Klausur S 23 Strafrecht SS 2009 Friedrich Toepel.

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Klausur S 23 StrafrechtSS 2009

Friedrich Toepel

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• Aufbau:

• Grobgliedrung in Handlungsabschnitte

• 1. In der Kneipe

• 2. Attacke aus dem Pkw

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• 1. Handlungsabschnitt in der Kneipe:

• Chronologisch und Zusammenhänge mit etwaigen Rechtfertigungsgründen:

• Erster Anlass: Äußerung auf dem Türschild

• übriges herabsetzende Verhalten des W:

• §§ 185 ff. StGB, wenig geeignet als rechtfertigende Reaktion,

• § 231 StGB auch nicht

• Also: W relativ isoliert, zuerst prüfen• dann A, dann C, dann D

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• 1. Handlungsabschnitt: In der Kneipe• I. Strafbarkeit des W• 1. § 185 StGB in Bezug auf A und B

durch Aufhängen des Schildes• Obj. Tb.: • Kundgabe von (unverdienter)

Missachtung?• Unverdiente Missachtung +, • Tatobjekt ?• aa) „Ausländer“?• nicht hinreichend abgegrenzter

Personenkreis

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• bb) A und B?• Beleidigung von Individuen unter

einer Kollektivbezeichnung?• Nicht hinreichend klar, welcher Passant

angesprochen wird:• (kein deutscher Pass oder dass nicht

deutscher Rasse angehörig? • Unklar, daher Beleidigung von A und B

insoweit –

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• 2. § 185 StGB in Bezug auf A durch Aussage des W

• a) obj. Tb.: Kundgabe von Missachtung?

• aa) „hat nichts verloren in meiner Kneipe“

• = Werturteil, reicht, + • bb) Duzen • = Werturteil, reicht nicht als

Beleidigung: OLG Düsseldorf JR 1990, 345

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• cc) Fähigkeit Schild zu lesen abgesprochen

• = Tatsachenbehauptung, reicht, +

• b) subj. Tb.: Vorsatz?• Bezüglich Tatsachenbehauptung?• Sachverhalt offen, möglich: • W glaubte, was er sagte.• § 16 StGB?• Gesamtverhalten = herabsetzendes

Werturteil

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• § 192 StGB beachten:• trotz Wahrheitsbeweises ergeben

Umstände Herabsetzung• c) Rw: § 32 StGB durch Angriff auf

etwaiges Hausrecht?• -, Ehrverletzung keine erforderliche

Verteidigung

• d) Schuld +; strafbar gem. § 185 StGB +

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• 3.) §186, StGB in Bezug auf A durch Aussage, A könne nicht lesen

• a) obj. Tb.:• herabsetzende Tatsachenbehauptung

Dritten gegenüber? C und D haben mitgehört

• Wahrheitsbeweis hier irrelevant, s. § 192 StGB

• b) subj. Vorsatz:• zumindest dolus eventualis, dass die

Gäste seine Äußerung mitbekommen;

• Glaube an Unwahrheit wegen § 192 StGB nicht erforderlich,

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• Bewusstsein des herabsetzenden Charakters reicht

• c) Obj. Bedingung der Strafbarkeit:• Behauptung nicht erweislich wahr

(Wahrheitsbeweis kann nicht gelingen, weil A das Schild gelesen hat)

• d) Rw, Sch +; • Strafbarkeit gem. § 186 StGB +

• 4.) § 187 StGB aufgrund desselben Verhaltens:

• a) Obj. Tb.:• identisch mit § 186 StGB

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• b) Subj. Tb.:• Dolus directus 2. Grades? -, • Sachverhalt offen, Tatfrage

• 5.) § 231 StGB durch Einmischen nach der Verletzung des D

• a) obj. Tb.:• Beteiligung an der Schlägerei + • b) Subj. Tb.:• Vorsatz: +• c) obj. Bedingung der Strafbarkeit:• schwere Folge iSd § 226 I Nr. 2 Alt. 2

StGB = Arm bleibt steif

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• Problem: Beteiligung auch nach Eintritt der schweren Folge?

• aa) überwiegende Ansicht:• Zeitpunkt der Beteiligung nicht von

Bedeutung, BGHSt 14, 132

• bb) Mindermeinung:• nach schwerer Folge kein potentieller Beitrag zur

Gefährlichkeit der Schlägerei (Schönke/Schröder/Stree, § 231 Rdnr. 15)

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• Wer der überwiegenden Ansicht folgt, muss annehmen): obj. Tb.: +

• d) Rw, Sch +, Strafbarkeit gem. § 231 StGB +

• II. Strafbarkeit des A• 1.) § 123 Abs. 1 Alt. 1 und 2 StGB

durch Betreten und nicht sofortiges Verlassen der Kneipe

• Obj. Tb.:• a) Eindringen?• -, Schild = zu unbestimmt für

Hausverbot wegen:

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• nicht klar abgegrenzter Personenkreis, s. oben

• (a. A. vertretbar)• b) Unterlassen sich zu entfernen

nach dem Anbrüllen?• -, A hatte keine Zeit sich vor Angriff von

C und D zu entfernen • („Bevor A reagieren konnte …“)

• 2.) § 231 StGB durch Prügelei• a) obj. Tb.: + • b) subj. Tb.: +

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• c) obj. Bedingung der Strafbarkeit: +, ;

• d) Rw, §§ 32, 231 II StGB:• aa) Notwehrlage: ) Angriff • = C und D, körperliche Unversehrtheit

betroffen ) rw:• +, C und D nicht ihrerseits durch

Notwehr gedeckt, da Verteidigung von C und D nicht ihrerseits erforderlich

) Gegenwärtigkeit: +, gerade stattfindend

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• bb) Verteidigungshandlung• ) erforderlich +; geboten ?• sozialethische Einschränkung des

Notwehrrechts: Provokation?• wegen Missachtung des Schildes?• keine Absichtsprovokation, • daher Notwehr nicht völlig

ausgeschlossen,• keine Anhaltspunkte, dass A

unverhältnismäßig reagiert hat,• daher Notwehr +, insoweit § 231

StGB -

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• III. Strafbarkeit des C• § 231 StGB durch Angriff zusammen

mit D• a) obj. Tb.: +• b) subj. Tb.: +• c) obj. Bedingung der Strafbarkeit: +• d) Rw, §§ 32, 231 II StGB:• Angriff des A?• vielleicht auf Hausrecht vertretbar, aber:• Verteidigung von C und D nicht

erforderlich

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• IV. Strafbarkeit des D• § 231 Abs. 1 StGB durch Angriff

zusammen mit C• a) obj. Tb.: +• b) subj. Tb.: +• c) obj. Bedingung der Strafbarkeit:• Beteiligung auch durch den, der selbst

verletzt wurde? • aa) BGHSt 33, 100, 104 +• bb) Rengier; BT II § 18 Rdnr. 9 -,

widerspreche Zurechnungsgrundsätzen

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• d) Rw, §§ 32, 231 II StGB:• Angriff des A?• vielleicht auf Hausrecht vertretbar, aber:• Verteidigung von C und D nicht

erforderlich, s. Strafbarkeit des C

• V. Konkurrenzen und Ergebnis:• W: §§ 186, 231; 53 StGB• C und D: jeweils § 231 StGB

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• 2. Handlungsabschnitt: Die Attacke aus dem PKW

• I. Strafbarkeit des C• 1.) § 223 StGB z. N. A und B durch

Hervorrufen von Todesangst und Panik, Schnittverletzungen des B

• a) obj. Tb.:• Angst, Panik -, wenn nicht körperliche

Symptome hinzutreten, hier Tatfrage.• Schnittverletzungen?• obj. Zurechenbar?

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• aa) + kausal, • bb) adäquat vorhersehbar,• cc) Pflichtwidrigkeitszusammenhang +• b) subj. Tb.: Vorsatz?• Irrtum über den Erfolgseintritt, § 16 I

StGB• (nicht nur über den Kausalverlauf);• Strafbarkeit wegen vollendeter Tat –

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• 2.) §§ 223, 224 I Nr. 4, II, 22, 23 I StGB durch Losstürmen

• a) Vorprüfung: Versuch strafbar, keine Vollendungsstrafbarkeit

• b) Tatentschluss: • unproblematisch +

• c) § 22 StGB:• unm. Ansetzen + • Tatbestandsakte, die ohne wesentliche

Zwischenschritte in die Tatbestandsverwirklichung übergehen;

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• Gegenteilige Ansicht nur bei genauer Begründung

• (Vorinstanz LG Cottbus zu BGHSt 48, 34)

• d) RW, Sch +• e) § 24 I StGB? -,• C suchte zunächst mit E und F nach

den Opfern, • Aufgeben der Suche=

fehlgeschlagenerVersuch, • Strafbarkeit gem. §§ 223, 224 I Nr. 4,

II, 22, 23 I StGB also +

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• 3.) §§ 227, 22, 23 (25 II) StGB durch Losstürmen i. V. m. Schnittverletzungen und Todeseintritt,

• a) Vorprüfung: Versuch strafbar, keine Strafbarkeit wegen vollendeter Tat

• b) Tatentschluss:• Versuchte Körperverletzung, s. soeben• erfolgsqualifizierter Versuch,• (bei dem die Erfolgsqualifizierung schon

eingetreten ist)

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• Strafbarkeit bejaht: BGHSt 48, 34, 37 f.

• Gegensatz: versuchte Erfolgsqualifizierung

• [nach Musterlösung: § 25 II StGB mit E und F,

• wird indessen nicht benötigt:• jedem Täter ist Folge getrennt

zurechenbar• c) Unm. Ansetzen, § 22 StGB: +• d) Erfolgsqualifizierung: • Todesfolge zurechenbar?

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• Spezifischer Gefahrzusammenhang zwischen Versuch und Folge,

• durch eigenes Verhalten des Opfers unterbrochen?

• aa) Nach BGH keine Unterbrechung,• Reaktion des Opfers obj. vorhersehbar,• naheliegend, nachvollziehbar aufgrund

der vorangehenden Attacke • bb) Gegenteil vertretbar:• insbesondere:• spezifische Gefahr ergebe sich nicht

schon aus Körperverletzungs-handlung, sondern nur aus Erfolg

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• e) Rw + • f) Sch: subj. Vorhersehbarkeit +, • Strafbarkeit gem. §§ 227, 22, 23 (25 II)

StGB +

• 4.) § 240 StGB: • Subj. Tb.:• Tatfrage, ob C sich vorstellte (dolus

eventualis):• A und B würden weglaufen • er wünschte dies nicht, weil er dann die

Körperverletzung nicht verwirklichen konnte

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• (nach Musterlösung Annahme von § 240 StGB vertretbar)

• 5.) § 241 StGB:• Obj. Tb.: • Problematisch Bedrohung mit

Verbrechen, • + vertretbar• müsste aus massiv bedrohlichem

Auftreten von C, E und F geschlossen werden

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• II. Strafbarkeit des A• 1.) §§ 303, 25 II StGB durch

Einschlagen der Fensterscheibe durch B

• a) im Tb. genauer prüfen:• Mittäterschaft + nahe liegend• (aa) subj. Theorie:• Eigeninteresse,• bb) Tatherrschaft:• Tatbeitrag im Ausführungsstadium,

Stein gereicht),• Mittäterschaft - aber vertretbar, dann

bleibt §§ 303, 27 StGB

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• b) Rw: § 904 BGB?• Notstandslage?• Gefahr?• nicht mehr gegenwärtig,• Verfolger abgeschüttelt• (nach Musterlösung vertretbar

Gegenwärtigkeit +, sonst:)• Irrtum über Vorliegen der tatsächlichen

Voraussetzungen des § 904 BGB + (Erlaubnistatbestandsirrtum,

• nicht fahrlässig unter den gegebenen Umständen,

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• verständliche Panik, Ausgehen von Gegenwärtigkeit

• daher Straflosigkeit insoweit (Theorien kommen hier zum selben Ergebnis)

• 2.) §§ 212, 13 StGB durch Untätigbleiben und Verlassen des B

• Obj. Tb.:• (Quasi-) Kausalität?• in dubio pro reo – :• B nicht nachweisbar bei Tätigwerden

des A mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gerettet

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• 3.) §§ 212, 13, 22, 23 I StGB durch Untätigbleiben und Verlassen des B

• Untauglicher Versuch?• Tatentschluss: • Vorsatz bezüglich Garantenstellung?• Vorstellung der Wohngemeinschaft

reicht nicht,• Verfolgtwerden als enge

Gefahrengemeinschaft reicht auch nicht aus

• A hielt sich dennoch für rechtlich verpflichtet hielt = umgekehrter Verbotsirrtum, Wahndelikt, Strafbarkeit –

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• 4.) § 323c StGB durch Untätigbleiben und Verlassen des B

• Obj. Tb.: a) Unglücksfall +, • aber b) Zumutbarkeit des

Tätigwerdens• zw., aa) dafür:• Verstrickung des A in

Unglücksgeschehen,• bb) dagegen: • Risiken für A (Abschiebung)• Zweifelhafter Rettungserfolg• in dubio pro reo eher § 323c StGB -, • Musterlösung: + oder -

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• III. Ergebnis und Konkurrenzen• C: §§ 227, 22, 23 I (25 II) StGB (§§

223, 224 I Nr. 4, II, 22, 23 I StGB treten zurück)

• A: § 323c StGB (fraglich, in dubio pro reo)