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Radiologe 2009 · 49:913–917 DOI 10.1007/s00117-009-1837-8 Online publiziert: 7. Oktober 2009 © Springer Medizin Verlag 2009 P. Papanagiotou 1 · T. Rohrer 2 · C. Roth 1 · M. Politi 1 · A. Zimmer 1 · W. Reith 1 1 Klinik für Diagnostische und Interventionelle Neuroradiologie, Universitätsklinikum des Saarlandes, Homburg/Saar 2 Klinik für Allgemeine Pädiatrie und Neonatologie, Universitätsklinikum des Saarlandes, Homburg/Saar Kraniales Geburtstrauma Leitthema: Schädel-Hirn-Trauma in der pädiatrischen Radiologie Als Geburtstrauma werden die Verlet- zungen des Säuglings bezeichnet, die wäh- rend der Geburt stattfinden. Diese können durch mechanische Kräfte wie Kompres- sion oder Traktion während der Geburt verursacht werden oder auch durch Sau- erstoffmangel der fetalen Organe [1, 2]. Das Geburtstrauma ist für weniger als 2% der neonatalen Todesfälle verantwort- lich. Von 19701985 ist die Mortalität auf- grund eines Geburtstraumas von 64,2 auf 7 ,5 Todesfälle/100.000 Geburten gesun- ken, ein bemerkenswerter Rückgang von 88%. Dieser Rückgang spiegelt z. T. die technologischen Fortschritte in der Ge- burtshilfe, die durch die Sonographie und fetale Überwachung erlaubt, mögliche Risikogeburten noch vor der Geburt zu identifizieren. Die Verwendung potenziell schädlicher geburtshilflicher Instrumente, wie Geburtszange und Vakuumextrakti- on, ist ebenfalls gesunken. Die akzeptierte Alternative ist ein Kaiserschnitt [2, 3]. Die meisten Verletzungen der Geburt sind selbstlimitierend und haben eine günstige Prognose. Zu den Risikofaktoren gehören Kinder, die mehr als 4500 g wie- gen sowie auch der Einsatz von Geburts- zange und Vakuumextraktion [4]. Zu den Verletzungen, die am Schä- del auftreten können und hauptsächlich durch mechanische Kräfte wie Kompres- sion oder Traktion verursacht werden, ge- hören F das Caput succedaneum, F das Zephalhämatom, F das subgaleale Hämatom und F die intrakranielle Blutung. Der Sauerstoffmangel, der während der Geburt einen hypoxisch-ischämischen In- sult als Folge hat, wird als perinatale As- phyxie bezeichnet. Caput succedaneum Ein Caput succedaneum ist eine serös-hä- morrhagische, subkutane, extraperiostale Flüssigkeitsansammlung mit unscharf de- finierter Begrenzung (. Abb. 1). Es ent- steht bei vaginalen Geburten am führen- den Teil des Kopfs und überschreitet typi- scherweise die Grenzen der Schädelkno- chen. In der Regel treten keine Kompli- kationen auf und es resorbiert sich in den ersten Tagen. Das Caput succedaneum ist nicht behandlungsbedürftig und wird nur kontrolliert. In seltenen Fällen kann es zu einer Infektion und Abszedierung des Ca- put succedaneum kommen [5]. Zephalhämatom Das Zephalhämatom ist eine subperios- tale Blutung, die durch die Ruptur von Gefäßen zwischen Schädelknochen und Periost verursacht wird (. Abb. 2). Am häufigsten ist es parietal lokalisiert, gele- gentlich kann es auch über den okzipi- talen Knochen beobachtet werden. Das Ausmaß der Blutung kann so aus- geprägt sein, dass es in seltenen Fällen zu einer Anämie und Hypotonie kommt. Sel- ten kann sich ein Zephalhämatom infizie- ren und zu einer Meningitis oder Osteo- myelitis führen. Lineare Schädelfrakturen können in 520% zugrunde liegen. Das Zephalhämatom resorbiert sich im Lau- fe von Wochen bis Monaten komplett und hinterlässt keine Deformitäten am Schä- del [1, 5]. Subgaleales Hämatom Das subgaleale Hämatom ist eine Blutung zwischen Schädelperiost und Kopfhaut (Galea oder epikraniale Aponeurose). Es wird durch Scher- und Zugkräfte verur- sacht, in 90% der Fälle bei einer Vakuu- mextraktion. Es ist häufig mit intrakrani- ellen Blutungen oder Schädelfrakturen as- soziiert [6, 7]. In der Regel wird die Diagnose eines subgalealen Hämatoms klinisch ge- stellt. Die v. a. am Hinterkopf lokalisier- te Schwellung entwickelt sich in der Regel innerhalb von 1272 h nach der Geburt. Das Hämatom kann sich über den gesam- ten Kopf ausbreiten und in Bereiche der Stirn und des Nackens vordringen. Ein subgaleales Hämatom kann möglicher- weise in den ersten Stunden nicht erkannt werden. Patienten mit einem subgalealen Hämatom können durch die massive Blu- Abb. 1 8 24 h alter Säugling nach spontaner vaginaler Entbindung. Caput succedaneum mit Ödem und Einblutung in die Galea sowie sch- malem subduralem Hämatom rechts frontopa- rietal 913 Der Radiologe 10 · 2009 |

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Radiologe 2009 · 49:913–917DOI 10.1007/s00117-009-1837-8Online publiziert: 7. Oktober 2009© Springer Medizin Verlag 2009

P. Papanagiotou1 · T. Rohrer2 · C. Roth1 · M. Politi1 · A. Zimmer1 · W. Reith1

1 Klinik für Diagnostische und Interventionelle Neuroradiologie, Universitätsklinikum des Saarlandes, Homburg/Saar2 Klinik für Allgemeine Pädiatrie und Neonatologie, Universitätsklinikum des Saarlandes, Homburg/Saar

Kraniales Geburtstrauma

Leitthema: Schädel-Hirn-Trauma in der pädiatrischen Radiologie

Als Geburtstrauma werden die Verlet-zungen des Säuglings bezeichnet, die wäh-rend der Geburt stattfinden. Diese können durch mechanische Kräfte wie Kompres-sion oder Traktion während der Geburt verursacht werden oder auch durch Sau-erstoffmangel der fetalen Organe [1, 2].

Das Geburtstrauma ist für weniger als 2% der neonatalen Todesfälle verantwort-lich. Von 1970–1985 ist die Mortalität auf-grund eines Geburtstraumas von 64,2 auf 7,5 Todesfälle/100.000 Geburten gesun-ken, ein bemerkenswerter Rückgang von 88%. Dieser Rückgang spiegelt z. T. die technologischen Fortschritte in der Ge-burtshilfe, die durch die Sonographie und fetale Überwachung erlaubt, mögliche Risikogeburten noch vor der Geburt zu identifizieren. Die Verwendung potenziell schädlicher geburtshilflicher Instrumente, wie Geburtszange und Vakuumextrakti-on, ist ebenfalls gesunken. Die akzeptierte Alternative ist ein Kaiserschnitt [2, 3].

Die meisten Verletzungen der Geburt sind selbstlimitierend und haben eine günstige Prognose. Zu den Risikofaktoren gehören Kinder, die mehr als 4500 g wie-gen sowie auch der Einsatz von Geburts-zange und Vakuumextraktion [4].

Zu den Verletzungen, die am Schä-del auftreten können und hauptsächlich durch mechanische Kräfte wie Kompres-sion oder Traktion verursacht werden, ge-hörenF das Caput succedaneum,F das Zephalhämatom,F das subgaleale Hämatom undF die intrakranielle Blutung.

Der Sauerstoffmangel, der während der Geburt einen hypoxisch-ischämischen In-

sult als Folge hat, wird als perinatale As-phyxie bezeichnet.

Caput succedaneum

Ein Caput succedaneum ist eine serös-hä-morrhagische, subkutane, extraperiostale Flüssigkeitsansammlung mit unscharf de-finierter Begrenzung (. Abb. 1). Es ent-steht bei vaginalen Geburten am führen-den Teil des Kopfs und überschreitet typi-scherweise die Grenzen der Schädelkno-chen. In der Regel treten keine Kompli-kationen auf und es resorbiert sich in den ersten Tagen. Das Caput succedaneum ist nicht behandlungsbedürftig und wird nur kontrolliert. In seltenen Fällen kann es zu einer Infektion und Abszedierung des Ca-put succedaneum kommen [5].

Zephalhämatom

Das Zephalhämatom ist eine subperios-tale Blutung, die durch die Ruptur von Gefäßen zwischen Schädelknochen und Periost verursacht wird (. Abb. 2). Am häufigsten ist es parietal lokalisiert, gele-gentlich kann es auch über den okzipi-talen Knochen beobachtet werden.

Das Ausmaß der Blutung kann so aus-geprägt sein, dass es in seltenen Fällen zu einer Anämie und Hypotonie kommt. Sel-ten kann sich ein Zephalhämatom infizie-ren und zu einer Meningitis oder Osteo-myelitis führen. Lineare Schädelfrakturen können in 5–20% zugrunde liegen. Das Zephalhämatom resorbiert sich im Lau-fe von Wochen bis Monaten komplett und hinterlässt keine Deformitäten am Schä-del [1, 5].

Subgaleales Hämatom

Das subgaleale Hämatom ist eine Blutung zwischen Schädelperiost und Kopfhaut (Galea oder epikraniale Aponeurose). Es wird durch Scher- und Zugkräfte verur-sacht, in 90% der Fälle bei einer Vakuu-mextraktion. Es ist häufig mit intrakrani-ellen Blutungen oder Schädelfrakturen as-soziiert [6, 7].

In der Regel wird die Diagnose eines subgalealen Hämatoms klinisch ge-stellt. Die v. a. am Hinterkopf lokalisier-te Schwellung entwickelt sich in der Regel innerhalb von 12–72 h nach der Geburt. Das Hämatom kann sich über den gesam-ten Kopf ausbreiten und in Bereiche der Stirn und des Nackens vordringen. Ein subgaleales Hämatom kann möglicher-weise in den ersten Stunden nicht erkannt werden. Patienten mit einem subgalealen Hämatom können durch die massive Blu-

Abb. 1 8 24 h alter Säugling nach spontaner vaginaler Entbindung. Caput succedaneum mit Ödem und Einblutung in die Galea sowie sch-malem subduralem Hämatom rechts frontopa-rietal

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tung einen hämorrhagischen Schock ent-wickeln. Die Prognose ist in der Regel gut, wenn kein kreislaufwirksamer Blutverlust und keine intrakraniellen Verletzungen vorliegen [6, 7].

Intrakranielle Blutungen

Intrakranielle Blutungen bei Neugebore-nen sind häufig im assoziiert mit Apnoe, Bradykardie und Krampfanfällen [8]. Sub-

durale, subarachnoidale, intraparenchy-male und -ventrikuläre Blutungen wur-den bei symptomatischen Neugeborenen identifiziert [9, 10]. Zu den wichtigsten Risikofaktoren für eine symptomatische intrakranielle Blutung gehört die unter-stützte vaginale Geburt (Geburtszange oder Vakuumextraktion [11, 12]).

Intrakranielle Blutungen können aber auch bei asymptomatischen Neugebore-nen vorliegen. Eine Reihe von Studien hat in den letzten Jahren eine Blutungs-inzidenz zwischen 9 und 46% bei asymp-tomatischen Neugeborenen nach norma-ler oder instrumentengestützter Geburt nachgewiesen [13].

Bei der Mehrheit der intrakraniellen Blutungen handelt es sich um subdurale Hämatome (SDH), die häufiger in der hinteren Schädelgrube lokalisiert sind (. Abb. 3). Mögliche Mechanismen für SDH sind Risse von Falx und Tentorium oder die Ruptur kortikaler Venen durch Stretching [14, 15]. Die Lage des SDH ist entscheidend für das Auftreten von Symp-tomen. Peritentorielle SDH haben meis-tens keine klinische Konsequenz, wäh-rend auch nur kleine subdurale Blu-tungen in der hinteren Schädelgrube zu einem obstruktiven Hydrozephalus und neurologischen Defiziten führen können [15]. Zwei MRT-Studien haben insgesamt 27 Kinder im Alter von 1–3 Monaten mit geburtsassoziierten subduralen Blutungen verlaufskontrolliert. Ein Baby zeigte eine Zunahme des SDH [16, 17]. In den meis-ten Fällen resorbieren sich die SDH ohne erhebliche Morbidität.

Subarachnoidale und intraparenchy-male Blutungen sind meistens mit einer traumatischen Geburt assoziiert, können aber auch bei nichttraumatischen Ge-burten auftreten (. Abb. 4; [14]).

Die kranielle MRT-Bildgebung ist zur Darstellung von Blutungen der CT überle-gen, insbesondere bei extrazerebralen Blu-tungen und bei SDH der hinteren Schä-delgrube [18]. Die Blutungen, die sich im subakuten Stadium befinden, kommen hyperintens in der T1-Wichtung durch das vorhandene Methämoglobin zur Dar-stellung. In den T2-gewichteten Sequen-zen stellen sich diese hypointens dar [19].

Abb. 2 8 Mittels Vakuumextraktion Neugeborenes mit progredienter Schwellung links parietal. Untersuchung am Tag 9 nach der Geburt. In den Sequenzen (a T2 axial, b T1 koronal, c Flair koronal, d T2 sagittal) zeigt sich ein großes Zephalhämatom links parietal mit einem Durchmesser 6×2 cm. Das Hämatom kommt in allen Sequenzen hyperintens zur Darstellung. In der koronaren T1-Sequenz (b) zeigt sich ein weiteres kleines Zephalhämatom rechts parietal

Abb. 3 8 Mittels Vakuumextraktion Neugeborenes in einem klinisch unauffälligen Zustand. Die T1-Se-quenz (a) zeigt ein kleines, nicht raumforderndes subdurales Hämatom im Bereich der hinteren Schä-delgrube. Das SDH kommt hyperintens zur Darstellung. In der T2*-Sequenz (b) zeigt sich in unmittel-barer Nähe zum SDH eine kleine intraparenchymale Blutung in der rechten Kleinhirnhemisphäre, die als Signalauslöschung zur Darstellung kommt

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Leitthema: Schädel-Hirn-Trauma in der pädiatrischen Radiologie

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Hypoxisch-ischämische Enzephalopathie

Der Begriff „Perinatale Asphyxie“ be-zeichnet den hypoxisch-ischämischen In-sult, den ein Kind unter der Geburt er-leiden kann. Die Häufigkeit wird mit 3–5/1000 Geburten angegeben. Im Hin-blick auf die Prognose sind die Schäden am Zentralnervensystem von besonde-rer Bedeutung. Das entsprechende kli-nische Frühbild – die hypoxisch-ischä-mische Enzephalopathie – tritt bei 0,5–1/1000 Geburten auf [21]. Die Manifesta-tionen an anderen Organen sind dagegen meist flüchtiger Natur.

Sind bereits vorübergehende oder vielleicht auch irreversible Organschä-den durch die Geburtsasphyxie eingetre-ten oder gelingt es nicht, den Sauerstoff-mangel schnell zu beheben, muss mit ent-weder akuten oder auch bleibenden hypo-xischen Schädigungen verschiedener und in schweren Fällen sogar mehrerer Organ-systeme gerechnet werden.

Unmittelbar nach der Geburt mani-festiert sich die Geburtsasphyxie durch verminderte Spontanatmung, Atemstill-stand, Zyanose, Bradykardie: „Blaue As-phyxie“. Die schwere Geburtsasphyxie ist gekennzeichnet durch eine extreme Blässe mit Bradykardie oder Herzstillstand und Blutdruckabfall: „Weiße Asphyxie“. Die APGAR-Werte sind extrem niedrig (<3).

MRT-Bildgebung

Die MRT-Bildgebung wird bei der Beur-teilung von Säuglingen mit hypoxisch-ischämischer Enzephalopathie zuneh-mend genutzt [22, 23]. Es sind verschie-dene Muster hypoxischer Hirnverlet-zungen bei Neugeborenen beschrieben worden, die mit dem Schweregrad und der Dauer der Hypoxie zusammenhän-gen [23]. Obwohl die pathologischen Ver-änderungen normalerweise schnell nach der Geburt im MRT nachgewiesen wer-den können, ist es nicht selten, dass sogar ausgedehnte hypoxische Schädigungen in der MRT-Bildgebung nicht dargestellt werden. Die Empfindlichkeit der MRT im Vergleich zu den ersten Tagen ist höher, wenn die Untersuchung nach den ersten 4 Tagen nach dem Ereignis durchgeführt wird [24].

Die häufigsten Veränderungen, die im MRT nachgewiesen werden können, sind:F pathologisches Signal im Bereich der

Stammganglien,F pathologisches Signal im Thalamus,F pathologisches Signal im hinteern

Schenkel der Capsula interna,F punktformige Läsionen der weißen

Substanz,F diffuses pathologisches Signal (nicht

punktformig) der weißen Substanz,F Grenzzoneninfarkte.

SequenzenDie Genauigkeit und Reproduzierbarkeit der hypoxischen Veränderungen in den konventionellen T1-und T2-gewichteten Sequenzen wurden in mehreren Studien gezeigt [24, 25]. Die Läsionen kommen si-gnalintens sowohl in den T1- wie auch in den T2-gewichteten Sequenzen zur Dar-stellung. Die T1-gewichteten Sequen-zen sind überlegen zur Darstellung hyp-oxischer Veränderungen in den Stamm-ganglien, im Thalamus und im hinteren Schenkel der Capsula interna sowie auch von punktförmigen Läsionen der weißen Substanz. Die T2-Wichtung ist der T1-Wichtung überlegen zur Darstellung dif-fuser Läsionen (nicht punktformig) der weißen Substanz sowie auch zur Darstel-lung territorialer Infarkte [24]. T1-und T2-gewichtete Sequenzen können aber auch in den ersten Tagen normal erscheinen oder nur diskrete Veränderungen nach-weisen, die oft nur schwierig von norma-len Befunden im Neugeborenengehirn zu unterscheiden sind. Die Beurteilung der Untersuchung wird oft durch die Tatsache behindert, dass bei vielen Patienten der genaue Zeitpunkt der stattgehabten Hyp-oxie nicht bekannt ist ( . Abb. 5; [25])

Die Fluid-attenuated-inversion-reco-very- (FLAIR-)Sequenz ist aufgrund der hohen Wasserkonzentration des unreifen Gehirns nicht sehr hilfreich im ersten Le-bensjahr im Vergleich zu älteren Kindern und Erwachsenen. Somit können die hypoxisch-ischämischen Veränderungen nicht dargestellt werden. In der FLAIR-Sequenz können zystische Veränderungen nach Hypoxie nachgewiesen werden, oh-ne dass sie aber der T1- und T2-Wichtung überlegen ist.

Zusammenfassung · Abstract

Radiologe 2009 · 49:913–917DOI 10.1007/s00117-009-1837-8© Springer Medizin Verlag 2009

P. Papanagiotou · T. Rohrer · C. Roth · M. Politi · A. Zimmer · W. ReithKraniales Geburtstrauma

ZusammenfassungAls Geburtstrauma werden die Verletzungen des Säuglings bezeichnet, die während der Geburt stattfinden. Zu den Verletzungen, die am Schädel auftreten können und haupt-sächlich durch mechanische Kräfte wie Kom-pression oder Traktion verursacht werden, gehören das Caput succedaneum, das Ze-phalhämatom, das subgaleale Hämatom und die intrakranielle Blutung. Die hypoxisch-ischämische Enzephalopathie ist die Folge ei-ner systemischen Asphyxie während der Ge-burt.

SchlüsselwörterGeburtstrauma · Subdurales Hämatom · Intrakranielle Blutung · Hypoxisch-ischämische Enzephalopathie

Cranial birth trauma

AbstractInjuries to an infant that result during the birth process are categorized as birth trauma. Cranial injuries due to mechanical forces such as compression or traction include caput suc-cedaneum, cephalhematoma, subgaleal he-matoma and intracranial hemorrhaging. Hy-poxic ischemic encephalopathy is the conse-quence of systemic asphyxia occurring dur-ing birth.

KeywordsBirth trauma · Subdural hemorrhage · Intracranial hemorrhage · Hypoxic ischemic encephalopathy

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Die Diffusionsbildgebung (DWI) kann die hypoxisch-ischämischen Verände-rungen ebenfalls nachweisen, ist aber der T1-Sequenz nicht überlegen. Die DWI ist bei der Darstellung territorialer Infarkte der T1- und T2-Wichtung überlegen. Pro-bleme bei der Darstellung der Läsionen in der DWI sind die Pseudonormalisierung, die eventuell eine Woche nach dem ischä-mischen Ereignis auftreten kann sowie die Darstellung einer diffusen Hypoxie durch die fehlende Kontrastierung vom norma-lem Hirnparenchym [24].

Kontrastmittelgestützte T1-Sequenzen haben keinen Vorteil nachweisen kön-nen; somit kann bei der Abklärung einer hypoxisch-ischämischen Enzephalopa-thie auf eine Kontrastmittelgabe verzich-tet werden.

Abb. 4 9 Mittels Vakuum-extraktion Neugeborenes in einem klinisch unauf-fälligen Zustand. Der So-nographiebefund in koro-narer (a) und sagittaler (b) Schichtführung zeigt ei-ne ca. 9 mm im Durchmes-ser große homogene Echo-genitätsvermehrung hoch-frontal rechts. Die MRT zeigte eine hyperintense Läsion in der T1-Sequenz (c), die in der T2*-Sequenz (d) hypointens zur Darstel-lung kommt. Es handelt es sich um eine Parenchym-blutung bei Zustand nach Vakuumextraktion

Abb. 5 8 Drei Tage altes Kind mit klinischem Verdacht auf eine perinatale Asphyxie bei unauffälliger Schwangerschaft. In der T1-Sequenz (a) zeigt sich eine pathologische Signalanhebung im dorsalen Anteil der Stammganglien, im Bereich der Thalami sowie auch im hinteren Schenkel der Capsula inter-na. Die gleichen Veränderungen kommen auch in der T2-Sequenz (b) zur Darstellung, sind aber in der T1-Sequenz besser zu erkennen. Die Läsionen entsprechen hypoxisch-ischämischen Veränderungen

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Leitthema: Schädel-Hirn-Trauma in der pädiatrischen Radiologie

Page 5: Kraniales Geburtstrauma - neurorad.gr fileHämatom können durch die massive Blu - Abb. 1 824 h alter Säugling nach spontaner vaginaler Entbindung. Caput succedaneum mit Ödem und

KorrespondenzadresseP. PapanagiotouKlinik für Diagnostische und Interventionelle Neuroradiologie, Universitätsklinikum des SaarlandesKirrberger Straße 1, 66421 Homburg/[email protected]

Interessenkonflikt. Der korrespondierende Autor gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

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Neu vom ASCO 2009: Auswahl und Bewertung der wichtigsten Daten für Ärzte

Das Jahrestreffen der American Society of Cli-nical Oncology (ASCO) ist der weltweit größte Krebskongress. Namhafte Experten haben für das Internetportal der Deutschen Krebs-gesellschaft die wichtigsten Ergebnisse des Kongresses zusammengeführt und bewertet. Dieser exzellente Überblick zu aktuellen Entwicklungen in der Onkologie und deren Bedeutung für die Behandlung von Tumo-rerkrankungensteht als Kongress-Digest für behandelnde Ärzte zur Verfügung:Mit der Zusammenstellung und Interpreta-tion der wichtigsten Forschungsergebnisse zu den Schwerpunkten Mammakarzinom, Lungenkarzinom, Kolonkarzinom und Pros-tatakarzinom erhalten Ärzte eine fundierte, auf wesentliche Daten und Fakten gestützte Berichterstattung. Gleichzeitig werden die Ergebnisse im Kontext bisheriger Standards erläutert und gewichtet.Anerkannte Experten, die selbst auf dem Kongress anwesend waren, haben die Berichterstattung betreut. Zum Thema Brustkrebs informiert Prof. Dr. med. Nadia Harbeck, Leiterin des Brustzentrums Köln / Frechen an der Uniklinik Köln. Zu Darmkrebs berichtet Prof. Dr. med. Thomas Seufferlein, Direktor der Klinik für Innere Medizin, Uni-versitätsklinikum Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Das Thema Lungenkrebs betreute Dr. Nicolas Dickgreber, Leiter des Fachbereiches Pneumologie an der Medizi-nischen Hochschule Hannover. Prof. Dr. Kurt Miller, Klinikdirektor der Urologischen Klinik, Charité-Universitätsmedizin Berlin widmete sich dem Prostatakarzinom.

Die Berichte können als kostenpflichtiges PDF-Download abgerufen werden.Mehr Informationen unter www.krebsgesellschaft.de/digest.

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