marx21, Heft21, Sommer 2011

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21 marx MAGAZIN FÜR INTERNATIONALEN SOZIALISMUS Nr. 21 | Sommer 2011 3,50 € | ISSN 1865-2557 www.marx21.de Margarita Tsomou berichtet von den Protesten in Griechenland Dietmar Dath Erklärt die Unwichtigkeit der Idee – und die Wichtigkeit des Handelns Slavoj Žižek im Gespräch über den Tag nach der Revolution Wirtschaftswunder durch ökologische Erneuerung? Grenzen und Potenziale einer neuen Volkspartei KAPITALISMUS DER

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Schwerpunkt: Der grüne Kapitalismus. Wirtschaftswunder durch ökologische Erneuerung? Grenzen und Potentiale einer neuen Volkspartei

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21marxMAGAZIN FÜR INTERNATIONALEN SOZIALISMUS

Nr. 21 | Sommer 20113,50 € | ISSN 1865-2557 www.marx21.de

Margarita Tsomouberichtet von den Protesten

in Griechenland

Dietmar DathErklärt die Unwichtigkeit der Idee – und die Wichtigkeit des Handelns

Slavoj Žižekim Gespräch über den

Tag nach der Revolution

Wirtschaftswunder durch ökologische Erneuerung? Grenzen und Potenziale einer neuen Volkspartei

KAPITALISMUS

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Liebe Leserinnen und Leser,

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Sie nennen sich »Los Indignados« – die Em-pörten. Sie strömten erst auf den Puerta del Sol in Madrid und dann auf andere Plätze im Land. Die Besetzungsak-tionen in allen größeren Städten Spaniens waren durch die zunehmende Not und die wachsende Armut und Perspektiv-losigkeit von Arbeite-rinnen, Arbeitern und Jugendlichen ausgelöst worden. Die Demonst-rierenden wehren sich gegen die Sparmaßnah-men der Regierung des Sozialdemokraten Jose Zapatero. Die erste De-monstration am 15. Mai, nach dem die Proteste als M-15-Bewegung bezeichnet werden und aus denen die »Zelt-stadt« auf dem Puerta del Sol hervorging, war durch einen Aufruf zahlreicher Internet-Strömungen initiiert worden, darunter die Bewegung »reale De-mokratie jetzt«. Als Vor-bild dient ihr die Beset-zung des Tahrir-Platzes in Kairo.

RedaktionsadresseRedaktion marx21, PF 44 03 46, 12003 BerlinMail: [email protected], Telefon: 030 / 89 56 25 10

Wir hatten geladen und viele von euch kamen. Anfang Juni fand un-ser Kongress »Marx is’ muss« in Berlin statt. Wir freuen uns über die vielen positiven Rückmeldungen. Noch mehr freuen wir uns

darüber, mehr als siebzig neue Abonnentinnen und Abonnenten begrüßen zu dürfen – viel Spaß beim Lesen!

Falls ihr den Kongress verpasst habt, könnt ihr euch auf marx21.de eine ausführliche Dokumentation anschauen. Dort findet ihr Fotos, Redemanu-skripte und Videos. In diesem Heft gibt es zudem einen kurzen Bericht (Seite 61) und eine kleine Presseschau (Seite 56). Darüber hinaus dokumentieren wir die Reden, die Oskar Lafontaine und Dietmar Dath gehalten haben.

Hinweisen möchten wir euch auch auf unsere Rubrik »Betrieb & Gewerk-schaft«. Hier behandeln wir in lockerer Folge Fragestellungen rund um be-triebliche Kämpfe und gewerkschaftliche Strategien. In diesem Heft: ein Er-fahrungsbericht von Bernd Riexinger über den Aufbau von ver.di im Bezirk Stuttgart.

Eine weitere Neuerung für Smartphone-Nutzer: Bei einigen Artikeln ent-deckt ihr am Rand einen kleinen Kasten mit einem QR-Code. Wenn ihr die-sen Code mit eurem Handy abfotografiert, werdet ihr direkt zu den entspre-chenden Artikeln, Bildern oder Videos im Internet geleitet. Mit dieser Ausgabe verabschieden wir uns in eine kurze Sommerpause. Das nächste Heft erscheint Mitte September. Als Lesestoff für den Sommer emp-fehlen wir unsere neue Aboprämie: das neu beim VSA-Verlag aufgelegte Buch »Die revolutionären Ideen von Karl Marx« von Alex Callinicos. In zu-gänglicher Form werden darin die Grundideen des Marxismus skizziert: Wie funktioniert Geschichte? Was ist Kapitalismus? Und vor allem: Wie können wir die Welt verändern? Der Band kostet im regulären Buchhandel 16,80 Euro – bei uns gibt’s das Buch als Prämie zu einem Jahresabo – solange der Vorrat reicht.

Gerne möchten wir unser Heft weiter verbessern – doch das kostet Geld. Deshalb haben wir die Spendenkampagne »10.000 Euro für marx21« gestar-tet. Weitere Infos gibt es auf Seite 87. Wir freuen uns über jeden Cent.

Eure Redaktion

Fragen? Anregungen? Kritik? Lobhudelei?Wir freuen uns auf deine Post.

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Griechenland: Protest der Zukunft 06

»Wir streiken so oft wir können« 38 12 Schwerpunkt: Grüner Kapitalismus?

Aktuelle AnAlyse

06 Griechenland: Protest der Zukunft Von Margarita Tsomou

unsere MeinunG

10 eHeC: Das Bakterium schlägt zurück Kommentar von Amy Leather

11 Griechenland: es gibt eine Alternative Kommentar von Stefan Bornost

sCHwerPunkt: Der Grüne kAPitAlisMus

13 Fossile Brennstoffe: Die Macht der Dinosaurier Von Jonas Rest

18 »Da ist nichts nachhaltig« Von Oskar Lafontaine

20 Baden-württemberg: Dasselbe in grün Von Dirk Spöri

sCHwerPunkt: revolution

25 Ägypten: Zweiter Akt der revolution Von Phil Marfleet

30 entscheidend ist der tag danach Interview mit Slavoj Žižek

BetrieB unD GewerksCHAFt

38 ver.di stuttgart: »wir streiken so oft wir können« Von Bernd Riexinger

kontrovers

41 Bundeswehr: kampf ums klassenzimmer Von Christian Stache

44 Die Gleichgültigkeit der idee Von Dietmar Dath

»Marx ist besser anwendbar denn je« Aufruhr in Arabien, Proteste in Europa. Ist 2011 das Jahr der Revolutionen? Interview mit Alex Callinicos. Ein Blick lohnt sich:

www.marx21.de

Neu auf MARx21.DE

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INHA

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Palästina: Trügerische Hoffnung52

Frauenfußball: Den Platz erobert6830Interview mit Slavoj Žižek

internAtionAles

50 »es geht um mehr als Gaza« Interview mit Aksel Hagen

52 Palästina: trügerische Hoffnung Von Stefan Ziefle

netZwerk MArx21

56 Presseschau »Marx is’ muss 2011«

58 serie: was will marx21 (7) was tun gegen Frauenunterdrückung?

GesCHiCHte

62 50 Jahre Mauerbau: Die teilung zementiert Von Olaf Klenke

65 neue Mauern, neue Festungen Kommentar von Olaf Klenke

66 Parteiausschlüsse: Politischer sauberkeitswahn Kolumne von Arno Klönne

kultur

68 Frauenfußball: Den Platz erobert Von Marcel Bois

72 klassiker des Monats: karl Marx: thesen über Feuerbach Von Georg Frankl

74 Die Geschichte hinter dem song: Gil scott-Heron: »the revolution will not be televised« Von Yaak Pabst

ruBriken

03 Editorial

08 Impressum

09 Leserbriefe

36 Neues aus der LINKEN

48 Weltweiter Widerstand

61 Was macht das marx21-Netzwerk?

76 Review

83 Quergelesen

84 Preview

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Baden-Württemberg erwacht. Die Jahr-zehnte währende Macht der CDU im Ländle ist gebrochen und Winfried Kretschmann zum ersten grünen Minis-

terpräsidenten in der Geschichte der Bundesrepub-lik gewählt worden. Mit dem grün-rotem Projekt ver-binden sich große Hoffnungen. Die Wählerinnen und Wähler erwarten nicht nur einen Stopp des umstrit-

tenen Bahnhofsprojekts Stuttgart21, sondern auch den Umbau des extrem selektiven Bildungssystems und die Einführung von Gesamtschulen. Sie verlan-gen außerdem die Abschaffung der Studiengebüh-ren, einen schnellen Atomausstieg und einen ökolo-gischen Umbau der Wirtschaft. Diesen Erwartungen entsprechend sprach Kretschmann in seiner Regie-rungserklärung von »einer neuen Gründerzeit«. Er

VON DiRK SPöRi

Nicht weniger als eine »zweite Gründerzeit« versprach der neue baden-württember-

gische Ministerpräsident Kretschmann bei seinem Amtsantritt. Doch der Koalitions-

vertrag spricht eine andere Sprache

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DiRK SPöRiIst Mitglied im Landes-vorstand der LINKEN in Baden-Württemberg.

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wolle »Ökologie und Wirtschaft in Einklang« bringen.Auch der Koalitionsvertrag nimmt einige der Hoff-nungen auf. So ist in ihm die Abschaffung der Studi-engebühren zum Sommersemester 2012 vereinbart. Die dadurch entstehenden Einnahmenausfälle der Hochschulen soll das Land ausgleichen. Des Weite-ren will Grün-Rot die ver-fasste Studierendenschaft wieder einführen (sowohl in Baden-Württemberg als auch in Bayern dürfen sich Studierende seit den 1970ern nicht mehr poli-tisch äußern). Ein Bildungs-urlaubsgesetz soll ebenso verabschiedet werden wie ein Tariftreuegesetz, das ei-nen Mindestlohn von 8,50 Euro beinhaltet.Diese Reformen sind ein Produkt der Straße. Seit Sommer 2010 gab es eine Welle von Protesten in Ba-den-Württemberg. Es fan-den regelmäßig Demonst-rationen gegen Stuttgart21 mit bis zu einhunderttau-send Teilnehmern statt. Stuttgart wurde zeitweilig zur »Protesthauptstadt Deutschlands«. Hinzu kam die wiedererstarkte Anti-Atom-Bewegung: Am Tag vor der Landtagswahl gin-gen bundesweit 250.000 Menschen für einen soforti-gen Ausstieg auf die Straße. Diese Proteste haben die Grünen an die Macht ge-bracht. Nun müssen sie die Hoffnungen und Erwar-tungen erfüllen. Kann unter Grün-Rot ein wirklicher Politikwechsel stattfinden?

„Ökologische und soziale Modernisierung bringt wirtschaftliche Dynamik« ist das Kapitel des Koaliti-onsvertrages überschrieben, in dem die neue Wirt-schaftspolitik des Landes beschrieben wird. Der öko-logische Umbau weg von fossilen Brennstoffen und hin zu reduziertem Energieverbrauch ist das wich-tigste Projekt, das sich die Grünen auf die Fahne ge-schrieben haben. In seiner Regierungserklärung sagte Kretschmann: »Eine künftige Exportstrategie im Mobilitätsbereich braucht also mehr als das klassische Automobil. Nochmals: Niemand in dieser Landesregierung will den Menschen vorschreiben, welches Auto sie kaufen sollen.« Das klingt nett und scheint sich an die Ver-braucher zu richten. In Wahrheit ist es aber ein Zu-geständnis an die Automobilindustrie, sich nicht in deren Belange einzumischen oder die Konzerne mit ökologischen und sozialen Mindeststandards zu be-helligen. Es liegt eben nicht in der Hand der Bürgerinnen und Bürger, welche Verkehrsmittel zur Verfügung

stehen. Sondern die Automobilindustrie entschei-det, ob sparsame und bezahlbare Autos gebaut wer-den. Land und Gemeinden bestimmen, ob es einen gut ausgebauten Nahverkehr gibt. Doch bei Kretsch-mann klingt es so: »Ich bin aber nicht der Ansicht, dass der Staat in erster Linie bestimmte Technologi-

en fördern, sondern dass er klare Rahmenbedingun-gen dort setzen sollte (...) Stimulierende, und nicht strangulierende Grenzwer-te, bessere Vernetzung der Verkehrsträger, fahrleis-tungsabhängige und nicht besitzabhängige Abgaben-politik. Das sind die Linien einer solchen Ordnungspo-litik.« Hier wird die Chan-ce auf einen ökologischen Umbau des Verkehrswe-sens vertan.

Auch zum Energiekonzern EnBW, der von Ex-Minis-terpräisdent Stefan Map-pus Anfang des Jahres nur mit dem Ziel eines teuren Weiterverkaufs verstaat-

licht wurde, schweigt Grün-Rot. Einzige Aussage: Die Landesregierung will sich mit der EnBW »wett-bewerblich neutral« verhalten, einen Weiterverkauf schließt sie nicht aus. Das wäre jedoch fatal. Denn die EnBW wehrt sich wie die anderen Energiekonzer-ne gegen den Atomausstieg. Gemeinsam wollen sie dagegen klagen, um auch für die nächsten Jahre ihre Profite zu sichern. Stattdessen sollte das Land seinen Einfluss bei der EnBW ausnutzen, um alle Atomkraft-werke in Baden-Württemberg in den nächsten ein bis zwei Jahren stillzulegen. Damit würde bundesweit politischer Druck für einen schnelleren Atomausstieg erzeugt. Dafür wäre es nötig, die Manager des Strom-riesen zu entmachten. Doch weder mit EnBW noch mit dem in Stuttgart beheimateten Autobauer Daim-ler möchten sich die Grünen anlegen. Im Gegenteil: Bei ihrem Landesparteitag, der über den Koalitions-vertrag beriet, war Daimler mit einer Werbeveranstal-tung präsent und Vertreter von EnBW saßen in der ersten Reihe.Zum ökologischen Umbau heißt es unter anderem im Koalitionsvertrag: »Deshalb werden wir die So-larenergie konsequent fördern – zum Beispiel indem wir landeseigene Dachflächen für Bürgersolaranla-gen zur Verfügung stellen.« Das Konzept dahinter: die Förderung mittelständischer Solar- und Wind-kraftunternehmen. Ähnlich ist im Jahr 2003 Rot-Grün im Bund vorgegangen, als ein 100.000-Dächer-Solar-programm aufgelegt wurde. Doch einzig auf solche Förderprogramme zu setzen, ist wirtschaftlich nicht nachhaltig. Das zeigte sich in der Krise der vergange-

Weder mit EnBW noch mit Autobauer

Daimler möchten sich die Grünen

anlegen

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nen zwei Jahre, als viele Solarunternehmen im Süd-westen in große Schwierigkeiten gerieten und Stellen streichen mussten, obwohl die Förderprogramme mit öffentlichen Geldern bezahlt wurden. Stattdessen wäre ein öffentliches Investitionspro-gramm zur Gebäudesanierung und zur Ausstattung der Dächer landeseigener Gebäude mit Solaranlagen notwendig.

Im Koalitionsvertrag bekennt sich Grün-Rot zur Schuldenbremse und kündigt einen Umbau der Ver-waltung an, der »zur Haushaltskonsolidierung bei-tragen« solle. Diesem Prinzip folgend verkündeten Kretschmann und SPD-Chef Nils Schmidt bereits den Abbau von 10.000 Lehrerstellen während der kom-menden Legislaturperiode. Forderungen wie kosten-lose Kitaplätze – noch im Wahlprogramm der SPD zu finden – fehlen im Koalitionsvertrag, weil sie an-geblich nicht finanzierbar sind. Aber auch im Um-weltbereich sieht es nicht besser aus: kein Wort zu Sozialtarifen bei der Stromversorgung. Solar-Förder-programme und gleichzeitig Schuldenbremse bedeu-ten eine Umverteilung auf Kosten der Mehrheit der Bevölkerung.Neben Atomausstieg und Energiewende ist die ver-sprochene Abwehr von Stuttgart21 das zweite zent-rale Projekt, an dem sich die neue Landesregierung messen lassen muss. Bei Stuttgart21 handelt es sich um ein mafiöses Projekt der Bauindustrie, der Deut-schen Bahn AG und von Politikern aus CDU, FDP und SPD. Ziel ist die Privatisierung von Teilen der Stutt-garter Innenstadt. Auf den ehemaligen Gleis- und Bahnhofsflächen und dem bahnhofsnahen Park sollen große Bürokomple-xe entstehen. Durch die geschätzten acht bis zehn Milliarden Euro an öffentlichen Geldern, die mit dem Bahnhofsbau unter der Erde versenkt werden, ist Stutt-gart21 auch ein Umverteilungsprojekt auf Kosten der Bevölkerung. Die Grünen scheinen darauf zu setzen, das Projekt entweder durch den »Stresstest« – eine Computersimulation der Leistungsfähigkeit des neu-en Bahnhofs – oder spätestens über eine landesweite Volksabstimmung Ende Oktober zu stoppen. Beides ist unrealistisch. Wenn sich aus dem Stresstest Mehr-kosten ergeben, ist zu erwarten, dass Bund oder Bahn dafür einspringen. Für die Volksabstimmung gibt es enorm hohe, gesetzliche Hürden: Knapp drei Millio-nen Menschen von Mannheim bis Konstanz müssten gegen das Projekt stimmen. DIE LINKE Baden-Würt-temberg fordert statt dessen eine Bürgerbefragung im Raum Stuttgart, die höhere Erfolgsaussichten hätte.

Wie wacklig die Grünen-Strategie ist, zeigte sich An-fang Juni. Als die Bahn dem Land im Falle einer Fort-setzung des Baustopps mit einer Millionenklage droh-te, knickte die Parteiführung ein. Sie war nicht bereit, die wage Drohung der Bahn zu hinterfragen und ak-zeptierte stattdessen einen Weiterbau vor Durchfüh-rung von Stresstest und Volksabstimmung. Stattdes-

Ein grundlegender Politikwechsel

muss auch unter Grün-Rot

erkämpft werden

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sen hätten die Grünen für den Tag, an dem der Bau fortgesetzt wird, zu Demonstrationen aufrufen müs-sen. Die Erfahrungen bei Stuttgart21 zeigen schon jetzt: Ein grundlegender Politikwechsel muss auch unter Grün-Rot erkämpft werden. Ohne einen Bruch mit den Interessen von Daimler, Deutsche Bahn und Co. wird es unter der neuen Re-gierung keine andere Politik geben. Weder ein baldi-ger Atomausstieg noch ein soziales Bildungssystem werden vom Himmel fallen.Dabei gilt es an die Massenproteste gegen Stuttgart21 anzuknüpfen und das Selbstbewusstsein der Anti-Atom-Bewegung mitzunehmen, um:• für einen schnellen Atomausstieg zu kämpfen,

der nicht auf Kosten der Bevölkerung geht

• das Milliardengrab Stuttgart21 zu stoppen• kostenlose Kita-Plätze und die versprochene Ab-

schaffung der Studiengebühren durchzusetzen• Stellenabbau im öffentlichen Dienst verhindern

und die Wochenarbeitszeit zu verkürzen.

Ein Aktionsprogramm, das diese Punkte aufnimmt, kann Anknüpfungspunkt für viele Wählerinnen und Wähler von SPD und Grünen, aber auch für deren Mitglieder werden und den Druck auf die Landesre-gierung erhöhen. Nur wenn es gelingt, weiter Protes-te auf die Straße zu bringen, kann verhindert werden, dass sich die hohen Erwartungen in die erste Landes-regierung ohne CDU-Beteiligung seit 1953 in Frust und Apathie verwandeln. ■

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Protest gegen Stuttgart21. Der Bahnhofneubau geht auf Kosten der Bevölkerung