Leitlinie zum Management von Dammrissen III. und IV ... · PDF file15 25. Jahrgang, 3/2007...

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  • Geburtshilfe Frauen-Heilkunde Strahlen-Heilkunde Forschung Konsequenzen

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    Helmer H, Bachholz G, Bichler A, Frudinger A, Neunteufel WTammaa A, Umek W, Wunderlich M

    Leitlinie zum Management von Dammrissen III. undIV. Grades nach vaginaler Geburt

    Speculum - Zeitschrift fr Gynkologie und Geburtshilfe 2007; 25 (3)(Ausgabe fr Schweiz), 15-15

    Speculum - Zeitschrift fr Gynkologie und Geburtshilfe 2007; 25 (3)(Ausgabe fr sterreich), 15-18

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    25. Jahrgang, 3/2007

    Leitlinie zum Managementvon Dammrissen III. und IV. Grades

    nach vaginaler Geburt

    G. Bachholz1, A. Bichler2, A. Frudinger3, H. Helmer4,W. Neunteufel1, A. Tammaa5, W. Umek4, M. Wunderlich6

    Verantwortlich fr die Erstellung und das Update:H. Helmer, W. Umek

    1 A. . Krankenhaus der Stadt Dornbirn2 Landeskrankenhaus Bad Ischl3 Medizinische Universitt Graz4 Medizinische Universitt Wien5 Wilhelminenspital der Stadt Wien6 Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern Wien

    D ie vorliegende Leitlinie entstand auf Anregung der Abteilung fr Geburtshilfeund feto-maternale Medizin der Medizinischen Universitt Wien in Zusam-menarbeit mit der sterreichischen Arbeitsgemeinschaft fr Urogynko-logie und rekonstruktive Beckenbodenchirurgie (AUB). In mehreren Zusammen-knften legten die Autoren besonderen Wert auf Angaben, die auf entsprechenderEvidenz basieren und deren Durchfhrung bei allen Geburten sterreichs mg-lich sein soll. Die Leitlinie wurde vom Vorstand der AUB approbiert und soll inFolge auch als offizielle Leitlinie der GGG Geltung erlangen.

    Zweck der Leitlinie

    Hhergradige Dammrisse (Dammri III.und IV. Grades, DR III/IV) sind die hufigsteUrsache fr Symptome der analen Inkonti-nenz und die damit verbundene schwere Be-eintrchtigung der Lebensqualitt. Ziel die-ser Leitlinie ist es, eine Entscheidungshilfefr Diagnose, Behandlung und Nachsorgevon Patientinnen mit hhergradigen Damm-rissen zu geben und so das Risiko fr dauer-hafte Beschwerden zu minimieren.

    1. Epidemiologie

    Risikofaktoren fr einen hhergradigenDammri sind (Reihung nach absteigenderGewichtung): Mediane Episiotomie

    Forceps Vakuum Dauer der Austreibungsperiode ber

    60 Minuten Primiparitt Okzipitoposteriore Haltung Mediolaterale Episiotomie Geburtsgewicht > 4 kg Geburtseinleitung Epiduralansthesie

    Die Hufigkeit von hhergradigen Damm-rissen bei allen vaginalen Geburten betrgtetwa 1 %. Die Hufigkeit einer analen In-kontinenz nach hhergradigen Dammris-sen liegt zwischen 20 % und 87 % [19].

    2. KlassifikationVon einem hhergradigen Dammri sprichtman, wenn zumindest der M. sphincter aniexternus verletzt ist: Dammri III: Sphinkter verletzt, Rek-

    tumwand intakt Dammri IV: Sphinkter verletzt, Rek-

    tum erffnet [10]

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    Die folgende Unterteilung des DR III kannhilfreich sein: IIIa: Spincter ani externus weniger als 50 %

    betroffen IIIb: Spincter ani externus mehr als 50 %

    betroffen IIIc: Spincter ani externus und internus

    betroffen [11]

    Da der interne Analsphinkter fr den Kon-tinenzmechanismus eine wichtige Rollespielt, sind seine Identifikation und Versor-gung wnschenswert [12].

    3. Diagnostik

    Nach jeder vaginalen Geburt mu ein Damm-ri III/IV zunchst durch sorgfltige Inspek-tion durch den Geburtshelfer und/oder dieHebamme ausgeschlossen werden. Sollteein DR III/IV nicht ausgeschlossen werdenknnen, ist ein Facharzt fr Frauenheil-kunde und Geburtshilfe beizuziehen, derdie Vermutungsdiagnose berprft, gege-benenfalls eine vorlufige, orientierende Klas-sifikation (III. oder IV. Grad) durchfhrtund die weiteren Schritte einleitet.

    4. Postpartale Versorgung

    Die postpartale Versorgung eines DR III/IVist in Allgemein- oder Regionalansthesiezur Erreichung einer maximalen Sphink-terrelaxation durchzufhren. Die Versor-gung ist unter aseptischen Verhltnissenim Operationssaal oder einer quivalentenEinrichtung in Steinschnittlage mit Assi-stenz, Instrumentaria und entsprechen-dem Instrumentarium durchzufhren. ImOperationsteam sollte ein Facharzt mitausreichender Erfahrung zur Verfgungstehen (Evidenzlevel IV, EmpfehlungsgradC). Eine adquate properative, dokumen-tierte Aufklrung ist durchzufhren. Eineprophylaktische perioperative Antibiotika-gabe, entsprechend dem zu erwartendenKeimspektrum, soll verabreicht werden(Evidenzlevel IV, Empfehlungsgrad C).

    Operative Strategie:

    a) Feststellung zustzlicher Geburtsverlet-zungen sowie exakte Klassifikation desDammrisses mittels Spiegeleinstellungund rektaler Untersuchung.

    b) Gegebenenfalls zuerst Versorgung vonZervix- und hohen Scheidenrissen, voninnen nach auen, danach Versorgungdes Dammrisses.

    Versorgung eines DR III/IV:

    a) Identifikation der Sphinkterenden undFassen mit Allis-Klemmen

    b) Gegebenenfalls Rektumnaht (ausschlie-lich Muscularis mucosae) einreihig, in-vertierend oder Sto auf Sto, mit atrau-matischen Einzelknopfnhten, vorzugs-weise 3-0 (Abb. 1).

    c) Bei auffindbaren Enden des M. sphinkterani internus Adaptation derselben mitatraumatischen, U-frmig gestochenenEinzelknopfnhten, vorzugsweise 3-0 [13](Evidenzlevel III, Empfehlungsgrad B).

    d) Naht des M. sphinkter ani externus, End-zu-End oder berlappend, mit atrauma-tischen Einzelknopfnhten, vorzugswei-se 2-0. Rezente Daten sprechen fr einenVorteil der berlappenden Technik [14](Evidenzlevel Ib, Empfehlungsgrad A)(Abb. 2).

    e) Fr die Punkte b) bis d) soll auf nicht-resorbierbares Nahtmaterial verzichtetwerden. Es wird die Verwendung vonlangsam resorbierbarem Nahtmaterialempfohlen. Die Wahl zwischen gefloch-tenem und monofilem Material bleibtder Prferenz des erfahrenen Operateursberlassen [13] (Evidenzlevel III, Empfeh-lungsgrad B).

    f) Schichtweise Versorgung des Dammesg) Dokumentation der Geburtsverletzungen

    und Verfassen eines OP-Berichtes

    5. Manahmen fr das Wochenbett Antibiotika: Der prophylaktische, intra-

    und postoperative Einsatz von Breitspek-trum-Antibiotika wird empfohlen. Dasgramnegative und anaerobe Keimspek-trum soll abgedeckt sein [15] (Evidenz-level IV, Empfehlungsgrad C).

    Laxantien: Die prophylaktische Gabe vonLaktulose reduziert die Schmerzen beimersten Stuhlgang nach Versorgung eineshhergradigen Dammrisses. Postopera-tiver Schmerz, Wundinfektionsrate, Kon-tinenz und Dyspareunie werden durchLaxantiengabe nicht beeinflut [16] (Evi-denzlevel 1b, Empfehlungsgrad A). Dar-ber hinaus wird die Laxantiengabeempfohlen, um die mechanische Bela-stung der Naht zu minimieren (Evidenz-level IV, Empfehlungsgrad C).

    1:Rektumnaht

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    Bei unkompliziertem Heilungsverlauf imWochenbett ist von einer rektalen Untersu-chung Abstand zu nehmen.

    6. Nachsorge

    Eine Nachuntersuchung soll am entbinden-den Krankenhaus beziehungsweise durchden primr versorgenden Facharzt 36 Mo-nate postpartal erfolgen.

    Die Nachuntersuchung soll zumindest diefolgenden Punkte beinhalten: Anamnese inklusive Frage nach den fol-

    genden Symptomen der analen Inkonti-nenz (in Klammern die Hufigkeit desjeweiligen Symptoms nach DR III/IV): Flatusinkontinenz (30 %) Stuhldrang (26 %) Inkontinenz fr flssigen Stuhl (8 %) Inkontinenz fr festen Stuhl (4 %)

    [1721] Inspektion Vaginale und rektale Palpation Zuweisung zur Physikotherapie zum

    Zweck der Krftigung der Beckenboden-muskulatur

    Aufklrung ber die mglicherweise lan-ge Latenzzeit bis zum Auftreten von Sym-ptomen der analen Inkontinenz [22] (Evi-denzlevel 1b, Empfehlungsgrad A).

    Hinweis, da sich die Patientinnen beimAuftreten von Symptomen mit ihremArzt in Verbindung setzen sollen.

    Beratung bezglich Folgegeburten

    7. Empfehlungen fr Folge-geburten

    Die Patientin soll informiert werden, da beiStatus post Dammri III/IV ein zirka 5facherhhtes Risiko fr einen neuerlichen Sphink-terschaden im Rahmen einer Folgegeburtbesteht [2326] (Evidenzlevel IIa, Empfeh-lungsgrad B). Weiters soll sie darber infor-miert werden, da sich bestehende Sym-ptome analer Inkontinenz nach einer wei-teren vaginalen Geburt bei mehr als derHlfte der Frauen verschlechtern [27](Evidenzlevel IIa, Empfehlungsgrad B).

    Eine generelle Empfehlung fr eine pri-mre Sectio bei der Folgegeburt zur Ver-hinderung analer Inkontinenz kann ausden bisher vorliegenden Daten jedoch nichtabgeleitet werden [2833]. Die Autoren derLeitlinie vertreten die Meinung, da beiPatientinnen mit analer Inkontinenz nachDR III/IV die primre Sectio fr die Folge-geburt zu empfehlen ist (Evidenzlevel IV,Empfehlungsgrad C). Fr eine verllicheEmpfehlung mssen jedoch weitere Studi-en abgewartet werden.

    Anhang: Evidenzniveau undEmpfehlungsgrad*

    Klassifikation des Evidenzgrades

    Ia Evidenz aufgrund der Metaanalyse ran-domisiert kontrollierter Studien

    Ib Evidenz aus mindestens einer randomi-siert kontrollierten Studie

    IIa Evidenz aus mindestens einer gut kon-zipierten kontrollierten Studie ohne Ran-domisierung

    IIb Evidenz aus mindestens einer gut kon-zipierten experimentellen Studie

    III Evidenz aus gut konzipierten nicht ex-perimentellen, beschreibenden Unter-suchungen, Korrelationsuntersuchun-gen und Fallstudien

    IV Evidenz von Expertengremienreportsoder -meinungen und/oder klinische Er-fahrungen anerkannter medizinischerExperten