Mitteilungen aus dem SOFI -...

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SOFI Soziologisches Forschungsinstitut Göttingen an der Georg-August-Universität Dezember 2011, Ausgabe 14, 5. Jahrgang Mitteilungen aus dem SOFI Lassen sich neue Konturen der Arbeitsgesellschaft erkennen – und wie sehen diese aus? Haben wir es mit einer zunehmenden Spaltung in „stabile Kerne“ und „prekäre Ränder“ zu tun – oder hat die „allgemei- ne Verunsicherung“ längst auch die „Mitte der Ge- sellschaft“ erfasst? Diesen Fragen wollen wir im Rah- men der Konferenz „Spaltung der Arbeitswelt – Prekarität für alle?“ nachgehen. Die Konferenz ist als Auftaktveranstaltung einer Veranstaltungsreihe „SOFI Work in Progress“ intendiert, die dazu beitra- gen soll, der wissenschaftlichen Debatte über Ent- wicklungstendenzen zeitgenössischer Arbeits- und Erwerbsgesellschaften ein Mehr an Kontinuität und Kohärenz zu verleihen. Ausgangspunkt unserer Überlegungen ist der Um- stand, dass die als stabil und relativ übersichtlich wahrgenommene Konstellation, welche (nicht nur in West-Deutschland) die Arbeitswelt der prosperieren- den Nachkriegsjahrzehnte geprägt hat, offenkun- dig gewaltigem Veränderungsdruck ausgesetzt ist. Nicht umsonst stellte Jürgen Habermas bereits 1985 eine „neue Unübersichtlichkeit“ fest. Nun fehlt es nicht an empirischen Befunden und konzeptionel- len Überlegungen, die es erlauben, mehr Licht in die- ses Feld bringen. Deshalb erscheint es an der Zeit, über jene Diagnose „Unübersichtlichkeit“ hinauszu- kommen, mit der sich auch Arbeitssoziolog/innen de facto lange begnügt haben. Durch das Zusammen- führen neuer konzeptioneller Überlegungen und empirischer Befunde wollen wir uns der Gestalt der gegenwärtigen Arbeitswelt annähern und insbeson- dere um Antworten auf die Frage ringen, wie sich Charakter und Reichweite von sozialer Ungleichheit verändern. Der Workshop umfasst ein breites Themenspektrum. Beschäftigen werden uns die Wechselwirkungen zwischen Erwerbsarbeit und (Arbeitskraft-)Repro- duktion,Veränderungen der Teilhabe durch Erwerbs- arbeit, Bedeutungsverschiebungen zwischen Are- nen und Praktiken der (einzelvertraglichen oder kollektiven, betrieblichen oder tariflichen) Arbeitsre- gulierung sowie die Zusammenhänge zwischen Bil- dungssystem und Arbeitsmarktsegmentation. Für jedes dieser Themenfelder soll geklärt werden, wel- Inhalt: Titelthema: SOFI-Konferenz: Spaltung der Arbeitswelt – Prekarität für alle? Konzepte und Befunde zu neuen Konturen der Arbeitswelt 1 Aus den Projekten: Der deutsche Stromsektor im Spannungsfeld konkurrierender Produktionsmodelle 4 Interdisziplinäres Promotionskolleg „Qualifikatorisches Upgrading in KMU” bewilligt 10 Veröffentlichungen: Zweiter Bericht zur sozioökonomischen Entwicklung in Deutschland: Teilhabe im Umbruch 7 Veröffentlichungen von SOFI-MitarbeiterInnen von Oktober bis Dezember 2011 12 Veranstaltungen: Internationaler Workshop von SOFI und re:work: (Ent-)Stan- dardisierung von Erwerbsbiographien im 20. Jahrhundert 11 Personalia 12 Impressum 2 Konferenz des SOFI am 1. und 2. Februar 2012 in der Paulinerkirche, Göttingen Spaltung der Arbeitswelt – Prekarität für alle? Konzepte und Befunde zu neuen Konturen der Arbeitsgesellschaft

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Lassen sich neue Konturen der Arbeitsgesellschafterkennen – und wie sehen diese aus? Haben wir esmit einer zunehmenden Spaltung in „stabile Kerne“und „prekäre Ränder“ zu tun – oder hat die „allgemei-ne Verunsicherung“ längst auch die „Mitte der Ge-sellschaft“ erfasst? Diesen Fragen wollen wir im Rah-men der Konferenz „Spaltung der Arbeitswelt –Prekarität für alle?“ nachgehen. Die Konferenz ist als Auftaktveranstaltung einer Veranstaltungsreihe„SOFI Work in Progress“ intendiert, die dazu beitra-gen soll, der wissenschaftlichen Debatte über Ent-wicklungstendenzen zeitgenössischer Arbeits- undErwerbsgesellschaften ein Mehr an Kontinuität undKohärenz zu verleihen.

Ausgangspunkt unserer Überlegungen ist der Um-stand, dass die als stabil und relativ übersichtlichwahrgenommene Konstellation, welche (nicht nur inWest-Deutschland) die Arbeitswelt der prosperieren-den Nachkriegsjahrzehnte geprägt hat, offenkun-dig gewaltigem Veränderungsdruck ausgesetzt ist.Nicht umsonst stellte Jürgen Habermas bereits 1985eine „neue Unübersichtlichkeit“ fest. Nun fehlt es

nicht an empirischen Befunden und konzeptionel-len Überlegungen, die es erlauben, mehr Licht in die-ses Feld bringen. Deshalb erscheint es an der Zeit,über jene Diagnose „Unübersichtlichkeit“ hinauszu-kommen, mit der sich auch Arbeitssoziolog/innen defacto lange begnügt haben. Durch das Zusammen-führen neuer konzeptioneller Überlegungen undempirischer Befunde wollen wir uns der Gestalt dergegenwärtigen Arbeitswelt annähern und insbeson-dere um Antworten auf die Frage ringen, wie sichCharakter und Reichweite von sozialer Ungleichheitverändern.

Der Workshop umfasst ein breites Themenspektrum.Beschäftigen werden uns die Wechselwirkungenzwischen Erwerbsarbeit und (Arbeitskraft-)Repro-duktion,Veränderungen der Teilhabe durch Erwerbs-arbeit, Bedeutungsverschiebungen zwischen Are-nen und Praktiken der (einzelvertraglichen oderkollektiven, betrieblichen oder tariflichen) Arbeitsre-gulierung sowie die Zusammenhänge zwischen Bil-dungssystem und Arbeitsmarktsegmentation. Fürjedes dieser Themenfelder soll geklärt werden, wel-

Inhalt:

Titelthema: SOFI-Konferenz: Spaltung der Arbeitswelt – Prekarität für alle?Konzepte und Befunde zu neuen Konturen der Arbeitswelt 1

Aus den Projekten: Der deutsche Stromsektor im Spannungsfeld konkurrierenderProduktionsmodelle 4

Interdisziplinäres Promotionskolleg „Qualifikatorisches Upgrading in KMU” bewilligt 10

Veröffentlichungen: Zweiter Bericht zur sozioökonomischen Entwicklung in Deutschland: Teilhabe im Umbruch 7

Veröffentlichungen von SOFI-MitarbeiterInnen vonOktober bis Dezember 2011 12

Veranstaltungen: Internationaler Workshop von SOFI und re:work: (Ent-)Stan-dardisierung von Erwerbsbiographien im 20. Jahrhundert 11

Personalia 12

Impressum 2

Konferenz des SOFI am 1. und 2. Februar 2012 in der Paulinerkirche, Göttingen

Spaltung der Arbeitswelt – Prekarität für alle? Konzepte und Befunde zu neuen Konturen der Arbeitsgesellschaft

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TITELTHEMA

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che Rolle verallgemeinerte Prekarisie-rung oder aber Polarisierung für diegegenwärtige Entwicklung der bun-desdeutschen Arbeitsgesellschaft spie-len und in welchem Verhältnis die viel-fältigen Veränderungstendenzen, dieArbeitsforscher/innen derzeit umtrei-ben, zueinander stehen. Die Fragenach neuen Konturen der Arbeitsweltdient dabei nicht zuletzt dazu, das Ter-rain für wissenschaftliche und politi-sche Interventionen der Arbeitsfor-schung zu sondieren – es geht uns umWege in eine andere Arbeitswelt.

Die Vielfalt der am SOFI verfolgtenPerspektiven auf die Entwicklung vonErwerbsarbeit ermöglicht es uns, dieumstrittene Frage, ob die Arbeits-gesellschaft zunehmend durch umfas-sende Prekarisierung konturiert wirdoder ob „stabile Kerne“ existieren, indenen Übersichtlichkeit, „fordistische“Regulierung und Charakteristika des„Modells Deutschlands“ ungebrochenfortwirken, aus ungewohnten Richtun-gen anzugehen. Entsprechend breit istdas Themenspektrum des Workshops:

Panel 1: Geht der Arbeitsgesellschaftdie Teilhabe aus?

Gegenstand dieses Panels ist die Aus-einandersetzung mit Forschungen zurVerunsicherung der „Mitte der Gesell-schaft“ einerseits, und Befunden zurHerausbildung verschiedener Zonensozialer Kohäsion andererseits, die füreinen Teil der Bevölkerung Teilhabe,für andere Teile hingegen Gefährdungoder gar Ausgrenzung beinhalten. Wirwollen hier nicht zuletzt der Fragenachgehen, in welchem Verhältnis die-se beiden scheinbar unvereinbarenDiskussionsstränge und vor allem dieihnen zugrunde liegenden empiri-schen Erkenntnisse zueinander ste-hen.

Panel 2: Übergänge wohin? Bildungs-system und Arbeitsmarktsegmenta-tion.

Hier sollen Veränderungen in der Teil-habe durch Bildung diskutiert wer-den, wobei der Fokus weniger auf dieExistenz als auf die Reichweite von Po-larisierungstendenzen gerichtet seinwird. Insbesondere soll geprüft wer-den, inwiefern das Allgemein- und Be-rufsbildungssystem aus einer Teilha-beperspektive für bestimmte soziale

Gruppen stärker an Leistungsfähigkeiteingebüßt hat als für andere, und wel-che Konsequenzen sich daraus für einekünftige Umgestaltung von Schulsys-tem und Berufsbildung ergeben.

Panel 3: Umkämpfte Reproduktion.

Diskutiert werden soll, inwiefern wires unter Bedingungen einer Intensi-vierung und Extensivierung von Ar-beitskraftnutzung durch Unterneh-men, aktivierender Sozialpolitik undsich verändernder Standards von ge-sellschaftlicher Arbeitsteilung mit ei-ner übergreifenden „Reproduktions-krise“ (Kerstin Jürgens) zu tun haben,oder ob vor allem eine Polarisierungvon Arbeits- und Lebensbedingungenfestzustellen ist: zwischen Erwerbstä-tigen, die Reproduktionsarbeit ausla-gern (können), und jenen Dienstleis-ter/innen, deren Arbeitskraft dadurchzunehmend in (je nach Arbeitsgegen-stand) mehr oder minder große Nähezu fremden Privathaushalten rückt.

Panel 4: Regulierung von Arbeit.

In diesem und im folgenden Panel wol-len wir uns mit Bedeutungsverschie-bungen zwischen verschiedenen Re-gulierungsebenen und -praktiken be-fassen. Im Mittelpunkt dieses Panelssteht die veränderte Relevanz von vertraglichen Beziehungen in der Ar-beitswelt („Kontraktualisierung“) da-durch, dass zum einen verbreitet ver-tragsförmige Instrumente wie Ziel-vereinbarungen etc. als Instrumentebetrieblicher Steuerung eingesetztwerden, zum anderen in zunehmen-dem Maße allgemein privatrechtlicheDeutungen von Arbeitsverhältnissenan die Seite spezifisch arbeitsrecht-licher treten.

Panel 5: Sozialpartnerschaft, Inter-essen und Teilhabeansprüche im Betrieb.

Gegenstand dieses Panels ist der Zu-sammenhang zwischen Sozialpartner-schaft als konstitutiver gesellschaft-licher Regulierungsinstitution in derBundesrepublik und den betrieblichenInteressen- und Sozialbeziehungen,auf denen sie beruht. Besondere Be-achtung gilt dabei den Rationalitäts-und Legitimitätsvorstellungen sowieden Interessenorientierungen betrieb-licher Akteure, die bestimmte Formenbetrieblicher Kooperation ermögli-chen. Betrachtet werden sollen zudemdie Konsequenzen, die sich aus demWandel jener Handlungsorientierun-

Fortsetzung von S. 1

Impressum

Die Mitteilungen aus dem SOFI erscheinen ca. dreimal im Jahr.

Herausgeber: Soziologisches Forschungsinstitut Göttingen (SOFI) an der Georg-August-Universität, Friedländer Weg 31, 37085 Göttingen,Tel.: (0551) 52205-0, E-Mail: [email protected],Internet: http://www.sofi.uni-goettingen.de

Redaktion und Layout: Dr. Martina Parge, PARGE PR

Die Mitteilungen aus dem SOFI sind auf der Website des SOFI (www.sofi.uni-goettingen.de) als PDF-Download erhältlich und können online abonniert werden.

Konzepte und Befunde zu neuenKonturen der Arbeitsgesellschaft

Spaltung der Arbeitswelt –Prekarität für alle?

Koordination und Organisation:

Soziologisches Forschungsinstitut Göttingen(SOFI) an der Georg-August-UniversitätFriedländer Weg 3137085 GöttingenTel.: 0551-52205-0Fax: 0551-52205-88

SOFI

Work in progress

1. bis 2. Februar 2012Paulinerkirche, Papendiek 14, Göttingen

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VERANSTALTUNGEN

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gen auch für die Institution der So-zialpartnerschaft im Sinne von Ero-sion oder Neubegründung ergeben(können).

Im Zentrum unseres Interesses stehtdabei die Frage nach Wechselwirkun-gen zwischen den vielfältigen Ver-änderungstendenzen, die Arbeitsfor-scher/innen derzeit intensiv beschäf-tigen und die im Rahmen des Work-shops nur teilweise thematisiert wer-den können. Ziel ist es, über die Diag-nose „Unübersichtlichkeit” hinaus zukommen und Phänomenen jener un-gleichmäßigen, aber verbundenen Ent-

wicklung auf die Spur zu kommen,welche die Geschichte des Kapitalismusdurchzieht. Mit der Suche nach neuenKonturen der Arbeitsgesellschaft wol-

Programm

Mittwoch, 01.02.2012

10.00-11.00 Uhr Anmeldung

11.00-11.30 Uhr Prof. Dr. Volker Wittke (Göttingen):Spaltung der Arbeitswelt – Prekarität für alle? Fragen und Diskussionsperspektiven

11.30-12.30 Uhr Geht der Arbeitsgesellschaft die Teilhabe aus?Dr. Peter Bartelheimer (Göttingen):„Wo die Mitte aufhört: Soziale Spaltungs-linien und Zone der Prekarität“PD Dr. Berthold Vogel (Göttingen/Hamburg):„Die Ausweitung prekärer Beschäftigung als Gefährdung der gesellschaftlichen Mitte“Moderation: Prof. Dr. Stefan Lessenich (Jena, angefragt)

12.30-13.30 Uhr Mittagspause

13.30-15.30 Uhr Geht der Arbeitsgesellschaft die Teilhabe aus?Dipl. Sozw. Natalie Grimm (Hamburg),Dr. Christina Klenner (Düsseldorf),Dr. Alessandro Pelizzari (Genf),Prof. Dr. Susanne Völker (Köln):Kommentare zu Bartelheimer und VogelModeration: Prof. Dr. Stefan Lessenich (Jena, angefragt)

15.30-16.00 Uhr Pause

16.00-19.00 Uhr Übergänge wohin? Bildungssystem und ArbeitsmarktsegmentationProf. Dr. Heike Solga (Berlin):„Wie integrationsfähig ist das Berufs-bildungssystem? Zur Strukturierung des Zugangs in Ausbildung“Dr. Bettina Kohlrausch (Göttingen):„Wie integrationsfähig ist das Berufs-bildungssystem? – Zur Strukturierung der Übergänge ins Erwerbssystem“Podiumsdiskussion: „Wie angemessen ist die Diagnose? Welche institutionellen und pädagogischen Perspektiven der Überwindung von Integrationsproblemen zeichnen sich ab?“ Mit Statements von Wolfgang Vogelsänger (Göttingen),Prof. Dr. Michael Ehrke (Lüneburg)und Prof. Dr. Michael Behr (Erfurt).Moderation: Dr.Volker Baethge-Kinsky (Göttingen)

Donnerstag, 02.02.2012

9.00-12.00 Uhr Umkämpfte ReproduktionPD. Dr. Nicole Mayer-Ahuja (Göttingen): Produktion und Reproduktion in der IT-Branche.Transnationa-le Konzerne und die Arbeitsteilung zwischen Ge-schlechtern, Generationen und sozialen SchichtenProf. Dr. Kerstin Jürgens (Kassel): Reproduktions-krise: Zur allgemeinen Prekarisierung der Reproduktion von Arbeits- und LebenskraftFriederike Bahl/Philip Staab (Hamburg):Ein Dienstleistungsproletariat? Fragen an einepolarisierte ArbeitsweltDr. Diana Auth (Gießen): Regulierung (in-)formeller Pflegearbeit: Prekarisierungs- und Polarisierungs-tendenzenModeration: Prof. Dr. Karin Gottschall (Bremen)

12.00-13.00 Uhr Pause

13.00-15.30 Uhr Arbeits- und GesellschaftsvertragDr. Peter Kalkowski (Göttingen):„Kontraktualisierung und Arbeitsgestaltung“Prof. Dr. Eva Kocher (Frankfurt/Oder): „Wiewirkt Arbeitsrecht in der Arbeitswelt?“Prof. Dr. Britta Rehder (Bochum): „Die Arbeitsge-richtsbarkeit als Ort der Gesellschaftsgestaltung?“Prof. Dr. Rüdiger Krause (Göttingen):Perspektiven des ArbeitsrechtsModerat.: PD Dr. Berthold Vogel (Göttingen/Hamburg)

15.30-16.00 Uhr Pause

16.00-18.30 Uhr Sozialpartnerschaft, Interessen und Teilhabe-ansprüche im BetriebProf. Dr. Jürgen Kädtler (Göttingen):Sozialpartnerschaft – zu den betrieblichen Grundlagen einer gesamtgesellschaftlichen InstitutionPD Dr.Thomas Haipeter (Duisburg): Thesen zum ak-tuellen Wandel der deutschen SozialpartnerschaftDr. habil. Stephan Voswinkel (Frankfurt/Main):„Anerkennungsverhältnisse im Betrieb und die Regulierungen der Arbeitsbeziehungen“Prof. Dr. Bénédicte Zimmermann (Paris):„Individuelle Ansprüche an Arbeit und kollektive Interessenvertretung – ein Bedingungs- und Spannungsverhältnis?“Moderation: PD Dr. Hans Pongratz (München)

19.00 Uhr Ende der Tagung

Informationen zur Anmeldung

Die Konferenz ist als wissenschaftlicher Workshop mit begrenzter Teilneh-merzahl geplant. Die Teilnahme ist kostenlos. Weitere Informationen und dasAnmeldeformular finden Sie in dem Tagungsflyer, der dieser Ausgabe der Mitteilungen beiliegt und auf der Website des SOFI: http://www.sofi.uni-goettingen.de. Anmeldeschluss für die Teilnahme ist 31.12.2011.

Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an:

Namara Freitag, SOFI,Tel.: 0551 - 52205-19, Fax: 0551 - 52205-88E-Mail: [email protected]

len wir das Terrain für wissenschaftlicheund politische Intervention soziolo-gischer Forschung sondieren. Es gehtum Wege in eine andere Arbeitswelt.

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AUS DEN PROJEKTEN

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Informationen zum Projekt

Titel des Projektes: Die Expan-sion regenerativer Stromerzeu-gung als Motor systembezogenerInnovationen im deutschen Elek-trizitätssektor.

Gefördert von: Deutsche For-schungsgemeinschaft (DFG)

Projektteam: Prof. Dr.Wolf Rosen-baum (Leitung); Dr. Rüdiger Mautz

Der Beitrag basiert auf einem Vor-trag von Rüdiger Mautz beim„Offenen Panel Technik- und Wis-senschaftssoziologie“ an der Leo-pold-Franzens-Universität Inns-bruck am 29.09.2011.

In den WSI Mitteilungen 2/2012wird eine ausführliche Version die-ses Beitrags unter dem Titel „Derdeutsche Stromsektor im Span-nungsfeld energiewirtschaftlicherUmbaumodelle“ erscheinen (Au-toren: Rüdiger Mautz und Wolf Ro-senbaum).

Der deutsche Stromsektor im Spannungsfeld konkurrierenderProduktionsmodelle

lein mit Blick auf die technologischenund ökologischen Dimensionen diesesWandels nicht hinreichend beschrie-ben werden kann. Eine Analysepers-pektive, die sich an technologischenDifferenzen zwischen konventionellerund regenerativer Stromerzeugungs-technik abarbeitet, wird den gegen-wärtigen Transformationsprozess inseiner Spezifik nur unzureichend er-fassen. Hervorgehoben wird insbeson-dere, dass Verlauf, Reichweite und Er-folg solcher technologischen Umbrü-che nur hinreichend bestimmt werdenkönnen, wenn man sie in ihren institu-tionellen Kontexten analysiert. So rich-tet sich das Augenmerk in politikwis-senschaftlich orientierten Ansätzen zumBeispiel auf:

� die Frage staatlicher wie suprana-tionaler Steuerungsfähigkeit im Be-reich technischer Umweltinnovatio-nen (Jänicke/Jacob 2008).

� die Möglichkeiten zur Durchsetzunggeeigneter Policy-Instrumente undGovernanceformen, die den Wandelhin zu nachhaltigen Elektrizitätssys-temen begünstigen (Praetorius et al.2009).

� die Chancen zur Institutionalisie-rung (wirtschafts-)demokratischerPartizipations- und Entscheidungs-strukturen (nicht nur) im Bereich derEnergieversorgung zur Abwendungder drohenden Klimakatastrophe(Leggewie/Welzer 2009).

� koevolutionäre Muster nationalerwie branchenspezifischer Institu-tionenentwicklung einerseits undden Wandel von energietechnischen Infrastruktursystemen andererseits (z.B. Hughes 1987; Mayntz/Schnei-der 1995).

Auch techniksoziologische Ansätze derTransformationsforschung lassen nichtselten eine institutionalistische Aus-richtung erkennen. Dies gilt etwa fürdas viel diskutierte Mehrebenen-Mo-

dell soziotechnischer Transformation(z.B. Geels/Schot 2007; Smith et al.2010). Im Kern geht es um die Frage,unter welchen Bedingungen techno-logischen Nischen der Durchbruchgegenüber einem etablierten sozio-technischen Regime gelingt. Dies hän-ge zwar auch von nischeninternen Dy-namiken ab (Verlauf technologischerLernkurven, Entstehung von Nischen-märkten usw.), sei aber ohne institutio-nellen Wandel auf gesamtgesellschaft-licher Ebene sowie ohne die Institu-tionalisierung neuer normativer, regu-lativer und kognitiver Regeln der Tech-nikwahl auf sektoraler Ebene kaummöglich.

Entwicklung unterschiedlicher Produktionsmodelle der Strom-erzeugung

Wir haben in unseren eigenen Arbei-ten zum Wandel des deutschen Strom-systems an solche techniksoziologi-schen Ansätze angeknüpft, etwa beidem Versuch, die Nischenexpansionder erneuerbaren Energien anhand ei-nes Phasenmodells zu beschreiben(Mautz et al. 2008). Inzwischen bezwei-feln wir allerdings, dass die Verände-rungsdynamik im Energiesektor mitden Möglichkeiten institutionalisti-scher Konzepte hinreichend erklärtwerden kann. Unsere Bedenken rüh-ren insbesondere daher, dass sich diemit den erneuerbaren Energien ver-bundene und ursprünglich recht ein-heitliche Nischendynamik mittlerweileso weit ausdifferenziert hat, dass heuteunter sozialökonomischen Gesichts-punkten ganz unterschiedliche Ent-wicklungen zu beobachten sind. ImKern geht es dabei um die Ausdifferen-zierung diverser Produktionsmodelleder Stromerzeugung, die sich in wich-tigen sozialökonomischen Dimensio-nen voneinander unterscheiden.

Im Rahmen einer Typologie unter-scheiden wir sechs Produktionsmodel-le, die sich im Verlauf des sektoralenTransformationsprozesses herausge-bildet haben. Jedem der Produktions-

Von Rüdiger Mautz

Umbruch in der Energieversorgung:die Frage des institutionellen Kon-texts

In der sozialwissenschaftlichen Debat-te zum Umbau der Energieversorgungbesteht in zweierlei Hinsicht ein weit-gehender Konsens:

Erstens ist man sich darin einig, in denerneuerbaren Energien eine der fun-damentalen Leittechnologien ökolo-gischer Modernisierung zu sehen. Sowird den erneuerbaren Energien ge-meinhin ein hoher Stellenwert in Kon-zepten der „Öko-Effektivität“ oder der„ökologischen Konsistenz“ von Tech-nologien zugesprochen (Huber 2011).

Zweitens herrscht weitgehende Einig-keit darin, dass der gegenwärtige Um-bruch in der Energieversorgung al-

Sozialökonomische Faktoren bei dem Wandel von Energiesystemen

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AUS DEN PROJEKTEN

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modelle lässt sich eine spezifischeenergiewirtschaftliche Zielperspektivezuordnen:

1) Das sozialökologische Modell („Bür-gerkraftwerke“) – „Ökologisierung,Dezentralisierung und Demokratisie-rung der Energieversorgung“

2) Das landwirtschaftliche Modell –„Agrarwirtschaftliche Strukturverbes-serungen und neue bäuerliche Ein-kommensquellen durch die Ökostrom-erzeugung“

3) Das mittelständische Modell – „Öko-logisierung der Energieerzeugungund Umverteilung sektoraler Markt-macht“

4) Das kommunalwirtschaftliche Mo-dell – „Ausbau und (ökologischer)Umbau der dezentralen kommuna-len Energieversorgung“

5) Das transnational-großindustrielleModell – „Großformatige Nutzungkomparativer Vorteile topographi-scher und meteorologischer Bedin-gungen der Ökostromproduktion“

6) Das großkapitalistische Modell –„Integration erneuerbarer Energien indas zentralistische Verbundsystem“

Die Relevanz sozialökonomischerHandlungsressourcen

Natürlich soll hier nicht das Kind mitdem Bade ausgeschüttet werden: Dervon uns vertretene Ansatz darf nichtso verstanden werden, dass institutio-nalistische Erklärungsmöglichkeitennun durch den Rückgriff auf sozial-ökonomische Kategorien weitgehendersetzt werden sollen. Ganz im Gegen-teil: Stabilität bzw. Dauerhaftigkeit er-langt jedes der Produktionsmodelleerst dadurch, dass es jeweils zu Insti-tutionalisierungen kommt, die denAkteuren einen verbindlichen Hand-lungsrahmen vorgeben. Gemeint sindzum Beispiel normative Regeln im Sin-ne der erwähnten energiewirtschaft-lichen Zielperspektiven, an denen sichinnerorganisatorische Entscheidun-gen, etwa bei der Technikwahl, aus-richten. Zu erwarten ist zudem, dasssich die Protagonisten der unterschied-lichen Produktionsmodelle auch im

Hinblick auf bestimmte kognitive Rah-mungen ihres Handelns – Technikbil-der, Risikowahrnehmungen, Orientie-rung an professionellen Standardsusw. – unterscheiden. Handlungsrele-vant waren und sind auf jeden Fall be-stimmte formelle Regeln im Sinne vongesetzlichen Vorgaben. So verlief dieAusdifferenzierung der Produktions-modelle in deutlicher Rückkopplungmit dem gegen Ende der 1980er Jahrebeginnenden schrittweisen Wandelgesetzlicher Rahmenbedingungen fürdie Einspeisung von Ökostrom (Mautzet al. 2008).

Nur fällt es schwer, die Herausbildungvon soziotechnischen Nischen, wie sie von den Produktionsmodellen derÖkostromerzeugung gebildet wer-den, in erster Linie mit der Entstehungeines jeweils institutionalisierten Ge-rüsts von Handlungsregeln zu erklä-ren. Verstehbar werden solche Prozes-se erst, wenn auch die sozialen undökonomischen Handlungsressourcenberücksichtigt werden, die bestimmteOptionen eröffnen – etwa Optionender Technikwahl oder der Gründungdauerhafter Organisationsformen fürden Anlagenbetrieb, während andereOptionen ausgeschlossen werden.

Für jedes der Produktionsmodelle istein bestimmtes Setting von Hand-lungsressourcen charakteristisch. Hier-zu zählen zunächst die materiellenRessourcen, über die ein Unternehmenbzw. eine Organisation verfügt, etwa

im Sinne von Kapitalstärke, Finanzie-rungsquellen, Ausstattung mit Pro-duktionsmitteln usw. Zu berücksichti-gen sind ferner die Eigentumsverhält-nisse und die Sozialverfassung der be-treffenden Organisationen und Unter-nehmen: Ob es sich um inhaberge-führte Mittelbetriebe oder um großeKapitalgesellschaften handelt, ob eineehrenamtliche Organisationsstrukturoder aber Betriebsförmigkeit vorliegt,ob unternehmerische Eigenständig-keit dominiert oder Unternehmens-verflechtungen vorliegen, kann für dieTechnikwahl – zum Beispiel dezentra-le Anlagen oder zentralisierte Groß-techniken der erneuerbaren Energien,innovative Pioniertechniken oder alt-bewährte Anlagentypen – von ent-scheidender Bedeutung sein. Ein wei-terer zentraler Gesichtspunkt ist, aufwelche Wissensressourcen die Organi-sation/das Unternehmen zurückgrei-fen kann: auf welches formelle und/oder informelle Handlungswissen, aufwelche technischen und organisato-rischen Kompetenzen, auf welcheMöglichkeiten der Wissensgenerie-rung usw.? Für die Entwicklung des„sozialökologischen Produktionsmo-dells“, das ganz überwiegend von zivil-gesellschaftlichen Akteuren getragenwird, ist zudem die Verfügung über so-ziales Kapital (sozialer Zusammenhalt,Vertrauensbeziehungen, sozialer Rück-halt in bestimmten sozialen Milieusoder Communities) von entscheiden-der Bedeutung. Soziales Kapital konn-te ursprünglich in den Netzwerken der

Genese der Produktionsmodelle für Ökostromerzeugung

seit 1920

seit 1970

seit Ende 1980er

seit Anfang 1990

seit Ende 1990

seit Anfang 2000

� �

gemischtwirtschaftliches Verbundsystem

Energiekonzerne Stadtwerke/Regionalversorger

sozialökolo-gisches Modell

landwirt-schaftliches

Modell

technologische Nische der neuen EE

trans-nationales

Modell

großkapita-listisches Modell

kommunal-wirtschaftl.

Modell

mittel-ständisches

Modell

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AUS DEN PROJEKTEN

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neuen sozialen Bewegungen aufge-baut werden und kommt auch heutenoch bei der Mitgliederrekrutierung,der Motivierung fürs ehrenamtlicheMitarbeiten oder beim gemeinsamenDurchstehen schwieriger Projektpha-sen zur Geltung.

Schlussbemerkung

Der heuristische Wert sozialökonomi-scher Kategorien für die empirischeAnalyse des Wandels von Energie-systemen liegt aus unserer Sicht da-rin, dass sich mit Hilfe dieser Kate-gorien Handlungsressourcen näherbestimmen lassen, auf deren Grund-lage sich voneinander abgrenzbareProduktionsmodelle der Stromerzeu-

gung sowohl entfalten und stabilisie-ren als auch – sofern sich Handlungs-ressourcen erschöpfen sollten – wie-der destabilisieren können. Auch dort,wo institutionelle Bedingungen einenverbindlichen Handlungsrahmen, zumBeispiel in Form staatlicher Regulie-rung vorgeben, sollte die empirischeAnalyse den differenzierenden Einflusssozialökonomischer Faktoren – etwa inFragen der Technikwahl oder der Prä-

ferenz für bestimmte Geschäftsmodel-le oder energiewirtschaftliche Strate-gien – nicht vernachlässigen.

In der techniksoziologischen Debatteum große technische Systeme gingman lange davon aus, dass Netzge-bundenheit zu einer tendenziell ho-mogenen Systemstruktur eng gekop-pelter Elemente führen müsse. Auchdie Vertreter des Mehrebenen-Ansat-zes argumentieren in der Regel, dassein von innovativen Nischentechnikenangestoßener Transformationsprozessim Erfolgsfall auf ein neues, wiederumtendenziell einheitliches soziotech-nisches Regime hinaus läuft. Demge-genüber sprechen unsere Befunde da-

für, dass die weitere Entwicklung imdeutschen Stromsektor nicht auf eineneue einheitliche Regimestruktur hin-auslaufen könnte. Vielmehr lässt sichinfolge der heute schon zu beobach-tenden Koexistenz diverser Produk-tionsmodelle sowie gestützt auf „intel-ligente“ Techniken dezentraler Strom-erzeugung, -speicherung und -vertei-lung die dauerhafte Herausbildung ei-ner „pluralen“ Regimestruktur erwarten.

Literatur

Geels, Frank W./Schot, Johan (2007):Typology of sociotechnical transitionpathways. In: Research Policy 36, S.399-417.

Huber, Joseph (2011): Ökologische Mo-dernisierung und Umweltinnovation.In: Groß, Matthias (Hrsg.), HandbuchUmweltsoziologie. Wiesbaden, S. 279-302.

Hughes, Thomas P. (1987): The Evolu-tion of Large Technological Systems.In: Bijker, Wiebe E./Hughes, ThomasP./Pinch, Trevor J. (Hrsg.), The SocialConstruction of Technological Sys-tems. Cambridge/Mass., S. 51-82.

Jänicke, Martin/Jacob, Klaus (2008): Ei-ne Dritte Industrielle Revolution? We-ge aus der Krise ressourcenintensivenWachstums. In: Bundesministeriumfür Umwelt, Naturschutz und Reaktor-sicherheit (Hrsg.), Die Dritte Indus-trielle Revolution – Aufbruch in einökologisches Jahrhundert. Berlin, S.11-31.

Leggewie, Claus/Welzer, Harald (2009):Das Ende der Welt, wie wir sie kann-ten. Klima, Zukunft und die Chancender Demokratie. Frankfurt am Main.

Mautz, Rüdiger/Byzio, Andreas/Rosen-baum, Wolf (2008): Auf dem Weg zurEnergiewende. Die Entwicklung derStromproduktion aus erneuerbarenEnergien in Deutschland. Göttingen.

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Praetorius, Barbara et al. (2009): Inno-vation for Sustainable Electricity Sys-tems. Exploring the Dynamics of Ener-gy Transitions. Heidelberg.

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Fortsetzung von S. 5

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VERÖFFENTLICHUNGEN

Berichterstattung zur sozioökonomischen Entwicklung in Deutschland – Teilhabe im Umbruch.Zweiter Bericht

2012. 790 S. Br. EUR 39,95 ISBN 978-3-531-16500-4

Was versteht man im Zeitalter von Globalisierung und demografischemWandel unter Teilhabe? Wie haben sich Teilhabemuster in unserer Gesell-schaft verändert? Und sind Teilhabe-chancen gerecht verteilt? Antwortenauf diese Fragen gibt der jüngst er-schienene zweite Band der sozioöko-nomischen Berichterstattung „Teilhabeim Umbruch“. Der 800 Seiten starkeBand fasst die Ergebnisse des mehrjäh-rigen, vom Bundesministerium für Bil-dung und Forschung (BMBF) geför-derten „Forschungsverbunds Sozio-ökonomische Berichterstattung“ (soeb)(siehe Kasten) zusammen. Entwicklun-gen und Veränderungen gesellschaft-licher Strukturen und Lebensverläufein Deutschland werden beschriebenmit dem Ziel, gesellschaftliche Ent-wicklung nicht mehr nur an den Kenn-ziffern wachsender materieller Produk-tion und gesteigerter Wertschöpfungzu messen, sondern insbesondere anden Ressourcen, die sie für individuelleVerwirklichungschancen bereitstellt.

Gesellschaftliche Entwicklung kenntzwei Gangarten: sozialen Wandel imRahmen eines gegebenen sozioöko-nomischen Entwicklungsmodells, undUmbruchsphasen, die den Übergangzu einem veränderten Gesellschafts-modell vorbereiten. Die Autorinnenund Autoren des Berichts gehen vonder Annahme aus, dass die deutscheGesellschaft eine solche Umbruchs-phase durchläuft. Um diesen Umbruchbesser zu verstehen, sind die Verände-rungen individueller Teilhabemustervon Personen und Haushalten ebenso

zu beobachten wie die institutionellenVeränderungen im deutschen Produk-tions- und Sozialmodell, und beide Be-obachtungsebenen sind aufeinanderzu beziehen.

Die wirtschaftlichen und gesellschaft-lichen Strukturen, in denen die ma-teriellen Bedingungen von Wohlfahrtproduziert und in individuelle Wohl-fahrt umgewandelt werden, verändernsich schrittweise und doch grundle-gend. Der Umbruch des Produktions-und Sozialmodells der „alten“ Bundes-

republik betrifft Wirtschaftsstrukturenund Unternehmensstrategien, sozial-staatliche Institutionen und Regulie-rungen sowie persönliche Lebenswei-sen. Dass die Muster vielfältiger ge-worden sind, in denen Haushalte undFamilien an Erwerbsarbeit teilhaben,ihre persönlichen Beziehungen gestal-ten, politische und soziale Teilhabe-rechte erhalten und wahrnehmen undBildung erwerben, hat individuelleTeilhabeoptionen erweitert. Zugleichaber sind Risiken und Optionen die-ser Entwicklung zunehmend ungleich

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Soeben erschienen: Zweiter Bericht zur sozioökonomischen Entwicklung in Deutschland

Teilhabe im Umbruch

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VERÖFFENTLICHUNGEN

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verteilt, und viele historisch etablierte Mechanismen des sozialen Ausgleichsverlieren an Wirkung. Der Bericht be-schreibt diese Umbrüche gesellschaft-licher Teilhabemuster in vier Abteilun-gen aus jeweils unterschiedlichen Pers-pektiven.

Die erste Abteilung fragt nach den Be-dingungen für Teilhabe auf der Ebe-ne von Wirtschaft und Gesellschaft insgesamt: Hier zeichnet der Berichtinsbesondere lange Linien der wirt-schaftlichen Entwicklung und unter-sucht fortbestehende Unterschiedezwischen West- und Ostdeutschlandsowie regionale Disparitäten. Weitere Themen sind der Anstieg der Bildungs-anforderungen, die Energiewende so-wie das Verhältnis von Flexibilität undSicherheit im deutschen Beschäfti-gungssystem und im internationalenVergleich.

Im Mittelpunkt der zweiten Abteilungdes Berichts steht die neue Unsicher-heit in der Erwerbsarbeit. Dass neben„internen Arbeitsmärkten“ für Kern-belegschaften ein „externes“ Segmentunsicherer und unstetiger Beschäfti-gung wächst, wird als Ergebnis verän-derter Muster betrieblicher Arbeits-

kräftenachfrage beschrieben. Bei derErörterung der Konsequenzen für Teil-habechancen berücksichtigt der Be-richt Bewertungen von Beschäftigtenund die Haushaltskonstellationen derErwerbsbevölkerung.

Die dritte Abteilung des Berichts un-tersucht für die drei Lebensabschnittedes Übergangs ins Erwachsenenalter,der Haupterwerbsphase und des Al-tersübergangs, wie sich diese verän-derten Teilhabebedingungen auf Le-bensverlaufsmuster auswirken.

Thema der vierten Abteilung sind dievielfältigeren Formen der „Passung“von Erwerbssystem, Einkommens- undHaushaltsstruktur sowie die daraus resultierenden neuen Muster sozialerUngleichheit in den Lebensweisen von Haushalten. An einen Überblicküber Haushalts- und Familienstruktu-ren schließen sich Analysen zum Er-werbseinkommen im Haushaltskon-text, zur Inanspruchnahme haushalts-naher Dienstleistungen und zu denZeitstrukturen alltäglicher Lebensfüh-rung an. Ein weiterer Beitrag schlägtKriterien für die Beobachtung ethni-scher Differenzierungen der Bevölke-rung vor.

Der Zusammenhang zwischen wirt-schaftlicher Entwicklung und Teilhabeist unsicherer geworden. Dass Tragfä-higkeitsgrenzen der Naturkreisläufeerreicht wurden und nicht ressourcen-effizient gewirtschaftet wird, begrenztbereits seit den 80er Jahren die Zunah-me der gesamtwirtschaftlichen Leis-tung und Arbeitsproduktivität. Die ge-samtwirtschaftliche Lohnentwicklungbleibt dauerhaft hinter der Produk-tivitätsentwicklung zurück, und auchder Ausgleichseffekt des Steuer- undTransfersystems hat sich abgeschwächt.Regionale Lebensbedingungen wer-den ungleicher: In etwa einem Viertelder Kreise und kreisfreien Städte ver-binden sich Bevölkerungsrückgang,Alterung, hohe Unterbeschäftigungund hohes Armutsrisiko zu einem neu-en Muster sozioökonomischer Schrum-pfung. Dieses zeigt sich nur ausnahms-weise in Westdeutschland, dagegenflächendeckend in Ostdeutschland.Eine zunehmende Polarisierung inHochlohn- und Niedriglohnbetriebeträgt dazu bei, dass Löhne und Ein-kommen ungleicher werden. Neben„internen Arbeitsmärkten“ für Kernbe-legschaften wächst ein „externes“ undunsicheres Beschäftigungssegment.Die Projektion der sozioökonomischen

Ziel des sozioökonomischen Berichtsansatzes ist es,wissenschaftsgestützte Sozialberichterstattung problem-orientiert weiterzuentwickeln und Brücken von empiri-scher Forschung zu regelmäßiger Berichterstattung zuschlagen. Die empirische Arbeit der beteiligten Institutesoll darauf ausgerichtet werden, neue oder verbesserteZugänge zu Sozial- und Wirtschaftsdaten für die Weiter-entwicklung von Beobachtungskonzepten und Indika-toren zur gesellschaftlichen Entwicklung zu nutzen.

Der „Erste Bericht zur sozioökonomischen EntwicklungDeutschlands“ wurde in den Jahren 1999 bis 2004 – aufAnregung und mit Förderung des Bundesministeriumsfür Bildung und Forschung (BMBF) – erarbeitet und er-schien 2005 mit dem Untertitel „Arbeit und Lebenswei-sen“.

Der vorliegende zweite Bericht ist das gemeinsame Er-gebnis eines zweiten, vom BMBF geförderten Verbund-vorhabens zur sozioökonomischen Berichterstattung,das 2006 in fachöffentlichen Werkstattgesprächen kon-zipiert und von 2007 bis 2009 durchgeführt wurde. Ei-

ne neue Reihe von Werkstattgesprächen zu möglichen Fragestellungen eines dritten Verbundprojekts fand –parallel zur Vorbereitung des vorliegenden Berichts-bands – im Jahr 2010 statt.

Die Projektleitung und die Koordination der Verbund-vorhaben liegt beim Soziologischen Forschungsinsti-tut (SOFI) Göttingen. Zum Forschungsverbund gehörenderzeit – neben dem SOFI – das Institut für Sozialwis-senschaftliche Forschung in München e. V., das Inter-nationale Institut für empirische Sozialökonomie inStadtbergen (INIFES), das Thünen-Institut für Regional-entwicklung in Bollewick, die Gesellschaft für Wirt-schaftliche Strukturforschung GmbH (GWS) in Osna-brück und Tanja Schmidt – Sozialforschung in Berlin.Darüber hinaus wurden für einzelne Arbeitspakete desBerichts bzw. Expertisen eine ganze Reihe externer Ko-operationspartner/innen gewonnen.

Aktivitäten und Materialien zur sozioökonomischen Berichterstattung werden auf der Website www.soeb.dedokumentiert.

Forschungsverbund Sozioökonomische Berichterstattung (soeb)

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VERÖFFENTLICHUNGEN

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Inhaltsverzeichnis

VorwortZu diesem Bericht

Einleitung

01 Teilhabe im Umbruch – Zur sozioökonomischen Entwicklung DeutschlandsNicole Mayer-Ahuja/Peter Bartelheimer/Jürgen Kädtler

02 Produktion und Teilhabe – Konzepte und Profil sozioökonomischer Berichterstattung Peter Bartelheimer/Jürgen Kädtler

Abteilung 1Das deutsche Produktions- und Sozialmodell im Umbruch

03 Gender und Genderregime Tanja Schmidt

04 Teilhabekapitalismus – Fordistische Wirtschafts-entwicklung und Umbruch in Deutschland 1950-2009 Ulrich Busch/Rainer Land

05 Ostdeutschland Ulrich Busch/Rainer Land

06 Regionale Disparitäten Marc Neu

07 Neudefinition der „bürgerlichen Grundbildung“ und gefährdete Bildungsteilhabe Volker Baethge-Kinsky

08 Sozioökonomische Dynamik der Energiewende Rüdiger Mautz

09 Flexibilität und Sicherheit – Deutschland im europäischen Vergleich René Lehweß-Litzmann

10 Projektion der sozioökonomischen Entwicklung bis 2020 Thomas Drosdowski/Marc Ingo Wolter

Abteilung 2Unsichere Erwerbsbeteiligung

11 Erwerbsteilhabe Sabine Fromm/Peter Bartelheimer

12 Flexibilität und Kapitalmarkt – Neue Formen der Arbeitsorganisation und Unternehmenskontrolle Nestor D’Alessio/Anne Hacket

13 Betriebliche Arbeitsnachfrage und Beschäftigung Holger Alda

14 Qualität der Arbeit Tatjana Fuchs

Abteilung 3Lebensverläufe im Umbruch

15 Struktur, Vielfalt und Ungleichheit in Lebensverläufen Tanja Schmidt

16 Junge Erwachsene Tanja Schmidt

17 Erwerbsverläufe in der Haupterwerbsphase – Plura-lisierung und Prekarisierung der Erwerbsverläufe? Anne Hacket

18 Altersübergänge Andreas Ebert/Falko Trischler

Abteilung 4Ungleichheit und Vielfalt von Lebensweisen

19 Haushalt, Familie und soziale Nahbeziehungen Andreas Ebert/Tatjana Fuchs

20 Personelle Einkommensverteilung Irene Becker

21 Haushaltsnahe Dienstleistungen Ewa Sojka

22 Arbeitszeit und Lebenszeit – Die Zeitverwendung abhängig Beschäftigter im Kontext von Erwerbsarbeit Anne Hacket

23 Ethnizität in der Zuwanderungsgesellschaft Deutschland Karen Schönwälder/Helen Baykara-Krumme/Sabine Fromm/Nadine Schmid

Verzeichnisse

Literaturverzeichnis

Verzeichnis der verwendeten Datenquellen

Verzeichnis der Abbildungen und Übersichten

Verzeichnis der Tabellen

Verzeichnis der Autoren/innen und Mitarbeiter/innen

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VERÖFFENTLICHUNGEN/PROJEKTE

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Fortsetzung von S. 9Entwicklung bis 2020 zeigt, dass amArbeitsmarkt eine Qualifikationslückeentsteht, ohne dass die demografischeEntwicklung zu Vollbeschäftigung immittleren und unteren Qualifikations-bereich führt.

Glichen sich die Lebensweisen in denNachkriegsjahrzehnten in West- wieOstdeutschland – bei großen Unter-schieden zwischen den Landesteilen –eher an, stehen in der deutschen Ge-sellschaft heute sehr unterschiedlicheArbeits- und Lebensrealitäten neben-einander. Dass die Beschäftigung wei-ter zunimmt, geht auf „atypische“ Be-schäftigungsformen zurück, zu denender Bericht auch Alleinselbständigkeitund Niedriglöhne zählt. Dass die Be-deutung des Normalarbeitsverhältnis-ses abnimmt und Turbulenzen im Er-

werbsverlauf häufiger werden, ließ je-doch keine grundsätzlich neuen Le-bensverlaufsmuster entstehen. In allenLebensphasen stehen stabile, kontinu-ierliche neben unstetigen und prekä-ren Erwerbsbiografien. Der Umbruchim Beschäftigungssystem verschiebt je-doch die Gewichte zu den diskonti-nuierlichen Verlaufsmustern. Da immermehr Beschäftigte keine ausreichen-den Versorgungsansprüche erwerben,hängen Teilhabechancen wesentlichvon der persönlichen Unterstützungdurch Partnerschaft und Familie ab,auch wenn die Unterstützungsperso-nen immer häufiger nicht mehr imHaushalt leben. Dabei behält das Mo-dell des (männlichen) Hauptverdienersund der vorwiegend weiblichen Haus-und Sorgearbeit offenbar seine gesell-schaftliche Geltung. Auch wenn Paare

mit Kindern heute zwischen verschie-denen Optionen der Lebensführungwählen können, arbeiten vier Fünftelder Männer mit Kindern in stabiler Voll-zeitbeschäftigung, was nur für ein Ach-tel der Frauen mit Kindern gilt. Ostdeut-schen Frauen gelingt es immer seltener,kontinuierliche Vollzeiterwerbstätigkeitmit Kindererziehung zu verbinden. Dieanderen Modelle des weiblichen Zuver-dienstes oder der Familienarbeit sindvielfach nicht frei gewählt,und auch diewachsende Kluft zwischen oft überlan-gen Arbeitszeiten einerseits und Teil-zeitbeschäftigung entspricht häufignicht den Wünschen der Beschäftigten.

Über die Arbeit des Forschungsver-bunds Sozioökonomische Berichter-stattung informiert die Projektwebsite(www.soeb.de).

Kleine und mittlere Unternehmen(KMU) sind heute und in der ab-sehbaren Zukunft konfrontiert mittief greifenden Veränderungen vonKompetenzanforderungen. DieseVeränderungen sowie die dadurchangestoßenen Modifikationen vonQualifikationsstrukturen, Koopera-tionspraktiken und beruflichen Ent-wicklungsperspektiven stehen imMittelpunkt des neuen Promotions-kollegs „Qualifikatorisches Upgra-ding in KMU – Fachkräftebedarf undAkademisierung im Mittelstand“.

Von den KMU müssen zum einen ver-mehrt und in neuen Funktionen Aka-demiker/innen rekrutiert, produktiveingesetzt und langfristig integriertwerden. Zum anderen wird (wissen-schaftliches) Wissen, dass herkömmli-cherweise dem akademischen Bereichzugehörig ist, auch für Fachkräfte ausdem mittleren Qualifikationssegmentwichtiger – vor allem mit Blick auf denErhalt und die Weiterentwicklung ih-rer beruflichen Kompetenzen. Da dieMehrzahl der Arbeitnehmer/innen inDeutschland in KMU beschäftigt ist und

diese zugleich maßgeblich zur inlän-dischen Wirtschaftskraft beitragen, istdie Bewältigung dieser Prozesse zen-tral. Dies gilt sowohl unter im engerenSinne ökonomischer Perspektive wieunter dem Gesichtspunkt gelingendersozialer Teilhabe durch und in Arbeit.Mit den Strukturen und Prozessen in-

nerbetrieblicher Kompetenzentwick-lung, der (notwendigen) Öffnung derHochschulen, Prozessen regionaler Ver-netzung und Kompetenzförderung so-wie politischen und rechtlichen insti-tutionellen Rahmenbedingungen kom-men dabei verschiedene Handlungs-

kontexte und Ebenen ins Spiel, die un-terschiedliche wissenschaftliche Zugrif-fe erfordern.

Um der Komplexität des Gegenstands-bereich und der wissenschaftlichen Zu-griffe Rechnung zu tragen, haben Ver-treter von Göttinger Lehrstühlen undInstituten für Wirtschaftspolitik undMittelstandsforschung, Wirtschaftspä-dagogik, Wirtschafts- und Sozialpsycho-logie, Wirtschaftsinformatik, Agraröko-nomie und Arbeitsrecht sowie das SOFIin Zusammenarbeit mit der GöttingerGraduiertenschule Gesellschaftswissen-schaften und der Göttinger Koopera-tionsstelle Hochschulen und Gewerk-schaften den Antrag für das interdiszi-plinäre Promovendenkolleg entwickelt.Dieses wurde nun von der Hans-Böck-ler-Stiftung positiv beschieden. DasKolleg beinhaltet die Förderung vonacht Promotionen und ist zunächst aufdrei Jahre angelegt. Sprecher des Ver-bundes ist Prof. Dr. Kilian Bizer vomLehrstuhl für Wirtschaftspolitik undMittelstandsforschung der UniversitätGöttingen, stellvertretender Sprecherist Prof. Dr. Jürgen Kädtler vom SOFI.

Interdisziplinäres Promotionskolleg unter Beteiligung des SOFI von der Hans-Böckler-Stiftung bewilligt

Qualifikatorisches Upgrading in KMU – Fachkräftebedarfund Akademisierung im Mittelstand

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VERANSTALTUNGEN

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Internationaler Workshop von SOFI und re:work (Berlin):

(Ent-)Standardisierung von Erwerbsbiographien im 20. Jahrhundert.Historische und soziologische Perspektiven auf Regulierungs- normen und soziale Praktiken in West-Europa und Südasien

In historischen wie soziologischen De-batten über Veränderungen der Arbeits-welt wird gemeinhin davon ausgegan-gen, dass Erwerbsbiographien sich imVerlauf des 20.Jahrhunderts grundlegendverändert haben. So gilt es als gesetzt,dass die ökonomisch prosperierendenNachkriegsjahrzehnte – also jene„goldenyears“ (Hobsbawm) oder „trentes glo-rieuses” (Castel), die ungefähr von 1945 bis 1975 reichten – ein historisch gänz-lich neuartiges Phänomen hervorbrach-ten: „Stabile Karrieren“, idealerweise vonder Lehre bis zur Rente. Die Herstellungdieser besonderen Erwerbsverläufe wirdals zentraler Bestandteil jenes übergrei-fenden Prozesses einer „Normalisierung“,„Formalisierung“ oder„Standardisierung“von abhängiger Beschäftigung disku-tiert, der in der Herausbildung von his-torisch wie regional spezifischen Mus-tern von „Normalarbeit“ oder „Standard-beschäftigung“ gipfelte.Ungefähr ab Mit-te der 1980er Jahre traten jedoch (etwa in

Deutschland) vielfältige Erosionserschei-nungen ins öffentliche Bewusstsein, diesich zu einer Krise der „Normalarbeit“ zu verdichten schienen. Die folgenden Jahrzehnte standen aus Sicht vieler zeit-genössischer Beobachter unter dem Vor-zeichen von „De-Standardisierung“, „In-formalisierung“ oder „Prekarisierung“.

In diesem Workshop, den das Interna-tionale Geisteswissenschaftliche Kolleg „Arbeit und Lebenslauf in globalhistori-scher Perspektive“ an der Humboldt-Uni-versität und das SOFI gemeinsam ver-anstalten, wollen wir internationale Ex-pert/innen zusammen bringen, um dieDenkfigur „stabiler Erwerbsbiographien“einer eingehenden Prüfung zu unterzie-hen. Mit regionalem Fokus auf Westeu-ropa und Indien wird die übliche Perio-disierung von „Standardisierungs-“ und„De-Standardisierungsprozessen“ (ein-schließlich der Wendepunkte 1945 und1975) hinterfragt. Zentrale Quellen his-torischen Wandels werden thematisiert– darunter ökonomische Zyklen, wech-selnde politische und soziale Macht-konstellationen, aber auch veränderliche

Vorstellungen von „guter Arbeit” und einer „ordentlichen Karriere“ in (ver-schiedenen Teilen) der arbeitenden Be-völkerung. Fünf Diskussionszusammen-hänge werden im Zentrum stehen:� Regulierungsnormen und -praktiken

zur Förderung bzw. Infragestellung stabiler Erwerbsbiographien

� Veränderungen von Karriereverläufenin Industrie, Dienstleistungssektor undöffentlichem Dienst

� Wandel von Erwerbsbiographien zwi-schen abhängiger Beschäftigung undSelbständigkeit

� Wünschbarkeit und Realisierbarkeit„stabiler Beschäftigung“ in einer Le-benslaufperspektive

� Stabile Erwerbskonstellationen alsProjekt des Haushalts

Für weitere Informationen stehen Ihnen gern zur Verfügung:

Nicole Mayer-Ahuja, [email protected]

Josef Ehmer, [email protected]

Lutz Raphael, [email protected]

Workshop: “(De-)Standardisation” of Work Biographies in the 20th Century: Historical and Sociological Perspectives on Regulatory Norms and Social Practices 7 – 9 March 2012, re:work, Georgenstraße 23, 6th Floor, 10117 Berlin

7 March 2012, 12.00-13.00:Welcome & Introduction

14.00-18.00Regulatory Norms & PracticesPrabhu Mohapatra: Labour Law in IndiaIlona Ostner: Social Policy in GermanyThomas Pierson: Labour Law in Western Germany, Joachim Rückert: Comment

8 March 2012, 09.00-13.00„Stable Careers“ in Industry, Service and Public SectorCharles de Froment: Temporary Work in France and Germany,Berthold Vogel: Public Sector Work in Germany,Dilip Subramanian: Public Sector Work in India,Nicole Mayer-Ahuja: Public Sector Work in Germany/India as Influence on the Private Sector,Burkhart Lutz: Comment (to be confirmed)

14.00-18.00Work Biographies between Wage-Labour & Self-EmploymentJan Breman: Work biographies in India

Johanna Muckenhuber: Work biographies of self-employed in AustriaSigrid Wadauer: Work biographies in Europe between the Wars, N.N.: Comment

9 March 2012, 9.00-13.00Stable Employment in the Life Course Karl-Ulrich Mayer: The myth of flexibilisation in GermanyGertrud Backes: Changing Transitionsto Retirement in Germany (to be confirmed)Jonathan Parry: Employment stability in IndiaJosef Ehmer: Comment

14.00-18.00Stable Work Constellations as Household ProjectsChristoph Weischer: Work and household constellations in Germany Christine von Oertzen: Part-Time Work in Post-War GermanyChitra Joshi: Work and household constellations in IndiaPeter Bartelheimer: Comment

18.00-18.30Résumé

Theme

This workshop attempts at a thorough scru-tiny of the very concept of “stable work bio-graphies”. With a regional focus on WesternEurope (in particular the German case) andIndia, the commonly accepted periodisationof “standardisation” and “de-standardisation”will be discussed and central sources of his-torical change identified – including econo-mic cycles, changing political and social power relations, but also shifting notions of“good work” and a “proper career” among(different parts of ) the working population.

Five streams of discussion stand out:

� Regulatory norms and practices promoting/reducing “stability” of work biographies

� Changing career patterns (in industrial,service, and public sector work)

� Changing work biographies between wage-labour and self-employment

� Desirability and “realisability” of “stable employment” in a life course perspective

� Different work constellations as part of family strategies or household projects

SOFI

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DIE LETZTE

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Veröffentlichungen von SOFI-MitarbeiterInnen von Oktober bis Dezember 2011

Bücher:

Forschungsverbund SozioökonomischeBerichterstattung (Hrsg.) (2012): Bericht-erstattung zur sozioökonomischen Ent-wicklung in Deutschland. Teilhabe imUmbruch. Zweiter Bericht. Wiesbaden(VS Verlag).

Aufsätze:

Baethge, Martin (2011): Im Zeichen demografischen Wandels. Neue Pers-pektiven für den Übergang in die Berufsausbildung. In: Huthmacher-Henry, Christine; Hoffmann, Elisabeth(Hrsg.): Aufstieg durch (Aus-)Bildung –der schwierige Weg zum Azubi. SanktAugustin/Berlin, Konrad-Adenauer-Stiftung, S. 107-124.

Baethge-Kinsky, Volker (2012): Neudefi-nition der „bürgerlichen Grundbildung“und gefährdete Bildungsteilhabe. In:Forschungsverbund SozioökonomischeBerichterstattung (Hrsg.): Berichter-stattung zur sozioökonomischen Ent-wicklung in Deutschland. Teilhabe imUmbruch. Zweiter Bericht. Wiesbaden(VS Verlag), S. 201-222.

Bartelheimer, Peter/Kädtler, Jürgen (2012):Produktion und Teilhabe – Konzepteund Profil sozioökonomischer Berichter-

stattung. In: Forschungsverbund Sozio-ökonomische Berichterstattung (Hrsg.):Berichterstattung zur sozioökonomi-schen Entwicklung in Deutschland.Teilhabe im Umbruch. Zweiter Bericht.Wiesbaden (VS Verlag), S. 41-85.

D´Alessio, Nestor/Hacket, Anne (2012):Flexibilität und Kapitalmarkt – NeueFormen der Arbeitsorganisation undUnternehmenskontrolle. In: Forschungs-verbund Sozioökonomische Berichter-stattung (Hrsg.): Berichterstattung zursozioökonomischen Entwicklung inDeutschland. Teilhabe im Umbruch.Zweiter Bericht. Wiesbaden (VS Ver-lag), S. 359-386.

Fromm, Sabine/Bartelheimer, Peter (2012):Erwerbsteilhabe. In: ForschungsverbundSozioökonomische Berichterstattung(Hrsg.): Berichterstattung zur sozioöko-nomischen Entwicklung in Deutsch-land.Teilhabe im Umbruch. Zweiter Be-richt. Wiesbaden (VS Verlag), S. 327-358.

Kalkowski, Peter/Paul, Gerd (2011): Pro-fessionalization in New and Old Health-Related Jobs in the Wellness-Sector inGermany. In: Sociology Study. Volume1, Number 4, September 2011, S. 294-301.

Personalia

Nicole Mayer-Ahuja erhält einenFörderpreis für Geisteswissenschaf-ten. Die Auszeichnungen „Geis-teswissenschaften International –Preis zur Förderung der Überset-zung geisteswissenschaftlicher Literatur” wird von Börsenverein,Fritz Thyssen Stiftung, VG WORTund Auswärtigem Amt an heraus-ragende geistes- und sozialwis-senschaftliche Werke in deutscherSprache vergeben. Die Partner för-dern mit dem Preis die englischeÜbersetzung der Monographie„Grenzen der Homogenisierung”(Campus 2011), die im kommen-den Jahr von Social Science Pressin Indien veröffentlicht wird.

Lehweß-Litzmann, René (2012): Flexi-bilität und Sicherheit – Deutschland im europäischen Vergleich. In: For-schungsverbund SozioökonomischeBerichterstattung (Hrsg.): Berichter-stattung zur sozioökonomischen Ent-wicklung in Deutschland. Teilhabe imUmbruch. Zweiter Bericht. Wiesbaden(VS Verlag), S. 243-282.

Mautz, Rüdiger (2012): Sozioökonomi-sche Dynamik der Energiewende. In:Forschungsverbund Sozioökonomi-sche Berichterstattung (Hrsg.): Bericht-erstattung zur sozioökonomischenEntwicklung in Deutschland. Teilhabeim Umbruch. Zweiter Bericht. Wiesba-den (VS Verlag), S. 223-241.

Mayer-Ahuja, Nicole/Bartelheimer, Pe-ter/Kädtler, Jürgen (2012): Teilhabe imUmbruch – Zur sozioökonomischenEntwicklung Deutschlands. In: For-schungsverbund SozioökonomischeBerichterstattung (Hrsg.): Berichter-stattung zur sozioökonomischen Ent-wicklung in Deutschland. Teilhabe imUmbruch. Zweiter Bericht. Wiesbaden(VS Verlag), S. 15-39.

Mayer-Ahuja, Nicole (2011): ‘I felt like akid in front of them’: Work Organiza-tion and Human Life Cycle in Indo-Ger-man Software Programming. In: Behal,Rana/Mah, Alice/Fall, Babacar (eds.):Rethinking Work. Global Historical andSociological Perspectives, New Delhi(Tulika), S. 9-22.

Vogel, Berthold (2011): Der Sozialstaatbraucht starke Kommunen. In: Sozial-verband VdK, Nordrhein-Westfalen(Hrsg.): Lohn-Arbeit. Sozialstaatserneu-erung NRW. Düsseldorf, S. 15-19.

Vogel, Berthold (2011): Die Furcht vordem Weniger. Welche soziale Zukunfthat die Mitte? In: Sozialer Fortschritt,Heft 12/2011. Berlin (Duncker undHumblot), S. 274-281.

Wolf, Harald (2011): Vorwort. In: Casto-riadis, Cornelius: Philosophie, Demo-kratie, Poiesis. Ausgewählte Schriften,Band 4, hrsgg. von Halfbrodt, Mi-chael/Wolf, Harald. Lich (Edition AV),S. 7-14.