Klausur S 159 Strafrecht WS 2010/2011 Friedrich Toepel.
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Klausur S 159 StrafrechtWS 2010/2011Friedrich Toepel
• Strafbarkeit des A
• I. §§ 249, 250 II Nr. 1, 22, 23 I StGB durch In-den-Rücken-Drücken des Messers/Aufforderung Loszufahren
• 1. Tatentschluss
• a) Nötigungskomponente:
• aa) Gewalt gegen eine Person?
• = Rspr.: physischer Kraftaufwand
• Gegen den Rücken Drücken des Messers?
• eher nicht Gewalt (Gegenteil nach Musterlösung vertretbar),
• andernfalls bleibt • bb) Drohung mit Gefahr für Leib oder
Leben + • b) Wegnahme: • Gewahrsambruch ausgeschlossen
durch Einverständnis?• aa) Rspr.: Einverständnis bereits bei
äußerlichem Geben • Sachverhalt nach Musterlösung offen
(Tatfrage)• unklar, ob sich A die Handtasche der F
nehmen will oder sie sich geben lassen will
• „an sich bringen“ bedeutet nicht unbedingt Nehmen, sondern umfasst auch Gebenlassen;
• Zwingen zum Wegfahren reicht nicht: bewirkt nur Gewahrsamslockerung
• vertretbar, hier auf versuchte räuberische Erpressung als „lex generalis“ abzustellen
• bb) h. L.: harmonische Abgrenzung
• Einverständnis nur bei Vermögensverfügung
• teilweise Kriterium: ob das Gut unabhängig von der Mitwirkung des Opfers dem Zugriff des Täters preisgegeben, hier eher dem Zugriff so oder so preisgegeben
• daher eher Wegnahme
• Wenn Kriterium für Vermögensverfügung äußerlich wie Rspr. (so Rengier, JuS 1981, 654, 661), unklar wie dort (Tatfrage)
• c) finaler Zusammenhang zwischen Nötigungselementen und Wegnahme: +
• d) Zueignungsabsicht: liegt vor
• e) Von Wegnahme ausgegangen?
• Dann weiter prüfen:
• Vorsatz bezüglich Verwendens einer Waffe, § 250 II Nr. 1 StGB?
• Gebrauch zu Drohung genügt, daher +
• (je nach Art des Messers : Waffe, z. B. Springmesser, oder gefährliches Werkzeug, z. B. Fleischermesser)
2. unm. Ansetzen, § 22 StGB:
nach h. M. Kriterium:
noch wesentliche Zwischenschritte zwischen verwirklichtem Täterverhalten und dem Beginn der Tatbestandsverwirklichung?
hier vertretbar:
a) bereits Ausführung der Nötigungskomponente, daher § 22 StGB +
b) bei guter Begründung Gegenteil vertretbar: Raub = zweiaktiges Delikt, primär geschütztes Rechtsgut = Eigentum, also Gefährdung des Eigentums entscheidend,hier unklar, wie lang die Fahrt nach der Tätervorstellung dauern sollte (Tatfrage; Musterlösung: in dubio pro reo)
3. Rw, Schuld: +, strafbar gemäß §§ 249, 250 II Nr. 1, 22, 23 I StGB, falls Wegnahme und unm. Ansetzen +
• II. §§ 253, 255, 250 II Nr. 1, 22, 23 I StGB aufgrund desselben Verhaltens
• 1. Vorprüfung:
• noch nicht vollendet? +, noch keine Vermögensverfügung bzw. noch kein Vermögensschaden,
• Gefährdung durch Gewahrsamslockerung war nicht schadensgleich,
• Unmittelbarkeit des Schadenseintritts aufgrund einer relevanten Verfügung fehlte
• 2. Tatentschluss, Vorsatz bezüglich
• a) Nötigungskomponente:
• S. oben I 1
• b) nach h. L.:
• Vermögensverfügung:
• Es muss konsequent entschieden werden, je nachdem wie oben argumentiert.
• Wenn sie nur wie bei Rengier, s. o. I 1 b bb, als äußerliches Verhalten verstanden wird, hier unklar
• Nach Rspr.: keine Vermögensverfügung erforderlich
• c) Vermögensschaden: Vorsatz +
• d) Bereicherungsabsicht: +
• e) § 250 II Nr. 1 StGB: + wie oben
• 3. unm. Ansetzen, § 22 StGB: selbes Problem wie oben, nur
• Versuch der Schädigung beginnt etwas früher als Versuch der Wegnahme
• (schadensgleiche Vermögensgefährdung bereits = Schädigung)
• 4. Rw, Schuld: +, strafbar gemäß §§ 253, 255, 250 II Nr. 1, 22, 23 I StGB,
• falls Vermögensverfügung oder „Lex generalis“ (Rspr.) und unm. Ansetzen +
• Falls offen geblieben, ob Vermögensverfügung oder Wegnahme: Wahlfeststellung?
• (Voraussetzung rechtsethische oder psycho-logische Vergleichbarkeit der Delikte: +,
• Genau genommen: Tatfrage
• III. § 239a II StGB aufgrund desselben Verhaltens
• 1. Obj. Tb.:
• Entführen = Ortsveränderung, die zu einer hilflosen Lage führt ;
• hilflose Lage = Lage, in der sich das Opfer in der konkreten Situation dem ungehemmten Einfluss des Täters preisgegeben sieht
• Sich Bemächtigen = Begründung physischer Herrschaft über das Opfer; hier gegeben mit Tathandlung
• 2. Subj. Tb.:
• a) Vorsatz +;
• b) Erpressungsabsicht:
• + nach Rspr. auf jeden Fall
• (Raub Spezialfall der räuberischen Erpressung),
• + h. L. soweit oben Versuch räuberischer Erpressung angenommen wurde,
• - bei Annahme von versuchtem Raub nach der h. L.
• c) Zeitlicher Zusammenhang:
• „Ausnutzen“
• = Absicht desTäters während Andauerns der Zwangslage zu erpressen, hier +
• d) teleologische Reduktion:
• in der Zweierkonstellation,
• Rspr. verlangt funktionalen Zusammenhang zwischen Bemächtigen/Entführen und beabsichtigter Erpressung,
• nur gegeben bei „stabiler Zwischenlage“ aufgrund des 1. Aktes (obj.)
• bei unm. Aufeinanderfolgen oder Zusammenfallen von 1. und 2. Teilakt hat hingegen der 1. Teilakt keine von der Nötigung unabhängige Funktion;
• hier stabile Zwischenlage wegen längerer Autofahrt +
• 3. Rw, Schuld +, • Strafbarkeit gemäß § 239a II StGB +, • sofern bei Abgrenzung §§ 249/255
StGB der Rspr. gefolgt wird oder unter versuchten § 255 StGB der h. L. +
• IV. § 239b II StGB aufgrund desselben Verhaltens
• 1. Obj. Tb.: Entführen + Sich Bemächtigen +,s. oben unter III 1.
• 2. Subj. Tb.: • a) Vorsatz +; • b) Nötigungsabsicht: + in Bezug auf
die Absicht, die Weggabe bzw. die Duldung der Wegnahme zu erzwingen
• c) Zeitlicher Zusammenhang: +, s. oben,
• d) teleologische Reduktion: • s. oben, stabile Zwischenlage bezüglich
Erzwingen der Weggabe bzw. der Duldung der Wegnahme +,
• nicht aber bezüglich Erzwingen der Autofahrt!
• 3. Rw, Schuld +,
• Strafbarkeit gemäß § 239b II StGB +,
• subsidiär, sofern bereits § 239a II StGB +.
• V. § 316a StGB aufgrund desselben Verhaltens
• 1. obj. Tb.:
• a) Angriff auf Leib oder Leben -,
• Gefahr erheblicher Verletzung aufgrund des ausgeführten Verhaltens noch nicht gegeben,
• : Angriff auf Entschlussfreiheit +, reicht hin
• b) unter Ausnutzung der besonderen Verhältnisse des Straßenverkehrs: Nötigungswirkung hält während der Fahrt an,
• daher +, • reicht in Dienst Stellen der typischen
Gefahren des Straßenverkehrs, • gleich, ob Ausplündern innerhalb oder
außerhalb des Kfz. (BGH NStZ 1994, 340).
• 2. subj.Tb.: • a) Vorsatz +,
• b) Absicht zur Begehung von §§ 249/255 StGB + Rw., Schuld +,
• strafbar gemäß § 316a StGB
• VI. §§ 248b, 25 I 2. Alt sowie vollendete §§ 253, 255, 250 II Nr. 1 StGB aufgrund Erzwingens zum Verbrauch des Benzins:
• Beide Delikte waren jedenfalls mitbestrafte Vortaten von oben I und II.
• VII. § 315b I Nr. 3, V durch In-den-Rücken-Drücken des Messers und Aufforderung zum Losfahren
• 1. ähnlicher, ebenso gefährlicher Eingriff, § 315b I Nr. 3 StGB:
• - kein eigenhändiges Handeln erforderlich,
• a) verkehrsfremder Eingriff:
• Musterlösung: fahrlässiger mittelbare Täterschaft bezüglich Zweckentfremdung des Fahrzeugs durch F
• str., ob fahrlässige mittelbare Täterschaft möglich
• (wenn ja, sollte Fall F als Werkzeug zuerst geprüft werden),
• außerdem konkret zw., Nötigungsherrschaft hat F durch den Eingriff aufgehoben, s. unten
• Wenn mittelbare Täterschaft abgelehnt:
• Bedrohen eines Fahrers mit dem Messer könnte selbst als Eingriff betrachtet werden
• b) geschützte Tatobjekte:
• B
• (Musterlösung hält Vorhersehbarkeit seiner Gefährdung für ablehnbar.
• zw. wegen des großzügig gehandhabten Adäquanzmaßstabs bei der Vorhersehbarkeit)
• F? als Fahrerin? +, wegen Reaktion gegenüber der Nötigung durch A liegt keine Selbstgefährdung vor
• Motorrad des B? Tatfrage, ob Sache von bedeutendem Wert.(ca. DM 1.500 = EUR 850 )
• Mercedes der F?
• Rspr. verneint Gefährdung, falls Kfz. notwendiges Tatmittel (BGH StV 1999, 317), insofern –
• Gegenteil aber auch vertretbar, weil atypische Situation, unm. Tatmittel des A nur Drohung und Messer
• 2. Fahrlässigkeit bezüglich Eingriff und Gefährdung: +,
• 3. Rw. Schuld +,
• Strafbarkeit gemäß § 315b I Nr. 3, V +
• VIII. §§ 239, 240 StGB treten als subsidär zurück
• IX. Konkurrenzen:
• §§ 249, 250 II Nr. 1, 22, 23 I (253, 255, 250 II Nr. 1, 22, 23 I);
• 239a II;
• 316a;
• 315b I Nr. 3, V; 52 StGB
• Strafbarkeit der F
• I. §§ 315b I Nr. 3, III i. V. m. 315 III Nr. 1 a StGB wegen Lenkens gegen die Mauer
• 1. Tb.: s. oben Strafbarkeit des A, hier jedoch
• a) Tathandlung eindeutig Zweckentfremden des Fahrzeugs zu einem verkehrsfeindlichen Zweck,
• b) geschützte Tatobjekte:
• A?
• keine Selbstgefährdung des A und dieser seine Nötigungsherrschaft über die Fahrt durch den Eingriff der F verloren hat
• c) Eingriff vorsätzlich,
• Gefährdung des A vorsätzlich
• Gefährdung des B fahrlässig
• 2. Rw:
• a) Einwilligung des A?
• -, fraglich, ob dies überhaupt bei Rechtsgut Gefährdung des Straßenverkehrs möglich wäre,
• b) § 32 StGB:
• scheidet bei B aus (nicht Angreifer)
• scheidet generell bei überindividuellem Rechtsgut Gefährdung des Straßenverkehrs aus
• c) § 34 StGB:
• Notstandslage (gegenw. Gefahr) +,
• Abwägungsklausel:
• Leib und Leben des B - Leib und Leben der F, daher : -
• gegenüber A ist § 34 StGB +, weil A die Notstandslage verschuldet hat;
• soweit § 34 StGB abgelehnt wird:
• 3. Schuld: § 35 StGB, daher keine Strafbarkeit.
• II. §§ 223 bzw. 229 StGB gegenüber A aufgrund desselben Verhaltens:
• Gerechtfertigt durch § 32 StGB
• Strafbarkeit des B
• § 239 StGB durch Festhalten, bis die Polizei kommt
• Rechtfertigung aufgrund von § 127 I StPO (Jedermannparagraph),
• a) +, falls Anlehnung an prozessuale Zwangsrechte:
• „auf frischer Tat betroffen“ = Umschreibung eines dringenden Tatverdachts
• b) -, falls Anlehnung an allgemeine Rechtfertigungsgründe:
• Hinweis auf objektive Rechtfertigungslage,
• wirklich begangene Tat,
• c) in letzterem Fall Irrtum des B, Annahme einer Sachlage, bei der die Voraussetzungen des § 127 StPO erfüllt wären = Erlaubnistatbestandsirrtum
• aa) strenge Schuldtheorie: § 17 StGB, unvermeidbar nach S. 1?
• Musterlösung: +
• bb) Varianten der eingeschränkten Schuldtheorie: Straflosigkeit, wegen Vorsatzausschlusses in jedem Fall,
• § 239 StGB nur bei Vorsatz strafbar