Kontroversschriften I - Franz von Sales

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    FRANZ VFRANZ VFRANZ VFRANZ VFRANZ VON SON SON SON SON SALES KALES KALES KALES KALES KONTROONTROONTROONTROONTROVERSSCHRIFTEN IVERSSCHRIFTEN IVERSSCHRIFTEN IVERSSCHRIFTEN IVERSSCHRIFTEN I

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    Deutsche Ausgabe derDeutsche Ausgabe derDeutsche Ausgabe derDeutsche Ausgabe derDeutsche Ausgabe der

    WERKE DES HL. FRANZ VWERKE DES HL. FRANZ VWERKE DES HL. FRANZ VWERKE DES HL. FRANZ VWERKE DES HL. FRANZ VON SON SON SON SON SALESALESALESALESALES

    Band 10Band 10Band 10Band 10Band 10

    Nach der vollstndigen Ausgabe derNach der vollstndigen Ausgabe derNach der vollstndigen Ausgabe derNach der vollstndigen Ausgabe derNach der vollstndigen Ausgabe der

    OEUVRES DE SAINT FRANOIS DE SALESOEUVRES DE SAINT FRANOIS DE SALESOEUVRES DE SAINT FRANOIS DE SALESOEUVRES DE SAINT FRANOIS DE SALESOEUVRES DE SAINT FRANOIS DE SALES

    der Heimsuchung Mari zu Annecy (1892-1931)der Heimsuchung Mari zu Annecy (1892-1931)der Heimsuchung Mari zu Annecy (1892-1931)der Heimsuchung Mari zu Annecy (1892-1931)der Heimsuchung Mari zu Annecy (1892-1931)

    herausgegeben von den Oblaten den hl . Franz von Salesherausgegeben von den Oblaten den hl. Franz von Salesherausgegeben von den Oblaten den hl . Franz von Salesherausgegeben von den Oblaten den hl. Franz von Salesherausgegeben von den Oblaten den hl. Franz von Sales

    unter Leitung von Punter Leitung von Punter Leitung von Punter Leitung von Punter Leitung von P. Dr. Dr. Dr. Dr. Dr. F. F. F. F. Franz Reisinger OSFS.ranz Reisinger OSFS.ranz Reisinger OSFS.ranz Reisinger OSFS.ranz Reisinger OSFS.

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    Franz von SalesFranz von SalesFranz von SalesFranz von SalesFranz von Sales

    KKKKKONTROONTROONTROONTROONTROVERSSCHRIFTEN IVERSSCHRIFTEN IVERSSCHRIFTEN IVERSSCHRIFTEN IVERSSCHRIFTEN I

    FFFFFranz-Sales-ranz-Sales-ranz-Sales-ranz-Sales-ranz-Sales-VVVVVerlagerlagerlagerlager lag

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    Aus dem Franzsischen bertragen

    von Anneliese Lubinsky und P. Anton Nobis OSFS.

    ISBN 3-7721-0040-6Alle Rechte vorbehalten.

    Franz Sales Verlag, Eichsttt2. Auflage 2003

    Herstellung Brnner und Daentler, Eichsttt

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    VVVVVORORORORORWORWORWORWORWORTTTTT

    Die bisher erschienenen neun Bnde dieser deutschen Ausgabe derWerke des hl. Franz von Sales enthalten Schriften des Seelsorgers undSeelenfhrers, des Ordensgrnders und -reformers, des Theologen und

    Mystikers. Sie vor allem begrndeten den unvergnglichen Ruhm desHeiligen als Lehrer des christlichen Lebens und als Fhrer im Streben

    nach christlicher Vollkommenheit. Das Bild seiner Persnlichkeit, sei-nes Wirkens und seiner Schriften wre aber einseitig und unvollstndigohne die Zeugnisse seines Einsatzes und seiner Verdienste um die ber-windung der Glaubensspaltung. Der Titel eines Kirchenlehrers wurdeihm ausdrcklich ebenso fr die in diesen Schriften enthaltene apologe-tische wie fr seine spirituelle Lehre verliehen.

    Die Auseinandersetzung mit der abendlndischen Glaubensspaltungerlebte Franz von Sales seit seiner Kindheit. Er ist 50 Jahre nach demBeginn der Reformation in Deutschland und drei Jahre nach dem Ab-schlu des Konzils von Trient als ltester einer kernkatholischen Fami- lie geboren. Sein Vater soll Calvins Werben abgelehnt haben mit derBegrndung, er knne nicht eine Religion annehmen, die zwlf Jahrejnger als er selbst sei. Seine Heimat Savoyen wurde durch die Religi- onskriege schwer erschttert, weite Teile des Landes waren je nachKriegslage zeitweise unter protestantische Hoheit gefallen und von derKirche getrennt.

    Als sie der Herzog von Savoyen zurckgewonnen hatte und sie wieder

    katholisch machen wollte, begab sich Franz von Sales im September1594, weniger als ein Jahr nach seiner Priesterweihe, in das Gebiet sd-lich des Genfer Sees, als Kundschafter und Quartiermacher fr diegeplante Missionierung, wie er selbst sagte, wurde aber unversehens selbstzum Pionier des Bekehrungswerkes und blieb etwa vier Jahre an derFront, lange Zeit von seinem Auftraggeber allein gelassen, ohne fi-nanzielle und moralische Untersttzung. Mit geduldiger, zher Beharr-lichkeit bearbeitete er den steinigen Boden, ste das Wort Gottes und

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    bereitete die gesegnete Ernte vor, die seine spteren Mitarbeiter undNachfolger einbrachten, die ihm aber zu Recht den Ehrentitel des Apo-stels des Chablais eintrug.

    Die Sorge und die Bemhungen um die Wiedervereinigung im Glau-

    ben beschftigten Franz von Sales auch in den folgenden Jahren, zumTeil literarisch und in Versuchen, theologische Disputationen offiziellenCharakters zuwege zu bringen, zum greren Teil in langwierigen Ver-

    handlungen ber die Reorganisation und finanzielle Sicherung der Seel-sorge in den wiedergewonnenen Gebieten. Die grundlegende Erfahrungund Prgung als Apologet gewann er freilich im unmittelbaren Einsatz

    jener Jahre im Chablais.Die Rolle des hl. Franz von Sales bei der Rekatholisierung des Chab-

    lais, die in seinen Biographien meist breiten Raum einnimmt, wird in der

    protestantischen Darstellung berwiegend negativ beurteilt. Man wirftihm insbesondere vor, er habe sie mit politischer Macht und militri-scher Gewalt durchgefhrt. Diese Darstellung entspricht nicht den ver-brgten Tatsachen. Richtig ist wohl, da das ganze Unternehmen aucheinen politischen Hintergrund und Zusammenhang hatte: der Landes-herr gab den Auftrag1 (lie aber aus politischen Rcksichten den Mis-sionar mehrere Jahre vllig im Stich). Richtig ist auch, da bei einemhnlichen Versuch wenige Jahre vorher eine groe Zahl der Bewohner... in den Scho unserer heiligen Mutter Kirche zurckkehrte, mehr be-

    eindruckt durch das Krachen der Gewehre als durch die Predigten, wieFranz von Sales selbst besttigt2 (ebenso wie sie zuvor durch kriegeri-sche Gewalt zum Abfall gezwungen worden waren). Richtig ist schlie-lich, da Franz von Sales als Jurist gem der damaligen Rechtsauffas-sung (cujus regio ejus et religio) die Manahmen billigte, die der Lan-desherr nach der erfolgreichen Missionierung traf, so die Ausweisungder Prdikanten, das Einziehen hretischer Schriften, den Ausschluder Hugenotten von ffentlichen mtern. Das war aber nicht das Mittelund die Methode der Missionierung, sondern es geschah zur Sicherungihres Erfolges und erst im nachhinein durch den Herzog.

    1 Schlielich hat der Herzog befohlen und der Bischof den Auftrag gegeben. Dasduldet keinen Widerspruch, sagte Franz von Sales zu seinem Vater, der sich dem

    Vorhaben widersetzte. (Nach Charles Auguste de Sales, zitiert von E. J. Lajeunie, Franz von Sales, Eichsttt 21980, S. 119.)

    2 Oeuvres de Saint Franois de Sales, dition Annecy (zitiert OEA) XI,185.

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    Man kann gerechterweise an Franz von Sales und seine Zeit nicht dieMastbe heutiger kumene anlegen. Die Wiederherstellung der Ein-heit im Glauben konnte damals nur bedeuten, da die Hretiker ihremIrrtum abschworen und in den Scho der Mutter Kirche zurckkehr-

    ten, auerhalb der es kein Heil geben konnte. Diese Hretiker warenglubige Menschen, wenn auch in ihrem Glauben irregeleitet. Es gingalso darum, sie durch die apologetische Darlegung der katholischenLehre von ihrem Irrtum zu berzeugen. Wir gehen ja nicht zu Wilden,um ihre Htten zu plndern und niederzureien. Wir kmpfen mit geis-tigen Waffen, und deshalb wird Gott unseren Worten berzeugungs-

    kraft bei der Verkndigung der Frohbotschaft verleihen.3 Diese Glubi-gen betrachtete Franz von Sales als seine Brder.

    Anders beurteilte er die Urheber der Spaltung, die Reformatoren, und

    ihre Nachfolger, die hretischen Theologen und Prediger; sie waren ver-antwortlich fr die Spaltung, wenn auch bei weitem nicht allein schul-dig.4 Sie sind seine Gegner; sie sind Feinde der Kirche und damit Christi.Bei ihnen konnte naturgem damals nicht der Wunsch nach der Ein-heit mit der Kirche bestehen; die Auseinandersetzung mit ihnen mute die Form der Kontroverse, des theologischen Streitgesprchs anneh-men. Das Urteil des hl. Franz von Sales ber sie ist manchmal hart, aberer suchte um der Ehre Gottes und des Heils der Seelen willen das Ge-sprch mit ihnen, leider mit geringem Erfolg. Glauben Sie mir, mein

    Herr, nur die Ehrfurcht, die ich vor der Wahrheit des Evangeliums habe,vor der Urkirche Unseres Herrn, der S u l e u n d G r u n d f e s t e d e rW a h r h e i t (1 Tim 3,15), so wie der Wunsch, jene, die Jesus Christus

    bei der Taufe den Eid geschworen haben, im Haus des Vaters wiederver-einigt zu sehen, veranlat mich, Schwierigkeiten aller Art nachzulaufen,in der Hoffnung, da G o t t d a s G e d e i h e n g e b e n w i r d (1 Kor

    3,6f). Je mehr ich Ihnen entgegenarbeite, um so mehr bin ich Ihr undaller anderen sehr demtiger Diener in Gott.5

    Diese kumenische Geisteshaltung dokumentieren die berliefertenKontroversschriften des hl. Franz von Sales. Sie sind in deutscher Spra-

    3 Charles-Auguste de Sales, zit. E. J. Lajeunie, a.a.O. 119.4 Vgl. das Schuldbekenntnis in der Antrittsrede als Dompropst: vor allem das schlechte

    Beispiel der Priester und Ordensleute war Wasser, das sie nhrte und erquickte

    (vgl. OEA VII,109, in diesem Band S. 388).5 An Louis Viret, den Prdikanten in Thonon: OEA XXIII,43 (Band 10, S. 374).

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    che fast vllig unbekannt. 6 Es schien daher unvermeidlich, hier von derursprnglichen Planung der deutschen Ausgabe abzugehen. Sie sah die

    auszugsweise Wiedergabe der Kontroversen und der Verteidigung derKreuzesfahne in einem Band vor. Dabei wre vielleicht manche in

    den Auffassungen der damaligen Zeit bedingte Grenze und Unvoll-kommenheit verwischt worden, es wrde aber dem Gesamtbild der Per-snlichkeit und des Wirkens unseres Heiligen nur unzureichend gerecht.Daher werden diese Schriften in zwei Bnden verffentlicht (ohne dieGesamtzahl der geplanten 12 Bnde zu vermehren), um diese beiden

    Hauptwerke vollstndig wiederzugeben, die in ihrem Charakter ziem-lich verschieden sind.

    Wie in den bisherigen Bnden werden zum Verstndnis des Textesntzliche Einfhrungen und die notwendigsten Anmerkungen gegeben.

    Die Angabe der Schriftstellen erfolgt im Text; auf den Nachweis vonVterstellen mute im allgemeinen verzichtet werden. Die Bezeichnungministre fr die hretischen Religionsdiener wurde durchwegs mitPrdikant bersetzt. Ein Namen- und Sachregister fr beide Bndewird am Schlu des II. Bandes (Band 11) gegeben.

    Die Bezeichnung Kontroversschriften bedarf einer gewissen Ein-schrnkung. Wie oben angedeutet, haben die Kontroversen und diePredigten einen berwiegend apologetischen Charakter. Daher hielt esFranz von Sales mit dem Verbot des Codex Justinianus, ffentlich ber

    den Glauben zu streiten, fr vereinbar, die Geheimnisse der Religiondemtig und unterwrfig zu errtern, bisweilen auch ffentlich in Pre-digten gegen die Irrlehrer, in ffentlichen Disputationen und Vorlesun-gen. Das heit nicht ber den Glauben streiten, sondern disputieren,um die Wahrheit zu errtern (OEA XXII,77).

    In diesen Schriften ist, wenigstens im Ansatz, eine Darstellung derganzen Glaubenslehre enthalten, wie das Doktorats-Breve feststellt.7

    6 Eine bersetzung der Fahne des Kreuzes von Ludwig Clarus, erschien 1867 inSchaffhausen (Smtliche Werke des hl. Franz von Sales, Band 7). Ob in dieserReihe auch die Kontroversen erschienen sind, konnte nicht festgestellt werden.

    7 Dives in misericordia Deus, Breve Pius IX. vom 16. September 1877: OEA I, pp.XV-XXIII; deutscher Text in: Jahrbuch fr salesianische Studien Bd. 14, Eichsttt

    1978 (130-137), 134; und in: Salesianisch Leiten. Der hl. Franz von Sales: 400

    Jahre Bischof 125 Jahre Kirchenlehrer, hg. von der Internationalen Kommission

    fr salesianische Studien, Eichsttt 2002, 39-47.

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    Im Vordergrund stehen die Wahrheiten, die von den Reformatoren ge-leugnet und bekmpft wurden, wie die berlieferung und Auslegungdes Wortes Gottes, die Eucharistie, vor allem aber die Kirche. Aus allemstrahlt eine bewundernswerte Treue und Liebe zur Kirche. Darin liegt

    der Schlssel zum Verstndnis des rastlosen Einsatzes des hl. Franz vonSales fr die Verteidigung der Kirche, aber auch zum besseren Verstnd-nis seiner ganzen Lehre. Das rechtfertigt ohne Zweifel die Verffentli-chung fr den deutschen Leser.

    Eichsttt, 24. Januar 1979P. Anton Nobis OSFS.

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    InhaltsbersichtInhaltsbersichtInhaltsbersichtInhaltsbersichtInhaltsbersicht

    Vorwort 5

    A. DIE KA. DIE KA. DIE KA. DIE KA. DIE KONTROONTROONTROONTROONTROVERSENVERSENVERSENVERSENVERSEN

    Einfhrung 17

    An die Herren von Thonon 19Vorwort 23

    Erster Teil:

    VVVVVerererererteidigung der Ateidigung der Ateidigung der Ateidigung der Ateidigung der Autoritt der Kircheutoritt der Kircheutoritt der Kircheutoritt der Kircheutoritt der Kirche

    Kapitel I: Erster Grund: die Sendung 27

    1. Artikel: Die Prdikanten haben keine Sendung, weder vom

    Volk noch von den weltlichen Frsten 272. Artikel: Die Prdikanten haben keine Sendung von den

    katholischen Bischfen empfangen 293. Artikel: Die Prdikanten haben keine auerordentliche Sendung 304. Artikel: Antwort auf die Argumente der Prdikanten 35

    Kapitel II: Irrtmer der Prdikanten ber das Wesen der Kirche 39

    1. Artikel: Die christliche Kirche ist sichtbar 392. Artikel: In der Kirche gibt es Gute und Bse, Vorherbestimmte

    und Verworfene 473. Artikel: Die Kirche kann nicht untergehen 564. Artikel: Antworten auf die Einwnde der Gegner 605. Artikel: Die Kirche war nie verschwunden oder geheim 626. Artikel: Die Kirche kann nicht irren 667. Artikel: Die Prdikanten haben gegen die Autoritt der Kirche

    verstoen 69

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    Kapitel III: Die Kennzeichen der Kirche 74

    1. Artikel: Erstes Kennzeichen: die Einheit der Kirche. Die wahre

    Kirche mu eins sein im Haupt 742. Artikel: Die katholische Kirche ist geeint unter einem sichtbaren

    Haupt: die der Protestanten ist es nicht, und was daraus folgt 793. Artikel: Die Einheit der Kirche in Lehre und Glauben. Die wahre

    Kirche mu einig sein im Glauben 804. Artikel: Die katholische Kirche ist einig im Glauben;

    die angeblich Reformierte ist es nicht 815. Artikel: Zweites Kennzeichen: die Heiligkeit der Kirche 856. Artikel: Die wahre Kirche mu durch Wunder leuchten 857. Artikel: Die katholische Kirche begleiten Wunder,

    die angebliche nicht 878. Artikel: In der wahren Kirche mu der Geist der Prophetie sein 939. Artikel: Die katholische Kirche hat den Geist der Prophetie;

    die angebliche Kirche hat ihn nicht 9310 . Artikel: Die wahre Kirche mu die Vollkommenheit

    des christlichen Lebens verwirklichen 9411 . Artikel: Die Vollkommenheit des christlichen Lebens wird

    in unserer Kirche gebt; in der angeblichen Kirche ist sie

    miachtet und abgeschafft 10012 . Artikel: Drittes Kennzeichen: Die Universalitt oder

    Katholizitt der Kirche 10213 . Artikel: Die wahre Kirche mu alt sein 10414. Artikel: Die katholische Kirche ist sehr alt:

    die angebliche ganz neu 10415 . Artikel: Die wahre Kirche mu unvergnglich sein 10616 . Artikel: Unsere Kirche ist unvergnglich; die angebliche nicht 11017 . Artikel: Die wahre Kirche mu umfassend sein nach Orten

    und Personen 11018. Artikel: Die katholische Kirche ist umfassend nach

    Orten und Personen; die angebliche nicht 11319. Artikel: Die wahre Kirche mu fruchtbar sein 11520. Artikel: Die katholische Kirche ist fruchtbar;

    die angebliche nicht 11621. Artikel: Viertes Kennzeichen: der Titel der

    apostolischen Kirche 117

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    Zweiter Teil:

    Die Regeln des GlaubensDie Regeln des GlaubensDie Regeln des GlaubensDie Regeln des GlaubensDie Regeln des Glaubens

    Vorwort 119

    Kapitel I: Die sogenannten Reformatoren haben gegen dieHeilige Schrift, die erste Regel unseres Glaubens, verstoen 123

    1. Artikel: Die Heilige Schrift ist eine echte Regel des

    christlichen Glaubens 1232. Artikel: Wie sehr man auf ihre Unversehrtheit bedacht sein mu 1243. Artikel: Die heiligen Bcher des Wortes Gottes 1254. Artikel: Erster Versto der Reformatoren gegen die Heilige Schrift:

    sie unterdrcken einige Teile 1275. Artikel: Zweiter Versto gegen die Heilige Schrift durch die Regel,

    die die Reformatoren aufstellen, um die heiligen Schriften von den

    anderen zu unterscheiden. Einige Streichungen, die sich darausergeben 132

    6. Artikel: Wie die Wrde der Heiligen Schrift verletzt wird inhretischen Auslegungen und bersetzungen 137

    7. Artikel: Die Profanierung in Volksausgaben 1398. Artikel: Die Profanierung durch die Verwendung der

    Umgangssprache in ffentlichen Gottesdiensten 1429. Artikel: Die Profanierung der Psalmen, indem man der

    bersetzung von Marot folgt und sie unterschiedslos berall singt 14410 . Artikel: Die Profanierung durch das angeblich leichte Verstndnis

    der Heiligen Schrift 14611 . Artikel: Antwort auf Einwnde und Abschlu dieses ersten Kapitels 148

    Kapitel II: Die sogenannte Kirche hat gegen die apostolischenberlieferungen verstoen, die zweite Regel des christlichenGlaubens 152

    1. Artikel: Was wir unter apostolischer berlieferung verstehen 1522. Artikel: Da es apostolische berlieferungen in der Kirche gibt 155

    Kapitel III: Da die Prdikanten gegen die Autoritt derKirche verstoen haben, die dritte Regel unseres Glaubens 157

    1. Artikel: Da wir auer dem Wort Gottes noch eineandere Regel brauchen 157

    2. Artikel: Die Kirche ist eine unfehlbare Regel unseres Glaubens 162

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    Kapitel IV: Da die Prdikanten gegen die Autoritt derKonzile verstoen haben, die vierte Regel unseres Glaubens 163

    1. Artikel: Zunchst von den Eigenschaften eines echten Konzils 1632. Artikel: Wie heilig und unverletzlich die Autoritt

    der allgemeinen Konzile ist 1673. Artikel: Wie sehr die Prdikanten die Autoritt der Konzilemiachtet und verletzt haben 170

    Kapitel V: Die Prdikanten haben gegen die Autoritt derKirchenvter verstoen, die fnfte Regel unseres Glaubens 175

    1. Artikel: 1. Welche Ehrfurcht die Autoritt der alten Vter

    verdient 175

    Kapitel VI: Die Prdikanten haben gegen die Autorittdes Papstes verstoen, die sechste Regel unseres Glaubens 177

    1. Artikel: Erste Verheiung (an den hl. Petrus) 1772. Artikel: Lsung einer Schwierigkeit 1823. Artikel: Von der zweiten Verheiung an den hl. Petrus:

    Und dir will ich die Schlssel des Himmelreiches geben 1854. Artikel: Von der dritten Verheiung, die dem hl. Petrus

    gemacht wurde 1905. Artikel: Von der Erfllung der Verheiungen 192

    6. Artikel: Die Ordnung, nach der die Evangelisten die Apostel aufzhlen 196

    7. Artikel: Einige weitere Hinweise auf den Primat des hl. Petrus,

    die in der Heiligen Schrift verstreut sind 1988. Artikel: Das Zeugnis der Kirche fr diese Tatsache 2019. Artikel: Der hl. Petrus hatte als Stellvertreter Unseres Herrn

    Nachfolger 20310 . Artikel: Die erforderlichen Bedingungen fr die Nachfolge 20311 . Artikel: Da der Bischof von Rom der echte Nachfolger des

    hl. Petrus und das Oberhaupt der streitenden Kirche ist 20512 . Artikel: Kurze Beschreibung des Lebens des hl. Petrus undder Einsetzung seiner ersten Nachfolger 208

    13 . Artikel: Bestrkung alles oben Gesagten durch die Namen,die das Altertum dem Papst gab 212

    14. Artikel: Was man von der Autoritt des Papstes halten mu 21515 . Artikel: Wie die Prdikanten gegen diese Autoritt verstoen

    haben 221

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    Kapitel VII: Da die Prdikanten gegen die Autorittder Wunder verstoen haben, die 7. Regel unseres Glaubens 226

    1. Artikel: Wie eindrucksvoll die Wunder sind, um den Glauben

    zu festigen 226

    2. Artikel: Wie die Prdikanten gegen den schuldigen Glaubenan das Zeugnis der Wunder gefehlt haben 229

    Kapitel VIII: Da die Prdikanten gegen die natrlicheVernunft verstoen haben, die 8. Regel unseres Glaubens 235

    1. Artikel: Inwiefern die natrliche Vernunft und die Erfahrungeine Regel rechten Glaubens sind 235

    2. Artikel: Wie sehr die Prdikanten gegen die Vernunft und

    die Erfahrung verstoen haben 237

    3. Artikel: Da die Analogie des Glaubens den Prdikanten nichtdazu dienen kann, ihre Lehre zu begrnden 239

    4. Artikel: Abschlu des ganzen zweiten Teils durch eine kurzeSammlung mehrerer Vorzge der katholischen Kirche

    gegenber den Anschauungen der Hretiker unserer Zeit 245

    Dritter Teil:

    Die Regeln des GlaubensDie Regeln des GlaubensDie Regeln des GlaubensDie Regeln des GlaubensDie Regeln des Glaubenswerden in der katholischen Kirche gewahrwerden in der katholischen Kirche gewahrwerden in der katholischen Kirche gewahrwerden in der katholischen Kirche gewahrwerden in der katholischen Kirche gewahrttttt

    Vorwort 247

    Kapitel I: Von den Sakramenten 250

    1. Artikel: Der Name Sakrament 2502. Artikel: Von der Form der Sakramente 251

    3. Artikel: Von der erforderlichen Absicht bei der Spendungder Sakramente 256

    Kapitel II: Vom Fegefeuer 259

    1. Artikel: Vom Namen Fegefeuer 2602. Artikel: Von den Leugnern des Fegefeuers und von den

    Beweisen fr das Fegefeuer 261

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    3. Artikel: Einige Schriftstellen, die von der Luterung nach diesem

    Leben handeln, von einer Zeit und einem Ort dafr 2634. Artikel: Eine weitere Stelle aus dem Neuen Testament

    zu diesem Gegenstand 2655. Artikel: Einige weitere Schriftstellen, durch die das Gebet,

    das Almosen und die guten Werke fr die Verstorbenen

    besttigt werden 2686. Artikel: Einige Stellen der Heiligen Schrift, durch die

    bewiesen wird, da manche Snden in der anderen Welt

    vergeben werden 2727. Artikel: Einige weitere Schriftstellen, aus denen man durch

    verschiedene Folgerungen die Wahrheit des Fegefeuers ableitet 2768. Artikel: Von den Konzilen, die den Glaubensartikel vom

    Fegefeuer angenommen haben 2769. Artikel: Von den alten Vtern 27810 . Artikel: Zwei hauptschliche Vernunftgrnde und das Zeugnis

    von Fremden ber das Fegefeuer 279

    B. APOLOGETISCHE PREDIGTENB. APOLOGETISCHE PREDIGTENB. APOLOGETISCHE PREDIGTENB. APOLOGETISCHE PREDIGTENB. APOLOGETISCHE PREDIGTEN

    Einfhrung 281

    23 18. 9. 1594 ber die Sendung der Hirten der Kirche 28224 E. 9. 1594 ber die Sichtbarkeit der Kirche 28525 Okt. 1594 Von der Unvergnglichkeit der Kirche 29126 E. 10. 1594 ber die Transsubstantiation und das Meopfer 29627 5. 2. 1595 Zum Sonntag Quinquagesima (Bd. 9, S. 61) 28 25. 3. 1595 ber den Englischen Gru 30129 23. 4. 1595 Zum 4. Sonntag nach Ostern 30430 21. 5. 1595 Zum Fest der heiligsten Dreifaltigkeit (Bd. 9) 31 1. 8. 1595 Zum Fest Petrus in vinculis 31032 17. 9. 1595 Vorbilder und Vorhersage der heiligen

    Eucharistie im Alten Testament 31133 1595 ber die Reliquien der Heiligen 31534 1595 Notizen fr verschiedene Predigten 31835 1596 ber das Wort Gottes 32036 13. 4. 1596 Die wirkliche Gegenwart Unseres Herrn

    in der Eucharistie 322

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    37 13. 6. 1596 Zum Fronleichnamsfest 32338 16. 6. 1596 Zum Sonntag in der Fronleichnamsoktav 32739 20. 6. 1596 Zum Oktavtag von Fronleichnam 32941 9. 2. 1597 Zum Sonntag Sexagesima (Bd. 9, S. 73) 42 1597 Bei einer Kircheneinweihung 33043 7. 1597 ber die heilige Eucharistie I (Bd. 9, S. 77) 44 7. 1597 ber die heilige Eucharistie II (Bd. 9, S. 82) 45 7. 1597 ber die heilige Eucharistie III (Bd. 9, S. 92)

    C. BRIEFE UND MEMORANDENC. BRIEFE UND MEMORANDENC. BRIEFE UND MEMORANDENC. BRIEFE UND MEMORANDENC. BRIEFE UND MEMORANDEN

    Einleitung337

    I. Bemhungen um einen mndlichen Dialog 338

    II. Kurze Betrachtung ber das apostolische Glaubensbekenntnis 357

    III. Zwei Schreiben an Louis Viret als Antwort auf dessen Angriffe

    gegen die Jungfrulichkeit der Gottesmutter Maria 363

    IV. Fragen an die Prdikanten der sogenannten reformierten Religionzu ihrer Lehre ber das Abendmahl 374

    V. Memorandum ber die Bekehrung der Hretiker

    und ihre Wiedervereinigung mit der Kirche 379

    Anhang: Antrittsrede als Dompropst 383

    Anmerkungen 391

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    A. Die KA. Die KA. Die KA. Die KA. Die Kontroversenontroversenontroversenontroversenontroversen

    Einfhrung

    Franz von Sales traf mit seinem Vetter Louis de Sales am 17. September 1594im Chablais ein. Schon am nchsten Tag predigte er in der Kirche St. Hippolyth zuThonon vor wenigen Katholiken, die zumeist im Dienst des Herzogs von Savoyenstanden (s. S. 282ff). Bald wurden von den Themen seiner Predigten auch promi-nente Protestanten angelockt, die allerdings nicht offen zu erscheinen wagten.Das erschreckte die Stadtvter und das Konsistorium, denn der Prdikant Viretvermochte auf die Fragen, die der Propst aufwarf, keine berzeugende Antwortzu geben. Daher lie man anfangs Oktober die Mitglieder beider Krperschaftenschwren, da sie keine Predigt des Papisten besuchen werden. Franz von Saleswar klar, was sie damit erreichen wollten: Sie mchten, da wir die Hoffnung aufeinen Erfolg unserer Mission aufgeben, und wollen uns zum Rckzug zwingen.Doch bei uns erreichen sie das Gegenteil (OEA XI,92).

    Er setzte seine Predigten vor wenigen Zuhrern fort, legte in persnlichen,meist geheimen Gesprchen die Lehre der Kirche dar, suchte aber nach einemWeg, mit seiner Verkndigung die breite Schicht des Volkes zu erreichen, das, vonder Obrigkeit eingeschchtert, nicht zu seinen Predigten zu kommen wagte. Sobegann er, etwa im Januar 1595, den Inhalt seiner Predigten auf Flugbltternfestzuhalten, die er verteilen und auf ffentlichen Pltzen anschlagen lie. Dar-aus entstand der Plan, die wesentlichen Inhalte der katholischen Glaubenslehreschriftlich darzulegen. Diese Absicht kndigte er den Herren von Thonon ineinem Schreiben vom 25. Januar 1595 an.

    Eine groe Schwierigkeit bei dieser Arbeit, die er meist in den Nachtstundenleisten mute, bestand darin, da ihm die dafr bentigten Bcher in Thononnicht zur Verfgung standen (vgl. OEA XI,110). So bat er am 21. 7. 1595 (OEAXI,166) Petrus Canisius um die Lsung einer exegetischen Schwierigkeit. Er hatteauch keine Erlaubnis, hretische Bcher zu lesen, so da er weder Calvin nochBeza richtig zitieren konnte (OEA XI,166; vgl. XI,196). Trotzdem konnte er

    Ende Oktober 1595 seinem Freund Antoine Favre gute Fortschritte der Arbeitmelden (OEA XI,162), die er vermutlich Ende Januar 1596 im wesentlichenabgeschlossen hat.

    Franz von Sales fate bald nach Beginn dieser Arbeit den Plan, sie als Ganzeszu verffentlichen, und bat Favre, einen Drucker dafr zu suchen (OEA XI, 397).Daher behielt er je ein Exemplar der Flugbltter zurck und verfate ein Vorwortsowie eine Widmung an den Herzog von Savoyen. Die Manuskripte weisen man-che nderungen und Bemerkungen auf, die auf eine Bearbeitung fr die Verf-fentlichung hinweisen. Zu einer abschlieenden Redaktion aber fehlte offenbar

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    die Zeit. Noch 1598 schlug er als eine der erforderlichen Manahmen zur Konso-lidierung der Missionsarbeit die Errichtung einer Druckerei in Annecy vor (OEAXI,337), weil die Werke der katholischen Autoren unverffentlicht bleiben, daihnen kein Drucker zur Verfgung steht und es zu unsicher ist, die Arbeiten nachLyon zu schicken. Sein Ausscheiden aus der Chablais-Mission, die Ernennung

    zum Koadjutor des Bischofs und 1602 zum Bischof trugen sicher wesentlich dazubei, da die geplante Verffentlichung nicht mehr zustandekam.

    Im Februar 1609 schrieb er an Erzbischof de Villars von seinem Plan, eineAnleitung fr Neulinge im Predigtamt zu schreiben mit einer Methode, dieHretiker durch die heilige Predigt zu bekehren; dafr wollte er die meditationsverwenden, die er whrend fnf Jahren im Chablais geschaffen hatte (OEAXIV,126f). Doch nach seinem Tod fanden sich die Manuskripte nicht unter sei-nem Nachla. Sein Neffe und Biograph Charles-Auguste de Sales entdeckte sieerst 1658 im Archiv des Schlosses de la Thuille, so da die Abschrift noch in dieAkten des zweiten Seligsprechungsprozesses aufgenommen werden konnte. Die

    Originale schenkte er Papst Alexander VII. der sie der Bibliothek Chigi einver-leibte. Dort befinden sie sich noch, mit Ausnahme einiger Bltter, die im Archivder Heimsuchung von Annecy aufbewahrt werden.

    Die Kommissare des Seligsprechungsprozesses, die diese Manuskripte sehr schtz-ten, gaben den Ansto zu ihrer Verffentlichung, die P. Jacques Harel vorbereitete.Sie erfolgte 1672 durch Lonard und bildete den 8. Band seiner Ausgabe der Werkedes hl. Franz von Sales unter dem Titel Kontroversen. Diese wurden 1821 vonBlaise in seine Ausgabe bernommen, mit allen Mngeln der ersten Ausgabe, mitAnmerkungen, die den Text im Sinn der gallikanischen Freiheiten umdeuteten.Erst die Annecy-Ausgabe bietet den ursprnglichen Text nach den Manuskripten

    von Rom und Annecy als ersten Band der Gesamtausgabe.Franz von Sales hatte seine Arbeit Mmorial oder meditations genannt; der

    Titel Kontroversen stammt nicht von ihm, sondern vom ersten Herausgeber,hat sich aber durchgesetzt. Er wird dem Werk nicht ganz gerecht, denn es ist nichtin erster Linie polemisch, sondern apologetisch. Franz von Sales ging es vor allemdarum, die katholische Glaubenslehre darzulegen, ihre Wahrheit zu beweisen undsie dann gegen die Irrlehren seiner Zeit zu verteidigen. In seinem theologischenOptimismus war er berzeugt, da die Kenntnis der Wahrheit zum Glauben fh-ren mute.

    Das Dekret seiner Erhebung zum Kirchenlehrer sagt von den Kontroversen:in ihnen erstrahlt offenkundig eine erstaunliche Kenntnis der Theologie, einetreffliche Methode, eine unwiderstehliche Kraft der Argumente, sowohl in derWiderlegung der Irrlehren wie in der Darstellung der katholischen Wahrheit. Esbedarf wohl keiner Rechtfertigung, da er als Theologe seiner Zeit argumentierte,nach den damaligen theologischen Auffassungen und nach dem Stand der Schrift-auslegung jener Zeit, die in manchen Punkten heute als berholt gilt. Es wreunntz, diese Grenzen leugnen oder verwischen zu wollen. Was aber dieses Werkvor allem auszeichnet, ist die groe Liebe des Verfassers zur Kirche. Sie hat ihn zuihrem glhenden Verteidiger und unermdlichen Lehrer gemacht.

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    An die Herren von ThononAn die Herren von ThononAn die Herren von ThononAn die Herren von ThononAn die Herren von Thonon

    Meine Herren,

    seit einiger Zeit predige ich nun schon das Wort Gottes in eurer Stadt;eure Leute hren mich aber nur selten, nur zum Teil und im Geheimen.Um nun meinerseits nichts zu versumen, habe ich mich darangemacht,einige der wichtigsten Begrndungen schriftlich darzulegen, die ich frden Groteil der Predigten und Abhandlungen zur Verteidigung des Glau-bens der Kirche ausgewhlt habe. Ich htte ja gewnscht, ebenso angehrt

    zu werden wie die Anklger (der Kirche), denn das gesprochene Wort istlebendig, das geschriebene tot. Die lebendige Stimme, sagt der hl. Hie-ronymus, hat, ich wei nicht wie, eine geheime Kraft und das gesproche-ne Wort wirkt unmittelbarer auf das Herz als das geschriebene. Das

    veranlate den glorreichen Apostel Paulus (Rm 10,14f.17) zu schrei-ben:Wie sollen sie an den glauben, von dem sie nichts gehrt haben? Und

    wie sollen sie von ihm hren ohne Prediger? Der Glaube kommt vom H-ren, das Hren vom Wort Gottes.Am gnstigsten wre es also fr michgewesen, wenn man mich angehrt htte; da dies nicht zutrifft, wird diese

    Schrift nicht ohne Nutzen sein, denn:1. Sie wird zu euch bringen, was ihr nicht bei uns in der Versammlungempfangen wollt. 2. Sie wird jene zufriedenstellen, die mir auf meine

    Ausfhrungen erwidern, sie mchten diese gern in Gegenwart eines Pr-dikanten prfen, denn schon die Anwesenheit des Gegners bringe sie insWanken, lasse sie verblassen und vergehen, nehme ihnen jeden Gehalt.Jetzt knnen sie ihnen alles vorlegen. 3. Das Geschriebene kann manbesser errtern. Es lt mehr Mue zum berlegen als das gesprocheneWort und man kann grndlicher darber nachdenken. 4. Auf diese Weise

    wird man sehen, wenn ich die zahllosen Greuel bestreite, die man denKatholiken vorwirft, dann nicht deswegen, um mich der Auseinanderset-zung zu entziehen, wie einige gesagt haben, sondern um der Absicht derKirche zu folgen. Da ich sie vor aller Augen niederschreibe und sie demUrteil der Vorgesetzten unterwerfe, bin ich sicher, da sie darin zwar vielUnwissenheit finden werden, aber mit Gottes Hilfe keinen Unglaubenund nichts, was im Widerspruch zu den Erklrungen der rmischen Kir-che stnde.

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    Trotzdem mu ich zur Entlastung meines Gewissens bekennen, damich alle diese berlegungen nicht zum Schreiben veranlat htten, denndas ist ein Fachgebiet, das gelehrten und gebildeten Geistern zusteht. Manmu auergewhnlich gelehrt sein, um gut zu schreiben. Mittelmige

    Geister sollen sich mit dem Sprechen begngen; dabei verleihen Gesten,Stimme und Haltung dem Wort Glanz. Mein Geist, der zu den geringstenund allenfalls zu denen an der Untergrenze der mittelmigen gehrt,kann dabei keinen Erfolg haben. Ich htte auch nicht daran gedacht, httenicht ein bedeutender, kluger Edelmann mich dazu aufgefordert und er-mutigt, was schon vorher mehrere meiner engsten Freunde fr gut befun-den hatten, deren Ansicht ich so sehr schtze, da ich auf meine eigenenur etwas gebe, wenn ich keine andere kenne.

    Hier habe ich also einige der wichtigsten Begrndungen des katholi-

    schen Glaubens niedergeschrieben. Sie zeigen klar, da alle im Irrtumsind, die von der katholischen, apostolischen rmischen Kirche getrenntsind. Ich sende sie euch gern und bergebe sie in der Hoffnung, da dieGrnde, die euch daran hindern, mich anzuhren, euch nicht daran zuhindern vermgen, diese Schrift zu lesen. Ich versichere euch brigens,da ihr nie eine Schrift gelesen habt, die euch von einem Menschen ber-geben wurde, der mehr als ich zu eurem geistlichen Dienst bereit wre.Ich kann euch wohl sagen, da ich nie einen Auftrag mit grerem Mutempfangen habe als den unseres hochwrdigsten Bischofs, als er mich auf

    Wunsch Seiner Hoheit, dessen Brief er mir bergab, hierher kommenlie, um euch das heilige Wort Gottes zu bringen. Ich dachte auch, daich euch nie einen greren Dienst erweisen knnte. Da ihr die Regeleures Glaubens nur von der Auslegung der Heiligen Schrift ableitet, dieihr fr die beste haltet, glaubte ich in der Tat, ihr wolltet auch die nochhren, die ich euch biete, d. h. die der apostolischen rmischen Kirche.Die habt ihr bisher nur getrbt, ganz entstellt und vom Gegner verunstal-tet gesehen. Er wei sehr wohl, da ihr diese nie aufgegeben httet, httetihr sie unverflscht kennengelernt.

    Die Zeiten sind bse. Das Evangelium des Friedens kann hchstensunter groen Seufzern des Krieges empfangen werden. Doch ich verliereden Mut nicht. Die etwas spteren Frchte halten sich viel besser als diefrhreifen. Ich hoffe, wenn Unser Herr euren Ohren einmal sein heiliges

    Effata (Mk 7,34) zuruft, wird dieses spte Reifen zu viel grerer Festig-keit fhren.

    Nehmt also diese Gabe, die ich euch anbiete, gut auf, meine Herren,und lest meine Ausfhrungen aufmerksam. Der Arm Gottes ist nicht

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    gelhmt und nicht einseitig. Er zeigt seine Macht gern an Geringem undGrobem. Nachdem ihr so bereitwillig die eine Seite angehrt habt, bringtauch die Geduld auf, die andere zu hren. Dann, ich fordere euch dazu imNamen Gottes auf, dann nehmt euch die Zeit und die Mue, euren Ver-

    stand zu beruhigen. Bittet Gott, euch mit seinem Heiligen Geist beizuste-hen bei einer Entscheidung von so groer Wichtigkeit, damit sie euchzum Heil gereiche. Vor allem aber bitte ich euch, lat keine andere Liebe

    von eurem Herzen Besitz ergreifen als die unseres Herrn und HeilandsJesus Christus, durch die wir alle losgekauft wurden und gerettet werden,

    wenn anders es nicht an uns liegt, da erwnscht, da alle Menschen geret-tet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen (1 Tim 2,4). Ich bitteseine heilige Majestt, er mge mir und euch in dieser Sache helfen.

    Am Fest der Bekehrung des hl. Paulus (25. Januar 1595).

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    VVVVVoro ro ro ro rworworworworworttttt

    Die Tatsache, da die Menschen sehr leicht Ansto nehmen, veranlateUnseren Herrn anscheinend zu sagen, es sei unmglich, da kein rgernis

    kommt (Lk 17,1), oder wie der hl. Matthus (18,7) sagt,da rgernissekommen mssen: denn wenn die Menschen ihr bel sogar an ihrem Fr-sten selbst wahrnehmen, wie knnte es da ausbleiben, da die Welt daran

    Ansto nimmt, in der es so viel Schlechtes gibt?Nun gibt es drei Arten von rgernissen, die alle drei ihrer Natur nach

    schlecht sind, aber auf verschiedene Weise. Es gibt ein rgernis, das unse-re gelehrten Theologen aktiv nennen; das ist eine schlechte Handlung,

    die einen anderen veranlat, etwas Schlechtes zu tun. Der Mensch, derdieses rgernis erregt, heit mit Recht anstig. Die beiden anderen Ar-ten der rgernisse heien passive, aber die einen passive rgernisse abextrinseco, die anderen ab intrinseco: denn von denen, die Ansto neh-men, geschieht es bei den einen durch schlechte Handlungen eines ande-ren, und das sind die, denen das aktive rgernis gegeben wird, wenn sieihren Willen nach dem rgernis richten; die anderen nehmen rgernisdurch ihre eigene Schlechtigkeit. Da sie keinen anderen Ansto haben,erdichten und erfinden sie das rgernis, das ganz ihr eigenes Erzeugnis

    ist.Wer einem anderen rgernis gibt, fehlt gegen die Nchstenliebe; wersich selbst rgernis gibt, fehlt gegen die Liebe zu sich selbst; und wer

    Ansto nimmt durch andere, dem fehlt es an Kraft und Mut. Der ersteerregt Ansto, der zweite erregt und nimmt Ansto, der dritte nimmt nur

    Ansto. Das erste rgernis heit datum, gegeben, das zweite acceptum,empfangen, das dritte receptum, angenommen. Das erste bertrifft dasdritte an Schlechtigkeit, das zweite bertrifft das erste soviel, als es daserste und das dritte zusammen enthlt, da es zugleich aktiv und passiv ist

    und weil es eine unnatrlichere Grausamkeit ist, sich selbst zu schindenund zu morden, als einen anderen zu tten.

    Alle diese Arten von rgernissen gibt es berreich in der Welt und mansieht nichts so dicht gest wie das rgernis; es ist das wichtigste Gewerbedes Teufels, von dem Unser Herr (Mt 18,7) sagte: Wehe der Welt ob der

    rgernisse. Aber der Ansto, den man ohne Anla nimmt, hat den erstenRang von allen, ist am hufigsten, am gefhrlichsten und schdlichsten;und nur von diesem ist Unser Herr der Gegenstand fr Menschen, die

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    die er verfhrt, verteilt sich bereits, aber ungleichmig; denn das Hauptder Hresie hat daran einen Teil wegen seines Einflusses, die Verfhrtenhaben einen Teil davon, uzw. um so grer, je weniger Grund sie hatten,ihm zu folgen. Wenn dann die Hresie Fu gefat hat, haben jene stets

    weniger teil an der Schuld, die unter Hretikern von hretischen Elterngeboren werden. Doch kommt es nie vor, da nicht die einen wie dieanderen groe Schuld trifft, besonders die unserer Zeit, die gewisserma-en alle im fast rein passiven rgernis leben. Denn die Heilige Schrift,die sie gebrauchen, die Nachbarschaft der echten Christen, die Kennzei-chen, die sie an der wahren Kirche sehen, berauben sie jeder Entschuldi-gung fr ihre Haltung. So kann ihnen die Kirche, von der sie sich getrennthaben, die Worte ihres Brutigams (Joh 5,39) vorhalten:Forscht in denSchriften, in denen ihr das ewige Leben zu besitzen glaubt; sie geben Zeug-

    nis von mir; auerdem (Joh 10,25): Die Werke, die ich im Namen meinesVaters tue, geben Zeugnis fr mich.So habe ich gesagt, da ihr rgernis ganz oder fast ganz passiv ist ... Man

    wei ja wohl, da der Grund, den sie fr ihre Trennung und Abweichungzu haben vorgeben, der Irrtum ist, die Unwissenheit, der Gtzendienst,die angeblich in der Kirche herrschen. Es ist brigens ganz sicher, da dieKirche als Ganzes kein rgernis geben und nehmen kann, wie ihr Bruti-gam, der ihr durch Gnade und besonderen Beistand mitteilt, was ihm vonNatur aus eigen ist. Er ist ja ihr Haupt (Eph 1,22); er lenkt ihre Schritte

    auf dem rechten Weg. Die Kirche ist sein mystischer Leib (Kol 1,24), unddadurch empfngt sie fr sich die Ehre und die Verachtung, die ihm er-

    wiesen wurden (Lk 10,16). Daher kann man nicht sagen, sie gebe, nehmeoder empfange irgendwie rgernis. Wer also an ihr Ansto nimmt, dentrifft selbst alle Schuld und Snde; sein rgernis hat keinen anderen Grundals seine eigene Bosheit, die ihn kitzelt, um ihn in seiner Schlechtigkeitlachen zu lassen.

    Das mchte ich nun in dieser kleinen Abhandlung zeigen. Ich habekeine andere Absicht, meine Herren, als euch zu zeigen, da diese Susan-na zu Unrecht beschuldigt wird und da sie allen Grund hat, sich beralle zu beklagen, die sich ihren Anordnungen widersetzen, dies mit deneigenen Worten ihres Brutigams: Sie hassen mich mit ungerechtem Ha(Joh 15,25). Ich werde es auf zweifache Weise tun: 1. durch einige allge-meine Grundstze, 2. durch bestimmte Beispiele der hauptschlichenSchwierigkeiten, die ich gleichsam als Proben vorlegen werde. Was so

    viele gelehrte Mnner geschrieben haben, bezieht sich darauf und kommtdarin vor, aber nicht unmittelbar, denn jeder legt sich einen eigenen Weg

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    zurecht. Ich werde versuchen, alle Linien meiner Ausfhrungen auf die-sen Punkt wie auf das Zentrum zurckzufhren, so gut ich es vermag. Dererste Teil wird gewissermaen fr alle Formen der Hresie in gleicherWeise gelten, der zweite wird sich mehr an jene wenden, zu deren Wieder-

    vereinigung wir besonders verpflichtet sind.So viele groe Persnlichkeiten haben in unserer Zeit geschrieben, dadie Nachwelt gewissermaen nichts mehr zu sagen hat, sondern nur zubedenken, zu lernen, nachzuahmen und zu bewundern. Ich werde hieralso nichts Neues sagen und mchte es nicht anders machen. Alles ist altund von mir ist fast nichts als der Faden und die Nadel; alles brige hatmich nichts gekostet, als es zu zertrennen und auf meine Weise zusam-menzunhen, nach der Weisung des Vinzenz von Lerin: Eadem tamenquae didicisti ita doce, ut cum dicas nove non dicas nova.1 Diese Abhand-

    lung wird vielleicht einigen zu kurz erscheinen: das kommt nicht vonmeinem Geiz, sondern von meiner Drftigkeit. Mein Gedchtnis hat zuwenige Hilfsmittel, es erstreckt sich nur von einem Tag zum anderen, undich habe nur sehr wenige Bcher hier, aus denen ich mich bereichernknnte. Nehmt diese Schrift trotzdem gnstig auf, ihr Herren von Tho-non, ich bitte euch darum. Und wenn ihr auch deren mehrere anderegesehen habt, die besser gemacht und inhaltsreicher sind, so befat docheuren Verstand ein wenig mit dieser hier, die eurer Verfassung womg-lich besser entspricht als andere; ihre Art ist ja ganz savoyisch, und eines

    der ntzlichsten Rezepte und letzten Heilmittel ist die Rckkehr zurreinen Luft. Wenn euch diese nicht gengt, wird man euch andere zeigen,die reiner und feiner sind.

    Ich beginne also im Namen Gottes. Ihn bitte ich sehr demtig, er mgesein heiliges Wort gleich frischem Tau ganz sanft in euer Herz trufeln.Und euch, meine Herren, und jene, die das lesen werden, bitte ich, sichder Worte des hl. Paulus (Eph 4,31) zu erinnern:Alle Bitterkeit, Zorn undVerachtung, alles Lrmen und Lstern, jede Bosheit sei fern von euch.

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    Erster TErster TErster TErster TErster Teil:eil:eil:eil:eil:

    VVVVVerererererteidigung der Ateidigung der Ateidigung der Ateidigung der Ateidigung der Autoritt der Kircheutoritt der Kircheutoritt der Kircheutoritt der Kircheutoritt der Kirche

    Kapitel IKapitel IKapitel IKapitel IKapitel I

    Erster Grund: die SendungErster Grund: die SendungErster Grund: die SendungErster Grund: die SendungErster Grund: die Sendung

    1. Artikel: Die Prdikanten haben keine Sendung, weder vom Volk nochvon den weltlichen Frsten.

    Vor allem, meine Herren, haben eure Vorfahren und habt ihr einenunentschuldbaren Fehler gemacht, als ihr denen Gehr schenktet, diesich von der Kirche getrennt hatten, denn sie waren nicht zur Predigtbefugt. Sie erhoben die Stimme gegen die Kirche, wie sie sagten, im Auf-trag Gottes. Sie erkhnten sich, im Namen Gottes der Kirche, seiner

    Braut von altersher, den Scheidebrief auszustellen, damit er sich mit die-ser jungen, erneuerten und reformierten Gemeinde vermhle. Aber wiekonntet ihr dieser neuen Lehre so schnell Glauben schenken, ohne euchihren Auftrag und die authentische Sendung zeigen zu lassen, so da ihr

    von Anfang an diese Knigin nicht mehr als eure Frstin anerkanntet, umsie allenthalben als Ehebrecherin zu verschreien? Sie zogen dahin unddorthin, um diese neue Lehre auszustreuen, aber wer hat sie denn dazuermchtigt? Man kann sich nicht von einem Feldherrn anwerben lassenohne Einwilligung des Frsten, in dessen Land man wohnt. Und wie wart

    ihr so bereit, euch diesen ersten Prdikanten anzuschlieen, ohne zu wis-sen, ob eure zustndigen Hirten dem zustimmten? Und das, obwohl ihrsehr gut wutet, da man euch aus dem Land fhrte, in dem ihr geborenund aufgewachsen seid. Jene sind also unentschuldbar, weil sie ohne Er-mchtigung durch das geistliche Lehramt diesen Schild erhoben haben,und ihr, weil ihr ihnen gefolgt seid.

    Ihr seht wohl, worauf ich mich sttze: auf die fehlende Sendung undBerufung Luthers, Zwinglis, Calvins und der brigen. Denn es ist sicher:

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    wer in der Kirche lehren und das Amt des Hirten ausben will, mugesandt sein. Der hl. Paulus schreibt (Rm 10,15): Quomodo praedica-

    bunt, nisi mittantur? Wie knnen sie predigen, wenn sie nicht gesandt sind?Und Jeremia (14,14):Die Propheten verknden Falsches; ich habe sie

    nicht gesandt; und an anderer Stelle (23,21):Non mittebam prophetas etipsi currebant. Ich habe die Propheten nicht gesandt; sie gingen von selbst.Die Sendung ist also notwendig; ihr leugnet das nicht, wenn ihr nichtmehr wit als eure Lehrer.

    Doch ich sehe euch in drei Abteilungen anrcken. Die einen von euchwerden sagen, sie htten Sendung und Auftrag gehabt vom Volk, vomweltlichen und zeitlichen Magistrat; die anderen: von der Kirche. Wiedas? Sie sagen: weil Luther, Oecolampadius, Buzer, Zwingli und anderePriester der Kirche waren wie die brigen. Die anderen schlielich, die

    am schlauesten sind, sagen, sie seien von Gott gesandt, aber auf aueror-dentliche Weise.Sehen wir, wie es mit der ersten Gruppe steht. Wie sollen wir glauben,

    das Volk und die weltlichen Frsten htten Calvin, Brenz, Luther beauf-tragt, eine Lehre zu verknden, die man nie gehrt hatte? Und ehe siebegannen, diese Lehre zu verknden und zu verbreiten: wer hat sie er-mchtigt, das zu tun? Ihr sagt, das fromme Volk habe sie berufen; aber

    welches Volk? Das Volk ist entweder katholisch oder ist es nicht. Wenn eskatholisch ist, wie sollte es euch berufen und gesandt haben zu predigen,

    was es nicht glaubte? Und wie konnte diese Berufung durch irgendeinenkleinen Teil des Volkes auerhalb des katholischen Teils im Gegensatzstehen zum ganzen Rest, der sich dem widersetzte? Und wie knnte euchein Teil des Volkes Autoritt verleihen ber den anderen, damit ihr vonVolk zu Volk zieht, um die Menschen, soviel ihr knnt, vom hergebrach-ten Gehorsam abzubringen? Ein Volk kann ja nur Autoritt ber sichselbst verleihen. Ihr httet also nur da predigen drfen, wo ihr vom Volkberufen wurdet. Wenn ihr das getan httet, httet ihr nicht so viel Gefolg-schaft gehabt. Doch sagen wir wirklich: als Luther begann, wer hat ihnberufen? Es gab noch kein Volk, das an die Auffassungen dachte, die er

    vertrat; wie sollte es ihn also berufen haben, sie zu predigen? Keineswegs,denn ich spreche vom Beginn. Was also? Man gebe eine Antwort, wennman kann. Wer hat den Ersten die Autoritt verliehen, Leute zu sammeln,eigene Einheiten und Truppen zu bilden? Das war nicht das Volk, denn es

    war noch nicht vereinigt.Aber hiee es nicht alles verwirren, wenn man jedem erlaubte zu sagen,

    was ihm gutdnkt? In diesem Fall wre jeder gesandt; denn es gibt keinen

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    so Verrckten, der keine Gefhrten fnde. Das beweisen die Tritheisten,Wiedertufer, Freidenker, Adamiten. Man mu sich an die Heilige Schrifthalten; dort findet man nie, da die Vlker die Vollmacht besessen ht-ten, sich selbst Hirten und Prediger zu geben.

    2. Artikel: Die Prdikanten haben keine Sendung von den katholischenBischfen empfangen.

    In unserer Zeit sehen daher viele von dieser Seite ihren Weg abgeschnit-ten; sie wenden sich hin und her und sagen, die ersten Lehrer der Refor-mation, Luther, Buzer, Oecolampadius, seien von den Bischfen gesen-det worden, die sie zu Priestern weihten; sie htten dann die Nachfolgen-

    den gesendet. Auf diese Weise wollen sie ihre Sendung auf die Apostelzurckfhren.Das heit wahrlich klar und deutlich reden und zugeben, da ihre Sen-

    dung nur von den Aposteln auf ihre Prdikanten bergehen kann durchdie Nachfolge unserer Bischfe und ihre Handauflegung. So ist es ohneZweifel. Man kann diese Sendung nicht einen so weiten Sprung machenlassen, da sie von den Aposteln in die Hnde der Prdikanten unsererZeit gelangt wre, ohne einen der Alten und unserer Vorfahren zu berh-ren. Es htte wahrhaftig eines sehr langen Blasrohrs im Mund der ersten

    Grnder der Kirche bedurft, um Luther und die anderen berufen zu ha-ben, ohne da die zwischen ihnen es wahrgenommen htten, oder wieCalvin bei anderer Gelegenheit und sehr unpassend sagt, ihre Ohren w-ren sehr gro gewesen. Diese Sendung htte wohl vollstndig bewahrt

    werden mssen, wenn diese sie finden sollten. Wir geben also zu, da dieSendung im Besitz unserer Bischfe war, vor allem in den Hnden ihresOberhauptes, des Bischofs von Rom. Wir bestreiten aber ausdrcklich,da eure Prdikanten daran irgendeinen Anteil htten, um zu predigen,

    was sie gepredigt haben; dies aus folgenden Grnden:1. Sie predigen Dinge, die im Widerspruch zur Kirche stehen, in der sie

    zu Priestern geweiht wurden. Also irren entweder sie oder die Kirche, diesie gesendet hat; folglich ist entweder die Kirche falsch oder jene, die vonihr die Sendung empfangen haben. Wenn es die ist, von der sie ihre Sen-dung empfangen haben, ist ihre Sendung falsch; denn von einer falschenKirche kann keine echte Sendung ausgehen. Wenn ihre Kirche falsch ist,haben sie noch weniger eine Sendung, denn in einer falschen Kirche kannes keine echte Sendung geben. Wie dem auch sei, sie haben also keine

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    Sendung zu predigen, was sie gepredigt haben. Wenn brigens die Kirche,in der sie zu Priestern geweiht wurden, die wahre war, sind sie Hretikerdadurch, da sie diese verlassen und gegen ihren Glauben gepredigt ha-ben; wenn sie nicht die wahre war, konnte sie ihnen keine Sendung geben.

    2. Ferner: auch wenn sie in der rmischen Kirche eine Sendung hatten,hatten sie doch keine, um sie zu verlassen und ihre Kinder vom Gehor-sam gegen sie abwendig zu machen. Gewi, ein Bevollmchtigter darf dieGrenzen seiner Vollmacht nicht berschreiten, oder sie ist hinfllig.

    3. Luther, Oecolampadius oder Calvin waren nicht Bischfe; wie konn-ten sie also ihren Nachfolgern irgendeine Sendung seitens der rmischenKirche vermitteln, die immer und in allem erklrt, da nur die Bischfesenden knnen und da dies einfachen Priestern in keiner Weise zusteht?Darin hat der hl. Hieronymus den Unterschied zwischen dem einfachen

    Priester und dem Bischof festgestellt im Brief an Evagrius; der hl. Augu-stinus und Epiphanius rechneten Acrius zu den Hretikern, weil er amGegenteil festhielt.

    3. Artikel: Die Prdikanten haben keine auerordentliche Sendung.

    Diese Grnde sind so berzeugend, da die Khnsten von euch anders-

    wo als in der ordentlichen Sendung Partei ergriffen haben. Sie habengesagt, sie seien auf auerordentliche Weise von Gott gesendet, weil dieordentliche Sendung unter der Tyrannei des Antichristen ebenso wie die

    wahre Kirche besudelt und vernichtet worden sei. Das ist ihre sichersteZuflucht. Da sie allen Arten von Hretikern gemeinsam ist, verdient sie,mit Bedacht aufgegriffen und grndlich zerstrt zu werden. Gehen wiralso der Reihe nach vor, um zu sehen, ob wir diese letzte Barrikade ber-

    winden knnen.Ich sage also 1., da sich niemand auf eine auerordentliche Sendung

    berufen darf, der sie nicht durch Wunder beweist. 1) Wohin kmen wirdenn, wenn die Behauptung einer auerordentlichen Sendung ohne Nach-

    weis annehmbar wre? Wre das nicht ein Deckmantel fr jede Art vonHirngespinsten? Knnten nicht Arius, Marcion, Montanus und Messali-us als Reformatoren auf dieser Stufe betrachtet werden, wenn sie dengleichen Eid leisten?

    2) Niemand wurde je auf auerordentliche Weise gesendet, der nichtdieses Beglaubigungsschreiben von der gttlichen Majestt empfing. Mose

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    wurde unmittelbar von Gott gesandt, um das Volk Israel zu fhren; erwollte den Namen dessen wissen, der ihn sandte, und als er den wunder-baren Namen Gottes erfahren hatte, bat er um Zeichen und Beglaubigun-gen seiner Sendung. Gott fand das so gut, da er ihm die Gnade von

    dreierlei Zeichen und Wundern gewhrte (Ex 3,10.13; 4,1ff). Sie warenwie drei Besttigungen, in drei verschiedenen Sprachen, fr den Auftrag,den er ihm gegeben hat, damit die eine verstehe, wer die andere nicht

    verstand. Wenn sie sich also auf eine auerordentliche Sendung berufen,sollen sie uns irgendwelche auerordentliche Werke vorweisen, sonst sind

    wir nicht verpflichtet, ihnen zu glauben.Mose zeigte wahrhaftig klar die Notwendigkeit dieses Beweises fr den,

    der auerordentlich sprechen will. Obwohl er nmlich von Gott die Gabeder Beredsamkeit zu erbitten hatte, bat er darum erst, als er die Wunder-

    gabe besa. Damit zeigte er, da es notwendiger ist, die Ermchtigungzum Sprechen zu haben als die Leichtigkeit der Rede. Obwohl die Sen-dung des hl. Johannes des Tufers nicht in jeder Hinsicht auerordent-lich war, wurde sie denn nicht besttigt durch seine Empfngnis, seineGeburt und sogar durch sein wunderbares Leben (Lk 1,18ff.63ff), fr dasUnser Herr ein so gutes Zeugnis ablegte (Mt 11,7ff)? Was aber die Apo-stel betrifft, wer kennt nicht die Wunder, die sie wirkten, und deren groeZahl? Ihre Schweitcher, ihr Schatten (Apg 19,11f; 5,15) brachten Kran-ken pltzlich Heilung und vertrieben den Teufel.Durch die Hnde der

    Apostel geschahen viele Zeichen und Wunder unter dem Volk (Apg 5,12).Das geschah zur Bekrftigung ihrer Predigt, wie der hl. Lukas in denletzten Stzen seines Evangeliums ausdrcklich sagt und der hl. Paulusim Hebrerbrief (2,4). Wie also wollen sich jene entschuldigen und sichdieses Beweises fr ihre Sendung entheben, die in unserer Zeit eine au-erordentliche Sendung beanspruchen wollen? Welchen Vorzug habensie vor den Aposteln und vor Mose?

    Was soll ich noch sagen? Unser erhabener Meister, wesensgleich mitdem Vater, dessen Sendung so ursprnglich ist, da sie die Mitteilung desgleichen Wesens voraussetzt; wenn er selbst, sage ich, der die lebendigeQuelle jeder kirchlichen Sendung ist, nicht von diesem Beweis der Wun-der ausgenommen sein wollte, welchen Grund gibt es, da man diesenneuen Prdikanten auf ihr bloes Wort hin glauben soll? Unser Herrberuft sich sehr oft auf seine Sendung, um seinem Wort Glauben zu ver-schaffen. Wie mich mein Vater gesandt hat, so sende ich euch (Joh 20, 21).

    Meine Lehre ist nicht die meine, sondern dessen, der mich gesandt hat. Ihrkennt mich und wit, woher ich bin; ich bin nicht von mir selbst gekommen

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    (Joh 7,16.28). Um seiner Sendung Autoritt zu verleihen, hebt er aberauch seine Wunder hervor und besttigt (Joh 15,24), die Juden httenkeine Snde, da sie nicht an ihn glaubten, wenn er nicht Werke voll-bracht htte, die kein anderer bei ihnen tat. An anderer Stelle (Joh 14,11f)

    sagt er ihnen: Glaubt ihr nicht, da mein Vater in mir ist und ich in meinemVater? So glaubt wenigstens um der Werke willen. Wer also so khn ist, sicheiner auerordentlichen Sendung zu rhmen, ohne gleichzeitig Wunderzu wirken, der verdient, fr einen Betrger gehalten zu werden. Nun ha-ben weder eure ersten noch die jngsten Prdikanten irgendein Wundergewirkt; sie haben also keine auerordentliche Sendung. Gehen wir wei-ter.

    2. sage ich, da man nie eine auerordentliche Sendung annehmen mu,die von der ordentlichen Autoritt in der Kirche Unseres Herrn nicht

    anerkannt wird. 1) Wir sind nmlich verpflichtet, unseren ordentlichenHirten zu gehorchen, unter der Strafe, als Zllner und Heiden zu gelten(Mt 18,17). Wie knnten wir uns also unter eine andere Disziplin als dieihre stellen? Die Auerordentlichen kmen fr nichts, weil wir verpflich-tet wren, nicht auf sie zu hren in dem Fall, den ich genannt habe, da sie

    von den Ordinarien nicht anerkannt werden.2) Gott ist nicht Urheber der Entzweiung, sondern der Einheit und

    Eintracht (1 Kor 14,33), vor allem unter seinen Jngern und den Dienernder Kirche, wie Unser Herr klar gezeigt hat in dem heiligen Gebet, das er

    in den letzten Tagen seines sterblichen Lebens an seinen Vater richtete(Joh 17,11.21). Wie knnte er also zwei Arten von Hirten autorisieren,die eine auerordentlich, die andere ordentlich? Da die ordentlichenautorisiert sind, das ist sicher; von den auerordentlichen setzen wir es

    voraus: das wren also zwei verschiedene Kirchen. Das widerspricht demreinsten Wort Unseres Herrn, der nur eine Braut hat, nureine einzigeTaube, nureine einzige Vollkommene (Hld 6,8). Wie knnte die Herdeeinig sein, gefhrt von zwei Hirten, die einander nicht kennen, in ver-schiedenen Lagern, mit verschiedenen Rufen und Hrden, von denen dereine wie der andere alles haben mchte? So wre auch die Kirche unter

    verschiedenen Hirten, ordentlichen und auerordentlichen, hin- und her-gezerrt in verschiedene Sekten. Was dann? Ist Unser Herr geteilt (1 Kor1,13), sei es in sich selbst oder in seinem Leib, der die Kirche ist? Nein,

    wahrhaftig nicht. Es gibt im Gegenteil nureinen Herrn, der seinen mysti-schen Leib (Eph 4,12) gebildet hat, mit einer schnen Vielfalt sehr gutgebildeter Glieder, dievereinigt und zusammengehalten werden durch

    alle Gelenke der gegenseitigen Hilfeleistung (Eph 4,5-16). Wollte man da-

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    her in der Kirche diese Aufteilung in ordentliche und auerordentlicheHerden einfhren, so hiee das, sie vernichten und zerstren. Man mualso darauf zurckkommen, was wir gesagt haben, da die auerordentli-che Sendung nicht rechtmig ist, wenn sie nicht von der ordentlichen

    anerkannt wird.3) Wo kann man mir tatschlich eine rechtmige auerordentlicheSendung zeigen, die von der ordentlichen Autoritt nicht angenommen

    wurde? Der hl. Paulus wurde auf auerordentliche Weise berufen, aberwurde er nicht ein- und zweimal von der ordentlichen Autoritt aner-kannt und besttigt? Und die von der ordentlichen Autoritt angenom-mene Sendung wird Sendung vom Heiligen Geist genannt (Apg 9,6.17;13,3f). Die Sendung des hl. Johannes des Tufers kann man wohl nichtauerordentlich nennen, denn er lehrte nichts im Widerspruch zur mo-

    saischen Kirche und war von der Priesterklasse (Lk 1,8). Trotzdem wurdedas Ungewhnliche seiner Lehre vom ordentlichen Lehramt der jdi-schen Kirche anerkannt durch die vornehme Abordnung von Priesternund Leviten, die zu ihm geschickt wurde (Joh 1,19ff). Der Inhalt ihrerBotschaft verrt groe Achtung und Hochschtzung fr ihn. Und kamennicht sogar die Phariser, die auf dem Lehrstuhl des Mose saen, ffent-lich und ohne Bedenken, um an seiner Taufe teilzunehmen (Mt 3,5ff)?Das hie doch seine Sendung ausdrcklich annehmen. Wollte nicht Un-ser Herr selbst, der der Meister war, von Simeon (Lk 2,28.34) angenom-men werden, wie offenbar wird durch den Lobpreis Unserer lieben Frauund des hl. Josef, vom Priester Zacharias und vom hl. Johannes (Lk 1,76;Joh 1,29)? Und wollte er nicht sogar fr seine Passion, die die vorzglich-ste Ausbung seiner Sendung war, das prophetische Zeugnis des damali-gen Hohepriesters haben (Joh 11,51)?

    4) Das lehrt auch der hl. Paulus, wenn er nicht will,da jemand sich dieWrde des Priesters anmat, auer er ist von Gott berufen wie Aaron (Hebr5,4). Die Berufung Aarons erfolgte durch die ordentliche Autoritt, durch

    Mose, in der Weise, da Gott sein heiliges Wort dem Aaron nicht unmit-telbar in den Mund legte, sondern Mose, dem Gott den Auftrag dazu gab:Sag ihm und lege ihm meine Worte in den Mund; ich werde in deinem undin seinem Mund sein (Ex 4,15).

    5) Wenn wir die Worte des hl. Paulus erwgen, erkennen wir sogar, dadie Berufung der Hirten und kirchlichen Wrdentrger sichtbar oder

    wahrnehmbar erfolgen mu, nicht durch eine geheime Regung des En-thusiasmus. Dafr fhrt er zwei Beispiele an: Aaron, der sichtbar gesalbt

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    und berufen wurde (Lev 8,12), und dann unseren Herrn und Meister. Erist der Hohepriester und Hirte aller Zeiten, hat sich abernicht selbst

    verherrlicht (Hebr 5,3f), d. h. er hat sich nicht selbst die Wrde seinesheiligen Priestertumszugeschrieben, wie der hl. Paulus vorher sagt,son-

    dern er wurde verherrlicht von dem, der zu ihm sagte: Mein Sohn bist du,heute habe ich dich gezeugt, und:Du bist Priester auf ewig nach der Ord-nung des Melchisedek . Ich bitte euch, denkt ber dieses Wort nach. JesusChristus ist Hohepriester nach der Ordnung Melchisedeks. Hat er sichselbst eingefhrt und zu dieser Wrde gedrngt? Nein, sondern er wurdeernannt. Wer hat ihn ernannt? Sein ewiger Vater. Und wie? Unmittelbarund mittelbar zugleich: unmittelbar bei seiner Taufe und bei seiner Ver-klrung (Mt 3,17; 17,5) durch die Stimme: Dieser ist mein vielgeliebterSohn, an dem ich mein Wohlgefallen habe; ihn hrt; mittelbar durch die

    Propheten, vor allem durch David an den Stellen, die der hl. Paulus ausden Psalmen dazu zitiert:Du bist mein Sohn, heute habe ich dich gezeugt.Du bist Priester auf ewig nach der Ordnung Melchisedeks. Die Berufung istallgemein vernehmbar: die Stimme in der Wolke wurde gehrt, sie wurdebei David gehrt und gelesen. Doch der hl. Paulus, der die Berufung Un-seres Herrn zeigen wollte, fhrt nur die Stellen bei David an, in denen ersagt, da Unser Herr von seinem Vater verherrlicht wurde. So begngte ersich damit, das wahrnehmbare Zeugnis wiederzugeben, das er auf demordentlichen Weg durch die Heilige Schrift und die Propheten erhalten

    hat.3. sage ich, da die Autoritt der auerordentlichen Sendung niemals

    die ordentliche zerstrt und da sie nie verliehen wird, um diese zu str-zen. Das beweisen alle Propheten, die niemals Altar gegen Altar setzten,nie das Priestertum Aarons abschafften, nie die Vorschriften der Synago-ge aufhoben. Dessen Zeuge ist Unser Herr, der (Lk 11,17) versichert, da

    jedes Reich, das in sich uneins ist, zerstrt wird und ein Haus ber dasandere strzt. Das beweist sein Respekt vor dem Lehrstuhl des Mose,dessen Lehre er beachtet wissen wollte. In der Tat, wenn die auerordent-liche Sendung die ordentliche aufheben mte, wie sollten wir dann wis-sen, wann, welcher und wie wir uns ihr unterordnen mssen? Nein, nein,die ordentliche Sendung ist unvergnglich, solange die Kirche auf dieserWelt bestehen wird.Die Hirten und Lehrer, die er der Kirche einmalgege-

    ben hat , mssen eine stndige Nachfolge habenzur Vollendung der Heili-gen, bis wir uns alle finden in der Einheit des Glaubens und der Erkenntnisdes Sohnes Gottes, als vollkommene Menschen nach dem Ma des Vollal-ters Christi, damit wir nicht mehr Kinder sind, hin- und hergetrieben durch

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    alle Winde der Lehre, durch den Betrug der Menschen und ihre hinterhlti-ge Verfhrung (Eph 4,11-14).

    Das ist die schne Rede des hl. Paulus, durch die er zeigt: wenn dieordentlichen Lehrer und Hirten nicht die stndige Nachfolge htten, son-

    dern der Absetzung durch die Auerordentlichen ausgesetzt wren, dannhtten wir auch einen Glauben und eine Ordnung, die jeden Augenblickverwirrt und durchbrochen werden kann, und wir wren der Verfhrungdurch Menschen ausgesetzt, die sich der auerordentlichen Sendung rh-men. Gleich den Heiden wrden wir (wie Paulus spter in Vers 17 hinzu-fgt) nach unserem verkehrten Sinn wandeln, wenn jeder sich einbildet,die auerordentliche Anregung des Heiligen Geistes zu spren. Dafrbietet unsere Zeit so viele Beispiele, und das ist einer der strksten Bewei-se, die man in dieser Frage anfhren knnte. Denn wenn die auerordent-

    liche Leitung die ordentliche aufzuheben vermag, wem sollen wir danndieses Amt zusprechen? Calvin oder Luther? Luther oder Pazmany? Paz-many oder Blandrat? Blandrat oder Brenz? Brenz oder der Knigin vonEngland? Jeder wird ja seinerseits die Anerkennung der auerordentli-chen Sendung fr sich beanspruchen.

    Nun, das Wort Unseres Herrn enthebt uns all dieser Schwierigkeiten.Er hat seine Kirche auf ein festes Fundament gebaut und so gediegen, da

    die Pforten der Hlle sie niemals berwinden werden (Mt 16,18). Wenn sieaber nie Macht ber die Kirche gewonnen haben noch gewinnen werden,

    dann ist die auerordentliche Sendung nicht notwendig, um sie abzul-sen; denn Gott hat nichts, was er geschaffen hat. Wie sollte er also dieordentliche Kirche auflsen, um eine auerordentliche zu schaffen? Erhat ja die ordentliche auf sich selbst gegrndet und hat sie mit seinemeigenen Blut gefestigt.

    4. Artikel: Antwort auf die Argumente der Prdikanten .

    Bisher konnte ich bei euren Lehrern nur zwei Einwnden begegnen aufdie Ausfhrungen, die ich eben gemacht habe; der eine ist vom BeispielUnseres Herrn und der Apostel abgeleitet, der andere vom Beispiel derPropheten.

    Was den ersten betrifft, sagt mir doch bitte, ob ihr es passend findet, dieBerufung dieser neuen Prdikanten mit der Unseres Herrn zu verglei-chen? Wurde Unser Herr nicht von den Propheten als Messias vorherge-sagt? War seine Zeit nicht durch Daniel (9,24.26) vorherbestimmt? Hat

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    er nicht Taten vollbracht, die fast im einzelnen geschildert sind in denprophetischen Bchern und versinnbildet in den Patriarchen? Er hat dasGute des mosaischen Gesetzes in Besseres verwandelt, aber war dieserWandel nicht (Apg 2,10) vorhergesagt? Er hat folglich das Priestertum

    Aarons in das bessere des Melchisedek gewandelt. Entspricht das nichtden Zeugnissen der Vorzeit (Hebr 5,6)? Eure Prdikanten wurden nichtals Prediger des Wortes Gottes vorhergesagt, nicht die Zeit ihres Auftre-tens noch eine ihrer Taten. Sie haben einen viel greren und hrterenUmsturz in der Kirche bewirkt, als Unser Herr in der Synagoge, denn siehaben alles weggenommen, ohne an dessen Stelle etwas anderes zu setzenauer einige Schatten, aber Zeugnisse dafr hatten sie nicht. Zum minde-sten wren sie nicht davon befreit gewesen, Wunder fr eine solche Ver-nderung zu wirken, obwohl ihr euch auf die Heilige Schrift beruft. Wie

    ich oben gezeigt habe, hat sich Unser Herr davon nicht ausgenommen,obwohl der Wandel, den er bewirkte, aus der reinsten Quelle der heiligenSchriften geschpft war (Lk 1,70). Wo aber wollen sie mir zeigen, da dieKirche jemals noch eine andere Form brauche, wo eine hnliche Refor-mation, wie jene, die Unser Herr bewirkt hat?

    Was die Beispiele der Propheten betrifft, sehe ich, da manche mi-braucht werden. 1) Man meint, alle Berufungen der Propheten seien au-erordentlich und unmittelbar gewesen; das ist falsch. Es gab nmlichSchulen und Gemeinschaften von Propheten, die von der Synagoge aner-

    kannt und gebilligt waren, wie man mehreren Stellen der Heiligen Schriftentnehmen kann. Solche gab es in Rama (1 Sam 19,19), in Bet-El undJericho, wo Elischa wohnte, im Gebirge von Efraim (2 Kn 2,3.5; 5,22;6,1f), in Samaria (1 Kn 22,10). Elischa selbst wurde von Elija gesalbt (1Kn 19,16). Die Berufung Samuels wurde vom Hohepriester anerkanntund besttigt, und mit Samuelbegann der Herr in Schilo zu erscheinen, wiedie Heilige Schrift (1 Sam 3,9.21) besttigt. Das hatte zur Folge, da dieJuden Samuel als Grnder der Propheten-Gemeinschaften betrachteten.2) Man meint, die Propheten htten alle das Predigeramt ausgebt. Demist nicht so, wie es bei den Boten Sauls und bei Saul offenkundig ist (1Sam 19,20). So ist die Berufung der Propheten nicht brauchbar als Bei-spiel fr die der Hretiker und Schismatiker, denn:

    1. Entweder war sie ordentlich, wie wir oben gezeigt haben, oder siewurde von der brigen Synagoge besttigt, wie man leicht daraus ersehenkann, da man sie sogleich anerkannte, an allen Orten bei den Juden vonihnen erzhlte und sie Gottesmnnernannte (1 Kn 17,18 u. a.). Und wer

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    die Geschichte dieser Synagoge nher betrachtet, wird feststellen, dadamals das Amt der Propheten ebenso allgemein war wie bei uns das derPrediger.

    2. Man wird nie einen Propheten vorweisen knnen, der die ordentliche

    Gewalt strzen wollte. Sie sind ihr vielmehr stets gefolgt und haben nieetwas gesagt, was im Widerspruch stnde zur Lehre jener, die auf demLehrstuhl des Mose und Aarons saen. So gab es unter ihnen solche, diezur Priesterklasse gehrten, wie Jeremia, der Sohn des Hilkija (Jer 1,1),und Ezechiel, der Sohn des Busis (Ez 1,3). Sie haben stets mit Ehrfurcht

    von den Hohepriestern und von der Nachfolge der Priester gesprochen,obwohl sie um deren Fehler wuten. Als Jesaja in einem groen Buchbeschreiben wollte, was ihm gezeigt wurde, da nahm er den spteren Pries-ter Urija und den Propheten Secharja zu Zeugen (Jes 8,2), so als fhre er

    das Zeugnis aller Priester und Propheten an. Und besttigt nicht Malea-chi (2,7), dadie Lippen des Priesters die Lehre bewahren und da sie vonseinem Mund das Gesetz erbaten, denn er ist der Bote des Herrn der Heer-scharen? So mute es kommen, da sie niemals die Juden von der Ver-bindung mit der ordentlichen Gewalt abbrachten.

    3. Wie viele Wunder haben die Propheten zur Bekrftigung der prophe-tischen Sendung gewirkt! Ich kme an kein Ende, wenn ich sie aufzhlen

    wollte. Wenn sie aber irgendetwas taten, was irgendwie den Anscheinauerordentlicher Macht hatte, folgten darauf sogleich die Wunder. Ein

    Beispiel dafr ist Elija. Als er auf Anregung des Heiligen Geistes auf demKarmel einen Altar errichtete und opferte, zeigte er durch Wunder, daer es zur Ehre Gottes und der jdischen Religion tat (1 Kn 18,32.38).

    4. Schlielich stnden eure Prdikanten schn da, wenn sie sich dieMacht der Propheten anmaen wollten, deren Gabe und Erleuchtung sienie besaen. Das kme eher uns zu, denn wir knnten unzhlige Prophe-zeiungen der Unseren vorweisen; so von Gregor Thaumaturgus im Be-richt des hl. Basilius, vom hl. Antonius nach dem Zeugnis des hl. Athana-sius, vom Abt Johannes nach dem Zeugnis des hl. Augustinus, von denHeiligen Benedikt, Bernhard, Franziskus und tausend anderen. Wenn esalso zwischen uns um die prophetische Autoritt geht, dann steht sie unszu, sei es die ordentliche oder auerordentliche, denn wir haben ihreWirkung, nicht eure Prdikanten, die dafr nie die geringste Probe gelie-fert haben. Es sei denn, sie wollten als Prophezeiung die Vision Zwinglisbezeichnen, beschrieben im Buch mit dem Titel Subsidiumde Euchari-

    stia, und im Buch mit dem Titel Querela Lutheri, oder die Vorhersage, die

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    er im Jahr 25 dieses Jahrhunderts machte: wenn er noch zwei Jahre pre-dige, werde es keinen Papst mehr geben, weder Priester noch Mnche,

    weder Kirchtrme noch Messe. Tatschlich hat diese Prophezeiung nureinen Fehler; das ist einzig der Mangel der Wahrheit. Er predigte ja noch

    fast 22 Jahre, und trotzdem gibt es noch Priester und Kirchtrme, und aufdem Stuhl des hl. Petrus sitzt ein rechtmiger Papst.

    Eure ersten Prdikanten, meine Herren, gehren also zu jenen Prophe-ten, auf die zu hren Gott bei Jeremia (23,16,21) verboten hat:Hrt nicht

    auf die Worte der Propheten, die prophezeien und euch tuschen. Sie ver-knden die Vision ihres Herzens, sie sprechen nicht mit dem Mund desHerrn. Ich habe die Propheten nicht gesandt, und sie ziehen umher. Ichhabe nicht zu ihnen gesprochen, und sie weissagen. Ich habe gehrt, wasdie Propheten sagten, als sie lgnerisch in meinem Namen weissagten, und

    mit den Worten: Ich habe geschaut, ich habe geschaut. Meint ihr nicht,da das auf Luther und Zwingli mit ihren Prophezeiungen und Gesichtenzutrifft? Oder auf Karlstadt mit seiner Offenbarung, die er angeblich bersein Abendmahl hatte, die Luther veranlate, sein Buch Contra coelestes

    prophetas zu schreiben? Sie sind es zumindest, auf die zutrifft, da sienicht gesandt sind; sie sind es,die ihre Stimme erheben und sagen: Der

    Herr hat gesprochen. Sie konnten ja nie einen Nachweis liefern fr dasAmt, das sie sich angemat haben; sie konnten keinerlei rechtmigeBerufung vorweisen; wieso wollen sie also predigen?

    Man kann sich nicht von irgendeinem Feldherrn anwerben lassen ohneZustimmung des Frsten. Wieso habt ihr euch so bereitwillig diesen ers-ten Prdikanten angeschlossen ohne Erlaubnis eurer ordentlichen Hir-ten, um sogar das Land zu verlassen, in dem ihr geboren und aufgewach-sen seid, die katholische Kirche? Sie sind schuldig, weil sie aus eigenerVollmacht diesen Schild erhoben haben, und ihr, weil ihr ihnen gefolgtseid. Darin seid ihr unentschuldbar. Der Knabe Samuel, bescheiden, sanftund heilig, dachte stets, Eli habe ihn gerufen, als er dreimal von Gott

    angerufen wurde; erst beim vierten Mal wandte er sich an Gott als den,der ihn rief. Eure Prdikanten meinten, dreifach habe Gott sie berufen: 1.durch das Volk und den Magistrat, 2. durch unsere Bischfe, 3. durch eineauerordentliche Stimme. Nein, nein ... Samuel wurde dreimal von Gottangerufen, und in seiner Demut dachte er, es sei ein Anruf des Menschen,bis er von Eli belehrt erkannte, da es die Stimme Gottes war (1 Sam 3,4-10). Eure Prdikanten, meine Herren, weisen eine dreifache Berufung

    von Gott vor: durch die weltliche Obrigkeit, durch die Bischfe und durch

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    durch tiefe Reue und Bue gutgemacht werden kann. Dazu lade ich euchim Namen des lebendigen Gottes ein.

    Die Gegner haben wohl gesehen, da sich ihre Lehre in dieser Bezie-hung als unhaltbar erweisen wird, und haben uns mit allen Mitteln von

    dieser unwiderlegbaren Probe abzulenken versucht, die wir in den Kenn-zeichen der wahren Kirche finden. Deshalb wollten sie behaupten, dieKirche sei unsichtbar und nicht wahrnehmbar, folglich ohne Kennzei-chen. Ich glaube, da das uerst absurd ist und da darauf unmittelbardie Wut und Raserei beruht.

    Sie kommen aber auf zwei Wegen zu dieser Auffassung, da die Kircheunsichtbar sei. Denn die einen sagen, sie sei unsichtbar, weil sie nur ausauserwhlten und vorherbestimmten Menschen bestehe, die anderenschreiben diese Unsichtbarkeit der Seltenheit und Zerstreuung der Glu-

    bigen zu. Die ersten behaupten, die Kirche sei zu allen Zeiten unsichtbar,sie sei seit ungefhr tausend Jahren mehr oder weniger unsichtbar, d. h.seit dem hl. Gregor bis zu Luther, als das Papsttum in der Christenheitunangefochten war. Sie sagen nmlich, whrend dieser Zeit habe es vieleechte Christen im Geheimen gegeben, die ihre Gesinnung nicht offenzeigten, sondern sich damit begngten, Gott auf diese Weise im Verbor-genen zu dienen. Diese Theorie ist so imaginr und verdammenswert, dadie anderen lieber sagten, die Kirche sei whrend dieser tausend Jahre

    weder sichtbar noch unsichtbar gewesen, sondern ganz vernichtet und

    erstickt in Gottlosigkeit und Gtzendienst.Erlaubt mir bitte, da ich freimtig die Wahrheit sage. Alle diese Re-

    den verraten die Verrcktheit. Das sind Trume im Wachen, die nichtsoviel wert sind wie jener, den Nebukadnezzar im Schlaf hatte; sie stehenauch zu diesem in krassem Gegensatz, wenn wir der Auslegung Daniels(2,34f) glauben. Nebukadnezzarsah einen Stein ohne das Werk von Hn-

    den sich von einem Berg lsen, der herabrollte unddas groe Standbildumstrzte. Er wuchs so, da er zum Gebirge wurde und die ganze Erde

    bedeckte. Daniel verstand darunterdas Reich Unseres Herrn, das ewigbleibt (2,44). Wenn es wie ein Gebirge ist und so gro, da es die Erdeerfllt, wie soll es da unsichtbar und verborgen sein? Und wenn es ewigist, wie knnte es da tausend Jahre nicht existiert haben?

    Das gilt sicher vom Reich der streitenden Kirche, denn: 1. das Reichder triumphierenden Kirche wird den Himmel erfllen, nicht nur dieErde, und es wird sich nicht zur Zeit anderer Reiche erheben, wie die

    Auslegung Daniels nahelegt, sondern nach der Vollendung der Zeiten.Dazu kommt: Vom Gebirge losgelst werden ohne das Werk der Hnde,

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    das trifft auf die zeitliche Geburt Unseres Herrn zu; dabei wurde er imScho der seligsten Jungfrau empfangen, gezeugt aus seinem eigenenWesen ohne Menschenwerk, einzig durch die Segensflle des HeiligenGeistes. Entweder hat also Daniel eine falsche Auslegung gegeben oder

    die Gegner der katholischen Kirche, wenn sie sagen, die Kirche sei un-sichtbar, verborgen und aufgehoben. Habt Geduld, um Gottes willen; wirwerden der Ordnung nach und kurz vorgehen, um die Nichtigkeit dieserAuffassungen zu zeigen.

    Doch vor allem mssen wir sagen, was die Kirche ist. Kirche kommtvon einem griechischen Wort, das berufen bedeutet. Kirche bezeichnetalso eine Versammlung oder Gemeinschaft von Berufenen. Synagoge be-deutet genau genommen eine Herde. Die Versammlung der Juden hieSynagoge, die der Christen heit Kirche deswegen, weil die Juden wie

    eine Herde von Tieren waren, versammelt und zusammengedrngt ausFurcht; die Christen werden versammelt durch das Wort Gottes, zusam-mengerufen zur Einheit der Liebe durch die Predigt der Apostel undihrer Nachfolger. Davon sagte der hl. Augustinus: Die Kirche hat ihrenNamen vom Zusammenrufen, die Synagoge von der Herde; denn zusam-mengerufen werden pat besser fr Menschen, eine Herde bilden besserfr Tiere. Nun hat man das christliche Volk mit gutem Grund Kirchegenannt oder Zusammengerufensein, weil die erste Gunst, die Gott demMenschen erweist, um ihn in den Stand der Gnade zu versetzen, darin

    besteht, ihn in die Kirche zu berufen. Das ist die erste Wirkung seinerVorherbestimmung:Die er vorherbestimmte, hat er berufen, sagte der hl.Paulus den Rmern (8,30); und den Kolossern (3,15):Der Friede Christi

    herrsche in euren Herzen, in dem ihr zu einem Leib berufen seid . Zu einemLeib berufen sein heit, in die Kirche berufen sein. Wo Christus bei Mat-thus (20,1.16; 22,2.14) die Kirche mit dem Weinstock und mit demGastmahl vergleicht, nennt er die Arbeiter im Weinberg und die zumHochzeitsmahl Geladenen Gerufene oder Zusammengerufene; er sagt:Viele sind berufen, wenige aber auserwhlt. Die Athener nannten die Zu-sammenkunft der Brger Kirche, die der Fremden dagegen hie diakle-sis. Der Ausdruck Kirche ist daher den Christen eigen; sie sind nicht

    mehr Fremdlinge und Pilger, sondern Mitbrger der Heiligen und Hausge-nossen Gottes (Eph 2,19).

    Davon kommt also das Wort Kirche, und das ist ihre Definition. DieKirche ist eine heilige Gesamtheit oder allgemeine Gemeinschaft vonMenschen, geeint und vereinigt im Bekenntnis des einen gleichen christ-lichen Glaubens, in der Teilnahme an den gleichen Sakramenten und am

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    Opfer und im Gehorsam gegen den gleichen Stellvertreter und Statthal-ter unseres Herrn Jesus Christus auf Erden, den Nachfolger des hl. Pe-trus, unter der Fhrung der rechtmigen Bischfe. Ich habe vor allemgesagt, da sie eine heilige Gemeinschaft oder Versammlung ist, weil die

    innere Heiligkeit ...2

    Ich will von der streitenden Kirche sprechen, von der uns die HeiligeSchrift Zeugnis gibt, nicht von jener, die Menschen uns vorstellen. In derganzen Heiligen Schrift findet sich keine Stelle, wo die Kirche als eineunsichtbare Gemeinschaft verstanden wrde. Das sind unsere Begrn-dungen, ganz einfach dargelegt:

    1) Unser Herr verweist uns (Mt 18,16f) an die Kirche in unseren Schwie-rigkeiten und Zwistigkeiten; der hl. Paulus belehrt seinen Timotheus (1Tim 3,15), wie er sich in ihr verhalten soll; er lt die ltesten der Kirche

    von Milet rufen (Apg 20,17) und weist sie darauf hin, da sie vom Heili-gen Geist dazu bestellt sind, die Kirche zu leiten; er wird mit Barnabas

    von der Kirche ausgesandt und wird von der Kirche aufgenommen, erbestrkt die Kirchen (Apg 15,3f.22.41); er bestellt Priester fr die Ge-meinden, er versammelt die Gemeinde (Apg 14,22.26); er grt die Ge-meinde von Csarea (Apg 18,22); er hat die Kirche verfolgt (Gal 1,13).Wie soll man das alles von einer unsichtbaren Kirche verstehen? Wiesollte man sie aufsuchen, um ihr die Beschwerden vorzulegen, um in ihr

    zu wandeln, um sie zu leiten? Wann htte sie den hl. Paulus ausgesandt,ihn aufgenommen, wann htte er sie bestrkt, in ihr Priester bestellt, sieversammelt, gegrt, sie verfolgt? Soll das bildlich sein oder nur gedachtund geistigerweise? Ich glaube nicht, da nicht jeder deutlich sieht: das

    waren sichtbare und von anderen wahrnehmbare Vorgnge. Und wenn eran die Kirche schrieb (Gal 1,2; 1 u. 2 Kor 1), wandte er sich da an einunsichtbares Trugbild?

    2) Was soll man von den Prophezeiungen sagen, die uns die Kirchedarstellen: nicht nur sichtbar, sondern ganz klar, deutlich, offenkundig,

    groartig? Sie schildern sie alseine Knigin, geschmckt mit einem gold-gewirkten Gewand, mit einer herrlichen Vielfalt an Schmuck (Ps 45,10.14),alsein Gebirge (Jes 2,2; Mi 4,1f);wie eine Sonne, wie einen Vollmond , alsRegenbogen, treuen Zeugen und Gewiheit der Gunst Gottes gegen dieMenschen, die alle Nachkommen Noachs sind. Das trgt der Psalm(89,37) zu unserer Auffassung bei: Ihr Thron wird wie die Sonne vor mei-

    nen Augen und wie der Vollmond in Ewigkeit whren und der Zeuge imHimmel ist getreu.

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    3) Die Heilige Schrift bezeugt allgemein, da man sie sehen und erken-nen kann, wie sie erkannt ist. Sagt nicht Salomo im Hohelied (6,8ff),

    wenn er von der Kirche spricht:Die Mdchen haben sie gesehen und seliggepriesen? Dann fhrt er ihre Tchter, die voll Bewunderung sind, in sie

    ein und lt sie sagen: Wer ist jene, die der aufsteigenden Morgenrte gleicht,schn wie der Mond, erlesen wie die Sonne, schrecklich wie ein wohlgeord-netes Heer? Heit das nicht, sie als sichtbar erklren? Dann lt er sie soanreden:Komm, komm, Schulammit, komm zurck, komm zurck, da-

    mit man dich sieht; und sie antwortet: Was wollt ihr an dieser Schulammitsehen, wenn nicht die geordnete Streitmacht? Heit das nicht, sie als sicht-bar erklren? Man beachte die wundervollen Hirtenlieder und Bilder derLiebe des himmlischen Brutigams zur Kirche: man wird sehen, da siedurchaus sichtbar und wahrnehmbar ist. So sagt auch Jesaja (35,8) von

    ihr:Es wird ein gerader Weg fr euch sein, so da sich die Trichten nichtauf ihm verirren . Mu sie nicht offenkundig und leicht zu erkennen sein,da selbst die Schwerflligsten auf diesem Weg gehen knnen, ohne sich zu

    verirren?4) Die Hirten und Lehrer der Kirche sind sichtbar, folglich ist die Kir-

    che sichtbar. Ich bitte euch, sind denn die Hirten der Kirche nicht einBestandteil der Kirche? Und mssen nicht die Hirten und die Herdeeinander erkennen? Mu nicht die Herde die Stimme des Hirten hrenund ihr folgen (Joh 10,4)? Mu nicht der gute Hirte das verirrte Schflein

    suchen, damit es seinen Pferch und Stall wiederfindet? Das wren wahr-haftig schne Hirten, die ihre Herde nicht kennen und sehen knnten.

    Ich wei nicht, ob ich beweisen mu, da die Hirten der Kirche sicht-bar sind; man leugnet ja sogar auch klare Tatsachen. Der hl. Petrus warHirte, das glaube ich, weil Unser Herr (Joh 21,17) zu ihm sagte: Weide

    meine Schafe. Auch die Apostel waren es, und dennoch hat man sie gese-hen (Mk 1,16). Ich glaube, da jene, zu denen der hl. Paulus (Apg 20,28)sagte:Achtet auf euch und auf die Herde, fr die euch der Heilige Geist

    aufgestellt hat, um die Kirche zu leiten , ich glaube, sage ich, da er sie sah;und da sie als Kinder dem guten (Vater) um den Hals fielen, ihn ktenund sein Gesicht mit Trnen benetzten, glaube ich, da er sie berhrte,sprte und sah. Und was mich noch fester glauben lt, ist die Tatsache,da sie seinen Weggang vor allem deswegen bedauerten, weil er ihnengesagt hatte, sie wrden ihn nicht mehr von Angesicht sehen (Apg 20,37f).Sie sahen also den hl. Paulus und der hl. Paulus sah sie. Schlielich sindZwingli, Oecolompadius, Luther, Calvin, Beza, Musculus sichtbar, undes gibt viele, die die beiden Letztgenannten gesehen haben, und sie wer-

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    den doch von ihren Sekten Hirten genannt. Man sieht also die Hirten,folglich auch die Herde.

    5) Der Kirche ist die echte Verkndigung des Wortes Gottes eigen, diewahre Spendung der Sakramente; und das alles sollte nicht sichtbar sein?

    Wie will man dann behaupten, der Trger dieser Ttigkeiten sei unsicht-bar?6) Ist nicht bekannt, da die zwlf Patriarchen, die Shne Jakobs, die

    lebendige Quelle der Kirche Israels waren? Als ihr Vater sie versammel-te, um sie zu segnen (Gen 49,1), sah man sie und sie sahen sich gegensei-tig. Warum halte ich mich dabei auf? Die ganze heilige Geschichte be-

    weist, da die alte Synagoge sichtbar war; warum dann nicht auch diekatholische Kirche?

    7) Die Patriarchen, die Vter der israelitischen Synagoge, von denen

    Unser Herr dem Fleisch nach abstammte (Rm 9,5), begrndeten diesichtbare jdische Kirche; ebenso bildeten die Apostel mit ihren Sch-lern, dem Fleisch nach Kinder der Synagoge, dem Geist nach UnseresHerrn, den Beginn der sichtbaren katholischen Kirche, entsprechend demPsalmwort (45,17): Um deiner Vter willen wurden dir Kinder geboren; du

    sollst sie als Frsten ber die ganze Erde setzen. Anstelle der zwlf Patri-archen sind die zwlf Apostel erstanden, erklrt Arnobius. Diese Apo-stel, in Jerusalem versammelt mit der kleinen Schar von Jngern und derglorreichen Mutter des Erlsers, bildeten die wahre Kirche; und wie?

    Ohne Zweifel sichtbar, uzw. so sichtbar, da der Heilige Geist sichtbarkam, um diese heiligen Pflanzen und Setzlinge der Christenheit zu begie-en (Apg 2,3).

    8) Wie traten die Juden des Alten Bundes in die Reihen des Gottesvol-kes ein? Durch das sichtbare Zeichen der Beschneidung; wir durch dassichtbare Zeichen der Taufe. Von wem wurden die Menschen des AltenBundes geleitet? Von den Priestern Aarons, von sichtbaren Menschen;

    wir durch die Bischfe, sichtbare Menschen. Wer hat den Alten gepre-digt? Die Propheten und Gesetzeslehrer, die sichtbar waren; uns predi-gen die Hirten und Prediger, die ebenfalls sichtbar sind. Welche heiligeSpeise hatten die Alten? Das Osterlamm, das Manna, beides sichtbar; wirhaben das allerheiligste Sakrament der Eucharistie, das sichtbare Zei-chen, wenngleich einer unsichtbaren Sache. Von wem wurde die Synago-ge verfolgt? Von den gyptern, Babyloniern, Midianiter, Philistern, lau-ter sichtbare Vlker; die Kirche von den