprengt, hat damit experimen-tiert, sich die abgesprengten Phänomene vor Augen zu stellen, siesprachlich zu fixieren - sie zu beschreiben. Allein in der Kunstder Beschreibung und nicht in der Erzählung (der “Mann ohneEigenschaften” handelt erzählerisch nicht vom Ersten Welt-krieg)21 manifestiert sich für Musil die Provokation des elemen-taren kulturell-kultischen Erlebnisses: “Man sieht Dinge immermitsamt ihrer Umgebung an und hält sie gewohnheitsmäßig fürdas, was sie darin bedeuten. Treten sie einmal heraus, so sindsie unverständlich und schrecklich, wie es der erste Tag nachder Weltschöpfung gewesen sein mag, ehe sich die Erschei-nungen aneinander und an uns gewöhnt hatten. So wird auch

14

Page 15: Klaus R. Scherpe Beschreiben, nicht Erzählen!

in der glashellen Einsamkeit alles deutlicher und größer, abervor allem wird es ursprünglicher und dämonischer. Ein Hut[Musil hätte Flauberts berühmte Beschreibung der Helmmützedes armen Charles Bovary vor Augen haben können] entartetaugenblicklich zu etwas Wahnsinnsähnlichem, wenn das Tr i ë-der seine romantischen Beziehungen zur Umwelt unterbrichtund die richtigen optischen herstellt.”2 2 Das unheimliche Mo-tiv der modernen Beschreibungsliteratur, - im Absehen vondem ‘zivilen’ und zivilisierenden Kontext der Erzählung denisolierten Dingen eine ‘eigentliche’ und ursprüngliche Bedeu-tung abzugewinnen, dieser linguistische Irrsinn, wenn man sowill -, dieses im Blick durch das Fernrohr geschärfte Motiv istMusils Faszinosum: das augenblickliche Entarten “zu etwasWahnsinnsähnlichem” bei einer bestimmten optischen Einstel-lung. In seiner Rezension von Béla Balázs Filmbuch “Dersichtbare Mensch” von 1925, in dem er die Filmkunst wegenihrer Dichte der Bedeutungen zur eigentlichen und neuenDichtkunst erklärt, spricht Musil von jener Störung der Nor-malität, jenem “Entrückungsvorgang” und von dem suggesti-ven Augenblickserlebnis, zu dem im “dichten” filmischen Bild“unter gleichem Affekt stehende Bilder zu Konglomeraten zu-sammengeballt werden, an denen gewissermaßen die Aff e k t-summe haftet (z.B. Tiermenschen und multiple Tiere der pri-mitiven Kulturen, Traum- und Halluzinationsbilder, wo gleich-falls zwei oder mehr Personen in einer erscheinen), oder um-gekehrt, ein einziges Bild (Teil) als Repräsentant eines Kom-plexes auftritt und mit dem unerklärlichen Affektwert desGanzen geladen erscheint (Magische Rolle von Haaren, Fin-gernägeln, Schatten, Spiegelbild u. dgl.).”2 3 Im Bewußtsein derneuen technischen Bedingungen der Wahrnehmung benutztMusil den Film als ästhetisches Reflexionsmedium der Litera-t u r. In seinem Filmessay spricht er von der “optischen Ein-samkeit” und vom “isolierten optischen Erlebnis”, das die Ge-genständlichkeit des Gesehenen eigentümlich verwandelt. I nMusils Erzähltexten gibt es vergleichbare beschreibende Moment-aufnahmen, gewisse Ein-Stellungen des Beschreibens im Er-zählen, auf die er immer wieder zurückkommt. Am bekanntestenist die Fliegerpfeilepisode, eine Verarbeitung des Kriegserlebnis-

15

Page 16: Klaus R. Scherpe Beschreiben, nicht Erzählen!

ses, die er zum ersten Mal im September 1915 notierte und in der“Amsel” von 1926 ausführt. Musil beschreibt hier den span-nungsgeladenen, sinnlich erfahrenen Zustand, in dem er sich kurzvor dem Einschlag des Geschosses, das auf ihn zu zielen schien,befand. Der Augenblick der Gefahr, nicht darstellbar in der Spra-che und darum mit Worten nur deskriptiv eingekreist und scharfumrissen, wird als Moment der Entrückung, ja geradezu des Rau-sches und der Befreiung erlebt. Die geschärfte Wahrnehmung, diesich ihre Worte sucht - Worte, die treffen, jenseits der Formelhaf-tigkeit der Syntax und der Bedeutungsfülle der Metaphern, die aufeinen symbolischen Zusammenhang zielen - hat Musil tatsächlichmagisch besetzten Gegenständen wie Haaren, Fingernägeln undSpiegeln oder, ebenso banal, einem Fliegenpapier zukommen las-sen. In einem frühen Text von 1913 mit diesem Gegenstand im Ti-tel ist er fasziniert von der Todessekunde der an dem papiernenKlebestreifen zappelnden, tödlich gefangenen Fliege. Faszinie-rend sind die plötzliche Wahrnehmung und die durch sie ausgelö-ste optische Halluzination: “Und dann kommt der immer gleichseltsame Augenblick, wo das Bedürfnis einer gegenwärtigen Se-kunde über alle mächtigen Dauergefühle des Daseins siegt [...]. Soliegen sie [die Fliegen] da. Wie gestürzte Aeroplane, die mit ei-nem Flügel in die Luft ragen [...]. Und nur an der Seite des Leibs[...] haben sie irgend ein ganz kleines, flimmerndes Organ, das lebtnoch lange. Es geht auf und zu, man kann es ohne Ve rg r ö ß e-rungsglas nicht bezeichnen, es sieht wie ein winziges Menschen-auge aus, das sich unaufhörlich öffnet und schließt.”2 4 In der No-velle “Grigia” wird die Beschreibung der Todessekunde auf demFliegenpapier als Material genutzt und in die Erzählhandlung ein-gespielt. Die pastorale Geschichte im Alpental wird unterbrochen,um derart den Kriegszustand zu verg e g e n w ä r t i g e n .

Döblins Beschreibungen in der Erzählung präzisieren “die Dau-ergefühle des Daseins”. Musils deskriptive Interventionen, opti-sche Halluzinationen im Gleichlauf eines unendlichen Gesche-hens, präzisieren die Affektsumme des Wahrnehmbaren im Au-genblick. Die Aussonderung des isolierten Details, das in der ‘rei-nen’ Beschreibung gegenüber dem narrativen Zusammenhangmit Bedeutung aufgeladen wird, die Substitution des Erzählge-

16

Page 17: Klaus R. Scherpe Beschreiben, nicht Erzählen!

füges durch sprachliche Kristallisation eines vermeintlich unmit-telbaren Eindrucks oder Ausdrucks des Beschreibens betreibenbeide, Döblin und Musil. Und gemeinsam ist beiden der von mirso genannte kulturell-kultische Fundamentalismus, eine Art Re-kultivierung der Phänomene, ein Kurzschluß von der Oberflächeauf den vermeintlichen Ursprung der beschriebenen Gegenstän-de und Körper: der regressive Effekt der beschreibenden Metho-de, den Musil die augenblickliche Entartung zu etwas “Wahn-sinnsähnlichem” nennt. Unterschieden sind beide Schreiber, so-weit sie Beschreibungskünstler sind, darin, daß der eine, Döblin,seine antinarrativen “Faktenphantasien” sozusagen flächen-deckend ausbreitet, um dem Zeitgeist der Erzählung seine bild-haft-mimetische Welt des modernen Epos entgegenzustellen. Derandere, Musil, folgt als Beschreibungskünstler dem Augenblicks-und Plötzlichkeitsphantasma der Avantgarde, dem Epiphanieer-lebnis des plötzlichen Einbruchs Gottes in die Welt, den Durch-bruchsphantasien, mit denen die evolutionäre Trägheit der Ge-schichte trotzalledem revolutionär bewegt werden sollte.

***

Die deutsche Literatur nach dem Zweiten Weltkrieg hat dem The-ma einer ästhetischen Opposition der Beschreibung inmitten der Er-zählung wenig Innovatorisches hinzuzusetzen. Die schon bekann-ten Darstellungmuster werden unter dem Realitätsdruck von Fa-schismus, Massenvernichtungswaffen, stalinistischen Säuberungenund Holocaust und ihrer sog. ‘Bewältigung’ in der Literatur und inanderen Medien allerdings vielfach umgeschrieben und erweitert:im nouveau roman zum Beispiel, im Postavantgardismus eines Al-fred Andersch oder Peter Weiss, auch in den filmischen und archi-tektonischen Rekonstruktionen der L e e re, welche die Massenver-nichtungen dieses Jahrhunderts hinterlassen haben und die, so lau-tet hier die These, durch keinerlei verlebendigende und rettende Er-zählung, nachträglich illustrierend, aufgefüllt werden kann.

Weitere Exempla meiner Reihe der literarischen Beschreibungenkann ich nur kurz aufblenden und wieder abblenden, ohne Ga-rantie auf ihre Schlüssigkeit in der Literaturgeschichte.

17

Page 18: Klaus R. Scherpe Beschreiben, nicht Erzählen!

Ernst Jünger - seit seinen unsentimentalen Einsichten in den tech-nologischen Stand der Dinge im “Arbeiter” von 1932 und den mitdem stereoskopischen Blick bewaffneten Wahrnehmungsexerzi-tien seines “Abenteuerlichen Herzens” in der zweiten Fassungvon 1938 ein Experte des Beschreibens im Erzählen - Jünger exe-kutiert in den “Strahlungen” unter dem Tagebucheintrag vom 29.Mai 1941 in Paris noch einmal ein Beschreibungsritual, das aufästhetischen Gewinn aus ist. Als Teilnehmer eines Exekutions-kommandos beschreibt er, teilnahmslos wie ein Voyeur teil-nahmslos ist, die Erschießung des Delinquenten: “Eine winzigeFliege spielt um seine linke Wange und setzt sich einige Maledicht neben seinem Ohre fest. [...] Ich möchte fortblicken, zwin-ge mich aber hinzusehen und erfasse den Augenblick, in dem mitder Salve fünf dunkle Löcher im Karton [um das Herz] erschei-nen, als schlügen Tautropfen darauf. Der Getroffene steht nocham Baum; in seinen Zügen drückt sich eine ungeheure Überra-schung aus. Ich sehe den Mund sich öffnen und schließen, als ober Vokale formulieren und mit großer Mühe noch sprechen will.Der Umstand hat etwas Verwirrendes, und wieder wird die Zeitsehr lang. Auch scheint es, daß der Mann jetzt sehr gefährlichwird [...]. Der eine der beiden Wächter löst die Handschellen undwischt ihr blitzendes Metall mit einem Lappen vom Blut rein.Man bettet den Leichnam in den Sarg; es ist mir, als ob die klei-ne Fliege von vorhin in einem Sonnenstrahle darüber spielt.Rückfahrt in einem neuen, stärkeren Anfall von Depression.”25

Jünger will den gefährlichen Augenblick, der hier sachlich ver-handelt wird, als Auslöser eines ästhetisches Erlebnisses ver-standen wissen. Er kultiviert den Vorgang der ‘unmittelbarenWahrnehmung’ und ‘reinen Beschreibung’, der schwindelerre-gend wirkt und das reflektierende Bewußtsein einen Moment zu-gunsten einer evokativen Wahrnehmung außer Kraft setzt. Wasdurch die kalte Präzision der Beobachtung beschreibend verge-genwärtigt wird, ist jedoch nichts anderes als eine saubere Ord-nung der beschriebenen Details. Der Ausfall von Zeit zugunstender Beschreibung des entscheidenden Augenblicks soll die Über-legenheit eines zweiten, ästhetischen Bewußtseins gegenüberdem nur vernünftig operierenden demonstrieren. Jüngers Be-schreibungsexerzitium ist jedoch nur ‘clean’ und nicht ‘magisch’,

18

Page 19: Klaus R. Scherpe Beschreiben, nicht Erzählen!

im Text ordnungspolitisch wirksam und nicht bewußtseinserwei-ternd. Jünger, seit 1934 ein Experte für den Schmerz als eine derletzten ästhetischen Möglichkeiten und nach Karl Heinz BohrersWertschätzung der einzige deutsche Surrealist26, hat den bre-chenden Augen zugeschaut, dabei aber nicht den Schnitt in dieeigene Netzhaut gespürt, den Luis Buñuel dem Zuschauer seines“Un chien andalou” zumutet. Davor bringt Jünger sich schreibendin Sicherheit, hinter seinem Fernglas oder Mikroskop oder derhier abgeguckten Haltung der Désinvolture. Was bleibt, das istdas ästhetische Sonderkommando des wahrnehmenden Subjekts.Aber leider, so das Eingeständnis des Tagebuchs vom Mai 1941,schützt dieses nicht einmal vor Migräne und Depression.

Zur Wahrnehmungselite der Kriegs- und Nachkriegsliteraturgehört auch - wen überrascht es? - ein Autor wie Stephan Herm-lin, ein heimlicher Verehrer der ästhetischen Radikalität vonErnst Jünger und Gottfried Benn. Auch Hermlin greift auf dasavantgardistische Motiv des im Zustand des Beschriebenen zu fi-xierenden gefährlichen Augenblicks zurück und dies inmitten ei-ner politisch-moralischen Geschichte zum Widerstand des 20. Ju-li, “Der Leutnant Yorck von Wartenburg”. Wie in Ambrose Bier-ces Kurzgeschichte “The Occurence at Owl Creek Bridge”, derHermlin das Motiv entnimmt, wird der Augenblick herausgestellt,die Sekunde vor dem Tod, in der sich die Schlinge um den Halsdes Verurteilten schließt. In aller Schärfe zeichnen sich in YorcksWahrnehmung die Dinge ab, auch der eigene gefolterte Körper:“Die Dinge traten in ihren Umrissen schärfer hervor, gleichzeitigaber schien das infernalische gelbrote Licht, das auf ihnen lag,stärker zu werden und ihnen eine neue, geheimnisschwere Be-deutung zu verleihen. Er fühlte sein Bewußtsein unwiderstehlichvon sich weg [...] gleiten [...], er fühlte nicht den Speichel, derihm aus dem offenen Munde über das Kinn floß, noch vermoch-te er sein Antlitz zu sehen, das, furchtbar verfärbt, Zunge und nachoben gedrehte Augäpfel zeigte. [...] Die Verurteilten zuckten kon-vulsivisch in den Blöcken. [...] Die Sandfläche, auf die er starrte,verschob sich dann unversehens wie ein Objekt unter der Linsedes Mikroskops, bis er einige Sandkörner zu erblicken glaubte,scharf und starr, in deren Facetten das Licht sich farbig brach.”27

19

Page 20: Klaus R. Scherpe Beschreiben, nicht Erzählen!

“Unter der Linse des Mikroskops” ähneln sich die Beschreibun-gen von Jünger und Hermlin. Die Isolation des Wahrgenomme-nen erzeugt den Effekt des Schreckens und, im Sinne Freuds, dasUn-Heimliche, die grauenhafte Bloßstellung des menschlichenKörpers, die sich in der Sekunde des schwindenden Bewußtseinsabzeichnet. Auch Hermlins Text von 1946 wiederholt, wie derJüngers von 1941, die Faszination der Avantgarde am ästhetischreizvollen Ausnahmezustand, eine Art Selbstrepräsentation derreinen Wahrnehmung, die ans Authentische und Auratische rührt:Der Augenblick des Todes ist der Moment der unmittelbarenWahrnehmung und der reinen Beschreibung.

Ich beanspruche nicht, zu diesem viel diskutierten PhänomenNeues zu sagen. Dieses Phantasma der Avantgarde, das die Kri-tiker von Blanchot bis Lethen und Bohrer, letzterer affirmativ, be-merkt haben, wird von Hermlin ganz anders plaziert, nach der Ex-hibition des Grauens sofort wieder erzählerisch geborgen.Während Jünger das ästhetische Faszinosum des beschriebenenAugenblicks um seine magische Wirkung bringt, indem er es sei-ner eigenen subjektiven Depression zuordnet, bringt Hermlin denAusnahmezustand der ‘reinen’ Beschreibung als den “Falken”seiner Novelle zurück in den erzählerisch-räsonierenden Zusam-menhang. Yorck nämlich halluziniert in der Sekunde vor dem To-de seine Befreiung durch die Rote Armee und die antifaschisti-schen Widerstandskämpfer, und dann wird einfach weitererzählt:“‘Peter!’ rief der Freiherr leise.” “Was denken Sie von den Ro-ten, Wernicke?” Und das rettende Wort “Moskwa” wird von ‘un-serem’ Widerstandshelden endlich, “eines Nachmittags” ver-nommen. Die Beschreibung provoziert noch einmal das ästheti-sche Faszinosum. Die Erzählung rettet noch einmal die politischeMoral. Verspätete Moderne! Es gab nicht viel Neues in der li-terarischen Saison vor und nach 1945, aber immerhin ein Ent-scheidungsdilemma zwischen Erzählen und Beschreiben, Ästhe-tik und Moral, nicht nur bei Hermlin.

Die Nachkriegsliteratur hat in ihren wichtigen Exempeln dieBeschreibung durchaus genutzt, um die Erzählmetaphysik unddie ideologieträchtigen Erzählungen auszunüchtern von Günter

20

Page 21: Klaus R. Scherpe Beschreiben, nicht Erzählen!

Eichs Gedicht “Inventur” (“Dies ist meine Mütze / dies ist meinMantel .../ in das Weißblech der Konservenbüchse / den Namengeritzt”) bis zu Enzensbergers genialem Benennungsgedichtvom “leuchtfeuer”.

“das feuer dort leuchtetist nichts als ein feuer,bedeutet: dort ist ein feuer,dort ist der ort, wo das feuer ist,dort, wo das feuer ist, ist der ort.”28

Alfred Andersch bekannte sich 1948 in den “Frankfurter Heften”emphatisch als “Anti-Symbolist”.29 Es war die schlechteste deut-sche Literatur nicht, die die Ursprungsmetaphysik und die kom-promittierten Heilserzählungen ausräumte und die Wortmagie alsKalligraphie enttarnte.

1976 hat Andersch ein “Lehrbuch der Beschreibungen” zusam-mengestellt, in dem er das Phantasma der ‘reinen’ Beschreibungerneuert. Die “großen Beschreiber” von Linné und Alexander vonHumboldt bis zu Ernst Jünger, Walter Benjamin und AlexanderKluge werden hier zur Fraktion der “zauberkundigen Phänome-nologen” vereint.30 Rolf Dieter Brinkmann erneuert den kulturre-volutionären Impuls: die Front gegen die Wort- und Welterklärer.Die Wörter sind von ihren Imagines zu befreien, Worte sollen seinwie Stummfilm (Brinkmanns “Der Film in Worten” von 1969).Auch Günter Kunert wiederholt das Lob der Gegenständlichkeitgegen die Erklärer und Erzähler, die erklären und erzählen, weilsie den Gegenstand in seiner freien Erscheinungsweise nicht er-tragen und ihn deshalb einen toten nennen.31 Peter Handke, sel-ber ein Beschreibungskünstler der fundamental-empfindsamenArt, provozierte 1966 auf der Tagung der Gruppe 47 in Princetondie westdeutsche literarische Welt mit seiner Invektive gegen dasbloße Beschreiben einer substanzlos gewordenen Literatur. Hei-ner Müller, selber Verfasser eines verwickelten Textes namens“Bildbeschreibung”, rügt 1994 die “Eins-zu Eins-Beschreibun-gen der Situation nach der Wende” und fordert, wie anderswo einBotho Strauß, die Rückbesinnung auf Goethes “zweite Dimensi-

21

Page 22: Klaus R. Scherpe Beschreiben, nicht Erzählen!

on” des Bewußtseins, eine hinter den Dingen nur verschütteteWertigkeit.32 Hier wollen Autoren am Ende doch klassisch ge-sprochen werden.

Der Streit um die Differenz von Erzählen und Beschreiben bleibtdort produktiv, wo die Ausdrucksfähigkeit des Menschen und desMediums auf dem Spiel steht, dort, wo die Intervention der Be-schreibung ins Erzählen ein Motiv hat, dagegen hält, ästhetisch,politisch und existentiell, etwas sehen läßt und kenntlich macht,was mehr ist als das Wiedererkennen und anders als die Absi-cherung des immerschon Bedeutsamen.

Drei Notate noch zu Peter Weiss, Claude Simon und ClaudeLanzmann.

Ein Grenzgänger zwischen den Medien und ein überzeugter Be-schreibungskünstler war der Maler, Graphiker, Filmemacher,Schriftsteller und zuletzt auch politische Parteigänger PeterWeiss. Die Krise der Repräsentation - nicht sagen können, wasman sieht und in Bildern nicht zeigen können, was man sagt - warseine permanente Schaffenskrise. Der Wechsel zwischen denKünsten und Medien war für ihn stets die Suche nach einer Stei-gerung der Ausdrucksfähigkeit. In seiner Laokoon-Rede bei derEntgegennahme des Hamburger Lessing-Preises am 23. April1965 verkürzt er den semiotisch-ästhetischen Streitfall der Lao-koondarstellung auf die existentielle Antinomie von Statik undBewegung, Sprechen und Schweigen.33 Peter Weiss ist es letzt-lich nicht gelungen, die gemalten und die filmischen Bilder in dieLiteratur zu übertragen, die natürlichen Zeichen in den willkürli-chen Zeichen der Sprache nachzubilden. Sonst hätte ihn nochLessings Fluch ereilt. Weiss hat das Schreiben als sein drittes Me-dium mit dem Blick des Malers und Filmemachers begonnen,Bildeindrücke gewissermaßen sprachlich zur Rede gestellt. “Mitdem Bleistift die Geschehnisse vor meinen Augen nachzeich-nen”, heißt es in “Der Schatten des Körpers des Kutschers”,“Wortreihen dem Gesehenen und Gehörten nachformen”, “umdamit dem Gesehenen eine Kontur zu geben.”34 Zu erproben war

22

Page 23: Klaus R. Scherpe Beschreiben, nicht Erzählen!

eine radikale Beschreibungsliteratur, welche die Gegenständeund Körper derart ins Licht rückt und verschattet, daß tatsächlichnichts anderes denkbar und fühlbar bleibt als das Gegenständli-che und Körperliche: Mimesis von Sprache an der physischen Na-tur. Alles Symbolisch-Bildhafte oder gar Visionäre sollte im Vor-gang des Beschreibens getilgt und dem lesenden Betrachter die-ser experimentellen Texte als Bezugspunkt entzogen werden. DerBeschreibende sucht angesichts der ihn bedrohenden Leere (dasweiße Papier, die leere Transzendenz) einen Halt in den ihmnächstliegenden oder als nah vorgestellten Gegenständen und denzum Bildeindruck geronnenen Vorgängen. An die Stelle von Zu-schreibungen von Bedeutungen treten die in Wortreihen detail-liert und präzis festgehaltenen äußeren Wahrnehmungen. Weissvalorisiert nicht, sondern kämpft darum, wie er sagt, der sich “auf-drängenden Materialität” der Körper und Gegenstände eine Kon-tur zu geben.

Diese Kunstanstrengung hat Peter Weiss, ganz anders als der nou-veau roman, der sich mit seiner Beschreibungsmanie von derideologisierten Welt des Erzählens abwandte, auf seine politischeKunst übertragen. Claude Simon, der glühende Anti-Kommunistund Nobelpreisträger, ist der Gegenfüßler zu Weiss’ literarischerWelt einer Verbindung von Beschreibungskunst und politischerErzählung in der “Ästhetik des Widerstands”. Das Projekt desnouveau roman ist analytischer und hermetischer im Absehen vonder im (politischen) Gebrauch verdorbenen Sprache. Der wie al-le modernen literarischen Beschreiber seit Flaubert vom Themades Krieges und der Gewalt und vom kalten Auge der Kamerafaszinierte Claude Simon will die gegenständliche Referenz derWörter durch die generative Macht der Sprache überwinden. Sei-ne “Bataille de Pharsale” (1969) evoziert und und kombiniert ei-ne 2000jährige Mediengeschichte der Gewalt. Seine beschrei-benden Wörter und Sätze wollen mehr als nur Zeichen von etwasund für etwas sein: Knotenpunkte von Bedeutungen, suggestiveund reflexive Sprachgebärden. Seine Konstruktion einesSchlachtengemäldes ist historischer Roman im Sinne einer Ar-chäologie aller Wissens-, Erinnerungs- und Sprachschichten derKriegsgeschichte. Die Beschreibung soll sie kenntlich machen.

23

Page 24: Klaus R. Scherpe Beschreiben, nicht Erzählen!

Der beschreibende Text der Geschichte ist bei Claude Simonvon vornherein außerzeitlich. Er löst die festen Konturen unddie referentiell noch zu ermittelnden Ordnungen. Simons mäan-dernde Satzkonstruktionen schaffen sich ihre eigene Dynamik.Das bis in die letzten sprachlichen Verästelungen hinein semio-tisch aufgeladene Sprachspiel schafft sich eine neue, nur sichselber verantwortliche ‘Totalität des Romans’. - Die Frage nacheiner D i f f e renz von Erzählen und Beschreiben oder die nach ei-ner ästhetisch relevanten Plazierung der Beschreibung in der Er-zählung wird damit gegenstandlos. Die von Simon aufgerufe-nen Körper und Gegenstände sind zirkulierende Fragmente vonBedeutungen, gleitende Signifikanten, die allein auf ein Zu-s a m m e n t r e ffen mit anderen im Buch der Geschichte herumva-gabundierenden Signifikanten warten. Daher verliert SimonsRoman nicht nur die freiwillig aufgekündigte historisch-ideo-logische Referenz, sondern auch das in der Isolierung und imAusschnitt der Körper und Dinge erzeugte geheimnisvoll re-gressive, vitalistische und kultische Bedeutungselement, das inden avantgardistischen Beschreibungsexperimenten seit demErsten Weltkrieg zu beobachten ist.

Für Peter Weiss’ angstvolle und beängstigende Fixierungen derpolitischen Geschichte in der Literatur gilt das nicht. Seine post-avantgardistischen Beschreibungsexperimente aus den fünfzigerJahren hat er in den siebziger Jahren in einer großen historischenund politischen Erzählung, der “Ästhetik des Widerstands” auf-gefangen und reaktiviert. Aufgefangen und abgefangen hat erauch den im Exzess des Beschreibens sich abzeichnendenSprachautomatismus: die Welten und Visionen schaffende gene-rative Kraft der Sprache, die unter der Oberfläche des Beschrie-benen lauernde Sprachmagie. Die Freunde von Peter Weiss alseinem Artgenossen der Surrealisten müssen das bedauern. Weissunterbricht in der “Ästhetik des Widerstands” seine historisch-politische Geschichtsschreibung vom antifaschistischen Kampfgenau dort, wo die erzählenden und erklärenden Satzperiodenund die vernunftgeprägten Argumentationsschritte nicht ausrei-chen, ja versagen angesichts der darzustellenden Gewalt des Mas-senmords, des Schreckens, der physischen Vernichtung von Men-

24

Page 25: Klaus R. Scherpe Beschreiben, nicht Erzählen!

schen. Die Universalia und die Botschaft der Geschichtserzäh-lung werden durch die unbedingte Sachlichkeit der Beschreibungstillgelegt, der Erzählfluß wird aufgestaut und abgestellt. Andersals Hermlin, der im Epiphanieerlebnis der Hinrichtung eine erlö-sende Wendung seiner Erzählung suggeriert und ganz anders alsJünger, der den Wahrnehmungstaumel in der Schrecksekunde alssubjektive Auszeichnung des Wahrnehmenden stilisiert, kon-frontiert Weiss in der erschreckend genauen Beschreibung derHinrichtung der Widerstandskämpfer Heilmann, Coppi, Libertasund Harro Schulze-Boysen und den anderen Männern und Frau-en der Roten Kapelle in Plötzensee im Dezember 1942 den ent-setzt zuschauenden Leser mit den Gegenständen, Vorgängen undKörpern in ihrer, wie er früher gesagt hatte, sich ungeschützt undunvermittelt “aufdrängenden Macht”.

Die hier geübte Kälte der Beschreibung will den Worten ihre Am-biguität nehmen, sie zurücknehmen auf die einfache, banaleKennzeichnung und Registratur des Tötungsvorgangs. Im bloßenBenennen der physischen Vernichtung werden jederlei subjekti-ve Ausdrucksfähigkeit, wird alles Individuelle zum Verschwin-den gebracht. In dieser Namenlosigkeit und tödlichen Leere blei-ben nur die Namen der Henker und der des Geistlichen stehen:“Der Strick verfing sich sich an Nase und Lippen. Die Gesellenzogen den Strick herunter und rückten ihn auf dem Hals zurecht.Poelchau betete laut. Während die Gesellen den leichten Körperhochhoben, streckte Röttger über ihm die Hände aus, Roseliebreichte ihm die Schlaufe oben an der Schlinge, die er in den Ha-ken steckte. Die Gesellen ließen den Körper fallen. Sie hängtensich an die um sich stoßenden Beine. Das Knacken der Wirbel-knochen war zu vernehmen. Das Gesicht wurde schwärzlich blau.Die Augäpfel traten hervor. Einige Sekunden lang schlug die Zun-ge rasend im weit aufgerißnen Mund hin und her. Immer noch be-tete Poelchau. [...] Da hingen sie alle, unter der Schiene, der Halslang gezerrt, der Kopf abgeknickt, zu erkennen waren sie nichtmehr, nur ihrer Reihenfolge nach hätte Schwarz ihre Namen nochnennen können, doch die verloren sich auch in einer Leere.”35

Überlebende der Widerstandsgruppe haben im Gespräch gesagt,daß Peter Weiss dies so nicht hätte beschreiben dürfen. Ich re-

25

Page 26: Klaus R. Scherpe Beschreiben, nicht Erzählen!

spektiere diese Aussagen und versage mir eine weitere Interpre-tation. Die Beschreibung trifft hier das Tabu, über das die Erzäh-lung nur erzählt.

“Meine Ortschaft” hat Peter Weiss Auschwitz genannt und demBeschreibungstext einen “Situationsplan” des Lagers vorange-stellt. Der Text von 1964 ist eine Ortsbeschreibung “zwanzig Jah-re zu spät”, wie Weiss schreibt. Eine Besichtigung der Spuren derVernichtung, eine Art mimetische Bewegung des Überlebendenzurück an den Ort des Tötens.

“Der Ort der Besichtigung” sollte Claude Lanzmanns “Shoah”-Film von 1985 ursprünglich heißen. “Shoah” - Auslöschung auchdes Gedächtnisses, der Erinnerung, noch im Erzählen. Das be-trifft Lanzmanns radikales Projekt. Im Film hat er durch den kon-sequenten Verzicht auf die summierende Geschichtserzählung,den erklärenden Kommentar und die Fülle der Archivdokumen-te versucht, den Holocaust nicht zu verhüllen oder zu enthüllen,sondern: die tödliche Leere kenntlich zu machen, von der mankein Bild gewinnen kann. Spurensuche nicht im Nacherzählen,sondern im gegenwärtigen Zeigen und Besprechen des Gezeig-ten. Das Zubeschreibende und Zuerinnernde ist das Abwesende.Die bildhaft-verlebendigende Erzählung ist ein Frevel. Die Ge-mordeten sind tot und auch durch erzählerische Erinnerungsar-beit nicht wieder lebendig zu machen. An die Stelle der Er-zähltherapie tritt als Memento die Beschreibung der Leere.

Der Architekt Daniel Libeskind will in seinem Jüdischen Muse-um in Berlin den Holocaust als konzentrierten Vernichtungsraumbaulich darstellen: keine Geschichtserzählung, die im Museum il-lustriert wird. Der Erweiterungsbau des Berlin-Museums, so sagtLibeskind, ist konzipiert “als ein Emblem, ein sinnbildliches Zei-chen, in dem sich das ‘Nicht-Sichtbare’ als ein leeres ‘Unsicht-bares’ offenbart hat.”36 Diese Leere soll von dem Besucher ‘er-lebt’ werden. Die Ausschachtungsarbeiten an der Lindenstraßehaben zur Zeit dieser Vorlesung, im Sommer 1994, sichtbar be-gonnen.

26

Page 27: Klaus R. Scherpe Beschreiben, nicht Erzählen!

Anmerkungen

1 Neuere Forschungsliteratur: Hans Christoph Buch: ‘Ut pictura poe-sis’.Die Beschreibungsliteratur und ihre Kritiker von Lessing bisLukács. Berlin 1972. - Angelika Corbineau-Hoffmann: Beschreibungals Verfahren. 1980. - Towards a Theory of Description (Yale FrenchStudies, No. 61) 1981. - Philippe Hamon: Introduction a l’analyse dudescriptif. Paris 1981. - Jo van Apeldoorn: Pratiques de la description.Amsterdam 1982. - Beeke Dummer: Von der Narration zur Deskripti-on. Amsterdam 1988. - Thomas Koebner: Verteidigung der Bildbe-schreibung. In: Eberhard Lämmert und Dietrich Scheunemann (Hg.):Regelkram und Grenzgänge. München 1988, S. 136-162. - J.-M. Adamund A. Petitjean: Le texte descriptif. Paris 1989. - Murray Krieger: Ek-phrasis. The Illusion of the Natural Sign. Baltimore: Johns Hopkins UP1992.

2 Nachgedruckt in dem seinerzeit einflußreichen Band “Probleme desRealismus” im Aufbau Verlag, Berlin 1955, S. 103-145.

3 Dazu: Der Spiegel, Nr. 11, 14.3.94, S. 192-196.4 Zu Marquards Kompensationsgedanken in diesem Zusammenhang ver-

weise ich auf meinen Eröffnungsvortrag zum Germanistentag Berlin1987 “Ist eine Modernisierung der Germanistik möglich? Gedanken undVorschläge zur gesellschaftlichen Selbstbeteiligung unter hochtechni-schen Bedingungen” (in: Norbert Oellers, Hg., Germanistik und Deut-schunterricht im Zeitalter der Technologie, Bd. 1. Tübingen 1988, S. 8).

5 Thomas Mann: Der Zauberberg. Frankfurt a.M. 1952, S. 580.6 Ironie und Parodie. In: Mayer: Thomas Mann. Neuauflage. Frankfurt

a.M. 1983, S. 183.7 Frankfurt a.M. 1984, S. 13.8 L’effet du réel. In: Communications 11 (1968), S. 84-89.9 Triëdere. In: Robert Musil: Gesammelte Werke, Bd. 7. Reinbek bei

Hamburg 1978, S. 522.10 Franz Kafka: Beschreibung eines Kampfes. Die zwei Fassungen. Paral-

lelausgabe nach den Handschriften, hg. v. Max Brod. Textedition vonLudwig Dietz. Frankfurt a.M. 1969, S. 90.

11 Vgl. hierzu: Gunter Gebauer: Die Beziehungen von Bild und Text inLessings “Laokoon”. In: Sybil Dümchen und Michael Nerlich (Hg.):Texte - Image. Bild - Text. Berlin 1990, S. 17-27.

12 Lessing: Gesammelte Werke. Berlin und Weimar 1968, S. 226. 13 Zur Problemstellung: Ernst Osterkamp: Im Buchstabenbilde. Studien

zum Verfahren Goethescher Bildbeschreibungen. Stuttgart 1991.

27

Page 28: Klaus R. Scherpe Beschreiben, nicht Erzählen!

14 Der historische Roman und wir. In: Döblin: Aufsätze zur Literatur. Oltenund Freiburg i.Br. 1963, S. 169.

15 Alfred Döblin: Wallenstein. München 1983 (dtv), S. 9.16 Ebd.17 Ebd., S.11.18 Ebd., S. 243.19 Ebd., S. 439-445. Vgl. meine Interpretation “‘Ein Kolossalgemälde für

Kurzsichtige’. Das Andere der Geschichte in Alfred Döblins ‘Wallen-stein’”. In: Hartmut Eggert, Ulrich Profitlich und Klaus R. Scherpe(Hg.): Geschichte als Literatur. Formen und Grenzen der Repräsentati-on von Vergangenheit. Stuttgart 1990, S. 236ff.

20 Kriegsfotografien an der Schwelle zum Neuen Sehen. In: Bedrich Loe-wenstein (Hg.): Geschichte und Psychologie. Annäherungsversuche.Pfaffenweiler 1992, S. 205-233.

21 Hierzu: Alexander Honold: Die Stadt und der Krieg. Raum- und Zeit-konstruktion in Robert Musils Roman “Der Mann ohne Eigenschaften”.München 1995.

22 Musil, Triëdere (vgl. Anm. 9), S. 520 f.23 Ansätze zu neuer Ästhetik. In: Musil, Gesammelte Werke, Bd. 8. Rein-

bek bei Hamburg 1978, S. 1139.24 Das Fliegenpapier. In: Musil, Gesammelte Werke, Bd. 7, S. 476f.25 Ernst Jünger: Strahlungen. München 1955, S. 38f.26 Karl Heinz Bohrer: Die Ästhetik des Schreckens. Die pessimistische Ro-

mantik und Ernst Jüngers Frühwerk. München 1978.27 Stephan Hermlin: Erzählungen. Berlin und Weimar 1980, S. 53f.28 In: Blindenschrift. Frankfurt a.M. 1968, S. 67.29 Andersch: Der Anti-Symbolist. In: Frankfurter Hefte 3 (1948), S.1145.30 Alfred Andersch: Mein Lesebuch oder Lehrbuch der Beschreibungen.

Frankfurt a.M. 1978.31 Beschreiben II. In: Günter Kunert: Verspätete Monologe. München

1981, S. 130.32 Heiner Müller im Gespräch mit Frank Raddatz. In: Lettre, Heft 24

(1994), S. 4.33 Peter Weiss: Laokoon oder über die Grenzen der Sprache. In: Weiss:

Rapporte. Frankfurt a.M. 1968, S. 170-187. 34 Peter Weiss: Der Schatten des Körpers des Kutschers. Frankfurt a.M.

1971, S. 48.35 Peter Weiss: Die Ästhetik des Widerstands. Bd. 3. Frankfurt a.M. 1981,

S. 219, 220.36 Between the Lines. In: Daniel Libeskind: Radix - Matrix. Architekturen

und Schriften. München, New York 1984, S.101.

28

Page 29: Klaus R. Scherpe Beschreiben, nicht Erzählen!

Klaus R. Scherpe

1939 in Berlin geboren.1959 bis 1966 Studium der Germanistik, Anglistik und Theater-wissenschaft an der Freien Universität Berlin und an der StanfordUniversity, USA.1963 Magister an der Stanford University, USA.1967 Dr. phil an der Freien Universität Berlin.1966 bis 1973 Lehrtätigkeit als Assistent und Lektor an der Prince-ton University, USA, der Freien Universität Berlin und der Uni-versität Heidelberg.Seit 1973 Professor für Neuere Deutsche Literaturwissenschaftan der Freien Universität Berlin.Seit 1993 Professor für Neuere Deutsche Literatur an der Hum-boldt-Universität zu Berlin.Gastprofessuren an den Universitäten Hamburg und Aarhus, Dä-nemark, an der University of New South Wales, Australien, ander Stanford University und Columbia University, USA.Forschungsschwerpunkte: Deutsche Literatur der Aufklärungund der Moderne seit dem Ausgang des 19. Jahrhunderts, Ge-genwartsliteratur und Literaturtheorie, Literatur- und Kulturwis-senschaften/Medien.

Ausgewählte Veröffentlichungen

Gattungspoetik im 18. Jahrhundert (1968).Werther und Wertherwirkung (1970).Poesie der Demokratie (1980).Nachkriegsliteratur, 2 Bände (1982/83).Postmoderne (1985).Die Unwirklichkeit der Städte (1988).Die rekonstruierte Moderne (1992).Sammelwerke und Aufsätze zur deutschen Literatur- und Kul-turgeschichte seit dem 18. Jahrhundert.

29

Page 30: Klaus R. Scherpe Beschreiben, nicht Erzählen!

In der Reihe Öffentliche Vorlesungen sind erschienen:

1 Volker GerhardtZur philosophischen Tradition der Humboldt-Universität

2 Hasso HofmannDie versprochene Menschenwürde

3 Heinrich August WinklerVon Hitler zu WeimarDie Arbeiterbewegung und das Scheitern der ersten deutschen Demokratie

4 Michael Borgolte“Totale Geschichte” des Mittelalters?Das Beispiel der Stiftungen

5 Wilfried NippelMax Weber und die Althistorie seiner Zeit

6 Heinz SchillingAm Anfang waren Luther, Loyola und Calvin – ein religionssoziologisch-entwicklungsgeschichtlicher Vergleich

7 Hartmut HarnischAdel und Großgrundbesitz im ostelbischen Preußen 1800 - 1914

8 Fritz JostSelbststeuerung des Justizsystems durch richterliche Ordnungen

9 Erwin J. HaeberleHistorische Entwicklung und aktueller internationaler Stand der Sexualwissenschaft

30

Page 31: Klaus R. Scherpe Beschreiben, nicht Erzählen!

10 Herbert SchnädelbachHegels Lehre von der Wahrheit

11 Felix HerzogÜber die Grenzen der Wirksamkeit des Strafrechts

12 Hans-Peter MüllerSoziale Differenzierung und IndividualitätGeorg Simmels Gesellschafts- und Zeitdiagnose

13 Thomas RaiserAufgaben der Rechtssoziologie als Zweig der Rechtswissenschaft

14 Ludolf HerbstDer Marshallplan als Herrschaftsinstrument?Überlegungen zur Struktur amerikanischer Nachkriegspolitik

15 Gert-Joachim GlaeßnerDemokratie nach dem Ende des Kommunismus

16 Arndt SorgeArbeit, Organisation und Arbeitsbeziehungen in Ostdeutschland

17 Achim LeubeSemnonen, Burgunden, AlamannenArchäologische Beiträge zur germanischen Frühgeschichte

18 Klaus-Peter JohneVon der Kolonenwirtschaft zum KolonatEin römisches Abhängigkeitsverhältnis im Spiegel der Forschung

19 Volker GerhardtDie Politik und das Leben

31

Page 32: Klaus R. Scherpe Beschreiben, nicht Erzählen!

20 Clemens WurmGroßbritannien, Frankreich und die westeuropäische Integration

21 Jürgen KunzeVerbfeldstrukturen

22 Winfried SchichDie Havel als Wasserstraße im Mittelalter: Brücken, Dämme, Mühlen, Flutrinnen

23 Herfried MünklerZivilgesellschaft und BürgertugendBedürfen demokratisch verfaßte Gemeinwesen einer sozio-moralischen Fundierung?

24 Hildegard Maria NickelGeschlechterverhältnis in der WendeIndividualisierung versus Solidarisierung?

25 Christine WindbichlerArbeitsrechtler und andere Laien in der Baugrube des GesellschaftsrechtsRechtsanwendung und Rechtsfortbildung

26 Ludmila ThomasRußland im Jahre 1900Die Gesellschaft vor der Revolution

27 Wolfgang ReisigVerteiltes Rechnen: Im wesentlichendas Herkömmliche oder etwas grundlegend Neues?

28 Ernst OsterkampDie Seele des historischen SubjektsHistorische Portraitkunst in Friedrich Schillers “Geschichte desAbfalls der vereinigten Niederlande von der Spanischen Regier u n g ”

32

Page 33: Klaus R. Scherpe Beschreiben, nicht Erzählen!

29 Rüdiger SteinleinMärchen als poetische ErziehungsformZum kinderliterarischen Status der Grimmschen “Kinder- und Hausmärchen”

30 Hartmut BoockmannBürgerkirchen im späteren Mittelalter

31 Michael KloepferVerfassungsgebung als Zukunftsbewältigung aus VergangenheitserfahrungZur Verfassungsgebung im vereinten Deutschland

32 Dietrich BennerÜber die Aufgaben der Pädagogik nach dem Ende der DDR

33 Heinz-Elmar Tenorth“Reformpädagogik”Erneuter Versuch, ein erstaunliches Phänomen zu verstehen

34 Jürgen SchriewerWelt-System und Interrelations-GefügeDie Internationalisierung der Pädagogik als Problem Vergleichender Erziehungswissenschaft

35 Friedrich Maier“Das Staatsschiff” auf der Fahrt von Griechenland über Rom nach Europa Zu einer Metapher als Bildungsgegenstand in Text und Bild

36 Michael DaxnerAlma Mater Restituta oder Eine Universität für die Hauptstadt

33

Page 34: Klaus R. Scherpe Beschreiben, nicht Erzählen!

37 Konrad JarauschDie Vertreibung der jüdischen Studenten und Professoren von der Berliner Universität unter dem NS-Regime

38 Detlef KraußSchuld im StrafrechtZurechnung der Tat oder Abrechnung mit dem Täter?

39 Herbert KitscheltRationale Verfassungswahl?Zum Design von Regierungssystemenin neuen Konkurrenzdemokratien

40 Werner RöckeLiebe und MelancholieFormen sozialer Kommunikation in der ‘Historie von Flavio und Blanscheflur’

41 Hubert MarklWohin geht die Biologie?

42 Hans BertramDie Stadt, das Individuum und das Verschwinden der Familie

43 Dieter SegertDiktatur und Demokratie in Osteuropa im 20. Jahrhundert

34