kompakt Februar 2011
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Transcript of kompakt Februar 2011
Das Mitgliedermagazin der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie
kompakt
VOR ORT Flachglas in Wesel ist insolvent – wie geht es für die Beschäftigten weiter?
TENDENZEN Was ungarische Gewerkschafter zum umstrittenen neuen Mediengesetz sagen
TIPPS Wie viel Geld Frauen mit Risikoschwangerschaft im Berufsverbot zusteht
Nr. 02 I FEBRUAR 2011 www.igbce.de
Was uns nicht schmeckt
Die Arbeitsmarktzahlen sind glänzend. Aber Befristung und Zeitarbeit nagen am schönen Bild vom Jobwunder.
3kompakt | Februar 2011 |
>UNTER UNS
ade in Germany ist auf den Weltmärkten gefragt wie selten zuvor,
endlich gibt es wieder mehr Arbeit und Ausbildung, der Auf-
schwung prägt nicht nur die Wirtschaft, sondern auch die
Stimmung in unserem Land. Das macht Mut, oder? Schließlich haben wir
lange genug mit der Krise gelebt, da darf und soll man sich freuen über
gute Nachrichten. Aber genauso ist der Hinweis erlaubt und notwendig,
dass vieles gründlich schiefläuft in der jetzigen Boom-Zeit.
WER TIEFER BLICKT, weiß um die Sorgen, die diesen Aufschwung begleiten.
Das Wachstum der Leiharbeit steht dafür. Wenn immer mehr Menschen
ihren Lebensunterhalt zu den Bedingungen dieser Branche verdienen, dann
bedeutet das: wenig Einkommen und Sicherheit nur für ein paar Wochen.
Auch wer immer ohne Arbeit ist, bleibt vom Aufschwung ausgeschlossen –
und das sind nach wie vor viel zu viele Menschen. Ihnen wollen wir mit der
Titelgeschichte dieser Ausgabe von kompakt ein Forum geben.
Von der Ungewissheit einer befristeten Beschäftigung
erzählt zum Beispiel Sissy Schulze (Foto rechts).
Dreimal bereits wurde das Arbeitsverhältnis der
21-Jährigen nur auf Zeit verlängert, und das macht es
natürlich schwer, die eigene Zukunft zu planen. Kein
Einzelfall, im Gegenteil, solche Erfahrungen prägen
zunehmend den Lebensweg junger Menschen. Wie
das zusammenpasst mit der Diskussion über den
akuten und künftigen Mangel an gut ausgebildeten
Fachkräften, das verstehe wer will.
WACHSTUM ALLEIN REICHT NICHT, damit es
Deutschland gut geht. Deshalb gibt es jetzt eine
Kommission des Bundestages, die untersucht, wie wir
insgesamt zu mehr Wohlstand und Lebensqualität
kommen (ab Seite 31). Ein erster Schritt dahin wäre
sicherlich, wieder für mehr Ordnung auf dem Arbeits-
markt zu sorgen.
Aufwärts mitneuen Zumutungen
M
CHRISTIAN HÜLSMEIER
Chefredakteur
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4 | kompakt | Februar 2011
Glänzend raus aus der KriseDer Evonik-Standort Wesseling übersteht den Absatz-
einbruch und liefert 2010 ein Rekordergebnis ab.
Tradition und StrukturwandelVom »Büchsenpfennig« zur fünftgrößten Krankenkasse:
Die Knappschaft-Bahn-See feiert ihr 750-jähriges Bestehen.
Der weiße SchatzWo kommt das Salz fürs Frühstücksei und für vereiste
Straßen her? Unsere Betriebsreportage zeichnet den Weg
aus dem Berg auf die Bundesstraße nach.
VOR ORT 21–29
IMMER IM HEFT03 Unter uns06 Aktuelles08 Heims Homepage20 Leserforum/Impressum30 Einer von uns*40 Rätsel41 Glück & Glosse42 Mein Arbeitsplatz* Die Landesbezirke Nordrhein und
Westfalen berichten auf dieser Seite über Jubilarehrungen.
Titelbild: James Steidl/Fotolia
12 Auf dem falschen WegDie Arbeitslosigkeit sinkt, die Zahl der Beschäftigten
erreicht Rekordwerte. kompakt schaut hinter die
Kulissen des Jobwunders – und entdeckt vielerorts
Leiharbeit und befristete Stellen.
16 Damit ist es aus Ungarn hat ein neues Mediengesetz. Kritiker sprechen
von der Abschaffung der Pressefreiheit.
18 Das SuperwahljahrSieben Landtagswahlen stehen in diesem Jahr an.
kompakt stellt die Kontrahenten vor.
31 Viel Glück?Wie sind Wachstum und Glück miteinander vereinbar?
Das klärt seit Jahresbeginn eine Enquête-Kommission des
Bundestages.
35 Schwanger und arbeitslosArbeitslose Schwangere sind künftig ebenso abgesichert
wie berufstätige werdende Mütter.
36 Neu ab 2011Durch neue Gesetze und Verordnungen hat sich für
Arbeitnehmer und Eltern seit Jahreswechsel vieles
geändert. kompakt erläutert die wichtigsten Verände-
rungen beim Eltern- und Wohngeld, den Steuern und der
Rentenversicherung.
TITEL
THEMEN
TENDENZEN
TIPPS
11 StandpunktMichael Vassiliadis über mehr Chancen für junge Leute.
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5kompakt | Februar 2011 |
>INHALT FEBRUAR 2011
31 Die Vermessung des Glücks Ungarns neues Mediengesetz 16
12 Quo vadis, Arbeitsmarkt? Nur aus Glas 42
Was sich 2011 alles ändert 36
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6 | kompakt | Februar 2011
Kaum besser als nichtsLANGE HAT DIE FDP für Steuererleichte-rungen gekämpft – nun ist sie am Ziel: Maximal drei Euro weniger an Steuern zahlen Arbeitnehmer künftig im Monat. Darauf einigte sich die schwarz-gelbe Koalition nach wochenlangem Streit. Finanzminister Wolfgang Schäuble hatte zwar sein Veto gegen eine schnelle Umsetzung der geplanten Steuerver-einfachungen eingelegt, war dann aber eingeknickt. Nun soll die sparsame Erhöhung des Arbeitnehmerpauschbe-trags von 920 auf 1000 Euro bereits in diesem Jahr umgesetzt werden. Für viele Beschäftigte bringt das aber noch nicht einmal 36 Euro im Jahr.
BILD DES MONATS
DIE TUNESIER haben sich aus dem Käfi g befreit, in dem Präsident Ben Ali Tunisian sie 23 Jahre gefangen hielt. Nach gewaltsamen Protesten, bei denen rund 100 Menschen starben, ist er gefl ohen. Die Bürger sind endlich frei und jubeln, doch die politische Lage ist unsicher. Die Übergangs-
regierung steckt in der Krise. Zu viele Minister aus dem alten Ben-Ali-Regime haben einen Posten übernommen. Die drei Mitglieder der UGTT, der einzigen großen Gewerkschaft im Land, erklärten deshalb ihren Rücktritt aus dem Kabinett. Und auch die Proteste der Bevölkerung gehen weiter.
ptAUFREGER DES MONATS
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7kompakt | Februar 2011 |
>AKTUELLES
»Brot und Butter, Fleisch und Fisch
sind Massenprodukte geworden.
Essen soll billig sein, ohne Rück-
sicht auf die Natur, ohne Rücksicht
auf die Tiere und letztlich ohne
Rücksicht auf die Menschen.«
DER DIOXIN-SKANDAL wirft wieder einmal die Frage auf, wie viel uns Lebensmittel von guter Qualität wert sind. Heribert Prantl, Journalist und Ressortleiter für Innenpolitik der Süddeutschen Zeitung, erinnert in seinem Kommentar vom 11. Januar daran, dass kein anderes Land in Europa im Vergleich so wenig Geld für Essen ausgibt wie Deutschland. Und dass billig eben manchmal einen viel zu hohen Preis fordert.
Friedrichs FestspieleDAS LEBEN UND WERK Friedrich Schillers steht im Mittel-
punkt der diesjährigen Ruhrfestspiele Recklinghausen. Unter
dem Motto »In die Zeit gefallen: Schiller« starten am 1. Mai die
sechswöchigen Spiele mit mehr als 200 Aufführungen.
Zu sehen sind unter anderem preisgekrönte Inszenierungen
von Schillers bekanntesten Werken wie »Die Räuber«, »Maria
Stuart«, »Don Carlos« sowie »Kabale und Liebe«. Auch jenseits
von Schiller ist der Festspielkalender der 65. Ruhrfestspiele
prall gefüllt mit bekannten Namen: Nachdem Hollywood-Star
John Malkovich bereits im vergangenen Jahr große Erfolge in
Recklinghausen gefeiert hatte, spielt er in diesem Jahr den
Casanova im Musiktheaterprojekt »The Giacomo Variations«.
Auch prominente deutsche Schauspieler sind zu Gast in Reck-
linghausen, darunter Ben Becker, Andrea Sawatzki und Heike
Makatsch. Mehr auf www.ruhrfestspiele.de
3,2 %IN DEUTSCHEN KONZERNEN sind weiterhin kaum Frauen in
den Führungsetagen vertreten. Laut einer Untersuchung des
Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) lag im
vergangenen Jahr der Frauenanteil in den Vorständen der
größten 200 Unternehmen bei 3,2 Prozent. 877 der insgesamt
906 Vorstandsposten werden von Männern besetzt. Besser
sieht es in den Aufsichtsräten aus, wo in den größten 200 Be-
trieben 10,6 Prozent der Mitglieder weiblich sind. Für diese
Zahl sind allerdings die Mitbestimmungsregeln verantwort-
lich: Mehr als 70 Prozent der Frauen in Aufsichtsräten sind
Vertreterinnen der Arbeitnehmerseite.
ZAHL DES MONATS
An die große Glocke gehängt: Schiller spielt 2011 die Hauptrolle.
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ZITAT DES MONATS
8 | kompakt | Februar 2011
> HEIMS HOMEPAGE
SYSTEMFRAGE Flüssige Demokratie
TRANSPARENZ Abgeordnete im Blick
AKTIONDie Dagegen-Partei
KOMMUNALWAHL Kandidatur ist Kunst
Demokratie ist fl üssig, nicht überfl üssig. Das fi ndet die Piratenpartei und zeigt, wie Demokratie 2030 aussehen könnte: Die Bundeskanzlerin der Piraten-partei(!) muss mit gegensätzlichen Abstimmungsergebnissen klarkommen, die per Twitter durchgeführt werden. Wie realistisch diese Web-2.0-Verbindung von direkter und repräsentativer Demokratie ist, will das Projekt »Flüssige Demokra-tie« klären. http://bit.ly/fo8BJO
Welcher Abgeordnete ist für mich zuständig? Wie hat er oder sie abge-stimmt? Wer solche Fragen an seinen Abgeordneten hat, dem bietet www.abgeordnetenwatch.de den »direkten Draht von Bürgerinnen und Bürgern zu Abgeordneten und Kandidierenden«. Dazu gibt‘s ein Blog mit interessanten Themen, wie zum Beispiel die größten Parteispender 2010. Mitdiskutieren ist ausdrücklich erwünscht!
Auch ich bin gegen Dauer-Nein-Sager. Aber die Union will witzig sein und macht es sich zu einfach: Eine Land-karte mit aus dem Zusammenhang gerissenen Grünen-Positionen, die unter www.die-dagegen-partei.de als Neinsager abgestempelt werden sollen. Die Guten, die wissen, wie der Hase läuft – das ist natürlich die CDU. Solche Polemik mag die Kundschaft erfreuen, aber Politik ist nun mal nicht so simpel.
Ich bin sprachlos. Das Video zur Kandidatur des Uwe Kampmann zum Bürgermeister von Offenbach am Main. Ein Mann am Rande des Nervenzusam-menbruchs? Laut YouTube-Info ist der Kandidat Aktions- und Politkünstler, Technoskulpteur und Dadaist. Dem ist nichts hinzuzufügen. Vorsicht: Uwe leidet unter Geschmacksverwirrung!http://bit.ly/ifGrrU
RUDOLF HEIMIG-BCE-Online-Redakteur | www.igbce.de
präsentiert interessante, manchmal auch ärgerliche Seiten aus dem Web
E-Mail: [email protected]
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Cin
tula
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W ir waren sehr ge-
spannt, welches
der elf Titelbilder
aus den vergangenen zwölf
Monaten sich durchsetzen
würde. Auch in der Redak-
tion hatte jeder seine Lieb-
lingsseite. Doch bei die-
sem Wettbewerb zählten
nur Ihre Stimmen. Und
Sie haben entschieden: Ge-
wonnen hat mit deutli-
chem Abstand der (Finanz-)
Hai der Juni-Ausgabe, auf
den Plätzen landeten das et-
was andere Tortendiagramm
zur Herbstkampagne »Jetzt
gehts um uns« und der Aus-
bildungstitel vom September.
Wir bedanken uns ganz herz-
lich bei allen Lesern, die uns
per Post oder über das Inter-
net geschrieben haben. Auch
dieses Jahr werden wir wieder
viele aktuelle und wichtige
Themen für Sie recherchie-
ren und aufbereiten. Verspro-
chen! Jeweils eine Canon
IXUS 105 haben gewonnen:
Wolfgang Schröder aus Kar-
witz, Helmut Hans Jagla aus
Essen, Fred Neese aus Dat-
teln, Angelika Hieke aus Er-
furt, Kurt Mentzel aus Nort-
heim, Karl Huf aus München,
Martin Poleska aus Marl,
Klaus Heimann aus Wiesba-
den, Marion Alt aus Franken-
hain, Lutz Hallbauer aus
Zwickau und Stefan Schemel
aus Schifferstadt. Wir wün-
schen viel Spaß!
kompakt | Februar 2011 |
>AKTUELLES
Und der Haifi sch . . .
Mailen Sie uns Ihre Meinung: [email protected]
> Leserkommentare
Stück vom Kuchen
@ Das Titelblatt vom Ok-
tober erinnert mich
daran, wie unsere Enkeltoch-
ter (fast drei Jahre alt) ganz
selbstverständlich ihren höl-
zernen Spiel-Schokoladen-
kuchen an jeden verteilt und
nicht daran denkt, das meiste
für sich zu behalten. Als Ar-
beitnehmer muss man sehen,
wo man bleibt, und nur
durch starke Gewerkschaften
bekommt man ein Stück vom
»Kuchen«. Danke für Ihre Ar-
beit. Bruno Kock, per E-Mail
Ungerecht
@Mir hat die Juni-Ausga-
be besonders gefallen.
Da spekulieren Menschen
mit Geld, das ihnen nicht ge-
hört, stecken enorme Gewin-
ne ein, und wenn was schief
geht, muss immer der kleine
Mann aufkommen. Die Spe-
kulanten kommen meist un-
bescholten davon. Wann hört
die Ungerechtigkeit auf?
Volker Jähnig, per E-Mail
Schöne Grafi k
@ Ich wähle den Monat
Oktober als besten Ti-
tel des Jahres. Das Thema
stimmt, und die Grafik ist
auch schön. Jetzt gehts um
uns. Gerri Kannenberg, per E-Mail
Kein Ende in Sicht
@Mein Titel des Jahres
2010 ist eindeutig der
Juni. Denn die Spekulatio-
nen der Bankenmanager sind
nicht beendet worden.
Hannelore Hotopp, per E-Mail
Das Mitgliedermagazin der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie
kompakt
VOR ORT IG BCE kämpft um die Ballonfabrik Everts in Datteln
TENDENZEN Wie Betriebsräte und Gewerkschafter den Aufbau Ost erlebt haben
TIPPS Warum man häufi ger im Büro schlafen sollte
Nr. 10 I OKTOBER 2010 www.igbce.de
Jetzt gehts um uns Es geht aufwärts in Deutschland. Banken und Währung sind gerettet, die Wirtschaft wächst wieder. Nun müssen auch alle vom Aufschwung profi tieren.
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Das Mitgliedermagazin der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie
kompakt
VOR ORT Immer das Mitglied im Blick: Der »Kümmerer« ist in Westfalen unterwegs
TENDENZEN Immer voller Ideen: Gewerkschaftsjugend diskutiert die Krise
TIPPS Immer wieder spannend: Argumente für das gemeinsame WM-Erlebnis im Betrieb
Cup der Hoffnung
Ein IG-BCE-Mitglied erzählt vom Leben in Südafrika. Seite 31/33
Nr. 06 I JUNI 2010 www.igbce.de
Unglaublich: Finanzhaie haben schon wieder Oberwasser. Ihr schamloses Treiben muss beendet werden — dringender als je zuvor.
Das Mitgliedermagazin der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie
Spekulation auf unsere Kosten
SIE HABEN ENTSCHIEDEN, welcher Titel aus 2010 Ihnen am besten gefallen hat. Wir beugen uns gern Ihrem Votum und präsentieren die drei beliebtesten Umschlagseiten des vergangenen Jahres.
Unnnnggggggllaaaublich: haben schon wieder Finanzhaie hOOOOOOObbbberwasser. lIhr scham oses Treiben muss bbbbbbeeeeeeeendet werden gender als je zuvor.— dring
Das Mitgliedermagazin der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie
kompakt
VOR ORT Was ein spuckender Knetevulkan jungen Menschen in Sachsen-Anhalt nützt
TENDENZEN Wieso Ölscheichs und andere Mächtige gern mit großen Klötzen bauen
TIPPS Wie man eine Gruppenreise plant, ohne in Schwierigkeiten zu kommen
Nr. 09 SEPTEMBER 2010I www.igbce.de
Gut gerüstet für die ZukunftHunderttausende Jugendliche beginnen gerade ihre Ausbildung. Und die IG BCE sorgt dafür, dass sie einen guten Start und gute Perspektiven haben.
Ofen aus?
Warum eine Aluhütte wegen hoher Strompreise ums Überleben kämpft. Seiten 31 —33
2.
3.
1.
10 | kompakt | Februar 2011
> AKTUELLES>
Mehr als Pappe und Karton
Wahljahr für Versicherungen
WIE JAPANISCHE KUNST als Innova-
tionsspender dient, welches Potenzial in
Pappe und Karton steckt, wie oft Alt-
papier wiederverwertbar ist, welche
wirtschaftlichen Vorteile ein geschärftes
Umweltbewusstsein mit sich bringt und
ob elektronische Lesegeräte tatsächlich
Bücher und Zeitungen gefährden – die-
sen und weiteren Fragen geht der aktuel-
le Technologiereport der IG BCE zur Pa-
pier- und Zellstoffindustrie nach. Dabei
wird klar: Umweltbewusstsein, neue
Technologien, aber auch Nachwuchs-
sorgen spielen in der Branche eine wich-
tige Rolle. Die vorliegende Ausgabe von
»Technologietrends und Innovationen« ist die dritte von acht Veröffentlichungen zur
Industriepolitik. Die ersten beiden Texte befassten sich mit der Chemieindustrie so-
wie mit der Glas- und Keramikindustrie.
www.igbce.de/portal/site/igbce/technologietrends/
RUND 48 MILLIONEN Bürgerinnen und
Bürger sind 2011 in Deutschland zur
Wahl aufgerufen: nicht nur bei Land-
tagswahlen in sieben Bundesländern –
sondern auch bei den Sozialwahlen.
Alle sechs Jahre werden in Deutsch-
land per Briefwahl die Ver-
sicher-
tenparla-
mente
gewählt: Bei
den Trägern
der gesetz-
lichen Kran-
ken- und Pfle-
geversiche-
rung, der ge-
setzlichen Un-
fallversiche-
rung (Berufs-
genossenschaften,
Unfallkassen) und der gesetzlichen Ren-
tenversicherung bestimmen Versicherte
und Arbeitgeber ihre Vertreter für die
Gremien der Selbstverwaltung. Die Ge-
wählten gestalten die Geschäftspolitik
der Sozialversicherungsträger mit, sie
wählen und kontrollieren die Vorstände
und entscheiden mit über die Verwen-
dung der Beiträge. Außerdem besetzen
sie Gremien wie die Widerspruchsaus-
schüsse der Versicherungsträger.
Auch in diesem Jahr kandidieren
Hunderte Ehrenamtliche aus den DGB-
Gewerkschaften für
die Versicherten-
parlamente. Die
Wahlunterlagen
werden im Zeit-
raum vom 11. bis
zum 21. April
2011 zugeschickt.
Am 1. Juni 2011
ist Stichtag – bis
dahin muss der
Brief eingegan-
gen sein. Wich-
tig: Es gilt der
Tag des Post-
eingangs, nicht
der Tag des
Poststempels.
Der DGB begleitet die gesamten So-
zialwahlen mit einer Kampagne.
www.sozialwahl.dgb.de
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Bis zu einer Tonnen wiegt eine fertige Papierrollen, wie hier bei M-real in Husum.
Bei der Sozialwahl nehmen Versicherte ihre Belange in die Hand.
> Unsozialer Verleih»In der Bundesrepublik blüht der
Menschenhandel«, schreibt die
Gewerkschaftspost 1980. Doch
gemeint sind damit nicht etwa
kriminelle Schlepperbanden,
sondern Leiharbeit. Die Missstände
in diesem Bereich waren so gravie-
rend, dass der damalige Arbeitsmi-
nister Herbert Ehrenberg ein Verbot
der Leiharbeit in der Baubrache
empfahl. Doch auch in der Metall-
und Chemieindustrie wurden
Leiharbeiter beschäftigt. Sie waren
dabei so gut wie rechtlos. Bei
Krankheit erhielten Leiharbeiter
keine Lohnfortzahlung, Krankheit
galt bei einigen Firmen sogar als
Arbeitsverweigerung und hatte die
Kündigung zur Folge. Gekündigt
wurde auch, damit Weihnachts- und
Urlaubsgeld nicht bezahlt werden
musste. »Praktiken, die schlicht als
kriminell zu bezeichenen sind«,
bewertete die Zeitung der IG Che-
mie-Papier-Keramik. Doch die Schuld
lag nicht nur bei den Verleihfirmen,
vor allem die Unternehmen profi-
tierten: Sie hielten die Stammbeleg-
schaften niedrig und mussten für die
Leiharbeiter keine Tariflöhne zahlen.
Mit dem Beschäftigungsverbot
von Leiharbeit im Bausektor 1982
verbesserte sich die Lage der Leiharbei-
ter. Doch heute – 30 Jahre später – geht
der Trend wieder in die andere Rich-
tung: Leiharbeit boomt wie nie zuvor.
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11kompakt | Februar 2011 |
Mehr Chancen für junge Leute
Wirtschaftsminister Brüderle malt die
Zukunft des Arbeitsmarkts in rosigen
Farben und spricht von Vollbeschäf-
tigung. Nach Zeitungsberichten scheint es um
die Perspektiven der jungen Leute besonders
gut bestellt. »Für Lehrlinge liegt der rote
Teppich aus« schlagzeilte die Welt schon
vor Monaten.
Aufschwung und demografische
Entwicklung machens möglich,
paradiesische Zustände zeichnen
sich ab.
DOCH SO SCHÖN ist die
Welt denn doch nicht. Wir
müssen leider festhalten,
dass die jungen Leute zu
den Krisenverlierern gehören.
Zwar ist die Lücke zwischen
Ausbildungsplatzbewerbern
und freien Stellen kleiner gewor-
den, doch noch im September
2010 fehlten über 126 000 Stellen. Dazu
kommt: Die Chancen für junge Leute auf dem
Arbeitsmarkt sinken, immer weniger finden ei-
nen regulären Job, Berufseinsteiger bekommen
kaum feste Stellen.
Nach einer Studie der Hans-Böckler-Stiftung
werden 40 Prozent als Leiharbeiter, Teilzeit-
kräfte oder befristet eingestellt.
DER FACHKRÄFTEMANGEL kommt, das ist
unbestritten. Statt aber nur darüber endlos zu
debattieren, muss gegengesteuert werden. Und
da passt es einfach nicht, junge Leute in prekä-
ren Verhältnissen zu beschäftigen. Das ist keine
Antwort auf die demografische Herausforde-
rung.
Unter dem Motto »Unser Einsatz für Deine
Übernahme« startet die IG-BCE-Jugend jetzt
eine Kampagne. Es geht um stabile und gute
Perspektiven, es geht darum, die eigene Zukunft
ein Stück planbarer zu machen.
Wer sich anstrengt, wird teilhaben am wirt-
schaftlichen Erfolg – so lautet das Leistungsver-
sprechen in unserem Land. Wird dieses Verspre-
chen gebrochen, hat das fatale Wirkungen. Das
Vertrauen der jungen Leute in Politik und Wirt-
schaft würde nachhaltig beschädigt. Das kann es
nicht sein. Die jungen Leute haben das nicht ver-
dient, sie brauchen mehr und bessere Chancen.
>STANDPUNKT
»Prekäre Beschäftigung
ist keine Antwort auf die
demografische Herausforderung.«
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MICHAEL VASSILIADIS Vorsitzender der IG BCE
12 | kompakt | Februar 2011
> TITEL ARBEITSMARKT
Auf demfalschenWeg
W ir befinden uns auf der Schnell-
straße zur Vollbeschäftigung«,
verkündet Rainer Brüderle in
diesen Tagen gerne. Der deutsche Ar-
beitsmarkt entwickle sich »vom Sorgen-
kind zum Musterschüler«, so der Wirt-
schaftsminister.
Tatsächlich: Die Zahl der Erwerbstäti-
gen erreichte zum Jahreswechsel mit fast
40,4 Millionen Personen einen Rekord-
wert. In Deutschland gab es 2010 im
Jahresdurchschnitt so wenige Arbeitslose
wie zuletzt vor 18 Jahren – die Zahl lag
knapp unter drei Millionen. Und es sieht
so aus, als ob sich diese Entwicklung
fortsetzt. Ausländische Medien und
auch immer mehr deutsche Zeitungen
sprechen bereits vom deutschen Arbeits-
marktwunder. Doch Egbert Biermann,
Arbeitsmarktexperte im IG-BCE-Vor-
stand, warnt: »Trotz aller berechtigten
Freude darüber, wie wir aus der Krise
herausgekommen sind, dürfen wir
die ungelösten, gravierenden Probleme
nicht verdrängen.«
Schaut man genauer hin, wo Jobs
entstanden sind, trübt sich das Bild.
Zwar heißt es im Jahreswirtschafts-
bericht 2011, dass die neu geschaffenen
Arbeitsplätze überwiegend sozialver-
sicherungspflichtig sind, zum größten
Teil im Vollzeitbereich. Doch Vollzeit
bedeutet nicht automatisch, dass die
Beschäftigten davon leben können und
die Jobs sicher sind.
Ein Zeichen für die Schieflage am
Arbeitsmarkt ist die verbreitete Praxis
von Unternehmen, Stammbelegschaften
DIE ARBEITSLOSIGKEIT SINKT, die Zahl der Beschäftigten in Deutschland erreicht Rekordwerte. Doch schaut man die Zahlen genauer an, trübt sich das Bild vom deutschen Jobwunder: Leiharbeit und Befristung ersetzen vielerorts sichere Arbeitsplätze.
Foto: Caro/Oberhäuser
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Alles prima: Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) bei der Präsentation des Jahreswirtschaftsbe-richtes. Zur Leiharbeit äußert sich der Minister nicht.
13kompakt | Februar 2011 |
durch billigere Leiharbeitnehmer zu er-
setzen. Die Branche boomt wie nie – und
leistet damit einen höchst fragwürdigen
Beitrag zum sogenannten Jobwunder:
Die Zahl der Zeitarbeiter nähert sich der
Millionengrenze, fast jede dritte bei den
Arbeitsagenturen als offen gemeldete
Stelle wird von Leiharbeitsfirmen offe-
riert.
Ebenso bedenklich ist die Entwicklung
bei befristeten Arbeitsverträgen. »Wenn
dem Befristungsgesetz nicht endlich die
Giftzähne gezogen werden, wird es wie-
der einen Boom befristeter Arbeitsver-
hältnisse geben«, sagt Biermann voraus.
Manche Großbetriebe befristen bis zu
90 Prozent ihrer Neueinstellungen, wo-
runter vor allem junge Menschen leiden.
Eine aktuelle Umfrage der IG-BCE-Ju-
gend zur Übernahmesituation in den
Branchen der IG BCE ergab, dass zwi-
schen 2008 und 2010 nur ein Viertel der
Auslerner unbefristet weiterbeschäftigt
wurden. »Es ist ein Skandal, wie ihnen
der Start ins Arbeitsleben und die Grün-
dung einer Familie erschwert werden«,
kritisiert Biermann.»So darf man sein
kostbarstes Gut, die Fachkräfte, nicht
behandeln.«
DAS JOBWUNDER ist nur deshalb kein
Anlass für eine arbeitsmarktpolitische
Verschnaufpause, weil es viel zu häufig
»auf das Konto flexibler und prekärer Ar-
beitsverhältnisse geht«, sagt Klaus Dörre,
Professor für Arbeits-, Industrie- und
Wirtschaftssoziologie. Der gefeierte Be-
schäftigungzuwachs lässt zudem ver-
Immer mehr Menschen gehen täglich zur Arbeit. Aber wie viele von ihnen haben einen sicheren Job?
IG-BCE-KAMPAGNE GUTE ARBEIT
Unter dem Motto »Wir machen Gute Arbeit« startet die IG BCE im Januar eine arbeitspolitische Offensive. Die Kampagne thematisiert aktuelle Herausforderungen der Arbeitswelt wie steigenden Arbeits- und Leistungsdruck, Entgrenzung von Arbeit und Leben sowie wachsende Unsicherheit bei den Beschäftigten durch befristete Jobs und Leiharbeit.www.gute-arbeit.igbce.deZusätzlich zur Kampagne ruft die IG BCE zusammen mit den anderen DGB-Gewerk-schaften am 24. Februar unter dem Motto »Gegen Lohndumping – für sichere und faire Arbeit« zu einem bundesweiten Aktionstag auf.
14 | kompakt | Februar 2011
> TITEL ARBEITSMARKT
gessen, dass viel mehr Arbeitsplätze fehlen als jene
offiziell genannten drei Millionen. Zählt man die
etwa fünf Millionen 400-Euro-Jobber hinzu, von
denen viele keine Vollzeitstelle finden, außerdem
die Beschäftigungslosen in diversen Maßnahmen –
dann erst zeigt sich die schwierige Situation. Nahe-
zu unverändert ist auch die hohe Langzeitarbeits-
losigkeit. Die Erwerbslosigkeit der Älteren steigt
– gegen den großen Trend – sogar leicht auf
38 Prozent an, bei den 60- bis 64-Jährigen hat sich
die Quote seit Oktober 2007 vervierfacht. IG-BCE-
Vorstand Biermann: »Am harten Kern der Arbeits-
losigkeit geht der Aufschwung weitgehend vorbei.«
BRUMMT DIE WIRTSCHAFT, kommt die Vollbe-
schäftigung quasi von allein – diese einfältige Sicht
hat gerade in Aufschwungzeiten wie jetzt viele Für-
sprecher. Doch von selbst kommt gar nichts. »Es
gibt einen Wandel von langen Berufskarrieren bei
einer Firma, von gut bezahlten Arbeitsplätzen in
Vollzeit, hin zu niedriger bezahlten Jobs«, sagt der
Chef der Bundesagentur für Arbeit Frank-Jürgen
Weise. Dieser Trend werde sich in den kommen-
den Jahren festigen. Ausgerechnet im Boomland
Deutschland soll die Qulität der Arbeit langfristig
abnehmen? Das darf nicht sein. »Der erste Schritt
besteht darin, auf die prekäre Situation vieler Ar-
beitnehmer auch in Aufschwungzeiten wie diesen
hinzuweisen und sie nicht einfach so hinnehmen«,
sagt IG-BCE-Chef Michael Vassiliadis. »In einem
zweiten Schritt müssen wir jetzt wieder ernsthaft
nach den Perspektiven unseres Landes und seiner
Menschen fragen: Wie wollen wir morgen arbeiten
und leben?«
Stefan Scheytt
Seit meiner Ausbildung vor 38 Jahren war ich kei-
nen Tag arbeitslos. Ich wurde zwar zweimal ent-
lassen, weil die Firmen dichtgemacht wurden,
aber ich fand immer nahtlos eine neue Stelle. In
all den Jahren hatte ich immer einen unbefristeten Arbeits-
vertrag, auch seit ich vor sieben Jahren zu Nycomed kam,
das damals noch Altana Pharma hieß. Am Anfang war ich
mir sicher, dass ich hier in Rente gehen würde, aber seit wir
Finanzinvestoren gehören, ist es anders. Noch haben wir
gute Sozialleistungen, aber die Geschäftsleitung fängt an,
davon etwas abzuknapsen. Ende Februar wird unsere Abtei-
lung um 15 Mitarbeiter reduziert, weil ein großer Kunde ab-
gesprungen ist; das trifft letztlich nur die Leiharbeitnehmer.
Natürlich tun sie mir
leid, auch weil das
meistens gute Leute
sind. Es klingt bitter,
aber ich kann auch
nicht abstreiten: Ich
bin froh, dass es mich
nicht trifft. Leiharbei-
ter haben das höhere Risiko und verdienen auch noch
weniger – gerecht ist das nicht.
Wenn mein Chef vor 20, 30 Jahren gesagt hätte ›Du musst
gehen‹, dann hätte ich geantwortet ›Kein Problem, dann
geh’ ich halt woanders hin‹. Heute, in meinem Alter, wäre
der Zug vielleicht für immer abgefahren. Deswegen ist auch
bei uns Festangestellten die Angst da, wie es weitergeht.
Wenn jetzt noch ein Kunde abspringt, könnte es passieren,
dass sie die gesamte Abteilung schließen. Vor allem die Jün-
geren mit Kindern, die auf das Geld angewiesen sind, ma-
chen sich große Sorgen. Ich konnte in den fast 40 Arbeits-
jahren immerhin etwas zur Seite legen, Aber Geld gebe
ich heute behutsamer aus. Ich überlege mir viel
gründlicher, ob ich zum Beispiel ein neues Auto
kaufe. Und wer weiß, ob ich heute noch ein Haus
bauen würde?
»
»
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FESTANGESTELLT
Bodo Scherer, 53, arbeitet als Anlagenbetreuer beim Medikamen-tenhersteller Nycomed in Singen am Bodensee.
Befristungboomt
»Ich war noch
keinen Tag
arbeitslos.«
Mehr zum Arbeitsmarkt aufwww.igbce.de
15
Nach meiner Ausbildung zur Kauffrau für Büro-
kommunikation bei E.ON edis wurde ich von der
Vertriebstochter zunächst für ein halbes Jahr
übernommen. Dann bekam ich einen befristeten
Vertrag für neun Monate und dann noch einmal. Seit No-
vember arbeite ich im Backoffice-Bereich und unterstütze
meine Kollegen, die die Individualkunden in Mecklenburg-
Vorpommern betreuen.
Ich lerne mich gut in die neue Aufgabe ein, die Arbeit
macht Spaß. Aber es sieht so aus, als wäre der 16. Juli mein
letzter Arbeitstag bei E.ON. Warum die Situation so ist, kann
ich nicht nachvollziehen, ich würde mein erworbenes Wis-
sen dem Ausbildungsunternehmen gern weiter zur Verfü-
gung stellen. Ich den-
ke, E.ON edis spart an
der verkehrten Stelle.
Und dann wundert
man sich, warum so
viele junge Menschen
in den Westen gehen.
Ich kann junge Paare
verstehen, die sich in so einer unsicheren Situation nicht
trauen, Kinder zu kriegen und eine Familie zu gründen.
Das Klima im Unternehmen ist in Ordnung, ich würde
gerne länger hier arbeiten. Ich engagiere mich auch gerne,
seit meinem dritten Ausbildungsjahr bin ich in der Jugend-
und Auszubildendenvertretung, seit November sogar als
Vorsitzende. Was nach dem 16. Juli sein wird, weiß ich noch
nicht. Natürlich schau’ ich mich schon nach anderen Stellen
um und habe mich auch über ein Betriebswirt-
schaftsstudium informiert. Ich kann mich ja
nicht darauf verlassen, dass es doch noch irgend-
wie weitergeht bei E.ON.
»
Meine berufliche Biografie ist ein bisschen wie
ein Flickenteppich. Ich habe bestimmt schon
zehn, fünfzehn Tätigkeiten ausgeübt: Instandhal-
tung im Steinbruch, Montage bei der Telekom,
Mechatroniker bei Siemens, Fernfahrer. Seit knapp zwei Jah-
ren bin ich arbeitslos und bekomme Hartz IV.
Immer wieder habe ich in den letzten Jahren für Subunter-
nehmer gearbeitet, die Mitarbeiter schnell einstellten und
auch schnell wieder feuerten. Ich habe auch immer wieder
als Leiharbeiter gearbeitet. Zuletzt wollte ich für ein Kurier-
unternehmen Medikamente zu Apotheken fahren. Aber es
gab nur knapp vier Euro Stundenlohn, obwohl man das
volle Risiko für die Lieferung trägt. Das wollte ich nicht.
Von 2006 bis 2008
hab’ ich als Leiharbeiter
in der Schweiz Schalt-
schränke aufgebaut, das
war eine gute Sache. Für
den Job bin ich jede
Woche 750 Kilometer
gependelt. Was mir dort
gut gefallen hat: Die haben jeden gleich bezahlt, egal ob regu-
lär Beschäftigter oder Leiharbeiter.
In Deutschland gibt es viele Nachteile für Leiharbeiter. Oft
gibt es keinen Arbeitsvertrag oder erst auf Nachfrage. »Den
schicke ich Ihnen dann bei Gelegenheit per E-Mail zu«, sagte
mir einmal ein Chef. Man wird ständig überwacht, muss oft
sein eigenes Werkzeug mitbringen. Ganz zu schweigen von
der geringen Bezahlung. Ich habe noch Ziele, ganz klar. Ich
will eine Arbeit finden, die fair ist. Wo man fair behandelt
wird. Ich lese jede Woche die Anzeigen in der Zeitung und im
Internet. Im Jobcenter hat man mir leider nicht geholfen. Im
Gegenteil: Ich wollte eine Weiterbildung machen,
aber das wurde aus Budgetgründen abgeblockt.
Als die Beraterin mir dann trotzdem ›Viel Erfolg
noch!‹ wünschte, fand ich das nur noch zynisch.
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BEFRISTET
Sissy Schulze, 21, arbeitet befristet bei der E.ON edis Vertrieb GmbH in Demmin bei Rostock.
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ARBEITSLOS
Gerd-Uwe Kempe (45) ist gelernter Instandhaltungsmechaniker und Elektroniker. Seit 2009 ist er arbeitslos.
»Wie es weiter-
geht, weiß ich
noch nicht.«
»Ich will eine
Arbeit finden,
die fair ist.«
» »
kompakt | Februar 2011 |
16 | kompakt | Februar 2011
> THEMEN PRESSEFREIHEIT>
»Damit ist es aus«IN UNGARN GILT seit 1. Januar ein Mediengesetz, das im Land selbst und im europäischen Ausland als Abschaffung der Pressefreiheit gewertet wird. Wie ernst muss man die jüngsten Entwicklungen nehmen? kompakt hat bei ungarischen Gewerkschaftern nachgefragt.
D ieser Artikel könnte seit Jahres-
beginn so in Ungarn nicht mehr
erscheinen. Denn das Medien-
recht des EU-Mitgliedslandes ist seit
dem 1. Januar geändert. Kritische Be-
richterstattung über kontroverse The-
men ist seitdem unerwünscht. Unga-
rische Tageszeitungen druckten aus
Protest leere Titelseiten, ganz Europa
diskutiert seit Wochen.
GENAU GENOMMEN geht es um zwei
Gesetze. Das im November verabschie-
dete »Gesetz CIV von 2010 über die Frei-
heit der Presse und die Grundregeln
über Medieninhalte« beschreibt auf etwa
zehn Seiten Regeln zu Inhalten und
zur Berichterstattung sowie Rechte und
Pflichten von Journalisten. Dieses kurze
und eher allgemein gehaltene Gesetz
wird als »Medienverfassung« bezeichnet.
Das zweite Mediengesetz, das »Gesetz
CLXXXV von 2010 über Mediendienst-
leistungen und Massenmedien«, ist in
der englischen Übersetzung rund 194
Seiten stark und regelt bis ins kleinste
Detail, was Redaktionen von Fernseh-
und Radiostationen sowie Zeitungen
und Magazinen dürfen, aber vor allen
Dingen nicht dürfen und was ihnen
blüht, wenn sie gegen diese Regeln ver-
stoßen. Zwar »anerkennt und respek-
tiert« die Medienverfassung die Presse-
freiheit und deren »Vielfalt«; dabei
dürfte es sich allerdings um ein Lippen-
bekenntnis handeln.
Denn die Berichterstattung, die durch
die Nationale Behörde für Medien und
Telekommunikation (NMHH) regle-
mentiert wird, darf nicht »Minderheiten
oder Mehrheiten (. . .) offen oder geheim
beleidigen oder ausgrenzen«. Dieser Zu-
satz, der der Behörde einen Freibrief für
jeglichen Eingriff in die redaktionelle Ar-
beit ausstellt, fehlt laut der Tageszeitung
taz in der englischen Übersetzung, die
Ungarn der Europäischen Union über-
mittelte. Nicht erlaubt sei darüber hin-
aus eine »selbstgefällige« Berichterstat-
tung. Was auch immer die NMHH
darunter versteht.
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ters
meint Székely. Doch was wird im Som-
mer sein, wenn Polen den Vorsitz im Rat
der EU übernommen hat, und die euro-
päischen Medien ihren Fokus von Buda-
pest nach Warschau verlegen? Was dann
zum Beispiel mit dem Internetforum der
Chemiegewerkschaft passiere, sei un-
klar, sagt der Gewerkschaftschef. Dort
unterhielten sich viele Mitglieder über
politische und wirtschaftliche Themen.
Wenn die Diskussion
der NMHH nicht gefal-
le, könne die VDSZ mit
einer Geldstrafe belegt
und die Internetseite
sowie das gewerkschaftseigene Magazin
gesperrt werden. »Das ist autokratisch
und diktatorisch«, sagt Székely.
Károly Stanitz, Sekretär bei der Berg-
baugewerkschaft BDSZ, malt ebenfalls
ein düsteres Zukunftsbild. Auf die Frage,
wie seine gewerkschaftliche Arbeit vom
neuen Gesetz beeinflusst werde, antwor-
tet er: »Schluss, damit ist es aus.« Dass
mit dem Gesetz etwas nicht stimme, da-
rauf deute doch schon die immense
Länge des Textes hin. »Das Gesetz passt
in eine Reihe von Regelungen, die die
Machtposition der Regierungsparteien
wohl auf lange Sicht festigen sollen«,
sagt Stanitz. Die Verhaltensregeln wür-
den sich ja nicht nur auf Fernseh- und
Radiosender sowie Printpublikationen
erstrecken. Die NMHH würde darüber
hinaus auch das Internet kontrollieren
BESONDERS DRASTISCH greift das Ge-
setz beim Quellenschutz ein, also dem
Schutz von Informanten. Dieser ist
zwar in Artikel 6 verankert, wird aber
im Nachsatz gleich wieder ausgehebelt.
Denn Daten über die Identität der Quel-
le dürfen laut der Frankfurter Allgemeinen
nicht vertraulich gehalten werden, wenn
diese »widerrechtlich qualifizierte Da-
ten« offenlege. Investigative journalis-
tische Arbeit wird durch diese Formulie-
rung unmöglich. In Absatz 2 legen die
Autoren des Gesetzes fest, dass »sogar«
in juristischen und anderen offiziellen
Verfahren der Informantenschutz gelte –
allerdings nur unter der Voraussetzung,
dass die Informationen »im Interesse der
Öffentlichkeit« offengelegt worden sei-
en. Und was im Interesse der Öffent-
lichkeit liegt, das entscheidet nun die
NMHH. Die Präsidentin der NMHH, die
49-jährige Annamária Szalai, ist in Un-
garn »die letzte Instanz über Gedeih und
Verderb aller in Ungarn ansässigen Me-
dien«, schreibt die österreichische Tages-
zeitung Der Standard. Szalai, die für neun
Jahre zur Chefin der NMHH ernannt
wurde, kann drastische Geldstrafen ver-
hängen und Sender sowie Zeitungen so-
gar schließen lassen. Ab sofort wacht
Szalai, die einst als Chefredakteurin
das Soft-Sexmagazin Miami Press verant-
wortete, nun darüber, dass die Landes-
medien mit ihrer Berichterstattung nicht
die »guten Sitten« verletzen.
Tamás Székely, Chef der ungarischen
Chemiegewerkschaft VDSZ, ist ent-
täuscht, dass ausgerechnet der unga-
rische Ministerpräsident Viktor Orbán
so rigoros gegen Freiheitsrechte vorgeht.
»Diese Mannschaft, die heute regiert,
hat vor 20 Jahren für freie Medien ge-
kämpft«, sagt Székely, »heute machen sie
genau das Gegenteil.« Solange Ungarn
die EU-Ratspräsidentschaft innehabe,
werde das Gesetz wohl nicht vollstreckt,
Mundtot: Ein Demonstrant vor dem Budapester Parlament zeigt, was er von den neuen Mediengesetzen hält.
Müssen demnächst zentral genehmigt werden: Ungarische Gewerkschaftszeitungen.
17kompakt | Februar 2011 |
wollen. »Das funktioniert vielleicht in
China«, sagt Stanitz, »aber doch nicht
in Europa.« Er befürchtet, dass Gewerk-
schaften mit ihren Themen in den Medi-
en nicht mehr stattfinden werden: »Die
Regierung will doch nur Nachrichten,
die sie in einem guten Licht erscheinen
lassen.« Das sei aber keine freie Presse
mehr, sondern Propaganda.
15 000 MENSCHEN waren Mitte Januar
der gleichen Meinung und demonstrier-
ten für die Pressefreiheit vor dem Parla-
ment. Die Mehrzahl der Teilnehmer hat-
te sich über das weltweit größte soziale
Netzwerk »Facebook« organisiert. »Das
wird für die ungarische Facebook-Gene-
ration der erste wirkliche Test sein, sich
gegen Autokratie zu organisieren«, sagte
Andras Bozoki, Politikwissenschaftler der
Central European University in Buda-
pest der in der Schweiz erscheinenden
Neue Zürcher Zeitung. Die Mitglieder die-
ser jungen Generation seien in Friedens-
zeiten aufgewachsen und müssten den
Wert der Demokratie erlernen. Diese sei
nämlich nicht gegeben, sondern müsse
täglich verteidigt werden, sagt Bozoki.
Dieser Tatsache scheint sich das junge
Ungarn bewusst zu sein. »Wir müssen
die Pressefreiheit schützen – und zwar
nicht vor den Rechten oder vor den Lin-
ken«, schrieb ein Nutzer auf Facebook,
»sondern vor der Macht.«
Dirk Kirchberg
»Das ist keine freie Presse,
das ist Propaganda.«
18 | kompakt | Februar 2011
> THEMEN SUPERWAHLJAHR
Auf dünnem EisDIE BUNDESRATSMEHRHEIT hat die Koalition schon verloren. Nun geht es 2011 im Monatstakt um sieben Landtage – und damit um das politische Überleben von Schwarz-Gelb. Zieht die Schwäche der FDP die Kanzlerin in den Abgrund? Ist der Höhenfl ug der Grünen von Dauer?
Was bringt das neue Jahr? Wah-
len, Wahlen, quer durch die
Republik. Vergessen wir den
»Wutbürger«, der sich gerade noch über-
gangen fühlte, am Bauzaun um seine
Rechte stritt und am Ende sogar als
»Wort des Jahres« zu Ehren kam. Schnee
von gestern. In diesem Jahr muss die
Politik wieder um Stimmen werben, sie
muss zuhören und muss sich erklären.
Der Wutbürger kann Regierungen ab-
wählen und er kann sie bestätigen. Sie-
ben Landtagswahlen und zwei Kommu-
nalwahlen stehen bevor. 2011 ist ein
Superwahljahr – und es wird spannend,
denn Abgesänge könnten sich als falsch
erweisen und Aufstiege als vergänglich.
Nach der Bundestagswahl im Herbst
2009 schien der Siegeszug von Schwarz-
Gelb unaufhaltsam. Kanzlerin Angela
Merkel konnte auf eine stabile Mehrheit
im Bundesrat vertrauen. Und heute? In
der Länderkammer herrscht ein Patt
der politischen Lager – und es könnte
für Merkel noch schlimmer kommen.
27 der 69 Stimmen im Bundesrat wer-
den neu vergeben. Rot-Grün hofft auf
ein Comeback, während die FDP um
ihre Zukunft bangt. Es wird ungemütlich
für die Koalition. Noch ungemütlicher
als es ohnehin schon ist.
DAS AUFTAKTSPIEL am 20. Februar
dürfte die Stimmung in der SPD heben.
In Hamburg segeln die Sozialdemokra-
ten mit mehr als 40 Prozent in den Um-
fragen den anderen Parteien weit voraus.
Es wäre schon eine große Überraschung,
Kar
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ur: J
ürge
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ek
19kompakt | Februar 2011|
Sowohl der Urnengang in Bremen am
22. Mai als auch die Wahl am 4. Sep-
tember in Mecklenburg-Vorpommern
werden ohne Überraschungen über die
Bühne gehen. Dagegen wird Berlin am
18. September zum Schauplatz eines
spannenden rot-grünen Spitzenduells,
das CDU und Linke zu Zaungästen
macht. Die Grünen, von der Bundes-
Union längst zum Hauptgegner erklärt,
müssen zeigen, ob ihr aktueller Höhen-
flug von Dauer ist. Im Herbst sah es an
der Spree noch nach Durchmarsch aus.
Seit Fraktionschefin Renate Künast offi-
zielle Kandidatin ist, hat SPD-Amtsinha-
ber Klaus Wowereit, der seit 2001 regiert,
wieder die Nase vorn. Einen Partner-
wenn der nächste Erste Bürgermeister
und Nachfolger von Christoph Ahlaus
(CDU) nicht Olaf Scholz heißt. Sein
Wunschpartner sind die Grünen, die
sich vorzeitig von der CDU verabschie-
det haben.
Vier Wochen später muss sich die SPD
wohl mit dem dritten Platz begnügen.
In Sachsen-Anhalt kämpfen Linke und
CDU um den Sieg. Sollte die Linkspartei
die meisten Stimmen bekommen, müss-
te die SPD entscheiden, ob sie erstmals
als Juniorpartner ein rot-rotes Bündnis
schließt – oder die Große Koalition unter
Regie der CDU fortsetzt.
Die weitaus spannendste Wahl steht
eine Woche später, am 27. März in
Baden-Württemberg an. Schwarz-Gelb
oder Grün-Rot? Seit 57 Jahren regiert die
CDU in Stuttgart; eine Abwahl wäre ein
Beben, das auch die Bundespartei er-
schüttert. Doch Merkel darf hoffen. Seit
sich der Protest gegen Stuttgart 21 gelegt
hat, holt Regierungschef Stefan Mappus
auf und hat mit Umfragewerten von
40 Prozent die Grünen wieder deutlich
abgehängt. Ein unsicherer Kandidat
bleibt der Koalitionspartner FDP. Fliegen
die Liberalen aus dem Landtag, ist in der
Partei Land unter. Parteichef Guido Wes-
terwelle müsste abtreten – die Boygroup
Rösler, Lindner & Co. wäre am Zug. Und
die SPD? Sie könnte wie in Magdeburg
vor der unbequemen Frage stehen, ob sie
als Juniorpartner regieren will – dies-
mal unter einem grünen Chef namens
Winfried Kretschmann. SPD-Landeschef
Nils Schmid sagt, er hätte damit kein
Problem.
Am selben Tag wird auch an der
Mosel gewählt. SPD-Regierungschef Kurt
Beck wird seine absolute Mehrheit ver-
lieren. Affären um Renommierprojekte
haben seinem Image geschadet. Glück
im Unglück: Auch seine junge Heraus-
forderin von der CDU, die Berliner
Staatssekretärin Julia Klöckner, muss
sich mit einem Finanzskandal ihrer Par-
tei herumschlagen. Die Grünen haben
gute Karten, denn sie sind bislang nicht
im Landtag vertreten: Wer klein startet,
kann am Ende des Tages vielleicht als
Aufsteiger groß feiern.
wechsel von den Linken zu den Grünen
schließt Wowereit nicht aus – eine Ju-
niorpartnerschaft allerdings schon.
WAS BRINGT ALSO das Jahr? Merkel
wird am Ende des Jahres weiterhin Kanz-
lerin sein. Aber die FDP wird sich neu
erfinden müssen, was die Koalition wei-
ter schwächen könnte. Rot-Grün dürfte
ein Comeback feiern, aber erstmals stellt
sich die Frage, wer Koch und wer Kellner
ist. Die Bilanz: Politik ist immer dann
besonders spannend, wenn der Wähler
das Wort hat. Gabi Stief
Die Autorin ist Politikredakteurin der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung.
27. März Rheinland-Pfalz 27. März 27. März Rheinland-Pfalz
27. MärzBaden-Württemberg
13724
Klaus Wowereit (SPD)Regierender Bürgermeister
R e PfRheinland Pf
Kurt Beck (SPD)
Ministerpräsident
alzalzalz
PD)dent
Julia Klöckner (CDU)Staatssekretärin im Bundesagrarminis-terium
ereit
r ter
Renate Künast (Bündnis 90/Grüne) Fraktionschefin der Grünen im Bundestag
Wulf Gallert(Linke) Opposi-tionsführer imLandtag
Jens Bullerjahn (SPD)Landes-Finanzminister
tposi-
im
Reiner Haseloff (CDU)Landesminister für Wirtschaft und Arbeit
derzeitige Regierungenderzeitige Regierungen
Regierungsbündnis gescheitertbündnis Regierungsbündnis gescheitert
ParteienParteienParteienSPDSPDSPD
CDUCDUCDU
FDPFDPFDP
GrüneGrüneGrüne
LINKELINKELINKE
22. MaiBremen
18. September Berlin
20. März Sachsen-Anhalt20. März Sachsen-Anhalt
rzärzergerg Nils Schmid
(SPD)
SPD-Landesvor-
sitzender
or-
Stefan Mappus (CDU)
Ministerpräsident(CDU
ent Winfried Kretschmann (Bündnis 90/Grüne)Fraktionsvorsitzender der Grünen im Landtag
4. September4. SeptemberMecklenburg-Vorpommern
Jens Böhrnsen (SPD)
BürgermeisterJenBür
Rita Mohr-Lüllmann
(CDU)
stellv. CDU-Landes-
vorsitzende
voraussichtlich20. Februar Hamburg
Olaf Scholz (SPD)
SPD-Landes-
vorsitzender
mburg
)Christoph Ahlhaus (CDU)Erster Bürgermeister
enen
ss
tt Helmut Holter (Linke)
Fraktionsvorsitzender
der Linken
ke)der
Lorenz Caffier (CDU)Landes-Innenminister
CDU)
Erwin Sellering (SPD)Ministerpräsident
Grafi k: dpa 13724
>
20 | kompakt | Februar 2011
LESERFORUM
> Das ist unser Aufschwungvon Michael Denecke (1/2011)
Thema ernst nehmen
@Manchmal muss ich
mich doch recht über
meine Gewerkschaft ärgern.
Während die IG Metall bei-
spielsweise schon bei den Ver-
handlungen für die saarlän-
dische Stahlbranche 2010 die
umfangreiche Gleichstellung
für Leiharbeiterinnen und den
Schutz der Stammbelegschaf-
ten durchsetzte, schweigt sich
die Forderungsempfehlung
der IG BCE hier ziemlich aus.
Und während der aktuelle
Standpunkt von Michael Vas-
siliadis zumindest online un-
ter dem Titel »Konzentration
auf das Wesentliche« er-
scheint, frage ich mich, ob
Equal Pay nicht auch ziemlich
wesentlich sein könnte?
Gerri Kannenberg, per E-Mail
Aufschwung für wen?
@ Für wen ist dieser Auf-
schwung? Die Azubis
werden zum Ende ihrer Aus-
bildung auf die Straße gesetzt.
Die Arbeit ist vorhanden, die
Bücher voll. Nur eben ma-
chen diese Arbeit die Men-
schen der Zeitarbeit.
Sonja Mutter, per E-Mail
Das Mitgliedermagazin der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie
kompakt
VOR ORT 16 000 Beschäftigte demonstrieren bei RWE für mehr Geld
TENDENZEN Was ein Arbeitsmarktforscher für das Jahr 2011 erwartet
TIPPS Welche Änderungen uns 2011 bei Gesundheit und Arbeitslosigkeit bevorstehen
Nr. 01 I JANUAR 2011 www.igbce.de
Ein Blick in die ZukunftNeue Werkstoffe und Technologien verändern die Welt. Viele sind heute
bereits Teil unseres Alltags. Und sichern Wachstum und Arbeitsplätze.
Schreiben Sie uns! Wir freuen uns über Lob, Kritik und Anregungen.
Leserbriefe stellen die Meinung des Einsenders dar. Anonyme Zuschriften werden nicht berücksichtigt. Die Redaktion behält sich Kürzungen vor.
IMPRESSUM
Das Mitgliedermagazin der IG Bergbau, Chemie, Energie
HerausgeberMichael Vassiliadis
ChefredakteurChristian Hülsmeier
Stellvertretender ChefredakteurMichael Denecke
Chef vom DienstAlexander Nortrup
RedaktionSarah Heidel, Rudolf Heim,
Dirk Kirchberg, Dr. Ulrike Börger
FotoredaktionUlrike Neufeld
RedaktionsassistenzSimone Michels, Tanja Rössner
GestaltungHans Borgaes
RedaktionsanschriftKönigsworther Platz 6
30167 HannoverTelefon: 0511 7631-329/-698
Telefax: 0511 7000891E-Mail: [email protected]
Internet: www.igbce.de
Satz: BWH GmbHBeckstraße 10, 30457 Hannover
Gesamtherstellung und -vertrieb:Westend Druckereibetriebe GmbH
Westendstraße 1, 45143 Essen
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Telefon 0511 94670-0Telefax 0511 94670-38Gültige Anzeigenliste Nr. 9 vom 01. 05. 2010
Verantwortlich für den Anzeigenteil:
Jürgen Oberschilp
Zusendungen: Für unverlangte Einsendungen wird keine
Gewähr übernommen.
Bezugspreis0,90 €, jährlich 10,00 €.
Für Mitglieder der IG BCE ist der Bezugspreis im Mitgliedsbeitrag
enthalten.
Erscheinungsweise: kompakt erscheint monatlich mit acht Regionalausgaben für Bayern, Baden-Württemberg,
Hessen-Thüringen, Nord, Nordost, Nordrhein, Rheinland-Pfalz/Saarland,
Westfalen.
Redaktionsschluss dieser Ausgabe:21. 01. 2011
Druckaufl age: 677 515 (III/2010) Gedruckt auf chlorfreiem Papier
kompakt
> Schreiben, organisieren, steuern
von Susanne Kettelför (1/2011)
Zu wenig honoriertDer Artikel hat mich
sehr angesprochen,
da ich selber dieser Berufs-
gruppe angehöre.
Ich bin bei einer Tochter-
firma der Evonik Degussa
GmbH beschäftigt. Nach
meiner Ausbildung machte
ich auf eigene Initiative und
Rechnung die IHK-Prüfungen
Fremdsprachenkorrespon-
dentin und Industriefachwir-
tin, habe meine Fremdspra-
chenkenntnisse in Englisch
und Spanisch jahrzehntelang
stetig erweitert und erhalten
und befinde mich derzeit
am Ende eines Studiums der
Wirtschaftswissenschaften.
Ich habe also nach meiner
Ausbildung vor nunmehr fast
25 Jahren viele weitergehende
Qualifikationen erworben,
die ich am Arbeitsplatz brau-
chen kann, meine aber auch,
dass vieles gar nicht so hono-
riert wird. Sylvia Streck, Marl
Aussterbende Spezies
@ Ich finde mich in dem
Artikel wirklich wieder.
Das klassische Sekretariat
gibt es nicht mehr, honoriert
oder anerkannt werden die
neuen, anspruchsvollen Leis-
tungen aber auch nicht. Auch
wenn der Büroalltag von de-
nen der anderen Kollegen ab-
weicht, sind wir Bürokräfte
eigentlich eine aussterbende
Spezies. Elke Ohlmeyer, per E-Mail
> Zitat des Monats(1/2011)
Panik geschürt
@ Die öffentliche Dis-
kussion um die Asse
ist leider völlig aus dem
Ruder gelaufen, wodurch
Panik geschürt wird. Mit Ver-
nunft und Sachverstand hat
das nichts mehr zu tun,
die Bürger werden manipu-
liert statt aufgeklärt. Dabei
sollte man sich lieber um
einen gesicherten Energie-
mix kümmern, anstatt eine
Entweder-oder-Lösung zu for-
cieren.
Stefan Merx, per E-Mai
> Jetzt noch nocher!von Imre Grimm (1/2011)
Nervige Floskeln
@Mich nerven diese
aufgesetzten, schreck-
lichen Werbefloskeln, die
mir überall begegnen. Ich
habe mir auch schon über-
legt, auf der Straße Scheu-
klappen zu tragen und eben-
falls welche zu verkaufen,
damit nicht jeder von diesen
Slogans erschlagen wird.
Scheuklappen für die Men-
schen (Innovation?). Die Un-
ternehmen sind sich wohl
auch nicht im Klaren dar-
über, dass mancher Spruch
in Wirklichkeit Anti-Werbung
ist, sofern es jemanden gibt,
der sich darüber wirklich
Gedanken macht.
Daniel Sartor, auf dem kompakt-Blog
kompakt | Monat 20XX | 21
VOR ORT
Wo das Salz herkommt
Startpunkt BüchsenpfennigKnappschaft-Bahn-See feiert ihr 750-jähriges
Bestehen.
Glänzend aus der KriseEvonik-Standort Wesseling übersteht die Krise
und liefert 2010 ein Rekordergebnis ab.
Ein starker PartnerSeit den Betriebsratswahlen 2010 sind
1000 Betriebsräte in die IG BCE eingetreten.
Foto: Dirk Kirchberg
STREUSALZ kennen die meisten Menschen nur, weil es die Straße vom Eis befreit. kompakt hat esco-Mitarbeiter begleitet, die dem Berg das Salz mit Sprengstoff abringen.
> VOR ORT ESCO BERGWERK BRAUNSCHWEIG-LÜNEBURG
Rechts, links, rauf, run-
ter geht die Fahrt
durch kilometerlange,
dunkle Tunnel. Nur die
Scheinwerfer des Gruben-
fahrzeugs beleuchten den
Weg durch das Labyrinth aus
250 Kilometern Strecke. Es ist
staubtrocken hier, 490 Meter
unter der Erde. Der Geruch
von Salz liegt in der Luft.
Plötzlich öffnet sich die enge
Strecke zu einer riesigen, wei-
ßen Halle. Neben einer gro-
ßen, gelben Maschine steht
Frank Navrath und bohrt sie-
ben Meter tiefe Sprenglöcher
in die Wand. »Ich bereite ein
neues Abbaugebiet vor«, er-
zählt der 47-Jährige.
Frank Navrath ist Berg-
mann auf dem Salzbergwerk
Braunschweig-Lüneburg der
european salt company
(esco) im niedersächsischen
Grasleben. Jetzt im Winter
dreht sich alles im Werk um
Streusalz, bis zu 300 Tonnen
Auftausalz werden stündlich
gefördert. Die Produktion
läuft rund um die Uhr. Die
Nachfrage nach Streusalz ist
durch den frühen, kalten
Winter beinahe unersättlich.
Doch das Werk liefert auch
gewöhnliches Speisesalz,
Lecksteine und Gewerbesalz
für Wasserenthärtung oder
die chemische Industrie.
Zurück unter Tage geht die
Fahrt weiter in die nächste
Halle – vorbei an zwei Tank-
stellen und einer Werkstatt.
Auf einer Hebebühne steht
Klaus Kökow und füllt mit
einem Schlauch in gut fünf
Metern Höhe Sprengstoff in
die vorbereiteten Bohrlöcher.
Das Salz wird in großen Blö-
cken abgebaut. Dabei werden
nach einem ausgeklügelten
System Kammern in den
steinharten Salzstock ge-
sprengt – 100 Meter lang,
20 Meter breit und 42 Meter
hoch. Die Hallen, die da-
Der weiße SchatzSTREUSALZ ist ein begehrtes Gut diesen Winter – schon nach wenigen Wochen waren die Vorräte vieler Kommunen aufgebraucht. Doch wo kommt eigentlich das Salz her?
1
22 | kompakt | Februar 2011
durch entstehen, sind so
groß, dass man eine Kirche
samt Glockenturm in ihnen
errichten könnte.
GESPRENGT wird dreimal
am Tag zum Schichtwechsel,
wenn die eine Schicht ausge-
fahren ist und die nächste auf
die Fahrt mit dem Förderkorb
wartet. »Als Sprengmeister
muss ich dafür sorgen, dass
wirklich keiner mehr im Ge-
fahrenbereich ist – erst dann
wird gezündet«, erzählt Klaus
Kökow, der auch Mitglied im
Betriebsrat ist. Sprengmeister
Kökow ist zugleich einer der
Sicherheitsbeauftragten unter
Tage – das passt.
Die Bergleute im Salzberg-
werk haben im Gegensatz
zum Steinkohlenbergbau
überwiegend Einzelarbeits-
plätze. Die Steiger müssen die
Arbeit koordinieren und auf
die Sicherheit achten. So wie
Hagen Beiler. Mit gerade ein-
mal 25 Jahren ist er der jüngs-
te Schichtsteiger auf dem
Bergwerk. Mehrmals wäh-
rend einer Schicht besucht
er seine Mitarbeiter und legt
dabei oft weite Wege zurück.
»Bis zu 70 Kilometer fahre
ich an einem Tag«, sagt
Beiler. »Da kann man sich
schnell verfahren, wenn man
sich nicht gut auskennt«, sagt
er.
Ist das Salz aus der Wand
gesprengt, kommt Kai Froh-
bart zum Einsatz. Der Berg-
mechaniker im vierten Lehr-
jahr steuert einen Radlader,
der 60 Tonnen wiegt. Die
Schaufel kann bis zu 12 Ton-
nen Salz auf einmal aufneh-
men. »Die Arbeit hier unten
macht wirklich Spaß«, be-
richtet er. »Welcher Auszu-
bildende darf schon völlig
selbstständig ein so schweres
Gerät bedienen?«, sagt er
stolz und fährt davon. Kai
bringt das Salz zur Kippstelle,
wo die Salzbrocken in kurzer
Zeit zerkleinert und auf
Förderbändern zum Schacht
oder in einen Bunker trans-
portiert werden.
ÜBER TAGE wird das Salz
aufbereitet, nach Kristall-
größe sortiert und anschlie-
ßend in Säcken von 3, 10, 25
und 50 Kilogramm verpackt.
Rund 200 Lkw verlassen täg-
lich das Firmengelände des
Bergwerks – voll beladen mit
Salz. »Eine Situation, wie wir
sie seit 2009 haben, hatten
wir vorher nie«, sagt Reinhard
Dust, der Geschäftsführer
von esco. Über sechs Mil-
lionen Tonnen Salz produ-
ziert das Unternehmen im
Jahr – im vergangenen Jahr
sogar noch deutlich mehr.
»Nach dem harten Winter
2009/2010 mussten wir die
Lager auffüllen und die ersten
Lieferungen an die Kommu-
nen waren im Spätsommer
bereits fällig«, berichtet Dust.
Seit Dezember 2009 arbeiten
die Beschäftigten deshalb im
Drei-Schicht-System, 2010
wurden 120 neue Mitarbeiter
eingestellt. Auch die Lager-
kapazität hat esco auf
900 000 Tonnen aufgestockt.
Und dennoch rissen die
Meldungen über Streusalz-
mangel in den vergangenen
Wochen nicht ab. »Im Mo-
ment haben wir eine Nach-
frage zu bewältigen, die das
Dreifache des vergangenen
Winters noch deutlich über-
steigt«, sagt Dust. »Und dabei
hatten wir schon nach weni-
gen Wochen vielerorts die be-
stellten Mengen für den ge-
samten Winter ausgeliefert.«
Sarah Heidel
1 | BOHREN:Frank Navrath bohrt sieben Meter lange Löcher in die Salzwand.
2 | LAGERN:Wegen des kalten Winters sind die Lager von esco wie leer gefegt.
3 | VERLADEN:Kai Frohbart fährt mit seinem Radlader nicht nur Salz zur Kippstelle, sondern schafft auch Abraum weg.
3
2
Die European Salt Company (esco) wurde 2002 als Gemeinschaftsunternehmen von den Firmen K+S und Solvay gegründet. Seit 2004 ist esco eine 100-prozentige Tochter der K+S. Das Unternehmen hat zehn europaweite Produktions-standorte, davon drei in Deutschland (Bernburg, Borth, Braunschweig-Lüne-burg). Rund 1000 Menschen beschäftigt esco in Deutsch-land, davon 180 auf dem Bergwerk Braunschweig-Lüneburg. Sie produzieren im Drei-Schicht-System rund sechs Millionen Tonnen Salz. Neben Auftausalz stellt das Unternehmen Speisesalz, Salz für die chemische Industrie, Geschirrspülersalz und Salz für die chemische Industrie und Lecksteine her. esco gilt als der größte Salzproduzent Europas.
www.esco-salt.com
DAS UNTERNEHMEN
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23kompakt | Februar 2011 |
»Ich fahre bis zu 70 Kilometer am Tag, um die Arbeit meiner Kollegen zu koordinieren.«
Hagen BeilerSchichtsteiger
Eindrücke vom Salzabbau fi nden Sie in einem Video auf kompakt.igbce.de
| kompakt | Februar 201124
> VOR ORT AKTUELLES
Dicht gedrängt: Teilnehmer beim IG-BCE-Neujahrsempfang.
Dieser Aufschwung ist auch
unser Aufschwung. Wir
müssen jetzt dafür sorgen,
dass er bei den Arbeitneh-
mern auch ankommt. Es geht
nicht um Krümel, es geht
um ein großes Stück vom
Kuchen.« Mit starkem Beifall
quittierten mehr als 750 Teil-
nehmer beim Neujahrsemp-
fang des Landesbezirks Nord
in Hamburg diese selbstbe-
wusste Aussage von Peter
Hausmann, Tarifexperte im
geschäftsführenden Haupt-
vorstand der IG BCE.
Im Rückblick auf die Fi-
nanz- und Wirtschaftskrise
»Dieser Aufschwung ist unser Aufschwung!«HAMBURG-WILHELMSBURG | Selbstbewusste Töne beim Neujahrsempfang des Landesbezirks Nord
betonte Hausmann: »Wir ha-
ben den wirtschaftlichen Su-
per-Gau knapp vermieden.«
Dazu beigetragen hätten vor
allem die Belegschaften in
den Betrieben, eine »Sozial-
partnerschaft auf Augenhö-
he« und gemeinsame An-
strengungen von Betriebsrä-
ten und IG BCE.
Von der Politik erwarte er
eine Neuorientierung und
»Entschei-
dungen mit
strategischer
Ausrichtung«
auch bei der
Sanierung
des Bundes-
haushaltes.
Hier fordere die IG BCE
unter anderem eine stärkere
Besteuerung von Kapitaler-
trägen sowie eine Umsatz-
steuer für Transaktionen auf
den Finanzmärkten.
»Wir wollen Fortschritt,
Teilhabe am Wohlstand und
persönliche Entwicklungs-
chancen mit Fortschritt und
Nachhaltigkeit verknüpfen«,
betonte Hausmann. Dazu ge-
höre auch das Ziel, eine So-
zialpartner-Vereinbarung zur
Eindämmung von Leiharbeit
abzuschließen. Ebenfalls im
Visier der IG BCE sind der
Boom sogenannter prekärer
Beschäftigung und die Rente
Zuerst als Betriebsrat neu
gewählt, dann Mitglied
der IG BCE geworden. Marco
Sandhöfer, 37 Jahre alt, Fach-
arbeiter für Photovoltaik, ist
exakt der Tausendste, der
diesen Weg gegangen ist.
Im April 2010 wurde er
bei Scheuten Solar in Gelsen-
kirchen in den Betriebsrat
gewählt; seit Januar gehört er
der IG BCE an. Groß über-
zeugt werden musste Marco
Sandhöfer nicht mehr: »Als
Betriebsrat brauche ich einen
starken Partner. Das gibt mir
die nötige Sicherheit.«
Für den stellvertretenden
IG-BCE-Vorsitzenden Ulrich
»Ich brauche einen starken Partner«GELSENKIRCHEN | Logischer Schritt: Als frisch gewählter Betriebsrat Mitglied der IG BCE
Freese ein Grund zu Freude:
»Wir sind überzeugt, dass zu
dem 1000. jetzt noch viele
weitere Betriebsräte hinzu-
Arbeitssicherheit. »Die Kolle-
gen müssen wissen, wir ma-
chen was für sie«, sagt er. Für
das notwendige Wissen ver-
»Real mehr« für die SteinkohleBOCHUM | Eine prozentuale Erhöhung der Löhne, Gehäl-ter und Ausbildungsvergü-tungen – mit dieser zentralen Forderung geht die IG BCE am 28. Januar in die erste Verhandlung der diesjährigen Tarifrunde im deutschen Steinkohlenbergbau. Ziel ist, für die rund 29 000 Beschäf-tigten in allen Steinkohlen-revieren die Preissteigerungs-rate auszugleichen und einen realen Einkommenszuwachs zu schaffen. Diese Forderung hat die Tarifkommission der IG BCE in Bochum einstimmig beschlossen.
mit 67. »Mehr als 30 Prozent
der Beschäftigten arbeiten in
Vollkonti-Schicht. Wie sollen
sie bis 67 arbeiten? Das Ge-
setz muss geändert werden«,
verlangte Hausmann.
Sein Appell: »Machen wir
2011 zu einem Jahr für die Ar-
beitnehmer. Die sieben Land-
tagswahlen des Jahres sind
hervorragende Gelegenhei-
ten, unsere Vorstellungen zu
thematisieren.« Werner Staffen
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»Machen wir 2011 zu einem Jahr für Arbeitnehmer.«
Peter Hausmann
»Die Kollegen müssen wissen, wir machen was für sie.«
Marco Sandhöfer Betriebsrat Scheuten Solar
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kommen. Insbesondere in
zukunftsweisenden Branchen
wie eben der Solarenergie.«
Sandhöfer engagiert sich
vornehmlich im Betriebsaus-
schuss, im Mitarbeiteraus-
schuss und im Ausschuss für
traut Sandhöfer auf kompeten-
te Unterstützung durch die IG
BCE: »Ich habe schon im Sep-
tember 2010 meine erste ein-
wöchige Betriebsratsschulung
gehabt.« Die nächste steht im
April an. Axel Schappei
Kleren. Das bedeutete un-
ter anderem: Wechselschicht-
ler im Gemeinschaftsbetrieb
Wesseling hatten am Monats-
ende ihrer Kurzarbeitszeit
rund 680 Euro mehr, als es
die gesetzlichen Regeln vorse-
hen. Sie erhielten damit noch
rund 90 Prozent ihres Netto-
entgeltes.
In Abteilungs- und Betriebs-
versammlungen informierten
Vertrauensleute und Betriebs-
räte über die Regelungen. Sie
verteilten außerdem ein Flug-
blatt, das alle Fragen rund um
die Kurzarbeit beantwortete.
»Wir sind noch mit einem
blauen Auge davongekom-
men«, so Kleren. Im Gemein-
schaftsbetrieb mussten 2009
nur etwa 100 Beschäftigte
kurzarbeiten. Zeitkontenab-
bau, frühzeitiger Urlaub und
die Verschiebung sogenannter
»Bringschichten« sorgten für
kompakt | Februar 2011 | 25
Glänzend raus aus der KriseWESSELING | Evonik-Standort überstand erfolgreich Auftragseinbruch
Im vergangenen Jahr hat
Evonik sein historisch bes-
tes Chemie-Ergebnis er-
wirtschaftet. Die Rückschau
von Dieter Kleren allerdings
hat beinahe etwas Beängsti-
gendes: »So einen Auftrags-
einbruch wie im letzten Quar-
tal 2008 bei der Evonik-
Degussa in Wesseling hatte
ich vorher noch nie erlebt.«
Kleren ist schon seit 1982 bei
Degussa und seit 1990 als Be-
triebsrat engagiert. »Wir sind
auf Sicht gefahren und wuss-
ten absolut nicht, wie es wei-
tergeht«, sagt der Betriebsrats-
vorsitzende des Spezialche-
mie-Standorts mit 1050 Be-
schäftigten. Das Rekordergeb-
nis 2010 zeigt: Es ging sehr
gut weiter.
Im Oktober 2008 aber sack-
ten in Wesseling die Bestellun-
Evonik-Standort Wesseling: Während der Krise 2008 brachen die Aufträge dramatisch ein, jetzt legt der Konzern ein Rekordergebnis hin.
gen aus der Reifen- und Bau-
industrie für Silica um ein
Drittel und für Mattierungs-
mittel sogar um über die Hälf-
te weg. »Ich bin von einer Kri-
sensitzung in die nächste ge-
gangen«, erinnert sich Kleren,
der auch Mitglied des Kon-
zernbetriebsrats ist. Sozial-
partnerschaftliches Krisenma-
nagement und zeitnah-zügige
Information der Beschäftig-
ten waren angesagt.
KEINER WUSSTE, wie lange
die Krise andauern würde.
Existenzängste gab es auch
in der Belegschaft. Konzern-
übergreifend wurde über die
Einführung von Kurzarbeit
verhandelt. »Wie gut, dass wir
im Manteltarifvertrag der
Chemie-Industrie und in Be-
triebsvereinbarungen hervor-
ragende Kurzarbeitsregelun-
gen vereinbart hatten«, sagt
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Kle
in
einen ausreichenden Perso-
nalkostenabbau.
Zeitgleich setzten konzern-
übergreifend Evonik-Arbeit-
nehmervertreter und -Mana-
gement ein Effizienzsteige-
rungsprogramm um. Das
führte ohne jegliche betriebs-
bedingte Kündigung zu 100
Millionen Euro weniger Per-
sonalkosten. Das Programm
war 2010 eine Ursache für das
Evonik-Rekordergebnis.
Für Kleren ist es deswegen
klar, dass sich die gute wirt-
schaftliche Entwicklung auch
in einem guten Tarifergebnis
widerspiegeln muss. Die IG
BCE fordert in der anstehen-
den Tarifrunde sechs bis sie-
ben Prozent mehr Entgelt.
UNTERSTÜTZUNG dafür
gibts aus der Belegschaft. »Je
stärker eine Gewerkschaft ist,
umso mehr kann sie errei-
chen«, hatte Matthias Jacobs
vom zuständigen Bezirk Köln-
Bonn im Wesselinger Evonik-
Kurzarbeits-Krisen-Flugblatt
betont. Seitdem haben mehr
als 110 neue IG-BCE-Mit-
glieder im Evonik-Gemein-
schaftsbetrieb Wesseling den
Organisationsgrad dort deut-
lich erhöht. Andreas Uphues
»Die gute wirtschaft-liche Entwicklung muss sich jetzt in einem guten Tarifergebnis widerspiegeln.«
Dieter Kleren Betriebsratsvorsitzender
DER »TARIFFAHRPLAN«
Auftakt der Chemie-Tarifrunde ist in den Regionen. Die Ter-mine der ersten Verhandlungen: 16. 02. Nordrhein, 17. 02 Hes-sen, 18. 02. Rheinland-Pfalz, 21. 02. Baden-Württemberg, 22. 02. Bayern, 23. 02. Nord, 25. 02. Westfalen, 01. 03. Nord-ost, 02. 03. Saarland.
| kompakt | Februar 201126
> VOR ORT AKTUELLES
Es gibt einen Plan und es
gibt eine gute Perspek-
tive«, so beurteilt Uwe Ver-
wohlt, stellvertretender IG-
BCE-Bezirksleiter in Duis-
burg, die gegenwärtige Situa-
tion der insolventen Flachglas
Wesel GmbH. Das Unterneh-
Der Rückhalt für das Unternehmen ist großWESEL | Betriebsrat und IG BCE sehen trotz Insolvenz gute Perspektiven für den Fortbestand der Flachglas GmbH
men mit rund 170 Beschäftig-
ten produziert und veredelt
Glas für die Bauindustrie.
Im Oktober 2010 hatte es
Insolvenz angemeldet.
Die Gründe sind
vielfältig: Manage-
mentfehler in der
Vergangenheit,
mangelnde Inves-
titionen. Die Fi-
nanz- und Wirt-
schaftskrise und
der daraus resultierende Auf-
tragseinbruch aus der Bauwirt-
schaft taten ein Übriges.
Gemeinsam mit Uwe Ver-
wohlt und dem Betriebsrats-
vorsitzenden Michael Wesen-
donk blickt der Duisburger
Rechtsanwalt Dirk Hammes
als Insolvenzverwalter opti-
mistisch nach vorn: »Den
Gläubigern wird am 10. März
ein Insolvenzplan mit dem
Ziel der Fortführung des Un-
ternehmens vorgelegt.«
Betriebsratsvorsitzender Mi-
chael Wesendonk unter-
streicht: »Die Bereitschaft der
Kolleginnen und Kollegen
zum Erhalt des Unterneh-
Raffi nerie soll zerstückelt werden
HANNOVER | Frisch über-arbeitet und mit besserem Zugriff auf Seminar- und Serviceangebote präsentiert sich die BWS GmbH der IG BCE im Internet.www.igbce-bws.de
BWS neu im Netz
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mens ist sehr groß. Die meis-
ten arbeiten hier seit vielen
Jahren, teils seit Jahrzehnten.
Und sie alle haben in den
letzten Jahren große Opfer
für das Werk gebracht: durch
Entgeltverzicht, Verzicht auf
Weihnachtsgeld und Tarif-
erhöhungen und eine höhere
Wochenarbeitszeit.« Den-
noch, so Wesendonk, sei der
Rückhalt und die Unterstüt-
zung für Flachglas groß, das
Unternehmen habe nicht nur
in Wesel einen guten Namen.
Axel Schappei
COTTBUS | Mit Warnstreiks
haben rund 250 Beschäftigte
am Tagebau Welzow-Süd
(Foto) und etwa 70 Mitarbei-
terinnen und Mitarbeiter vor
dem Vattenfall-Kraftwerk Lip-
pendorf die jüngsten Tarifver-
handlungen bei Vattenfall Eu-
rope unterstützt. Die Gewerk-
schaften fordern eine lineare
Erhöhung der Entgelte und der
Ausbildungsvergütungen um
Anzeige erstattet
OLDENBURG | Nachdem sich gewerkschaftliche Tarifkom-mission (TK) und Betriebsrat bei der Oldenburger Fleisch-mehlfabrik Kampe (OFK) mit der Geschäftsleitung erstmals über die Installation eines Wirtschaftsausschusses (WA) geeinigt hatten, wurde den verdutzten TK-Mitgliedern erklärt, man müsse Leute entlassen, um unter 100 Mit-arbeiter zu kommen. Dann sei kein Wirtschaftsausschuss mehr nötig. Diese Anweisung käme vom Aufsichtsrat der OFK. Der IG-BCE-Bezirk Oldenburg stellte daraufhin Strafantrag gegen Unbekannt. Jetzt wird wegen einer Straftat gegen Betriebs-verfassungsorgane (Para-graf 119 Betriebsverfassungs-gesetz) ermittelt. Pikant: Die OFK gehört einem Bezirks-verband von 13 Landkreisen und kreisfreien Städten. Aufsichtsratsmitglieder sind Bürgermeister und Landräte.
»Wir kämpfen für den Erhalt von Flachglas Wesel.«
Michael WesendonkBetriebsratsvorsitzender
Vattenfall: Warnstreiks vor nächster Verhandlung
6,5 Prozent mit einer Laufzeit
von zwei Monaten. Bislang hat
Vattenfall nur ein ungenügen-
des Angebot vorgelegt. hak
HAMBURG | Nachdem bis-
lang offenbar kein Käufer für
die Raffinerie im Hamburger
Hafen gefunden wurde, will
Shell den Betrieb jetzt stück-
chenweise verkaufen. Angeb-
lich sei nur für den Schmier-
stoffbereich ein Käufer in
Sicht. Produktion und Ter-
minal sollen dagegen in ein
Tanklager und Umschlagplatz
für Mineralölprodukte umge-
wandelt werden. Das würde
das Aus für mindestens 460
der 570 Beschäftigten sowie
weitere 280 Arbeitsplätzen in
Werkvertragsunternehmen
von Shell bedeuten. Betriebs-
rat und IG BCE machen seit
Längerem gegen die Konzern-
pläne mobil. Rund 70 Mitar-
beiter protestierten jetzt, dass
weder Hamburgs Erster Bür-
germeister noch sein ins Gere-
de gekommener Wirtschafts-
senator Karan sich bislang für
den Erhalt der Arbeitsplätze
eingesetzt haben. west
kompakt | Februar 2011 | 27
Tradition und StrukturwandelESSEN | Geburtstagsfeier zum 750-jährigen Bestehen der Knappschaft
Ihr Büchsenpfennig war
eine weise Entscheidung.
Die Knappschaft hat deut-
sche Sozialgeschichte ge-
schrieben«, mit diesen Wor-
ten würdigte Bundeskanzle-
rin Angela Merkel die »Erfin-
derin der Sozialversiche-
rungspflicht« beim Festakt zu
ihrem 750-jährigen Bestehen.
Zur offiziellen Geburtstags-
feier kamen fast 600 geladene
Gäste aus Politik und Wirt-
schaft, Kirchen und Sozialver-
sicherungsträgern im Januar
nach Essen. Zuvor hatte am
28. Dezember 2010, dem ex-
akten Jahrestag der 750 Jahre
alten Gründungsurkunde, der
stellvertretende IG-BCE-Vor-
sitzende Ulrich Freese einen
Gedenkstein im Gründungs-
ort Goslar enthüllt.
Den Festgästen brauchte
der sogenannte »Büch-
senpfennig« der Berg-
leute nicht erklärt zu
werden. Jeder Knappe
zahlte in den Anfangs-
jahren der Knapp-
schaften am Lohntag
einen festen Beitrag in
die »Büchsenkasse«. Er
diente anfangs der Be-
zahlung des Priesters.
Später wurden damit die im
Bergbau Verunglückten und
Kranken finanziell unterstützt.
DIE KNAPPSCHAFTLICHE IDEE der Solidarität ist der Ur-
sprung der Sozialversiche-
rung überhaupt«, sagte Freese,
der auch Knappschafts-Vor-
standsvorsitzender ist, »und
das lange bevor Bismarck und
die Kaiserliche Sozialgesetzge-
bung im Jahr 1881 die histori-
sche Bühne betreten haben.«
Ulrich Freese mahnte aller-
dings auch angesichts aktuel-
ler Politik: »Sozialpolitik kann
nicht allein nach Kassenlage
erfolgen« und verwies auf die
jüngste Gesundheitsreform,
die »die 13. Reform innerhalb
von 34 Jahren ist.«
Bundeskanzlerin Merkel
ging auf diese Mahnung
In der Goslarer Altstadt enthüllte der stellvertretende IG-BCE-Vorsitzende Ulrich Freese gemeinsam mit Oberbürgermeister Henning Binnewies und Andrea Riedel, Museumsdirektorin des Weltkulturerbes Erzbergwerk Rammelsberg, (rechtes Foto, vorne von links) am 750. Knappschafts-Geburtstag einen Gedenkstein. Drei Wochen später begrüßte Freese in Essen Bundeskanzlerin Angela Merkel und 600 Gäste zur Knappschafts-Geburtstagsfeier.
zwar nicht direkt ein. In
ihrer Festrede betonte die
Kanzlerin aber, dass nicht
zuletzt die vergangene Wirt-
schafts- und Finanzkrise den
Sinn und die Sicherheit des
Umlagesystems in den
deutschen Sozialver-
sicherungen bewiesen
hätten.
Vor allem aber in
der Rentenversiche-
rung, forderte die
Bundeskanzlerin,
müsse dies angesichts
des demografischen
Wandels der jüngeren
Generation immer wieder neu
erklärt werden. Es werde wei-
tere Veränderungen geben, so
Merkel, betonte aber dazu
als Leitmotiv: »Strukturwan-
del vorantreiben und Tradi-
tion achten.« Die Knappschaft
könne dafür Vorbild sein.
Die Bundeskanzlerin ver-
teidigte die Rente mit 67. Vor-
sorge könne man nur tref-
fen, wenn »wir Gerechtigkeit
für die Generationen schaf-
fen und nicht einer Gene-
ration allein alle Last auf-
bürden«.
Andreas Uphues
Foto: Knappschaft
»Die Knappschaft hat deutsche Sozialgeschichte geschrieben.«
Angela MerkelBundeskanzlerin
DAS IST DIE KNAPPSCHAFT–BAHN–SEE
Die »Deutsche Rentenver-sicherung Knappschaft-Bahn-See« (DRV-KBS), so der voll-ständige Name seit der Orga-nisationsreform 2005 in der gesetzlichen Rentenversiche-rung, ist mit rund 1,7 Millionen Versicherten die fünftgröß-te bundesweit agierende Krankenkasse. Als einziger deutscher Sozialversiche-rungsträger deckt sie auch die
Renten- und Pfl egeversiche-rung sowie die regionale Gesundheitsversorgung durch ein eigenes medizinisches Netz ab. Darüber hinaus werden alle geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse durch die Minijob-Zentrale unter dem Dach der Knapp-schaft betreut.
Weitere Infos im Internet:www.kbs.de
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> VOR ORT BADEN-WÜRTTEMBERG
28 | kompakt | Februar 2011
Veränderungen im LandesbezirkSTUTTGART | Fabian Goenen (34) un-
terstützt seit Januar als Sekretär zur
Ausbildung das Team des IG-BCE-Lan-
desbezirks. Der gelernte Industrie- und
Betriebssoziologe ist für Jugend und
Jugendbildung, berufliche Aus- und
Weiterbildung, Medien-Kommunikation
und Zielgruppen mit Migrationshintergrund verantwort-
lich. Fabian Goenen ist erreichbar unter 0711 22916-20.
KORNWESTHEIM | Rai-
ner Holland-Moritz (Fo-
to rechts) ist neuer stell-
vertretender Bezirksleiter
von Kornwestheim. Er
übernahm zum 1. Januar
das Amt von Frank
Hessler (Foto links). Frank Hessler ist zum Bezirk Mannheim
gewechselt.
Sylvia Nosko (45) absolvierte nach ihrem Abitur eine
Ausbildung zur Chemielaborantin beim damaligen Glas-
werk Schuller. Später studierte sie Industrie- und Organisa-
tionssoziologie, Politik und Arbeitsrecht.
Nach drei Jahren Tätigkeit als Bildungs-
referentin bei der damaligen IG Chemie-
Papier-Keramik wechselte Sylvia Nosko in
das Bundesbildungsministerium und ar-
beitete dort als wissenschaftliche Mitar-
beiterin. Von 2002 bis 2010 war sie als
Gewerkschaftssekretärin bei der Gewerkschaft ver.di in
Stuttgart beschäftigt. Jetzt verstärkt sie das Team des Bezirks
Kornwestheim.
Verdienstmedaille verliehenKARLSRUHE | Betriebsräte, Vertrauensleute und Vertreter
aus den Unternehmen
kamen nach Karlsruhe
zur Verleihung der IG-
BCE-Verdienstmedaille
an Leona Bast (L’Oreal
Produktion) und Her-
bert Häns (Michelin).
Gabriele Katzmarek
(auf dem Foto rechts),
Bezirksleiterin in Karls-
ruhe, würdigte ihr Engagement: »Durch ihre über viele Jahre
aktive gewerkschaftliche Tätigkeit ist es den beiden gelun-
gen, die IG BCE auf betrieblicher und internationaler Ebene
als zuverlässigen Partner und Interessenvertreter der Arbeit-
nehmer zu etablieren.«
Erkennen und anpackenMANNHEIM | Jugend stellt sich drängenden Fragen
Die Überalterung der Gesell-
schaft und die Auswirkungen
auf die Arbeitswelt – das ist
ein Thema, mit dem sich auch
der Gewerkschaftsnachwuchs
auseinandersetzt. Der Mann-
heimer Bezirksjugendaus-
schuss (BJA) hatte dazu in das
Naturfreundehaus Rahnenhof
im Pfälzerwald geladen.
Zusammen mit dem Refe-
renten Fabian Goenen be-
schäftigten sich die jungen
Gewerkschafter auch mit
der geringen Erwerbsquote
von Frauen und der sozialen
Ungleichheit im Bildungs-
wesen. Ludwig Schwarz, der
BJA-Vorsitzende, sprach von
einer konstruktiv lebhaften
Debatte.
Im Anschluss berichtete
der Bezirksvorsitzende Frank
Gottselig über die Aktivitäten
im Bezirksvorstand und die
Arbeit als Betriebsrat. Enga-
giert diskutiert wurden Ideen
zur Verbesserung des Organi-
sationsgrades. Die Teilnehmer
waren einer Meinung: Wenn
Beschäftigte in den Ruhestand
gehen, muss der Arbeitsplatz
wieder mit einem Berufsein-
steiger besetzt werden.
Weit entfernter BesuchFREIBURG | Russische Betriebsratskollegen in Freiburg
Einen Besuch
der besonde-
ren Art ver-
zeichnete der
Betriebsrat des
Chemiefaser-
herstellers
Rhodia Acetow
in Freiburg. Betriebsratskolle-
gen aus dem russischen Ser-
tow waren zum Informations-
und Erfahrungsaustausch an-
gereist. Der Betriebsrat in dem
Tochterwerk der Rhodia Ace-
tow war 2005 unter Mithilfe
des deutschen Betriebsrates
gegründet worden. Cornelia
Kainz, die Freiburger Betriebs-
ratsvorsitzende: »Die Zusam-
menarbeit beider Gremien
klappt ganz gut, was sich auch
bei dem Besuch gezeigt hat.«
N A M E N & N A C H R I C H T E N
RAKer mischen sich einOTTENBACH | Intensiv dis-
kutiert haben beim letzten
Forum der Göppinger-Gmün-
der RAKer (RAK ist die Ab-
kürzung für Rentner- und
Seniorenarbeitskreis) 42 IG-
BCE-Mitglieder die Sozial-
wahlen 2011. Ihr Fazit: »In
dieser Sache müssen wir
alle mehr Engagement zei-
gen.« Mit Unterstützung der
Hauptverwaltung werden die
RAKer-Foren des Bezirks Ulm
bis zu den Wahlen bei allen
denkbaren Möglichkeiten in-
formieren und werben.
29kompakt | Februar 2011 |
Gemeinsam sind wir stark!STUTTGART | Noch bis
zum 28. Februar 2011
können Kollegen und Kol-
leginnen für neu gewor-
bene Mitglieder Zusatz-
prämien bekommen.
Für eine Mitgliedschaft
in der IG BCE gibt es
gute und überzeugende
Argumente:
Für den wirtschaftlichen
Erfolg Deutschlands sind
die Menschen in den Be-
trieben verantwortlich. Mit
hervorragender Arbeit, in
Qualität und Kompetenz
haben wir gemeinsam den Industriestandort Deutschland
wieder zur weltweiten Nummer eins gemacht. Wir werden
jetzt zur kommenden Chemietarifrunde 2011 eine deut-
liche tabellenwirksame Erhöhung einfordern, damit sich
diese gute Arbeit auch im Geldbeutel bemerkbar macht.
Die Tarifrunde soll nicht nur zur Mobilisierung, sondern
auch zur Mitgliederwerbung genutzt werden. Auch dort, wo
wir durch Haustarife dafür kämpfen, dass gute Jobs und
anständige Löhne bezahlt werden, ist eine mitgliederstarke
IG BCE von großer Bedeutung.
Und wenn wir gegenüber der Bundesregierung und
der baden-württembergischen Landesregierung vernünftige,
mitgliederorientierte Positionen vertreten, gelingt dies umso
besser, je höher der Vertretungsgrad, sprich der Organisa-
tionsgrad unserer Gewerkschaft, ist.
Wir setzen uns dafür ein, dass unsere Kolleginnen keine
Benachteiligung beispielsweise in ihrer beruflichen Karriere
oder der Entlohnung erfahren und dass Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmer mit Migrationshintergrund ebenfalls auf
uns zählen können, weil wir unsere »Kumpel« nicht von an-
deren anmachen lassen. Lasst uns auch die Leiharbeiterin-
nen und Leiharbeiter sowie die befristet Beschäftigten aktiv
ansprechen, denn auch sie werden in der IG BCE gebraucht.
LIEBE MITGLIEDER, es geht um uns! Überzeugt die Kolle-
ginnen und Kollegen, die noch nicht bei uns eingetreten
sind. Eine gemeinsame gute Zukunft ist nur mit einem fairen
Finanz-, Wirtschafts-, Sozial- und Bildungssystem möglich!
Alle Werber erhalten bis zum 28. Februar 2011 zusätzlich
zum üblichen Werbeprämienpunkt einen Media-Markt-
Gutschein in Höhe von 20 Euro.
Die IG BCE braucht dein Engagement, deine Ideen und
deine Unterstützung.
Liebe Grüße und Glück auf!
Wir in Baden-Württemberg.
Bildung für die JustizKARLSRUHE | Sozialpartner informieren Arbeitsrichter
Es war keine La-
dung im Sinne der
Gerichtsbarkeit,
als Hinnerk Wolff,
Geschäftsführer
des Arbeitgeber-
verbandes der che-
mischen Industrie
in Baden-Württem-
berg, und Andreas
Klose als Vertreter
der IG BCE Baden-
Württemberg in Karlsruhe vor
gut 80 Richter traten. Sie folg-
ten einer Einladung des da-
maligen Landesarbeitsgerichts-
präsidenten Prof. Dr. Johannes
Peter Francken und seines
Vizepräsidenten und Nachfol-
gers im Amt, Prof. Dr. Eber-
hard Natter.
Die Richter interessierten
sich insbesondere für den
Tarifvertrag »Lebensarbeitszeit
und Demografie in der chemi-
schen Industrie« und den Wit-
tenberg-Prozess der Chemie-
Sozialpartner als weiteres Bei-
spiel guter Zusammenarbeit.
Der »Wittenberg-Prozess« ist
ein breit angelegter Dialog
der Chemie-Sozialpartner mit
dem Ziel, verantwortliches
Handeln in der sozialen Markt-
wirtschaft zu fördern.
Andreas Klose machte auf
die gesellschaftspolitische Be-
deutung der demografischen
Entwicklung und deren Aus-
wirkungen auf den Industrie-
standort Deutschland aufmerk-
sam. Hinnerk Wolff ging auf
die Verwendungsmöglichkei-
ten rund um den Demografie-
betrag ein. Als Beispiel tarif-
politischer Verantwortung stell-
ten Klose und Wolff den Tarif-
vertrag »Zukunft durch Ausbil-
dung« vor.
Im Anschluss diskutierten
die Teilnehmer die Themen
und zeigten besonderes Inte-
resse an dem Modell der
Sozialpartnerschaft. Der Vize-
präsident betonte in seiner
Dankesrede an die beiden
Sozialpartner die Wichtigkeit
des permanenten Austausches.
M I T G L I E D E R W E R B E A K T I O N
Dr. Eberhard Natter (Mitte) mit Hinnerk Wolff (links) und Andreas Klose.
STUTTGART | Nach einem
Urteil des Bundessozialge-
richts gelten Studierende wäh-
rend ihres dreijährigen praxis-
integrierten dualen Studiums
weder als gegen Arbeitsentgelt
Beschäftigte noch als zur Be-
rufsausbildung Beschäftigte.
Die Gewerkschaften ma-
chen sich dafür stark, dass
alle Erwerbsverhältnisse bei
der Sozialversicherung gleich
behandelt werden. Es müsse
verhindert werden, dass Ar-
beitnehmer in ungeschützte,
häufig billigere Erwerbsfor-
men gedrängt werden. Die IG
BCE in Baden-Württemberg
setzt sich dafür ein, dass Stu-
dierende und Hochschulab-
solventen in ihrer Erwerbs-
biografie nicht ausgegrenzt
werden dürfen und ein Recht
auf Mitbestimmung haben.
Urteil benachteiligt dual Studierende
Engagement und BildungMÜNCHEN | Im
Herbst 2010 fan-
den die Wahlen
der Jugend- und
Auszubildenden-
vertreter statt. Über
400 junge Leute
werden sich in den nächsten zwei Jahren in den von der
IG BCE betreuten Betrieben engagieren. Fit machen können
sie sich auf Seminaren. Zu den Ersten zählten die 21 Teil-
nehmer des JAV-I-Seminars in Neumarkt (Foto). Kaum als
Jugend- und Auszubildendenvertreter gewählt, qualifizier-
ten sie sich mit grundlegendem Wissen.
Engagement ausgezeichnetMÜNCHEN | Landesweit set-
zen sich über 300 Schwer-
behindertenvertreter für ihre
Kollegen ein. Für besonderes
Engagement wurde Flabeg
Deutschland von der bayeri-
schen Staatsregierung ausge-
zeichnet. Unter vielen Bewer-
bungen aus Bayern war das
Unternehmen in die engere
Wahl zum Preis »Joberfolg
2010« gekommen. Von den
275 Mitarbeitern bei Flabeg
sind 24 Schwerbehinderte –
ein Anteil von fast neun
Prozent, gesetzlich gefordert
werden fünf Prozent. Zudem
wurde einem schwerbehin-
derten Azubi die Ausbildung
ermöglicht. Vorbildlich ist auch, dass die Flabeg viele Auf-
träge an Behindertenwerkstätten vergibt.
Werberhitparade20 Aufnahmen: Elisabeth Williams (Rebhan, Stockheim).
35 Aufnahmen: Sibylle Blum (Rema Tip Top, Fürstenzell).
9 Aufnahmen: Gert Pilz (Alfmeier, Treuchtlingen), Sebas-
tiano Vinci (Südleder, Rehau).
8 Aufnahmen: Hans Häusler (IAC, Straubing), Michael
Schlesinger (Kurz Stiftung, Fürth).
7 Aufnahmen: Erwin Neidiger (Bolta, Leinburg).
6 Aufnahmen: Edeltraud Sander (Flabeg, Furth im Wald),
Reiner Schneiderbanger (Knauf Gips, Vöhringen), Lothar
Trauner (Nachtmann, Weiden).
5 Aufnahmen: Erich Puschnik (Wellpappe, Forchheim).
Mehr GerechtigkeitAUGSBURG/BAMBERG | »Bunt« gegen soziale Einschnitte
Im Herbst haben
sich viele Gewerk-
schafter im Be-
trieb und auf der
Straße dafür ein-
gesetzt, dass bei
politischen Ent-
scheidungen die
Interessen der Ar-
beitnehmer fair
berücksichtigt
werden. Der Pro-
test ist nicht been-
det.
Auf dem Augs-
burger Christkindlesmarkt
wurde ein Paket mit mehr als
1100 Unterschriften gegen
das Sparpaket der Bundes-
regierung auf den Weg ge-
bracht. Adressiert waren die
Protestschreiben an die Augs-
burger Bundestagsabgeordne-
ten, weil sie noch im Dezem-
ber 2010 im Bundestag über
den Bundeshaushalt 2011 ent-
scheiden sollten und mit ihrer
Zustimmung zum Bundeshalt
auch zwangsläufig erhebliche
Einschnitte in das Sozialsys-
tem der Republik legitimieren
würden. Der Brief enthielt die
Aufforderung, im Parlament
gegen den Bundeshaushalt
und somit gegen die darin
enthaltenen Einsparmaßnah-
men zu stimmen. Wörtlich:
»Von Ihnen fordern wir des-
halb den Mut, eine falsche
Politik zu beenden, die die
Gesellschaft spaltet.«
»Ja mei, is denn heut scho
Ostern?», solche oder ähn-
liche Gedanken dürften sich
die Leute auf dem Bamberger
Weihnachtsmarkt gemacht
haben, als ihnen rosa Oster-
hasen entgegenkamen. Zur
Erklärung verteilten die »Ha-
sen« Flyer, die größtenteils
mit einem Lächeln entgegen-
genommen wurden.
In den Kostümen steckten
Mitglieder des Bezirksjugend-
ausschusses Mainfranken,
die auf die verkehrte Welt
in Deutschland aufmerksam
machen wollten. Mit dem Fly-
er forderten sie mehr Gerech-
tigkeit in der Arbeitswelt
und Sozialpolitik sowie
eine Perspektive für jun-
ge Menschen. Frei nach
dem Motto »Mit dem
Sparpaket sparen wir
uns auch den Weih-
nachtsmann« pranger-
ten sie vor allem die Art
des Sparkurses an. So
kamen sie mit einigen
der Weihnachtsmarkt-
besucher ins Gespräch –
mit durchweg positiver
Resonanz.
> VOR ORT BAYERN
| kompakt | Februar 201128
N A M E N & N A C H R I C H T E N
1100 Unterschriften für die Abgeordneten – überreicht durch Philipp Zirzow und Bezirks-leiter Torsten Falke vom Bezirk Augsburg, Diö-zesanpräses Erwin Helmer (KAB) und Ulrike Bahr, die Vorsitzende der SPD Augsburg.
Osterhasen auf dem Weihnachtsmarkt: provokativ, aber positiv aufgenommen.
Die Behindertenbeauftragte der Staatsregierung, Irmgard Badura (links), übergab die Ur-kunden. Neben zwei Vertretern der ausgezeichneten Schneider Electric Sachsenwerk der Ge-schäftsführer Flabeg Deutsch-land, Joska Kulzsar, Behinder-tenvertreter Wolfgang Traurig (Zweiter von rechts) und Be-triebsratvorsitzende Edeltraud Sander (rechts).
Frauenarbeit – einmal andersMÜNCHEN | »Lasst
Euch keinen Bären auf-
binden« – unter diesem
Motto hat der Landes-
bezirksfrauenaus-
schuss Bayern Frauen-
politisches zum Thema
gemacht – diesmal nicht nur auf einer Sitzung, sondern auf
der Straße. Am Rande des Münchner Tollwood-Festivals un-
terstrichen die Kostü-
me den »bärenstarken«
Auftritt und erzeugten
Aufmerksamkeit.
Als großes frauenpo-
litisches Ereignis 2011
steht das Jubiläum
»100 Jahre Internatio-
naler Frauentag« bevor.
Neben der zentralen Veranstaltung am 19. März in Berlin
findet auch eine große bayerische Veranstaltung mit Demons-
trationszug, Reden, Aktionen, Kabarett und Musik im Mün-
chen statt. Die IG-BCE-Frauen machen mit und laden herz-
lich ein!
IG-BCE-Jugend Augsburg in BerlinAUGSBURG | Gewerk-
schaftsarbeit ist Inte-
ressenvertretung, es ist
aber auch Lebensfreu-
de. Das hat der Bezirk
Augsburg mit einer
viertägigen Reise für
Jugendliche nach Ber-
lin unter Beweis gestellt, auch wenn der Wintereinbruch
dem Vorhaben fast ein vorzeitiges Ende bereitet hätte. Doch
die 25 Jugendlichen erreichten die Bundeshauptstadt ge-
rade noch rechtzeitig, um ein voll bepacktes Programm
»abzuarbeiten«. Einem Besuch bei der IG-BCE-Verbin-
dungsstelle zum Bundestag, von der aus die Politik mit
Gewerkschaftsstandpunkten konfrontiert wird, folgte eine
Visite beim Augsburger Bundestagsabgeordneten Heinz
Paula. Hier erfuhren sie viel über Abstimmungsverfahren,
Rederecht und die Arbeit eines Abgeordneten. Und dann
gab es noch eine Besichtigungstour. Sie führte vom Bran-
denburger Tor zum Holocaust-Mahnmal, »Unter den Lin-
den« entlang bis zum Alexanderplatz und dem Roten
Rathaus. Das Finale bildete ein Abstecher zu einem Weih-
nachtsmarkt.
»Unser Aufschwung!«MÜNCHEN | Startschuss für Tarifrunde Chemie gefallen
Mitte Dezember
beschloss die bay-
erische Tarifkom-
mission die Kün-
digung des Ent-
gelttarifvertrages.
Nun wird die an-
stehende Forde-
rung unter den
Vertrauensleuten
und auf Tarif-
konferenzen dis-
kutiert.
Die 26-köpfige
Tarifkommission
sprach sich bereits
für die Empfeh-
lung des Haupt-
vorstandes aus: sechs bis sie-
ben Prozent bei einer Laufzeit
von zwölf Monaten.
Der Schwerpunkt der Che-
mie-Tarifrunde 2011 liegt
auf einer kräftigen Entgelter-
höhung. Die bayrische Tarif-
29kompakt | Februar 2011 |
N A M E N & N A C H R I C H T E N
Weitere Infos im Internet:www.bayern.igbce.de
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Die Tarifrunde Chemie hat begonnen: Zuver-lässiger als Lotto spielen – aber kein Glücks-spiel, sondern harte Arbeit und auf die Unter-stützung der Beschäftigten angewiesen.
kommission wird die Forde-
rungen aus den Betrieben am
2. Februar zusammenfassen.
Daneben sollen 2011 auch
wichtige Zukunftsthemen
behandelt werden wie die
Weiterentwicklung der De-
mografie-Tarifverträge und die
Nachwuchssicherung.
TARIFFAHRPLAN CHEMIE
11. Februar: Bundestarifkommission beschließt Forderung, 22. Februar: 1. Tarifverhandlung in Bayern, 15./16. März: 2. Tarifver-handlung auf Bundesebene.
Meinungen zur Tarifforderung Chemie
Karl Held,Betriebsratsvor-sitzender Alzchem Trostberg
Herbert Huber,Betriebsratsvor-sitzender CABB Gersthofen
»Unser Stück vom Kuchen muss in dieser Tarifrunde deutlich größer ausfallen.«
»Die Unternehmen sind gut durchgestartet. Jetzt müssen die Beschäftigten beteiligt werden!«
Die Chemie eröffnet 2011 die großen Tarifrunden. Im Frühling folgt die bayerische Kunststoff verarbeitende Industrie, im Herbst die bayerische Hohl- und Kristallindustrie, die Papier-industrie, die Fein- und technische Keramik.
TARIFRUNDEN 2011
> VOR ORT HESSEN-THÜRINGEN
| kompakt | Februar 201128
Keine ZweiklassengesellschaftGROSS GERAU | Leiharbeitskräfte werden zur Dauereinrich-
tung – aber mit weniger Geld und weniger Rechten. Vertrau-
ensleute von Procter & Gamble demonstrierten jetzt mit
Fantasie dagegen: Bei Schichtwechsel am frühen Morgen
begrüßten sie Leihbeschäftigte mit belegten Brötchen, Obst
und Getränken und kritisierten die unhaltbare Situation.
Bezirk begeht JubiläumspartysDARMSTADT | Bei vier
Veranstaltungen inner-
halb des Bezirks Darm-
stadt kamen Ende letzten
Jahres langjährige Ge-
werkschaftsmitglieder zu-
sammen, um runde Mit-
gliedschaftsjubiläen zu
feiern. Bezirksleiter Os-
man Ulusoy sprach ihnen
Dank und Anerkennung
aus. Auch die Gewerk-
schaftssekretäre Anne
Weinschenk und Manuel
Hänig beteiligten sich an
den Gratulationen und
Ehrungen.
Feier und GlückwünscheECHZELL | Auch die zum
Bezirk Mittelhessen ge-
hörige Ortsgruppe Echzell
hat zum Jahresende mit
ihren langjährigen Mit-
gliedern gefeiert. Sekretär
Frank Moravec freute sich über das Kommen vieler Jubilare
und würdigte unter anderem die 75 Mitgliedsjahre des Ge-
werkschafters Heinz Medler (sitzend, Dritter von rechts).
Fortbildung für BetriebsräteFRANKFURT | Die IG BCE bietet aufeinander aufbauende
Kurse für Betriebsrats- und JAV-Mitglieder an. Für Betriebs-
räte finden Kurse der Stufe 4 Ende März und Ende August
statt, Kurse der Stufe 5 Ende Mai und Ende September. Es
gibt spezielle Kurse, so zum Sozialrecht, zur elektronischen
Kommunikation und zum Mobbing. Für JAV-Mitglieder
bietet der Landesbezirk 2011 insgesamt elf Seminare an
(Stufen: 1A, 1B und 2).
»Jetzt gehts um uns«KASSEL | Kundgebung für mehr soziale Gerechtigkeit
Einen Kurswechsel
und soziale Gerech-
tigkeit in Betrieb und
Gesellschaft forderte
der DGB-Landesvor-
sitzende Stefan Kör-
zell bei einer Kund-
gebung der nordhes-
sischen Gewerkschaf-
ten. Die IG BCE stellte 400
der etwa 2000 Teilnehmer
und damit erkennbar die
größte Gruppe.
Überzeugende MitgliederwerbungKASSEL | Wer der Gewerk-
schaft beitritt, tut das meist
aufgrund von Gesprächen
am Arbeitsplatz. Die Mitglie-
derwerbung verlangt Einsatz
und persönliche Glaubwür-
digkeit. Im Bezirk Kassel stieg
die Zahl der Werberinnen
und Werber letztes Jahr um
79 auf 303. Mit ihrer Hilfe ge-
wann der Bezirk 1112 neue
Mitglieder hinzu. Zum Dank
lud der Bezirk die Werber
am Jahresende zum Brunch
in den Bürgersaal Guxhagen.
Dort traten das Kabarett »Bis-
kuits« und der Entertainer
»Manni« Schmelz auf – und
für die kleinen Gäste der
Zauberer Laurin.
N A M E N & N A C H R I C H T E N
Weitere Infos im Internet:www.hessen-thüringen.igbce.de
Demo gegen KahlschlagFRANKFURT | Forschung soll verlagert werden
Beschäftigte zweier
kerngesunder Unter-
nehmen im oder
nahe dem Industrie-
park Höchst sollen
ihre Arbeitsplätze ver-
lieren. In beiden Fäl-
len sind Forschung
und Entwicklung be-
troffen.
Das Pharmaunternehmen
Sanofi-Aventis will seine Tier-
forschungsanlage im nahen
Hattersheim schließen. Und
der Pflanzenschutz-Hersteller
Bayer CropScience (BCS) will
in Frankfurt Einsparungen
umsetzen, die einem Drittel
der Arbeitsplätze entsprechen.
Insgesamt geht es um 300 Ar-
beitsplätze.
Auf einer gemeinsamen
Demonstration und Protest-
kundgebung mit mehr als
Tausend Beschäftigten warnte
IG-BCE-Bezirksleiterin Catha-
rina Clay die Geschäftsleitun-
gen beider Unternehmen: Sie
sägten den Ast ab, »auf dem
sie warm und trocken« säßen.
29kompakt | Februar 2011 |
MitgliederseminareBAD HOMBURG | Es gibt in Deutschland zwei große
»Routen der Industriekultur«. Die eine, ältere, führt durch
das Ruhrgebiet, die andere, neuere, verbindet industrielle
Denkmäler im Raum Rhein-Main. Diese Wander- oder Aus-
flugsstrecken üben eine große Faszination auf die Besucher
aus. Denn sie bieten Einblicke in vergangene Arbeitsprozes-
se, Technologien, Architekturen und Lebensbedingungen.
Zur Route der Industriekultur führt die IG BCE im Herbst
(6. bis 11. November) auch ein einwöchiges Seminar für
junge Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter durch.
Standort ist die Jugendherberge in Bad Homburg. Eine
völlig andere Perspektive, nämlich die auf die Zukunft, bie-
tet das Jugendseminar »Du und ich im Jahr 2020«. Es findet
im Frühling (22. bis 27. Mai) in Grömitz an der Ostsee statt.
Beide Seminare sind auch für den Bildungsurlaub geeignet.
Jugendtreffen am BodenseeFRANKFURT | Der Landesbezirk Hessen-Thüringen führt
sein diesjähriges Jugendtreffen gemeinsam mit den Landesbe-
zirken Bayern und Baden-Württemberg durch, und zwar in
Markelfingen am Bodensee, einem Ortsteil von Radolfzell.
Als Termin wählten die drei Landesbezirke den 17. bis 19 Juni
aus – das Wochenende nach Pfingsten. Der Landesbezirk bit-
tet Interessierte, sich den Termin jetzt schon frei zu halten.
Ablaufplan, Preise, Anmeldeformalitäten und alle weiteren
Informationen veröffentlicht der Landesbezirk rechtzeitig im
Internet. Sie sind auch über die Bezirk zu erfahren.
Jugendvertretung plant ArbeitKASSEL | »Wir
haben uns ei-
niges vorge-
nommen für die
nächsten zwei
Jahre«, sagt Me-
lanie Höse, die
neue Vorsitzen-
de der Jugend-
und Auszubil-
dendenvertre-
tung (JAV) von B. Braun Melsungen, im Anschluss an eine
Klausur. Die JAV will sich vor allem mit Ausbildungsfragen
befassen, aber beispielsweise auch mit Energiepolitik. An
der Klausur hatten auch drei Betriebsratsmitglieder teilge-
nommen sowie Jeannette Härtling und Jennifer Mansey
von der IG BCE.
ZulieferindustrieHANAU | Nach der Krise ist vor der Krise
Viele Betriebe mit
Standorten in Mit-
telhessen sind Zu-
lieferer der Auto-
mobilindustrie.
Sie beschäftigen
ungefähr 6000 Ar-
beitnehmerinnen
und Arbeitneh-
mer. Ende des Jah-
res kamen deshalb auf Einla-
dung des Bezirks Mittelhessen
Betriebsräte dieser Unterneh-
men zusammen (Foto).
Nach einem ausführlichen
Vortrag über die Entwick-
lungstrends in der Zuliefer-
branche berichteten sie über
ihre Erfahrungen während
der zurückliegenden Krise
und über die Perspektiven
der jeweiligen Betriebe. Es
wurde deutlich, dass die Krise
zu Änderungen in den Unter-
nehmensstrukturen, den Kos-
tenstrukturen, den Finanzie-
rungen, im Personaleinsatz
und bei den Aufträgen geführt
hat oder führen wird.
Da diese Veränderungen
auch eine Herausforderung
für die Arbeitnehmervertre-
tungen darstellen, einigten
sich die Betriebsräte und
der Bezirk auf ein ständiges
Branchengespräch.
Altersvorsorge im BlickFRANKFURT | Bedenken gegen EU-Pläne
Es gibt in den deutschen
Betrieben ganz unterschied-
liche Regelungen zur betrieb-
lichen Altersversorgung. Gut
150 Unternehmen, darunter
auch viele in den von der
IG BCE betreuten Bereichen,
haben für ihre Beschäftigten
Pensionskassen eingerichtet.
Die EU-Kommission hat
nun in einem Grünbuch die
Absicht erkennen lassen, für
diese Kassen ein höheres Ei-
genkapital zu verlangen, so
wie es jetzt schon für Ver-
sicherungen gilt. Das jedoch
würde für viele dieser Rege-
lungen das Aus bedeuten.
Landesbezirksleiter Volker
Weber hat deshalb alle Euro-
pa-Abgeordneten der Länder
Hessen und Thüringen ange-
schrieben und vor diesen
Absichten der EU gewarnt.
Sollten die Vorstellungen der
Kommission Wirklichkeit
werden, könnte das im
schlimmsten Fall zur Insol-
venz der betroffenen Unter-
nehmen führen. Zudem, so
Volker Weber weiter, drohten
dramatische Beitragserhö-
hungen für Beschäftigte in
Unternehmen mit Pensions-
kassen.
Weber forderte die Abge-
ordneten auf, »das bewährte
deutsche Prinzip der betrieb-
lichen Pensionskassen zu si-
chern«, und zwar »gerade
angesichts der durch die Er-
höhung des Eintrittsalters
faktischen Kürzungen öffent-
licher Renten«.
N A M E N & N A C H R I C H T E N
Weitere Infos und Anmeldeformulare im Internet:www.hessen-thüringen.igbce.de
> VOR ORT NORD
28 | kompakt | Februar 2011
Hohe Heide on TourWALSRODE | Auf ein abwechslungsrei-
ches Angebot für 2011 können sich die
rund 2200 Mitglieder der Ortsgruppe
Hohe Heide freuen. Am 25. Februar,
17:00 Uhr, beginnt die Mitgliederver-
sammlung in der Waldgaststätte Eckern-
worth in Walsrode mit dem traditio-
nellen Grünkohlessen. Im April geht es
zum Bundestag nach Berlin und am 1. Mai wird die Orts-
gruppe in Bomlitz ein Familienfest für jedermann mit den
ortsansässigen Vereinen und Maibaum feiern. Weitere Hö-
hepunkte: eine Bildungsreise nach Heidelberg, eine Wande-
rung um den »Grundlosen See« mit »Spargel satt«, das
Sommerfest an der Cordinger Mühle (13. August) und ein
Computerseminar. Weitere Infos beim Ortsgruppenvor-
sitzenden Reinhard Wendt (Foto) unter 05161 5253.
»Ergraute Wölffe« mischen mitBENEFELD | »Sich einmischen und mitentscheiden« ist das
Motto der Seniorengruppe »Ergraute Wölffe«, gegründet
von früheren Mitarbeitern der Wolff Walsrode AG (dem
heutigen Industriepark Walsrode). Wer dabei sein möchte:
Die Seniorentruppe, die immer wieder mit interessanten
Aktionen auf sich aufmerksam macht, trifft sich an jedem
dritten Mittwoch im Monat in der Bürgerbegegnungsstätte
in Benefeld. Info bei Karl Lüpke unter Telefon 05161 8301.
Gekonnt BoßelnPEINE | Für echte Fans gibt es keinen lustigeren und nerven-
aufregenderen Sport: Boßeln. Dass nicht nur echte Ostfriesen
das Spiel mit den großen Hartgummikugeln beherr-
schen, beweist die Ortsgruppe Peine am Samstag, 19. Februar.
Treffpunkt: 10:00 Uhr beim Kleingartenverein »Zur Erho-
lung«, Vöhrum. Info und Anmeldung im Servicebüro unter
Telefon 05171 5495151 und www.igbce-peine.de
Sparen mit der IG BCEWOLFENBÜTTEL | Exklusiv für Mitglieder der Ortsgruppe
Wolfenbüttel gibt es folgende Service-Leistungen: eine
zehnprozentige Kostenrückerstattung auf das Bildungsan-
gebot der Kreisvolkshochschule Wolfenbüttel (Ausnahme:
Studienreisen) sowie einen kostenlosen Neun-Städte-Pass,
der einen reduzierten Eintritt in kulturelle Einrichtungen
der Städte Braunschweig, Celle, Göttingen, Goslar, Hameln,
Hannover, Hildesheim, Lüneburg und Wolfenbüttel ermög-
licht.
»Zeichen setzen« HAMBURG | Vor der Wahl klare Forderungen an die Parteien
Ein zwar abseh-
bares, dann aber
doch unverhofft
schnelles Ende
von »Schwarz-
Grün« führt am
20. Februar zu
Neuwahlen in
Hamburg. »Indus-
triepolitik muss
wieder spürbar
werden – als Basis
einer auf die Metropolregion
Hamburg zielenden Wirt-
schaftspolitik. In den vergan-
genen Jahren hatte sie an Stel-
lenwert verloren. Der groß
angekündigte Masterplan In-
dustrie verstaubt in den
Hängeregistern der Behörden,
neue Chancen werden nicht
genutzt. Kurzum: Es herrscht
Stillstand«, bedauert Ham-
burgs IG-BCE-Bezirksleiter
Jan Eulen.
Stillstand gebe es auch beim
Thema Elbvertiefung. Der
Grund: der mangelhafte Ein-
fluss des Senats auf Berliner
Regierungsebene und eine
vernachlässigte Infrastruktur-
politik. Klare Entscheidungen
brauche Hamburg auch für
die zuverlässige Versorgung
mit preisgünstiger Energie.
Eulen: »Sichere und von spe-
kulativen Kapitalinteressen
möglichst unabhängige Netze
gehören ebenso dazu wie ein
zukunftweisender Energiemix
und mehr regenerative Ener-
giequellen.«
Politik, die der Partizipation
das Wort rede, so Eulen, müs-
se die Interessen der Arbeit-
nehmer ernst nehmen: »Wir
fordern von jedem künftigen
Senat, die Arbeitnehmerinte-
ressen in ihre Entscheidungs-
wege einzubeziehen.«
Das gelte auch für die Teil-
habe aller Bürger am gesell-
schaftlichen Fortschritt. »Wir
erwarten eine bessere Förde-
rung sozial Benachteiligter
von der Kita bis zum Abitur,
eine höhere Durchlässigkeit
der Bildungssysteme und ei-
ne bessere Stellung der dua-
len Ausbildung.«
Besonders kritisch sei, dass
die aktive Arbeitsmarktpoli-
tik in Hamburg »auf ein fei-
genblattmäßiges Minimum
heruntergefahren« wurde,
ohne die Zahl der Lang-
zeitarbeitslosen deutlich zu
senken. Dadurch habe Ham-
burg ein brachliegendes Re-
servoir an Fachkräften. Eu-
len: »Jeder neue Senat muss
sich dieser Verantwortung of-
fensiv stellen – wir verlangen
dies im Interesse der Bevölke-
rung.«
Eine inhaltliche Wende
aber setze eine hohe Wahl-
beteiligung voraus. Jan Eulen:
»Deswegen appellieren wir an
alle Mitglieder und Beschäf-
tigten im Unternehmen, bei
Freunden, in der Familie, im
Verein dafür zu werben, dass
vom Wahlrecht auch Ge-
brauch gemacht wird.«
N A M E N & N A C H R I C H T E N
Weitere Infos im Internet:www.ortsgruppe-wolfenbuettel-igbce.de
2010 gab es Proteste gegen die unsoziale Poli-tik des Hamburger Senats.
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»Politik muss Arbeitnehmer stärker im Blick haben.«Jan Eulen
29kompakt | Februar 2011 |
EnergiekonferenzKIEL | Längere
Laufzeiten der
deutschen
Atomkraftwer-
ke, Neubau von
Kohlekraftwer-
ken in Bruns-
büttel, Ausbau
erneuerbarer
Energien – all
das sind Themen, die für manche Menschen zu Reizthemen
geworden sind.
Die IG BCE in Schleswig-Holstein versteht die Energie-
politik als eines ihrer zentralen Handlungsfelder und wird
die Ziele der IG BCE zu Energiefragen öffentlich diskutieren –
beim »Kieler Dialog Energie« am 19. Februar in Kooperation
mit dem DGB-Bezirk Nord. Als Experten sind eingeladen:
Dr. Ralf Bartels (IG BCE), die energiepolitischen Sprecher
der Landtagsfraktionen von SPD und CDU, Prof. Fritz
Vahrenholt (RWE Innogy) und Jörg Behrens (Betriebsrats-
vorsitzender Steinbeis Papier). Anmeldungen und weitere
Informationen unter 04321 40410.
Missklänge bei der GrammophonHAMBURG | Die »Deutsche
Grammo-
phon« ist das
älteste Klassik-
musik-Label
der Welt. Ge-
gen den ge-
planten Um-
zug des Unter-
nehmens von
Hamburg
nach Berlin
machen nun
Betriebsrat und IG BCE mobil.
Die Betriebsratsvorsitzende Claudia Möller über die Verle-
gung: »Der überwiegende Teil der Belegschaft ist in Ham-
burg fest verwurzelt. Bisher hat die Geschäftsführung kein
Konzept für eine langfristige Planung in Berlin vorgelegt, das
einen Umzug der hoch spezialisierten Belegschaft recht-
fertigt.«
Unterstützung für den Betriebsrat gibt es von der IG BCE
in Hamburg. Ralf Rademacher: »Wir sind vom Hamburger
Senat bitter enttäuscht, der sich offenbar nicht in der Lage
sieht, die Geschäftsleitung der Deutschen Grammophon in
Hamburg zu halten.«
Lust auf ArbeitsplätzeHAMBURG | Neujahrsempfang des Landesbezirks
Weit mehr als
700 Gäste konnte
Landesbezirksleiter
Ralf Becker beim
traditionellen Neu-
jahrsempfang im
Bürgerhaus Ham-
burg-Wilhelms-
burg willkommen
heißen, darun-
ter zahlreiche Be-
triebsräte und pro-
minente Vertreter aus Wirt-
schaft und Politik. Etwa den
schleswig-holsteinischen
SPD-Fraktionsvorsitzenden
Ralf Stegner und die Spitzen
der Arbeitgeberverbände Che-
mie und Papier im Norden,
Dr. Jochen Wilkens und Joa-
chim Heuke.
Der Tarifexperte im IG-
BCE-Hauptvorstand, Peter
Hausmann, war zum ersten
Mal dabei. Er skizzierte den
gewerkschaftspolitischen »ro-
ten Faden« der IG BCE für
2011: Deutschland nach der
Krise – Neue Chancen für
Fortschritt.
Ebenfalls dabei: eine Grup-
pe von Shell-Angehörigen aus
der Raffinerie Harburg – dort
sind 300 Arbeitsplätze akut
bedroht – sowie der Bezirks-
jugendausschuss (BJA) Ham-
burg. BJA-Mitglied Lisa (21)
war begeistert: »Ich bin zum
ersten Mal hier. Die Positio-
nen der IG BCE zu aktuellen
Themen sind toll.«
Ralf Becker unterstrich in
seiner Begrüßung: »In der In-
dustriepolitik sind Lösungen
gefragt und kein Nebel. Wir
haben Lust auf wettbewerbs-
fähige Arbeitsplätze. Dazu
müssen auch die Firmen
ihren Beitrag leisten. Wir kön-
nen und werden nicht taten-
los zusehen, wie strategische
Entscheidungen profitable Be-
triebe und Arbeitsplätze in-
frage stellen.«
Mit Blick auf die Chemie-
Tarifrunde unterstrich Haus-
mann: »Sechs bis sieben Pro-
zent mehr Entgelt sind eine
realistische Forderung, aber
es glaube niemand, dass ein
ordentlicher Abschluss vom
Himmel fällt. Wir werden
kämpfen müssen.« Und in
Richtung der Arbeitgeberver-
treter gab Hausmann die Emp-
fehlung: »Ölen Sie schon mal
die Verschlüsse ihrer Porte-
monnaies.«
Hart ins Gericht ging Haus-
mann mit der Bundesregie-
rung, vor allem beim Thema
Leiharbeit: »Viele junge Men-
schen müssen erst um einen
Ausbildungsplatz kämpfen,
landen dann in Leiharbeit,
dann in Befristung. Wie
sollen da Vertrauen in die
Gesellschaft und Lebenspers-
pektiven entstehen?«
N A M E N & N A C H R I C H T E N
Machen gegen den Grammophon-Umzug mobil: Ralf Rademacher (IG BCE Hamburg), Grammo-phon-Betriebsratsvorsitzende Claudia Möller und ihr Stellvertreter Matthias Spindler (von links).
Dicht gefüllt waren die Reihen beim traditio-nellen Neujahrsempfang.
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Melanie (sieben Monate) war der jüngste Gast.
> VOR ORT NORDOST
| kompakt | Februar 201128
Termine – kurz notiert 8. März: Internationaler Frauentag.
20. März: Landtagswahlen Sachsen-Anhalt – Wählen gehen!
BERLIN | 1. März: Regionale Tarifverhandlung Entgeltrunde
Chemie.
PEISSEN | 5. März: Bezirksdelegiertenkonferenz Halle-
Magdeburg.
100. GeburtstagSENFTENBERG | Am
16. Dezember feierte
Anna Ludwig im
Wohnpark Seenland
Senftenberg ihren
100. Geburtstag. Ute
Liebsch von der IG
BCE Cottbus und
Hans-Dieter Kretschmann, Ortsgruppenvorsitzender Senf-
tenberg-Süd, gratulierten der Jubilarin sehr herzlich.
Wechsel im VorsitzBERLIN | Robert Rei-
mann von der Berlin-
Chemie (Foto) ist
neuer Vorsitzender
des Landesbezirksju-
gendausschusses
(LBJA). Der bisherige
Vorsitzende Sebastian
Westphal ging aus beruflichen Gründen nach Niedersach-
sen. Der Landesbezirk dankt Sebastian Westphal für
viele tolle Ideen zur gewerkschaftlichen Jugendarbeit und
wünscht Robert Reimann viel Erfolg im neuen Amt. Höhe-
punkt im LBJA-Programm 2011 wird das Landesbezirksju-
gendtreffen vom 27. bis 29. Mai im Jugenddorf Neuruppin
sein. Dazu sind Jugendliche aus dem gesamten Landes-
bezirk eingeladen.
Ausbildungspreis an escoBERNBURG | Die european salt company (esco) in Bernburg
ist bester Ausbildungsbetrieb 2010/2011 im Bezirk Halle-
Magdeburg. Die hervorragende computerunterstützte und
ergonomische Ausstattung der Ausbildungsplätze gab den
Ausschlag für den Preis, der 2003 auf Initiative der IG-BCE-
Jugend ins Leben gerufen worden war. Er wurde nun bereits
zum achten Mal verliehen. Bezirksleiter Erhard Koppitz: »Be-
triebe, die der Qualität der Ausbildung junger Fachkräfte
einen hohen Stellenwert einräumen und Wert auf gute Aus-
bildungsausstattung legen, sollen honoriert werden.«
Kampf um TarifeARNEBURG/STENDAL/TREBSEN | »Papier« in Bewegung
Delipapier in Ar-
neburg ist einer
der führenden
Hersteller von
Hygienepapieren
in Deutschland.
280 Menschen ar-
beiten hier, das
Entgeltniveau liegt
bei etwa 70 Pro-
zent des Flächen-
tarifvertrages Pa-
pier. Der Betriebs-
rat hat nun die seit
Langem laufenden Gespräche
mit der Geschäftsführung ab-
gebrochen und die IG BCE zu
Tarifverhandlungen aufgefor-
dert. Als ersten Schritt orga-
nisierte der Bezirk Halle-
Magdeburg Mitte Januar ein
Tarifforum.
Dass Druck von Mitarbeite-
rinnen und Mitarbeitern Bewe-
gung in die Tarifforderungen
bringt, zeigte sich beim Zell-
stoffwerk Stendal (kompakt
1/2011). Hier hat Anfang Ja-
nuar die erste Tarifverhand-
lungsrunde stattgefunden.
Einen Abschluss gab es bei
Julius Schulte Trebsen im
Bezirk Leipzig. Der dortige
Haustarifvertrag lehnt sich
an den Flächentarifvertrag
an, den die IG BCE Ende
2010 mit einer Entgelterhö-
hung von 2,5 Prozent und
der Angleichung von Ost und
West in 2011 verhandelt hat.
Von den 40 Papierbetrieben
im Landesbezirk sind aller-
dings nur 13 über den Ar-
beitgeberverband an den
Flächentarifvertrag Papier
angebunden.
Branchenforum PapierANNABERG-BUCHHOLZ | Reger Austausch
Beim 10. Bran-
chenforum Papier
im Bezirk Dres-
den-Chemnitz be-
sichtigten die 26
Teilnehmerinnen
und Teilnehmer
(Foto) aus 14 Betrieben zu-
nächst die Schönfelder Pa-
pierfabrik, um sich dann zur
Situation in ihren Betrieben
auszutauschen. Peter Schuld,
Industriegruppenvorsitzen-
der Papier der IG BCE, infor-
mierte über die Wirtschaftsla-
ge der Branche. Tarifkommis-
sionsmitglied Matthias Grö-
ßig, Gesamtbetriebsratsvorsit-
zender bei Felix Schoeller jr.,
berichtete über die aktuelle
Tarifrunde. Gast war Thomas
Handel von der Berufsgenos-
senschaft RCI.
N A M E N & N A C H R I C H T E N
Bei eisigen Minusgraden waren Delipapier-Be-triebsräte kurz vor dem Jahreswechsel auf der Straße, um mit einer Flugblattaktion zum Tarifforum aufzurufen.
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29kompakt | Februar 2011 |
Einheitliche TarifbedingungenSENFTENBERG | Landesbezirksleiterin
Petra Reinbold-Knape
und Geschäftsführer
Dr. Dieter Meyer un-
terzeichneten den Ende
2010 ausgehandelten
Tarifvertrag für die
LMBV international (Foto) und beendeten damit den tarif-
losen Zustand bei der jüngsten Tochtergesellschaft der
Lausitzer und Mitteldeutschen Bergbau-Verwaltungsgesell-
schaft mbH. Der Tarifvertrag tritt an die Stelle bisheriger
einzelvertraglicher Regelungen bei gleichzeitiger Absiche-
rung des materiellen Niveaus. Petra Reinbold-Knape: »Die
IG BCE stellt erneut unter Beweis, dass sie in der Lage ist, die
Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu
wahren und zugleich den spezifischen Bedingungen eines
Unternehmens Rechnung zu tragen.«
Deutsch-polnisches Treffen
TURAWA | Fünf junge IG-BCEler aus dem Bezirk Berlin-Mark
Brandenburg erlebten Anfang Oktober eine ereignisreiche
Woche in Turawa, einem kleinen Ort westlich von Opole in
Südpolen. Sie wohnten zusammen mit zehn Teilnehmerin-
nen und Teilnehmern der polnischen Gewerkschaft NSZZ
Solidarnosc, besichtigten gemeinsam das Kohlekraftwerk
von Opole, erfuhren mehr über die Arbeitsbedingungen am
Standort, über Bildung und Berufsausbildung in Polen und
diskutierten mit dem Warschauer Parlamentsabgeordneten
Jan Religia. Englischunterricht und ein Ausflug an die tsche-
chische Grenze standen ebenfalls auf dem Programm. Die
internationale Begegnung, von deutscher Seite aus organi-
siert von der IG BCE in Kooperation mit dem DGB, Region
Mark Brandenburg, hinterließ bei allen starke, bleibende
Eindrücke.
Für FrauenrechteBERLIN | 100 Jahre Internationaler Frauentag
Der Internationale Frauen-
tag steht für die Einforde-
rung von Frauenrech-
ten und Gleichberech-
tigung der Geschlechter.
Die 20 Frauen des Landes-
bezirksfrauenausschusses
Nordost setzen sich seit
vielen Jahren dafür ein
und wollen das Jubiläum nut-
zen, um die wichtigen Themen
wie Entgeltgleichheit, Balance
von Lebens- und Arbeitszeit,
Frauen (auf dem Weg) in Füh-
rung und eine Interessenver-
tretung von und für Frauen
weiter voranzubringen. Am
25. März soll der Equal Pay
Day die öffentliche Wahrneh-
mung schärfen und der Girls’
und Boys’ Day am 14. April
wird genutzt, um das Berufs-
wahlspektrum junger Frauen
zu erweitern.
Der Landesbezirk Nordost
vertritt 28 456 Frauen. In den
2010 gewählten Betriebsrats-
gremien sind 32,9 Prozent
Betriebsrätinnen. 23,9 Pro-
zent der Betriebsratsgremien
werden von einer Frau als Be-
triebsratsvorsitzende geführt.
Mahnwache für AWDRADEBEUL | Beschäftigte kämpfen für den Standort
Gewerkschaftlich
organisierte Mit-
arbeiterinnen und
Mitarbeiter von
AWD.pharma
und IG BCE kämp-
fen gemeinsam für
den Erhalt von
300 Arbeitsplätzen
in Radebeul. Am
18. Dezember ver-
anstalteten sie ei-
ne Mahnwache auf
dem Schlossplatz
in Dresden und zeigten da-
mit, wie ernst ihnen die
Suche nach einem Investor
und ein damit verbundener
wirtschaftlicher Neustart ist.
Denn der israelische Kon-
zern Teva, der die traditions-
reiche Marke AWD.pharma
Ende 2008 gekauft und den
Standort Radebeul zunächst
zur Deutschlandzentrale ge-
macht hatte, verkündete
Ende September ohne wirt-
schaftliche Not, den profi-
tablen Standort Ende 2011
zu schließen. Der Großteil
der Belegschaft sollte im
Januar die Kündigung er-
halten.
N A M E N & N A C H R I C H T E N
Weitere Infos im Internet:www.awd-wirbleibenhier.de
Mahnwache mit Weihnachtsmann: für 300 Ar-beitsplätze und einen wirtschaftlichen Neu-start bei AWD.pharma in Radebeul.
Kraftwerkbesichtigung in Opole, mit Dolmetscherin Ewa Niedbala (Fünfte von rechts) und dem stellvertretendem Vorsitzenden der NSZZ Solidarnosc in Opole Grzegorz Adamczyk (hintere Reihe, Dritter von links).
VOR ORT NORDRHEIN>
| kompakt | Februar 201128
Personalwechsel im LandesbezirkDÜSSELDORF/MOERS | Oliver Heinrich, bisher Gewerk-
schaftssekretär in Düsseldorf, wechselt als IG-BCE-Bezirks-
leiter nach Berlin-Mark Brandenburg. Andreas Bier, bisher
Rechtsschutzsekretär im Rechtsschutzbüro Moers, wechselt
als Gewerkschaftssekretär nach Düsseldorf. Inese Klein ist
neu als Rechtsschutzsekretärin im Rechtsschutzbüro Moers.
Ortsgruppen feiern gemeinsamBRÜHL | Die Orts-
gruppen Brühl-Wes-
seling und Brühl-
Badorf feierten mit
rund 200 Teilneh-
mern gemeinsam
Weihnachten.
Ausfl ug nach OberhausenBAESWEILER | Mit-
glieder der Ortsgrup-
pen Baesweiler-Mitte
und -West besichtig-
ten das rheinische
Industriemuseum in
Oberhausen. Nach
einer Zwischenstation im Einkaufszentrum »Centro« ließen
sie den Tag bei einem gemütlichen Abendessen ausklingen.
Weintour an die AhrBRÜHL | Mitglieder
der Ortsgruppe Brühl-
Wesseling besuchten
eine Winzergenossen-
schaft an der Ahr.
Werberhitparade im DezemberMichele Agusta (16, Evonik Degussa Lülsdorf, Köln-Bonn);
Edwin Hundgeburth (16, Ineos, Köln-Bonn); Josef Lang-
ohr (11, Continental Aachen, Alsdorf); Patrick Odenthal
(10, Rheinpapier, Köln-Bonn); Leo Berg (8, Evonik Carbon
Black, Köln-Bonn); Peter Leuckel (8, Reuss-Seifert-Spritz-
guss, Düsseldorf); Felix Schultz (6, Currenta Leverkusen,
Leverkusen); Kerstin Ziegler (6, Dupont, Düsseldorf); An-
gelika Enderichs (6, Grünenthal, Alsdorf); Ismail Tekin
(6, RWE Power PCG Garzweiler, Alsdorf).
Chemietarif startetDÜSSELDORF | Verhandlungen beginnen am 16. Februar
Am 16. Februar starten die
Tarifverhandlungen für die
rund 36 000 IG-BCE-Mitglie-
der in den 250 Chemiebetrie-
ben des Tarifbezirks Nord-
rhein. Die Tarifkommission
Nordrhein beschließt in
ihrer Sitzung am 1. Februar
ihre Forderungen für die
erste Verhandlung in der
deutschen Chemietarifrunde
2011.
Die Forderungen werden
sich an den vom IG-BCE-
Hauptvorstand verabschie-
deten »Leitplanken« orien-
tieren. Demnach sollen die
Entgelte bei einer Laufzeit
von zwölf Monaten um
sechs bis sieben Prozent
steigen (siehe kompakt, Ausgabe Januar 2011).
IG-BCE-Tarifpolitiker Peter
Hausmann hat das Motto der
Tarifrunde 2011 vorgegeben:
»Jetzt gehts um uns – Das ist
unser Aufschwung.« Die For-
derungsempfehlung des IG-
BCE-Hauptvorstands wurde
bereits in den Chemiebetrie-
ben in Nordrhein diskutiert.
Die deutschen Chemieta-
rifverträge gelten für insge-
samt 550 000 Beschäftigte in
1900 Chemiebetrieben. Die
Laufzeiten enden regional
unterschiedlich. Im Tarifbe-
zirk Nordrhein läuft der
aktuelle Vertrag bis zum
28. Februar.
Diskussion über »Rente mit 67«KLEVE | Die SPD-Bundes-
tagsabgeordnete Barbara Hen-
dricks diskutierte mit Mit-
gliedern der IG-BCE-Orts-
gruppe Kleve das Thema
»Rente mit 67«. Die Teilneh-
mer stritten engagiert mit der
Politikerin über die Gesetzes-
änderung, die aus Sicht der
Gewerkschafter vor allem als
Rentenkürzung zu bewerten
ist.
N A M E N & N A C H R I C H T E N
Die Chemietarifkommission Nordrhein beschließt am 1. Februar ihre Forderung für den Verhandlungsauftakt am 16. Februar.
CHEMIETARIFTICKER
Zum Start der Chemietarif-runde bietet der Landesbezirk exklusiv für IG-BCE-Mitglieder einen News-Ticker an. Wer per SMS oder E-Mail zu besonde-ren Ereignissen während der Tarifrunde informiert werden möchte, kann sich dafür im IG-BCE-Tarifblog registrieren:
www.nordrhein2020.de
Weitere Infos im Internet:www.nordrhein.igbce.de
29kompakt | Februar 2011 |
Fusion: Gemeinsam stärkerALSDORF | Die beiden IG-BCE-Regionalforen Alsdorf-Baes-
weiler und Euregio fusionierten nach einem entsprechen-
den Beschluss des Alsdorfer IG-BCE-Bezirksvorstandes.
Damit werden die Interessen der IG-BCE-Mitglieder aus
Alsdorf, Baesweiler, Herzogenrath und Würselen vereint.
»Gewerkschaftliche Kampagnen machen keinen Halt vor
den einzelnen Gemeindegrenzen, sondern sind meist über-
regional wahrzunehmen«, so der Sprecher des Regionalfo-
rums Euregio Franz-Josef Küppers. Sein Amtskollege vom
Regionalforum Alsdorf-Baesweiler, Detlef Loosz, hatte zur
konstituierenden Sitzung des neuen Regionalforums Als-
dorf-Baesweiler-Herzogenrath nach Alsdorf eingeladen.
Küppers wurde dort zum Sprecher des neuen Regional-
forums gewählt, Loosz ist stellvertretender Sprecher.
Warnstreiks und neue VerhandlungESCHWEILER | Die RWE-
Tarifauseinandersetzung war
bei Redaktionsschluss dieser
Ausgabe noch nicht beendet.
Auf einer Vertrauensleute-
konferenz am 13. Januar in
Eschweiler unterstrichen IG-
BCE-Verhandlungsführer Mi-
chael Winkler (Mitte) und Manfred Maresch (links) vom
Bezirk Alsdorf, dass die Verhandlung am 25. Januar in
Dortmund für RWE letzte friedliche Einigungschance sei.
Am Vortag sollten weitere Warnstreiks der Tarifforderung
von 6,5 Prozent bei einer Laufzeit von zwölf Monaten noch
einmal Nachdruck verleihen. »Wir fordern vor allem eine
gerechte und faire Beteiligung der Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmer am wirtschaftlichen Erfolg der Unterneh-
men«, so IG-BCE-Hauptvorstandsmitglied Peter Hausmann
(rechts), der eigens für die Konferenz angereist war.
Empfang für neue Jugendvertreter
ALSDORF | Die neu gewählten Jugendvertreter im IG-BCE-
Bezirk Alsdorf trafen sich bei einem vom Bezirksjugendaus-
schuss organisierten Empfang. Das Thema des JAV-Treffens
zum Jahreswechsel: »Osterfeier – Wir sind nicht zu früh,
aber ein Stück voraus.«
Abschluss bei KinonAACHEN/KÖLN | Einigung nach schweren Verhandlungen
Tarifeinigung nach schweren
Verhandlungen an den Ki-
non-Standorten in Aachen
und Köln-Porz: Die Entgelte
der zum Saint-Gobain-Kon-
zern gehörenden Glasunter-
nehmen wurden am 1. Januar
in den jeweiligen Endstufen
um 45 Euro brutto erhöht, die
Ausbildungsvergütungen um
20 Euro.
Für den Zeitraum März bis
Dezember 2010 gab es rück-
wirkend eine Einmalzahlung
in Höhe von 200 Euro, Aus-
zubildende erhielten 80 Euro.
Der neue Entgelttarifvertrag
ist erstmals zum 29. Februar
2012 kündbar.
Nachdem sich das Kinon-
Management zunächst gewei-
gert hatte, vor Abschluss von
Strukturvereinbarungen über-
haupt über eine Ausgestal-
tung des Lohntarifes zu ver-
handeln, schien die Situation
verfahren. Die IG-BCE-Ver-
handlungskommission konn-
te jedoch nach zähen und
harten Verhandlungen mit
der Arbeitgeberseite eine ent-
sprechende Strukturverein-
barung abschließen.
Sie sieht unter anderem
eine auf zwei Jahre befristete
Arbeitszeitverlängerung um
jährlich 69 Stunden, aber
auch eine am Betriebsergeb-
nis orientierte Jahreszahlung
vor, die zwischen 50 und
140 Prozent eines Monatsein-
kommens betragen kann.
Wünsche am BallonKALKAR | Jugendaktion für sichere Übernahme
Für sichere berufliche Pers-
pektiven nach der Ausbil-
dung setzt sich die IG-BCE-
Jugend im Landesbezirk
Nordrhein ein. Im Rahmen
ihrer Kampagne »Unser Ein-
satz für deine Übernahme«
berieten sich die Bezirksju-
gendausschüsse (BJA) von
Alsdorf und Düsseldorf in
Kalkar. Zum Abschluss orga-
nisierten die BJA dort gleich
eine Aktion. Die Mitglieder
hatten dazu Postkarten vor-
bereitet, auf denen sie ihre
Wünsche für die Zukunft
schrieben. Sie wurden dann
an Heliumballons mit der
Aufschrift »Ich bin ein Stand-
ortvorteil« befestigt. Während
der Aktion ließen die Jugend-
lichen die Zukunftswünsche
symbolisch in die Luft stei-
gen.
N A M E N & N A C H R I C H T E N
Aktion zum Abschluss der BJA-Tagung: Rote Heliumballons tragen die berufl iche Zukunftswünsche in den Himmel.
VOR ORT RHEINLAND-PFALZ/SAARLAND>
| kompakt | Februar 201128
Konfl ikte und LösungenKIRKEL | Im Best-
seller »Fräulein
Smillas Gespür für
Schnee« führen die
wachen Sinne und
die Hartnäckigkeit
einer jungen Frau
zur Aufklärung ei-
nes Mordes. Um Aufmerksamkeit ging es auch beim Wo-
chenendseminar »Fräulein Smillas Gespür für den Konflikt«
des Bezirks Mainz in Kooperation mit Arbeit & Leben.
Zahlreiche Teilnehmer waren dazu in das Bildungszentrum
Kirkel gekommen (Foto) und ließen sich vom Bildungsbe-
rater Uli Bormuth vorführen, wie sich Konflikte erkennen,
steuern und entschärfen lassen. Das Bildungsprogramm
des Bezirks umfasst weitere Seminare, zum Beispiel über
Kommunikation, Mobbing oder Burn-out.
Da lag noch was »unterm Baum«MAINZ | Das Einkommen der Beschäftigten beim Messge-
rätehersteller SI Analytics (zuvor Schott Instruments) stieg
zum Jahresbeginn um 4 Prozent. Das hatten die IG BCE
und die Geschäftsleitung in einem neuen Entgelttarifvertrag
unmittelbar vor Weihnachten vereinbart. Im Januar 2012
gehen die Entgelte noch einmal um 2,5 Prozent nach oben.
Bereits seit dem 1. Januar gilt zudem eine erweiterte Ent-
gelttabelle: Beschäftigte, die die letzte Stufe ihrer Entgelt-
tabelle bereits vor fünf Jahren erreicht hatten, erhalten nun
weitere 2 Prozent.
Für Gewerkschaftsmitglieder steigt die bestehende zusätz-
liche Altersvorsorge von jährlich 50 Euro um 10 Euro, 2012
um weitere 10 Euro. Die Gewerkschaftsmitglieder nahmen
das Tarifpaket begeistert auf.
Bergbau zum AnfassenWIRGES | Die Orts-
gruppe Wester-
wald veranstaltete
Ende letzten Jahres
eine Reise bis fast
zur französischen
Grenze. Dort fuh-
ren die Teilnehmer in das Erlebnisbergwerk Velsen ein
(Foto). Tief beeindruckt von der einzigartigen Technik
unter Tage kehrten sie zurück. Mit einem herzlichen
»Glück auf« dankten sie der IG BCE Saarbrücken und der
Geschäftsleitung der RAG für das Erlebnis.
Mehr vermittelnLUDWIGSHAFEN | BASF-Vertrauensleutevorstand gewählt
Die gewerkschaft-
liche Vertrauens-
leuteleitung der
BASF SE hat 2010
einen neunköpfi-
gen Vorstand ge-
wählt. Vorsitzender
für die nächsten
vier Jahre ist der
52-jährige Werk-
technik-Handwer-
ker René Dillmann.
Stellvertreterin
wurde Stefanie Reisinger.
Damit fand nach Monaten
ein sorgfältig durchgeführter
Findungs- und Wahlmara-
thon seinen Abschluss, be-
richtet Frank Löllgen, Leiter
des IG-BCE-Bezirks Ludwigs-
hafen. Die 21 000 Gewerk-
schaftsmitglieder hatten zu-
nächst 1250 Vertrauensleute
und die jeweiligen Spitzen
für die 23 Sparten des Lud-
wigshafener Standorts ge-
wählt.
Abbott: Hohe WahlbeteiligungLUDWIGSHAFEN | Die Betei-
ligung an der Wahl der neuen
Vertrauensleute beim Phar-
maunternehmen Abbott in
Ludwigshafen stieg im Ver-
gleich zu 2006 deutlich auf
64 Prozent. Damit stärkten
die Beschäftigten der gewerk-
schaftlichen Arbeitnehmer-
vertretung im Betrieb massiv
den Rücken. Die Vertrauens-
leuteleitung wählte jetzt auf
ihrer konstituierenden Sit-
zung Nadine Weirauch zur
Vorsitzenden und Torsten
Albert zum Stellvertreter.
N A M E N & N A C H R I C H T E N
Der Vertrauensleutevorstand mit René Dill-mann (rechts), Bezirksleiter Frank Löllgen (hinten rechts) und Stefanie Reisinger (stell-vertretende Vorsitzende, Vierte von links).
Weitere Infos im Internet:www.mainz.igbce.de
Ausgezeichnete AzubisFRANKENTHAL | IHK würdigt erfolgreiche Ausbildung
Gute Ausbildungsplätze, en-
gagierte Ausbilder und erfolg-
reiche Azubis gibt es nicht
nur in Großunternehmen.
Als einen der besten Papier-
technologen zeichnete die In-
dustrie- und Handelskammer
Pfalz jetzt das junge IG-BCE-
Mitglied Johannes Groll aus
(Foto, links, mit Betriebsrats-
vorsitzendem Wilhelm See-
bach). Den Arbeitgeber, die
Kartonfabrik Buchmann aus
Annweiler, ehrte die Kammer
als »ausgezeichneten Ausbil-
dungsbetrieb«.
29kompakt | Februar 2011 |
Weihnachtsfahrt einer Ortsgruppe WALDFISCHBACH-BURGALBEN | Mit 81 Mitgliedern fuhr
die Ortsgruppe Waldfischbach-Burgalben am dritten Ad-
ventssamstag in das mittelalterliche Michelstadt im Oden-
wald. Nach einer Stadtführung gab es in einer Brasserie ein
ausgezeichnetes Essen. So gestärkt bummelten die Teilneh-
mer vor der Heimreise noch über den Weihnachtsmarkt.
Jubilarehrung in PirmasensPIRMASENS | Zwei
Jahre lang haben die
Gewerkschaften und
ihre Mitglieder große
Belastungen der Fi-
nanz- und Banken-
krise getragen. »Doch
die Verursacher der Krise sind so davongekommen.« Diese
Kritik war Teil einer politischen Festansprache von Edel-
traud Glänzer, Mitglied des geschäftsführenden Hauptvor-
stands der IG BCE, anlässlich der Jubilarehrung der Orts-
gruppe Pirmasens (Foto). Insgesamt wurden 100 Mitglieder
geehrt. Ihnen sprachen der Ortsgruppenvorsitzende Klaus
Lehmann und sein Vorstandskollege Wolf-Peter Lieb Res-
pekt und Dank aus.
Moment der BesinnungSAARBRÜCKEN | Eine nachdenkliche Rede von Peter
Valentin bestimmte die Jubilarehrung der Ortsgruppe Han-
gard/Münchwies (Foto unten rechts). Ein Konzert der Berg-
musikanten der RAG-Saar bildete den musikalischen Rah-
men. Wolfgang Beinert vom Bezirk Saarbrücken ehrte kurz
vor Jahresende Jubilare verschiedener Ortsgruppen. Im
»Schwan« in Burgalben (unten links) würdigte er die
Gewerkschaftstreue langjähriger Mitglieder der Gruppe
Waldfischbach-Burgalben und im Waldhotel in Eisenberg
Mitglieder der dortigen Ortsgruppe.
Hohe AuszeichnungenSAARBRÜCKEN | Bundesverdienstkreuze verliehen
Aus der Hand der saarlän-
dischen Arbeits- und Sozial-
ministerin Annegret Kramp-
Karrenbauer erhielten zwei
langjährige IG-BCE-Aktive
– Hans-Peter Kleber und
Heinz Erwin Becker – die
vom Bundespräsidenten ver-
liehene Verdienstmedaille des
Verdienstordens der Bundes-
republik Deutschland (Foto).
Zuvor hatte die Ministerin das
breite ehrenamtliche Engage-
ment gewürdigt.
Bittere Enttäuschung über TrelleborgHÖHR-GRENZHAUSEN | Stur
hat der schwedische Konzern
Trelleborg Mitte Dezember
die Verlagerung eines Kfz-
Zulieferbetriebs aus seinem
Standort nördlich von Kob-
lenz in das fast 170 Kilometer
entfernte südhessische Breu-
berg durchgezogen. Dies ge-
schah ohne Sozialplan, ohne
Sozialtarifvertrag und ohne
Bereitschaft zum Dialog.
Für die meisten der 160 Be-
troffenen ist Breuberg zu weit
entfernt. Viele wissen bis jetzt
nicht, wie es weitergehen soll.
Holger Zimmermann, Leiter
des Bezirks Neuwied-Wirges:
»Jedes vernünftige Unterneh-
men sucht im Dialog nach
einer anständigen Lösung für
seine Mitarbeiter – bei Trelle-
borg war da totale Fehlanzei-
ge.« Selbst als die Beschäftig-
ten im Herbst die Arbeit nie-
derlegten, um konstruktive
Gespräche zu fordern, zeigte
der Konzern keine Regung.
Ermutigend für die Höhr-
Grenzhauser war nur die ge-
lebte Solidarität – aus der
ganzen Region, aus Nachbar-
betrieben, sogar vom Minis-
terpräsidenten Kurt Beck.
N A M E N & N A C H R I C H T E N
Gut vorbereitetNEUWIED | Lernen für einen guten Abschluss
Azubis aus acht ver-
schiedenen Unter-
nehmen des Bezirks
bereiteten sich mit-
hilfe der IG BCE auf
die Abschlussprüfung
im Fach Wirtschafts-
und Sozialkunde vor
(Foto). »Wir erleichtern das
Lernen, indem wir die The-
men mit den Erfahrungen der
Prüflinge in ihren Betrieben
verzahnen«, so Teamer Chris-
toph Gemenig.
VOR ORT WESTFALEN>
| kompakt | Februar 201128
IG-BCE-SeminareHALTERN AM SEE | 4. bis 8. April 2011: Ist Deutschland
noch ein Industriestandort? (LBZ300.05.02.01.11)
Anmeldungen beim zuständigen IG-BCE-Bezirk oder direkt
beim Landesbezirk.
Barbara-Stollen im KellerBERGKAMEN | Nicht
nur die Mitglieder der
Ortsgruppe Oberaden
freuen sich über
den Barbara-Stollen
im Keller des Bergka-
mener Stadtmuseums.
Damit gibt es dort
eine eigene Bergbauabteilung, die von 14 IG-BCE-Mitglie-
dern der Ortsgruppe ehrenamtlich ausgestattet wurde.
IG-BCE-JugendkellerBOTTROP | Auch Gel-
senkirchens Bezirks-
leiter Peter Obramski
kam zur Eröffnung
des neuen IG-BCE-
Jugendkellers in Bott-
rop. An der Schützen-
straße 11 (Hinterhof!) steht der Raum jeden Freitag ab
20:00 Uhr allen jungen IG-BCE-Mitgliedern zu Verfügung.
Energiekampagne im MuseumOER-ERKENSCHWICK | Beim Weihnachtsmarkt im Berg-
werksmuseum in Oer-Erken-
schwick sammelte die dor-
tige Ortsgruppe Unterschrif-
ten für die Energiekampagne
des Bezirks Recklinghausen.
Bis Redaktionsschluss hatten
bereits knapp 13 000 Men-
schen unterschrieben.
Themenabend AusbildungMARL | Im RAG-Bergwerk Auguste Victoria lud der IG-BCE-
Bezirk Recklinghausen zu einem Themenabend Ausbildung
ein. Rund 20 Ausbilderinnen und Ausbilder sowie interes-
sierte Betriebsräte und Jugend- und Auszubildendenver-
treter kamen.
Ungerechter SparkursWALTROP | Pharbil zahlt kein Weihnachtsgeld
Das Waltroper Pharmaunter-
nehmen Pharbil will offen-
sichtlich vor allem auf Kosten
der Tarifangestellten sparen.
Aufgrund der schwierigen
Situation arbeitet die Beleg-
schaft bereits eine Stunde pro
Woche unentgeltlich mehr
und verzichtet auf 5,1 Pro-
zent des Einkommens. Die
außertariflichen Angestellten
bekamen aber 2010 eine Ge-
haltserhöhung von 2,5 Pro-
zent. Nun setzte das Manage-
ment noch eins obendrauf:
Obwohl mit Betriebsrat und
IG BCE keine Vereinbarung
über die Streichung der Jah-
ressonderzahlung zustande
kam, wurde einfach kein
Weihnachtsgeld ausgezahlt.
»Wir kennen das Verhal-
tensmuster der Geschäftsfüh-
rung von Pharbil mittlerwei-
le«, so Sören Tuleweit vom
IG-BCE-Bezirk Recklinghau-
sen: »Obwohl ein Rechtsan-
spruch besteht, wird in der
Hoffnung, dass kein Mitar-
beiter sich dagegen wehrt,
einfach nicht gezahlt.«
»Wir sind selbst schon mit
dem Vorschlag einer Absen-
kung um 20 Prozent in die
Verhandlungen gegangen«,
erläutert Tuleweit weiter. »Auf
diesen Vorschlag ist die Ge-
schäftsführung nicht mal an-
satzweise eingegangen.«
Arbeitsgerichtlich wird nun
gegen den ungerechten Spar-
kurs gekämpft.
Ortsgruppen stehen im Mittelpunkt
HERTEN | Werner Zeis, Spre-
cher des IG-BCE-Regional-
forums Herten, konnte im
Rahmen einer Funktionärs-
konferenz eine insgesamt er-
folgreiche Arbeit bilanzieren.
Für dieses Jahr wird vor allem
das Thema »Gewerkschaft im
Jahr 2020 – Struktur der Orts-
gruppen« im Mittelpunkt ste-
hen. »Um auch zukünftig ge-
sellschaftsrelevante Aufgaben
erfüllen zu können, müssen
wir unsere Jugend noch mehr
aktivieren«, sagte Klaus Brüs-
ke, stellvertretender IG-BCE-
Bezirksleiter in Recklinghau-
sen, bei der Konferenz.
N A M E N & N A C H R I C H T E N
Mehr Jugendbildung ist das Ziel
RECKLINGHAUSEN | Der
IG-BCE-Bezirksjugend-
ausschuss (BJA) Reck-
linghausen setzte sich
auf seiner Klausurtagung
neue Ziele für dieses
Jahr. Berkant Ekeryilmaz,
Sprecher des IG-BCE-
Jugendforums Datteln,
und die Recklinghäuser IG-
BCE-Jugendreferentin Julia
Schmidt diskutierten dabei
mit, wie zum Beispiel die
Jugendbildung weiter ver-
bessert werden kann.
Weitere Informationen im Internet unter:www.westfalen.igbce.de
29kompakt | Februar 2011 |
Geschenkaktion für HeimbewohnerGELSENKIRCHEN | Auch in diesem Jahr
konnten sich die klei-
neren und größeren
Bewohner des Kinder-
und Jugendhauses St.
Elisabeth in Gelsenkir-
chen-Erle wieder über
einen Berg von Geschenken und zusätzliche Spenden in
Höhe von insgesamt über 9000 Euro freuen. Die IG-BCE-
Ortsgruppe beim Wohnungsunternehmen THS hatte die
Spenden- und Geschenkaktion bereits zum dritten Mal or-
ganisiert. Mit dem gespendeten Geld finanziert die Heimlei-
tung einen gemeinsamen Tagesausflug, einen Partizipations-
Workshop sowie einen Kreativtag.
Weihnachtliche FeierHERTEN | Glänzende
Kinderaugen gab es
bei einer weihnacht-
lichen Feier in Herten.
Das IG-BCE-Regional-
forum hatte das Fest
organisiert.
Abschlussfahrt nach Thüringen
MARL | Mitglieder der IG-BCE-Ortsgruppe Drewer II be-
suchten bei ihrer dreitägigen Jahresabschlussfahrt die
historischen Weihnachtsmärkte in Eisenach, Erfurt und
Weimar.
16 Mannschaften beim Turnier GLADBECK | Das ers-
te St.-Barbara-Fußball-
turnier wurde von der
IG-BCE-Ortsgruppe
Gladbeck Mitte und
der REVAG mit 16 Ju-
gendmannschaften
mit Erfolg durchgeführt. Es war ein ereignisreicher Tag für
500 Zuschauer und Teilnehmer.
Jugend fördernMARL | Seminarreihe stärkt soziale Kompetenz
Mit dem Bildungsabend
»Konflikte als Chance« endete
im Dezember ein Förderpro-
gramm, mit dem der Marler
Tagschichtarbeitskreis im ver-
gangenen Jahr Jugendlichen
Wissen für Beruf und privates
Leben vermittelte. In zwei
vorherigen Schulungen ging
es zuvor um Karriereplanung
und Rhetorik.
Evonik-Betriebsrat Chris-
tian Bahn hatte die Seminar-
reihe als Sprecher des Tag-
schichtarbeitskreises zusam-
men mit Britta Sorge und
dem Evonik-Betriebsratsvor-
sitzenden Dieter Peters ins Le-
ben gerufen. »Da die demo-
grafische Entwicklung die
gesamte Personalplanung in
unseren Betrieben auf den
Kopf stellen wird, fördern wir
unsere Jugendlichen, indem
wir ihre sozialen Kompeten-
zen stärken«, so Bahn. Die
Reihe wird fortgesetzt: In die-
sem Jahr geht es mit den
Themen Körpersprache und
Schlagfertigkeit weiter.
Digital organisiertGELSENKIRCHEN | Zielgruppenarbeit im Internet
Thomas Gunkel,
Frank Lelke und Tho-
mas Steinberg (von
links) freuen sich als
Vorstandsmitglieder
des Zielgruppen-Aus-
schusses im IG-BCE-
Bezirk Gelsenkirchen
über die verbesserte
Internetpräsenz. Der stellver-
tretende IG-BCE-Bezirksleiter
Thomas Steinberg bringt die
Vorteile der digitalisierten
Zielgruppenorganisation auf
den Punkt: »Die Arbeit und
Organisation unserer be-
zirklichen Zielgruppenarbeit
wird damit erheblich verbes-
sert. Zugleich können Pro-
jekterfahrungen und Wissen
landesweit kommuniziert
und ausgetauscht werden.«
Britta Sorge (Zweite von links) und Christian Bahn (Dritter von links) vom Marler Tagschichtarbeitskreis entwickelten das Förderprogramm.
N A M E N & N A C H R I C H T E N
Weitere Infos im Internet:http://tiny.cc/gajo5
Die IG-BCE-Mitglieder bei den Unternehmen im Chemie-
park Dormagen feierten ihre langjährigen Mitgliedschaften
gemeinsam.
Die Ortsgruppe Setterich-Linnich feierte insgesamt 40 Jubi-
lare. Für 60 Jahre Treue zur Gewerkschaft wurden Herbert
Aulich, Peter Hermanns, Hans Pelzer, Josef Schlösser, Ger-
hard Taube besonders ausgezeichnet.
Ihre langjährigen Mit-
glieder feierte die Orts-
gruppe Rheinhausen/
Bergheim. Seit 75 Jah-
ren ist dort schon Fritz
Agterberg Mitglied.
C h e m i e p a r k D o r m a g e n S e t t e r i c h - L i n n i c h
R h e i n h a u s e n / B e r g h e i m
Die Vertrauensleute
der Metsä Tissue in
Euskirchen-Stotzheim
feierten und ehrten
langjährige Mitglieder
der Gewerkschaft.
M e t s ä T i s s u e
VOR ORT NORDRHEIN>
30 | kompakt | Februar 2011
Einen gut gefüllten
Saal gab es bei der
alljährlichen Jubilar-
feier der Ortsgruppe
Übach-Palenberg.
Erich Barteczko, Willi
Johnen und Erich Mit-
telbach wurden dort
für 60 Jahre Mitgliedschaft in der Gewerkschaft besonders
ausgezeichnet.
Ü b a c h - P a l e n b e r g
Im Rahmen einer musikalischen Zeitreise ehrte der Bezirk
Düsseldorf insgesamt 760 Jubilare. Rudolf Maschke konnte
bei der Feier für seine 75-jährige Mitgliedschaft ausge-
zeichnet werden.
B e z i r k D ü s s e l d o r f
Die Ortsgruppe Tackenberg ehrte Johannes Stuers für
70 Jahre Mitgliedschaft. Seine berufliche Laufbahn begann
er 1940 als Schlosserlehrling auf der Zeche Sterkrade in
Oberhausen.
Ta c k e n b e r g
Die Ortsgruppe Hoen-
gen-Warden ehrte ihre
Jubilare. Josef Krieger
feierte seine 60-jährige
Mitgliedschaft in der
Gewerkschaft.
H o e n g e n - W a r d e n
Die IG BCE ehrte
Jubilare bei der Basell
in Wesseling, darun-
ter Dieter Schaum-
burg für 60-jährige
Mitgliedschaft. Auch
Landesbezirksleiter Reiner Hoffmann gratulierte.
B a s e l l W e s s e l i n g
Die Ortsgruppe Ober-
außem ehrte ihre Jubi-
lare mit einem Fest. Es
bot Anlass, Erinnerun-
gen an alte Zeiten aus-
zutauschen.
O b e r a u ß e m
Die Ortsgruppe Minden ehrte für 60 Jahre Mitgliedschaft
Hans Link, Erich Möller und Wernfried Pahmeyer. Seit
50 Jahren sind dort Alfred Bruns, Horst Cichosz, Werner Hupe
und Karl Heinz Rommelmann organisiert. Ihr 40-jähriges Ju-
biläum feierten Annelore Beyer, Friedhelm Bleeke, Rainer
Gottschalk, Günter Michler, Siegrid Schäfer, Angelika Schakal,
Francessco Vallelonga, Manfred Walter und Peter White.
In der Gladbecker Ortsgruppe Schultendorf/Ellinghorst/
Zweckel feierte Alfred Woelk 70-jähriges Gewerkschaftsju-
biläum. Felix Hutsch, Franz Möllek und Karl Wilke traten
vor 60 Jahren ein. »Goldenes« Jubiläum feierte Manfred
Neumann. Seit 40 Jahren sind Osman Aydeniz, Thomas
Bogdahn, Muhammet Durmus, Peter Eigenwillig, Heinrich
Golik, Gerd Houben, Reinhold Jaginiak, Karlheinz Karkow-
ski, Gerd Krüger, Klaus Lüderitz, Horst Markmann, Norbert
Rohleder, Klaus Schumacher, Heinz Weidenfelder und
Mehmet-Ali Zorlu dabei.
Die Ortsgruppe Recklinghausen-Süd IV feierte Anton
Wiedermerth für 75 Jahre Mitgliedschaft und Bruno Wasser-
berg für 70 Jahre Treue zur Gewerkschaft. Kurt Löscher
beging sein 60-jähriges, Herbert Jastrzembski und Bringfried
Oberfeld sind seit einem halben Jahrhundert organisiert. Vor
40 Jahren traten Ramazan Bayram, Ahmet Isik, Bernhard
Jakubowski, Peter Schöster und Paul Schubert ein.
In der Ortsgruppe Hattingen konnten Werner Dezelski,
Heinrich Honke, Bronislaw Krzesak, Hubert Setnik und
Paul Troll 60-jähriges Jubiläum feiern. Theofil Cebula, An-
ton Kaesbauer, Christel Sach und Fritz Wodrich begingen
ihr 50-Jahre-Jubiläum, Egbert Lindemann sein 40-jähriges.
M i n d e n S c h u l t e n d o r f / E l l i n g h o r s t / Z w e c k e l
R e c k l i n g h a u s e n - S ü d I V
H a t t i n g e n
VOR ORT WESTFALEN>
30 | kompakt | Februar 2011
Auch die Ortsgruppe Marl-Hamm feierte ihre Jubilare des
Jahres 2010. Heinz Wentzkowski steht dort schon seit
60 Jahren treu zur Gewerkschaft. Günther Czlapa und Horst
Schulte sind ein halbes Jahrhundert dabei. Ihr »40-jähriges«
feierten Werner Terliesner, Siegfried Zachan und Edmund
Witzke.
Walter Heidenreich, Johann Hiltenkamp, Hans-Wilhelm
Jansen und Herbert Ploenzig wurden von ihrer Ortsgruppe
Essen-Borbeck für 60-jährige Mitgliedschaft ausgezeichnet.
Ihr »goldenes« Jubiläum begingen dort Lothar Albrecht,
Manfred Biermann, Kurt Jülich, Friedrich Kaiser, Helmut
Mischnik, Wilhelm Seibert und Reinhold Stevens.
M a r l - H a m m E s s e n - B o r b e c k
30 | kompakt | Februar 2011
> EINER VON UNS
Dickkopf aus Überzeugung
THOMAS RETTIG engagiert sich als Arbeitsrichter, früher als ehrenamtlicher Vormund. Er kann richtig stur sein – wenn er sich für etwas einsetzt.
Man muss sich wehren«, ist einer
dieser Sätze, die Thomas Rettig
oft sagt. Das hat der Produk-
tionsmitarbeiter der Salutas Pharma
GmbH und gelernte Kfz-Schlosser
schon zu DDR-Zeiten gemacht und hat-
te deswegen öfter Kontakt mit der Stasi.
Dagegen muss er heute keine Angst
haben, für seine Überzeugungen ein-
zustehen. Deshalb verstehe er auch
nicht, wenn manchmal ein Mitarbeiter
Bedenken äußere, in die Gewerkschaft
einzutreten, sagt er. Er tritt im Betrieb
selbstbewusst für die IG BCE ein.
Rettig hat mehrere Jahre ehrenamtlich
die Gewerkschaftsgruppe geleitet und
sich vor einem Jahr erstmals in den
Betriebsrat wählen lassen. Ein Funktio-
närsamt zu übernehmen, das ist neu für
Thomas Rettig.
BISLANG war er immer als Ehrenamt-
licher unterwegs, hat sich jahrelang als
Vormund eingesetzt für Menschen, die ihr
Leben nicht selbst bestimmen können.
Erschreckende Dinge gab es da, gerade im
Altersheim. Oft musste er als Erstes in die
finanziellen Verhältnisse Ordnung brin-
gen, unsinnige Versicherungen kündigen,
bei den Ämtern stur auf Recht bestehen.
Er hat auch Taschengeld ausgezahlt und
sich immer als Partner gesehen. Das ist
noch so ein Satz, der bei Thomas Rettig
oft fällt: Partner sein. Kommandieren und
bevormunden wollte er auch als ehren-
amtlicher Vormund nicht. In Spitzenzei-
ten hat er 15 Leute betreut. Anfang letzten
Jahres hat er sich dann gemeldet, als die
IG BCE in Magdeburg ehrenamtliche
Richter für das Arbeitsgericht suchte. »Es
ist wichtig, dass da auch Leute sitzen,
die aus Gewerkschaftersicht den Job ma-
chen«, sagt er.
Bei seinem ersten Gerichtstag ging es
sachlich zu, aber er hat die Spannung
zwischen den Kontrahenten gespürt und
gemerkt, wie ausgeliefert sich manche
Mandanten fühlen. Der hauptberufliche
Richter hat Wert gelegt auf das Urteil
seiner beiden ehrenamtlichen Kollegen.
Von denen war vor allem der gesunde
Menschenverstand für die Beurteilung
der Fälle gefragt. Davon besitzt Thomas
Rettig eine gehörige Portion.
Susanne Kettelför
»Ich verstehe nicht die Bedenken mancher
Kollegen, in die Gewerkschaft einzutreten.«
Sie kennen ein IG-BCE-Mitglied mit außer-gewöhnlichem Hobby? Dann schreiben Sie uns: [email protected]
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Bhutanhat gutlachen
<TENDENZEN LEBENSQUALITÄT
Wie ZUFRIEDEN seine Bürger sind, rechnet der kleine Exotenstaat in Südasien seit 1972 in seine Wirtschaftsdaten mit ein. So wird aus dem Bruttosozialprodukt ein Brutto-glücksprodukt.
Wie Wohlstand und Lebensqualität zu-sammenhängen, soll nun auch hierzulande ermittelt werden: Eine Enquête-Kommission des Deutschen Bundestages beschäftigt sich seit Januar damit.
31kompakt | Februar 2011 |
Foto: ●●●
32 | kompakt | Februar 2011
> TENDENZEN LEBENSQUALITÄT
Viel Glück?OB WOHLSTAND ZUFRIEDEN MACHT – diese Frage klärt der Bundestag seit Jahresbeginn in einer Enquête-Kommission. Lebensqualität und Geld gehören ins richtige Verhältnis gesetzt.
G lücklich zu sein«, hat Heinrich
von Kleist in einem seiner Briefe
geschrieben, »ist ja der erste aller
unserer Wünsche, der laut und lebendig
aus jeder Ader und jedem Nerv unseres
Wesens spricht, der uns durch den gan-
zen Lauf unseres Lebens begleitet.«
Glück ist nicht weniger als ein Mensch-
heitstraum. Das Problem ist nur, dass je-
der sein persönliches Glück individuell
definiert. Manch einer empfindet Glück,
wenn er ein schnelles Auto fährt, ein gut
gepolstertes Bankkonto hat, ein eigenes
Haus. Für den anderen ist es der Traum-
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job. Für den Nächsten der Traumpartner.
Ganz viele empfinden ihre Kinder als das
größte Glück der Erde. Wieder andere
sind glücklich, wenn sie allein durch die
Stille des Waldes streifen können.
Tatsache ist: Glück findet statt, wenn
das Gehirn bestimmte Botenstoffe aus-
schüttet, Endorphine und Neurotrans-
mitter, die uns ein Lächeln ins Gesicht
zaubern. Tatsache ist: Körperliche Be-
rührungen beglücken fast jeden, ebenso
Sport oder Arbeit oder auch nur Be-
wegung an der frischen Luft. Keine Tat-
sache, sondern eine These ist, dass Geld
nicht glücklich macht. Aber, sagt der
Volksmund: Es beruhigt.
Interessanterweise steckt hinter et-
lichen Glückssymbolen, die wir vor gut
einem Monat auf Karten mit guten Wün-
schen zum neuen Jahr verschickt haben,
ein Verweis auf materiellen Wohlstand:
Glückspfennig, Hufeisen und Schwein
stehen für Reichtum. Amerikanische For-
scher haben herausgefunden, dass die
Lebenszufriedenheit ihrer Landsleute
in statistischer Beziehung zum wach-
senden Gehalt steigt – bis sie umgerech-
net 60 000 Euro im Jahr verdienen. Wird
33kompakt | Februar 2011 |
es noch mehr, ist nur noch mehr Geld
da, nicht mehr Glück.
SEIT EWIGEN ZEITEN wird die Frage,
wie es einem Staat und seinen Einwoh-
nern geht, fast ausschließlich nach wirt-
schaftlichen Kriterien beantwortet: Man
berechnet das Bruttoinlandsprodukt,
also die Summe aller Waren und Dienst-
leistungen. Dort, wo das Bruttoinlands-
produkt hoch ist, lautet die Schlussfolge-
rung, müssen die Menschen zumindest
in relativem Wohlstand leben, ergo zu-
frieden sein. Oder sogar glücklich.
Diesen Automatismus haben schon
mehrere in Zweifel gezogen, beispiels-
weise 1972 der König von Bhutan. Da-
mals erschien in der Financial Times
ein Artikel, der die wirtschaftliche Ent-
wicklung des buddhistisch geprägten
Landes als zu schleppend kritisierte. Der
König antwortete, die alleinige Betrach-
tung des Wirtschaftswachstums greife zu
kurz. Man müsse auch Kultur und Re-
ligion einbeziehen, Humanismus und
soziale Ausgewogenheit. Bhutan setzte
eine Staatskommission für das »Brutto-
nationalglück« ein. Seitdem ist dieser
Begriff oder das »Bruttoglücksprodukt«
in der Diskussion – anstelle des Brutto-
sozial- oder Bruttoinlandsprodukts.
Mittlerweile ist dieser Ansatz, Wohl-
stand und Lebenszufriedenheit einer
Gesellschaft ganzheitlich zu betrachten,
auch in Deutschland angekommen, be-
fördert von Ökonomen, Psychologen,
Sozialwissenschaftlern und nicht zuletzt
Gewerkschaftern. Bereits 2009 hatte die
IG BCE gefordert, einen »Rat für verant-
wortliches Handeln in der sozialen
Marktwirtschaft« einzurichten. Ende
2010 wurde in Berlin eine Enquête-
Kommission des Bundestags zu den
Themen »Wachstum, Wohlstand, Le-
bensqualität« eingesetzt. Das Wort Glück
war den fraktionsübergreifenden An-
tragstellern wohl eine Nummer zu groß.
Aber Lebensqualität ist ja auch schon
mal eine Größe.
Die Enquête-Kommission wird sich
mit zahlreichen Fragen auseinanderset-
zen: Welches Wachstum wollen wir?
Was bringt mehr Lebensqualität? Wie
organisieren wir eine breitere Teil-
habe am Fortschritt? Was macht Wohl-
stand und Lebensqualität eigentlich
aus und wie ermitteln und messen wir
dies?
Die Leipziger SPD-Abgeordnete Da-
niela Kolbe ist Vorsitzende der Kommis-
sion, die aus 17 Parlamentariern und
17 externen Sachverständigen besteht.
Die CDU/CSU-Fraktion stellt sechs poli-
tische Vertreter sowie sechs Experten, die
SPD je vier, die FDP je drei, Grüne und
Linke je zwei. Ein Experte ist etwa Diet-
mar Hexel vom DGB-Bundesvorstand.
Auch wenn Ergebnisse wohl auf sich
warten lassen werden, kann bereits die
Debatte – sofern ernsthaft und sachori-
entiert geführt – Einfluss nehmen auf
die Kultur unseres Landes. Anderswo, in
England oder Frankreich beispielsweise,
laufen solche Debatten längst. Die USA
etwa haben das »Streben nach Glück«
schon in ihrer Unabhängigkeitserklä-
rung von 1776 verankert.
LEBENSQUALITÄT und Glück – wo
liegt der Unterschied dazwischen? Das
Deutsche Institut für Wirtschaftsfor-
schung hat eine Studie zur Lebenszufrie-
denheit von Zehntausenden Bundesbür-
gern erstellt: Eine stabile Partnerschaft
macht glücklich. Anderen Menschen zu
helfen macht glücklich. Freunde zu ha-
ben, Freund zu sein macht glücklich. Al-
les Dinge, die man nicht kaufen kann.
Der ehemalige Porsche-Chef Wende-
lin Wiedeking hat mal gesagt, die Höhe
seines Gehalts würde die Nation nicht
verkraften. Müssen wir uns Wiedeking
als glücklichen Menschen vorstellen?
Nein. Wir müssen ihn uns als reichen
Menschen vorstellen. Probleme hat er
trotzdem, wie jeder andere auch.
Bert Strebe
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Viel zu tun: die Enquête-Kommission des Bundestages bei ihrer konstituierenden Sitzung.
Lässt sich ein »Bruttonationalglück«
berechnen – und wenn ja, wie?
34 | kompakt | Februar 2011
> TENDENZEN ARBEITSSCHUTZ
»Entscheidend ist die Schutzausrüstung«
DIOXIN IM TIERFUTTER hat viele Menschen verunsichert. kompakt hat einen Arbeitsschutzfachmann gefragt, wie mit dem Stoff in der Industrie umgegangen wird.
Hat der Dioxin-Skandal um verseuchtes Tierfutter Sie überrascht?Nein! Ich habe mich aber zum wieder-
holten Male selber ermahnt, mir den
Widerspruch zu verdeutlichen, dass
sogenannte Qualitätslebensmittel nicht
ohne Einbußen bei Tierhaltung und
Tierfutter zu Dauertiefstpreisen ange-
boten werden können.
Was genau macht Dioxin denn überhaupt gefährlich?Genau genommen gibt es das Dioxin
gar nicht. Es handelt sich vielmehr um
ein Gruppe chemisch mehr oder weni-
ger verwandter Stoffe. Der bekanntes-
tete Vertreter, das 2,3,7,8-TCDD oder
»Seveso-Dioxin«, wirkt beim besonders
empfindlichen Meerschweinchen be-
reits tödlich, wenn es ein Millionstel
Gramm verschluckt. Viele Dioxine sind
schwer abbaubar. Daher können sie
über die Nahrungskette angereichert
und lange im Körperfett gespeichert
werden.
Auch bei chemischen Produktions-verfahren mit Chlor kann Dioxin ent-stehen. Wo genau ist das der Fall?In der Vergangenheit wurde Dioxin bei
der Synthese bestimmter technischer
Produkte freigesetzt, wie zum Beispiel
bei PCB-haltigen Kühlölen, Holzschutz-
mitteln auf PCP-Basis oder dem Pflan-
zenschutzmittel 2,4,5-T. Heute sind viele
dieser Stoffe nicht mehr zugelassen und
die Chlorchemie ist durch Änderung
von Produktionsverfahren und Synthese-
wegen kaum noch betroffen.
Was müssen Mitarbeiter in Verbrennungsanlagen beim Umgang mit Dioxin beachten?Im Normalbetrieb ist nicht mit erhöhten
Belastungen zu rechnen. Anders sieht es
aus, wenn die Anlagen für Wartungs-,
Kontroll-, Reinigungs- oder Reparaturar-
beiten geöffnet werden und das Stamm-
personal oder Mitarbeiter von Fremd-
firmen in sonst geschlossene Anlagen
vordringen. Dabei können in Sonder-
müllverbrennungsanlagen deutlich hö-
here Dioxin-Konzentrationen auftreten
als in Verwertungsanlagen für den kom-
munalen Hausmüll.
Was wird für den Schutz der Arbeitnehmer in solchen Bereichen getan?In der Technischen Regel für Gefahr-
stoffe TRGS 557 und der Berufsgenos-
senschaftlichen Information BGI 722
sind maßgeschneiderte Schutzmaßnah-
men in Abhängigkeit von der Tätigkeit
und der erwarteten Konzentration be-
schrieben. Ich kann nur dringend emp-
fehlen, diese auch einzuhalten.
Und ist das ausreichend?Entscheidend sind Bereitstellung und
richtige Benutzung der persönlichen
Schutzausrüstung, auf die bei den ge-
nannten Reparatur- und Wartungsarbei-
ten nicht verzichtet werden kann. Nur
wenn die erforderlichen technischen
und persönlichen Maßnahmen optimal
aufeinander abgestimmt werden, sind
die Beschäftigten wirksam geschützt.
Angemessene Schulung und Ausstat-
tung, gerade auch für Fremdfirmen-
Mitarbeiter, ist unerlässlich.
Interview: Alexander Nortrup
ZUR PERSON
Helmut Blome (62) leitet das Institut für Arbeits-schutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallver-sicherung. Der promo-vierte Chemiker ist seit 2004 Honorarprofessor für Gefahrstoffrecht und Sicherheitstechnik an der Fachhochschule Bonn-Rhein-Sieg.
Auch bei Kokereien – hier Prosper in Bottrop – muss auf Dioxin geachtet werden.
Foto
: RA
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35kompakt | Februar 2011 |
Abgesichert beiArbeitslosigkeit
WENN FRAUEN mit Zwillingen schwanger sind oder spät Kinder bekommen, dürfen sie häufi g nicht mehr arbeiten. Was gilt aber, wenn sie ohnehin arbeitslos sind?
Kein Lohn, kein Krankengeld, kein
Arbeitslosengeld. So kann es ar-
beitslosen schwangeren Frauen
ergehen, die aus gesundheitlichen
Gründen schon weit vor Beginn der re-
gulären Mutterschutzfrist (sechs Wo-
chen vor der Entbindung) einem
Beschäftigungsverbot unterliegen. Meh-
rere Landessozialgerichte sehen darin
eine verfassungswidrige Lücke im Ge-
setz und sprachen den betroffenen
jungen Frauen deshalb Arbeitslosenun-
terstützung zu – obwohl sie dem Ar-
beitsmarkt gar nicht zur Verfügung
stehen.
DER FALL, den zuletzt das Landes-
sozialgericht Baden-Württemberg ent-
schieden hat, verdeutlicht das Problem:
Seit 2004 war eine 1976 geborene
Frau immer wieder neu befristet be-
schäftigt. Die letzte Befristung endete am
31. Mai 2008. Im Januar 2008 wurde bei
ihr eine Zwillingsschwangerschaft fest-
gestellt. Ihr Frauenarzt sprach darauf im
März ein absolutes Beschäftigungsver-
bot aus, weil Anzeichen (»Ziehen im
Bauch«) auf die Gefahr einer Frühgeburt
hindeuteten. Bis ihr befristetes Arbeits-
verhältnis Ende Mai endete, zahlte ihr
Arbeitgeber den Lohn zwar fort; doch
danach gab es für die angehende Mutter
weder Lohn noch Krankengeld.
Geld von der Krankenkasse stand ihr
nicht zu, da ihre Arbeitsunfähigkeit nicht
auf einer Krankheit beruhte, sondern
allein auf einem zu ihrem gesundheit-
lichen Schutz angeordnetem Beschäf-
tigungsverbot nach dem Mutterschutz-
gesetz. Also beantragte sie zum 1. Juni
2008 Arbeitslosengeld. Das lehnte die
Bundesagentur für Arbeit ab, weil die
Schwangere – wegen des Beschäftigungs-
verbots – der Arbeitsvermittlung nicht
zur Verfügung stehe.
DAGEGEN KLAGTE SIE. Wie zuvor
schon das Sozial-, hat auch das Landes-
sozialgericht ihr Recht gegeben. Zwar
sei sie wegen des Arbeitsverbotes
nicht »verfügbar« gewesen; die Richter
sahen aber eine planwidrige Lücke im
Gesetz. Es sei mit dem Grundgesetz
nicht vereinbar, wenn Schwangere, die
arbeitslos werden und einem generel-
len Beschäftigungsverbot unterliegen,
schlechter behandelt werden als wer-
dende Mütter, die in Lohn und Brot
stehen und deshalb Anspruch auf
Lohnfortzahlung haben (Az.: L 13 AL
4524/09). Ähnlich haben in vergleich-
baren Fällen auch die Landessozialge-
richte in Hessen (Az.: L 9 AL 35/04) und
Niedersachsen-Bremen (Az.: L 11 AL
149/07) geurteilt. Wegen der grundsätz-
lichen Bedeutung wird aber noch das
Bundessozialgericht im Revisionsver-
fahren entscheiden müssen.
Bis dahin hat das Bundesarbeitsminis-
terium die Bundesagentur für Arbeit
»gebeten«, in Fällen eines absoluten
Beschäftigungsverbotes »vorläufig« Ar-
beitslosengeld an die betroffenen Frauen
zu zahlen. Allerdings hätte die Bundes-
regierung die Lücke mittlerweile längst
durch eine Gesetzesänderung schließen
können. Hans Nakielski
Genauso schutzbedürftig: Schwangere Arbeitslose sind künftig ebenso abgesichert wie berufstätige werdende Mütter.
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>RATGEBER SCHWANGERSCHAFT
36 | kompakt | Februar 2011
> TIPPS GESETZESÄNDERUNGEN
Neu ab2011 LOHNSTEUERKARTE: Die Finanzämter
stellen die Steuererhebung schrittweise
auf das elektronische Lohnsteuer-Ab-
zugsmerkmale-Verfahren (Elstram) um.
Arbeitnehmer erhalten deshalb für 2011
erstmals seit fast 90 Jahren keine Papp-
Lohnsteuerkarte mehr. Übergangsweise
bleibt die gelbe Karte des Jahres 2010
gültig. Jetzt sind allein die Finanzämter
– und nicht mehr die Gemeinden – An-
sprechpartner für Auskünfte und Ände-
rungen zu gespeicherten Steuerdaten,
wie etwa Steuerklassen oder Freibeträge.
An die Finanzämter müssen sich auch
diejenigen wenden, die 2011 erstmals
eine Lohnsteuerkarte benötigen. Ledige,
die 2011 erstmals ein Ausbildungsver-
hältnis beginnen, brauchen allerdings
keine Lohnsteuerkarte. Sie müssen ih-
rem Arbeitgeber lediglich die Steuer-
Identifikationsnummer, das Geburts-
datum und die Konfessionszugehörigkeit
mitteilen und schriftlich bestätigen, dass
es sich um ihr erstes Dienstverhältnis
handelt.
ARBEITSZIMMER: Für ein häus-
liches Arbeitszimmer können wieder
1250 Euro bei der Steuererklärung gel-
tend gemacht werden – allerdings nur,
»wenn für die betriebliche oder beruf-
liche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz
zur Verfügung steht«. Dies gilt auch,
wenn das häusliche Arbeitszimmer
»nicht der Mittelpunkt der beruflichen
oder betrieblichen Betätigung ist«. Das
kann zum Beispiel für Handelsvertreter,
Außendienstmitarbeiter oder Lehrer
zutreffen, denen in der Firma oder in
der Schule kein Arbeitsplatz zur Verfü-
gung steht. Diese Regelung gilt rückwir-
kend ab 2007, sofern der Steuerbe-
scheid für die vergangenen Jahre noch
offen ist. Damals wurde die steuerliche
Absetzbarkeit eines häuslichen Arbeits-
zimmers erheblich eingeschränkt. Das
Bundesverfassungsgericht hatte dies
gerügt.
Durch neue Gesetze und Verordnungen änderte sich für Arbeitnehmer zum Jahreswechsel vieles.
kompakt erläutert in der Januar- und Februar-Ausgabe die wichtigsten Neue-rungen. Hier geht es um Änderungen, die seit Anfang 2011 bei Steuern, Rente, Wohn- und Elterngeld und Hartz IV gelten.
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37kompakt | Februar 2011 |
TIPP: Wer keinen eigenen Arbeitsplatz im
Betrieb hat und betriebliche Tätigkeiten zu
Hause erledigen muss, sollte sich vom Chef
eine Bescheinigung darüber ausstellen lassen
und diese beim Finanzamt vorlegen.
GLEICHGESCHLECHTLICHE LEBENS-PARTNER: Wer mit einem gleichge-
schlechtlichen Partner in einer eingetra-
genen Lebenspartnerschaft lebt, ist nun
auch beim Erbschafts- und Schenkungs-
steuerrecht einem Ehepartner vollstän-
dig gleichgestellt. Ihm stehen somit bei
Erbschaften und Schenkungen die glei-
chen Freibeträge und Steuersätze zu.
Auch bei der Grunderwerbssteuer erfolgt
eine Gleichstellung.
HAUSHALTSNAHE DIENSTLEISTUN-GEN: Wenn eine haushaltsnahe Dienst-
oder Handwerkerleistung (zum Beispiel
der altersgerechte Umbau der Wohnung)
bereits öffentlich – etwa über ein Pro-
gramm der Kreditanstalt für Wiederauf-
bau (KfW) – gefördert wird, kann diese
Leistung nicht mehr bei der Steuer gel-
tend gemacht werden. Dies gilt erstmals
für Leistungen, die im Jahr 2011 erbracht
werden. So soll eine Doppelförderung
ausgeschlossen werden.
DOPPELTE HAUSHALTSFÜHRUNG: Diese wird nun auch dann anerkannt,
wenn der Steuerpflichtige seinen Le-
bensmittelpunkt – etwa weil er heiratet –
vom Beschäftigungsort wegverlegt, aber
dort, wo er arbeitet, einen Zweitwohnsitz
behält. Die Voraussetzung dafür ist aller-
dings, dass zu diesem Zeitpunkt weder
ein Rückumzug an den Beschäftigungs-
ort geplant ist noch feststeht.
EHRENAMTLICHE BETREUER: Ehren-
amtliche rechtliche Betreuer und Vor-
münder können jetzt Aufwandspau-
schalen bis zu 2100 Euro pro Jahr
steuerfrei in Anspruch nehmen. Bisher
waren es maximal 500 Euro.
SACHBEZUGSWERTE: Wenn Arbeit-
nehmern im Betrieb unentgeltliche oder
verbilligte Mahlzeiten angeboten wer-
den, sind diese lohnsteuerpflichtig und
es müssen dafür auch Sozialabgaben ge-
zahlt werden. Der geldwerte Vorteil er-
mittelt sich aus dem sogenannten Sach-
bezugswert.
Dieser liegt 2011 bei
> 1,57 Euro für ein Frühstück
(wie 2010),
> 2,83 Euro für ein Mittag- oder
Abendessen (2010: 2,80 Euro),
> 217 Euro/Monat für kostenlose
Verpflegung (2010: 215 Euro).
> Der Sachbezugswert für eine kosten-
lose Unterkunft liegt in diesem Jahr
bei 206 Euro pro Monat.
ALTERSVORSORGE: Aufwendungen für
die gesetzliche Rente, berufsständische
Versorgungswerke und sogenannte Ba-
sis- oder Rürup-Renten können 2011 zu
72 Prozent (2010: 70 Prozent) von der
Steuer abgesetzt werden, maximal je-
doch bis zu einem Betrag von 14 400
Euro für Alleinstehende und 28 800 Euro
für Verheiratete. Bis 2025 steigt der ab-
setzbare Vorsorgeanteil schrittweise auf
100 Prozent (maximal 20 000 bezie-
hungsweise 40 000 Euro).
NEURENTNER: Im Gegenzug müssen
Neurentner einen zunehmenden Anteil
ihrer gesetzlichen, berufsständischen
und Rürup-Renten versteuern. 2011
sind es 62 Prozent (2010: 60 Prozent).
Alleinstehende Neurentner, die gesetz-
lich krankenversichert sind, mit einer
gesetzlichen Rente unter 1425 Euro im
Monat werden aber keine Steuern zahlen
müssen – sofern sie keine zusätzlichen
Einkünfte haben.
WERBEKOSTENPAUSCHALE: Diese
Pauschale für Arbeitnehmer wird von
920 auf 1000 Euro pro Jahr erhöht. Dies
soll allerdings erst mit der Gehaltsab-
rechnung vom Dezember 2011 wirksam
werden – und damit zur Erhöhung des
Dezember-Nettoeinkommens um maxi-
mal 36 Euro führen.
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38 | kompakt | Februar 2011
Der erst im Herbst 2008 eingeführte Heizkostenzuschuss für
Wohngeldempfänger wird wieder gestrichen. Damit verrin-
gert sich der Leistungsanspruch für die über 800 000 Wohn-
geldempfänger. Bisher wurden bei der Berechnung des
Wohngelds zwischen 24 Euro (Ein-Personen-Haushalt) und
49 Euro (Fünf-Personen-Haushalt) auf die teilweise erstattete
Kaltmiete aufgeschlagen. Wohngeldansprüche, die schon
2010 bestanden, bleiben allerdings noch für den Zeitraum
gültig, für den sie bewilligt wurden.
Als Konsequenz des Bundesverfassungsgerichtsurteils vom
Februar 2010 will die Bundesregierung Hartz IV um ganze
fünf Euro erhöhen. Doch darüber wurde bei Redaktions-
schluss noch gestritten. Bereits in Kraft sind dagegen die fol-
genden Änderungen, die vielen bedürftigen Haushalte ab Ja-
nuar erhebliche Einbußen bringen werden. Übergangsregeln
gibt es dabei nicht.
TIPPS GESETZESÄNDERUNGEN
Die meisten Rentner bekommen ab 2011 weniger ausgezahlt. Ausschlaggebend dafür ist der gestiegene Beitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung. Die Ruheständler selbst müssen dafür jetzt 8,2 (statt vorher 7,9) Prozent ihrer Rente aufbringen.
2010 (monatlich) 2011 (monatlich) 2010 (jährlich) 2011 (jährlich)
Allgemeine Rentenversicherung
– Beitragsbemessungsgrenze (West) 5500 € 5500 € 66 000 € 66 000 €
– Beitragsbemessungsgrenze (Ost) 4650 € 4800 € 55 800 € 57 600 €
Knappschaftliche Rentenversicherung
– Beitragsbemessungsgrenze (West) 6800 € 6750 € 81 600 € 81 000 €
– Beitragsbemessungsgrenze (Ost) 5700 € 5900 € 68 400 € 70 800 €
Änderungen bei der Rentenversicherung
Änderungen beim ElterngeldÄnderungen beim Wohngeld
Hier ändern sich lediglich die Verdienst-
grenzen, bis zu denen Beiträge in die
Rentenkasse gezahlt werden müssen. In
der allgemeinen Rentenversicherung
steigt diese Beitragsbemessungsgrenze
in Ostdeutschland um 150 Euro im
Monat, während sie im Westen unver-
ändert bleibt. In der knappschaftlichen
Rentenversicherung erhöht sich die
Grenze im Osten auf 5900 Euro, im
Westen sinkt sie auf 6750 Euro (siehe
Tabelle).
REDUZIERTER SATZ: Mütter und Väter mit einem vorherigen
monatlichen Nettoeinkommen von mehr als 1240 Euro be-
kommen ab 2011 statt 67 nur noch 65 Prozent als Elterngeld
ausgezahlt. Die Höchstsumme beträgt weiterhin 1800 Euro.
WEGFALL FÜR SPITZENVERDIENER: Elternpaare, die vor
der Geburt ihres Kin-
des mehr als 500 000
Euro im Jahr ver-
dient haben, bekom-
men nun kein El-
terngeld mehr. Bei
Alleinerziehenden
liegt die Grenze bei
250 000 Euro. Foto
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Weitere wichtige Werte der Rentenversicherung in 2011
Beitrag allgemeine Rentenversicherung 19,9 % (davon Arbeitnehmeranteil: 9,95 %)
Beitrag knappschaftliche Rentenversicherung 26,4 % (davon Arbeitnehmeranteil: 9,95 %)
Durchschnittsentgelt aller Versicherten (vorläufi g) 2522 €
Aktueller Rentenwert* West (vorläufi g) 27,20 €
Aktueller Rentenwert* Ost (vorläufi g) 24,13 €
*entspricht der monatlichen Rente eines Durchschnittsverdieners nach einem Jahr Beitragszahlung
39kompakt | Februar 2011 |
STREICHUNG DES ELTERNGELDES: Wie gewonnen, so zerronnen, das gilt
künftig für Familien mit Hartz IV, Kin-
derzuschlag oder Sozialhilfe, die Eltern-
geld erhalten. Die Elterngeldstellen
überweisen ihnen zwar 300 Euro Eltern-
geld – dafür wird ihnen jedoch die
Grundsicherungsleistung um (fast) 300
Euro gekürzt. Bislang durften sie das El-
terngeld voll behalten. Jetzt bleibt ihnen
davon meist lediglich eine Pauschale für
Versicherungen von 30 Euro. Diese wird
generell Empfängern von Hartz IV oder
Kinderzuschlag mit zusätzlichen Ein-
kommen gewährt. Etwa 130 000 bedürf-
tige Familien werden dadurch kaum
noch etwas vom Elterngeld haben.
STREICHUNG DES BEFRISTETEN ZU-SCHLAGS: 165 000 Hartz-IV-Haushalte
erhielten Ende 2010 noch den sogenann-
ten befristeten Zuschlag. Dieser wird an
viele gezahlt, die aus der Versicherungs-
leistung Arbeitslosengeld I in Hartz IV
»abgerutscht« sind. Der auf maximal
zwei Jahre befristete Zuschlag sollte bis-
lang dafür sorgen, dass der Absturz vom
ALG I ins ALG II abgefedert wurde. Er lag
bislang für Alleinstehende maximal bei
160 Euro pro Monat. Für Paare betrug er
höchstens 320 Euro, pro Kind kamen
nochmals bis zu 60 Euro hinzu. Bei einer
alleinstehenden Mutter mit zwei Kindern,
die bis zum ALG-II-Bezug das reguläre Ar-
beitslosengeld I erhalten hatte, waren es
also bis zu 280 Euro im Monat. Dieser
Zuschlag fällt ab Januar 2011 ersatzlos
weg – auch für »Altfälle«, die ihn bereits
Ende 2010 erhalten haben.
STREICHUNG DER RENTENVER-SICHERUNGSBEITRÄGE: Für Bezieher
von ALG II führten die Hartz-IV-Träger
bislang Rentenversicherungsbeiträge ab.
Auf Basis eines fiktiven Verdienstes von
205 Euro pro Monat waren sie in der ge-
setzlichen Rentenkasse pflichtversichert.
Das brachte ihnen zwar bei einem Jahr
ALG-II-Bezug nur ein Rentenplus von
2,09 Euro pro Monat; doch immerhin
konnten sie so auch Ansprüche auf Er-
werbsminderungsrenten und Reha-Leis-
tungen erwerben.
Änderungen bei Hartz IV und beim Kinderzuschlag
ELTERNGELD RETTENIn manchen Fällen können Familien, die Hartz IV, Kinderzuschlag oder Sozialhilfe erhalten, die Kürzung der Grundsicherungsleistung verhindern. Diese Möglichkeit besteht, wenn das Elterngeld ganz oder teilweise ein vorher bezogenes Erwerbsein-kommen ersetzt.
BEISPIEL: Hatten die Eltern vor dem Bezug von Elterngeld einen Minijob, in dem sie monatlich im Schnitt 240 Euro verdienten, erhalten sie den Mindestbetrag von 300 Euro pro Monat. In diesem Fall bleibt zwar nicht der volle Betrag von 300 Euro beim Arbeitslosengeld (ALG) II oder Kinderzuschlag anrechnungsfrei, wohl aber 240 Euro.
Wenn aus Ihrem Elterngeldbescheid bislang nicht hervorgeht, dass bei der Berech-nung Ihres Elterngelds ein Monatseinkommen von 240 Euro berücksichtigt wurde, sollten Sie nun umgehend bei der Elterngeldstelle vorsprechen und dabei die Unter-lagen über Ihr Erwerbseinkommen vor der Geburt Ihres Kindes mitnehmen. Die Stelle wird dann Ihren »Elterngeldfreibetrag« feststellen. Den Bescheid hierüber müssen Sie beim Hartz-IV-Träger oder der Familienkasse der Arbeitsagentur vorlegen. Die genannten 240 Euro dürfen Sie dann zusätzlich zum ALG II oder Kinderzuschlag behalten.
Grundlage hierfür ist der neue Paragraf 10 Absatz 5 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes, nach dem bei der Berechnung des ALG II und des Kinderzuschlags vom »durchschnittlich erzielten Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt bis zu 300 Euro im Monat als Einkommen unberücksichtigt« bleiben.
Nichts zu unternehmen brauchen diejenigen, die bislang schon mehr als 300 Euro Elterngeld im Monat erhalten haben. Denn in diesen Fällen ist klar: Das Elterngeld ist Ersatz für einen vorher bezogenen Lohn. Wer 700 Euro Elterngeld erhält, dessen ALG II wird also – wie bisher schon – »nur« um 400 Euro gekürzt.
Ab Anfang 2011 wurde die Rentenzah-
lung für Empfänger von ALG II ersatzlos
gestrichen. Zeiten des ALG-II-Bezugs gel-
ten dann für die gesetzliche Altersrente
nur noch als Anrechnungszeiten ohne
Wert. Wenigstens bleiben so Ansprüche
auf mögliche Erwerbsminderungsrenten
und Reha-Leistungen, die bislang erwor-
ben wurden, erhalten. Neu erworben
werden können solche Ansprüche durch
den Bezug von Hartz IV aber nicht mehr.
Auch künftig haben ALG-II-Bezieher
aber einen Anspruch auf die Riester-För-
derung, obwohl sie nicht mehr zu den
Pflichtversicherten in der gesetzlichen
Rentenversicherung gehören. Dafür
sorgt eine Änderung im Jahressteuerge-
setz. Hans Nakielski
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| kompakt | Februar 201140
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versöhn-licherwerden,nachgeben
besterWegverlaufim Motor-sport
Schiffs-verband
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StrominPakistan
englischeBejahungRomanvon Kipling
Frosch-lurch mitgefleckterUnterseite
Blas-instrument
Materie-teilchen
deutscherFernseh-star(Manfred)
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Kosten-aufteilung
Abkür-zung für:betreffendnicht sauer
Fischfang-gerät
frz. FlussKünstler-paar
Mittel-punkt
Zins-vergütungugs.: sehrschnell
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kalteGemüse-speise mitDressing
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ich (latein.)morali-sche Ge-sinnung
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Brannt-wein ausRosinen
Anrede-fürwort
Pastoren-gewand
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erschöpft,schlaf-bedürftig
US-Staat
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Bewohnerder grie-chischenHauptstadt
verordne-tes Medi-kament
Staat inWestafrikaStadt amRegen
spärlich,dürftig,ärmlichNachlass
1. FrauJakobs
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Streit,Aus-einander-setzung
ebenfalls,genausoNordost-europäer
Fabrik-schorn-stein
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TeildesDramasFaultier
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Verkehrs-weg
schweiz.Hauptstadtvom Tau-send (Abk.)
nordischeHirschartAutokz.von Bonn
MannschaftGeltung,Bedeu-tung
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negativeMit-teilung
nichtflüssigoder gas-förmig
betrüge-rischesHandeln
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41kompakt | Februar 2011 |
GLÜCK & GLOSSE
>
Im Preisrätsel wird in diesem Monat ein Be-griff gesucht, der ein Streitgespräch zwischen mehreren Personen umschreibt. Bitte die Lösung auf eine Postkarte schreiben und einsenden an: kompakt-Redaktion, Postfach 39 45 30039 Hannover oder per Mail an: [email protected] — bitte die Adresse mit angeben. Einsendeschluss ist der 16. Februar 2011 (Datum des Poststempels ist maßgebend). Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.
Die Gewinner
Preisrätsel
BEI DER VERLOSUNG DER PREISE unter den Ein-sendern richtiger Lösungen fi elen die zehn Haupt-gewinne – je ein Blu-ray-Disc-Player – an: Erwin Schott, Heidesheim; Norbert Hess, Ludwigshafen; Matthias Grothe, Celle; Dieter Böhm, Dresden; Rainer Jürgens, Hamburg; Jürgen Zimmermann, Duis-burg; Helga Graef, Kirchenlamitz; Jörg Konetzky, Premnitz; Roland Plischke, Frankfurt; Bodo Fischer, Marburg.
JE EIN BÜGELEISEN VON ROWENTA erhalten: Gerhard Bostel, Walsrode; Reiner Lange, Küps; Hans-Peter Musielak, Dortmund; Udo Hoffmann, Leverkusen; Ulrich Selle, Stockstadt; Gerhard Kaul, Berlin; Wilfried Händel, Altenburg; Karin Stark, Selb; Walter Kockott, Bad Harzburg; Holger Schmidt, Crailsheim; Reinhard Müller, Düsseldorf; Dietmar Werner, Recklinghausen; Michael Erhardt, Ludwigs-hafen; Isabelle Kutschbach, Weimar; Herbert Tomat, Potsdam; Monika Enders, München; Günter Napp, Bremen; Dieter Brauers, Aachen; Doris Becker, Essen; Christa Urban, Mannheim; Joachim Martens, Uetersen; Klaus Schürer, Leipzig; Kurt Alpaslan, Karlsruhe; Thomas Thielker, Nienburg; Andreas Hinz, Penzberg; Herbert Rutkowski, Augsburg; Tobias Marx, Darmstadt; Holger Hochbein, Herne; Peter Honisch, Tostedt; Detlef Klimek, Wesel; Josef Hausmann, Altendorf; Pia Schüler, Karlsruhe; Christian Knoop, Schnakenbek; Norbert Ernst, Weinheim; Wolfgang Wenzel, Bonn; Gregor Jansen, Münster; Marco Schmidt, Melsungen; Almut Schüle, Erbach; Roland Amm, Neustadt; Brigitte Diedrich, Kühlungsborn.
Cartoon
@La
ppan
-Ver
lag,
Ger
hard
Glü
ck
F leischessen ist nicht schön. Je-
denfalls von außen. Der öffent-
liche Verzehr einer Bratwurst im-
pliziert immer den Verlust menschlicher
Würde. Viele Frauen denken an Schei-
dung, wenn ihr Gatte unter Ausstoß
genitalreferenzieller Fluchwörter ver-
sucht, den vom Deutschen Wurstinge-
nieurswesen entwickelten Wursttrans-
fer-Pappstreifen vom Papp-Mutterschiff
zu trennen. Die Theorie sieht Folgen-
des vor: Fixieren Sie mit der ersten
Hand die Wurst und mit der zweiten
Hand die Wurstunterlage und reißen
Sie dann mit der dritten Hand den
Streifen ab. Sie haben keine dritte
Hand zur Hand? Ja, da weist das
Konzept noch Schwächen auf.
Fleischesser sind die neuen Raucher:
Ausgestoßene einer Gesellschaft, die
sich plötzlich daran erinnert, dass
Tiere nicht zerteilt und frittiert auf die
Welt kommen. Und dass eine Pizza
mit Speckstreifen und Fleischklopsen
obendrauf keine »leichte mediterrane
Küche« ist. Die Deutschen geben im
Schnitt 0,000000096 Prozent ihres Net-
togehalts für gesunde Ernährung aus.
Das heißt umgerechnet: Sie kaufen
sich alle 36 Jahre einen Apfel. Für
das restliche Geld kaufen sie sich Grill-
gut-Brenneisen mit auswechselbaren
Metallbuchstaben, mit denen sie »Die
Kuh macht Muh – jetzt gibt sie Ruh«
auf ihr Fleisch schreiben oder »Ohne
Fleisch kein Preisch« oder »Dieses
Steak und alles links von hier gehört
I. Grimm«.
Diego Maradona ist neulich ins
Krankenhaus eingeliefert worden. Of-
fizielle Diagnose: »Überdosis Steak.«
»Diego, Sie müssen mehr Gemüse es-
sen«, sagte der Arzt. »Tu ich doch!«,
sagte Maradona. »Nein«, sagte der
Arzt. »Hühnchen gilt nicht.«
Imre Grimm
GRIMMS MÄRCHEN
R A U W E T S G LE R G E B N I S O E L K A N N E
V I Z E A I R P O R T A S I E NS T R A H L E R H A L T E T A
T U N O F E T A A S TB R I E F P R O F I M E T E O RI O C B L O C K T U P F E N I
G E R A P A A R L E H M F AG A U L A O S
V E R S Z O L LG N U N E S T I N
H R O G E IR E E T O S O G
P E G E L A L G EA V E U P U D E R
U L M E G S IL E D I G A U H P E F T A
L E H R E N I M K E R E IT A R A E D I T O R I A L L K W
G E N A U F E R N E S T D AW A P D E Z E N T N O A H D N
S T O E R E R E B E R E L O KS I E L H E I N E A S K E S E
B I L D N E R A G E N U E G E N
Lösung Januar 2011: FORTSCHRITTSWILLE
Die Metzgersgattin bürgt auch im neuen Jahr für Qualität.
42 | kompakt | Februar 2011
> MEIN ARBEITSPLATZ
Kristallklare Angelegenheit»Dass ich Glasmacher werden woll-
te, daran ist eigentlich mein Opa
schuld. Der hat nämlich als Frem-
denführer in einer Glashütte gearbeitet.
Mit acht Jahren war ich mal mit dabei,
durfte zuschauen und auch einiges selbst
probieren. Das hat mich so fasziniert,
dass ich den Beruf dann auch erlernen
wollte. Am schönsten finde ich Kelchglä-
ser. Wenn ich in einem Restaurant bin,
dann schaue ich mir oft die Gläser an,
ob Fehler drin sind. Schlechte Gläser
erkenne ich sofort. Aber wir stellen
nicht nur Trinkgläser her, sondern auch
Gartendekorationen oder kleine Figuren.
Glas ist ein vielseitiger Werkstoff, das
gefällt mir. Nur das frühe Aufstehen um
fünf Uhr, das gefällt mir nicht so gut.
Wenn wir morgens mit der Arbeit begin-
nen, hat der Schmelzer über Nacht be-
reits Quarzsand, Kalk und Soda im Ofen
gemischt und eingeschmolzen.
Dann sticht man mit der langen Glas-
macherpfeife in den Ofen rein und holt
die Glasmasse heraus. Man formt sie
grob, dann kommt sie in
eine hölzerne Form. Nun
muss man mit viel Ge-
fühl in die Pfeife blasen.
Dieser Arbeitsschritt ge-
fällt mir am besten. Gleich-
zeitig ist der aber auch der schwierigste,
denn man muss genau im Gefühl haben,
wie stark man bläst und wie lang das Glas
in der Form bleibt. Aber wenn sich die
Form dann öffnet und du siehst, das Glas
ist schön geworden, dann ist das einfach
ein gutes Gefühl. Danach wird die Kappe
abgeschlagen und der obere Rand noch-
mal angewärmt, damit man ihn gerade
abschneiden und glätten kann. Danach
kühlt das Glas auf einer speziellen Kühl-
bahn langsam ab. Der ganze Ablauf wird
von den Glasmachern im Team erledigt.
Das gefällt mir an meinem Beruf: Ich hab
nie Tätigkeiten, bei denen ich alleine bin.
Für die Zukunft habe ich mir noch
nicht so viele Gedanken gemacht. Super
wäre es natürlich, wenn ich nach der Aus-
bildung übernommen würde. Einen eige-
nen Betrieb will ich nicht, das ist
mir zu viel Buchhaltung. Ich bin
eher ein Handwerker.
Aufgezeichnet von Matthias Eberl
Die Formbarkeit des Werkstoffsfasziniert Christian Wittke.
Foto
: Mat
thia
s E
berl
In einer Ton-Bild-Schau unter www.igbce-jugend.de sehen Sie mehr Bilder von Christian Wittkes Arbeitsplatz, hören, wie Glasproduktion klingt, und lesen mehr zum Beruf des Glasmachers.
»Im Restaurant erkenne ich
schlechte Gläser sofort.« «
CHRISTIAN WITTKE (17) ist Glasmacherazubi bei der Glashütte Eisch in Frauenau
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