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LEAN SERVICE 2016 – Herausforderungen und Handlungsbedarfe Eine Studie der Staufen AG LEAN SERVICE IM MASCHINEN UND ANLAGEN BAU

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LEAN SERVICE 2016 –Herausforderungen und Handlungsbedarfe Eine Studie der Staufen AG

LEANSERVICEIMMASCHINEN UNDANLAGEN BAU

2 STUDIE: LEAN SERVICE

4 EDITORIAL

6 ÜBER DIE STUDIE

8 MASCHINEN- UND ANLAGENBAU IM WANDEL ZUM LÖSUNGSANBIETER

13 STATUS QUO DES SERVICEGESCHÄFTS IM DEUTSCHEN MASCHINEN- UND ANLAGENBAU

16 DIE ACHT HANDLUNGSFELDER FÜR LEAN SERVICE

Inhalt1

2

5

3

4

STUDIE: LEAN SERVICE 3

19 ERGEBNISSE NACH DEN ACHT HANDLUNGSFELDERN

19 6.1 Servicestrategie

28 6.2 Serviceprozesse

41 6.3 Serviceorganisation

49 6.4 Management und Führung

56 6.5 Produkte und Dienstleistungen

65 6.6 Instrumente

75 6.7 Ersatzteilmanagement

80 6.8Qualifizierung

86 KERNAUSSAGEN DER STUDIE

88 HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN ZUR UMSETZUNG VON LEAN SERVICE

6

7

8

4 STUDIE: LEAN SERVICE

Jan Sibold, Branchenmanager Maschinen- und Anlagenbau, Staufen AG

Editorial1

Innovativer Service wird zum Schlüssel für unternehmerischen Erfolg

STUDIE: LEAN SERVICE 5

Für Maschinen- und Anlagenbauer ist es heute überlebensnot-

wendig, den Service als strategisches Geschäftsfeld zu erkennen.

Denn das Neuproduktgeschäft unterliegt Schwankungen und

steht unter starkem Wettbewerbsdruck. Produkte ausschließlich

auf technischer Basis zu verkaufen wird immer anspruchsvoller,

die Kunden erwarten Dienstleistungen rund um das Produkt. Die

langjährigen Zugpferde des Service – das Wartungs- und Ersatz-

teilgeschäft – werden dabei zukünftig nicht mehr ausreichen, um

sich von der Konkurrenz abzuheben.

Maschinen- und Anlagenbauer widmen sich deshalb dem Einsatz

neuer Technologien, erweitern so ihr Serviceangebot und entwi-

ckeln neue Geschäftsmodelle. Dabei bietet die Digitalisierung ge-

waltige Chancen. Innovative Angebote wie Remote Services und

Predictive Maintenance versprechen sowohl den Maschinenher-

stellern wie auch deren Kunden Vorteile. Für den Kunden bieten

diese digitalen Services den Schlüssel für die Störungsfreiheit und

Verlässlichkeit der eigenen Wertschöpfungsprozesse.

Insgesamt liegen im Servicegeschäft also noch gewaltige Poten-

ziale. Der erfolgreiche Wandel vom Produkt- zum Lösungsanbie-

ter mit produktbegleitenden Services erfordert jedoch ein klares

Zielbild. Und ein ganzheitliches Vorgehen, bei dem nicht nur die

Servicestrategie und neue Geschäftsmodelle entwickelt, sondern

auch Prozesse, Organisation und Führungsleistung im Sinne von

Lean Management optimiert werden.

DievorliegendeStudieidentifiziertentlangdesStaufenLeanSer-

vice Modells Erfolgsfaktoren und leitet darauf aufbauend Hand-

lungsempfehlungen für Unternehmen ab, die ihr Servicegeschäft

ausbauenundprofitablergestaltenmöchten.Unbestrittenbefin-

det sich der deutsche Maschinen- und Anlagenbau im Umbruch.

Die Ausrichtung sowie die Organisation des Servicegeschäfts

werden über den zukünftigen Erfolg eines Unternehmens mitent-

scheiden. Es geht darum, Kunden durch Spitzenleistung im Ser-

vice langfristig zu begeistern.

6 STUDIE: LEAN SERVICE

Für die Studie „Lean Service im deutschen Maschinen- und Anlagen-bau“ hat die Unternehmensberatung Staufen 2016 154 Unternehmen aus dem deutschen Maschinen- und Anlagenbau befragt. Der Aufbau der Studie orientiert sich am Lean Service Modell von Staufen. Die acht Handlungsfelder des Modells bilden dabei den Bezugs- rahmen (siehe S. 16).

Überdie Studie

2

STUDIE: LEAN SERVICE 7

77

Überdie Studie

ZielsetzungderStudiewardieIdentifikationvonErfolgsfaktoren

für Spitzenleistung im Service und die Ableitung von Handlungs-

empfehlungen für den deutschen Maschinen- und Anlagenbau.

Die Bedeutung der einzelnen Handlungsfelder wurde anhand

der betriebswirtschaftlichen Kenngrößen Wachstum und Profi-

tabilität evaluiert. Der Bewertungsansatz wurde um die qualita-

tive Komponente der Kundenzufriedenheit erweitert. Der direkte

EinflussderHandlungsfelderaufdieKundenzufriedenheitwurde

anhand der Erfahrungswerte von Branchen- und Serviceexperten

der Staufen AG sowie ausgewählten Interviews bewertet.

BEWERTUNGS- METHODIK

DER STUDIE

154 Unternehmen haben an der Studie teilgenommen, davon haben

53 Prozent mehr als 500 Mitarbeiter.

92 Prozent der Befragten sind Serviceführungskräfte ab Abteilungsleiterebene.

8 STUDIE: LEAN SERVICE

Maschinen- und Anlagenbau im Wandel zum Lösungs-anbieter

3

Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass der deutsche Maschinen- und Anlagenbau das Potenzial von zu- sätzlichen Serviceangeboten erkannt hat. Aktuell befinden sich viele Betriebe im Wandel vom reinen Maschinen- zum Lösungsanbieter.

STUDIE: LEAN SERVICE 9

0 %

5 %

10 %

25 %

30 %

35 %

15 %

20 %

Heute 5 Jahren

Reiner Maschinenbauer

AnzahlderUnternehmenin %

Reiner Serviceanbieter

In den nächsten 5 Jahren sieht sich ein Großteil der befragten

Unternehmen auf dem Weg vom Maschinenanbieter zum An-

bieter integrierter Produkt- und Serviceleistungen. Der Wan-

del des deutschen Maschinenbaus hat jedoch erst begonnen.

Die Studie zeigt die beherrschenden Themen, die Maschinen-

hersteller in den nächsten Jahren besonders intensiv verfol-

gen werden.

Der Wandel vom reinen Produkt- zum Lösungsanbieter

10 STUDIE: LEAN SERVICE

Eine große Mehrheit von 92 Prozent der befragten Unterneh-

men stuft das Servicegeschäft als wichtig beziehungsweise

sehr wichtig für den eigenen Erfolg ein.

Die hohe Relevanz des Servicegeschäfts führt zu einem zukünf-

tigen Ausbau der Serviceleistungen und zu einer veränderten

Umsatzverteilung zugunsten des Servicegeschäfts. Dessen durch-

schnittlicher Umsatzanteil liegt derzeit bei 10 bis 20 Prozent und

wird sich nach Einschätzung der Unternehmen in den kommen-

den fünf Jahren auf durchschnittlich 20 bis 30 Prozent erhöhen.

Sehr wichtig

Wichtig

Weniger wichtig

Nicht wichtig

Wie wichtig ist das Servicegeschäft für den Erfolg Ihres Unternehmens?

1 %

73 %

19 %

7 %

STUDIE: LEAN SERVICE 11

Die Kaufentscheidung der Kunden fällt längst nicht mehr nur

aufgrund der besten Maschinen, sondern bezieht sich auf die

beste Gesamtlösung aus Produkt- und Serviceangebot. Die

angebotenen Serviceleistungen spielen daher eine immer

zentralere Rolle beim Kauf einer Maschine oder Anlage. Defi-

zite in diesem Bereich gehören zu den Hauptgründen für die

Abwanderung von Kunden. Für die Maschinenhersteller be-

deutet dies, dass ein umfassendes Serviceangebot zukünftig

sowohl technische als auch organisatorische Verbesserungen

rund um die Maschinen des Kunden abdecken muss. Ist noch

Steigender Umsatzanteil für das Servicegeschäft

keine ausreichende Expertise hinsichtlich eines integrierten

Dienstleistungsangebots für die eigenen Maschinen vorhan-

den, können Maschinenhersteller zum Beispiel Kooperati-

onen mit Servicedienstleistern eingehen, um das eigene Ser-

viceangebot zu erweitern.

Der Ausbau neuer Dienstleistungen, die über die reine War-

tung und das Angebot von Ersatzteilen hinausgehen, ist für

die Befragten ein wichtiges Mittel, um ihr angestrebtes Um-

satzwachstum zu erzielen.

0 %

5 %

10 %

25 %

30 %

35 %

40 %

45 %

<5 % 5 %–9 % 10 %–19 % 20 %–29 % 30 %–39 % >40 %

15 %

20 %

9 %

16 %

8 %

1 %

41 %

25 %

Anteil Serviceumsatz heute Anteil Serviceumsatz in 5 Jahren

Wie hoch war der Anteil des Serviceumsatzes am Gesamtumsatz im letzten Geschäftsjahr und wie hoch soll dieser in fünf Jahren sein?

12 STUDIE: LEAN SERVICE

Welche Themen werden Sie im Service in den nächsten drei Jahren besonders intensiv verfolgen? (Mehrfachnennungen möglich)

An erster Stelle steht für die Hälfte der Unternehmen die

Verbesserung der Prozess- und Reaktionsgeschwindigkeit. Es

wird deutlich, dass die Hersteller in der schnellen Reaktion

auf Kundenanfragen ein wichtiges Differenzierungsmerkmal

gegenüber dem Wettbewerb und für die Erhöhung der Kun-

denzufriedenheit ausgemacht haben. Eine höhere Kundenzu-

friedenheitführtzubessererKundenbindung,diefür49 Pro-

zent der befragten Unternehmen in den nächsten Jahren

besonders im Fokus steht.

Eine Möglichkeit zur besseren Kundenbindung ist die Bereitstel-

lung eines umfassenderen Serviceangebots. Den Ausbau des Ser-

viceportfolios streben 44 Prozent der Unternehmen an. Dies ist

die logische Konsequenz des angestrebten höheren Serviceum-

satzes. Immerhin ein Viertel priorisiert zudem die Internationa-

lisierung des Servicegeschäfts. Damit folgt der deutsche Maschi-

0 % 20 % 30 %10 % 40 % 50 % 60 %

Qualität der Serviceleistungen

Verbesserung der Prozess- und Reaktionsgeschwindigkeit

QualifizierungvonServicemitarbeitern

Ausbau des Serviceportfolios

Erhöhung der Kundenbindung

Industrie-4.0-Lösungen im Service

Internationalisierung des Servicegeschäfts

Reduzierung der Kosten im Servicebereich

35 %

44 %

49 %

51 %

24 %

37 %

16 %

35 %

nen- und Anlagenbau der Anforderung internationaler Kunden

nach einem weltweiten Servicenetzwerk.

Ein Drittel der befragten Unternehmen setzen zukünftig ver-

stärkt auf Industrie-4.0-Lösungen und neue Technologien als

Treiber für das Servicegeschäft. Dazu gehören Lösungen zur

vorbeugenden und zustandsabhängigen Wartung, aber auch

Instrumente für einen effektiveren Außendiensteinsatz, zum

Beispiel Datenbrillen und Mobile Devices.

Kostensenkungen im Service spielen dagegen für die Unterneh-

men eine geringe Rolle, nur für 16 Prozent der Befragten ist das

Thema wichtig. Im Fokus der Unternehmen stehen vielmehr das

Servicewachstum, die Erschließung neuer Märkte und die Verbes-

serung der Servicequalität, um mit dem Service die Basis für den

nachhaltigen Unternehmenserfolg zu legen.

Themen und Herausforderungen für die Zukunft

STUDIE: LEAN SERVICE 13

Status quo des Servicegeschäfts im deutschen Maschinen- und Anlagenbau

4

Die aktuelle Situation des Servicege-schäfts im deutschen Maschinen- und Anlagenbau wurde anhand der Kennzahlen Wachstum und Marge bewertet.

14 STUDIE: LEAN SERVICE

Die Wachstumsrate des Serviceumsatzes betrug bei den be-

fragten Unternehmen im letzten Geschäftsjahr durchschnittlich

12 Prozent, es zeigen sich jedoch deutliche Spreizungen. So ver-

zeichnet ein Viertel Raten von mehr als 20 Prozent, ein weiteres

Viertel kommt immer noch auf einen zweistelligen Prozentwert.

Rund die Hälfte der Unternehmen bleibt allerdings bei einem

Wachstum im Servicegeschäft von unter 10 Prozent. Aktuell ge-

lingt es vielen Unternehmen also nicht, die angestrebten Wachs-

tumsziele im Service zu erreichen.

Wie groß war das Wachstum des Servicegeschäfts im letzten Geschäftsjahr im Durchschnitt?

0 % 20 % 30 %10 % 40 % 50 % 60 %Anteil der Befragten

0–9 %

30 %undmehr

20–29 %

10–19 % 24 %

18 %

6 %

51 %

Wachstum des Servicegeschäfts

Der Gesamtdurchschnitt liegt bei 12 Prozent

STUDIE: LEAN SERVICE 15

Dieses heterogene Bild zeigt sich ebenfalls in der Marge für das

Servicegeschäft. Zwar liegt der Durchschnittswert bei 26 Prozent,

doch wieder sind es die besonders erfolgreichen Unternehmen,

die den Schnitt nach oben ziehen – mit Werten von teilweise deut-

lich mehr als 30 Prozent. Vier von zehn Befragten bleiben aller-

dings darunter, 20 Prozent im einstelligen Prozentbereich.

Anteil der Befragten

Wie hoch war die Marge des Servicegeschäfts im letzten Geschäftsjahr im Durchschnitt?

0 % 10 % 15 %5 % 20 % 25 % 30 %

40–49 %

20–29 %

10–19 %

0–9 %

30–39 %

50–59 %

60 %undmehr

19 %

14 %

20 %

9 %

7 %

7 %

24 %

Marge des Servicegeschäfts

Der Gesamtdurchschnitt liegt bei 26 Prozent

16 STUDIE: LEAN SERVICE

Die acht Handlungsfelder für Lean Service

5

Das Lean Service Modell der Staufen AG bildet mit seinen acht Handlungs-feldern den Rahmen zur ganzheitlichen Umsetzung der Lean Philosophie im Service. Um ein nachhaltig erfolgreiches Servicegeschäft am Markt zu etablieren, sollten Unternehmen alle Handlungs- felder berücksichtigen und entspre-chende Maßnahmen einführen – von der Servicestrategie bis hin zur Qualifi-zierung der Servicemitarbeiter.

STUDIE: LEAN SERVICE 17

Die acht Handlungsfelder für Lean Service

Serviceprozesse:Vermeiden Sie Verschwendung durch schlanke

Serviceprozesse mit kurzen Durchlaufzeiten und

geringer Problemlösungsdauer für den Kunden.

Serviceorganisation:Gestalten Sie eine eigenständige vom Idealprozess

abgeleitete Serviceorganisation zur Gewährleistung

der maximalen Kundennähe.

Management und Führung:Führen Sie auf Basis von Zahlen, Daten und Fakten

durch visuelles Servicemanagement, fördern Sie Lean

Orientierung in der Serviceorganisation.

Produkte und Dienstleistungen:AnalysierenSiedieProfitabilitätIhrerServiceleistungen

undentwickelnSieeinwettbewerbsdifferenzierendes

Portfolio zur gezielten Steigerung von Serviceumsätzen.

Instrumente:Etablieren Sie unterstützende Servicesysteme und

messbare Kennzahlen zur Steuerung des Servicegeschäfts

als Basis der kontinuierlichen Verbesserung.

Fokusfeld Ersatzteilmanagement:Stellen Sie durch die Anwendung von Lean Prinzipien und

schlanken Logistikprozessen eine hohe Verfügbarkeit und

eine zuverlässige Lieferung von Ersatzteilen sicher.

Servicestrategie:Operationalisieren Sie eine auf Lean Prinzipien basierende Servicestrategie.

Erweitern Sie Ihr Geschäftsmodell vom Produktanbieter zum Lösungsanbieter.

Qualifizierung:Entwickeln Sie Kompetenzen von Mitarbeitern und Führungskräften durch Trai-

ning und Coaching auf Basis des Mentor-Mentee-Prinzips kontinuierlich weiter.

Bedeutung der Handlungsfelder

Die zwei Handlungsfelder „Produkte und Dienstleistungen“ sowie

„Management und Führung“ haben auf das Servicewachstum

einen stark positiven Einfluss. Ferner beeinflussen Unterneh-

men das Wachstum des Servicegeschäfts maßgeblich durch die

Zusammensetzung, den Ausbau und die Ausrichtung des Ser-

viceportfolios. Insbesondere das Angebot von innovativen Dienst-

leistungen hat einen vergleichsweise großen positiven Einfluss.

Aber auch Management und Führung kommt eine zentrale Rolle

zu, nicht zuletzt als Schnittstelle und Weichensteller für weitere

Handlungsfelder. So müssen Führungskräfte etwa die ebenfalls

einflussreiche Servicestrategie formulieren und implementie-

ren oder die Vorgaben für eine erfolgreiche Serviceorganisation

leisten.

HinsichtlichderProfitabilitätfälltauf,dassvorallemeffizientePro-

zess- undAblaufstrukturen einenmaßgeblichen Einfluss auf die

Marge des Servicegeschäfts haben. Das Prozessdesign und die Pro-

zessstrukturen sollten durch geeignete Instrumente und Systeme

unterstütztwerden,umeinenoptimalenEffekt zuerzielen.Dies

gilt insbesondere für die Prozesse des Ersatzteilmanagements.

18 STUDIE: LEAN SERVICE

Management und Führung

Qualifizierung

StarkpositiverEinfluss PositiverEinfluss KeindirekterEinfluss

Serviceorganisation

Ersatzteilmanagement

Serviceprozesse

Instrumente

Servicestrategie

Produkte und Dienstleistungen

EinflussaufWachstum

EinflussaufMarge

EinflussaufKundenzufriedenheit

Zur Steigerung der Kundenzufriedenheit sind vor allem die Handlungsfelder Service-

prozesse, Produkte und Dienstleistungen und Ersatzteilmanagement entscheidend.

Schlanke und störungsfreie Serviceprozesse erhöhen die Termintreue und damit die

Kundenzufriedenheit. Ein breites, auf die Kundenbedürfnisse ausgerichtetes Servicepro-

duktportfolioundeineffizientesErsatzteilmanagementwirkensichebenfallspositivauf

die Kundenzufriedenheit aus.

STUDIE: LEAN SERVICE 19

Servicestrategie

EinflussaufWachstum

EinflussaufMarge

EinflussaufKundenzufriedenheit

Ergebnisse nach den acht Hand-lungsfeldern

6

Servicestrategie Ein klares Zielbild und eine aus der Unternehmensstrategie

abgeleitete eigene Servicestrategie bilden das Fundament

eines erfolgreichen Servicegeschäfts. Die strategische

Herangehensweise sowie die Fokussierung der Service-

aktivitäten ermöglichen eine strukturierte und proaktive

Marktbearbeitung. Dies führt zu einem höheren Wachstum

des Serviceumsatzes. Durch die strategische Ausrichtung

der Serviceorganisation und den zielgerichteten Einsatz

der begrenzten Serviceressourcen wird die Effizienz inner-

halb der Serviceorganisation gesteigert und nachhaltig die

Profitabilität erhöht.

6.1

20 STUDIE: LEAN SERVICE

Eine professionelle Servicestrategie ist durch folgende Merkmale gekennzeichnet:

Wichtigste Erkenntnisse:

EsexistierteinklaresZielbildmiteinerdefiniertenVisionund

Mission für das zukünftige Servicegeschäft.

Für das Geschäftsfeld Service ist eine aus der Unternehmens-

strategieabgeleiteteeigeneStrategiedefiniert.

Ein aus der Servicestrategie abgeleitetes Zielsystem mit

konkreten Maßnahmen stellt die Umsetzung der Service-

strategie sicher.

Im Fokus der Servicestrategie steht die Stärkung der Kunden-

bindung und -loyalität.

Zur Ausrichtung der Servicestrategie auf die Kundenanforde-

rungen werden sowohl die Zufriedenheit wie auch die

Erwartungen der Kunden regelmäßig erhoben und als Ausgangs-

punkt für die kontinuierliche Verbesserung genutzt.

der Unternehmen haben eine

Servicestrategiedefiniert.

der Unternehmen setzen Service

zur Entwicklung von Kundenbindung

und -loyalität ein.

der Unternehmen erheben und analysieren

regelmäßig die Kundenzufriedenheit

bezüglich der eigenen Serviceleistungen.

55 %

72 %

40 %

Unternehmen mit einer separaten Servicestrategie sind um 23 % profitabler und haben ein um 18 %

höheres Wachstum des Servicegeschäfts.

STUDIE: LEAN SERVICE 21

Das Servicegeschäft strategisch ausrichten

Der Service ist das Bindeglied zwischen Maschinenhersteller und

Kunden. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass die meisten Unter-

nehmen die strategische Bedeutung des Service erkannt haben,

sichdiesjedochnichtineinerseparatdefiniertenServicestrategie

widerspiegelt. Von den befragten Unternehmen haben lediglich

55 Prozent eine separate Servicestrategie, die aus der Unterneh-

mensstrategie abgeleitet ist. Der angestrebte Wandel vom reinen

Maschinenanbieter zum Lösungsanbieter kann ohne eine klare

strategische Ausrichtung nicht erfolgreich bewältigt werden.

Haben Sie eine separate Servicestrategie, die aus der Unternehmensstrategie abgeleitet ist?

Ja

Nein

55 %

45 %

22 STUDIE: LEAN SERVICE

Durchschnittliche Marge und Wachstum des Servicegeschäfts im letzten Geschäftsjahr

0 %

5 %

10 %

25 %

30 %

35 %

Marge Wachstum

15 %

20 %

26 %

32 %

11 %

Keine Servicestrategie Separate Servicestrategie

13 %

Unternehmen mit einer eigenen Servicestrategie haben ein deut-

lichprofitableresServicegeschäft.DerzielgerichteteEinsatzvon

Ressourcen und geeignete Strukturen ermöglichen es den Un-

ternehmen, im Servicegeschäft eine Marge von 32 Prozent zu

erzielen. Damit liegen sie sechs Prozentpunkte über den Wett-

bewerbern, die darauf verzichten. Auch beim Wachstum liegen

Unternehmen mit separater Servicestrategie leicht mit zwei Pro-

zentpunkten in Führung.

Die strategische Ausrichtung des Servicegeschäfts führt zur Steigerung von Marge und Wachstum des Servicegeschäfts

STUDIE: LEAN SERVICE 23

Eine Servicestrategie nur zu formulieren genügt nicht, um sich ei-

nen nachhaltigen Wettbewerbsvorteil zu sichern. Vielmehr müs-

sen Ziele und Maßnahmen abgeleitet werden, die eine wirksame

Umsetzung der Servicestrategie gewährleisten. Ein Viertel der Un-

ternehmen führt jedoch keine systematische Umsetzung durch.

Als FolgedavonwerdenRessourcennicht effektiv undeffizient

eingesetzt und die Serviceziele lassen sich nicht erreichen. Eine

erfolgreiche Umsetzung der Servicestrategie verläuft in mehreren

Phasen und vollzieht sich iterativ.

Es ist notwendig, aus der Servicestrategie lang-, mittel- und kurz-

fristige Ziele sowie Maßnahmen abzuleiten. Die Strategieimple-

mentierung ist dabei eng mit der Zielkontrolle verwoben. Dies-

bezüglich vorbildliche Unternehmen haben für den Service einen

klarenPlanzurStrategieumsetzungdefiniertundverfolgenaktiv

denImplementierungsgradderdefiniertenMaßnahmenz.B.an-

hand einer Projekt-Roadmap für den Service über mehrere Jahre

hinweg.

Haben Sie die Servicestrategie systematisch operationalisiert (z.B. über eine Roadmap)?

0 % 20 % 40 % 100 %60 % 80 %

55 % 22 % 23 %

Trifftzu Trifftteilweisezu Trifftnichtzu

Zielbildung ZielkontrolleStrategische

AnalyseStrategie-

formulierungStrategie-

implementierung

Nahezu die Hälfte aller befragten Unternehmen operationalisiert die Servicestrategie nur unzureichend

24 STUDIE: LEAN SERVICE

2016

Zentrale und globale Aktivitäten: Controlling, Training, Auditing, Problemlösung etc.

2017 2018 2019

Operative Service-Exzellenz

Servicestrategie und Re-Organisation

New Services (aktiver Vertrieb von Service)

Roll-out Germany

Roll-out China / USA

Transfer

Projekt 1

Projekt 2

Projekt 3

Projekt 4

Projekt 5

Projekt 6

Roadmap für den Service

Beispielhafte Roadmap mit Dreijahreshorizont, abgeleitet aus der Servicestrategie

STUDIE: LEAN SERVICE 25

Im Fokus des Servicegeschäfts steht für die befragten Unternehmen die Steigerung der Kundenbindung und -loyalität

Eine Strategie und deren Implementierung sind jedoch nur so

gut wie ihre Inhalte. Die Studienergebnisse zeigen, dass der Ser-

vice primär zur Entwicklung von Kundenbindung und -loyalität

eingesetzt wird. Durch den regelmäßigen Kontakt zwischen Ser-

vicetechnikern und Kunden haben Unternehmen die Chance,

Kundenerwartungen und Bedürfnisse besser zu verstehen. Der

Service agiert als „Sensor“ im Markt. Allerdings handelt die Hälfte

der Unternehmen hier nicht konsequent.

Die direkte Rückmeldung der Erfahrungen aus dem Feld in vorge-

lagerte Unternehmensbereiche kann erheblich zur Verbesserung

der Prozessstrukturen wie auch zu einer markt- und servicege-

rechteren Entwicklung neuer Maschinen beitragen. Unterneh-

men, die diese wertvollen Informationen systematisch und kon-

sequent nutzen, können auf Dauer dem Wettbewerb überlegene

Gesamtlösungen anbieten.

Wozu setzen Sie Service systematisch und bewusst ein?

0 % 20 % 100 %60 % 80 %40 %

Kundenbindung und -loyalität entwickeln

Unterstützen des Produktgeschäfts

VomWettbewerbdifferenzieren

Erwartungen und Bedürfnisse von Kunden besser verstehen

Durch Rückmeldungen eigene Prozesse/ Produktentwicklungen besser verstehen

Nachhaltiges Unternehmenswachstum

23 % 43 % 27 % 7 %

31 % 11 % 8 %19 % 31 %

27 % 14 %21 % 35 %

28 % 8 %22 % 41 %

29 % 10 %22 % 38 %

Trifftvollundganzzu Trifftteilweisezu Trifftehernichtzu TrifftüberhauptnichtzuTriffteherzu

43 % 29 % 19 % 9 %

1 %

1 %

3 %

26 STUDIE: LEAN SERVICE

Um die Ausrichtung der Servicestrategie zu evaluieren, gilt es, in

regelmäßigen Abständen die Kundenzufriedenheit zu erheben

und zu bewerten. Aus den so gewonnenen Ergebnissen folgen

Maßnahmen, um aktiv die Zufriedenheit der Kunden zu steigern.

Vier von zehn Unternehmen gehen bereits regelmäßig auf diese

Weise vor. Allerdings gaben fast ebenso viele an, die Kundenzu-

friedenheit überhaupt nicht zu evaluieren.

HäufigerhebenUnternehmenzwardieZufriedenheitbezüglich

ihrer Maschinen und Anlagen, eine gesonderte Betrachtung der

Serviceleistungen wird jedoch vernachlässigt. Daher fehlt ent-

sprechend die Grundlage für die kontinuierliche Verbesserung in

diesem Bereich.

Wird für den Service die Kundenzufriedenheit regelmäßig erhoben und Maßnahmen daraus abgeleitet?

0 % 20 % 40 % 100 %60 % 80 %

40 % 23 % 37 %

Trifftzu Trifftteilweisezu Trifftnichtzu

Mehr als ein Drittel der befragten Unternehmen erhebt und bewertet die Kundenzufriedenheit mit den eigenen Serviceleistungen unzureichend oder gar nicht

STUDIE: LEAN SERVICE 27

Handlungsempfehlungen

Erkennen Sie den Service als gleichwertig zum Neumaschinen-

geschäftanundschaffenSieeineunternehmensweite

Servicekultur, um durch ganzheitliche Geschäftsmodelle die

Profitabilitätzumaximieren.

Orientieren Sie sich stets am Markt und an Ihren Kunden und

berücksichtigen Sie deren Erwartungen und zukünftige Bedürf-

nisse, um das Servicegeschäft entsprechend auszurichten.

Formulieren Sie eine separate Servicestrategie, die aus der

Unternehmensstrategie abgeleitet ist.

Priorisieren Sie Ziele und Maßnahmen für die systematische

Umsetzung der Servicestrategie und überwachen Sie die erfolg-

reiche Implementierung.

Setzen Sie Service bewusst zur Kundenbindung, zur Steigerung

desUnternehmenswachstumsundzurDifferenzierungvom

Wettbewerb ein und legen Sie durch Ihre Servicestrategie einen

klaren Fokus fest.

28 STUDIE: LEAN SERVICE

Serviceprozesse

EinflussaufWachstum

EinflussaufMarge

EinflussaufKundenzufriedenheit

ServiceprozesseVerschwendungsfreie Serviceprozesse ermöglichen eine

effiziente und schnelle Leistungserbringung. Sie reduzieren

die Durchlaufzeit von Arbeitsschritten und ermöglichen

eine schnelle Reaktion auf Kundenwünsche ebenso wie ein

schnelles Eingreifen bei Maschinenausfällen. Schnelle Re-

aktions- und Problemlösezeiten haben einen stark positiven

Einfluss auf die Kundenzufriedenheit. Verschwendungsfreie

Prozesse im Service führen zu einem profitablen Service-

geschäft mit hohen Margen.

6.2

STUDIE: LEAN SERVICE 29

Störungsfreie Serviceprozesse bilden die Basis für ein

zuverlässiges Servicegeschäft.

Die Kernprozesse des Servicegeschäfts sind eindeutig

definiertunddokumentiert.

Aufeinander folgende Prozessschritte sind verschwen-

dungsarm verkettet und ermöglichen einen kontinuierlichen

Arbeitsfluss.

Verschwendungsfreie Prozesse sind nach den Lean Prinzipien gestaltet und definieren sich durch einen hohen Wertschöpfungsanteil:

Aufträge werden gleichmäßig eingesteuert, die Planung

erfolgt anhand abgestimmter Kapazitäten.

Serviceprozesse werden kontinuierlich verbessert und

anhanddefinierterProzesskennzahlengemessen.

Die Reduzierung von Verschwendung in Serviceprozessen

schafftFreiräumefürWachstumdurchproaktivenService.

Wichtigste Erkenntnisse:

der Unternehmen fokussieren Maßnahmen für störungsfreie

Serviceprozesse.

der Unternehmen haben Ziele und Maßnahmen für die

Prozessverbesserungdefiniert.

der Unternehmen haben ihre Serviceprozesse vollständig

definiertunddokumentiert.

der Unternehmen nutzen eine strukturierte Problemlösung

bei Servicefällen.

der Unternehmen trennen zwischen 1st- und

2nd-Level-Support.

14 %65 %91 %31 %46 %

30 STUDIE: LEAN SERVICE

Im Service mangelt es an schlanken Prozessen

Die Grundlage für exzellenten Service sind klare und schlanke

Serviceprozesse. Nur so kann eine entsprechende Servicestra-

tegie operationalisiert und verfolgt werden. 65 Prozent der Un-

ternehmenhabenihreServiceprozessevollständigdefiniertund

dokumentiert. Rund ein weiteres Viertel hat dies zumindest teil-

weise geleistet.

Effiziente Serviceprozesse folgen den vier Merkmalen schlan-

ker Prozesse: Störungsfreiheit, Fluss, Rhythmus und Sog. Die

vier Merkmale bauen aufeinander auf. Störungsfreie Prozesse

ermöglichen wiederholbare und stabile Arbeitsabläufe. Einzel-

0 % 20 % 40 % 100 %60 % 80 %

65 % 23 % 12 %

Trifftzu Trifftteilweisezu Trifftnichtzu

Sind die wichtigsten Serviceprozesse definiert und dokumentiert (Ersatzteilprozess, Reklamationsprozess ...)?

ne Prozessschritte sind verkettet, der fortlaufende Arbeitsfluss

ermöglicht im Idealzustand die kontinuierliche Auftragsbearbei-

tung ohne Wartezeiten. Ein fester am Kundenbedarf orientierter

Rhythmus führt zu einer gleichmäßigen Auftragsabwicklung und

ermöglicht so eine verbesserte Abstimmung und Planung von

Kapazitäten. Um dies zu erreichen, muss im Service der Anteil

ungeplanter und reaktiver Serviceeinsätze minimiert werden. Die

Implementierung eines aussagekräftigen Kennzahlensystems

und Regelkreise zur kontinuierlichen Verbesserung unterstützen

Unternehmen in der Umsetzung. Sog im Service bedeutet eine

nachfragekonforme Auftragsbearbeitung und Materiallogistik.

STUDIE: LEAN SERVICE 31

Die vier Merkmale schlanker Serviceprozesse

AuftragsspezifischeVorbereitungderServicetechniker(Ersatzteile,Kits,IT)

Strukturierte Fehleranalyse durch Fehlersuchbäume und Checklisten

Vollständig geklärte Aufträge

DefinierteAufgaben,Kompetenzen,VerantwortungenundSchnittstellen

Kontinuierliche Auftragsbearbeitung

AuftragssegmentierungnachKapazitätundQualifikation

Verkettung von Auftragsannahme, Servicewerkstatt und Außendienst

Planung mit abgestimmten Kapazitäten

Gleichmäßige Einsteuerung der Serviceaufträge

Marktorientierte Werkstatt- und Ersatzteilplanung

FIFO in der Auftragsbearbeitung

Auftragsbezogene Materiallogistik

Aussagefähige Kennzahlen

Regelkreise und kontinuierliche Verbesserung

Regelkommunikation

Störungsfreiheit

Fluss

Rhythmus

Sog

123

4

32 STUDIE: LEAN SERVICE

Problemlösungsdauer durch verschwendungsfreie Prozesse verkürzen

Ist-Prozess

Durchlaufzeit = 5 Tage

Durchlaufzeit = 14 Tage

Soll-Prozess

Vorher:

Nachher:

Unternehmen mit unklaren und nicht gelebten Serviceprozessen

haben einen entscheidenden Wettbewerbsnachteil. Für sie gilt

besonders, ihre Prozesse kontinuierlich im Sinne der genann-

ten Merkmale zu verbessern. Erkannt hat das die überwiegende

Mehrheit: Neun von zehn Unternehmen haben Ziele und Maß-

nahmen zur Prozessverbesserung festgelegt. Die vollumfängliche

Ausrichtung nach allen vier Merkmalen haben aber längst nicht

alle Unternehmen erreicht.

WertschöpfungVerschwendung

STUDIE: LEAN SERVICE 33

„Alles, was nicht der Wertsteigerung dient,

ist Verschwendung.“ Henry Ford

Unnötige

offensichtliche

Verschwendung

Notwendige

Verschwendung

Wertschöpfung

Unnötige

verdeckte

Verschwendung

Reparieren und Warten von Maschinen

Schneller Einbau von Ersatzteilen

Problemlösung und Beratungsleistung

Garantieabwicklung und Service-Dokumentation

Ersatzteilbevorratung und -transport

Reisezeiten der Servicemitarbeiter

Rückfragen und unnötige Kommunikation durch viele Schnittstellen im Prozess

Schlechte interne Abstimmung und Rückmeldung aus dem Feld

Unterschiedliche Informationsstände (z.B. bezüglich technischer Änderungen)

Schlechte Personal- / Tourenplanung

Wartezeit durch mangelnde Systemunterstützung

Überbestände an Ersatz- und Verschleißteilen

Wertschöpfung

Notwendige Verschwendung

Unnötige verdeckte Verschwendung

Unnötige offensichtliche Verschwendung

34 STUDIE: LEAN SERVICE

0 % 20 %10 % 30 % 50 %40 % 70 %60 %

Benötigte Zeit bis zur Problemlösung im Störfall

Reaktions- und Antrittszeit

Termintreue

Verfügbarkeit von Serviceleistungen (z.B. Ersatzteilen)

Durchlaufzeit von Serviceprozessen

Stabilität und Störungsfreiheit der Serviceprozesse

Für keine der oben genannten Prozessgrößen

31 %

64 %

66 %

14 %

64 %

9 %

45 %

Für welche Prozessgrößen haben Sie Ziele und Maßnahmen zur Verbesserung definiert?

In erster Linie konzentrieren sich die Unternehmen auf die Ge-

schwindigkeit der Serviceprozesse. Ebenfalls hoch priorisiert ist

die Lieferperformance im Sinne von Termintreue und Verfügbar-

keit. Vernachlässigt werden dagegen Maßnahmen zur Prozess-

stabilität. Richtig wäre es, zunächst störungsfreie, schlanke und

verschwendungsfreie Serviceprozesse zu etablieren. Durch He-

Unternehmen konzentrieren sich auf die Geschwindigkeit der Serviceprozesse, vernachlässigen aber die Prozessstabilität

rausnahme der Verschwendung und Erhöhung der Wertschöp-

fungsanteile im Prozess sinkt dann automatisch die Durchlaufzeit

der Serviceprozesse. Unternehmen, die nur mit zusätzlichen Mit-

arbeitern Kapazitäten aufbauen, um die Prozessgeschwindigkeit

und die Lieferperformance zu verbessern, handeln dagegen nicht

im Sinne von Lean Management.

STUDIE: LEAN SERVICE 35

Wie häufig findet bei der telefonischen Kontaktaufnahme in Problem- und Servicefällen ...

Ein Kernprozess des Servicegeschäfts ist die Abwicklung von Ser-

vicefällen. Der Servicefallprozess ist in vielen Unternehmen kom-

plex, meist sind verschiedene Servicemitarbeiter involviert. Der

Prozess beginnt mit der Auftragsannahme im Störfall. Die Pro-

blemstellungen werden daraufhin auf unterschiedliche Weise –

vor Ort oder aus der Ferne – gelöst. Die Dokumentation schließt

einen Servicefall ab.

Bereits die Struktur der Auftragsannahme ist maßgeblich ver-

antwortlich für eine schnelle und zufriedenstellende Problemlö-

sung. Bei einem Drittel der Unternehmen erfolgt die telefonische

Kontaktaufnahme immer oder oft nach einer festgelegten Vorge-

hensweise. Fast die Hälfte der Firmen trennt hierbei die Diagno-

se und die Bearbeitung der Kundenprobleme – dies ermöglicht

0 % 20 % 60 % 100 %80 %40 %

... eine systematische Erfassung und Analyse der Reklamationen statt?

... eine Trennung zwischen 1st- und 2nd-Level-Support statt?

... die Problemlösung nach einem festgelegten Vorgehen statt

(z.B. über Fehlersuchbäume)?

15 % 31 % 23 % 13 %18 %

12 % 19 % 22 % 12 %35 %

22 % 17 %28 % 31 %

Immer Manchmal Selten NieOft

2 %

Unternehmen konzentrieren sich auf die Geschwindigkeit der Serviceprozesse, vernachlässigen aber die Prozessstabilität

Zwei Drittel der Unternehmen haben keine strukturierte Vorgehensweise zur Problemlösung am Telefon

denUnternehmeneinedeutlichschnellereundeffizienterePro-

blembehandlung. Geringere Wartezeiten und eine schnelle Pro-

blemlösung durch die richtigen fachlichen Experten reduzieren

den Stillstand von Maschinen, was wiederum zu einer höheren

Kundenzufriedenheit führt. Eineffizienter Fernservice reduziert

zudem den Anteil von reaktiven Serviceeinsätzen aufgrund von

Maschinenproblemen und -ausfällen erheblich. Dies ermöglicht

Unternehmen ein stabiles, ausgeglichenes und vor allem planba-

reres Servicegeschäft.

Die kontinuierliche Verbesserung der Serviceprozesse ist wie-

derum nur auf der Basis von Dokumentation und Analyse zu

leisten. Das haben bereits 59 Prozent der Unternehmen erkannt

und werten regelmäßig Kundenprobleme sowie Reklamationen

systematisch aus.

36 STUDIE: LEAN SERVICE

1st Level

Kunde

Kunde

Front Desk

Servicetechniker

Themenexperte 2 Ersatzteilbestellung

Maschinenstillstand

Themenexperte 3

Themenexperte 1

2nd Level

Im Service können verschiedene Support-Level unterschieden werden. Auf

einemerstenLevelfindendieRufannahme,eineersteVorauswahlunddie

Diagnose des Kundenproblems statt. Weniger komplexe Problemstellungen

können direkt im 1st-Level-Support gelöst werden. Wohingegen komplexere

Problemstellungen an spezielle Themenexperten eines zweiten Levels weiter-

geleitet werden. Sofern ein Servicetechnikereinsatz erforderlich ist, werden

bereits aufgenommen Informationen direkt an den zuständigen Servicetech-

niker weitergeleitet. In einigen Unternehmen existiert zusätzlich ein 3rd-Le-

vel-Support mit ausgewiesenen Fachspezialisten.

1st- und 2nd-Level-Support

STUDIE: LEAN SERVICE 37

Anteil von Fernservice ist noch ausbaufähig

Unter den befragten Unternehmen wurden zwei verschiedene

AnsätzezurNutzungvonFernserviceidentifiziert.Einerseitsgibt

es Unternehmen, die einen geringen Anteil von Fernservice auf-

weisen und nur wenige Servicefälle aus der Ferne beheben. Die

Kundenhotline dient diesen Unternehmen vorrangig zur Auf-

tragsklärung, jedoch weniger zur Lösung der Kundenprobleme.

Dem reaktiven Einsatz steht ein konsequent strategischer Fern-

service gegenüber, den ein Drittel der befragten Unternehmen

bereits umsetzt. Damit sind sie in der Lage, mehr als die Hälfte

der Servicefälle ohne einen Serviceeinsatz vor Ort abzuwickeln.

Die Problemlösung ist schnell und spart Kosten. Unternehmen

setzen in diesem Bereich meist auf fortschrittliche Technologien,

z.B. Lösungen für Remote Service, eine kontinuierliche Zustands-

überwachung und Virtual Reality. Voraussetzung ist allerdings,

dassdieKundendemFernzugriffaufdieMaschinenzustimmen.

In diesem Zusammenhang ist die Garantie von Datenschutz und

-sicherheit essenziell.

Wie hoch ist der Anteil der Servicefälle, die Sie aus der Ferne lösen (z.B. durch Teleservice, Remote Services ...)?

Kein Fernservice

Anteil der Befragten

Ausschließlich Fernservice

11 %

17 %

24 %

12 %

3 %

13 %

7 %10 %

2 % 1 %

Geringer Einsatz von Fernservice Strategischer Einsatz von Fernservice

0 %

5 %

10 %

25 %

30 %

15 %

20 %

38 STUDIE: LEAN SERVICE

Das Entfallen von Anfahrtswegen und -zeiten ermöglicht eine schnelle

Problemlösung und reduziert die Maschinenstillstandszeit.

Problemstellungen können an Servicemitarbeiter mit der dafür besten

QualifikationweitergeleitetundbeiBedarfweitereFachexpertenschnell

hinzugezogen werden.

Über einen direkten Fernzugriff auf Maschinen und Anlagen können

schnell Betriebs- und Stördaten übermittelt und analysiert werden.

Geringer Koordinationsaufwand und eine schlankere Abwicklung von

ServicefällenschaffenfreieKapazitätenbeidenServicemitarbeitern.

Die direkte, einheitliche Dokumentation von Kundenkontakten und

Servicefällen wird erleichtert, was die Transparenz bei der Auftragsab-

wicklung erhöht.

Vorteile von Fernservice

Wandel vom reaktiven zum proaktiven Service

DieKapazitäten,diedurcheffektivenFernservicegewonnenwer-

den, lassen sich wiederum für proaktive Serviceeinsätze verwen-

den. Diese sind z.B. Health Checks, Wartungs- und Modernisie-

rungstätigkeiten, die ohne akut vorliegende Servicefälle präventiv

ingeplantensowieregelmäßigenAbständenstattfinden.Derzeit

führen noch fast 90 Prozent der Unternehmen mehr als die Hälfte

ihrer Serviceeinsätze reaktiv durch. Die Folgen sind unkalkulier-

barer Kapazitätsbedarf durch unnötige Serviceeinsätze und un-

geplante Touren sowie eine unausgeglichene Arbeitsauslastung

und die daraus folgende Belastung der Servicemitarbeiter.

STUDIE: LEAN SERVICE 39

Wie hoch ist der Anteil proaktiver Serviceeinsätze (z.B. Wartungen, Health Checks oder Modernisierungen)?

Bei der Umstellung von ungeplant reaktiven hin zu proaktiven

Serviceeinsätzen bietet sich ein schrittweises Vorgehen an, um

Verschwendung aus dem Abwicklungsprozess herauszunehmen.

Durch strukturiertes Anwenden von Methoden kann die Problem-

lösequote im Fernservice erhöht werden. Beispielsweise können

Fehlersuchbäume oder A3-Reports verwendet werden. Gewon-

nene Kapazitäten erhöhen die Flexibilität der Serviceorganisation

und sind sukzessive für den Ausbau des proaktiven Kundendiens-

tes einzusetzen.

Proaktive Serviceeinsätze führen dabei zu einem strukturierteren

Tagesgeschäft von Servicetechnikern und zu einer hohen Mitar-

beitermotivation. Die Abwesenheit von unmittelbarem Zeitdruck

bei einer Problemlösung verbessert die Qualität der Serviceleis-

tungen. Durch eine kontinuierliche Wartung wird das Risiko von

zukünftigen Maschinenausfällen verringert und die Maschinen-

verfügbarkeit beim Kunden steigt. Kundenzufriedenheit und

Kundenbindung können so gesteigert und die Kundenbeziehung

nachhaltig verbessert werden.

0 %

5 %

10 %

25 %

30 %

Keine proaktiven Serviceeinsätze

Anteil der Befragten

100 %proaktiveServiceeinsätze

15 %

20 %

16 %

21 %23 %

15 %

7 %

14 %

0 %2 %1 % 1 %

Reaktive Serviceeinsätze Proaktive Serviceeinsätze

40 STUDIE: LEAN SERVICE

Handlungsempfehlungen

Sensibilisieren Sie Ihre Mitarbeiter für Wertschöpfung und

Verschwendung im Service.

OrientierenSiesichbeiderDefinitionschlankerProzesse

konsequent am Kundennutzen.

Etablieren und visualisieren Sie schlanke Kernprozesse, um die

Durchlaufzeit zu reduzieren, die Kosten zu senken und freie

RessourcenfürzusätzlichesWachstumzuschaffen.

Arbeiten Sie an der kontinuierlichen Verbesserung der Service-

prozesse, um die Lean Kriterien konsequent umzusetzen.

Untergliedern Sie Ihren Support in 1st und 2nd Level, um eine

schnelle Problemlösung im Servicefall zu erreichen.

Reduzieren Sie den Anteil reaktiver Serviceeinsätze zugunsten

proaktiver Serviceeinsätze, um die Maschinenverfügbarkeit

zu steigern.

Setzen Sie dafür zunehmend auf eine schnelle Problemlösung

durch Fernservice.

STUDIE: LEAN SERVICE 41

Serviceorganisation

EinflussaufWachstum

EinflussaufMarge

EinflussaufKundenzufriedenheit

ServiceorganisationEine exzellente Serviceorganisation ist aus dem Ideal-

prozess abgeleitet und orientiert sich entlang der Wert-

ströme des Servicegeschäfts. Die organisatorische Gleich-

stellung des Servicebereichs mit der Neumaschinenpro-

duktion schafft ein höheres Bewusstsein für das Service-

geschäft im gesamten Unternehmen und ermöglicht es,

Wachstumschancen besser zu realisieren. Gleichzeitig

führen Synergieeffekte und ein effizienter Einsatz von

Ressourcen durch eine zentral gesteuerte Serviceorganisa-

tion zu einer höheren Profitabilität des Servicegeschäfts.

6.3

42 STUDIE: LEAN SERVICE

Eine exzellente Serviceorganisation erfüllt die folgenden Merkmale:

Die Serviceorganisation ist wertstromorientiert und aus dem

idealen Serviceprozess abgeleitet.

Der Service ist als eigenständiger Geschäftsbereich organisiert

und dabei direkt der Geschäftsleitung unterstellt.

Die Organisation erleichtert den regelmäßigen Informationsaus-

tausch über Schnittstellen hinweg, vor allem mit der Produktion,

der Entwicklung und dem Vertrieb.

Der Service ist global vertreten. Regionale Servicevertretungen

sorgen dabei für die notwendige Kundennähe und ermöglichen

eine schnelle Reaktions- und Antrittszeit.

Die Serviceorganisation wird zentral koordiniert.

Wichtigste Erkenntnisse:

der Unternehmen, die den Service als eigenständigen Geschäfts-

bereichorganisierthaben,erzieleneineum32 %höhereMarge

im Servicegeschäft.

der Unternehmen unterstellen den Service direkt dem

Vorstand/der Geschäftsleitung.

der Unternehmen haben regionale Servicevertretungen in

Deutschland.

der Unternehmen haben regionale Servicevertretungen in

Nordamerika.

der Unternehmen haben lediglich einen Werksservice.

62 %

54 %

72 %

68 %

21 %

STUDIE: LEAN SERVICE 43

Service durch Eigenständigkeit stärken

Die Ergebnisse der Studie zeigen: Viele Unternehmen haben den

Service nicht auf der gleichen Hierarchieebene wie Entwicklung,

Produktion und Vertrieb angesiedelt. Bei 38 Prozent ist er nicht

direkt dem Vorstand beziehungsweise der Geschäftsleitung un-

Die Wertstromorientierung der Serviceorganisation mit einer

klaren Organisations- und Verantwortungsstruktur und einem

serviceeigenen Mitarbeiterstamm ermöglicht eine effizientere

Aufgabenverteilung und -bearbeitung.

Ja

Nein

Der Service ist

organisatorisch direkt dem

Vorstand/der Geschäfts-

leitung unterstellt

38 % 46 %

62 % 54 %

Durchschnittliche Marge und Wachstum des Servicegeschäfts im letzten Geschäftsjahr

0 %

5 %

10 %

25 %

30 %

35 %

Marge Wachstum

15 %

20 %

Service nicht separat Eigenständiger Geschäftsbereich

terstellt. Knapp die Hälfte hat den Service nicht als eigenstän-

digen Geschäftsbereich organisiert. Diese Unternehmen weisen

eine um acht Prozentpunkte geringere Marge und ein um vier

Prozentpunkte geringeres Wachstum des Servicegeschäfts auf.

25 %

33 %

10 %

14 %

Der Service

ist als eigenständiger

Geschäftsbereich organisiert

(z.B. als Profitcenter)

Serviceleistungen werden zunächst segmentiert und je Segment

einWertstrommitallenbeteiligtenTätigkeitendefiniert.DieOr-

ganisation wird dann entlang dieser Wertströme gestaltet.

44 STUDIE: LEAN SERVICE

Wertstromorientierte Service-Organisation

Wertstromteam 2

Wertstromteam 3

Wertstromteam 1

Vertrieb KonzeptionArbeits-

vorbereitungEinkauf Logistik Fertigung Montage Versand

Soll der Wandel des Geschäftsmodells hin zum Lösungsanbieter

gelingen, müssen Unternehmen ihre Struktur entsprechend an-

passen und den Service organisatorisch auf der höchsten Hierar-

chiestufe ansiedeln. Er muss getrennt von Produktion und Ver-

trieb als separate Unternehmensfunktion mit einem hierarchisch

gleichgestellten Serviceleiter etabliert werden. In der Praxis wird

dieshäufigübereinProfitcenterrealisiert.Diesermöglichteine

leistungsorientierte Beurteilung des Servicegeschäfts und so eine

bessere Steuerung hinsichtlich Rentabilität und Zielerfüllung. Um

Prozessbrüche zu vermeiden, ist die verschwendungsfreie Orga-

nisation der Schnittstellen zu anderen Geschäftsbereichen von

besonderer Bedeutung.

Beteiligte Abteilungen im Serviceprozess

STUDIE: LEAN SERVICE 45

Gleichstellung der Service-Organisation

GF

GF

. . .

. . .

Produktion

Produktion

Entwicklung

Entwicklung

Vertrieb und Service

Vertrieb Service

54 %

46 %

Für Unternehmen gilt es zudem, sich mit der geographischen

Ausrichtung sowie mit Steuerung und Koordination der Service-

organisation auseinanderzusetzen. Im Wesentlichen wird hier

zwischen einer zentralen und dezentralen Organisationsform un-

terschieden. Vor allem kleinere Unternehmen steuern ihr Service-

geschäft vollständig zentral. Je größer das Unternehmen, desto

dezentraler erfolgt die Steuerung. Allerdings werden richtungs-

weisende Entscheidungen unabhängig von der Unternehmens-

größezentralgetroffen.

46 STUDIE: LEAN SERVICE

Auf einer Skala von zentral bis dezentral, wie wird Ihre Service- organisation gesteuert?

0 % 10 %5 % 15 % 25 % 35 % 45 %20 % 50 %30 % 40 %

Zentral

Dezentral

Anteil der Befragten

8 %

8 %

4 %

27 %

28 %

22 %

9 %

10 %

30 %

46 %

22 %

49 %

26 %

8 %

Gesamt Ab 500 Mitarbeiter 0–499 Mitarbeiter

2 %

Unternehmen steuern ihre Serviceorganisation überwiegend zentral

STUDIE: LEAN SERVICE 47

Die zentrale Führung und Steuerung des Servicegeschäfts ermög-

licht einen effizienteren Einsatz und eine bessere Koordination

globalerRessourcen.SokönnenSynergieeffekteundeinebesse-

re Balance zwischen Über- und Unterauslastung von Serviceab-

teilungen und Mitarbeitern erreicht werden. Länderübergreifend

einheitliche Standards und Methoden erleichtern zudem das

gemeinsame Arbeiten und sorgen für ein einheitliches Auftreten

gegenüber Kunden.

0 % 20 %10 % 30 % 50 %40 % 80 %70 %60 %

Europa

Keiner (nur Werksservice)

Nordamerika

Deutschland

Asien

Südamerika

Rest der Welt

61 %

72 %

21 %

33 %

68 %

30 %

62 %

In welchen Absatzregionen haben Sie eigene, regionale Servicevertretungen?

Die zentrale Führung der Organisation steht jedoch nicht im Wi-

derspruch zu regionalen Servicetechnikern und -vertretungen.

Eine überschneidungsfreie und ausgeglichene Gebietsaufteilung

ermöglicht ebenso wie regionale Ersatzteillager eine schnelle

Reaktionszeit. Servicetechniker mit regionalen Wurzeln steigern

zudemdieIdentifikationmitdemUnternehmenundermöglichen

das Überwinden sprachlicher und kultureller Barrieren.

48 STUDIE: LEAN SERVICE

Die Studie zeigt, dass Unternehmen vor allem in ihren Hauptab-

satzländern regionale Servicevertretungen betreiben. Drei Viertel

der deutschen Maschinen- und Anlagenbauer unterhält regionale

Servicestationen in Deutschland, dicht gefolgt von Nordamerika,

Asien und Europa. Südamerika sowie weitere Absatzregionen

spielen dagegen bisher eine untergeordnete Rolle.

Auffälligist,dass21ProzentderUnternehmenüberkeinezusätz-

lichen Servicevertretungen verfügen, sondern stattdessen auf

einen Werksservice vertrauen. Dies ist jedoch meist auf die ge-

ringere Unternehmensgröße zurückzuführen, größere Betriebe

besitzen fast ausnahmslos regionale Servicevertretungen.

Handlungsempfehlungen

Etablieren Sie den Service als separaten Geschäftsbereich und

verankern Sie ihn organisatorisch auf der gleichen hierarchi-

schen Ebene wie Entwicklung, Produktion und Vertrieb.

Stellen Sie Ihre Service-Organisation wertstromorientiert auf und

vermeiden Sie Schnittstellen

Gestalten Sie notwendige Schnittstellen zu Bereichen wie

der Produktion, der Entwicklung und dem Vertrieb möglichst

verschwendungsfrei.

Vertrauen Sie in den wichtigsten Absatzregionen auf regionale

Servicetechniker, um regionale Nähe zu den Kunden aufzubauen

und einen schnellen Service zu garantieren.

Setzen Sie auf eine zentrale Steuerung Ihrer Serviceorganisation,

umIneffizienzenzuvermeidenundeineinheitlichesAuftreten

gegenüber den Kunden sicherzustellen.

STUDIE: LEAN SERVICE 49

Management und Führung

EinflussaufWachstum

EinflussaufMarge

EinflussaufKundenzufriedenheit

Management und FührungManagement und Führung umfassen strategische Tätig-

keiten, die Mitarbeiterführung und -entwicklung sowie

die kontinuierliche Prozessverbesserung. Das aktive Voran-

treiben der kontinuierlichen Verbesserung steigert die Effi-

zienz innerhalb der Serviceorganisation und führt zu einer

Verbesserung der Servicemarge. Die dabei geschaffenen

freien Ressourcen und die gewonnene Zeit für strategisches

Arbeiten der Serviceführungskräfte bilden die Grundlage

für nachhaltiges Wachstum des Servicegeschäfts.

6.4

50 STUDIE: LEAN SERVICE

Wichtigste Erkenntnisse:

der Serviceführungskräfte haben weniger als eine Stunde pro

Arbeitstag für strategische Aufgaben zur Verfügung.

der Serviceführungskräfte haben täglich weniger als 15 Minuten

Zeit für Mitarbeiterentwicklung.

der Serviceführungskräfte haben täglich weniger als 15 Minuten

Zeit für die kontinuierliche Verbesserung.

37 %

88 %

37 %

Führung im Sinne von Lean Management findet vor Ort statt und umfasst die folgenden Merkmale:

Führungskräfte haben Zeit für strategische Aufgabenstellungen

und treiben die kontinuierliche Verbesserung im Service voran.

Führungskräfte im Service agieren nach dem Mentor-

Mentee-Prinzip und haben ausreichend Zeit für die Befähigung

der Mitarbeiter.

Eine kurzzyklische, kaskadierte Regelkommunikation und

visuelles Management im Service sorgen für Transparenz bei

Abweichungen und sichern die strukturierte Problemlösung.

ServicerelevanteKennzahlenschaffendieGrundlagefürden

kontinuierlichen Verbesserungsprozess.

STUDIE: LEAN SERVICE 51

Für Führungsaufgaben bleibt kaum Zeit

Ein erfolgreiches Management beginnt bei den Führungskräften.

Neben dem operativen Geschäft bleibt vielen dabei nur wenig

Zeit für strategische Tätigkeiten. Lediglich zwölf Prozent der Füh-

rungskräfte können dafür an einem Arbeitstag eine Stunde oder

mehr aufwenden. Ähnlich verhält es sich bei den ebenfalls zen-

tralen Führungsaufgaben wie der Mitarbeiterentwicklung und der

kontinuierlichen Verbesserung. Insgesamt gilt: Serviceführungs-

kräfte sollten vom operativen Servicegeschäft größtenteils freige-

stellt sein und kein Mikromanagement betreiben.

Bitte schätzen Sie die durchschnittliche Arbeitszeit, die denServiceführungskräften für folgende Tätigkeiten pro Arbeitstag zur Verfügung steht:

0 % 20 % 60 % 100 %80 %40 %

Strategische Tätigkeiten

Mitarbeiterentwicklung

Kontinuierliche Verbesserung

8 % 15 % 37 %37 %

7 % 18 % 37 %36 %

20 % 27 % 41 %10 %

> 2 Stunden 30–60 min 15–30 min < 15 min1–2 Stunden

2 %

2 %

3 %

Für wichtige Führungsaufgaben bleibt den meisten Führungskräften weniger als eine halbe Stunde Zeit

52 STUDIE: LEAN SERVICE

Shopfloor Management im Service

FührungfindetamOrtderWertschöpfung stattundFührungs-

kräfte fungieren als Mentoren für die Servicemitarbeiter. Einen

Ansatz für ein erfolgreiches ShopfloorManagement im Service

bietet das Staufen-Führungsmodell. Es besteht aus einem wie-

derkehrenden Regelkreis mit fünf Elementen. Eine kaskadierte

Regelkommunikation verbessert durch tagesaktuelle Kennzahlen

und einen ganzheitlichen Situationsüberblick die Transparenz

und die fortlaufende Standardisierung der Serviceprozesse. Ein

aktives Abweichungs- und Problemlösungsmanagement fördert

die Prozessstabilität und ermöglicht die kontinuierliche Verbes-

serung der Prozesse selbst. Für den Außendienst ist dabei von

besondererBedeutung,eineeffektiveSteuerungüberDistanzen

hinweg zu ermöglichen und den Wissensaustausch zu fördern.

Zusammen mit einer kooperativen Führungskultur und der ak-

tiven Entwicklung der Mitarbeiter führt dieser Ansatz zu weniger

Mikromanagement imServiceund schafft freieKapazitätenbei

den Führungskräften.

Führungskraft als Mentor

Prozessbestätigung Visuelles Managementund Regelkommunikation Priorisierung

Strukturierte Problemlösung

Go & See

1 2 3

Die fünf Elemente des Staufen-Führungsmodells

STUDIE: LEAN SERVICE 53

Asia Europe America

Operativer Service

Servicemanagement

Management

7.00am

8.00am

8.30am

9.00am

Handlungsempfehlungen

Sorgen Sie dafür, dass Ihre Serviceführungskräfte ausreichend

Zeit für strategische Aufgabenstellungen und das Treiben der

kontinuierlichenVerbesserunghaben,umdefinierteWachstums-

ziele zu erreichen.

Serviceführungskräfte sollten als Mentoren fungieren und

ausreichend Zeit für die Befähigung der Servicemitarbeiter zur

Verfügung haben. Fördern Sie dabei aktiv den Wissensaustausch

zwischen Mitarbeitern – serviceintern wie unternehmensweit –,

um Synergien zu nutzen und Standards zu verbessern.

Führen Sie eine kurzzyklische, kaskadierte Regelkommunikation

und visuelles Management im Service ein, um Abweichungen

transparent zu machen und eine strukturierte Problemlösung

sicherzustellen.

Etablieren Sie servicerelevante Kennzahlen als Grundlage für die

effizienteSteuerungderServiceressourcenundalsBasisfürden

kontinuierlichen Verbesserungsprozess.

Internationales Servicemanagement basiert auf einer global gestalteten Regelkommunikationskaskade

54 STUDIE: LEAN SERVICE

MANAGEMENT UND FÜHRUNG IM

INDUSTRIELLEN SERVICE – INTERVIEW MIT

MARCO PEDERCINI, CUSTOMER SERVICE DIRECTOR, PAMA S.P.A.

Herr Pedercini, für Pama hat das Geschäftsfeld Service einen sehr

hohen Stellenwert. Bitte beschreiben Sie kurz, warum Pama das

Servicegeschäft als so wichtigen Erfolgsfaktor ausgemacht hat.

Wir hatten einen starken und kontinuierlichen Umsatzrückgang

aufgrund veränderter Kundenanforderungen auf dem Werkzeug-

maschinenmarkt – davon betroffen waren insbesondere Bohr-

und Fräsmaschinen. Kundenbefragungen zeigten aber noch Po-

tenzial im Service. Das war letztlich der Ausgangspunkt für das

heutige Serviceangebot. Wir wissen, dass der Service der wich-

tigste Hebel für eine hohe Kundenzufriedenheit ist – mit positiven

Auswirkungen auch im Neumaschinengeschäft. Ein gutes Service-

angebotverschafftunsWettbewerbsvorteile.

Wie sind Sie vorgegangen bei der Neupositionierung Ihres Ser-

vicegeschäfts?

Um den Service separat weiterzuentwickeln, haben wir ihn aus

dem Vertrieb herausgelöst. Dort hatte er nur eine Art Rabattfunk-

tion für das Neumaschinengeschäft. Heute ist der Servicebereich

alsProfitcenterorganisiertundberichtetdirektandenCEO.So

stellen wir sicher, dass der Service bei uns im Unternehmen den

gleichen hohen Stellenwert hat wie beim Kunden.

Das aktuelle Modell orientiert sich an den Unternehmenszielen

und ist daher deutlich besser als die alte Organisation. Es gibt

jetzt einen gesunden internen Wettbewerb. Vor allem aber stellen

wir eine deutliche Steigerung der Kundenzufriedenheit bei Kauf

und Nutzung fest.

Wie führen und steuern Sie Ihre Servicemitarbeiter heute?

Für das operative Servicemanagement – also das Ersatzteilge-

schäft die Serviceeinsätze und die Maschinensanierung – ist Shop-

floorManagementfürunsdaszentraleInstrument.Wirhabenein

Organisationsmodell mit lokaler disziplinarischer Verantwortung

und zentraler Koordination aufgebaut, um die Servicenieder-

lassungen an den Stammsitz anzubinden. Wir haben hier klare

globale Richtlinien aufgestellt und führen Regelkommunikation

überalleHierarchieebenenimServicedurch.DasShopfloorMa-

nagement des Servicebereichs ist in die schlanke Struktur des

Unternehmens integriert, was den Abstimmungsaufwand deut-

lich reduziert. Die noch zu verbessernde IT-Unterstützung liefert

keine redundanten, sondern zusätzliche und ergänzende Infor-

mationen.

Welche Bereiche nehmen an der genannten Regelkommunikation

teil?

Engineering,MontageundauchdieBeschaffung.Sokönnenge-

meinsame Themen und Probleme schneller erkannt und gelöst

werden, was zu einem verbesserten Produkt führt. Wir halten

diese Regelkommunikationen täglich ab und erreichen so auch

die optimale Überwachung von eingeleiteten Maßnahmen, die

Reaktionszeiten sind kürzer.

Was hat sich denn konkret durch diese Umorganisierung für Sie

verbessert?

Neben dem reduzierten Abstimmungsaufwand haben wir eine

deutlich höhere Transparenz gerade im operativen Servicege-

schäft erreicht. Wir haben ein viel höheres Marktbewusstsein und

können Chancen früher identifizieren. Unser jährlich durchge-

führtes Audit im Service zeigt eine höhere Kundenzufriedenheit

aufgrund verbesserter Qualität. Hier besteht ein klarer Zusam-

menhang zum gestiegenen Umsatz: 15 Prozent in zwei Jahren.

STUDIE: LEAN SERVICE 55

Marco Pedercini, Customer Service Director, PAMA S.p.A.

Auch andere Kennzahlen haben sich sehr positiv entwickelt. So

wurde die Lieferzeit bei Ersatzteilen auf durchschnittlich einen

Werktag reduziert.

Welche Kennzahlen setzen Sie denn insgesamt ein, um Ihren Ser-

vice zu steuern?

Wir haben dabei verschiedene Kategorien für Serviceeinsätze und

Ersatzteilgeschäft. Bei den Einsätzen konzentrieren wir uns bei-

spielsweise auf die Reaktionszeit: Wir haben den Anspruch, auf

möglichst viele Anfragen innerhalb von 24 Stunden zu reagieren.

Indemwir bei jedemEinsatzdieDifferenz zwischengeschäzter

und tatsächlich erforderlicher Zeit ermitteln, verbessern wir un-

sere Prognosen. Wir verfolgen auch den Anteil der service-exter-

nen Ressourcen, z.B. aus der Montage oder dem Engineering.

Im Sinne der Störungsfreiheit versuchen wir, diesen Anteil zu

reduzieren. Zudem haben wir noch die Kategorie der sogenann-

ten heißen Fälle, bei denen keine unmittelbare Lösung gefunden

wurde, Techniker nicht zur Verfügung standen oder Materialien

fehlten. Diese gilt es natürlich zu reduzieren.

Für Ersatzteile sind die Kennzahlen ähnlich, der Fokus liegt aber

stärker auf dem Zeitfaktor – beispielsweise zwischen Auftrags-

annahme und Auslieferung. Ziel ist es, den Anteil der noch am

selben Tag ausgelieferten Ware schrittweise zu erhöhen.

Ergänzend haben wir natürlich auch Finanzkennzahlen wie den

monatlichen Umsatz und die Marge je Produkt.

Das sind eine Menge Kennzahlen. Inwieweit leiten Sie aus ihnen

Maßnahmen ab?

Früher haben wir in der Tat viele Kennzahlen lediglich als Selbst-

zweck erhoben. Heute leiten wir daraus konkrete Maßnahmen

ab, dabei konzentrieren wir uns vor allem auf Prozessverbesse-

rungen und Themen der Serviceorganisation. Meist können auch

Tool-Verbesserungen eine gute Lösung sein.

Tools und Prozesse sind das eine, Führung ist ein weiterer Erfolgs-

faktor. Was macht Ihrer Meinung nach eine gute Serviceführungs-

kraft aus?

Produkt- und relevantes Marktwissen sind sicherlich die Basis.

Wichtig ist aber vor allem das Verständnis der wirklichen Kun-

denbedürfnisse. Natürlich ist es für eine Führungskraft aber auch

wichtig, mit außergewöhnlichen und ungeplanten Ereignissen

fertigzuwerden – besonders im Service.

Zusammenfassend: Was sind Ihrer Meinung nach Faktoren eines

guten Managements und einer erfolgreichen Führung im Service?

Ein klares Bild der Vision, der Mission und der Ziele für alle. Die

Ausbildung und ein Verständnis für die eigenen Produkte und

Dienstleistungen. Aber auch eine Weiterentwicklung der eigenen

Mitarbeiter durch geeignete Schulungen. Wichtig ist zudem die

strategische Verankerung des Service im gesamten Unternehmen

und dabei vor allem die Angleichung der Unternehmensziele.

56 STUDIE: LEAN SERVICE

Produkte und Dienstleistungen

EinflussaufWachstum

EinflussaufMarge

EinflussaufKundenzufriedenheit

Produkte und DienstleistungenServiceprodukte und -dienstleistungen definieren das

Serviceportfolio. Sie sind der Kern des Servicegeschäfts.

Durch das Angebot zusätzlicher Serviceleistungen können

neue Kunden gewonnen und bestehende Kunden um-

fassender bedient und so ein höheres Wachstum im Service

realisiert werden. Einen positiven Einfluss auf die

Profitabilität des Servicegeschäfts haben innovative Service-

leistungen, die die Zuverlässigkeit und Produktivität von

Maschinen und Anlagen maßgeblich verbessern und für

die eine hohe Zahlungsbereitschaft seitens der Kunden

besteht. Ein breites Produkt- und Serviceportfolio ist die

Grundlage für den strategischen Wandel vom Produkt-

zum Lösungsanbieter. Ganzheitliche Lösungen für Kunden-

probleme erhöhen die Kundenzufriedenheit nachhaltig.

6.5

STUDIE: LEAN SERVICE 57

Ein exzellentes Portfoliomanagement orientiert sich an den folgenden Merkmalen:

Die angebotenen Serviceprodukte und -dienstleistungen werden

systematisch entwickelt, sind aufeinander abgestimmt und

orientierten sich an den Anforderungen des Kunden.

Es wird ein breites Serviceportfolio mit innovativen Dienstleis-

tungen angeboten, die die Zuverlässigkeit und Produktivität von

Maschinen und Anlagen maßgeblich verbessern.

AlleServiceleistungensindsystematischdefiniertunddokumen-

tiert. Sie werden in regelmäßigen Abständen hinsichtlich Wettbe-

werb, neuer Technologien und Kundenerwartungen evaluiert.

Es existiert ein eigenständiger Servicevertrieb zum Aufbau lang-

fristiger Kundenbeziehungen, z.B. über Wartungsverträge.

Der Service hat einen starken Markenauftritt und wird durch

servicespezifischeMarketingaktivitätenunterstützt.

Wichtigste Erkenntnisse:

der Unternehmen vertreiben Serviceleistungen mehrheitlich

über einen eigenen Servicevertrieb.

der Unternehmen vertreiben Serviceleistungen mehrheitlich

über einen Online-Vertrieb.

der Unternehmen haben ein vollständig dokumentiertes

Serviceportfolio.

der Unternehmen beziehen die Kundenerwartungen nicht in

die Analyse ihres Serviceportfolios mit ein.

der Unternehmen bieten Lösungen für Predictive Maintenance an.

der Unternehmen unterstützen ihr Servicegeschäft zumindest

teilweise durch serviceeigene Marketingaktivitäten.

11 %50 %

31 %

39 %29 %

62 %

58 STUDIE: LEAN SERVICE

Traditionelle Dienstleistungen dominieren das Serviceportfolio

0 % 20 % 40 % 100 %80 %60 %

Datenbasierte Diagnosesysteme

Wartungsverträge

Inbetriebnahme und Montage

Beratung

Ersatz- und Verschleißteile

Wartung und Instandhaltung

SchulungundQualifizierungvonKunden

Teleservice

RetrofitundModernisierung

Software

Vermietung und Leasing

Webplattform / visueller Online-Support

39 %

78 %

72 %

97 %

74 %

98 %

37 %

60 %

96 %

17 %

57 %

87 %

Welche der folgenden Serviceleistungen bieten Sie Ihren Kunden an?

Unternehmen setzen auf klassische Serviceleistungen. Nur wenige nutzen innovative Smart Services

Der deutsche Maschinen- und Anlagenbau setzt vor allem auf tra-

ditionelle Serviceleistungen wie Ersatzteile, Wartungs- und Instand-

haltungstätigkeiten sowie die Schulung und Qualifizierung der

Kunden. Dagegen nutzen bisher nur wenige Unternehmen inno-

vative, sogenannte Smart Services, beispielsweise Predictive Main-

tenance, Webplattformen oder einen visuellen Online-Support.

STUDIE: LEAN SERVICE 59

Trifftzu Trifftteilweisezu Trifftnichtzu

Ist Ihr Serviceportfolio vollständig ...

0 % 20 % 40 % 100 %60 % 80 %

39 %

29 %

31 %

48 %

50 %

57 %

13 %

21 %

12 %

... bepreist?

... dokumentiert?

... kategorisiert?

Für eine regelmäßige Bewertung des Serviceportfolios ist die voll-

ständigeDefinitionundDokumentationdienotwendigeBasis.Die

überwiegende Mehrheit der befragten Unternehmen dokumen-

tiert ihr Serviceportfolio zumindest teilweise. Jedoch nur knapp

ein Drittel erfasst dabei vollständig alle Serviceleistungen.

Portfolioanalyse Portfolioentwicklung Vermarktungskonzept

Die Studienergebnisse zeigen, dass der Umfang des Serviceport-

folioseinenpositivenEinflussaufdasServicegeschäfthat.Durch

ein breites Serviceportfolio können zusätzliche Serviceumsätze

generiert werden. In der Praxis zeigt sich zudem, dass insbeson-

dere bei innovativen Serviceleistungen höhere Margen zu erzie-

len sind, da sie nicht der gleichen Wettbewerbsintensität wie tra-

ditionelle Serviceleistungen unterliegen und einen zusätzlichen

Kundennutzen bieten.

Optimalerweise haben Unternehmen ein separates Portfolioma-

nagement für den Service. Ein gutes Portfoliomanagement um-

fasst die Portfolioanalyse, die Portfolioentwicklung und ein ent-

sprechendes Vermarktungs- und Vertriebskonzept.

60 STUDIE: LEAN SERVICE

Wie häufig bewerten Sie Ihr Serviceportfolio hinsichtlich folgender Aspekte?

0 % 20 % 60 % 100 %80 %40 %

Neue Technologien

Wettbewerb (Angebot, Qualität, Preis)

Kundenerwartung

29 % 25 % 16 % 30 %

28 % 25 % 18 % 29 %

18 % 24 %33 % 25 %

Jährlichoderhäufiger Alle 3 Jahre oder seltener Wird so nicht bewertetAlle 2 Jahre

Um dem Kunden Leistungen effektiver anzubieten und einen

höheren Serviceumsatz zu realisieren, ist die Kategorisierung

des Serviceportfolios erforderlich. Eine vollständige Bepreisung

allerServiceleistungenschaffteinBewusstseinfürdenWertvon

Service und verhindert den kostenfreien Vertrieb von Service-

leistungen.

Für eine Steigerung des Serviceumsatzes sollten sich Unterneh-

men zunächst Gedanken über die richtige Zusammensetzung

ihres Serviceportfolios machen. Dieses muss sich dabei stets an

den Kundenanforderungen und am Markt orientieren. Die Portfo-

lioanalyse ist also der erste Schritt zum Erfolg.

Bei der Bewertung des Serviceportfolios rücken neue Techno-

logien noch am ehesten ins Blickfeld. Rund ein Drittel der Un-

ternehmen stellt sie wenigstens jährlich standardisiert auf den

Prüfstand. Etwas weniger evaluieren ihr Serviceportfolio mindes-

tens im Jahresabstand hinsichtlich Wettbewerb und Kunden-

erwartungen.

STUDIE: LEAN SERVICE 61

Bedenklich im Sinne einer strategischen Ausrichtung des Service-

bereichs ist der hohe Anteil von Unternehmen, die überhaupt

keine standardisierten Bewertungen ihres Serviceportfolios

durchführen. Sie laufen damit erhebliche Gefahr, den Kundenan-

forderungen nicht gerecht zu werden. Und ohne ein unterstüt-

zendes Serviceportfolio verlieren auch die eigentlichen Maschi-

nen an Wert, Kunden entscheiden sich dann für konkurrierende

Hersteller.

Aufbauend auf der Evaluierung, gilt es, die richtigen Serviceleis-

tungen zu entwickeln. Nur eine Minderheit der befragten Unter-

nehmen verfügt jedoch über eine strukturierte Vorgehensweise

für die Entwicklung neuer Serviceprodukte und -dienstleistungen.

Mehr als ein Drittel der Unternehmen verfügt über keinerlei

Struktur bei der Entwicklung neuer Serviceangebote. Lediglich

drei von zehn Unternehmen binden dabei ihre Kunden systema-

tisch in die Serviceentwicklung mit ein. Hier vergeben die Unter-

nehmen große Potenziale.

Hat ein Unternehmen ein passendes Serviceportfolio zusammen-

gestellt, gilt es, dieses entsprechend erfolgreich und wirkungsvoll

zu vermarkten. Das Vermarktungskonzept umfasst hierbei den

Vertrieb, die Preissetzung und das dazugehörige Marketing für

den Service.

Wie entwickeln Sie neue Serviceleistungen und -produkte?

0 % 20 % 100 %60 % 80 %40 %

Neue Serviceprodukte werden in einer strukturierten Vorgehensweise entwickelt

Der Kunde wird in die Entwicklung von neuen Serviceangeboten miteinbezogen

13 % 16 % 39 % 24 % 8 %

Trifftvollundganzzu Trifftteilweisezu Trifftehernichtzu TrifftüberhauptnichtzuTriffteherzu

7 %16 % 27 % 21 % 29 %

62 STUDIE: LEAN SERVICE

Unternehmen haben Potenziale bei Wartungs- verträgen

Serviceleistungen werden von einem Großteil der Unterneh-

men heute noch überwiegend je Servicefall abgerechnet. War-

tungsverträge zur Abrechnung haben sich noch nicht vollständig

durchgesetzt, obwohl drei von vier der Unternehmen angeben,

diese anzubieten. Neben Akzeptanzproblemen bei Kunden zeigt

sich hier eine noch nicht ausgereifte Verkaufssystematik im Ser-

vice. Dies führt zu Mehraufwand durch viele Einzelfälle, zudem

mangelt es an der ganzheitlichen Betreuung von Kunden über

mehrere Serviceleistungen hinweg. Als mögliche Lösung bieten

sichServiceverträgean,diegestaffeltsindhinsichtlichLeistungs-

umfang, zeitlicher Erreichbarkeit und Reaktionszeiten. So können

verschiedene Arten von Serviceverträgen, wie Gold-, Silber- und

Standardverträge, unterschieden werden. Dadurch können Kun-

den individualisiert angesprochen und vertraglich langfristig ge-

bunden werden.

0 % 20 % 60 % 100 %80 %40 %

Einzeln je Servicefall(nach Zeit- und Materialaufwand)

Über langfristige Wartungs- und Serviceverträge

Kostenfrei (z.B. als Verkaufsargument im Neumaschinengeschäft)

5 % 23 % 37 % 14 %21 %

21 % 40 % 15 %24 %

8 %27 % 63 %

Immer Manchmal Selten NieOft

2 %

Wie häufig rechnen Sie Serviceleistungen wie folgt ab?

In sechs von zehn Unternehmen ist es heute üblich, Serviceleis-

tungen kostenfrei anzubieten, um das Neumaschinengeschäft

anzukurbeln. Hierdurch verschenken Unternehmen zusätzliche

ErlöseausdemüberdurchschnittlichprofitablenServicegeschäft.

Eine klare Trennung des Neumaschinen- und Servicevertriebs ist

daher zu empfehlen. Eine mögliche Lösung bietet ein eigenstän-

diger Servicevertrieb mit speziell ausgebildeten Mitarbeitern.

DerbeiStudienteilnehmernamhäufigstengenutzteVertriebska-

nal für Serviceleistungen ist der Service-Innendienst. Dieser han-

delt in den meisten Fällen reaktiv auf Kundenanfrage, z.B. beim

Versand von Ersatzteilen im Bedarfsfall.

STUDIE: LEAN SERVICE 63

Wie häufig vertreiben und verkaufen Sie Serviceleistungen wie folgt?

0 % 20 % 100 %60 % 80 %40 %

Durch den Service-Innendienst

Durch einen eigenen Servicevertrieb

Durch den (Neumaschinen-)Vertrieb

Durch Servicetechniker

Durch Händler und Vertriebspartner

Online (z.B. durch einen Ersatzteilshop)

50 % 11 % 39 %

21 % 32 % 47 %

24 %46 % 30 %

69 %11 % 20 %

12 %65 % 23 %

28 %38 % 34 %

Immer bis oft Manchmal Selten bis nie

Servicetechniker spielen im Vertrieb von Serviceleistungen eine

untergeordnete Rolle. Dabei können gerade sie durch den di-

rekten Kundenkontakt den Servicebedarf am besten abschätzen.

Als Problemlöser vor Ort genießen sie bei den Kunden hohes Ver-

trauen. Der Online-Vertrieb, z.B. über einen Ersatzteilshop, spielt

aktuell eine geringe Rolle. Er ist unpersönlich, ermöglicht aber

eine schnelle Lieferung für standardisierte und wenig erklärungs-

bedürftige Serviceleistungen. Durch die automatisierten Bestell-

vorgänge können manuelle Aufwände reduziert werden, wodurch

Servicemitarbeitern mehr Zeit für die Lösung von Kundenproble-

men zur Verfügung steht.

Vier von zehn Unternehmen setzen gezielt Marketingaktivitäten

für ihre Serviceleistungen ein. Deutlich weniger Firmen haben für

den Service einen eigenen Markenauftritt etabliert. Ein starker

Markenauftritt erleichtert den Vertrieb von Serviceleistungen und

wertet den Servicebereich intern auf. Unternehmen können das

Servicegeschäft beispielsweise über einen eigenen Namen, Slog-

an oder ein separates Servicelogo am Markt etablieren.

64 STUDIE: LEAN SERVICE

Wird Ihr Service durch einen separaten Markenauftritt und eigene Marketingaktivitäten unterstützt?

Handlungsempfehlungen

Entwickeln Sie Serviceprodukte und -dienstleistungen systema-

tisch. Orientieren Sie sich dabei an den Kundenerwartungen,

richten Sie Ihr Serviceportfolio am Wettbewerb sowie an neuen

Technologien aus.

Erweitern Sie ihr Angebot durch innovative, kundenindividuelle

Serviceleistungen und bieten Sie ein möglichst umfangreiches

Gesamtpaket an, um die Zuverlässigkeit und Produktivität von

Maschinen und Anlagen maßgeblich zu verbessern.

DefinierenunddokumentierenSiesystematischalleangebotenen

Serviceleistungen und bepreisen Sie Ihr komplettes Service-

angebot.VerschaffenSiesichsoeineguteAusgangspositionfür

ein planbareres Servicegeschäft.

Reduzieren Sie den Einsatz von Serviceleistungen als Verkaufs-

argument im Neumaschinengeschäft und nutzen Sie einen eigen-

ständigen Servicevertrieb, um langfristige Kundenbeziehungen,

z.B. über Wartungsverträge, aufzubauen.

Unterstützen Sie den Service durch einen starken Markenauftritt

unddurchservicespezifischeMarketingaktivitäten.

0 % 20 % 100 %60 % 80 %40 %

Marketingaktivitäten (Flyer, Werbung ...)

Markenauftritt (Name, Logo, Design ...)

Trifftzu Trifftteilweisezu Trifftnichtzu

31 % 12 % 57 %

38 %42 % 20 %

Die Mehrheit der Unternehmen bewirbt ihren Service

STUDIE: LEAN SERVICE 65

InstrumenteServiceinstrumente unterstützen die verschiedenen Tätig-

keiten und Aufgaben des Service. Hierzu zählen IT-Systeme

und Technologien zur Digitalisierung des Servicegeschäfts.

Ein wichtiger Stellhebel ist zudem die Ausrüstung von

Servicemitarbeitern speziell im Außendienst, wie Mobil

Devices, Werkzeuge und Ersatzteilkits.

Der Einsatz von Serviceinstrumenten zur effizienten

Servicesteuerung und Datenauswertung unterstützt die

Umsetzung schlanker Serviceprozesse. Dies hat einen

positiven Einfluss auf Profitabilität und Wachstum des

Servicegeschäfts.

EinflussaufWachstum

EinflussaufMarge

EinflussaufKundenzufriedenheit

Instrumente

6.6

66 STUDIE: LEAN SERVICE

der Unternehmen, die ein eigenständiges Servicemanagement-

systemeinsetzen,erreicheneineum15 %höhereMargeim

Servicegeschäft.

der Unternehmen statten ihre Servicetechniker mit Mobile

Devices aus.

Die optimale Unterstützung des Servicegeschäfts durch den Einsatz passender Instrumente kann wie folgt beschrieben werden:

Alle IT-, Daten- und Softwarelösungen für einzelne Servicetätig-

keiten sind Teil eines integrierten Servicemanagementsystems.

Die Informationstechnologie des Service ist in die unter-

nehmensweite IT-Landschaft eingebunden und entspricht

stets den aktuellen technologischen Standards.

Serviceinstrumente unterstützen die Führungsprozesse und

erlauben es Führungskräften, schnell und datenbasiert die

richtigenEntscheidungenzutreffen.

Relevante Maschinendaten werden in einer digitalen

Maschinenakte gespeichert und mit Hilfe von Diagnose-

systemen kontinuierlich evaluiert.

Der Kundenkontakt wird durch Software und Assistenz-

systeme unterstützt. In einer Kundenakte werden bishe-

rige Kundenkontakte sowie Vorkommnisse protokolliert.

Servicetechniker im Außendienst sind umfassend aus-

gestattet und über Mobile Devices vernetzt.

Wichtigste Erkenntnisse:

62 %

46 %

Davonnutzen85 %dieMobileDevicesfürden

ZugriffaufInformationen.

Davonnutzen84 %dieMobileDevicesfürdas

Protokollieren von Servicetätigkeiten.

Davonnutzen71 %dieMobileDeviceszur

dynamischen Einsatzplanung.

STUDIE: LEAN SERVICE 67

Effizienter Außendienst mit Mobile Devices

DieBasis für eine effizienteProzessunterstützungbildet ein ei-

genständiges Servicemanagementsystem. 46 Prozent der deut-

schen Maschinen- und Anlagenbauer setzen bereits auf eine ent-

sprechende Lösung. Es handelt sich dabei vor allem um spezielle

Servicemodule im unternehmensweit verwendeten IT-System

oder um Eigenentwicklungen für den Service, welche über geeig-

nete Schnittstellen zur Unternehmenssoftware verfügen.

Die Anfangsinvestitionen und der Umstellungsaufwand halten

viele Unternehmen jedoch davon ab, ein entsprechendes System

zu implementieren. Zahlreiche Firmen verwenden stattdessen

separierte Einzellösungen für die verschiedenen Aufgaben des

Servicegeschäfts und / oder setzten teilweise auf provisorische

Implementierungen, z.B. mit Hilfe von Microsoft Excel.

Verwenden Sie ein eigenständiges Servicemanagementsystem?

Ja

Nein

54 % 46 %

68 STUDIE: LEAN SERVICE

Vorallem fürdenAusbaudesServicegeschäfts ist eineeffektive

IT-Struktur zwingend notwendig. Serviceinstrumente unterstützen

die Führungsprozesse. Sie erlauben es Führungskräften, schnell

unddatenbasiertdierichtigenEntscheidungenzutreffen.Digitale

Kunden- und Maschinenakten sind die Basis für ein funktions-

übergreifendes Wissensmanagement und ein vereinfachtes Zu-

sammenarbeiten der Servicemitarbeiter. Die Auswertung der von

Maschinen im Feld erhobenen Daten durch intelligente Algorith-

men ermöglicht gleichzeitig neue Geschäftsmodelle und ist z.B.

Voraussetzung für die zustandsbedingteWartung. Eine effektive

IT-Struktur ermöglicht zudem ein schnelles Reagieren auf Kun-

denanfragen und geringstmögliche Problemlösezeiten im Störfall.

Ein Servicemanagementsystem dient der Verwaltung

aller Serviceressourcen und -produkte. Das IT-System

besteht meist aus mehreren Modulen zur Planung, Do-

kumentation und Automatisierung von Serviceabläufen.

Beispiele sind die digitale Routen- und Einsatzplanung von

Servicetechnikern, das Protokollieren von Kundenkontak-

ten, die Vernetzung von Maschinen und Anlagen sowie die

Analyse der Maschinendaten. Durch eine übersichtliche

Visualisierung der wichtigsten Kenngrößen ermöglicht

das System ein effektives und effizientes Prozess-, Res-

sourcen- und Kundenmanagement.

Ja

Nein

38 %

62 %

Sind Ihre Servicemitarbeiter im Außendienst über Mobile Devices vernetzt (z.B. über Tablets und einen mobilen Internetzugang)?

STUDIE: LEAN SERVICE 69

Ein Servicemanagementsystem kann sein volles Potenzial vor

allem dann entfalten, wenn Servicemitarbeiter über entspre-

chende Mobile Devices, wie Tablet-Computer, verfügen. Sie sind

im Außendienst von großer Bedeutung. Die Studie ergab, dass

fast zwei Drittel der befragten Unternehmen Servicetechniker mit

Mobile Devices ausrüsten.

Die Geräte werden hierbei in unterschiedlicher Weise eingesetzt.

In 85 Prozent der Fälle nutzen Techniker sie im Außendienst für

denZugriffaufMaschineninformationen,z.B.aufBetriebs-und

Verschleißdaten oder die Servicehistorie. Fast ebenso viele Un-

ternehmen gaben an, dass Serviceaktivitäten noch beim Kunden

Wozu setzen Sie diese mobile Vernetzung ein? (Bedingte Frage: Verwendung von Mobile Devices = Ja)

0 % 20 % 100 %60 % 80 %40 %

Dokumentation von Serviceaktivitäten beim Kunden vor Ort

ZugriffvonTechnikernaufdigitale Maschinenakten (u.a. mit Betriebsdaten,

Servicehistorie ...)

Dynamische Einsatzplanung und -steuerung von Servicemitarbeitern

Ja Nein

71 % 29 %

16 %

15 %

84 %

85 %

Mobile Devices erlauben ein effektiveres und effizienteres Arbeiten im Außendienst und vernetzen Servicetechniker über ein Servicemanagementsystem

vor Ort elektronisch dokumentiert werden. Bei guten Systemlö-

sungen können Servicefälle hierbei unmittelbar durch die Rech-

nungsstellung abgeschlossen werden. 71 Prozent der Unterneh-

men verwenden die Geräte zur dynamischen Einsatzplanung und

-steuerung ihrer Servicetechniker, um tagesoptimale Routen bei

ungeplant auftretenden Servicefällen zu erreichen.

Durch die mobile Anbindung der Techniker und die digitale Aus-

wertung der Serviceeinsätze können Außendienstler beim nächs-

ten Besuch einer Servicestation automatisch mit den passenden

Ersatz- und Verschleißteilen und den entsprechenden Werkzeu-

gen ausgestattet werden.

70 STUDIE: LEAN SERVICE

Durchschnittliche Marge des Servicegeschäfts im letzten Geschäftsjahr

0 %

5 %

10 %

25 %

30 %

35 %

Marge

15 %

20 %

Keine Mobil Devices Verwendung von Mobile Devices

24 %

33 %

Die Studienauswertung zeigt, dass über Mobile Devices vernetzte

Servicetechniker deutlich effektiver und effizienter arbeiten. Es

zeigt sich eine um neun Prozentpunkte höhere Servicemarge ge-

genüber Wettbewerbern ohne diese Hilfsmittel. Voraussetzung

hierfür ist jedoch ein exzellentes Servicemanagementsystem.

Der Einsatz von Software und IT-Systemen im Außendienst un-

terstützt im Idealfall eine schlanke Auftragsabwicklung. Die Arbeit

der Servicetechniker wird durch den einfachen Zugang zu Infor-

mationen erleichtert, mit Hilfe von Serviceinstrumenten und As-

sistenzsystemen können menschliche Fehler reduziert werden.

Angesichts immer komplexerer Maschinen ermöglichen Assis-

tenzsysteme die schnelle und fehlerfreie Problemlösung.

Der zunehmende Einsatz von Software und unterstützenden

IT-Systemen ist unternehmensweit zu beobachten. Allerdings

entwickelt sich der Service hier überproportional schnell. IT-Lö-

sungen und neue Technologien werden sowohl zur Verbesserung

der Serviceabläufe intern eingesetzt als auch als Teil von neuen

Geschäftsmodellen beim Kunden.

STUDIE: LEAN SERVICE 71

Handlungsempfehlungen

Integrieren Sie alle IT-, Daten- und Softwarelösungen für einzelne

Servicetätigkeiten in ein ganzheitliches Servicemanagement-

system, welches in die unternehmensweite IT-Landschaft optimal

eingebunden ist.

Analysieren Sie Ihre Serviceprozesse und prüfen Sie den Einsatz

geeigneter IT-Lösungen sowie möglicher Serviceinstrumente, um

es Führungskräften zu erlauben, schnell und datenbasiert die

richtigenEntscheidungenzutreffen.

Speichern Sie relevante Maschinendaten in einer digitalen Maschi-

nenakte und werten Sie diese mit Hilfe von Diagnosesystemen aus.

Unterstützen Sie den Kundenkontakt durch Softwarelösungen

und Assistenzsysteme. Protokollieren Sie dabei bisherige Kunden-

kontakte sowie -vorkommnisse in einer digitalen Kundenakte, um

das Kundenbeziehungsmanagement zu verbessern.

Vernetzen Sie die Techniker über Mobile Devices untereinander

und mit der zentralen Einsatzsteuerung. Servicetechniker sollten

zudemübereinewohldefinierteAusstattunganErsatz-und

Verschleißteilen sowie geeignetem Werkzeug verfügen.

72 STUDIE: LEAN SERVICE

DIGITALISIERUNG IM SERVICEGESCHÄFT –

INTERVIEW MIT PROF. DR. HANSJÖRG FROMM

Herr Fromm, im Rahmen Ihrer Professur am Karlsruhe Service

Research Institute beschäftigen Sie sich mit der Digitalisierung

im industriellen Service. Können Sie kurz beschreiben, was Sie

darunter verstehen?

Die Digitalisierung ist in unserer Gesellschaft weit fortgeschritten

und hat den Dienstleistungsbereich längst erreicht. Die zuneh-

mende Vernetzung von mobilen Endgeräten, Produkten und An-

lageneröffnetdemindustriellenServicevollkommenneueMög-

lichkeiten. Aber erst die Anreicherung mit Intelligenz – und das

ist der primäre Gegenstand unserer Forschung – wird zu einem

wirklichen Durchbruch zu effizienterem Service und zu neuen

Service-Geschäftsmodellen führen.

Welche Trends haben Sie dabei beobachtet?

Führende Industrieunternehmen bieten heute ihren Kunden

Teleservices (Remote Maintenance, Teleconsulting) an und ha-

ben ihr Servicepersonal mit mobilen intelligenten Endgeräten

ausgestattet. Systeme zur dynamischen Einsatzsteuerung von

Servicepersonal sind auf dem Markt verfügbar. Die proaktive,

vorausschauende Wartung (Predictive Maintenance) ist in den

Anfängen: Verfahren zur Datenanalyse und intelligente Algorith-

men werden derzeit erprobt und punktuell eingeführt.

Was sind dabei Ihrer Meinung nach die entscheidenden Treiber

für die zunehmende Digitalisierung und Vernetzung im industri-

ellen Service?

Die Grundlagen für die Digitalisierung und Vernetzung sind durch

InitiativenwieIndustrie4.0geschaffenworden.Waszunächstfür

die Produktion gedacht war, zeigt sich jetzt als enorme Chance

auch für den Service. Im Vordergrund stehen dabei Kostenredu-

zierung,Effizienzsteigerung,ErhöhungderKundenzufriedenheit

und Erlangung von Wettbewerbsvorteilen.

Hansjörg Fromm studierte Informatik an der Universität Erlangen-

Nürnberg und promovierte 1982 auf dem Gebiet der Modellie-

rung und Leistungsanalyse von Rechnersystemen. Bis 2014 war

Prof. Fromm Direktor des Karlsruhe Service Research Institute

(KSRI) am KIT in Karlsruhe, wo er die Forschungsgruppe „Service

Innovation & Management“ führte. Nach seiner Versetzung in den

Ruhestand ist Hansjörg Fromm weiterhin als Honorarprofessor

am KSRI tätig. Derzeit beschäftigt sich Prof. Dr. Hansjörg Fromm

mit der zunehmenden Digitalisierung im Service und forscht zu

den Themen Servicequalität und -produktivität sowie Service

Analytics.

STUDIE: LEAN SERVICE 73

Die Befragung im Rahmen der Staufen-AG-Studie „Lean Service“

hat gezeigt, dass bisher nur 39 Prozent der befragten Unterneh-

men PredictiveMaintenance und nur 17  Prozent visuellenOn-

line-Support anbieten. Wie bewerten Sie dieses Ergebnis?

Ichbinmirnichteinmalsicher,obdie39 ProzentderUnterneh-

men Predictive Maintenance wirklich so verstehen wie wir Wis-

senschaftler. Dazu bedarf es anspruchsvoller Sensorik für die

Zustandsüberwachung (Condition Monitoring) und intelligenter

Algorithmen für die Vorhersage (Predictive Analytics). Beide Tech-

nologien sind noch nicht flächendeckend verfügbar. Außerdem

müssen Fragen der Datensicherheit und des Geschäftsmodells

geklärt werden. Ich sehe in der Predictive Maintenance die näch-

ste Welle der Innovation im Bereich der Technical Services.

Die Umfrage zeigt auch, dass 62 Prozent der Unternehmen ihre

Servicetechniker mit Mobile Devices ausstatten. Wie schätzen Sie

diesen Anteil ein?

Das hätte ich auch erwartet. Wobei ein Mobile Device natürlich al-

les sein kann – vom einfachen Smartphone bis hin zum vollausge-

statteten Gerät mit intelligenten Anwendungen wie dynamischer

Einsatzplanung oder visuellem Online-Support.

Was hindert Firmen bisher daran, mehr I 4.0-Lösungen im Service

anzubieten und umzusetzen?

Für mich ist Industrie 4.0 viel zu wenig konkret. Jeder versteht

etwas anderes darunter. Aber selbst wenn man die hochtra-

benden Visionen von der sich selbst steuernden Fabrik mal beisei-

telegt und sich auf Errungenschaften wie Sensorik und Konnekti-

vität beschränkt, bildet Industrie 4.0 heute schon die Grundlage

für viele innovative Lösungen wie Remote Maintenance, Telecon-

sulting, visuellen Online-Support etc.

Was sind Ihrer Meinung nach die Chancen neuer Technologien

wie Predictive Maintenance im Service?

Es gibt Erfahrungsberichte, die zeigen, dass vorausschauende

Wartung (Predictive Maintenance) Kosteneinsparungen von über

55 Prozent gegenüber der vorbeugenden Wartung (Preventive

Maintenance) und von nahezu 70 Prozent gegenüber der reak-

tiven Wartung erzielten.

Liegt für Maschinen- und Anlagenbauer in der zunehmenden Ver-

netzung also ein entscheidender Wettbewerbsvorteil?

Durch die zunehmende Vernetzung können Maschinen- und An-

lagenbauer ihren Kunden neue Lösungen anbieten, die Vorteile

für beide – Kunden und Anbieter – bringen. Vorteile für Kunden

sind die Vermeidung von Stillstandszeiten, die Reduzierung der

Wartungskosten, aber auch neue Erkenntnisse durch Auswer-

tungen von Maschinendaten mit geeigneten Data-Mining-Verfah-

ren.VorteilefürdieAnbietersinddieSteigerungderServiceeffi-

Prof. Dr. Hansjörg Fromm

74 STUDIE: LEAN SERVICE

zienz und ein sprichwörtlicher „Draht zum Kunden“. Mit Remote

Maintenance können heute schon Dienstleistungen von Deutsch-

land aus über Grenzen hinweg für die ganze Welt angeboten wer-

den. Ein seltenes Beispiel für den Export von Services aus einem

Hochlohnland!

Wie bewerten Sie dabei das Zusammenspiel von Menschen und

intelligenten Systemen? Wie wichtig werden Servicetechniker in

Zukunft sein?

Auch der intelligenteste Algorithmus wird den Menschen nicht

ersetzen, sondern in seiner Arbeit unterstützen. Gerade im Ma-

schinen- und Anlagenbau spielt der persönliche Kontakt zwischen

Hersteller und Kunde – ob im Vertrieb oder im Service – eine nicht

zu unterschätzende Rolle. Der Servicetechniker ist in vielen Fällen

eine Vertrauensperson, die über die eigentliche Wartungstätigkeit

hinaus technisches Know-how zum Kunden bringt und Antennen

für die Probleme des Kunden besitzt. Intelligente Systeme sollen

diese Menschen bestmöglich in ihrer Arbeit unterstützen.

Welche Chancen sehen Sie für den Servicebereich im Rahmen

dieser Veränderungen?

Dienstleistungen werden mehr und mehr zum Erfolgsfaktor auch

in einer produkt- und produktionsorientierten Industrie wie dem

Maschinen- und Anlagenbau. Der Servicebereich – obwohl oft

hochprofitabel–hat langeeinSchattendaseingeführt,ausdem

er jetzt herauskommen muss. Unternehmen müssen erkennen,

dass nicht nur Produktinnovationen, sondern auch Serviceinno-

vationen ihre Zukunft bestimmen und dass der Servicebereich

genausovonderDigitalisierungprofitierenkannwiezumBeispiel

Entwicklung, Vertrieb oder Produktion.

Was raten Sie deutschen Maschinen- und Anlagenbauern im Hin-

blick auf die zunehmende Digitalisierung des Servicegeschäfts?

Die technischen Voraussetzungen für Innovationen im industriel-

lenServicesindgeschaffen.DieUnternehmenmüssen jetztmit

Nachdruck darangehen, moderne Lösungen wie Remote Main-

tenance, Teleconsulting sowie Predictive Maintenance zusam-

men mit den entsprechenden Geschäftsmodellen zu entwickeln

und ihren Kunden anzubieten. Gleichzeitig sollten sie die Mög-

lichkeiten der Digitalisierung für die Optimierung ihres eigenen

Servicegeschäfts nutzen.

Geben Sie uns einen Ausblick, wie sieht das Servicegeschäft der

Zukunft Ihrer Meinung nach aus?

Ein Großteil der klassischen Servicetätigkeiten wie Reparatur und

Wartung wird in der Zukunft automatisiert und ohne Beteiligung

des Menschen ablaufen. Maschinen und Produkte überwachen

ihren Zustand selbst oder übermitteln ihre Daten an ein zen-

trales, sicheres Monitoringsystem, sie erkennen Verschleiß- und

Alterungserscheinungen und machen Voraussagen zum Beispiel

über den notwendigen Austausch eines Teils oder einer Software.

Im Falle der Software kann automatisch und aus der Ferne ein

Update eingespielt werden, im Falle des Teils muss ein Mensch

eingreifen. Der Optimalfall sieht dabei so aus, dass das Teil von

einem 3D-Drucker schnell hergestellt und durch den Maschinen-

bediener vor Ort mit einer visuellen Online-Unterstützung eines

Experten aus dem Servicezentrum ausgetauscht wird. Auf jeden

Fall wird der Experte Online-Diagnosen aus der Ferne durchfüh-

ren können. Wird ein Servicetechniker vor Ort gebraucht, so wird

er über sein Mobile Device von der dynamischen Einsatzplanung

automatisch und auf optimalem Weg zu seinem Einsatzort gelei-

tet. Präventive Maßnahmen in der Nähe wird er auf Empfehlung

seines Systems gleich miterledigen.

Durch die Entlastung von Routinearbeiten wird sich das Angebot

der Serviceorganisation auf Mehrwertdienste wie technische Be-

ratung, Installationsunterstützung, Projektmanagement, Anwen-

dungsunterstützung, Mitarbeiterschulung, Datenauswertungen

und Performancevergleiche verlagern.

STUDIE: LEAN SERVICE 75

ErsatzteilmanagementDas Management von Ersatz- und Verschleißteilen befasst

sich mit deren Herstellung, Bevorratung und ihrem Vertrieb.

Die Mehrheit der deutschen Maschinen- und Anlagenbauer

erwirtschaftet mit Ersatzteilen fast die Hälfte des Service-

umsatzes. Unternehmen, die im Servicefall schnell in der

Lage sind, die richtigen Ersatzteile zu liefern, haben einen

entscheidenden Wettbewerbsvorteil. Eine kundenorientierte

Lager- und Distributionsstrategie und schlanke Ersatzteil-

prozesse haben einen positiven Einfluss auf die Profitabilität

des Servicegeschäfts. Eine hohe Lieferperformance steigert

die Kundenzufriedenheit und legt die Basis für weiteres

Wachstum des Servicegeschäfts.

EinflussaufWachstum

EinflussaufMarge

EinflussaufKundenzufriedenheit

Ersatzteilmanagement

6.7

76 STUDIE: LEAN SERVICE

Die folgenden Merkmale charakterisieren ein exzellentes Ersatzteilmanagement:

Ersatzteilprozesse richten sich an den vier Merkmalen schlanker

Prozesse aus (siehe Kapitel „Serviceprozesse”). Es wird so eine

schnelle Ersatzteillieferung bei hoher Termintreue sichergestellt.

Eine lebenszyklusabhängige Bevorratungsstrategie reduziert

Lagerbestände bei gleichzeitig hoher Lieferperformance.

Der Lagerbestand von Ersatz- und Verschleißteilen wird regel-

mäßiganhandvonKennzahlenwiederUmschlagshäufigkeit

analysiert und angepasst.

Die Produktion von Ersatz- und Verschleißteilen verfügt über

definierteProduktionskapazitätenundistmitderNeumaschinen-

produktion abgestimmt.

Wichtigste Erkenntnisse:

der Unternehmen verfolgen für ihre Ersatz- und Verschleißteile

eine festgelegte Bevorratungsstrategie.

der Unternehmen verfolgen für ihre Ersatz- und Verschleißteile

eine festgelegte Distributionsstrategie.

derUnternehmenerfassenweitgehenddieUmschlagshäufigkeit

der gelagerten Ersatz- und Verschleißteile.

48 %61 %

57 %

STUDIE: LEAN SERVICE 77

Ungenutztes Potenzial im Ersatzteilmanagement

Gibt es für Ersatz- und Verschleißteile ...

Etwa 30 Prozent der Unternehmen verfügen über ein strategisches

Ersatzteilmanagement mit klarer Bevorratungs-, Preis- und Distri-

butionsstrategie. Dagegen haben 70 Prozent der befragten Unter-

nehmen hier noch Nachholbedarf. Insbesondere die Erfassung der

Umschlagshäufigkeitwirdvon43 ProzentderbefragtenUnterneh-

men teilweise bis überhaupt nicht durchgeführt.

0 % 20 % 100 %60 % 80 %40 %

... festgelegte Bevorratungsstrategien?

...eineErfassungderUmschlagshäufigkeit?

... festgelegte Preisstrategien?

... festgelegte Distributionsstrategien?

28 % 29 % 17 % 14 % 12 %

20 % 10 % 6 %28 % 36 %

30 % 17 % 5 %22 % 26 %

Trifftvollundganzzu Trifftteilweisezu Trifftehernichtzu TrifftüberhauptnichtzuTriffteherzu

30 % 31 % 24 % 13 % 2 %

78 STUDIE: LEAN SERVICE

Benötigter Ersatzteilmix

Umsatz

Zeit

Bevorratungsstrategie für Ersatzteile

In vielen Unternehmen fehlt es an einer einheitlichen Bevor-

ratungsstrategie für alle Serviceniederlassungen. Dies führt zu

unnötig hohen Lagerbeständen und -kosten, einer schwachen

Lieferperformance und einem hohen Koordinations- und Steue-

rungsaufwand. Unternehmen sollten ihre Bevorratungsstrategie

daherbewusstgestaltenunddieUmschlagshäufigkeitvonErsatz-

teilen erfassen, um den sporadischen Ersatzteilbedarf, der oft nur

unzureichend prognostizierbar ist, kostenoptimal bedienen zu

können.

Der Lagerbestand sollte sich bei jedem Ersatz- und Verschleiß-

teil am Lebenszyklus der Maschinen und Anlagen ausrichten. Es

müssen hier die sich über den Produktlebenszyklus ergebenden

Änderungen berücksichtigt werden. Je nach Zyklusphase wer-

den andere Ersatzteile verstärkt auf Vorrat vorgehalten und un-

terschiedliche Sicherheitsbestände sowie Bestandsreichweiten

umgesetzt. Maschinenhersteller müssen berücksichtigen, dass

Kaufentscheidungen für eine Maschine oder Anlage heute davon

abhängig sind, wie die Verfügbarkeit von Ersatzteilen über den

Produktlebenszyklus hinweg sichergestellt ist.

Mix 1 Mix 2 Mix 3 Mix 4

Lebenszyklusabhängige Bevorratung

STUDIE: LEAN SERVICE 79

Handlungsempfehlungen

Richten Sie Ihre Ersatzteilprozesse entlang der vier Merkmale

schlanker Prozesse aus, um eine schnelle Ersatzteillieferung bei

hoher Termintreue zu ermöglichen.

Setzen Sie eine lebenszyklusabhängige Bevorratungsstrategie

um und reduzieren Sie Lagerkosten durch ein überregional

abgestimmtes Bestandsmanagement.

Analysieren und bewerten Sie Ersatz- und Verschleißteile regel-

mäßiganhandvonKennzahlenwiederUmschlagshäufigkeit,

um den Lagerbestand ohne eine Verschlechterung der Lieferper-

formance zu reduzieren.

DefinierenSiefesteKapazitätenfürdieProduktionvonErsatz-

undVerschleißteilen,umRessourcenkonfliktemitderNeu-

maschinenproduktion zu vermeiden.

Ermöglichen Sie die automatische Bestellung von Ersatzteilen

über einen Online-Shop für die schnelle Abwicklung von

ErsatzteilbestellungenundschaffenSiesofreieKapazitäten

bei den Servicemitarbeitern.

Die Produktion von Ersatzteilen ist hierbei hinsichtlich Ressour-

cennutzung und Produktionskapazität mit der Neumaschinen-

produktion abzustimmen, um eine stetige Verfügbarkeit zu

gewährleisten. Dies ist die Voraussetzung für eine exzellente Lie-

ferperformance und eine zuverlässige Distributionsstrategie für

eine hohe Kundenzufriedenheit.

Ein exzellentes Ersatzteilmanagement impliziert darüber hinaus

eine exzellente Preisstrategie für Ersatz- und Verschleißteile. Der

zunehmende Druck auf Preise und Margen im Service erfordert

eine Preisüberprüfung aller angebotenen Serviceleistungen. Die

klassische Trennung nach Eigen- und Fremdfertigungsteilen zur

Preisberechnung wird heutzutage zunehmend durch die Diffe-

renzierung nach Komplexität, Wert und Kopierbarkeit der Ersatz-

teile ersetzt. Im internationalen Service ist zudem die Preisunter-

scheidung nach Wettbewerbssituation, Kundenverhalten sowie

regionalen Gegebenheiten üblich. Die regelmäßige Preisüberprü-

fung auf Basis der Kriterien ermöglicht zusätzliches Wachstum

und bildet die Grundlage für ein margenreiches Servicegeschäft.

Ein fester Wert beziehungsweise Preis der Ersatzteile ist für den

Vertrieb die Voraussetzung, Ersatz- und Verschleißteile entspre-

chend in Rechnung zu stellen.

80 STUDIE: LEAN SERVICE

QualifizierungDer Service ist nah am Kunden und speziell die Service-

techniker stehen im regelmäßigen Austausch mit den

Kunden vor Ort. Gut geschulte Servicemitarbeiter sind

entscheidend für eine hohe Kundenzufriedenheit.

Neben fachlicher Expertise und Methodenkompetenz ist

insbesondere soziale Kompetenz essenziell wichtig.

Die Kundennähe und das Verständnis der Kundenbedürf-

nisse ermöglichen einen höheren Serviceumsatz durch

zusätzlich verkaufte Serviceleistungen.

EinflussaufWachstum

EinflussaufMarge

EinflussaufKundenzufriedenheit

Qualifizierung

6.8

STUDIE: LEAN SERVICE 81

Exzellente Qualifizierung zeichnet sich durch die folgenden Merkmale aus:

Der Service ist gekennzeichnet durch eine ausgeprägte Weiter-

bildungskultur. Führungskräfte engagieren sich für die Ausbil-

dung ihrer Mitarbeiter und erfahrene Servicemitarbeiter geben

ihr Wissen aktiv an junge und unerfahrene Kollegen weiter.

DieKompetenzprofileallerServicemitarbeitersindsystematisch

inFormeinerQualifikationsmatrixzentralerfasstundwerden

regelmäßig bewertet, um eine kontinuierliche Weiterbildung/

Weiterentwicklung zu gewährleisten und Engpassressourcen

zu entlasten.

EinumfassendesQualifikationskonzeptderServicemitarbeiter

enthält sowohl fachliche und methodische wie auch soziale

Weiterbildungsthemen.

InhaltundUmsetzungdesQualifikationsangebotswerden

regelmäßig bewertet und kontinuierlich hinsichtlich veränderter

Kunden- und Technologieanforderungen angepasst.

Wichtigste Erkenntnisse:

derUnternehmenerfassenundbewertendieKompetenzprofile

ihrer Servicemitarbeiter überhaupt nicht.

der Unternehmen schulen ihre Servicemitarbeiter zu fachlichen

Themen mindestens jährlich.

der Unternehmen bieten ihren Servicemitarbeiten keine

Schulungen bezüglich Auftreten und Kommunikation mit dem

Kunden an.

der Unternehmen trainieren ihre Servicemitarbeiter nicht im

Verkauf.

52 %25 %

20 %

38 %

82 STUDIE: LEAN SERVICE

Werden die Kompetenzen von Servicemitarbeitern erfasst und regelmäßig bewertet (z.B. über eine Qualifikationsmatrix)?

0 % 20 % 100 %60 % 80 %40 %

Trifftzu Trifftteilweisezu Trifftnichtzu

45 % 30 % 25 %

Ein Qualifizierungskonzept geht über fachlicheKompetenzen hinaus

DieBasiseineszweckmäßigenQualifizierungskonzeptsbildetdie

ErfassungvonKompetenzprofilenallerServicemitarbeiter.Aller-

dings verzichten 25 Prozent der Unternehmen komplett auf eine

entsprechende Erfassung und weitere 30 Prozent haben sie nicht

konsequent implementiert. Individualisierte Weiterbildungsmaß-

nahmen und die Förderung eines aktiven Wissensaustauschs

werden dadurch erschwert.

Für eine konsequente Bewertung der Mitarbeiterqualifikation

können die Kompetenzprofile in einer Qualifikationsmatrix zu-

sammengeführt werden. Die Qualifikationsmatrix visualisiert

anfallende Tätigkeiten und ermöglicht die Ableitung von Quali-

fikationsanforderungenfürdieMitarbeiter.SowirdesdenFüh-

rungskräften erleichtert, die Kompetenz der Servicemitarbeiter zu

evaluieren und für jedenMitarbeiter geeigneteQualifizierungs-

maßnahmen anzustoßen.

STUDIE: LEAN SERVICE 83

EinerfolgreichesQualifizierungskonzeptmussinjedemFallfach-

liche, methodische und soziale Kompetenzen abdecken. Unter-

nehmen legen aktuell jedoch einen erkennbaren Schwerpunkt

auf rein fachliche Themen. So erfahren Servicemitarbeiter in

jedem zweiten Unternehmen mindestens einmal jährlich eine

Schulung auf diesem Gebiet. Weiterbildungen in Methoden- und

Sozialkompetenz werden dagegen vernachlässigt. So bieten rund

20 Prozent der Firmen keine Möglichkeit, Kommunikationsfähig-

keiten in Schulungen zu verbessern. Noch etwas häufiger ver-

Qualifikationsmatrix

Eine Qualifikationsmatrix zeigt die individuellen Mitarbeiterkompetenzen auf einen Blick

zichten Unternehmen auf einen Ausbau strukturierter Problem-

lösungskompetenz. Ein nicht zu unterschätzendes Risiko, denn

fachlichesWissenistnurdanneffektiv,wennesstrukturiertzur

Problemlösung eingesetzt wird.

Wer sein Servicegeschäft nachhaltig ausbauen möchte, sollte zu-

dem auf Schulungen zu Vertriebs- und Verkaufstechniken setzen.

Die Studienergebnisse zeigen, dass fast 40 Prozent der Unterneh-

men in ihremQualifizierungskonzeptdarauf keinenWert legen

und dieses Potenzial verschenken.

Firma XY

Stand:

Soft Skills

Sicheres Auftreten beim Kunden

Kommunikationsfähigkeit

Vertriebsfähigkeit

Fremdsprachen

Englisch

Französisch

Chinesisch

Russisch

Spanisch

Fachkenntnisse

Mechanik

Software

Hydraulik

...

84 STUDIE: LEAN SERVICE

Wie häufig nehmen Servicemitarbeiter an Schulungen zu den folgenden Themen teil?

0 % 20 % 60 % 100 %80 %40 %

Fachliche Themen

Kommunikation, Auftreten und Konfliktmanagement

Strukturiertes Problemlösen

Verkaufstraining

15 % 22 % 43 % 20 %

14 %

8 %

34 %

20 %

29 %

34 %

23 %

38 %

15 %52 % 32 %

Jährlichoderhäufiger Alle 3 Jahre oder seltener Wird so nicht bewertetAlle 2 Jahre

1 %

DieStudienergebnissebelegeneinenpositivenEinflussvonQua-

lifizierungsmaßnahmenaufdieProduktivitätundvorallemdas

Wachstum im Servicegeschäft. Als Konsequenz sollte der deut-

sche Maschinen- und Anlagenbau seine Servicemitarbeiter und

ihre Expertise als eines der wichtigsten Differenzierungsmerk-

male begreifen. In jeglicher Hinsicht kompetente und souveräne

Servicemitarbeiter bestehen im internationalen Wettbewerb und

sichern dem Unternehmen auch in Zukunft einen kontinuier-

lichen Umsatz.

Unternehmen schulen ihre Servicemitarbeiter zwar fachlich, vernachlässigen aberMethoden- und Sozialkompetenz

STUDIE: LEAN SERVICE 85

Handlungsempfehlungen

SchaffenSieeinegelebteWeiterbildungskulturundermöglichen

Sie jungen und unerfahrenen Servicekollegen den Wissensaus-

tausch mit erfahrenen Servicemitarbeitern.

ErfassenSiedieKompetenzprofileallerServicemitarbeiter

systematischundzentralinFormeinerQualifikationsmatrixund

evaluieren Sie diese regelmäßig. Fördern Sie Mitarbeiter individu-

ell und ermöglichen Sie Weiterbildungsmaßnahmen entsprechend

den jeweiligen Kompetenzen.

DefinierenSiediefürSiewichtigenInhaltederWeiterbildungs-

maßnahmen und berücksichtigen Sie dabei sowohl fachliche und

methodische wie auch soziale Weiterbildungsthemen, um durch

eine freundliche und schnelle Problemlösung höchste Kunden-

zufriedenheit zu erreichen.

Bewerten Sie den Inhalt und die Umsetzung der aktuellen

Weiterbildungsmöglichkeiten in regelmäßigen Abständen und

berücksichtigen Sie sich ändernde Kunden- und Technologie-

anforderungen.

86 STUDIE: LEAN SERVICE

Kernaussagen der Studie

7

Der deutsche Maschinen- und Anlagen-bau befindet sich im Wandel vom reinen Maschinenanbieter zum Lösungsanbieter mit neuen Geschäfts-modellen. Die Studie zeigt die aktuelle Situation der Branche und gibt einen Ausblick auf zukünftige Ent- wicklungen. Im Rahmen der Studie konnten folgende Kernaussagen identifiziert werden.

Die befragten Unternehmen wollen den Anteil des Servicegeschäfts am

GesamtumsatzindennächstenfünfJahrenvonheutedurchschnittlich16 %auf

25 %steigern.

Obwohl Unternehmen den Ausbau des Servicegeschäfts als essenziell wichtig

betrachten, gelingt es ihnen nicht, die geplanten Wachstumsziele zu erreichen.

Die Hälfte der Unternehmen verzeichnet für den Service Wachstumsraten

vonwenigerals10 %.

51 %derUnternehmenverfolgendieVerbesserungderProzess-undReaktions-

geschwindigkeit in den nächsten Jahren besonders intensiv.

STUDIE: LEAN SERVICE 87

Kernaussagen der Studie

Unternehmen mit einer separaten Servicestrategie haben durchschnittlich

eine um sechs Prozentpunkte höhere Marge im Servicegeschäft. Aktuell

haben45 %derUnternehmennochkeineseparateStrategiefürihrService-

geschäftdefiniert.

Neun von zehn Unternehmen nutzen den Service meist zum Aufbau von

Kundenbindung und Kundenloyalität.

Unternehmen, die den Service als separaten Geschäftsbereich organisieren,

habenimSchnitteineum32 %höhereMargeunderzieleneinum40 %

höheres Wachstum im Service. Stand heute hat erst die Hälfte der

Unternehmen den Service auf der gleichen Ebene wie das Neumaschinen-

geschäft angesiedelt.

Zwei Drittel der befragten Unternehmen fehlt ein strukturierter Prozess für

dieWeiterentwicklungdeseigenenServiceangebots.Lediglich29 %derUnter-

nehmen beziehen den Kunden aktiv in die Entwicklung neuer Service-

angebote mit ein.

Zwei Drittel der Unternehmen lösen den Großteil der Servicefälle vor Ort –

erst ein Drittel der Unternehmen setzt auf den systematischen Einsatz von

Fernservice.

LediglicheinesvonzehnUnternehmenführtmehrals50 %seinerService-

einsätze präventiv und proaktiv durch.

Vier von zehn Unternehmen bieten neuartige und innovative Service-

leistungen, wie Predictive Maintenance und interaktive Webplattformen, an.

DieseUnternehmenerzieleneinebiszu40 %höhereWachstumsrate

im Servicegeschäft.

Ein Großteil der Serviceleistungen wird aktuell einzeln je Servicefall abgerech-

net,obwohl74 %derUnternehmenWartungsverträgeanbieten.

Sechs von zehn Unternehmen vertreiben Serviceleistungen vorwiegend

überdenNeumaschinenvertrieb,häufigkostenfreiundohneseparate

Abrechnung.

Neun von zehn Führungskräfte im Service sind fast vollständig operativ tätig

und haben täglich weniger als eine Stunde Zeit für strategische Tätigkeiten,

Mitarbeiterentwicklung und die kontinuierliche Prozessverbesserung.

Unternehmen schulen ihre Servicemitarbeiter überwiegend fachlich –

Schulungen zu methodischer und sozialer Kompetenz werden dagegen

meist vernachlässigt.

88 STUDIE: LEAN SERVICE

Handlungs-empfehlungenzur Umsetzung von Lean Service

8

SchaffenSieeineunternehmensweiteServicekulturund

formulieren Sie eine separate Servicestrategie, die aus der

Unternehmensstrategie abgeleitet ist. Priorisieren Sie Ziele

und Maßnahmen für die systematische Operationalisierung

der Servicestrategie und überwachen Sie die erfolgreiche

Implementierung.

Sensibilisieren Sie Ihre Mitarbeiter für Wertschöpfung und

Verschwendung im Service. Richten Sie Ihre Serviceprozesse

konsequent nach den Merkmalen schlanker Prozesse aus, um die

Durchlaufzeit zu reduzieren, die Kosten zu senken und freie Res-

sourcenfürzusätzlichesWachstumzuschaffen.ReduzierenSie

dabei den Anteil reaktiver Serviceeinsätze zugunsten proaktiver

Serviceeinsätze und setzen Sie zunehmend auf Fernservice.

Stellen Sie Ihre Serviceorganisation wertstromorientiert auf. Den

Service etablieren Sie dabei als separaten Geschäftsbereich und

verankern Sie ihn organisatorisch auf der gleichen hierarchischen

Ebene wie Entwicklung, Produktion und Vertrieb.

STUDIE: LEAN SERVICE 89

Handlungs-empfehlungenzur Umsetzung von Lean Service

Sorgen Sie dafür, dass Ihre Serviceführungskräfte ausreichend

Zeit für strategische Aufgabenstellungen und das Treiben der

kontinuierlichenVerbesserunghaben,umdefinierteWachs-

tumsziele zu erreichen. Serviceführungskräfte sollten zudem als

Mentoren fungieren und es sollte ihnen ausreichend Zeit für die

Befähigung der Servicemitarbeiter zur Verfügung stehen.

Erweitern Sie Ihr Serviceangebot durch innovative, kundenindivi-

duelle Serviceleistungen und bieten Sie möglichst umfangreiche

Gesamtlösungen an, um die Zuverlässigkeit und Produktivität

von Maschinen und Anlagen maßgeblich zu verbessern. Reduzie-

ren Sie dabei den Einsatz von Serviceleistungen als Verkaufs-

rgument im Neumaschinengeschäft und nutzen Sie einen eigen-

ständigen Servicevertrieb, um langfristige Kundenbeziehungen,

z.B. über Wartungsverträge, aufzubauen.

ErfassenSieKompetenzprofileallerServicemitarbeitersyste-

matischundzentralinFormeinerQualifikationsmatrixund

evaluierenSiedieseregelmäßig.SchaffenSiedabeieineWeiter-

bildungskultur im Service und fördern Sie Mitarbeiter individuell,

indem Sie Weiterbildungsmaßnahmen zu fachlichen wie auch

methodischen und sozialen Themen ermöglichen.

90 STUDIE: LEAN SERVICE

Alle Studien der Staufen AG finden Sie auch online

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Was sonst noch für die Staufen AG spricht:

Unsere Auszeichnungen.

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STUDIE: LEAN SERVICE 91

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