Klausur S 167 Strafrecht WS 2010/2011 Friedrich Toepel.

33
Klausur S 167 Strafrecht WS 2010/2011 Friedrich Toepel

Transcript of Klausur S 167 Strafrecht WS 2010/2011 Friedrich Toepel.

Page 1: Klausur S 167 Strafrecht WS 2010/2011 Friedrich Toepel.

Klausur S 167 StrafrechtWS 2010/2011Friedrich Toepel

Page 2: Klausur S 167 Strafrecht WS 2010/2011 Friedrich Toepel.

• 1. Handlungsabschnitt: Das Festhalten des F – Strafbarkeit des A

• § 239 I StGB durch Festhalten des F

• 1. Tb.:

• unproblematische Beraubung der Fortbewegungsfreiheit „auf andere Weise“ (also nicht durch Einsperren) +,

• Vorsatz +

• 2. Rw. § 127 I StPO?

• Obj. Voraussetzungen: Auf frischer Tat betroffen?

Page 3: Klausur S 167 Strafrecht WS 2010/2011 Friedrich Toepel.

• a) Materiellrechtliche Theorie, • Anlehnung an Rechtfertigungslage

der allgemeinen Rechtfertigungsgründe:

• obj. Begehung einer Straftat durch den Festgenommenen,

• Vorliegend: -, F hatte nur N gesucht.• b) Prozessuale Theorie, • Anlehnung an Verdachtslage bei

den Zwangsrechten : • „auf frischer Tat betroffen“ = wenn sich

nach pflichtgemäßer Prüfung ein dringender Tatverdacht ergibt.

Page 4: Klausur S 167 Strafrecht WS 2010/2011 Friedrich Toepel.

• A musste schnell entscheiden,

• Dringender Tatverdacht = hohe Wahrscheinlichkeit der Begehung einer Straftat

• Hier:

• Fs Versuch, in das Wohnzimmer zu blicken

• Schraubenzieher in der Tasche

• = zusammen eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass F dabei ist, eine Straftat zu begehen.

• Deshalb gerechtfertigt.

Page 5: Klausur S 167 Strafrecht WS 2010/2011 Friedrich Toepel.

• 3. Falls Ansicht a gefolgt wird:

• Obj. Voraussetzungen eines Rechtfertigungsgrundes – ,

• jedoch Vorstellung derartiger Voraussetzungen durch A

• = Erlaubnistatbestandsirrtum

• a) strenge Schuldtheorie:

• Irrtum wie Verbotsirrtum zu behandeln

• Hier aber unvermeidbar:

Page 6: Klausur S 167 Strafrecht WS 2010/2011 Friedrich Toepel.

• Indizien: nur Äußerungen des F, die wie Schutzbehauptungen klingen, Schraubenzieher in der Tasche, Blick ins Wohnzimmer

• § 17 S.1 StGB, Schuld entfällt daher.• b) Varianten der eingeschränkten

Schuldtheorie • (Lehre von den negativen

Tatbestandsmerkmalen, • Ansicht von der analogen

Anwendung des § 16 StGB, • rechtsfolgenverweisende

Schuldtheorie):

Page 7: Klausur S 167 Strafrecht WS 2010/2011 Friedrich Toepel.

• direkte oder analoge Anwendung des § 16 I 1 StGB:

• Ausschluss des Vorsatzes

• bzw. der Vorsatzschuld (rechtsfolgen-verweisende Schuldtheorie),

• Fahrlässigkeit ist nicht strafbar, daher insoweit Straflosigkeit

Page 8: Klausur S 167 Strafrecht WS 2010/2011 Friedrich Toepel.

• 2. Handlungsabschnitt: Der Beugegriff – Strafbarkeit des A

• I. §§ 239 I, III Nr. 2, 18 StGB durch den Beugegriff

• [qualifizierte Freiheitsberaubung muss nicht angesprochen werden. Es ist vertretbar, die Probleme ausschließlich unter I 3. und 4. im Rahmen der Körperverletzung unter II. zu erörtern.]

• 1.) Tb.: unproblematisch +

Page 9: Klausur S 167 Strafrecht WS 2010/2011 Friedrich Toepel.

• 2.) Erfolgsqualifikation (§ 18 StGB):

• a) Verursachung schwerer Gesundheitsbeschädigung

• = Verletzung des Nackenwirbels mit Folge häufiger Kopfschmerzen +,

• b) mindestens fahrlässig?

• m. E. bereits obj. Zurechenbarkeit ablehnbar,

• Folge häufiger Kopfschmerzen nicht auf die Grunddeliktsgefahr der Freiheitsberaubung, sondern auf die Verletzung zurückzuführen,

Page 10: Klausur S 167 Strafrecht WS 2010/2011 Friedrich Toepel.

• Verletzung Verwirklichung spezifischer Gefahr der Freiheitsberaubung,

• (Gegenteil vertretbar)• c) teleologische Reduktion? • Erfolgsqualifiziertes Delikt setzt voraus:

schuldhaftes Grunddelikt • gerechtfertigtem Grunddelikt

hinreichend Unrecht, um die Strafbarkeit zu begründen.

• Daher vertretbar, unabhängig von der Rechtfertigung der Qualifizierung Strafbarkeit gemäß §§ 239 I, III Nr. 2, 18 StGB abzulehnen.]

Page 11: Klausur S 167 Strafrecht WS 2010/2011 Friedrich Toepel.

• Wenn Erfolgsqualifkation +:

• 3.) Rw: § 127 I StPO?

• -, unabhängig von dem Verständnis des Betroffenseins auf frischer Tat:

• außer a) Rechtfertigungslage: s. oben

• auch b) die Erforderlichkeit der Verteidigungshandlung:

• ablehnen, wenn leichteres Mittel genügend

• Beugegriff war daher vorliegend nicht gerechtfertigt

Page 12: Klausur S 167 Strafrecht WS 2010/2011 Friedrich Toepel.

• 4.) Schuld: § 33 StGB?

• a) Intensiver Exzess, d. h. lediglich Überschreitung der Erforderlichkeit,

• b) aber: asthenischen Affekte vor? -,

• A fürchtete nur, dass F entkommen würde.

• genügt nicht.

• Daher Strafbarkeit +, falls nicht bei Erfolgsqualifikation abgelehnt

Page 13: Klausur S 167 Strafrecht WS 2010/2011 Friedrich Toepel.

• II. § 223 I 1. und 2. Alt. StGB durch den Beugegriff:

• unproblematisch vorsätzlich +,

• §§ 127 StPO und 33 StGB scheitern wie unter soben bei der erfolgsqualifizierten Freiheitsberaubung,

• Strafbarkeit gemäß § 223 I StGB daher +

• III. § 226 StGB aufgrund desselben Verhaltens:

• - kein Siechtum gemäß § 226 I Nr. 3 StGB,

Page 14: Klausur S 167 Strafrecht WS 2010/2011 Friedrich Toepel.

• Siechtum = chronischer Krankheitszustand ohne Heilungschance, der den Gesamtorganismus des Verletzten ergreift und ein Schwinden der Körperkräfte zur Folge hat.

• solche Hinfälligkeit bei häufigen Kopfschmerzen noch nicht

• IV. § 229 StGB aufgrund desselben Verhaltens Musterlösung schlägt vor:

• schwere Folgen, die § 226 StGB über § 229 StGB erfassen,

Page 15: Klausur S 167 Strafrecht WS 2010/2011 Friedrich Toepel.

• § 229 StGB dann als subsidiär ausschließen, aber bei

• Strafzumessung des § 223 StGB zu berücksichtigen.

• = Strafzumessungserwägungen, nicht Prüfungsgegenstand des 1. Staatsexamens

• § 229 StGB musste daher nicht angesprochen werden, wegen Subsidiarität

Page 16: Klausur S 167 Strafrecht WS 2010/2011 Friedrich Toepel.

• 3. Handlungsabschnitt: Die unwahre Fallschilderung – Strafbarkeit des A

• I. § 187 StGB durch die Behauptung, F habe versucht, ein Fenster aufzubiegen

• 1. obj. Tb.:

• a) Tatsachenbehauptung +,

• b) gegenüber Drittem +,

• c) geeignet, den F verächtlich zu machen +

• 2. subj. Tb.: wider besseres Wissen +

Page 17: Klausur S 167 Strafrecht WS 2010/2011 Friedrich Toepel.

• [3. Rw.: § 193 StGB: Wahrnehmung berechtigter Interessen – , muss nicht erwähnt werden],

• Strafbarkeit daher +

• 4. Tätige Reue: § 158 StGB analog (teleologische Reduktion)?

• A hat die Aussage berichtigt,

• aber Beleidigungsdelikte Tätigkeitsdelikte wie Aussagedelikte,

• Vielmehr = Erfolgsdelikte

• Tatsachenbehauptung muss dem Empfänger zugehen

Page 18: Klausur S 167 Strafrecht WS 2010/2011 Friedrich Toepel.

• Daher Analogie des § 158 StGB zugunsten des A eher abzulehnen

• (a. A. schwer vertretbar Bezogenheit des Rechtsgut auf die

Ehre des Verletzten• eingetretene Schaden ist durch die

Berichtigung schwer wieder gutzumachen.)

• II. § 164 I (Musterlösung: oder II) StGB aufgrund desselben Verhaltens

• 1. obj. Tb.: • a) Behauptung betrifft „rw Tat“

Page 19: Klausur S 167 Strafrecht WS 2010/2011 Friedrich Toepel.

• (= Straftat, im Gegensatz zu Abs. 2 „sonstige Behauptung“)

• b) geeignet, Ermittlungsverfahren in Gang zu bringen

• +, Verdacht des Einbruchsdiebstahls, § 244 I Nr. 3, II StGB,

• 2. subj. Tb.: Verdächtigung wider besseres Wissen +

• 3. Rw, Schuld +• 4. Tätige Reue: • § 158 StGB analog (teleologische

Reduktion)?

Page 20: Klausur S 167 Strafrecht WS 2010/2011 Friedrich Toepel.

• Vollendungszeitpunkt sehr früh

• Rechtspflege ist geschützt wie bei Aussagedelikten,

• Also: der Gedanke des § 158 StGB passt hier

• Daher ist hier nach h. M. analoge Anwendung des § 158 StGB möglich.

• Strafbarkeit danach gemäß § 164 I StGB –

• (Gegenteil nach Auseinandersetzung mit der h. M. vertretbar)

Page 21: Klausur S 167 Strafrecht WS 2010/2011 Friedrich Toepel.

• III. § 145d I Nr. 1 StGB aufgrund desselben Verhaltens,

• erklärt sich für subsidiär (zu § 164 StGB)

• Außerdem vertretbar: analoge Anwendung des § 158 StGB erfasst auch § 145d StGB

• [IV. § 258 StGB aufgrund desselben Verhaltens: nicht zu erwähnen,

• A will nur eigene Strafverfolgung abwehren,

• § 258 StGB = Vereitelung gegenüber einem anderen voraus]

Page 22: Klausur S 167 Strafrecht WS 2010/2011 Friedrich Toepel.

• 4. Handlungsabschnitt: Berichtigung durch A – Strafbarkeit des F

• § 240 StGB durch die Drohung, das Verhältnis mit der Nachbarsfrau zu offenbaren

• 1. Tb.:

• Mittel Drohung, aber mit erlaubtem Übel?

• F durfte die Frau des A von dessen außerehelichem Verhältnis unterrichten.

Page 23: Klausur S 167 Strafrecht WS 2010/2011 Friedrich Toepel.

• Mindermeinung (Jakobs): bereits Tb. –

• da Übel erlaubt

Page 24: Klausur S 167 Strafrecht WS 2010/2011 Friedrich Toepel.

• Kritik:

Page 25: Klausur S 167 Strafrecht WS 2010/2011 Friedrich Toepel.

• Kritik:

• Struktur der Drohung in § 240 I StGB:

Page 26: Klausur S 167 Strafrecht WS 2010/2011 Friedrich Toepel.

• Kritik:

• Struktur der Drohung in § 240 I StGB:

Drohungshandlung

Page 27: Klausur S 167 Strafrecht WS 2010/2011 Friedrich Toepel.

• Kritik:

• Struktur der Drohung in § 240 I StGB:

Drohungshandlung angedrohtes Übel

Page 28: Klausur S 167 Strafrecht WS 2010/2011 Friedrich Toepel.

• Kritik:

• Struktur der Drohung in § 240 I StGB:

Drohungshandlung angedrohtes Übel

mit

Page 29: Klausur S 167 Strafrecht WS 2010/2011 Friedrich Toepel.

• Kritik:

• Struktur der Drohung in § 240 I StGB:

Drohungshandlung angedrohtes Übel

mit

rechtmäßig

Page 30: Klausur S 167 Strafrecht WS 2010/2011 Friedrich Toepel.

• Kritik:

• Struktur der Drohung in § 240 I StGB:

Drohungshandlung angedrohtes Übel

mit

rechtmäßigrechtsmäßig

Page 31: Klausur S 167 Strafrecht WS 2010/2011 Friedrich Toepel.

• Kritik:

• Struktur der Drohung in § 240 I StGB:

Drohungshandlung angedrohtes Übel

mit

rechtmäßigrechtsmäßignicht

notwendig=

Page 32: Klausur S 167 Strafrecht WS 2010/2011 Friedrich Toepel.

• Kritik:

• Struktur der Drohung in § 240 I StGB:

Drohungshandlung angedrohtes Übel

mit

rechtmäßigrechtsmäßignicht

notwendig=rechtswidrig

Page 33: Klausur S 167 Strafrecht WS 2010/2011 Friedrich Toepel.

• 2. Falls Tb. bejaht:

• Zweck-Mittel-Relation, § 240 II StGB

• h. M.:

• Verwerflichkeit nach h. M. aber

• auch bei verwerflicher Mittel-Zweck- Verknüpfung

• im vorliegenden Fall kein Anhaltspunkt für eine besondere Verwerflichkeit gerade der Verknüpfung

• Somit Strafbarkeit auch nach h. M. –