Leittechnik IEC 61850 in einer 380kVAnlage · 2017-09-15 · Bulletin SEV/VSE 19/05 29 Leittechnik...

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Bulletin SEV/VSE 19/05 27 Leittechnik pratique gesamte Mittelspannungsanlage (16 kV) durch eine IEC-61850-basierte Lösung ersetzt und im November 2004 in Betrieb genommen [4]. Eine besondere Herausforderung ist die Modernisierung von Hochspannungs- schaltanlagen. Diese verlangt meist eine anspruchsvolle Systemintegration und Projektleitung, da oftmals aus wirtschaft- lichen und betrieblichen Gründen stufen- weise Komponenten auf Feld- und Sta- tionsebene ersetzt werden. Zur Minimie- rung von Betriebsunterbrüchen werden die Schaltfelder sequenziell modernisiert. Zudem werden fast immer Fremdgeräte integriert, zum Beispiel für den Zweit- schutz. Das bedeutet, dass nicht nur Komponenten von mehreren Herstellern, sondern auch von mehreren Generationen mit und ohne IEC 61850 nebeneinander existieren und im Betrieb kooperieren müssen. Das erste Feld einer solchen Lö- sung ging im Dezember 2004 in der 380- kV-Schaltanlage Laufenburg in Betrieb. An diesem Projektbeispiel zeigt sich, dass die Norm IEC 61850 auch bei einer schrittweisen Modernisierung von An- fang an Vorteile bringt. Schaltanlage Laufenburg wird modernisiert Die Elektrizitäts-Gesellschaft Laufen- burg (EGL) besitzt und betreibt einen bedeutenden Teil des 380/220-kV-Netzes der Schweiz. Ihre 1967 gebaute 380-kV- Schaltanlage Laufenburg ist ein wichtiger Knoten im europäischen Verbundnetz (Bild 1). Nach fast 40-jährigem Betrieb soll die Primär- und Sekundärtechnik von sieben der 17 Felder innerhalb von zwei Jahren ersetzt werden. Die Konfiguration der IEC 61850 in einer 380kVAnlage Schaltanlage Laufenburg normkonform automatisiert Die Modernisierung von Schaltanlagen ist für Energieversorger wie auch für die Industrie in vielen Ländern eine aktuelle und wichtige Aufgabe. Die zum Einsatz kommende Lösung soll, wie auch bei Neuanlagen, für lange Zeit eine stabile und kostengün stige Stromversorgung ermöglichen. Mit der Fertigstellung der Norm IEC 61850 steht für die Automatisierung von Schaltanla gen eine zukunftssichere Kommunikationslösung bereit. Sie wurde bei der Modernisierung des im europäischen Verbund netz wichtigen Knotens Laufenburg der EGL weltweit zum er sten Mal im Hochspannungsbereich eingesetzt. Damit stehen den Anwendern die Vorteile der jahrelangen Normentwicklung nun auch in der Praxis für alle Spannungsebenen zur Verfügung. Energieversorger (EVU) wie auch die Industrie verlangten in den 90er-Jahren eine globale Norm für die Kommunika- tion in Schaltanlagen, um diese ohne kostspielige Protokollumsetzungen auto- matisieren zu können. Die IEC 1) setzte deshalb 1995 im Technischen Komitee TC 57 drei Arbeitsgruppen ein, die die Norm IEC 61850 erarbeiteten. Beglei- tend wurde die Norm schrittweise imple- mentiert und durch Interoperabilitätstests gemeinsam mit anderen TC-57-Mit- gliedern validiert. Die auf MMS, TCP/IP und Ethernet basierende Norm deckt alle Kommunikationsanforderungen in Schaltanlagen ab. Der Einfluss des Da- tenmodells und der Konfigurationsspra- che der Norm, der sogenannten SCL 2) , auf die Stationsautomatisierung reicht weit über die Kommunikation hinaus. Über die Grundlagen sowie das Potenzial der Norm IEC 61850 [1] wurde in dieser Zeitschrift bereits in zwei Beiträgen aus- führlich berichtet ([2], [3]). Die Vorteile von IEC 61850 lassen sich nicht nur bei Neuanlagen, sondern auch bei der Erneuerung der Sekundärtechnik einer Schaltanlage nutzen, sofern diese in einem Schritt erfolgt. Als Beispiel sei dafür das Unterwerk Winznauschachen in der Schweiz erwähnt. Hier wurde eine KlausPeter Brand, Petra Reinhardt Bild 1 Laufenburg im europäischen Verbundnetz Quelle: EGL 519Brand6HU.qxp 06.09.2005 08:49 Seite 27

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gesamte Mittelspannungsanlage (16 kV)durch eine IEC-61850-basierte Lösungersetzt und im November 2004 in Betriebgenommen [4].

Eine besondere Herausforderung istdie Modernisierung von Hochspannungs-schaltanlagen. Diese verlangt meist eineanspruchsvolle Systemintegration undProjektleitung, da oftmals aus wirtschaft-lichen und betrieblichen Gründen stufen-

weise Komponenten auf Feld- und Sta-tionsebene ersetzt werden. Zur Minimie-rung von Betriebsunterbrüchen werdendie Schaltfelder sequenziell modernisiert.Zudem werden fast immer Fremdgeräteintegriert, zum Beispiel für den Zweit-schutz. Das bedeutet, dass nicht nurKomponenten von mehreren Herstellern,sondern auch von mehreren Generationenmit und ohne IEC61850 nebeneinanderexistieren und im Betrieb kooperierenmüssen. Das erste Feld einer solchen Lö-sung ging im Dezember 2004 in der 380-kV-Schaltanlage Laufenburg in Betrieb.An diesem Projektbeispiel zeigt sich,dass die Norm IEC61850 auch bei einerschrittweisen Modernisierung von An-fang an Vorteile bringt.

Schaltanlage Laufenburg wirdmodernisiert

Die Elektrizitäts-Gesellschaft Laufen-burg (EGL) besitzt und betreibt einenbedeutenden Teil des 380/220-kV-Netzesder Schweiz. Ihre 1967 gebaute 380-kV-Schaltanlage Laufenburg ist ein wichtigerKnoten im europäischen Verbundnetz(Bild 1).

Nach fast 40-jährigem Betrieb soll diePrimär- und Sekundärtechnik von siebender 17 Felder innerhalb von zwei Jahrenersetzt werden. Die Konfiguration der

IEC 61850 in einer 380�kV�AnlageSchaltanlage Laufenburg normkonform automatisiert

Die Modernisierung von Schaltanlagen ist für Energieversorgerwie auch für die Industrie in vielen Ländern eine aktuelle undwichtige Aufgabe. Die zum Einsatz kommende Lösung soll, wieauch bei Neuanlagen, für lange Zeit eine stabile und kostengün�stige Stromversorgung ermöglichen. Mit der Fertigstellung derNorm IEC 61850 steht für die Automatisierung von Schaltanla�gen eine zukunftssichere Kommunikationslösung bereit. Siewurde bei der Modernisierung des im europäischen Verbund�netz wichtigen Knotens Laufenburg der EGL weltweit zum er�sten Mal im Hochspannungsbereich eingesetzt. Damit stehenden Anwendern die Vorteile der jahrelangen Normentwicklungnun auch in der Praxis für alle Spannungsebenen zur Verfügung.

Energieversorger (EVU) wie auch dieIndustrie verlangten in den 90er-Jahreneine globale Norm für die Kommunika-tion in Schaltanlagen, um diese ohnekostspielige Protokollumsetzungen auto-matisieren zu können. Die IEC1) setztedeshalb 1995 im Technischen Komitee

TC 57 drei Arbeitsgruppen ein, die dieNorm IEC 61850 erarbeiteten. Beglei-tend wurde die Norm schrittweise imple-mentiert und durch Interoperabilitätstestsgemeinsam mit anderen TC-57-Mit-gliedern validiert. Die auf MMS, TCP/IPund Ethernet basierende Norm deckt alle Kommunikationsanforderungen inSchaltanlagen ab. Der Einfluss des Da-tenmodells und der Konfigurationsspra-che der Norm, der sogenannten SCL2),auf die Stationsautomatisierung reichtweit über die Kommunikation hinaus.Über die Grundlagen sowie das Potenzialder Norm IEC 61850 [1] wurde in dieserZeitschrift bereits in zwei Beiträgen aus-führlich berichtet ([2], [3]).

Die Vorteile von IEC 61850 lassen sichnicht nur bei Neuanlagen, sondern auchbei der Erneuerung der Sekundärtechnikeiner Schaltanlage nutzen, sofern diese ineinem Schritt erfolgt. Als Beispiel seidafür das Unterwerk Winznauschachen inder Schweiz erwähnt. Hier wurde eine

Klaus�Peter Brand, Petra Reinhardt

Bild 1 Laufenburg im europäischen Verbundnetz

Quelle: EGL

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380-kV-Anlage besteht aus einer Drei-fachsammelschiene mit Umgehungs-schiene und mehreren Längsabschnitten(Bild 2).

Die zuverlässige Modernisierung vonfünf Leitungsfeldern, einem Transforma-torabgang und einem Kupplungsfeldsollte möglichst ohne Betriebsunterbruchdurchgeführt werden. Ein zukunftssiche-res Modernisierungskonzept war sowohlfür die Schaltanlage als auch für dasSchutz- und Automatisierungssystem er-forderlich, damit diese den Anforderun-gen von heute und morgen bezüglich effi-zientem Betrieb, hoher Funktionalitätund offener Integration gerecht werden.Das spezielle Problem der unterschied-lichen Lebenszyklen von Einrichtungenauf der Feld- und Stationsebene mussteangegangen werden, zumal die Stations-ebene beibehalten wurde. Damit und mitder schrittweisen Durchführung der Mo-dernisierung war implizit ein gemischterBetrieb von alten und neuen Felderngefordert. Die Schutzphilosophie für380 kV verlangte die Integration einesFremdgerätes als Zweitschutz.

Eine nachhaltige Migrationsstrategiesollte einen reibungslosen Übergang zurneuen Technologie sicherstellen; siesollte die selektive Erneuerung von Kom-ponenten nach betrieblichen und wirt-schaftlichen Massgaben erlauben sowiedie Wahlfreiheit bezüglich der Lieferan-ten für verschiedene Teile und Stufen desProjektes und zukünftige Erweiterungenermöglichen.

Die Schlüsselfaktoren im Lieferanten-profil der EGL waren daher, nebst Erfah-

rung im Modernisierungsbereich, ein um-fassendes Fachwissen über IEC 61850 –möglichst aus direktem Engagement imTC 57 – sowie ein Portefeuille an inter-operablen Produkten, Systemen undWerkzeugen sowie ausgewiesene Sys-temintegrationsfähigkeiten.

Hybridschaltanlage, Steue�rung und Schutz

Der Raum für die 380-kV-Schaltfelderwar beschränkt. In einer kompakten Hy-bridlösung wurden die neuen gasisolier-ten Schaltfeldmodule (GIS) mittels

Silikondurchführungen mit der bestehen-den Sammelschiene der luftisoliertenSchaltanlage (AIS) verbunden (siehe Bild 3). Nebst dem minimalen Platzbe-darf bietet die gekapselte Lösung hoheImmunität gegenüber Umgebungsbedin-gungen. Sie wurde komplett vorgeprüftund innert kurzer Zeit installiert. Um die Modernisierung ohne Betriebsunter-bruch durchzuführen, erfolgte sie schritt-weise, in dreimonatigen Intervallen. Dieneue Schaltanlage kann einfacher ge-wartet werden, da der Austausch eineskompletten Pols in weniger als 24 Stun-den möglich ist. Das erste modernisierteSchaltfeld einschliesslich des zuge-hörigen Schutz- und Steuersystems be-findet sich seit Dezember 2004 in Be-trieb.

Um die Anforderungen nach einer zu-kunftssicheren Lösung zu erfüllen, wurdeein auf der Norm IEC 61850 [1] basie-rendes Stationsautomatisierungssystemgewählt. Jegliche unterbrechungsfreieModernisierung, ob sie die primär- undsekundärtechnische Seite oder aus-schliesslich den sekundärtechnischen Teilbetrifft, erfordert ein schrittweises Vor-gehen. In Laufenburg wurden die drei-monatigen Zeitintervalle durch denErsatz der Schaltfelder vorgegeben.

Während der schrittweisen Moderni-sierung wurden neue Schutz- und Steuer-geräte installiert. Mittels eines normkon-formen Systemintegrationswerkzeugeswurden ausserdem die Schutzgeräte einesanderen Herstellers mit einer IEC-61850-Schnittstelle eingebunden.

Ein Ethernet-Ring als Stationsbus nachIEC 61850 dient der seriellen Kommuni-kation zwischen den Feldgeräten und zurbestehenden Stationsebene. Die Kopp-lung der Feld- und Stationsebene erfolgteüber einen Protokollkonverter, der vonIEC 61850 auf IEC 60870-5-101 um-setzt. Ein mit dem Ringbus direkt verbun-dener GPS-Empfänger synchronisiert dieZeit aller angeschlossenen Geräte, zumBeispiel zur Zeitstempelung der Ereig-nisse und Störschriebe. Zu deren Evalua-tion sowie zur Stationsüberwachungwurde zusätzlich ein Bedienplatz füreinen Schutzingenieur mit dem Stations-bus verbunden.

Jedes Feld und die Stationsebenewurden über einen eigenen Ethernet-Switch angeschlossen (Bild 4). Einewichtige Anforderung für Switches inStationsautomatisierungssystemen istneben der Unterstützung von Prioritätenfür Telegramme, dass ihre Schaltanla-gentauglichkeit der eines Schutzgerätesentspricht. Das gilt insbesondere auch fürdie DC-Speisung von der Stationsbatte-rie.

Bild 2 Die 380�kV�Schaltanlage Laufenburg der EGL

Quelle: EGL

Bild 3 Neues 380�kV�Hybridschaltfeld

Quelle: ABB

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IEC 61850 bewährt sich

Bild 5 zeigt die neuen Schutz- undSteuerschränke, die schrittweise instal-liert wurden. Diese wurden über einenProtokollkonverter, der sowohl die Datenals auch die Dienste zwischen IEC 61850und IEC 60870-5-101 umsetzt, an die be-

stehende Stationsebene und die Netzleit-technik angebunden. Zur Gewährleistungder Datenkonsistenz wurden die Feldda-ten mit dem SCL-basierten Werkzeugvorkonfiguriert, vorgeprüft und dannschrittweise im Konverter nachgeführt.Die stationsweite Verriegelung über pa-rallele Drähte wird auf Kundenwunsch

beibehalten. Es besteht jedoch die Mög-lichkeit, nach Abschluss der Modernisie-rung zur Nutzung der seriellen Kommu-nikation überzugehen.

Die Lösung kann auch auf die verblei-benden Felder in Laufenburg angewendetwerden und ist offen für den nachträg-lichen Ersatz der Stationsebene durcheine IEC-61850-konforme Einrichtung.Die im Rahmen der Modernisierung ein-geführte offene Kommunikation gemässIEC 61850 erlaubt jederzeit Anlagener-weiterungen sowie die Integration neuerFunktionalität. Das beschriebene Migra-tionsszenario erwies sich als erfolgreichund kann für weitere Unterstationen derEGL eingesetzt werden.

Die Erfahrungen aus der beschriebe-nen und erfolgreich durchgeführten Mi-gration lassen sich auch auf Modernisie-rungsfälle anderer EVUs anwenden.Dabei ist zu berücksichtigen, dass dieAusgangslage, das Ziel und der Zeitrah-men von der individuellen Situation derSchaltanlage abhängen. Wichtig ist, dasssich bei entsprechender Planung und Vor-gehensweise wesentliche Vorteile vonIEC 61850 von Anfang an nutzen lassen.

Normkonforme LösungenZur Verifikation der vollständigen Im-

plementation von IEC 61850 über das ge-samte Portefeuille hinweg hat ABB in derSchweiz ein Systemverifikationscenter(SVC) aufgebaut. Hier werden sämtlicheProdukte, Systemkomponenten, Applika-tionen und Werkzeuge in einer realisti-schen Systemumgebung geprüft, umderen adäquate Funktion und Leistung –funktional und interaktiv – nachzuwei-sen. Komplette Schutz- und Stationsauto-matisierungssysteme werden verifiziert,um sicherzustellen, dass sie die Anforde-rungen bezüglich Kommunikation, Inte-gration, Funktionalität und Leistungsfä-higkeit erfüllen. Im Rahmen einer Sys-temintegration wird auch die Verifikationder Normkonformität von Fremdproduk-ten angeboten.

Vorteile von IEC 61850Die Nutzung von interoperablen Gerä-

ten und deren funktionalen Möglichkei-ten sowie der freien Funktionszuordnungermöglichen in Verbindung mit erprobtenApplikationen die Erfüllung der Kunden-anforderungen bezüglich Verfügbarkeitund Leistungsfähigkeit. Die Umsetzunganwenderspezifischer Betriebsphiloso-phien sowie die Erhöhung der Sicherheitund Effizienz des Systembetriebs werdenebenfalls unterstützt. Somit können opti-mierte Lösungen mit skalierbaren Sys-

IEC 61850 im Überblick– normierte, hierarchische Datenmodelle für alle Funktionen in der Schaltanlage

– definiert und verpflichtend sind Namen und Bedeutung (Semantik) von LogischenKnoten, Daten und Attributen (Logical Nodes, Data, Attributes);

– zur Benutzung verpflichtend, aber inhaltlich und namentlich nicht definiert sind dieLogischen Geräte (Logical Devices) sowie die gesamte Anlagenkennzeichnung(Plant Designation).

– normierte Kommunikationsmechanismen (Dienste) sowohl zwischen Geräten (Peer-to-Peer) sowie mit Bedienplatz bzw. Netzleitschnittstelle (Client-Server) – nicht verpflichtend sind Dienste, die zur Funktionalität nicht unbedingt notwendig

sind, wie z. B. die Substitution von fehlerhaften oder fehlenden Werten. Diese Dien-ste müssen aber im Funktionsumfang als unterstützt oder nicht unterstützt deklariertwerden;

– echtzeitfähige Kommunikation mit GOOSE (Generic Object Oriented System Events)und SV (Sampled Values, d.h. Abtastwerte).

– explizite Definition von Datensätzen (Data Sets), die automatisch ausgetauscht wer-den, d.h. für die Übertragung von Berichten, GOOSE- und SV-Telegrammen

– Benutzung eines 100 Mbit/s-Ethernets mit Prioritätsunterstützung und Switches– Konfigurationssprache (Substation Configuration description Language SCL) zur voll-

ständigen Beschreibung der Gerätefähigkeiten (Daten und Dienste), der Kommunika-tionsstruktur, der zu kommunizierenden Datensätze (Data Sets) und des einpoligen An-lagenschemas

– definierte Interoperabilität von Geräten und Prozedur zu deren Nachweis

Bild 4 Die neue Systemkonfiguration

Quelle: ABB

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Bild 5 Die Migration von Feldsteuerung und -schutz

Quelle: ABB

temarchitekturen für jede Art, Grösse undTopologie von Schaltanlagen angebotenwerden.

Eine auf der normierten Sprache SCLbasierte Werkzeugumgebung unterstütztsämtliche Projektphasen von der Planungbis zur Inbetriebsetzung und Wartung.Ausserdem garantiert sie dem Anwenderverständliche und konsistente Daten ineinem leistungsfähigen System. DieWiederverwendbarkeit und Portierbarkeitder Engineeringdaten erleichtern die Sys-temerweiterung und auch Modernisie-rung. Somit werden das Systemmanage-ment über den gesamten Lebenszyklushinweg optimal unterstützt und die Inves-titionen geschützt.

Der Einsatz gängiger Kommunika-tionstechnologie (Ethernet) erlaubt dieauf Kundenwünsche abgestimmte Gestal-tung und Skalierbarkeit des Kommunika-tionssystems, das gleichzeitig für tech-nologische Fortschritte offen bleibt.Zudem bietet es durch seine Client-Ser-ver-Struktur den Anwendern gemässihrer Zugriffsberechtigung und unterBerücksichtigung der entsprechendenSicherheitsaspekte den Datenzugang vonüberall her. Geeignete Kommunikations-mechanismen (Services) erlauben eineechtzeitfähige Kommunikation zwischenGeräten (peer-to-peer) zum Austauschvon Blockier- und Freigabesignalen zurflexiblen Realisierung von Verriegelungs-und Schutzkonzepten.

Normkonform ausgeführte Systemekönnen jederzeit und einfach funktionalerweitert werden. Sie sind zukunftssicherund offen für weitere Optimierungsmög-

lichkeiten wie die Nutzung nichtkonven-tioneller Wandler. Da IEC 61850 auf demWeg ist, die Norm für die Kommunika-tion über die Schaltanlage hinaus zu wer-den, zum Beispiel für Netzleitzentrensowie Wind- und Wasserkraftwerke, sinddie Systeme auch für weitere Integrationoffen.

Die Norm entwickelt sichweiter

Mit der Herausgabe von Teil 10 ist dieBasisentwicklung der Norm abgeschlos-sen. Daher wurden die Arbeitsgruppen 11(Stationsbus) und 12 (Prozessbus) aufge-löst. Deren Aktivitäten und Mitgliederwurden in die verbleibende Arbeits-gruppe 10 [5] integriert, die sich mit derWartung der Norm beschäftigt. Die neu«Power System IED Communication andAssociated Data Models» benannte Ar-beitsgruppe soll auch die Konsistenz derDatenmodelle über alle Anwendungsbe-reiche hinweg gewährleisten.

Die Benutzung von IEC 61850 fürWindkraftwerke wird im TC 88 definiert[6]. Auf die mögliche Nutzung der Normfür die Kommunikation zwischen Schalt-anlagen und für die Kommunikation zwi-schen Schaltanlage und Netzleitsystemwurde in [3] bereits 2003 hingewiesen.Über die daraus entstandenen Anträge füreine Ergänzung der Norm wird bis Sep-tember 2005 durch die Nationalkomiteesder IEC abgestimmt werden.

Die WG 17 [7] beschäftigt sich bereitsmit der Anwendung von IEC 61850 inSystemen zur verteilten Energieerzeu-

gung und die WG 18 [8] mit der für Was-serkraftwerke. Des Weiteren definiertIEEE [9] derzeit Schutzparameter, dieWG 11 des IEC SC17C [10] unter ande-rem Informationen zur Schalterüberwa-chung und Cigré B5 WG 11 [11] erarbei-tet einen Bericht über die Einflüsse derEinführung der Norm auf EVUs.

Referenzen[1] IEC 61850 Communication Networks and Systems

in Substations, 14 Parts, 2003�2005 (http://www.iec.ch).

[2] K.P. Brand, W. Wimmer: Der Standard IEC 61850 –Offene Kommunikation in Schaltanlagen im de�regulierten Strommarkt, Bulletin SEV/VSE 1/2002,9–13.

[3] R. Baumann, K.P. Brand, Ch. Brunner, W. Wimmer:Der Standard IEC 61850 in Schaltanlagen als Kerneiner durchgängigen Kommunikationslösung für den Netzbetreiber, Bulletin SEV/VSE 3/2003,31–37.

[4] Patrick Hirter, Dieter Maurer: Erstes Stationsleit�system nach IEC 61850 in Betrieb – UnterwerkWinznau Schachen nach neuer Kommunikations�norm, Bulletin SEV/VSE 9/2005, 37–39.

[5] IEC TC 57 WG 10 – Power System IED Communica�tion and Associated Data Models.

[6] IEC TC 88 PT (Project Team) 61400�25 – Communi�cation Standard for Control and Monitoring ofWind Turbine Plants.

[7] IEC TC 57 WG 17 – Communications Systems forDistributed Energy Resources (DER).

[8] IEC TC 57 WG 18 – Hydroelectric Power Plants –Communication for Monitoring and Control.

[9] IEEE PSRC (Power System Relaying Committee),H5 – Common Format for IED Data, www.pes�psrc.org.

[10]IEC SC17C WG 11 – Communication Requirementsof HV Switchgear Assemblies.

[11]Cigre SC B5 WG 11 – The Introduction ofIEC 61850 and its Impact on Protection and Con�trol within Substations.

Angaben zu den AutorenDr. Klaus�Peter Brand ist seit 1995 für ABB

Power Technology Systems aktives Mitglied in der Ar�beitsgruppe 10 des IEC TC 57, welche die NormIEC 61850 entwickelte und nun pflegt. Er ist Editorund Co�Editor verschiedener Teile der Norm undheute aktiv als Experte und Editor in der Wartungund Erweiterung. Er arbeitet an der ABB UniversitySwitzerland als Lehrer unter anderem für IEC 61850und als Berater bei der Implementation der Norm inABB�Lösungen. ABB Schweiz AG, Power Technology Systems, 5401 Baden, klaus�[email protected]

Petra Reinhardt arbeitet als Marketing Commu�nication Manager bei ABB Schweiz AG im BereichPower Technology Systems in Baden. Sie verfügt übermehrjährige Erfahrung im Bereich Stationsautomati�sierung und Schutz und war sowohl in der Schweiz alsauch in Südafrika als Verkaufsingenieurin und Key Ac�count Manager tätig. ABB Schweiz AG, Power Technology Systems, 5401 Baden, [email protected]

1 Internationale Elektrotechnische Kommission2 Substation Configuration description Language, ba-siert auf XML

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