Neue Anforderungen an das Personalmanagement

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E - 60v ER N M E NT + M U LT 1 MED 1 A „In einer Fünftelsekunde kannst du eine Botschaft rund um die Welt senden. Aber es kann Jahre dauern, bis sie von der Außen seite eines Menschenschädels nach innen dringt.“ (Charles F. Kettering, GM Research Corporation). Da raus muss auch die öffentliche Verwaltung Konsequenzen ziehen jetzt! Die ver netzte, kollaborative Verwaltung und Open Government sind in aller Munde doch nehmen wir die Menschen auf dem durchaus beschwerlichen Weg dahin mit? Beschworen werden die Führungskräfte. Sie sol len es richten. Zwar haben sie, ihrVerhalten, ihre Einstellungen und Werte große Bedeutung bei Veränderungsprozessen. Aber eine zu langsame oder gar ausbleibende Entwicklung kann man nicht allein ihnen anlasten. Gefordert ist auch das Personalma nagement. Besonders in Personalbedarfsplanung, -beschaffung, -entwicklung und -führung müssen sich die anstehenden Verän derungen niederschlagen. Die Entwicklungzu Open Govemment, Vernetzung und Kollaboration wird nur glücken, wenn die „rich tigen“ Menschen in derVerwaltung tätig sind. Dienstleistungsorientierung, betriebswirtschaftliche Steuerung alte Hüte. Die vernetzte, kollaborative Verwaltung und Open Government erfordern neue Antworten: Welche Mitarbeiter be nötigtdie künftige Verwaltung, und in welchem Mix? WelcheAn forderungsprofile müssen besetztwerden? Wiegewinnt man die entsprechenden Beschäftigten? Welche Personalentwicklungs maßnahmen braucht es, wenn Verwaltung sich zu einem of fenen, kollaborativen System entwickeln will? Wie geht die Ver waltung mit den „Digital Natives“ um, deren Wertegerüst zum aktuellen Verwaltungssystem noch nicht so ganz passen will? Wie unterstützt man Führungskräfte dabei, ihre Rollen zu über denken und in Teilen neu zu definieren? Diese Fragen müssen die Fachleute im Personalmanagement in engerAbstimmung mit der Führungsmannschaft beantworten. Eins ist sicher: In der vernetzten, kollaborativen Verwaltung nimmt die Rollenvielfalt zu. Die Beschäftigten sind zwarweiter Sachbearbeiteroder Führungskraft, aber auch Auftraggeber und Auftragnehmer, Auftragsmanager, Partnerin Leistungsprozessen und Kooperationsmanager. Die Orientierung an fixen Problemlö sungen und Zuständigkeiten nimmt ab, Problemlösungskompe tenz wird wichtiger, genauso wie Denken und Handeln in Prozes sen und Rollen (nicht mehr in Strukturen und Stellen). Die Bereit schaft, Verantwortung für Ergebnisqualität zu übernehmen, auch ohne allein Produzent zu sein, muss sich entwickeln. Wichtig wird die Fähigkeit, Kooperationen partnerschaftlich zu gestalten, von anderen im Prozess zu lernen und ihre Lösungsansätze zu akzeptieren. Die Verwaltung braucht mehr als heute Generalis ten mit IT-, Prozess-, Projektmanagement- und Steuerungskom petenz, weniger Produzenten mit ausgewiesener Fachkompe tenz. Das Personalmanagement muss sich dem stellen. Im Re krutierungsprozess muss verschärft darauf geachtet werden, dass neue Mitarbeiter die skizzierten Fähig keiten mitbringen, und die Personalent wicklung ist entsprechend zu gestalten. Mit Web 2.0 und Open Government stellen sich zusätzliche Fragen. Die kompetente Nutzung von Web 2.0-Werkzeugen in der Kommunikation mit dem Bürger und in Arbeitsprozessen will gelernt sein. Schon die Präsenz in sozialen Netzwerken erfordert mehr als die „Erobe rung“ eines zusätzlichen Kommunikationskanals durch die Öf fentlichkeitsarbeiter. Vielmehr müssen alle Mitarbeiter lernen, die „Gesetzmäßigkeiten“ und Regeln der sozialen Netzwerke zu akzeptieren und sich ihnen gemäß zu verhalten. Vornehme Auf gabe für das Personalmanagement: Personalentwicklungsmaß nahmen anbieten, die die Mitarbeiter befähigen, kompetent mit den neuen Medien umzugehen. Lohnend ist die Fähigkeiten der Digital Nativeszu nutzen, die es heute schon in jederVeiwaltung gibt. In diesem Kontext muss man auch fragen, ob die Menschen in Verwaltung und Politik „fit für Open Government“ sind. Die Öff. nungvon Staat und VerwaltunggegenüberderBevölkerung und der Wirtschaft, die Bereitschaft, sich für Impulse, Diskurs und Vernetzung mit Bürgerschaft und Wirtschaft zu öffnen und die „Weisheit der vielen“ in Entscheidungsprozesse und die Suche nach Lösungen zu integrieren, istwohl die größte Neuerung. Und so erfordern die vernetzte, kollaborative Verwaltung und Open Government nicht allein neue Fähigkeiten. Beschäftigte müssen auch ihre Einstellungen und Werte ggf. weiterentwickeln. Offen heit Vertrauen, Respekt Anerkennung, Fairness und Toleranz sind Werte, die die Menschen benötigen. Wissen teilen als be reichernd zu erleben ist besonders anstrengend. Und doch wer den die Menschen in Verwaltung und Politik lernen müssen, Wis sen gemeinsam zu entwickeln, den Reichtum dervielen in die Produktion von Ergebnissen einzubeziehen. Entsprechend muss das Personaln~anagement nicht nurMaßnahmen entwickeln, um Fähigkeiten für neue Rollen zu vermitteln. Unabdingbar sind ver haltensorientierte Trainings, in denen das „Selbst-Bewusstsein“ für die eigenen Werte geschärft wird und Angebote fürVerände rungen gemacht werden genauso wie ein Coaching von Füh rungskräften, die sich nicht mehr allein auf formale Macht beru fen können, sondern durch Fachkompetenz, Überzeugungskraft sowie kommunikative und soziale KompetenzAutorität erlangen werden. Als Fazit bleibt: Auf dem Weg zum transformierten Gemeinwesen hilft nurzweierlei: Lernen und Oben! K Liabora iveVerwal Anforderungen an das Personalmanagement ng und Open Government: VITAKO Bundes-Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen IT-Dienstleister eV. DR. MARIANNE WULFF, GESCHÄFYSFONRERIN VON VITAKO, BUNDESARBEITSGEMEINSCHAFT DER KOMMUNALEN IT.DIENSTLEISTER E- V. 48 innovative verwaltung 4/2011

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E - 60v ER N M E NT + M U LT 1 MED 1 A

„In einer Fünftelsekunde kannst du eine Botschaft rund um dieWelt senden. Aber es kann Jahre dauern, bis sie von der Außenseite eines Menschenschädels nach innen dringt.“ (Charles F.Kettering, GM Research Corporation). Daraus muss auch die öffentliche VerwaltungKonsequenzen ziehen — jetzt! Die vernetzte, kollaborative Verwaltung und OpenGovernment sind in aller Munde dochnehmen wir die Menschen auf dem durchaus beschwerlichenWeg dahin mit? Beschworen werden die Führungskräfte. Sie sollen es richten. Zwar haben sie, ihrVerhalten, ihre Einstellungenund Werte große Bedeutung bei Veränderungsprozessen. Abereine zu langsame oder gar ausbleibende Entwicklung kann mannicht allein ihnen anlasten. Gefordert ist auch das Personalmanagement. Besonders in Personalbedarfsplanung, -beschaffung,-entwicklung und -führung müssen sich die anstehenden Veränderungen niederschlagen. Die Entwicklungzu Open Govemment,Vernetzung und Kollaboration wird nur glücken, wenn die „richtigen“ Menschen in derVerwaltung tätig sind.Dienstleistungsorientierung, betriebswirtschaftliche Steuerung— alte Hüte. Die vernetzte, kollaborative Verwaltung und OpenGovernment erfordern neue Antworten: Welche Mitarbeiter benötigtdie künftige Verwaltung, und in welchem Mix? WelcheAnforderungsprofile müssen besetztwerden? Wiegewinnt man dieentsprechenden Beschäftigten? Welche Personalentwicklungsmaßnahmen braucht es, wenn Verwaltung sich zu einem offenen, kollaborativen System entwickeln will? Wie geht die Verwaltung mit den „Digital Natives“ um, deren Wertegerüst zumaktuellen Verwaltungssystem noch nicht so ganz passen will?Wie unterstützt man Führungskräfte dabei, ihre Rollen zu überdenken und in Teilen neu zu definieren? Diese Fragen müssendie Fachleute im Personalmanagement in engerAbstimmung mitder Führungsmannschaft beantworten.Eins ist sicher: In der vernetzten, kollaborativen Verwaltungnimmt die Rollenvielfalt zu. Die Beschäftigten sind zwarweiterSachbearbeiteroder Führungskraft, aber auch Auftraggeber undAuftragnehmer, Auftragsmanager, Partnerin Leistungsprozessenund Kooperationsmanager. Die Orientierung an fixen Problemlösungen und Zuständigkeiten nimmt ab, Problemlösungskompetenz wird wichtiger, genauso wie Denken und Handeln in Prozessen und Rollen (nicht mehr in Strukturen und Stellen). Die Bereitschaft, Verantwortung für Ergebnisqualität zu übernehmen, auchohne allein Produzent zu sein, muss sich entwickeln. Wichtigwird die Fähigkeit, Kooperationen partnerschaftlich zu gestalten,von anderen im Prozess zu lernen und ihre Lösungsansätze zuakzeptieren. Die Verwaltung braucht mehr als heute Generalisten mit IT-, Prozess-, Projektmanagement- und Steuerungskom

petenz, weniger Produzenten mit ausgewiesener Fachkompetenz. Das Personalmanagement muss sich dem stellen. Im Rekrutierungsprozess muss verschärft darauf geachtet werden,

dass neue Mitarbeiter die skizzierten Fähigkeiten mitbringen, und die Personalentwicklung ist entsprechend zu gestalten.Mit Web 2.0 und Open Government stellensich zusätzliche Fragen. Die kompetente

Nutzung von Web 2.0-Werkzeugen in der Kommunikation mitdem Bürger und in Arbeitsprozessen will gelernt sein. Schon diePräsenz in sozialen Netzwerken erfordert mehr als die „Eroberung“ eines zusätzlichen Kommunikationskanals durch die Öffentlichkeitsarbeiter. Vielmehr müssen alle Mitarbeiter lernen,die „Gesetzmäßigkeiten“ und Regeln der sozialen Netzwerke zuakzeptieren und sich ihnen gemäß zu verhalten. Vornehme Aufgabe für das Personalmanagement: Personalentwicklungsmaßnahmen anbieten, die die Mitarbeiter befähigen, kompetent mitden neuen Medien umzugehen. Lohnend ist die Fähigkeiten derDigital Nativeszu nutzen, die es heute schon in jederVeiwaltunggibt.In diesem Kontext muss man auch fragen, ob die Menschen inVerwaltung und Politik „fit für Open Government“ sind. Die Öff.nungvon Staat und VerwaltunggegenüberderBevölkerung undder Wirtschaft, die Bereitschaft, sich für Impulse, Diskurs undVernetzung mit Bürgerschaft und Wirtschaft zu öffnen und die„Weisheit der vielen“ in Entscheidungsprozesse und die Suchenach Lösungen zu integrieren, istwohl die größte Neuerung. Undso erfordern die vernetzte, kollaborative Verwaltung und OpenGovernment nicht allein neue Fähigkeiten. Beschäftigte müssenauch ihre Einstellungen und Werte ggf. weiterentwickeln. Offenheit Vertrauen, Respekt Anerkennung, Fairness und Toleranzsind Werte, die die Menschen benötigen. Wissen teilen als bereichernd zu erleben ist besonders anstrengend. Und doch werden die Menschen in Verwaltung und Politik lernen müssen, Wissen gemeinsam zu entwickeln, den Reichtum dervielen in dieProduktion von Ergebnissen einzubeziehen. Entsprechend mussdas Personaln~anagement nicht nurMaßnahmen entwickeln, umFähigkeiten für neue Rollen zu vermitteln. Unabdingbar sind verhaltensorientierte Trainings, in denen das „Selbst-Bewusstsein“für die eigenen Werte geschärft wird und Angebote fürVeränderungen gemacht werden — genauso wie ein Coaching von Führungskräften, die sich nicht mehr allein auf formale Macht berufen können, sondern durch Fachkompetenz, Überzeugungskraftsowie kommunikative und soziale KompetenzAutorität erlangenwerden.Als Fazit bleibt: Auf dem Weg zum transformierten Gemeinwesenhilft nurzweierlei: Lernen und Oben!

K Liabora iveVerwalAnforderungen an das Personalmanagement

ng und Open Government:

VITAKOBundes-Arbeitsgemeinschaft derKommunalen IT-Dienstleister eV.

DR. MARIANNE WULFF, GESCHÄFYSFONRERIN VON VITAKO, BUNDESARBEITSGEMEINSCHAFT DER KOMMUNALEN IT.DIENSTLEISTER E- V.

48 innovative verwaltung 4/2011