Neumann, Musikalische Syntax und Form im Liederzyklus " Die Schoene Muellerin" von F. Schubert

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FRIEDRICH NEUMANN MUSIKALISCHE SYNTAX UND FORM 1M LIEDERZYKLUS "DIE SCHONE MULLERIN" VON FRANZ SCHUBERT Eine morphologische Studie VERLEGT BEl HANS SCHNEIDER· TUTZING 1978

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FRIEDRICH NEUMANN

MUSIKALISCHE SYNTAX UND FORM

1MLIEDERZYKLUS

"DIE SCHONE MULLERIN"VON FRANZ SCHUBERT

Eine morphologische Studie

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INIIALT

X Vorwort ..•.••......•••••••••.•......••.....• , •••

Die regebniU,\igeLinge, ihre innere Struktur .•.•.......•.•...

Begriff der regebni1\igen Linge . • . • . • • • . • . . . . • • • • • • • .

Paarigkeit ••.•••...... . . • • • • . . . . . • • • . • . . • . . . . •

Relativitat der notierten Takte, notierte und ideelle Takte ••..

Aus- und Umbildung der regebnii1\igen Llinge •••........•....

Wiederholungen ...............•••.....•.•.•....

Eingeschobene Einzeltakte, Nulltakte ••....•..•••.....

Streckung •.••.•.....•..•....•....•.....•.••••

Dreitakter .•....••.••..•.•...••..••.•.••..•..

Dreigliedrigkeit, dreiteilige Strophen •..•••••...•.•••..

Besta tpgen •..•..•...•••••...•.•.••.•••...••

Andere Arten von Nachspielen .. '...••....•..••••..••

VonpieJe .

Zwiscilenspiele .•...•••.••.•.•.•••••....•••••••

ISBN 3 7952 0234 5

Die einzelnen Lieder • . . . . . . . • • • • • . • . . . • . • . • . . . • • • • • •. 95

Strophenlieder .•...••••......••....•••••••.... 97

Strophenlieder mit Refrain •.....•••••.•.••••••.... 101

Dreiteiligkeit • • • . . • . • • • • • • • • . • . • • • • .'. • . • • . • • • •• 108

Zweiteiligkeit •..•..•.•.•••••.•.....••.•.•.•••• 12 3

Andere Formen .••.••.•.•.•••.•.. . • • • • . . • • . . . •• 12 6

X . Bewihrung ..•.•.......••...•.•.••..•.•.•••••••.•. 131

X Korrespondenzen . • . • • . • • . . . . . • • • • . • • . • . • • . • • . • • • • •. 135

Co py rl ah t 1 9 78 b y Ha ns S ch ne id er p 8132 Tu tz lng

ABe R e ch te v o rb eh al te n, i ns be so nd er e d ie d es N a ch d ru ck s u nd d er Ob er se tz un g. Oh ne

s c :h r if tUcheGenehml iu l II d e s Ve r la g es 1 st e s a u ch n ieh t Be sl a tt e t, d i es e s u r heb er re c ht -

n ch g es ch Ut zt e W o rk o de r T eU e d ar au s in e in em p ho tomec ha ni sc he n o d er s on st li en

Rep roduk t io n sv e rf ah r en zu ve rv iel fi ll t li e n und zu ve rb r ei te n .

S at z: W . H a rtman n, G a ut ln ge r S tr . 1 9, D 8 03 1 S to ck do rf

D ru ck : D r uc ke re i Me in el t GmbH ,l ck st at ts tr ai e 7 , D 8 00 0 MUn ch en 5

7

11

13

17

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65

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S'lST",:t1 ( )~A. r1USlKAt.;SC.UrN

uNO rlfiA.il-L.. le.ci')l'~/901R H Y T , . f nt Jt

r. L . U . AbP.qtt~rt !w. C. O R \4 1 . 1 - 1 qus

VORWORT

Eine der Linien, die sich in der Entwicklung des musiktheoretischen Den-

kens im 20. Jahrhundert verfolgen lassen, ist die allmihliche Auflosung des

.Riemannschen SystCDlL.Auf dem Gebiet des Rhythmus war es das System

der musikalischen Rhy.thmiJuuul Metdlt, Leipzig 1903, das von Anfiniiii

j'i"o1\en Widsgpwch he!!9.gief d!!_I;Chdie Annahme durchgehender Auftak-

fiikeit i.tder Bildung sowohl der Motive und Phrasen a lS auch groBerer Sit-ze. Dieser Widerspruch hat aber nieht zu wirklich besseren und tragfihigeren

Formulierungen gefnhrt. Insbesondere Riemanns Gedanken iiber den Satz-

bau, die neben Problematischem auch fruchtbare Keime enthielten, gerieten

zugleich mit seinen Ideen iiber die Phrasierung in Verruf.

Der gegenwirtige Zustand mag charakterisiert werden durch einige Slitze

aus der "Melodie lehre" von Lars Ulrich Abraham und Carl Dahlhaus' . Auf

Seite 56 sprechen die Autoren von aer ,,rliythmisch-syntaktischen O " e d?-~ .. als "dem Verfahren, daB sich regelmiBig 2 + 2,4 + 4 und 8 + 8 Taktenach dem Prlnzip der korrespondierenden Variante oder des erginzenden

Kontrastes zusammenschlieBen. Dieser Quadratur wird auf Seite 56 der

"Forts2innunp!X2us" gegeniibergestellt, der ,,anders als sein Gegentypus,

die k1asSls~fiePeriode - nahezu unbegrenzt variabel" is t, . .da er Dicht auf

der Korrespondenz von Takten und Taktgruppen, deren Proportionen ge-

wahrt ble iben mUssen, sondern auf der Remung von Sequenzen , deren An-

zahl verlinderlich ist, beruht. Die Variabilitit aber, die Offenheit fUr EinschU-

be, Dehnungen und Reduktionen, ist eine dec Voraussetzungen fUr den Bln-

druck des Ungemessenen, nicht Abgezirkelten, dec von BachSMeIocilkaus-

~ .. .".Was Riemann noch in einem "System" der Satzbildung vereinen zu kon-

nen glaubte, das 1st hler offenSichtlich in zwei ..Gegentypen" zertallen: aie

..Quadratur" und den ..FortspinnunSS!xp~i. Diese beiden "Gegentypen-'

werden zudem historisch fixiert auf K1assik und Barock.

[Die gegenwirtige Arbeit stellt sich gegenUber solchen historischen Annah-

men auf den Standpunkt des Noch-nicht-Wissens. Sie frig t also gle ichsam

erst: Wie offen ist denn eigentlich Schuberts Satzbau fUr "EinschUbe. Deh-

, K61n 1972

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Eine andere Konsequenz wird aus dem Zerfall des Riemannschen S x s t , J m .da gezogen, wo auf Theorie Uberhaupt verzichtet oder WQ s J A f ; . iDcr aue das

Erfassen eines unmittelbar Ge ti en er'chte eu i tWlf. 0 er t es bei Thrasybulos Georgiades, Schubert Musik und Lyrik I,

as Herausarbeiten von Gesetzen, Regeln, Typen, zwangsliuflgen Entwick-

i~nevorgllnaen ist al s Hauptaufgabe wohl bii"iiiier'ii8~urwissenschaft1iche?oder biologisch iiii'PIiiz. Der GelSt aber als menscjii -

ches erk - und das ist unser Thema - ist nur in se er Unmittelbarkeit zu -

glinglich. (Kunstwerk.!JlU?!J!l!1ismus""der Werdegang e~eJ Kiinstlers als Or-ganisch;: wie verbreitet ist diese Anschauung - undwie verhlingnisvoll!)."

Bei genauerem Zusehen zeigt sich allerdings, da6 Georgiades sehr wohl thee-

retische Begriffe gebraucht, um dieses Geistige sichtbar zu machen. ,,In Zel-ters Lied liegt kein Bau, kein GefUgevor, das mit Schuberts Komposition ver-

gleichbar wire, sondern es wird das aus dem Vorder- und Nachsatz-Schema

bestehende Perioden-Gehause mit dem melodisch-harmonischen Kontinu-

um unter Anwendung eines fortlaufenden Rhythmus ausgeflil lt ." J Begriffe

wie ..Perioden-Gehiuse" und "melodisch-harmonisches Kontinuum" haben

jedenfalls einen ausfUhrbaren theoretischen Gehalt. Dort aber, wo der Geist

wirklich und schlechthin unmittelbar ausgesagt werden soil, mu6 Georgiades

hlluflg zu naturalistischen Bildern wie "das platzliche, stof.\artige Einsetzen

des Kehrre im-Gl ieds" , , jetz t federt, je tz t schaukelt die Begle itung noch

stirker als zuvor" oder "diffuses Ineinander der Ba6tane" o.i . greifen. 4

Typik. Die Redeweise yom ..Vorder- und Nachsatz-Schema"lllBt vermuten,

da6 Georgiades diese syntaktische Typik, ganz ihnlich wie Abraham-Dahl-

haus, auf die Quadratur einschrii .nken machte. Gegen eine solche e .!!! .!! .r te M~I·Okt.

Typik kann er dann scheinbar mit Recht zu Felde ziehen, aber doch nur

schein bar. Letzten Endes zerflint bei Georgiades das Wesen des Kunstwerkes

in einen rationalistisch eingeengten Begriff von Typik und eine dazu kom-

~ J e , pensatorische irrationale Unmillelbarkeit . "Geist" Ili6t sich nicht wohl auf

4;'b' 4- U~mitlel~!.~eit .red~I!'h".~.!g.§!.&en sc:hP.n.s:ioXmnWeio ia1.~"bJ.J.,).A ~'T'liiaarf der Syntax. sQnst wird eszum naturalistiscben Stammelo und

das gilt r o r die sprachlicbe wie r o r die musikalische AU.s.!ase.

Die vorliegende Arbei t grei ft somit aus der FUne der Probleme die Seite

des rhythmischen Satzbaues beraus. Der harmonische Bau der Lieder wird

fallweise berUcksichtigt. Wo das geschiebt , wird auf den alten Begriff des

Stufenganges zurUckgegriffen. Damit soli nicht gesagt werden, daB eine ver-

feinerte Darstellung, die auch die StimmfUhrung einbezieht, keine Berech-

t igung bltte. Stufengang ist 1m Rahmen dieser Arbei t so zu verstehen, da6

er eine vemUnftige StimmfUhru!!l impliziert - wie and£{~mjti.&olmeJltlic:h

gesagt worden m .. da6 Stimmfilhruneanalysei(nach Heinrich §chenk.er..~i~

richtige und sinnvoll!u.bY.thmische GliederqnsJmRntlmn: De r GerUstsatz

der Lieder aus dem Liederzyklus "Die schOne MUnerin" ist Ubrigensweithinverhllltnismli6ig unproblematisch und nicht allzu schwer zu verstehen.

nungen und Reduktionen"? Wenn sich nun in dieser ..Variabili ti t" gewisse

RegelmiBigkeiten zeigen, dann kann auch der GegeDsatz yon ..Qua.dDWu'''

und Fortspinnungstypus" kein so absoluter s . bam:Dahlha.us." is .anzune men scheinen . Damit stel lt s ich aber auch die Frage nach der h ton-

schen Fixierung neu. Eine eingehende Antwort auf diese Frage wird jeden-

falls erst nach eingehenden Vorarbeiten, von denen das Vorliegende nur ein

bescheidener Anfang sein kann, zu geben seine Einstweilen kann nicht genuggewarnt werden vor einer Art von "Epochenmetaphysik", die dozu nelgt ,

neben dem selbstverstindlich zuzugebenden Wechsel des Stils von einer Bpo-

ehe zur anderen dos tragende Durchhalten gewisser Ideen Uberllingere Zeit-

rliume zu unterschlitzen.

Das methodische RUstzeug dieser Studie gibt die Arbeit des Verfassers

"Die Zeitaestaltu,. In gewissem Sinne ist des Vorliegende geradezu eine

Probe aufs Exempel r o r die Brauchbarkeit des dort Entwickelten. --

Unmitte lbarer Anla6 zum Entstehen des Manuskriptes war cine Vorle-

sung im Sommersemester 1972 an der Wiener Hochschule rur Musik und

darstellende Kunst. Unter den Harem dieser Vorlesung zeichneten sich die

Herren Peter Scherff und Robert Wolf durch intensive, krilische Teilnahme

aus. Ihnen sei hiemit besonders gedankt.

8

Selbstverstllndlich ist gegen den Gebrauch solcher Worter und Wendun-

gen nichts einzuwenden. Mif.\ lich scheint lediglich das Ausspielen der Seite

des unmittelbaren isthetischen Eindnu~h reeen die Seite der Regeln und

2 GattiJlgen 1967, Seite 56

I Seite 33

4 Seite 224, 228

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D IE R EG EL M XS SI GE L XN GB . IH RE IN NE RB S TR UK TU R

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f, r .1''''() UY

Begrifl der regelmlijligen Linge

In Schuberts Werken wie aueh in denen vieler anderer Komponisten ver-

sehiedener Epoehen finden sieh hllufig Gebilde von regelmlijlifer Llinge, das

sind Gebilde von 2, 46 8, 16, aUgemein gesproehen von 21, 2 ,23, 24, viel-

leicht auch 25 oder 2 Tuten Unge. Die Anzahl der Takte einer regelmiBi-

gen Unge 1st also dureh eine Potenz von 2 gegeben. '

Solche Gebilde sind meist so orpnisiert, daB der erste Takt die AnCangs-

betonung trAst, der letzte aber die SchiuBbetonung, sie unterscheiden 5ich

dadurch von der Betonungsordnung im einzelnen Takt. Namentlich filr den

~,- geraden Takt gilt bier Folgendes: 1m4/4-Takt sind die ungeraden leiten be-

tont, die geraden unbetont. Bei zunehmender Unterteilung in Halbe, Viertel,

Achtel, Seehzehntel usw. sind diejenigen lihlzeiten oder Teile von llihlzei-ten, die spiter erscheinen, schwlleher betont, als die CrUberauCtretenden,

man k6nnte auch sagen , die Akzente der zuerst auft retenden Werte werden

spiter jedesmal an der entspreehenden Stelle dazu addiert .

o1

. . ~

e ~I e

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I~t t t t C; .-

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t [ [ r c • r I r . ..I

f ~ J It r , .. . , of

Be isp iel I

, D ie Z eI 18 es ta lt , S ei te 2 Sf

13

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Wnrde man sich die regelmilf.\igenLingen als GrofJ tak te , analog zur Beto-

nungsordnung der Einzeltakte, vorstellen, so mUf.\te----?t

1/ v ~

~ " ~() ode,

.t. If, ., III' .. .le c

"() e

"0

~ .t., If t , . .

Beispie l 4

@ entweder der erste Takt den sti lrksten Akzent bekommen, der letzte

Takt wire dann unbetont:

f . ,oder0 0 0 0

• ",

II

• ., ¥ . ,0 0 0 0, 0 i 0 0• I. J

., r !l- I

Be i sp i el 2

Ac:ht Takte kOnnen aber auch durch lwei schlief.\ende Widerspruc:hsak-zente in 4 + 4 gegliedert sein:

~o4

o.t.

y

if® Oder der le tz te Takt wUrde als Triger des sti rksten Akzentes vorge-

steUt, dann wire der erste Takt unbetont:

Beispiel S

. , ~ oder0 0 0. 0

"J II

. ,

"~ 1/

,0 0 0 0 C i 0 9 t>.z ,

, If r r "

Be isp ie l 3

Oberwiegt dagegen die ~s!e,igeJ!~ auf den letzten Sc:hwerpunkt hinzielen- Zde Ordnung, so ist es der erste Takt, der gegen die metrische Ordnung anen-

tuiert wird, er bekommt einen a nh e be n de n W id e Tl Pr u ch s ak z. YJ t· :- - _ .. -"_ _ .._ - - . .--------

14

s : v ~0 0 i 0 oder2- t 1

r " II " 60 c > 0 0~

0

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s: '" fI s: y ~0 0 0 0 0

"0 ()

z . ,If s:

" l-,

"

Beispiel'

• S.Slf

IS

Wit nennen diese Betonungsordnung die)ne_tr i sche . Orfenbar bringt nun

unser zeitaufrassendes Vermogen es fertis. bei grof.\eren Ausmaf.\en diese bei- J

den Horweisen zu verbinden. Oberwiegt dabei a) als (g . ! l en_d! .an den ersten /J

Akzent sich knliprende Ordnung, so wild der letzte Takt gegen die metrische

Ordnung, die ibn unbetont erscheinen lieBe, betont, er erhilt einen Ichlie-pe nde n W lde ! ,!pr :u chla~:e ~" : _--

. , S . 4 9

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Die Seite der Gliederung durch konkrete musikalische Inhalte isl fill' un-

ser Problem, wie man sieht , von Belang. Bei deutUcher Gl iederung in 4 + 4Takte erhalten in jedem Fall die Takle lund 5 Anfangsbelonungen, die

Talcte 4 und 8 Schlu6betonungen. Bel GUederung in 2 + 2 + 2 + 2 Takle wilr-

de dos bedeuten, daB die Takte I, 3, 5 und 7 Anfangsbedeutung und damit

einen Anfangsakzent bekommen, die Takte 2, 4, 6 und 8 dage8en Schlu1\be-

deutung und damit einen Schlu1\akzent.

~~~I.,~ ~et'

PQQrigkeit

-- /-- -

v

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0 0 0J • r

lo,

Zwei Zweitakter werden hliufig paarig zusammengefaBt durch oCfene

weibl;che_~ndung beim erst en, abrundende minnl iche Endung beim zweiten

Zweitalcter 10-;-fIo4

oder

", •o4

Be is pie l 7._-_._j '_.. . .-1.----- - .

,:twe.a+~e.+e,..l B ei sp ie l 9 , N r. 2 , T . 3 r r

r AnCangs- und Schlu6akzente und andere auf Anran8en und Schlie6en

: sich beziehende Verhiltnisse der Akzentuierung machen zusammen die

rhylhmilche Belonunglordnul1&. aus. Unsere Beispiele zeigen, wie sich die

rhythmisc~e ~e~o..~~P.2~~~~ ~t der m.~J.;1':~..m.@!'~4_~tzi..RiiYih-iiiiSdler=xnfangs- uno ScblU6akzent sind gleiC6jewichtig zu denken. Beispiel

7 k6nnte , wenn man nur den Aspekt des rhythmischen Gleichgewichts er-

fa1\t und den EinnuB der metrischen Belonungsordnung ausklammert, auch

sogeschrieben werden • :

Von weibUcher Endung sprechen wir, wenn der SchluBtakl - bier also

der zweite Takt des Zweitakters - die Harmonie festhilt, die Melodie sich

aber nber der ausgehaltenen Harmonie weiter bewegl, z. B. eine Dreiklangs-

brechung oder einen Vorbalt ausfUhrt o. i. Auch blo6e rhytbmische Unler-

teilunggenOgt, urn die weibliche Bndun8 klarzustellen. Bei vier Zweitaktem

kOnnen die ersten drei weibliche Bndungcn haben, der lelzle, abschlieBende

kann minnlich enden.

~ ~ ~ ~

L - 'b 0 0 0 0 0 " 0 0

C > ( t o . , ~o.c:.()ttVt ofl""e. .leM. ~:rv:~&~u ~;uow.wt"·,)~,

Be is p ie l 8

, 8 . 3 710 8.41

1617

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..

. ",

Be is p ie l 12 . Nr. 19 . T. 3 IfBeispiel 10,Nr. 6.T. S rr

Es k6nnen aber auch der erste und dritte Zweitakter weiblich, der zweite

und vierte minnlich enden. Der paarige ZusammenschluB der beiden viertak-

tigen Abscbnitte kann dann bewirkt werden durch das Verhlil tnis von Halb-

schiuB im vierten Takt und GanzschluB im achten Takt (Ober die Modula-

t ion am Ende von Beispiel I0 und 11 siehe S. 98 und 125).

SchlieBen derartige Gebilde mit einer deutlichen Kadenz ab, so sprechen

wir von Siitzen. Perioden oder, bei vier Takten, auch von Sitzchen. Halbsit-

zen o.li.

Vier Takte k6nnen auch so organisiert seln , daB mit zwei Einzel tak ten

ein abschlieBender Zweilakter korrespondiert. II•

Beispiel 13 a),Nr. 3,T.23 rr

Be is p ie l 11 , Nr. 10.T. S rr C :I I V I I n .r V IJ •

Es kann aber auch ein SchiuB in der weniger schluBkraftigen Terzlage mit

einem SchluB in der Oktavlage korrespondieren.

Be is p ie l 13 b ) . Nr. 3. T. 46 rr

Bei 8 Takten kann dieses Verhil tni5 verdoppel t werden . Bei Beisp ie l 14

sind die notierten Takte in je zwei ideeUe Takte geteilt zu denken (siehe

nichstes Kapitel) .

.. S.44f

18 19

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~ ,....... ,_._..,...__ ..--"I I"'" ~

w : m r If F & & 1 ( , N ! f I r llr ~E':! v , . I f _

~

.tJ Beispiel IS b ), N r. 7 , T . 1 9 ff

Y J I

Be is pi el 1 4 ,N r . 2 0 , T . S ff

Bei Beispiel IS b) Iiegt es nahe, neben der deutlich spilrbaren Gliederung

in 2 + 2 + I + I + 2 auch die Gliederung in 2 + 2 + 4 zu baren. Zur Ver-

schmelzung der Takte S bis 8 tragt bier auch der Hannonieverlauf bei. Bei

viertaktigen Abschnitten, die weder deuUich in Zweitakter gesliedert wer-

den k6nnen noch sich als 1+ 1 + 2 verstehen lassen, Ubemimmt gew6hnlich

der dritte Takt die weiterdrlingende Funktion, im untenstehenden Fall mU-

tels des : -Vorhaltes tiber der V. StuCe.

Es kann aber auch nur die zweite HiICte so organisiert seln, also 2 + 2 + 1

+ 1 + 2.

(, : IV v, 1 1 t:;\ r ,1 ' \.y l

'fit.;t&_ o\"o.CJ..~w.o\eBe is pl el !6 . N r . IS, T . 7 7 ff -C" o . ,. _.

1 t' "".....r01.4 •

Unter den S-takUgen Sitzen oder Abschni tten k6nnte man bier diejeni ·

gen anschl ieBen, bel denen der drit te Zweitakter a ls emziger eine oCCene

weibliche Endung hat.

Beispiel IS a ), N r. 1 9, T . 2 9 rr

I I : 1 11 -

•Beispie117, Nr. 4. T . 2 8 r r

2021

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Reltztivitiit der notierten Takte, notiene und ideelle Takte- -

Viertakter konnen zwei notierte Takte beanspruchen und dann iuBerlich

wie Zweitakter aussehen, der SchluBakzent fall t aber in diesem Fall in die

Mitte des zweiten Taktes.

Bei Beispiel 17 und vorher schon bei Beispiel 14 war angenommen wor -den, daB jeder noUerte Takt zwei ideelle Takle enthiil t. Man muB bei rhyth-

mischen Untersuchungen grundsitzlich damit rechnen, daB die Zahl der no-

tierten Takle gegenilber den ideeUen Takten entweder verd02pelt oder hal·

biirt8an kann. Zweitakter. also Ge6Uae. die aus K e r n und miinnlicher oder

weiblicher Bndung, mil und ohne Auftakt. bestehen, konnen dann entweder

nur einen not ierten Takt beanspruchen, so zwar, daB der SchluBakzent in

die Taktmitte kommt. Beachte bei untenstehendem Beispiel den Harmonie-

wechsel in der Taktmitte.

Beispiel20.Nr. 14.T. S rr

Die GJiederung in I + I + 2 Takte wird zur Gliederung in 1/2 + 1/2 + I

Takt. vergieiche Beispiel 14.

~rv-----r-

f't 1 1 : ' 1 :: t . ;11I f l;J ~.;~q

H : V I V I·

Solche in die Taktmit te geschobenen SchluBakzente kannen aber ande-

rerse it s eine i ihnl iche Rol le bel der paarigen Gl iederung spielen, wie die

weiblichen Endungen. Der Verlauf der Harmonie stellt im untenstehenden

Beispiel den HalbschluB in der Mitte des zweiten Taktes klar.

Beispiel 18.Nr. 17,T. 43 ff

Oder sie konnen vier notierte Takte ausfiil len. Der SchluBakzent kommt

in diesem Fall in den drit ten not ierten Takt zu steben (vgl. dagegen Beispiel

16).

1m Dreivierte ltak t kann ein solcher SchluBakzent auch auf das zweite

Viertel des Taktes zu stehen kommen.

Belsple119,Nt.1S, T. 36 ffB ei sp ie 12 2, N t. 6 , T . 2 3 rr

22 23

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rim v ors te he nd en w i e i n d en v ora ng eh en de n B eis piele n is t e s d er H ar mo -

n le v er la u f, d e r d e n Sc hl uBa kz en t . kl ar st el lt u n d so zu s ag en e rz eug t. Un te r g e -wohn li ch e n Ums ti in d en wa r e e s f al sc h. d ie se n Sc hl uf .\ ak ze nt n o ch z us ii tz li chdu rch d yn am ische M ittel hervo rzu "beb en. .

AU S- UND UMBI LDUNG DER REGELMXS SI GE N LANGE

I

Ii

24 2S

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Wiederholungen

Bei Strophenliedem kannte die Melodie der Strophe 8 oder 16 Takte

lang sein und als ganze wiederhol t werden. Bei Schubert kommt dieser Fal l

nur sehr selten vor (vgl .. . Trinklied·" Band VII der Edi tion Peters , Nr. 30).

Ein zwei taktiges Vor- und Zwischenspie l t rit t zur 16-takt igen Strophe bei

Nr. 13, ein viertaktiges Vor-, Zwischen- und Nachspiel bei Nr. 1 der MiUler-

lieder.

Bei 8-tak tigen Sitzen oder Perioden kannen beide HIlften wiederholt

werden.

B e is pi el 2 3, N r. 3 , T . 3 8 ff

27

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Es kann aber auch nur die zweite Hilf te wiederholt werden, also 1-4

1:5-8:1, gewlShnlich werden in diesem FaU die Schliisse der AufsteUung

der Takte 5- 8 und der Wiederholung derselben differenziert durch Ten-

lage - Oktavlage oder durch eine ausdrucksvol lere Variante der Melodie

oder durch beides (Beispiel 24 a) ). Bel Beispiel 24 b) wird dieselbe Wirkung

erreicht durch ein vereinfachendes Zuriicknehmen der Takte 52- 62, das die

Takte 72 -82 als abschlieBende Steigerung erscheinen liBt, obwohl sie den

Takten 71-81 wlSrtIichgJeichen.

Be is pi el 2 4 b ) , N r . 18,T . 4 0 r r

Bei der Zlihlung der Takte von Beispiel 24 b) wurden die notierten Takte

zugrunde gelegt. Wollte man die ideellen Takte zahlen, so kame man auf die

doppeUe Taktzahl. Fiir die verdoppelnde Wiederholung der zweiten Hilfte

eines Satzes macht das keinen Unterschied.

Das dritte Viertel e ines Satzes wird wiederhol t bei Beispiel 25 a). Derganze Satz wird am Ende nochmals gebracht, dabei werden Aufstellung und

Wiederholung der Takte 7- 8 di fferenziert durch das Verhaltnis von Trug-

schluB und GanzschluB (Beispiel 25 b) ). Auf eine andere Art des Trug-

schlusses stOtzt sich Beispiel 25 c). 12

B e is pi el 2 4 a ), N r. 1 9, T . 4 9 rr

~~" J. J ~

~\tf#:"1·tp@-11~r ~ '. i £ m\,,~~

~ 'flr t H l Q f 1 J E ' - 1 1 l

•2 S. IS 1,melodischer TruBSChluB

28 29

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Bei Beispiel 26 liegt ein 16-taktiger Satz zugrunde, dessen vier viertaktige

Abschnitte je aus einem weiblich und einem miinnlich endenden Zweitakter

bestehen. Das dritte von diesen viertaktigen Gliedern hat Spannungsfunk-

tion, das vierte abschlieBende wird last wortlich wiederholt.

Beispiel2S a), Nr. 6, T. 22 rc

Beispie12S b), Nr. 6, T. 49 rr

Beispi~126. Nr. 2, T. 3 rr

Denkbar wire ein Viertakter, dessen zweite Hlill te wiederholt wird, 1-2

(:3-4:1, die "Schone MiUlerin" bietet daffir keinen Beleg. Wohl aber lindet

sich - mit e iner zusatzl ichen Dehnuns, d ie wei ter unten besprochen wird -

die Wiederholung des zweiten und vierten Zweitakters eines achttaktigen

Satzes, 1-2 (:3-4:15-6 (:7-8:1Beispiel 25 c), Nr.17. T.13 ff .

30 31

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Deutlich la6t sich an unseren Beispielen beobachten, wie die Aufstellung

eines Formgliedes und seine Wiederholung in ein paariges Verhliltnis treten,das sich mit der paarigen Zusammenordnung der Glieder im 8-taktigen Satz,

wie sie vo r der dehnenden Wiederholung angenommen wurde, mWtelos ver-trigt.

Be isp ie l 27 . Nr. S, T. 46 ff

r .A~

rI-

" 1 2 ~eo.. .ee IQ.~~ ~ r-=-I ,r-'-I _ . . _ ,

~ . . . . - . . . ~ ~ .f-0 0 0 e

"0 0 2 0 0 0

" f o ' L l . . J J . A l e e 1 /"1, 3 I( 5'.

"1. Ji, ,~?..Ii 4

~~

~ ,,- ~10 Il~ T.~

, . . . . . . _ . ,..-.,.... ~ _ . . _ ,0 0 e 0 e

" " " "Q

f , , " 1 . U . . . O e e T.1 Z. ) If r , ';. I.

jI" ' L'I'-

Beispic128

Stellen wir die bisherigen Fille von Dehnung durch Wiederholung mit ei-

n igen erliutemden Zwischengi iedem in einer Reihe zusammen, wobei wirnur die achttaktigen Flille berUcksichtigen:

Be isp ie l 29

1 8( : 1 8:J

\~1:1 4:1 1:5 8:1 Beispiel 23

\ ~, 1 4 (:5 8:) Beispiel 24~(:1-2:J (:3-4:1 (:5-6:1 (:7-8:). t)'

' "1-2 (:3-4:] 5-6 1:7-8:1 Beispi~1271-2 3-4 5-6 (:7-8:1 Beispiel 25, 26

Von g~~ler Wichti,gkeit ~ das Ver~t~~~~A.i~JC!r Ve.rh~.ltlJjss~er..Ub.er-uncf1iilt'erordnung sind die im Text angegebenen Verhliltnis~_!1er Differen-

iieiung durch lilUlD.Q.nisch-lJlelpdiSclul..M.i1t.cl.Die paarige Verdopplung be-zieh t sich bei Beispiel 29 auf das zwei te Gl ied eines ursprfingiichen Paares

von Zwei- oder Viertaktem, sie dient vielfach dem Unterstreichen einerSchlu6wirkung.

3233

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Was die Zlihlung der Takte bet ri ff t. so emplieh lt es sich hier , rea le von

formalen Takten zu unterscheiden. Die erste Zelle von Beispiel 29 hat dem-

nach 12 reale Takte , die durch verdoppelnde Wiederholung der formal en

Takte S - 8 entstehen, d ie zwei te Zeile von Beisp ie l 29 hat 10 reale Takteu sw,

Die inhaltl iche Verwandtschaft der Takte S - 6 und 7 - 8 konnte man

durch folgende Schreibung andeuten: 1-2 3-4 S - 6 = 7- 8.Auch un-ter den rein instrumentalen Siitzen linden sich Beispiele fllr dieses Verhalt-nls, vergleiche das Vorspiel von Nr. II.

1 ( b . v . v C,cup,.:)\·1:

Yon den Fillen der.'pe~l. .~er rege~~l. \igen ~Ii~ge d~rch Wieder~o-lung sind die zu unterschelden. bel denen die regelmal.\lge Linge durch Wle-

r""lu.nJQJ~ derholung eines Gliedes herge .gel l t wird. Namentl ich bei Strophen mit drei

oder zweimal drei Zeilen kann die drit te oder die dritte und sechste Text-

zel le wiederhol t werden, so daB der Komponist dann vier bzw. acht Zellen

zur VerfUgung hat, die sich leicht bei der Vertonung in einen 8-oder 16-tak-

t igen Satz gieBen lassen. Die Wiederholung der Textzeile gib t in solchen

Fiillen AnlaB zu einer mehr oder weniger freien, oft sich nur auf die harmo-

nische Grundlage beziehenden Wiederholung auch des musikalischen Inhal-

tes, die dann durch ihnl iche Mit te l di fferenziert werden kann, wie vorhin

die dehnende Verdopplung eines Gliedes der regelmiil .\ igen Liinge. 1m un-

~r"'ht)t<~4nstehenden Beispiel ist es der.Tru8..~!!l~'_in den Sextakkord der Tonika,der zur DifCerenzierung benUtzt wird, iihnlich wie bei Beispiel 2S c).

,..-v---J~

> - I

ttHp/1r

Be i sp i el 30 , Nr. 16,T. 6 rr

3 S

34

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/r"ceeour~o p . o e . e ' o,.v..u.OI..U·~ ~ cedeu.~ ~

co.wk h.u.cJ.~. ,< E ' Q .

r-r~~ c . e . . , _

A e e " ' e . .

Ill> , - . . (11)CL Q.

~:"-. . . . . . .+-+~ •

-~

.,. _

~.

.~.

., .

- - - r~TT' ·n-'~·-

Titii"

i=

~ . , . . , .~

Beispiel 31 e), Nr. 2. T. 33 c r

Inhal tl ich konnen also solche eingeschobene Nul ltak te sich an das Vor-

ausgehende bestit igend anschlie&m oder das Folgende ant iz ipieren oder

38

doch vorbereiten. Das le tz tere is t namenUich da der FaU, wo der NuUtakt

zur Reprise zurnckleltet. Die Begleitfigur setzt im untenstehenden Beispiel

verschrinkt mit dem Schlu i ein.

)~.C;;;~'~r _ p u . . c L . . , c e . ~ e Q , .

s.f-~/).4_

,69+

(fJ)

+t·

I ! t . : . .It....

. . -

. . .

Beispiel 32.Nr. S . T. S 7 C C

39

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Die Strophenmelodie von Nr. 8 is t im groBen paarig angelegt , das erste

Glied des Paares ftlhrt in Takt 10 zu einem HalbschluB auf der V. Stufe,

ein eingeschobener Nulltakt bestatigt diesen HalbschluB inhaltlich. Ober den

inneren Aufbau des ganzen Liedes siehe spater unter den Gesamtanalysen.

Beispiel 34, Nr. 3, T. 23 rr

Das Verfahren von Beispiel 34 findet sich sehr ahnlich in Nr. 17, Takt

42ff. , beide Male kontrastiert der so gewonnene , ,lockere" Teil zu der ihmfolgenden "festen" Reprise. ) .U-Ot..:E'e.

Beispiel 33, Nr. 8,T. S rr

Das unten stehende Schema, das mogliche Stellungen von Nulltakten ver-

anschaulicht, wird man bei Analysen gegebenenlalls flexibel handhaben.

DeiNr. 3, Takt 30ll. trennen die Nulltakte sagar die,einzelnen Zweitak-ter voneinander.

. . . . . -

II - 8 (0) I

1 - 4 (0) 5 - 8 (0) I

1-2 (0) 3- 4 (0) 5-6 (0)7 -8 (0) 1

:..---

usw.

usw.

Beispiel3!

4041

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4. I W J .d J '" 't.b\J.E

d Q e JiI ..,kI chte ~ ...(L

~ " " . : c fC .J e o IV\I:dJ b"QU.4. , M J e e c . ~t.Q.

.,., I, oU've,u 'tt ' . . , u . c . .t Q . . . lM1"'N)<JW~.

~ 1- '

Ellr.§Nh'ON.s

S'reclcung

v tVon der Dehnung des GefDges durch Wiederholung oder durch Einschie-

ben von NuDtakten ist die Dehnung durch S,reclgml. zu unterscheiden, Sie

Iiegt dann vor, wenn der harmo.l)ische Inhalt eines oder mehrerer Ta..kl~JQ_eingeteilt wlrd, dal!_~!..i~g~nnb~r_~~12Jm~h~n..f.aILdht.doppeltc,Llinge

bea~..!.c!t!.!'4 Schon die Dehnung durch Wiederholung war besonders bel

ibSCliIieBenden Zwei- oder Viertaktem zu beobachten. Auch die Dehnung

durch Streckung dient gew6hnlich dem Unterstreichen der abscbliel$enden

Wirkung, sle k~nn dann zusitzlic~_.'"!t de~nder Wied~.tlJolu_l!g..!~~,sein.

rJ

Beispiel36, Nr. I I, T. 89 r r

Am unten stehenden Beispiel 116tsich der FaD leicht verstehen. Der 7 .

Takt n immt bel der Au!steDung den Quartsextvorhalt der V. Stufe mit sei -

ner AuOasung auf, V~ 3' Bei der Wiederholung der Takte 7 und 8 wird die-

ser Inhalt auf 2 Takte aufgeteilt, mit der abschlie6enden I.Stufe verschriinkt

setzt das Nachspiel= Vorspiel ein.

Auf derselben hannonischen Grundlage beruht die Streckung imnichsten

Beispiel, hier sind es die Takte S bis 8, die wiederholt werden.

s;

v t rs~:

, ,-: / s

' 22 Z 1

.. ? I. (0.

I " "\I t r I

J

·.LN' . ,

I.

ra

-14 S.97ff

42

Beispiel 37,Nr. 15, T. 77 ff

43

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Am vorstehenden Fall sind noch interessant die textierten Nulltakte. ; ~r:

"1--1 . .

(~~ ~vti'-t.'~

l- J II. .P '" F t' f' fr ~)? I ~r :..

":: s 0

d-t.~q V ' r { c . c u : rO J . - U ' L o bJWTi --?,:r 't J1--" . . .. .. ..,

J

1m nliehsten Beispiel legen wir jedem notierten Takt zwei ideelle Takte

zugrunde.

-n : 1 1. , . J

v t I

Be isp ie l 39

Welcher Ziihlweise man den Vonug gibt, wird von den Umst linden ab -

hlingen. Hat man, wie bei Nr. 11 naheliegend, vorher schon 2/4-Takte ge -

zlih lt, so wird man sieh an die erste halten, hat man 4/4-Takte.gezl ihl t, soliegt die zweite nliher. 1m Colgenden Beispiel hitte. man die Wahl zwischen

3/S- und 6/S-Takten. Das Vorangehende legt den zweiten Fall nahe.

8

,-J

B ei sp ie l 3 8, N r. 1 1, T . 1 6 r r

Der deutl ich harmonische AbschluB der Kadenz mit der I.StuCe bleibt

hier dem Klavier Oberlassen. Da die I.StuCe zwei ideelle Takte lang ausgehal-

ten wird, mUssen 7. und S. Takt als gestreckt vorgesteUt werden. Nicht un-

m<iglich wlire es aber, statt der Zihlung inideeUen 2/4-Takten die notierten

Takte zu zahlen, dann mUBtejewells drei notierten Takten ein gestreckter 7.und ein S. Takt zugrundegelegt werden. Das foigende Schema steUt die bel-

den Zlihlweisen Ubereinander.

44 4S

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B ei sp ie l 4 0, H r. S , T . 2 0 r r

An Beispiel 36 war schon die Yenchrinku", des Anfangsakzentes des

N~~hspiels mit dem .§£!l.!~"!~~\l.nt.4@r_q~~melodie beobachtet worden. 1mfOlgenden Beispiel knllpCtsich an den SchluBaltzent des gestreckten Viertak-

tors d ie viertakt ige Rl lcklei tung zur Reprise. Gestreckter Viertak ter und

RllckieituDg machen zusammen 8 Takle aus, der SchluBakzent der PhrasefiUt auf den S.Takt, also indie Mitte der regelmliBigen Unge.

B ei sp ie l 4 1 , H r. II , T . 5 6 r r

Zwei verschiedene Deutungen liBt der folgende Fall zu.

r

.",., ~

.1

J:I nJ

46 47

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1m harmonlschen Verlauf gleich t das Beispie l dem unter Beispie l 39 ge-

zeig ten Schema und kannte daher als Streckung eines 7 . Taktes verstanden

werden. Die Textierung legt aber nahe, die Streckung schon mit der le tz ten

Hebung der Zene ..und das liebe Midchen sagt" beginnen zu lassen; diese

aber kommt auf den Beginn des 6. Taktes zu stehen. Entscheidet man sich

fiir einen gest reckten 7. Takt , so bekommt die TextsUbe "al (len)" den stl ir-

keren Akzent. Entscheidet man sich dagegen fUr einen gestreckten 6. Takt,

so wird das Textwort . .aUen" auftakt ig verstanden und "ei(ne)" bekommtden stlrkeren AJezent.

r

Und tIM lie • be M4d - chenn 1IIgt~

, . ,r ~ r c 1 r

I I I - ,.len

Ohnt Slrtclcung:

r

t t Cl

r

tl • nt III •ItNllchl.

t r r ~I Beispiel 43Und dill lit· bt Mild - chtn ItIgI

., . ,r ~ r c lrei- ne III•It Nllchl.

1Il-ltn

Fll r welche der beiden H6rweisen man sil :h auch entscheidet, in jedem

Fall bekommt der Beginn der Streckung einen stitkeren Akzent, er wirktiiberhohend. .. -- -_-.' -_.__ ._ .._-_ ..._. ,.

.:~ ..-=:-

Mil Strechmg:Auch vor Halbschlllssen findet sich die Streckung.

r I ~- . ._C ~ Ir ~ r ~Ir r 'Ir r ~IUnd dill lit • beM4d·chen IIIgt • • 'len

",

r ~r ~ I ret- -neIll'te Nllcht.

/ /{f-----

8elsple l42, Nr. 5, T. 52

IS 8.100

4849

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r

.. t

Beisp ie l 44 , Nr. 16 , T . 14 r r

II . .

I",. ,. . . . .

~ ~ *$':_ ~.:- - $: q - : :

I -- I

Unsere Deutung geht von der Annahme eines gestreckten 3. Taktes aus,

analog zum gestreckten 7. Takt vor GanzschlOssen.,

,f J,. 1 " r

., ;~ li.PNO lr f ~ 1 r it

/I . . . . .

. .I ....,. 'I II'"

" . . . . . I ! . f $

. . eo

- iii

Wird dagegen die halbschlieGende V. Stufe se1bst oder in anderen Fillen

die schlie6ende I.Stufe gedehnt, so muG der lettte Talct des Viertalcters,also ein 4. oder, 1m unten angefilhrten Fall, ein 8.Talct als gestreckt ange-

nommen werden. Die Ahnllchkeit mit einer Fermate liegt auf der Hand.

Beispiel 46. Nr. 12. T. 63 r r

Beispie14S, Nr.19. T.ll r r

Einen merkwilrdigen Fall fiihren wir zuletzt an.

Die Deutung geht von der Annahme aus, daf.\ im zweiten Takt der Akzent

gegen den notierten Takt urn eine halbe Note verschoben ist . "Rat ionali-

s o Sl

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siert" man die Fermate als ganze Note. so renkt sich diese Verschiebung wie-

der ein. 6. und 7. Takt sind nach unserer Auffassung zu vier Takten ge-streekt.

J e . iltl'~PtTTVTo e' V\'yfc, C<wJ-C. ~",oeu.. ..~~ f : o

0 1 ' . M . . L .; .; A ( :) co o~· ~.""e at ee h .; ~T+v(0 .

Es folgt eine schematische Obersichl tiber die angefUhrten FUle.

Dreitakter

Das Schema von Beispiel 47 legt der Streckung vierTakte zugrunde. die fUr. ,J, J 1 - oder r ,

~ ~ BIp.4Sgewohnlich zu fIlnf. manchmal auch zu sechs Takten werden. In einer Reihe

f l- f. . . , von FiUen konnte man aber auch von zwei Takten ausgehen. die zu drei

Takten gestreckt werden. Zahlen wir diese Takte mit 7 und 8. so ergeben

,f ~ i- "oder r (,

~ 1sich folgende Moglichkeiten:

Blp.]6.,'"

. , . . c .

~Blp. 37,40,44

1 - I t: Blp.4S,f ~

r f,~

I BIp.41 ..

~ - - ;A

. . . , ~ r- ~ Blp. 36, 37, 38, 39D.( .z . . . If r , 1- I " "

.% .

~(,J.. r I Blp.42, ,.....1 Z

r BIp.]8,42 . ,; . c : : :

"f .t. ) IfBeispiel48

r i- ~ I Blp. 42 , 43

f "- In allen diesen Fillen bekommt der achte Takt den SchluBakzent.

Eine Relhe von dreitaktigen Bildungen kntlpft sich aber auch an Anrange.

r r , . . ? - 8 Blp.46 Obertr iigt man das Schema von Beispie l 48 auf die Takte 1und.2. so_e~bt~ s.!£b12Jge~!~.]ljr<fr-·---·--·--· ...---- ..-- . .. .-.

" ..t. J I(

r • • ...-...A--\~Beispiel47 . ,

~ 1 : : - J., 1).... ., .~. ., It. .. . . . . , .:=

.. .

Beispiel49

5352

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fI

Man vergleiche nun zuniichst die beiden untenstehenden Beispiele,

~I r . ,

,..-y"

::t:.i4J rAch,

stan:

wieist meinArm 10schwachl

& U·J'I

r ~ Ir ~ r c .1

r1

Ach, wieut meinAnn rOlchwachl

'r r f c , I r : c r r Ir ~ r rFriihling, sinddill ai- tedei "ne Blii"me "lein?

ftatt:

Ach, wle 1st meln Arm so

.£ 4 "

schwach. was ich he" be, wasIch Ira" ge

F riih " ling,

B ei sp ie l 5 0 a ). N r. 5 , T . 2 5 ff

c , ~ t. ~I r : e r r Ie , rFriihling, sinddtU I II " Iedel- ne Blii- me -Iein ?

Be i sp i el 51

Mittel dazu isf in beiden Fiillen die Streckung des Auftaktes von der Un-

ge eines hatben Taktes zur Unge eines vollen Taktes. Die betont~..!~_i~

nimmt aber dem folgenden Takt das Gewicht we8_!1ndes-wi ikeniiun die

beiaen ersfen Takte wie ein gestreckter erster Takt:sinddas al" Iedei •n e Blii "me ·Iein ?

3 4

r r e G 1 F ' C & f E J I D r ? · 1 -

"

.t.

r . ,i c I" r ~ r ~IrAch. wle(,t, melnArm solchwachl

f~ - - - - ~

r r ~ ~ I r - e r r I r - e r rFriihling, Ilndda' ai- ledel-ne Bla-me olein?

Beispiel 52

Son" ne, hast du kei "en hel -lem Schein7

Beispiel SO b).Nr . 11.T . 4 1 rr

In beiden Fiil len spie lt offensicht lich das BedUrfnis mi t, den Ausruf

..Ach" und die Anrede ..Frilhling" und ..Sonne" auf eine betonte Zeit zu

bringen.

54 55

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Die beiden M6g1iehkeiten, e inen balbtakt igen Auftakt zur Unge eines

vollen Taktes zu strecJcen oder den I. Takt zu verdoppeln , werden also aus

inneren Grilnden schwer deutlieh zu unterscheiden sein, wenn nieht Mittel

der Harmonie dazu kommen oder der Zusammenbang eine bestimmte Auf-fassung nahelegt.

r v - - - _ _ ~ " -II

C I · c c

Beim nliebsten Beispiel miissen zwei not ierte Takte zu einem ideeDenTakt zusammengefaBt werden.

SlIhll du lie Ie •• Ilern " ••• bend nlchl 11 m

I ' " " Y J _j

, k If P Ir lU

B ei sp ie l 5 4 , N r. 1 2, T . 2 1 r r

To• ••• ,e lIehn. mil 1IIn··· ••• gmI Hill • 2

" ' I f ~r r t J J I J , 1m fl~Jl&fIIlchdu ITO-/len s". .. ·/le lehn7 Wenn liondem

AnlaB zur Vertonung in Dreitaklern k6nnte hier wie schon bei Beispiel

SOder Text mit seinen filnf,Hebungen pro Zeile sein:

B ei sp ie l 5 3, N r. 1 5, T . 2 7 r r

"Meiner Sehnsueht allerhei6esten Sehmerz

durft ieh aushauehen in Liederseherz,

und wie ieh klagte so sUBund fein,

g laubt ieb doeh, mein Leiden wir nieht klein ."

Vom Text ber m6ehte man aueh den nl ichsten Fal l verstehen.

Die Streekung eines dri tten Takles is t bier offensieb tJieh textl ieh mot i.viert: ,,mit langem Halse".

C · k F : :Vier Dreitakter treten 1m nichsten Beispiel zu einer Stropbe zusammen.

Belm enten und dritten Dreitakter wird der SehluBaltzent in die Mitte des

drilten Taktes gesehoben, er spielt eine ihnliehe RoDe wie die weibliebe Bn-dWII. vgl. S. 18.

die bel· • den Wo, • te Ichlle··· pen die

5657

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3 'I

t 4 v c r ~J I Jr an · z e Welt mlr em

of-IJ

: . r: ~ I e c ~ c c , ,Dlebe l·den W6r,• c he n , chU e •• • p e n d ie

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IIlltt:

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~I~~ r r Ir iD ie b el· d en W6rt· chen IC hlie •pen

~~"c ~ r r I r

'I:

gan •z e W e lt mI r

Beispiel 55. Nr. 6. T. 36 rr

Hltte Schubert den Text so rhythmisiert wie in Takt 23 desselben

Liedes. so wire ein st6render Binschnit t zwischen . .sch lieBen" und . .d ie"

entstanden. Bin erwilnschter isthetischer Nebeneffekt ist der Bindruck der

FlWe. der durch das Zusammendrlngen des Textes auf drei Takte entsteht

und gut mit dem Textwort ••die sanze Welt .. , hannoniert. Sieht man vom

Text ab, so IIBt sich auch dieser Dreitakter a1s durch Streckung eines er-sten Takles gewonnen verstehen.

I

\,!

I 'II

58

An das letzte Beispiel liBt sich die Frage anschlieBen, ob Dreitakter

nicht ~nso gut durch Schrumpfung von vier Takten wie durch Streckug

von drei Takten abgele itet werden k6nnteD. In der Tat i st das der Fal l. wie

dIe unten stehende Gegenfiberstellung zeigt. 16 \

0 2 t"/'o.I.:~tf~A" , A - . ' IOtri'e,ue ,l').Q.. (:r..aI.V,....Ci~I) ::J a " I Q . [ 1 ' " " , ( i I c . . .a,

f l . ' ; I)Uc.eNt)o 4 ~rrvfi

~ 1,

" 1,

gletch

gle lch

Beispiel 56

Diese Oberlegung kann von Belang sein bei gr6Beren Zusammenhiingen,

wenn die Frage auftaucht, ob ein Dreitakter die Stelle einnimmt, die fU r

gew6hnlich einem Zweitakter zukommt - wie bei Beispiel S O und 53 -

oder ob er ru r einen Viertakter steht. wie bei Beispiel S5 zu vermuten ist .

Die innere Struktur der Dreitakter IiBt, wie sich gezeigt hat, oft mehrere

Deutungen zu. die aber fU r den Gesamtverlauf meist ohne Belang sind. Bei

den weiler unten folgenden Gesamtanalysen wird in Zweifelsfiillen die einfa-

chere Deutung bevorzugt werden. 1m Vordergrund wird die zule tz t ange-

schnittene Frage der Herleitung von einem Zwei- oder Viertakter stehen.

I' S.81

59

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Dreigliedrlgkeit. dreiteilige Strophen .,

DaB drei Abschnitte zusammen einen griiBeren Abschnitt erseben kan-nen, wurde schon oben beobachtet , wo von Wiederholungen die Rede war.

OberaU wo der zweite Absc:hnitt eines paarigen GebiJdes wiederholt wird,muB sich Dreigliedrigkeit erseben, die man elwa durch das Schema a _ b _ b'

wiedel'8eben kannte. Bei Beispiel 24 sind es drei viertaktige Abschnilte, die

zusammentreten. Bei Beispiel 2S antwortet einem viertaktigen Absc:hnitt

ein sechstaktiger, dessen drei ZWeitakler obigem Schema enlsprechen. Ver-

doppelt man die Taktzahlen, soerhilt man die Proportionen von Beispiel 26.

_~rheblich seIJ~JJ.er_,!ird der erste Abschnilt eines Paares wiederholt,

(!_~~der(!l-:~~)

b• to to . . "

tI! .. y

I

.----r- - 1-~

,lJ

let __'_IIII~ _I

., . : +. * . . . If ~S· ... I~""'''

J

Beispie157a), Nr.12, T. 9 a

If S.76ft

60

Beispiel57 b), Nr. 8, T. 5 a

Beispiel57 e),Nr. 18,T. 3

o 61o o

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Bei Beispiel 57 a schlagen wir vor, 2/4-Takte zu lesen. Die Klavierbeglei-tung (olgt bier dem Schema a-a- b, die Singstimme deklamiert dazu die fUnf-

hebige Zeile. Bei Beispiel 57 b) wird der erste Zweitakter ziemlich frei wie-

derholt , namentlich die Endung des zweiten Zweitakters hat einen anderen

harmonischen Sinn als die des ersten, Man kann das Beispiel auch so verste-

hen, daB der drit te Zweilakter den ersten beiden Zweitaktem antwortend

die Waage hi lt . Bei Beispie l 57 c) sind es drei viertaktige Gruppen, die naeh

unserem Schema zusammentreten, man beachte die inhaltl iche Verwandt-

schaft der Takte 5- 6 und 7- 8. Man konnte das Beispie l auch verstehen alsFolge zweier Lingen und zweier Ki irzen. 1m Ganzen der Form spielen die

12Takte die Rolle des oCCenen8augliedes, das der Abrundung bedarf.

.~~

ti" J "

, ' I Q f C · ; 1 t i t 1 1 r

62

,

. , II

-

B eis pie l 5 8 a ), N r. 19 , T . 3 r r

B ei sp ie l 5 8 b ), N r. 1 4, T . S rr

Inhalt1ich gesehen isl b gew6hnlich offener Mittelteil, der von den beiden

geschlossenen a-Teilen umrahmt wird. Bei Beispiel 58 a) spiegelt sich diesesVerhiiltnis in den Sehliissen auf ibzw. S. Bei Beispiel 58 b) dagegen korre-spondieren die 4 Takte des ersten Tei ls nur im Ausmai, nieht aber im buch-

stiblichen Inhalt mit den vier absehlieBenden Takten. Der Mittelteil erhalt

63

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seinen offenen Charakter durch die Unterteilung in zweimal zwei Takte. An

die Stelle der harmonischen Wirkung des Halbschlusses, der Modulation o. i.

tritt hier also die weiterdrangende Wirkung der beiden Kilrzen im Verhliltnis

zur anhebenden und schl ie6enden Linge: lang - kurz - kun - lang. Die in-

halt liche Verschiedenhei t konnte besser in dem Schema a - b - c zum AU5-

druck kommen.Bestiitigungen II

Auf Mherer Ebene werden wir diesen Arten der Dreiteiligkeit bei der An-

lage ganzer Lieder wieder begegnen. Weiter oben war schon die Rede davon, daB Nulltakte inhaltl ich die RoUevon Besta tigungen spie len konnen. ~.~. .. !lgen lieJen da vor, wo ein vQ.r-

ausgehender SchluB oder HalbschluB in mehr oder we~jg!!.!I~eschwichter

J:'"ormem oder mehrere Male wiederhol t wird. 1st es ein 8. Takt, der besta-

tig'twl7cr;"S""Ol.onnfe-derRau-in, den die Bestitigungen einnehmen, als Strek-

kung dieses 8. Taktes verstanden werden. Beispiel 31 b konnte dann auch

so aufgefdt werden:

od e r e in fa c h

Be isp ie l 59

Ahnlich wire auch Beispiel 33 zu verstehen. In beiden Fillen handelt

es sich urn Halbschli lsse, die bestit igt werden . 1m folgenden Fal l eines be-stiit igten Ganzschlusses wiederholt das Klavier fast w6rtlich den kadenzie-

renden Takt , die Abschwichung liegt bier im Satz und in der Tatsache, daB

die Singstimme als der "wesentlichere" Partner pausiert .

64

.. 8.60ff

65

r

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J .,ft.'-

~.

-

ft.... AI R_ . . .~-

-'-.. -Ii' .j.'

r . . . , . O I w - .A · 11 +

I~ • ....J .r - -~~.

I :~

B eis pi el 6 0, N r. 7 , T . 1 3 rr Beispiel 61, N r. 6 , T . S O rr

1m folgenden Beispiel folgen dem Schlu6 zwei eintaktige Bestitigungen,

denen eine zweitaktige weibliche Endung die Waage hilt.

Beachte hier die Dlfferenzierung der beiden Bestatigungen durch Terz-und Oktavlage.

66 67

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Denkt man sich die Dimensionen von Beispiel 61 verdoppelt, so werden

aus den eintaktigen Bestitigongen zweitaktlge, aus der zweitaktigen weib-

lichen Bndung eine viertaktige.

68

~ ~ . ~ - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -"- r ,

-

-. -r II"

A. . e : - .g.'. .

- -

- - - r ~ :jj' -~t + . - " : I:' . ..~t , + . -+

I~.~ r . . .

. .

···~~ ~ ; i i i " -

B e is pi el 6 2. H r. 3 . T . 5 0 rr

Von Interesse ist bier die Gestaltung der weiblichen Bndung. Bei stehen-

der Harmonie bilden die beiden le tz ten Takte eine Art von Bndung inner-

halb der Bndung. Brsetzt man die ersten beiden Takte der weiblichen En-

dung durcb eintaktige Bestitigungen, so craibt sicb das nichste Beispiel.

69

t

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r..In vielen Fillen, namentlich dort, wo die ilberlangen weiblichen Endun·

gen unerwiinscht sein konnten, werden nun diese regelmiBigen Ungen

d u r c h SchIUmpfung der welbhcfien Endungen sekurzt. Die zweitaktlge En·

dung von Beispiel 61 schrumpft dann zu einem Takt zusammen •

f t o o , " '. : : . . . " .t.0 . 0,

r ,. IIiiI - -AM .

-,l-t+-

1iH-. 0

" I'·..,",.~.

IV"~"y.••

It·t

,,'0 . o f '0 --0

f · ~":0 f

B eis pie l 6 4, N r. 2 , T 3 6 C f

GewissermaBen "vor" der Schrumpfung der Endung konnte dieses Bel -

spiel etwa so lauten:

r

Be is pi el 6 3 , N r . 19.T . 7 9 r r

Beispie16S

In den vorstehenden FliUen war angenommen worden, daB ein le tz ter ,

also ein 8. oder 4. Takt zu zwei Takten, ja sogar zu vier oder 8 Takten g.

streckt werden kann. Solche Streckungen sind nur dort sinnvoll, wo die

Form duu Gelegenhei t bietet, Bei Beispiel 61, 62 und 63 sind es die ab-

rundenden Ausleitungen, die so gestaltet weIden.

Der folgende Fall l ihnelt dem vorstehenden. 1m Endungstakt fUhren die

Oberstimmen bei liegendem BaB nochmals cine halbtaktige Bestitigung aus.

70 71

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---. . . .. If .,. ,-.

ft

* * ,i . 1 " '- - . '~

. .

+ ... or

s .J,

1

(J) 8~~ 1

B ei sp ie l 6 6, N r. 1 0, T . 1 1 rr

Denkt man sieb den Schlu&kt zu acht Takten gestreckt, so kann die vier-

taktige Endung halbiert werden, es eqeben sleb dann sechs Takte.

72 73

,I

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~ . :I.. . . . .D !: -

I

J - -._ -

. . . . ._7 1;", ~; . . · i J · · · . j "I'" ~ ~J~t

.. . . . . , .

Be is p ie l 6 7 , N r . IS , T . 4 9 ff

Man k6nnte bier ebenso gut zwei zweitaktise Bestitigungen annehmen

wie vier eintaktige, im zweiten Fall wilrden je zwei Bestitigungen durch Ten-

lage - Oktavlage zu einer Obergeordneten Bestitigung zusammengeschlos-

sen, Verg!eiche auch Beispiel 19.

1m nichsten Beispiel muB man die viertaktige Endung sogar vierteln, um

die Linge von 5 Takten zu erhalten.

74

r:

1 1 . 0 . •

• . . r .. I

16. A

--f ! ' ; ....~.Hi-

. . . . .~ I r ; :j

. .

B ei sp ie 16 8, N r. 1 6. T . 1 9 rr

Scheinen demnach minnliche Endungen von best li tigenden Partien zur

Schrumpfung zu neigen, so muB man doch manchmal auch mit dem Gegen-

teil reehnen, wie das nichste Beispiel zeigt.

If1

75

I

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IJ . . '. . . -If. ~

1

~lnftlF ;ll_~.Ill

II

, 8 4 ~ ~

_:m1-'

Beispiel 69. Nr. 2. T. 69 rr

Die Streekung der zweitakt igen Endung wurzelt wohl letz tlieh in der

Vors tellung des "frohlieh naeh" Wandems. das nieht naeh einem Ziel frigt .

Dem entsprieht aueh der SehluB der letzten Bestii tigung auf der offen blei-bend en Quinte. '

1m nichsten Beispiel folgen auf den SchluBakzent drei eintaktige Bes ti-

tigungen. Der folgende Takt kODnte entweder als eingeschobener Nulltakt

verstanden oder dureh Streekung des Endungs taktes gewonnen werden. Inbeiden Fillen trennt er die beiden Formglieder.

76 77

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~ 81 ~ . . , Bsp.62~ , . I

"if a. 3 It r r

~:~~v l t& &s : 8 ., 8a o Bsp.67

" . . . . .J ~ f;;L

' ".c .

i; 4 . J~

'".t. J

" ~

k l < f J . . . 81 8"IA .t. J

. , r ,r

Bsp.68

Bsp.63

Dehnung der Endung

Be is pi el 7 0 , N r . 1 5 , T .1 8 rrit, Bsp.69

,drei Bestitipngen (ohne Beispiel in den Miillerlledern)

Di e f o lg e nd e s c hemat is c he Obe rs ic h t s te ll t d ie b e sp r oc h en e n F aUe z u sam -men:

Streckung des

Schlu/ltaktesSchrumpfung derEndung

dieselben mit Dehnung der Endung

1 - f J .- .," . ' L

Bsp.60

8 Bsp.61

f'q

Bsp.70

Bsp. 64, 66

Beisp iel 71

78 79

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I b e s hi'h'~IJ-C z c . c u . @ ? " ' U . . l .Q o.a". N ' r . au' ~ e , U . c rc l ' Q - e~"

. . J . ( - - . d . e r - w . ; I , \ : t ~ " , , " Z _ . f 1 ' O ' l E ' 0 .M.c.u i ~Or>t couc..€v c ,' ~ (..A ).U ~ ;

o~ . . ; u . o V l ·\ " Q . L c : . f L . ~ "h~u-o o w . . ~ dJUCJ2.U?

ou ' cQ,l}.~~ ..~

If S.71

80

Andere Arten von Nachlpielen 10

Faile, in denen das Naehspiel den vorangehcnden SehluB der Liedweise

bestlit igt, haben wir lm letzten Absehnitt kcnncngelemt. Solehe Ausleitun-

gen konnten ohne Beteillgung der Singstimme dem Klavier Uberlassen wer-

den (Beispiel 60, 61, 63, 68), oder sic konnten ganz (Beispiel 69), oder teil-

weise textiert sein (Beispiel 62).

I~deren FiUen beginnt das Naehspiel verschrinkt mit dem AbsehluB

d~r Liedmeroaie;blldet also, ihnUch den Ausleitungen, keinen eigenen An-

CaniSikzeiil aus, inhaltl ieh ist es aber als Satz oder Sitzchen anzusehen, ae-

!!.~~L!~~~t zum b~~!l: !!s:Eden Typus. 1m folgenden Beispiel handelt essich um eine in vier Takten notlerte, ideell aehttaktige Periode.

~ . ~ . + - - & t r a ~ o I . . / J . . o o o . . . 1Uf'U1'l:(()V.I. O v . ·IS(l"~oL( c : . . o u . c R . u ( ' "VI),A. .U.Q . . oU.' p.v. ..).J..)JJ)}IO

10 S.73« ~ e G A . . - - e o . ..) ...lU..Q ~ O~'~.(

o e u . . . .u. .QAJ. ~'\1A'eu.e. Q C 2 c .OUc.QMo ou.· ~~

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B eis pie l 7 2 , N r. 4 , T . 3 6 f C B ei sp ie l 7 3, N r. 1 4, T . 2 7 c r

Hievon zu unterscheiden sind die eigentlichen Epiloge als abrundende

Sii tzchen. die vom Ende der Uedmelodie durch eine Ciisor getrennt sind,

also einen eigenen Anfangsakzent ausbilden. In vielen Fillen, so auch im fol-

genden, g1eichen diese Nacbspie1e den Vorspielen.

r,-_..-A ",{

82 83

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Vor sp t e ! «

1mSchluBtakt des Prologs kann schon, den Stillstand Ilberbriickend, die

Begleitfigur einsetzen .

.8.. ~

t I E § - - - - : . . ~ · ~ ~ - = t ~ -~~fU11Jr}=¥Der einCachste Fall e ines Vorspieles liegt dann vor, wenn die Beglei t-

figurschoiiVorderSiiij$timmeeIn5efii:TniTolgenden Belspiel"cruUsTC'ZW'ci

Takte aus. Wegen der Ahnl icfil te ii mlf Nul ltakten, die im Verlaur d ie Ab-

sehnit te voneinander trennen - man vergleiche Beispie l 31 a und c) - s~

chen wir hier von einleitenden NuUtakten. -

8eispld 7S, Nr. 16, T. 4 rr

Deispicl74, Nr. 18

1st in solchen FiiUen die Begleitfigur besonders markant und lebhaft und

Ilberwiegt sie etwa auch an klanglicher FilUedas Vorangehende, so kann der

SchluBtakt des Prologs in einen einleitenden Nulltakt umgedeutet werden.

,

Geht dagel~n dem Einsatz d~t..SiDlI!imme ein relativ selbstiindiger Satz

oder ein SlItzchen mit eigenem SchluBakzent voraus, so handelt es sich um

eliien'PiolO;~"iiei"Sir~pheiiiiedemkann aroser PrOlog zwischen deneiilZe.:

nen Strophen als Metalog und am Ende al s Epilog wiederkebren, vergleiche

Nr. 14und Beispiel 73.

1 ~~ L_ 'J_

-. _ , - • ,', . . ,. . . . , . " i" ~I-

- - - . . . ~

5 5 ~ ,~ . . . . . . 110+

84 85

,

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~

iii'

-.~~ -~~ 1 > .I~_..f-ttf-.ft-- ±f-

. . . . . . .iii -II'

- - --- --

i ~ ~ i~

r~ - - - - - - - - ~ ~ - - - - - - - - , ~ - - - - - - - - - - -" ~ J t

B ei sp ie l 7 6, N r. S

f

IIIIj

I1m folgenden Beispiel wird dieser einleitende Nulltakt durch die "MDhI-

radfigur" des Basses besonders stark akzentuiert , der Anfangsakzent des fol-

genden achttaktigen Satzes steht geradezu im Schatten des akzentuiertenNulltaktes.

86 87

,

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I,i

\

Bei sp ie l 7 7 , N r. 3

~ ~ - - - - - - - ~ ~ - - - - - - - - ~ ) r - - - - - - - _ / ~r {, ~

r~_- m m t m _ -- m - _ ~ ' T I :~

Solche Fil le ihneln dann in gewissem Sinne dem bei Beispiel 3 schema-

tisch gezeigten Verhiil tnis. Denkt man sich dort noch einen betonten erstenTakt als u!' ,!kliirende Eins" vorangestellt , so ist die rhythmische Ordnung

von dermetnschen Beispiel I, letzte Zeile mit lauter ganzen statt ACiitcl-noten - n icht zu unterscheiden. 1m Fal le von Beispiel 77 undo schwiicher,

Beispiel 76 ihnell der akzentu~!!!IL_~~!!!akt_~iner..!!?~~1!I?!LY9_gmgC!~_~~lltenBans. 1m Verlauf des folgenden Satzes steUt slch der Horer aber mUhelos auf

die paadgen GJeichgewichtsverhlltnisse der Zweitakter um.

~=· ·u~~~~'ff"~-~

Einen Schr itt weiter und der Sch1u6takt des Prologs wird durch Ver-schrinkung zum Anfang der Strophe. Beispiel 78. Nr . 7

88 89

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8 ".-r1

Eine andere Rolle spielt der Nulltakt im folgenden Fan. Dem Prolog geht

ein einleitender Akkord voraus. Dei der Wiederholung des Prologs als Meta-

log t ri tt die Schlu6note der Strophenmelodie - halbtak tig bestii tig t - an die

Stelle des einJeitenden Akkordes.

Bsp.79 b), ebenda,T. 18 c r.

Beispiel79a), Nr. 13

90 91

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D IE E IN ZE LN EN L IE DE R

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Strophenlieder

Nr. 14, Oer Jager

Vonplel Strophe

I I : a.(~)lh'1 to . i . " 'j

I"~~I:~:II:~:I

~ I W

Zw is ch e n· u n ciNllChlp/el

Zum Bau der einzelnen viertaktigen Abschnit te - wir zahlen halbe Takte -

vergleiche Beispiel 20, zum dreiteiligen Bau der Strophenmelodie Beispiel

58 b). Der viertaktige Prolog kehr t als Metalog und Epilog wieder (Bei-spiel 72).

97

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IV Ill. IV 1/ I lit ~ I I I

Nach drei Liedstrophen fo lgt - ohne Metalog - die 7. Text strophe in e ine r

melodi schen Fassung, die sich auf Elemente der Liedst rophe st ilt zt . Die

Wendung ins gleichnamige MoU, das erst mit der Kadenz wieder dem Our

weicht , ist textl ich bedingt , der folgende Epilog setzt das Schwanken zwi·schen Our und Moll fort. .

Nr. 10, Trinenregen

Yor- U lld Zwischen- Sl1 'Ophespiel

Nr. 20, Des Baches Wiegenlied

I

v ,-VYOTSpiel Strophe

a"

(~~)~nnl

fl.-i'+3 If (0)

I V V I II' /V

ZWlp. Nachlpiel

Nachlpiel

Moll

anderer YorlChlal

Die Lieds trophe ist zweitei lig. sie laBt je zwei Texts trophen zusammen.

Der erste Teil moduliert in die Tonart der V. Stufe, vgl. Beispiel II. der

zweite Teil kehrt fiber die IV. Stule und einen HalbschluB auf der Ill' .

Stufe in die Haupttonart zUrilck.vergleiche Beispiel 21. Bestlitigungen unter-

streichen die pakrige Gliederung (Beispiel 66). zur ganzen Strophe tritt als

weiteres Mittel der Gliederung noch das Vorspiel, zuglelch Zwischenspiel.

a..

~ ~ n ~ ~ ~ " " " "( -I J, 3 ,,) II:" a . 3 " (0" D.. (D))

9899

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100

Strophenlieder mit Refrain

Der Begum der Strophenmelodie war als Beispiel flk die Relativitit der

notierten Takte gegeben worden (Beispiel 14), bet rachte t man also 2/4-

Takte a1s ideel le Grundlage, so sind Vorspiel und Teile der Liedmelodie

zugleich ein gutes Beispiel fUr die Gliederung in I + 1 + 2 Takte, Unsere

Skizze hi lt s ich an die not ierten Takte und deute t d ie ideel len Takte nach

Art von Beispiel 20 an.

Bezilglich der Gesamlanlage sind zwei Ansichten moglich. Man konnle

davon ausgehen, daf.\der erste, dritte und vierte Zweitakler wiederholt wird,also II:I 2:0 3 4 n:s 6:0 0:7 8:0. So gesehen, wire die Melodie paarig

zu verslehen. Andererseits gliedern die NuUtakte in der Begleitung deutlich

in drei AbschniUe. Hilt man sich an den Eindruck der Dreiteiligkeit, so wire

die nichl wiederholte 2. Textzeile als eingeschobene KOrzezu deuten. Diese

KDrzegliedert dann aber wieder in zwei Glieder hochster Ordnung, von de-

nen das zweile das erste an Unl~e Oberwiegt.

Strophenmelodien mit Refrain konnen sich auf einen textlichen RefrainstUtzen, der etwa als abschlief.\ende Zeile von Strophe zu Strophe wiederholt

wird, vgl. Nr. 7. Wird diese Zelle - eventuell in freierer Weise - in jeder

Strophe zweimal gebracht , so kann man von Doppelrefrain sprechen , Nr. 13

und, in der musikali schen Anlage sehr ihnlich , Nr. 16 . Bei Nr. 1 besteh t der

Refrain aus einer einzelnen Hebung, die als zweite Textzelle der vierhebigen

ersten Zelle antwortet ; d ieselbe Hebung antwortet dann dem Paar von drl t-

ter und vierter Zeile. Von Strophe zu Strophe wechsel l der Inhalt d ieses eln-

hebigen Refrains. Bei Nr. 9 bekommt die fiinfte Zeile der Textstrophe durch

ihre Dreihebigkeit nach den vorangehenden vierhebigen Zeilen das charakte-

ristische Gewicht eines Refrains. Bei Nr. 8 endlich ist die sechszellige Text-

strophe paarig gebaut, auf zwei vierhebige Zeilen folgt jedesmal eine dreihe-

bige Zene; d ie zweite von diesen dreihebigen Zeilen wird in der Vertonung

zum Refrain gestaltet.

Nr. I, Das Wandem

Yonplel Sirophe

lit;-

~ ~ n~ ""r l"" 'l- .• 'r-..r.\r~

(., .t !t ,,) II:" .t. , C.ft) r , 'r (et)

I I

ZWlp .»NachqJ .

C . rr Refra in

~...". ../"l. ~ ~ ~ J I"3 1 '1 p .(I (I, (}. ~ 3 I(),

101

Harmonische Anlage 11

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oW

~

I

o

V

Dem viertaktigen Vorspiel - SchluBakzente der Zweitakter jeweils in der

Taktmit te - folg t d ie in ihrer Linse vallig regelmiBige Strophenmelodie .Die Glieder dieser Ifj-taktigen Strophe sind aber jeweils charakteristisch ver-

schieden. Die gar nicht regelmiBige Textstrophe wird folgendermaBen ver-

tont: Die erste Verszei le gibt den Stoff filr einen weiblich endenden Zwei-

takter; die antwortende einzelne Hebung wild zum Einzeltakt mit SchluBak-

zent in der Taktmitte, der von der Begleitung wiederholt wild, um die regel-

miBige Linge auszufilllen, also 1 2 3 = 4 ihnlich wie bei Beispiel 30 .

Hierauf werden erste und zweite Textzeile wiederholt, um 8 Takte zu erhal-

ten, denen wei tere 8 Takte antworten kl innen . Die Takte 9- 12 bringen die

dritte und vierte Textzeile, sie fiih~n als Mittelteil zum HalbschluB auf der

V. Stufe. Die viermal wiederholte einzelne Hebuns gibt den Storf fUrden ab-

schlieBenden Refrain, Takt 13- 16. Die vier viertaktigen Abschnitte enden

also mit GanzschluB - GanzschluB - HalbschluB - GanzschluB, der drit te

Abschni tt i ibernimmt die weiterdringende Funktion, analog dem dril len

Takt von Beispiel 16oder ~em dritten Zweitakter von Beispiel 17.

Nr. 8, MorgengruB

Vorrplel Strophe

(:-7 y . ; - ~ ~ '1i'0!:;!'" 2.

(.0)

:II S. 4S, Ds p. 7 4

102

Refra in Nachrp.

Das viertaktige Vorspiel besteht aus einem weiblich endenden und einem .antwortenden minnlich endenden Zweitakter. Beachte die Verdichtung der

Harmoniefolge Im drit ten Takt des Vorspie ls , s ie erinnert an den GrundriB

von Beispie l 15 a). Mit den ersten sechs Takten der Singst imme hatte sich

schon Beispiel 57 b) befaBt. Wir waren dort von der Annahme ausgegangen

daB die ersten beiden Takte verdoppelt werden. Aus dem Zusammenhan~

geht nun klar hervor, daB es zweckmliBiger is t, das secbstakt ige Gebilde

durch Schrumpfung abzule iten, vgl . Beispiel 56. Das Ergebnis ist im einen

wie im anderen Fal l, daB der drille Zweitakter den belden vorangehenden

antworte t, e in Blick auf das ganze Lied zeig t aber, daBdas so entstehende _

den folgenden NuUtakt e ingerechnet - real-siebentaktige Gebi lde einem

folgenden zwalftaktigen die Waage hilt. Unsere Deutung setzt f'urbeide Ab-

schnitte je acht formale Takte an, aus denen der erste im wesentlichen durch

Schrumpfung, der zweite durch Streckung abgeleitet wird. Zum bestatigen-

den Null takt am Bode des ersten Abschni ttes versle iche Beispie l 33. Der

Refrain wird durch eine Fermate im 12. Takt vorbereitet, mit Takt 13 be-

ginnt die Streckung. Die Abrundung des Refrains zu acht Takten wird da-

durch erreicht, dai das Klavier die letzten beiden Takte der Singstimme wie-

derholt , ein Verfabren, das uns eben bei den ersten vier Takten der Liedme-Jodie von Nr. I begegnet ist .

Nr. 7.Ungeduld

Vorrple/ Strophe

.. t rT ' " ' ~ , . , . . . . . ~r," t . ; !- . " 2 - 3

"o , r ,

. . , ~,)",V

"

103

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eingesch. Re/NinKQne

T.=iJP;:-

~ ~ ~ ~ ....- " 1-

t'n') . ,2 . J It r II r ' · J I I 8..

(-1' ~ 2 . ,V J U~ v t fl I

Nr. 9, Des MUllersBlumen

ro"plel Strophe

Zum Vorspie l versleiche Beispie l 78. Die Textstrophe ist s e ch s z e W &

jede Zeile hat fURf Hebungen, die in zwei Dreivierte ltakten sut unteqe-

bracht werden kannen. ZeUe I - 4 enden mlnnlich, leile mnf und sechs

weiblich, je zwei Zeilen sind durch Reim verbunden. Die sechste Zelle bleibt

als eigentUche Refrainzeile durch aile Strophen hindurch sleich und wird

durch Wiederholungen zum 8-takt igen Refra in aussebaut, veqle iche Bei-

spiel I S b). Anders als bei Nr. 8 t rit t hier der Refrain dem ganzen Anfang

paarig gegenUber. Eine interessante Rolle spielen nun die Takte 9 und 10 derStrophenmelodie, die die mnfte Verszeile vertonen. Sie kannten aIs Beginn

des zweiten Abschnittes der paarigen Gesamtanlage ventanden werden, wenn

die Vertonung etwa so fortmhre:

~ . . . , . ~ I t , . . . . . . . . ,_, . , . . - , -(JII)1

1 A

z . , : J~")r '"L J "

v

Re!rtll" Zwllchempiei

s

Beispiel 80

Der ein lei tende NuUtakt, mi t dem der Prolog beginnt, entspricht genau

Beispiel 79, und wie dort trilt im Verlauf des Lledes, wenn der Prolog als

Metalog wiederkehrt, der SchluBakkord der Liedweise an seine Stelle. Zur

harmonischen Differenzierung - der erste Abschnitt der paarigen Gesamtan-

lage moduliert in die Tonart der V. Stufe - kommt der Nulltakt hinzu, der

den Kadenztakt wiederholt und die Gliederung markiert. Dem antworten-

den Refrain liegt eine dreihebige Textzeile zugrunde. die den vier vlerhebl-

sen Zeilen sewichtig segenfiber tritt. An die Stelle eines von Vers zu Vers

sle ichbleibenden Textes oder wenigstens Reimes t rit t bier e in bloBer An-

klans: Blumen - Meine - meine - weinen. Durch musikalische Mittel _

DehnuoS der Deklamation von zwei auf drei Takte , Wiederholung, dabeiDifferenzierung durch das Verhll tnis von TrugschluB und GanzschluB,

ihn1ich Beispiel 30 - wird erreicht, daB dieser Refrain dem ersten Abschnittdie Waqe hilt.

,-.., A.. -v,..--....~ ~

¥G(~ H · G O ~ I t '; Q i ~ & · m · r t : ~., . - , . .

~ ~ s r ( " J

Durch die voUtaktig einsetzende halbe Note des Refrains werden sie je-

doch Uberbaht und spielen Im Zusammenhanl der Melodie die Rolle elner

einlcschobenen KUrze,ihnlich den entsprechenden Takten von Nr. 20. Zurfollenden Bestitisuns veqleiche man Beispiel 60.

10 4lOS

Nr. 16, Die liebe FarbeNr. 13, Mit dem grllnen Lautenbande

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~~t bI N riB

I IJ

Vorrpltl Stropht Vonpltl Strophe

a - - " • Re frain" . . Re frain

(L~) 'F 'l: ') II : ~ .~ V UI.

I IrI

•I

(A, ," • Re frain

Ntlchrpitl

..,--....,r ,

I• S r

II

I

Zum ProloS vagle iche man Beispiel 79. Die Textst rophe hat seehs Zei-

len, durch Wiederbolung der drit ten und le tz ten Zene wird der Stoff fU r die

voll is reseimlBise Linge der Liedweise gewonnen. Vom Text her - Gleich-

Idang der W6rter "sriln" und ,,gem" - ist der Anlai zum Doppelrefrain gc-

geben. Die PaubUdung auf verscbiedenen Stufen wirddurch humonische

Mittel erliutert . Die beiden achttaktigen Abschnitte der Liedweise enden je

mit einem Ganzschlu1\ inder Haupttonart; der Prolog zugleich Metalog setzt

die Strophen gegeneinander abo Fill die viertaktigen Abschnitte lautet die

Korrespondenz: Halbschlu1\ auf III I - Ganzschlu1\, Modulation nach V -

GanzschluB, fUr die Zweitak ter: Halbschlu1\ auf V - HaibschluB auf III•,

TrugschluB in den Sextakkord der I . Stufe - Ganzschlu1\; GanzschluB auf

der I. Stufe, Terzlage, - Modulation nach V, Trugschlu1\ in den Sextakkordder I . Sture - Ganzschlu1\. Zur Difrerenzierung durch Trugschlu1\ in den

Sextakkord der I.Sture und Ganzschlu1\ versleiche man Beispiel 30.

Die Uedweise ihnelt 1m Bau sehr der vorangehenden. Die Textstrophe

gibt auch bier Anlal zu einem Doppelrerraln, die Refrainzeile wird textlich

wiederholt und bei der Vertonung durch Trugschlu1\ in den Sextakkord der

I. Stufe und GanzschluB differenziert. Von der Gesamanlage von Nr. 13

weicht nur die Dehnung eines drit ten Taktes im zweiten Abschnit t ab, ver-

g1eiche Beispiel 44. Ober die Bestitigungen 1m Nachspiel, das zugleich Zwi-

schenspiel Ist , war schon bei Gelegenheit von Beispiel 68 gesprochen wer-

den, vergleiche femer Beispiel 30. Von Interesse ist das Vorspiel. Es lautet

gieich wie das Nachspie l, da ibm aber bin SchluB vorangehl, so mUssendie

8estll tigungen bier als Anfangsbesti tigunsen betrachte t werden, die sichauf eine erkJirende Eins - die erste Ba1\note _ stUtzen. II

II Geo rs J ad e s e r kennt in diesem Ued e in " G ed ls tb AUP ri nz ip ", S . 2 85 . E r w i ll , d al

m an es In l au te r E in he lt en sU ed em s ou . d ie mit der I. S tu fe b es ln ne n. u nd e rh ll ltd a nn f o lpnde Gl ie d er un s :

Vonplel G esana Zw ischensplc1

2+ 2 I 5 + 3 + 3 + 3 + 3 I 2 + 2 + 1 (= 2)Di e paarlge GUed er un s d er Zw e ll ll kt er b eh emc ht Abe r d en A ufb au d le se s U ed es

106107

B

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Nr. I I, Mein !

. . . . . - - . . . . . . . . . . . . .

1 3 1 1 f A r~. , ,.- " .L 3 Ii

A,,.,

_ ~ - r - - " " ' : I . ~ ~ ~1 1 .

(' (()" Dr, 0,) 1 N , I t S O " " " ,

S O , r ,

RiJckle i lUngDreiteiligkeit

I

Yonp le lA , , , ,

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" ).

I

,.

Nachsp le l

"~ f1. r ~ r. . _ . ,

n-n. ~

S" ~ ,~~ ' " ~ ' A o .

1. , 2 1 . , 3, ~f

"~

"~

"

e-

~..-...... ,-.,-.-..,. r ..~ l+ n .o IV

s ;. I > ~ r. , r; r.-,», I" n I)-:;- £, .f~.z, lr> J "

Ober le / lUng

Oberle itung zum B-Tel l und RUckleitung zum A-Tel l glledem die drei

Tei le des Liedes auf hochster Bbene. Bei der Oberle itung t ri tt zur Begle i-

tung die Singstimme mit einem Uberbrilckenden Binwurf, die RUckleitung

wird von der Begleitfigur aUein bestrit ten, vergleiche dazu Beispiel 41. Zuden Ubrigen Dehnungen vergleiche man Beispiel 36 und 38. An unserem Bei-

spiel liBt sich gut beobachten , wie SchlUssevon formalem Gewicht durch

Verdopplung und Dehnung hervorgehoben werden. FUr die AufsteUung des

A-Telles genUgt die Verdopplung der lelzten vier Takte. Bei der Wiederho-

lung kommt zu ihr noch cine weitere Verdopplung oder, wenn man will ,

Verdreifachung der letzten zwei Takte, verbunden mit Dehnung. Zum Cha-

rakter der atemlosen Brregtheit slimmen gut die vielen kurzatmigen Binzel-

takte mit SchluBakzent in der TaktmiUe. Vergleiche noch Beispiel S O b).

ohrenfiUig. Die humonischen Verhiltnisse untentreichen diesen Aufbau. Die K01"-

respondenzen lauten fUr die vier- bzw. in elnem Fall mnflaktisen Abschnitte: "alb-

sch lul auf V, , Ganzschlul auf I ,Halbsch lul auf V, , Ganzschlul auf I,m e die zwe i -

bzw. In e lnem Fal l d re itakt igen Abschnl tte: Ganzschlul auf I in dOlTaktmi tte,

Halbschlul auf V,, Trugschlu6 Inden Sextakkord der I . Stufe , Ganzschlul, Modu-

lat ion nach V\ , Ha lbsch1uB auf V' , Tru lschlul in den Sextakkord der I . Stufe ,

GanzschluB.

108 10 9

Nr. 19, Der MDllerund der Bach AUlle i t ung

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J

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8.J It

Noch einfacher und rationaler als Nr. II ist das vorstehende Lied se-

baut. Nul1 takte mit fortlaufender Beslei tuns sliedem die drei Teile. A istin sic:h nochmals dreiteilig nach dem Schema a - b - a gebaut, zur Deh·

nuns des le tz ten Taktes von b versJciche Beispiel 45. Auch B ist in sich drei ·

tei li s, zur Wiederholung der Takte 5- 7 versJeiche Beispie l 24 a). Der wie-

dcrkehrende A·Teil i st in den AusmaBen zwei tei lig gebaut , da er sich von

zweimal 8 Takten ablei ten laBt, inhalt lich gehen aber die ersten vier Takte

der zweiten achttaktisen Gruppe auf den Mittel· oder b·Teil der AufsteUuns

von A zurUck. InhBltliche Dreiteiliskeit und Zwciteiliskeit in den AusmaBen

vertragen sich hier also ohne weiteres. Diese inhaltl iche Dreiteiliskeit resel·

mABiler Unden Iiest im Keirn schon Dberall da vor, wo der dritte Abschnitt

von vier AbschniUen die wei terdrinsende Funkt ion Dbemimmt. Man ver-

sle iche femer Beispie l 12 , 15 a), 31 a), 58 a) und 63.

Nr. 5, Am Feierabend

YOTlp ie lA

". , . , . .

~ ~ , . . _ . ' , ~ • • ., . . . . , . . . . . . . . ,r I . , .

~4 ~ S

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~J, ,~ /1 1 It I

110

"111

s o a). Mit der SchluBkadenz des ersten der beiden Sitze ist das den Beginn

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I V

des zweiten Satzes vorwegnehmende Zwisc::henspielversc::hrinkt. Die folgen-

den beiden Zwischenspiele des Klaviers sind nieht als Nulltatte anzusehen,

da sie die Sinsstimme melodisch und humonisc::h weitermhren. Zur Wieder-

holung der Takte 11-12 (= 3-4) verg!eiehe Beispiel 27, zur Streckung

eines 14. (= 6.> Taktes Beispiel 42, zum rilck1eilenden Nulltakt Beispiel 32.Die Wiederholung des A-Teiles unterscheldet sich von der Aufstellung: Die

Tatte 9 - 12 der Aufstel lung fallen fort, an ihre Ste lle t ri tt e ine analog zu

den Takten 13-16 der Aufstellunggebildete Gruppe mit kadenzierendem

Charakter, die durch Wiederholung, 9-12 = 13-16, die regelmliBige Ungeausfiil lt , dabei wird jedesmai zu mnf Tatten gedehnt. InteresSant ist das fol-

gende text ierte Nachspie l. Es setz t verschrinkt mit dem SchiuBakzent ein,

l ihn lich wie das Nachspie l von Nr. II, g le icht aber nicht dem Vorspie l, son-

dem ist aus der Mot ivik des Liedes heraus neu gesta lle l. Nebenbei bemerkt

halten die vier dem SchluBakzent vorangehenden Takte dem ersten, viertak-

tigen Slitzehen des Naehspiels die Waage.

"'f~~~

-1 ./. c .4 tJ r: , (J- , J

A, . , . . , . . . . , . . ~ , . , . . . . . . , , _ , . , . . . . _ , _ . . . , . . . . c . . , . . ,~", ~o f .z . o J

"r , , . I J (II 1 k - 1~-fJ (It

-t J-

I v * I

Nr. 12, Pause

Eine Moglichkeit , das Vorspiel zu deuten. bat Beispiel 76 gezeigt. Dort w a-

ren Tat t 7- 8 als gesc: :hrumpCtvorgestel lt worden. Hier wird noch eine an-

dere Moglichkeit vorgefnhrt: Der vierte, die halbsc::hlie6ende Dominante auf-

nehmende Takt kann gest reckt gedaeht werden, an ibn kann sich dann ein

Viertatter kniipfen, dessen letzter, die Tonika erreiehender Takt zugleich

einleitender Nulltakt isl. Solche Mehrdeutigkeiten 1m einzelnen sind unsschon mehrfach begegnet. Fil r das Verst indnis der Gesamtanlase sind sie

meist bedeutungsIos. Dem A-Teil fiegen 16 fonnale Takte zugrunde. ZurStreckung des vorietzten Taktes sehe man Beispie l 40 , wo dieser Takt als

aehter gezihl t wird. Fil r den Sinn des VOqaDges ist selbstverstindlich die

Zih lung belanglos. In der obenstehenden Analyse is t auBerdem nieht nur

der IS. Takt a ls gestreckt angenommen worden, sondem auch der 16.Takt.

Hitte man nur den IS. Takt als gestreckt ansenommen, so hitte der nber -

leitende Takt als Nulltakt gezlihlt werden m6ssen, wie in Klammer angedeu-

tet. Beide AuCCassungenuntersc::heiden sich nicht wesentlich. Der B-Teil

besteht aus zwei Sitzen. Ober den Dreitakter zu Beginn vergleiche Beispiel

Yonpiel A , A -

( ; r: ,.....-.". . . . r- ~ r ~ . " ~Z 3 ·t r , . ,. I) 'i ~ 1. j T It

f ~ I ..

I V I I I

v I

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r . . ,~

V . 1 1 ,

112 11 3

ein dril ler Einzeltakt . Fraglich konnte sein , ob man den Dreitakter durchZwilchensplel t1

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J

v ttrJ I

SchrumpCung oder Dehnung deuten soi l, siehe Beispiel 56. Der b-Tel l mit

seinen zwei Takten Linge legt die zweite Annahme nabe.

,..~ '-''iff t /I." Iz. (D)

e., . . , . . . . . . . . . , .-(Sf I . ! : ; ; ! "

. , . . t .

tN:~

B besteht, lihnlich wie bei Nr. 5, aus zwei Slitzen. Der erste stlUzt sich

auC vier Textzellen, vergleiche Beispiel 54, in harmonischer Hinsicht CUhrt

er von der VI. zur V. Sture, die abschl ieBende Kadenz wild vom Colgenden

Nulltakt bestlitigt. Das zweite Slitzchen hat zugleich rilckleitenden Charak-

ter , urn es zu verstehen, zahlen wir halbe Takle , beginnend in der Mille desTakles nach der Fermate - "Ei. wie groB .• ,". Ein Vierlakter rohrl dann

auC die ~III. StuCe. D as ColgendeGebUde von r o n c halben Takten denbn wir

aus einem 8-taktigen GebUde gewonnen durch SChrumpCUDgvon vier - hal-

ben - Takten zu einem Takt, analog etwa Beispiel 68. Die AuCstellung die-

ses ideellen Filnftakters filhrt, legt man ~III. a ls Tonart zugrunde, zu einem

HalbschluB auCder V.Stufe dieser Tonart, die Wiederholung zum Halbschlu6

auC der V. StuCeder Gesamttonart, beachte den der V. Stufe vorangehenden

UbermABigen Terzquartakkord. FUr den folgenden Einschub des Klaviers

sind zwei Oeulungen moglich . Man kOnnle ihn als NuUtakt verslehen, der

inhalUich den vorangehenden HalbschluB beslliUgt. Man kOnnte diese Be-

stAUgungaber auch so verstehen, daB sie die vier ideeDen Kemtakte zur re-

gelmliBigen Linge von 8 Takten auCrundet:

V ; I

. . .'-' ,. ~

~.-,,_ ,- ,. .'1 - I (tV!, 9 ,. ~D

II ...,U

Nllchsplel

r,I"

4 liJ.a. , .," £ J

f i r c o t · ; c t l ~ r U e l a G a t t i

1mgroBen wird die dreiteilige Form gegliedert durch das 8-taktig periodi-

sche Vorspiel, den antizipierenden Nulltakt vor dem Beginn des B-Teils, die

BestliUgung und den viertaktigen Vordersatz des Vorspiels vor der Wieder-

kehr des A-Tel ls ; am Ende Colgt abrundend der viertak tige Nachsatz des

Vorspiels. A gehOrt zu dem Typus regelmUiger Linge bei inhaltl icher Orei-tei ligkeit , von dem schon mehrfach die Rede war. Die motivische Anlage

dieses Typus ist hier mit a - a - b - a vieDeicht die einfachste, die sich

denken liBt. Zur Oreitaktigkeit von a vergleiche man Beispiel 57 a). Schein-

bar widerspricht sich die Analyse, wenn sie die beiden ersten Takte des Vor-

spie ls als I und 2 ziihlt , dieselben Takte aber beim Einsatz der Singstimme

als II und 12, Es kommt bier aber auCden Zusammenhang an. 1mRahmen

des Vorspiels antworlet auC zwei Einzeltakle ein Zweitakter, vergleiche Bei-

spiel 13. Zu Beginn der Liedweisejedoch anlwortet den beiden Einzeltakten Beispiel 81

114 115

Der wiederkehrende A-Teil ist in seinem Geruge stark verandert und ge-

dehnt, Einsitze des Hauptgedankens auf der I. Stufe und nach der Fermate

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auf der ~VII. StuCe bezeichnen eine paarige Gliederung im groBen. Das erste

Glied dieses Paares beginnt mit a, das wiederholt wird; das folgende b wird

zu vier Takten erweitert , seine weiterdringende Tendenz wird von der Fer-

mate aufgefangen. Nach der Fermate setzt . wie schon erwihnt, nochmals a

auCder ~VII. StuCe ein. Zum Colgenden abschlieBenden Siitzchen vergleicheman Beispiel 46 und den Kommentar duu. Den harmonischen Vorgang be-

leuchtet die Colgende Skizze.

Beispie182

{oder. • • • • . • . . • • • • • • • • • • . . • • • • . • • • RiickleitungJ

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r' 1 F*

11 6 117

An diesem Lied fillt bei aUgemeiner Dreiteiliskeit eine gewisse Unklar- dreiteilige Formen wiren in materiaJer Hinsicht mit A - B - C zu bezeicb-

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beit in der Gewichtsverteilunl auf. Zunichst zeicbnet sich ein vierteiliges A

vem Typus a - a - b - a mit Wiederholung des letzten a abo Stimmt man

dieser Annohme zu. donn wrde B aus zwei durch einen Null takt getrenn-

ten Slitzen c - d und e - f bestehen. Unlew6hnlich bleibt dann, daB das

erste von diesen belden Sitzchen mit einer Kadenz abschlieL\t, die den Ab-

schIuL\von A an Gewicht deutlich libertrif ft. Auch der Nulltakt unter-

streicht diesen AbschluB und nicht etwa den vorangehenden. Geht inan nach

dem Gewicht der Kadenzen, so kannte man das ganze Lied auch als zweitei-

lig verstehen. Weiters ist merkwlirdig, daB in den wiederkehrenden A-Teil

nicbt das ursprilngliche b als Mittelteil l ibemommen wird, sondem das aus

dem ersten Satz von B stammende C. Weniger Gewicht machte man dem

Umstand geben, daB der AbschluB von A bei der Wiederkehr von einem

mot ivisch neuen, an d erinnemden Viertakter besorgt wird, der - wie aile

abschlieBenden Viertakter dieses Liedes - wiederholt wird. Fraglich bleibt

auch, wo man die Wiederkehr des A-Teiles ansetzen soU. Nimmt man die

materiale Wiederkehr von a zugleich als Beginn von A an, dann wlirde I

d ie RoUe einer Rl ickle itung spie len, dem widerspricht aber die deut lich

harbare Paarbildung von g und a, die nahelegt , den le tz ten GroBabschnit t

mi t g beginnen zu lassen. 21 Formale und Ipateriale Reprise fallen donn aus-

einander. All diese komplizierten Verhlil tnisse kommcn aber kaum zum Be-

wuL\tsein des Harers, sie werden gleichsam nberschattet durch den fast mo-

notonen Wechsel yon weiblich und minnlich endenden Zweitaktem. Esscheint, als ob das formlos dahinplitschemde Bichlein den Komponisten zu

beidem, zur Einfonnigkeit der Motive wie zur formalen Unbekiimmertheit

in der Gesamtanlage inspiriert halte. Verg!eiche zu den vorstehenden Ausfiih-

rungen Beispiel 9 . 26, 31 c), 64 und 69.

nen, wobei C die Haupttonart wieder aufnimmt. 1m kleinen baben wird ie-sen Typus schon bei Beispiel S8 b) kennenge1emt.

118

Nr. 3, Halt!

Vorlpiel

Die bisher bet rachte ten Lieder geh6rten zum dreitell igen Typus A' - B

A. Die Drei teUigkeit kann jedoch auch nur rein tonaler Natur sein . Solche

n Georslades meint a.a.O. S. 232, di ll . .der Doppe lpunkt nach dem Imten Wor t •••

clal die Reprise herbeifilhrende Agent' lei.Er bezieht dch clabelauf die 0riafnaIau.pbel der Gedichte WiUtebnMOIlen,wo es hei8t:

Wassag' ich denn yom Rauschen?D as bnn kein Rauschen scin:

Gende diesen Doppelpunkt hal aber Schubert nlcht komponler t, und deshalb be-

relic t es kelne Schwier igkeiten, die belden Glleder . .Wu sag' Ich denn ...It und ,oEs

singen Ja die Nlxen ..... paarig zusammen IIIh6ren. Andererselts kannte sehr wohl

eln Doppelpunkl oach ,,seIn" gemachl werden, aber dafUrblelbendann nur die dy·

namilch lIIogiscben Mitte l der Singltimme Obrlg, komponler t 1st dieser Doppel·

punkl wle sesqt rucht. Wie richtlg komporuerte Doppelpunkte aussehen, kann man

a n Nr. 7, Ungeduld, Taitt 18-19, Nr. II, Meln, Takt 29-30 oder Nr. 15, Eifer-

sucht und Stol&,Takl 64 r r sehen.

v I I

Die drei Formteile, denen je eine vierzei lise Gedichtstrophe zugrunde

lielt , sind bier inbaltl ich verschieden, baben aber deutliche und charakteri-

s tische formaJe Funktionen. A ist Vordersatz und endet mit einem bestl-

11 9

t igten Halbschlu6 auf der V. Stufe , veq1eiche Beispiel 31 b) und 59, B ist

durch Nulltakte aufgel6ster Zwischensatz mit formal weiterdrlingender B , " ' , ElnJeltung " Htl up tte ll

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Funktion, C 16st die Spannung durch Rllctkehr in die Haupttonart. Hinzel-

heiten des Uedes werden erliutert durch Beispiel 13 a) und b), 23. 34. 62

und 17. Zur Motivik des Liedes: Man beachte die sich dureh den ganzen

Klaviersatz hinziehende ..MUhlradflgur".'·

Nr. IS, Hifersucht und Stolz

VorsplelA , a " I

S.4,

J. .~rl " - '"

"T. . . . , \fr

(4 ..t. J t) .f .t ,

"

r , r ,

I I UI II'

. .. . ".f.",4 , . . f ), . . , . , ~ ""1"'\

, . . , . . .,III~

11... /, .fit ~ If, ~o)-c, ~ . , . c . .. , L 1 ¥

V'r I v :f I~

"#

,. D ie Art und We ise ,w ie s ic h d ies e , .Mllh lradf i&ur" d u rc b d as game Ued hiJWeht, hat

Geo lJ l ad e s in p i sJ J ei c he r We ise d a rg e st eU t, 8.a.0. S . 2 33 - 3 4. U m d en A ufb au d i~SC I u nd e in er R eDl e v on a nd er en L ie dem b ep eiO ic h z u ma ch eD , p o s tu li er t G o o.

d es d as . ,G e ri ls tb au pr in zi p" , d es se n We se n d a ri n b es te ht , d d v or a ll em d ie G r oB8 li ~

d er m it e ln em S pa nn un gs kl an g e nd en ( S. 7 2) . M i t d cm A uf fi nd en d es G er tl st ba u·

p ri nz iP I h at G e or gi ad es u ns tr ei ti s e in en B e it rq z ur T y po lo gi e g el el st et , w e n n a uc hv leUe lch tg epn s e in e nWWen .

120

~ J,""""-~ ..t( " f., J ;;

~. , "Ir.. .

•.f .z , J If r - ' 't I. . : : : :

1 .(, J IfV I

I I I

V I-vt[ I II I

e o , Rfickleltung C .rv '"

. . -, r-" ;oy-I""'T

" .t. J .t r ,J I (Pf q.) .( ~ s I'

/" V,V~ I /0 v * It

~ry-~

" " '" - - 3 .- - " ' " '·r,

l- I 0, 0,. j ff) {., (J- 0, O J , .

V 1 F

v t~ '.

~... , . . . . . . ., 8. 8,. 6,

'"r"'" ,...,

. " J 'I( s I '"

.t. ." II J .k. , . . . . J "v f , I

121

Die fonna len Verhl ltni sse li esen b ier sehr ihn1ich wie im vorisen FaD.

In textl icher Hins icht stOtzt sich A auf vier Textzei len, B ebenfaUs auf vier

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Zeilen und zwei weitere Zeilen, die den Stoff zur ROckleitunS hergeben, fUr

C bleiben die beiden le tzten Ze il en des Gedicht s, die im sanzen, diffe ren-

ziert du rch Halb- und Ganzschluf.\ und e inseschobene Takte - "sag' Ihr' -

wiederholt werden.

Zweiteiligkeit

Nr. 18, Trockne Blumen

A , 4 t ,

n . , - . . , . . ~~)II:'" ..It '.. 'f.

VI

I -U I I

"

I:j

-r» """"""' ~ ~ ~...n.. _ . 1 , ~J t 1 ;, 6 . . " I,~I~ '...i 'A o ~

V I I v ; [I

NQclupkl

'1+ ~ ~ A " " " 'l - ~(" . , . t . . 1 . ( . . e . " 3 ~)

II F I"

Der Inhalt des Gedichtes lest den zweiteiligen Gegensatz MoD- g1eichna-

miges Dur nahe. Dem MoD-TenlieSen sechs vierzei1ise Strophen zusrunde,

die rur die Vertonung in zweimal drei Strophen geglieder t werden. Ober

die dreitei lige Form, in die diese sechs Zeilen gebncht werden, vergleiche

122 123

Beispiel 57 c). Die so gewonnene, mi t einem Halbschlu t. \ enden~e Mo~-

Strophe wird wiederholt. Der antwortenden Dur-Strophe liegen d1e.restlt-

;&..

. . . . '-. . Ii C-,..

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chen vier Zellen zugrunde. Um dem ersten Teil die Waage zu halten, wardsie

zunllchst als ganze wiederholt, zur darauf folgenden Wiederholung der letz-

ten vier Takte vergleiche Beispiel 24 b). Zu den einleitenden Nulllakten sehe

man Beispiel 74.

~ ~ ~

" - 4 . f, _ I" ( D ) ;( L , . . r (, ;, I,Tvt f l

t w .Nvt f ! • 'V I r!Lf

V I

Nr. 6, Der NeuglerigeV I

A , a ",.,.-..- rr-"-r ~ ~

" J, 3 " r ,.; 1':1V I

Yonplel

I v

Auch bei diesem Lied ist die Anlage vom Text her zu verstehen: Zwei

Strophen schlie6en verschiedene Adressaten fUr die zu steUende Frage aus,

bis zuletzt nurmehr das Blichlein Ubrig bleibt. Drel weitere Strophen steUen

dann die Frage: "Sag' , Bichlein, l iebt s ie mich ?". In der Vertonung bildendiese drei Strophen fUr sich genommen eine dreiteilige Form mit rezitativi-

schem Mittelteil. Es l iegt in der Natur solcher rezitativischer SteUen, dat.\

sie sich nicht so zwingend auf die regelmlit .\ igeLinge zurilckfnhren lassen,

wie die liedmlit.\igvertonten Telle. Unser Vorschlag ist daher mehr oder we-

niger unverbindl ich. Der rncklei tende Takt kannte als NuUtakt gedeute t

werden, oder man kannte eine regelmlit .\ ige Llinge von vier Takten anneh-

men, analog der achttaktigen von Beispiel 41." 1m Ganzen gesehen Uber-

wiegt hier der zwei te Tell den ersten , der sowohl textl ich als auch musika-

lisch die RoUe eines ausgedehnteren Prologs spielt. Zu Einzelheiten des Lie-

des vergleiche man Beispiel 10,22, 2S a) und b) , 55 und 61 .

•~,...,...a...,-~ ~ J'" 1,1'1 r ' 1

'i}'lfJ"V I

I "Vf--~

IS Geoqiades meinrzu d ie se r SteBe , S. 246, dd pdas Bedeutame , deb uns t ieCEin-

pavierende dieser Stene ••• daraur· beruhe, ,,daA der hannonische - f1lr deb niebt

ungewtihnliche - Gang in der Struktur ptlndet: g1elcbsam eine Synthese von har-

monlscher und rhythm1sch-metHscher Modulation:' M6g1.1cherweisehat Georslades

dabei den vlertaltt isen AbsebniU gemelnl, der inder Mitte den SchluBakzent des

vorangehenden B-TeDes triBt, so daAdie RDckmodulation den Raum biszum nlch·

lten Anfanpakzent audllnen kano.

v

v ,If-

v I

125

124

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A nd er e F or me n

r ,

I

~

J f

V

Ntlchlplel

Nr. 17, Die b6se Farbe

~ . . . . . ., - . . , , -(~ 1, 3 I t ) 1 .1 ,

~ ,r b

~

r III I-)0

V

Drei Paarbildungen beherrschen die Form: a - a', b - a', e - a'. Die

harmonischen Korrespondenzen lauten der Reihe nach: Modulat ion in die

Tonart der V. Stufe - GanzschluB, HalbschluB auf der V. Stufe - Ganz-

schluB, HalbschluB auf der V. Sture - GanzschluB. Der abschlieBende Cha-

rakter von a ' wird jedesmal unterstr ichen clurch die Wiederholung der bei -

den letzten Takte, vergleiche Beispiel 25 c). Die sechs Textstrophen entspre-

chen aber nicht genau den seehs Abschnitten: dem e-Teilliegen sechs Zeilenzugrunde, die fO r das abschJieBende a' verbleibenden zwei Zeilen mllssen

dann folgerichtig wiederholt werden. Die Gesamtform liBt sich bequem als

Rondo mit b und e alsCouplets deuten .

Vonplel

I v

",'

~ ~ ,y'i

~ ;f 0 "" A1., ,,~ It

,. . i -.~II;. '{,J.

v 'tf ~Nr. 4, Danksagung an den Bach

Vonplel a...

~. . ~ ~ _ _ _ , , . . . , . . . . - ,

('" .z , J It r

"l- I)

4 s: J

"I

Re{rtlin

",,-J.-r- ~ ~ ~ ~

s: " ( D ) "r, h. I..(o ) .f .L 3 If C a . 4 0 )

v I V I v~ I--V I V I V IV 1 1

127

v

" ' . t ; '{,4

v + .r I " "4 " . . ,

.-.n. . . , - . . c - . .n. "i"\. «»If r , r I (6)

. t , V t> VI

,."....,.. .. . . . -1 I,

vft{ttl

Ii ,.,

1 - ~ 1, .

vft~ I* ,

126

deren Probleme. Bei der ersten Strophe ergeben sich aus diesem Verhlil tnis

d~ei unbetonte Silben: ..Dein Singen, dein Klingen, war es also gemeint?"Refra in Zwl . ehensp ie i

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~ . . . . . - . . . . ~ , ~

r I (0) tft .{(~.1 "" . , c , • .s 'I

V I V I V I

DIe Dehnung durch einen Nulltakt - wir zahlen durchgehend die halben

Takte - machte aus dem Bestreben zu verstehen sein, weibliche Endung

und Auftakt gegeneinander abzusetzen. Statt eines Nulltaktes kannte auchein gestreckter siebenter Takt angenommen werden.

I Refra ina.. Millerl

"...,-, ....--, ~ ~ ~

( 0 " D J , . Jf /, J t r , 1 4 I, Ii f" .

V J V I

, , , 1 > / 1 /

e - tJf"

~ rl""'"1 ~ ~ ~ ,..--,

"a, 3 t r ,

,I (1 4 ~) 1~ s

"V I I

Refra in NlICh",lel

~ ~ ~~ ~r"

c p J 'f r I, r S o ' a . .- . , .(, ) It or, , . "

Aus der Streckung zusammen mit der Wiederholung ergibt sich ein die

Strophe krimg abschl ieBendes Formgl ied , das nun auch ohne den AniaS

der drei unbetonten Silben gebraucht wird, um die zwei te und f 'l infte Stro-

phe abz~nden. Ais entfemtere Nacbahmung dieses quasi Refrains kann die

Wiederholung der Takte 7 und 8 bei der dritten Strophe angesehen werden.Man versleiche noch Beispiel 17 und 72.

Zwei verschiedene Formgedanken scheinen in diesem Lied auf merkwllr-

dige Weise verbunden. Das Vorspiel, zugleich Zwischen- und Nacbspiel pc-dert in zwei groBe Einheiten, das Auftrelen des a-Teils nach dem Vorspiel,

dann nach dem Zwischenspiel ins g1eichnamlge Moll gewendet und schlie6-

ncb vor dem Nachspiel, jeweils unterbrochen von einer Zwischenstrophe -

der Text hal fUnfStrophen - liBt auf DreiteUlgkeit schlieBen. 1mGesaml-

eindruck Ilberwiegt wohl der Eindruck der Zweiteillgkeit.

Die Verse des Gedicbts haben je vier auftaktig beginnende Zeilen, die er-

ste, zweite und vierte Zeile enden mlinnlicb, die dritte weiblich. Bei der Ver-

tonung der dritten und vierten Textstrophe ergeben sicb daraus keine beson-

128

129

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BEWAHRUNG

In ihrer in der Einleitung erwihnlen ..Melodielehre" behandeln Lars Ulrich

Abraham und Carl Dahlhaus unler anderem auch die "Bildnis-Arie" aus derZauberfl6te von Mozart. Sie kommen zu dem SchluS, daB "die negat iven

Merkmale der Arie - schwache, skizzenhafte Ausprigung des Formlypus,

partielle UnregelmiBigkeit der Syntax, Vagheil der Molivbeziehung" nichl

als ,.islhetische Mingel" angesehen werden dlirfen ... Adiqualer wire es, sie

als Zeichen einer Emanzipation der Melodik zu verstehen: einer Emanzipa-

t ion . .. von der Quadratur des Periodenbaues . .. .. . 21

-

lWie schon im Vorworl erwlihnt, neigen die Autoren dazu, den Begriff

der . .Quadratur" recht eng zu fassen. Tut man das, dann muS zwangslliufig

jede Abweichung von ihr zur . .Emanzipat ion", zur Befreiung vom Zwang

der Regel werden.

Mozart, Zauberflote, "Dies Bildnis ist bezaubemd schon"

A

I v V

~ ..,..,_,_ ,,_ ~ ,.,- rl

(D ., D ,.) " N J t £ ';f~ s: : . : r a.

V v l f + t v

21 8.8.0., Selte 61

131

Dem nach zwei Null takten beginnenden ersten Tel l konnen acht formate

Takte zugrunde gelegt werden. Die ersten vierTakte werden von der harmo-

nischen Korrespondenz I - V, V - I getragen, worauf auch Abraham -B , 4 . -

,.,-~

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- r z = c e1 - i f) (~

Oahlhaus hinweisen, es ergibt sich ein Paar von zwei Zweitaktern. Denken

wit uns den Satz etwa analog zu Beispie l 15 a) gebi ldet , so konnen jetzt zwei

Einzel takte kommen. Mozart bringt aber drei Einzel takte, so zwar, daB der

drit te Einzeltakt den beiden ersten antworte t, das so entstehende Gebi lde

entspricht etwa Beispiel 57 a). Sicher war es die textliche Grundlage und der

Wunsch, das "Gotterbild" moglichst ausdrucksvoll zu deklamleren, der Mo-

zart zu dieser Faktur bewog. Da der vierte Takt dieTonika in Terzlage - al -so in einer wenig schluBkriiftigen Form - brachte, kann der formale sechste

Takt die Dominante bringen, der dritte Abschni tt des Satzes fibernimmt al -

so die weiterdringende Funktion, iihnlich wie bei Schubert Nr. I, "Das Wan-

dern", nur in kleineren Dimensionen. SinngemiiB muB der vierte Tell ab-

schlieBen. Daf.\dabei der formale siebente Takt zu zwei Takten gestreckt

wird, vergle iche Beispiel 39, war uns schon mehrfach begegnet . Auch die

Wiederholung der Takte 7- 8, differenziert durch TrugschluB - GanzschluB,

fand sich bei Beispiel 25. Aber sogar die Verbindung von Streckung und

Wiederholung zeigt recht iihnl ich Schubert Nr. 5, "Am Feierabend", Takt

46ff. Noch wei ter geht die Obereinstimmung mit dem A-Teil von Nr. II.

~. . . . , - . , - ,.r-r ,."..._,,-

( t J , f 0 .) " "J Y r ,

" l- I 1, , # "" , ,~~

I . , V V v t f V l

V

s-r: ..r ~~ ~ ~ ,;-..r.{J It, o: :If, (0)

":Iv 3 " r ,

-::.\, • .f .L

vtf I

Vh,

I

Zwei einleitende Nulltakte ergreifen die Dominanttonart und nehmen die

Melodie des Mittelteils vorweg. Dieser selbst ist paarig gebildet. Wir Iegen J6Takte zugrunde, dann sind die Korrespondenzen gegeben durch den Halb-

schiuB auf der Dominante im 8. Takt und den GanzschluB im letzten Takt .Die zweite Hi il fte unseres Paares bringt zwei abschlie6ende Gl ieder, d ie

durch das Verhiil tnis TrugschluB - GanzschluB differenziert sind. Bis bier-

her ahnelt die Anlage sehr dem bei Beispiel 30 gezeigten Fall, einschlieBlich

der Textwiederholung "la,ja! Die Liebe ist 's aUein, die Liebe, die Liebe, die

Liebe ist's aUein". Hier kommt lediglich noch die Streckung von vier auf

fUnfTakte beim zweiten der schliefsenden Glieder dazu. Ein verschrankt mit

dem SchluBtakt einsetzendes Zwischenspie l emiedrigt die Sept fiber dem

Dominantgrundton und bereitet damit den rilckleitenden 8-taktigen Domi-

nantorgelpunkt vor.

v

OJ

Die GesamtanJage ist dreitei lig. Der erste Tell , ein erweiterter Satz , ka-

denziert in der Haupt tonart, der zweite Tell s teht in der Dominanttonart,

ein rUckleitender Orgelpunkt Uberder Dominante flihrt zur tonalen Reprise

und damit zum dritten Teil, der erst in den Kadenzwendungen auch material

an den ersten Tell anknfipft.

Nach einer Generalpause und einem einle itenden, d ie Beglei tf igur vor-

wegnehmenden Nul ltakt beginnt der drit te Tei l in der Haupttonart . Er ah-

nel t im Aufbau dem ersten Teil , die ersten vier Takte sind gegl iedert in I +I + 2, bei Takt 5 unterbleibt die Streckung, von Takt 7 an wird der erste

Tell wortlich aufgenommen. Bestiitigungen runden das Ganze abo

132 133

einer zuvor miBverstlindlich starr und eng ausgelegten ..Quadratur" anE!.~

nehmen.. OaDeriii'8chte diese Arbeit durcliaus nur ais Anfang zu verstehen

" 1 1VF IH\ u· Jc . H - ' ;-

licr-r"/liR"

' f(q~ eh ( . I I I C .ASq..

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sein. Es wird noch vieler lihnlicher Arbeiten bedUrfen, bis die Wissenschaft

f iber die "terrible simplif ica tion", die lm Begriff der "Emanzipation" und

anderen derartigen hoehst fortschrittlichen Begriffen liegt, endgilltig hinaus

kommen wird. Bis dahin sollten sich gediegene Wissenschaftler von allen vor-

elligen Hypothesen Uber den gewesenen und nicht minder den mutmalsli-

chen kUnftigen Verlauf der Musikgesehichte distanzieren.

f.A p ~ e . . e e C, /.)a.ffiqv~ -p , v. (.LO(1Q.. Q..~. 1 1 1 -

Y o t J ~ V € A W ~ . s c : B Q @ '1 - . u -,. • S ' : i - t S 8 : : ~"Q..,J-KORRESPONOENZEN l W t r c I J.U L O e . · ~ Q A . I J ' C . .. '~ o t t · OW.(..IOW'Q.. 1. ~~ . ~I A , . . . . o....t't.

~ Vlolfnch ist nnhand der vorstehemlen Beispiele auf die harmonisch-melo-

dischen Korrespondenzen hingewiesen worden, die die gemeinte Gliederung

ohrenflil lig machen. Es stellt sieh die Frage, in welchem Verhlil tnis Korres-

pondenz und Gliederung nicht nur in konkretenEinzelfiil len sondeen alige-

mein stehen. Man vergleiche daraufhin die korrespondierenden Anflinge

sowie die korrespondierenden Endungen bzw. Schliisse folgender achttakti-

ger Sitze bzw. Perioden (wir ziihlen formale Takte):

Nr. 13, , ,schad urn das schene grUneBand", Takt 3 ff:

Takt I, I.Stufe - Takt 2 Taktmitte, Vi Takt 3, Sextakkord der I, Stufe

- Takt 4 Taktmitte, III' ; Takt 5, Sekundakkord der V. Stufe - Takt 6,

I Sextakkord; Takt 7, IV - II - V 7 - Takt 8, I.Stufe.

Nr. 6, ..Oer Neugierige", Takt 23 ff(Beispiel2S a):

Takt I, I - Takt 2, 2. Viertel, I; Takt 3,1. Stufe Moll- Takt 4, V; T akt

5 - 6 wie Takt I - 2; Takt 7, II - V - Takt 8,1. Stufe. (Von der Wieder-

holung der Takte 7 - 8 kann fU r die folgenden Uberlegungen abgesehen

werden).

Nr. 19, ,.Der MUllerund der Bach", Takt 3 ff(BeispieI12):

Takt I, I - Takt 2, V fiber Tonika-Orgelpunkti Takt 3, V Uber Tonika-

Orgelpunkt - Takt 4, I in Terzlage; Takt 5,1 - Takt 6, phrygische II . Stufe;

Takt 7, V - Takt 8, I in Oktavlage,

U~~~Ja! sich. da1\zwar in;;:en Korrespondenzen Gberall deutlieh em abge-

stuftes Verhliltnia yOJLSpannUJlB·lUUlJJiJ.qng zum Ausdruck komm!. ~~aber dieses Verhiil tnis auf sem verschiedene - wenn auch lewiB nicht belie-

1:?1je- Arten Gestalt gewinnen Leang Aile drel Sitze schlieBen also 1m ach-

en Takt mi t der Tonika in Oktavlage, der korrespondierende vierte Takt

bringt aber bei Nr. 13 die III', bei Nr. 6 die V, bei Nr. 19 g ar die I. Stufe in

Terziage, also drei ganz verschiedene Kil inge, die aber je als offen mit der

abschlieBenden I. Stufe in Oktavlage in Beziehung treten. Dem Anfang mit

der I. Stufe korrespondiert bei Nr. 6 und 19 ein zweiter Anlang in Takt S

ebenlal ls mi t der I . Stufe. Bei Nr. 13 dagegen sind die beiden ersten Zwei-

134 13S

takter insoCernanalog gebildet, als sie von der I.StuCe in einen Spannungs-

klang fUauen,der Stil ls tand in Takt 4 wird noch durch eine Fermate unter-

strichen. Driller und vierter Zweitakter gehen den entgegengesetzten Weg,

'!!!!J!'~' acht~a.kl~e.§.atze wie die vorstehenden grundsiitzlich so verstehenwollen, daS ~ einem leichten Takt bes!nngn. Die weitere AbstuCung

der Gewichte ware nach Riemann so zu denken, daB in der letzten Zeile von

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sie fUhren beide vom Spannungsklang in die I.StuCe,die nochmals difCeren-

ziert wird durch Sextakkord in Takt 6 und Grundakkord in Oktavlage in

Takt 8 . Oem AnCang mit der I.StuCe korrespondiert auCdiese Weise in Takt

S e in zweiter AnCangmit dem Sekundakkord. der V. StuCe.

Bei aller Verschiedenheit der barmonischen VerliuCe IiBt sich in allen drei

Fillen dieselbe rh~ischeGiiederunga6heben:esTSrdrezu-Anlang a r e -set Stuaie erwahnte BilduqY'OD Paaren, die zur Zusammenordnung zunichst

von je zwei Zweitaktern zu VierlaJttern und wei ler von zwei Viertaktern

zum achttakligen Satz fUhrt. Fur die materiale Seite der harmonisch-melodi-

schen Korrespondenzen gilt, daB sie zwar der formalen Ordnung in Paaren

entspricht und sie de~Uch zum Ausdruck bringt, daB aber dieseEiiiij ;; ;-

cnung nicht ohne_!£h.!.denJ!! ..! . i ! ! . ! t . womagUch umtehlbar-eindeutige, Zu'

ordnung von materialen Ge~benheiten zu 6estimmten Stellen des formalen

Verlaufes veiWiindeii ~den k ~ : E S - n i u t r a r s o 8 n - i n e s e ; - S i e i i e " e i i i 7 J i y t h -m'iicher Typus der Paarblldung a u r zwei Ebenen unterschieden werden von

unbestimmt wievielen Arten, wie dieser Typus im Medium von Harmonie

und Melodie "erscheinen" kann.

Dieser Umstand muB sich auswirken auC aUe Versuche, das musikaUscheGeschehen in einen Geriistsatz zusammenzuziehen. Ein solcher Geriistsatz = F ' t tA S c f -muBjedenfalls, wenn in der abbreviierten Gestalt der Sinn des musikaUschen c S T 1 W r ll lA AVorganges enthalten sein soll, die erwahnten Korrespondenzen gemaB ihrem

syntaktlschen Rang enthalten, und zwar die korrespondierenden Anrange

ebenso wie die korrespondierenden Schlilsse. Ein Geriistsatz, dessen Klinge

~!ic~~m . 'neben , d . e . ~ .'i1C~.~_e~p"~!!~~~_z,e~_~!~!!~~_g,deL.!!~!.~~_~~~~~!~~.!!JR1cliltierUcksichtigen, 1Stproblemabscb..Jlier sind besonders die StimmfUh-

runssanalysen nach 1fifiiriCii ' s C h e n k ; ; zu erwlihnen, die sowohl im einzel-

nen wie auch grundsiitzlich daraufhin zu untersuchen waren, wieweit sie die-

ser Maxime genOgen21• Wie schon im Vorwort erwahnt, begniigt sich diese

Arbeit damU, den Geriistsatz durch Angabe der wichtigsten Stufen zu

skizzieren.

Eine wesentUche Rol le spie len die Korrespondenzen aber auch bei derFrage nach dem Gewicht der einzelnen Takte.. Bekanntlich hat Hugo Rie-- -27 Gu dr un H e nn eb e rg ( T he or ie n z u r R h yt hm i k u n d Me tr ik , T u tz in g 1 9 74 ) d is ku ti er t

a u sf ll h rUch da s Ve r hi l tn i s d e r S t immf l lh r ung san a ly s en n a ch He inr ic h Schenker ZUl

r hy thm is ch en GUe de ru n g. S ie e rw 5 h n t In i h re r A lb ei t h l iu f '18d a s Ko r re s pondenz ·

p ri nz ip , k omm t a be r, s ow e lt i ch s eh e, z u k el ne r a bs ch li eB en de n A u ss ag e I Ib er d i e

S tel lung de ss e lb e n zum Ge rUst s at z . I c h s c hla ge ob ls e Fo rmuUe rung a l sD i s ku ss lon s -grundlqe vor. . '

136

Beispiel 1 die Achtelnoten durch ganze Takte ersetzt werden und dann der

erste Takt weggelassen wird, also: leicht - scffir - leicht - schwerer -

teicht - schwer - teicht - am schwersten. Riemann denit sich demnach

GroBi ikte, die acht gewohnl iche Takte enthal ten, und li i1\ tdann die Sinn-

einhei t mi t dem zweiten, unbetonten Takt des GroBtaktes beginnen und bis

zum Colgenden ersten Wert des nachsten Gro1\taktes reichen. Neuerdings hat

§!nst Ap/$J diese Auffassung in etwas modifiz ierter Form vertretenv , An3ersel6en Stelle entwickelt Carl Dahlhau$ den Gedanken daB bestimmte- 'harmonisch·rhythmische Modelle mit bestimmten Gewichtsverhaltnissen

der Takte mehr oder weniger fest verknUpft sind. Auch er kommt in einer

~eihe von Fallen zu dem Ergebnis. daB der eISte Takt teicht sein_mul\.

Bezieht man die Korrespondenzen in die Betrachtung ein, so wird dieses

Ergebnls _!llehr_o~~~~~~~ ..P.!.~~~m..!tl~h. I!,sbesondere in den FiUen..Jpaenen ale ntule un ersten Takt mit einer I . StuCe im rLinftenTakt korres-

pondiert, wird man diese erste StuCe in den Gerllst~iihGie1iineliiiien undentsprechend ihrer syntaktischen Bedeutung auch gewichtig haren. Nicht

minder bedeutend ist aber schon die Korrespondenz der Tonika im ersten

Takt mit der kadenzierend abschlieBenden Tonika im achten Takt.

Man kannte das Problem auch ins Psychologische wenden und sagen:

Ste~t sic~ der.Horer auf die Korre~pondenzen der Anrange und Schliisse ein,so 1aBtSlch die VorsteUung des Riemannschen GroBtaktes nicht mehr Iest-

~. SteUt man sich dagegen GroBtakte im Sinne Riemanns vor, so wer-

den insbesondere die korrespondierenden Anflinge undeut lich und ver-

schwimmen. Das eben Gesagte gilt Obrigens mutatis mutandis auch fUr eln

Horen im Sinne von Zheodor WiehmllUf'o ! der, umgekehrt wie Riemann,

den ersten Takt des acfii rnmgenSiiies ais schwer, den letzten als leicht an-

~. In diesem Fall mUssen die korrespondierenden Anrange hervortreten,

die korrespondierenden Schli1sse undeutlich werden. Es versteht sich, daB

eine solche Wendung ins Psychologische nur die sachliche Selte des Problems

in einer bestimmten Beleuchtung zeigen, n iemals aber das Problem selbst

losen kann.

Noch deutUcher wird das Problematische der Riemannschen Gro1\takte ,wenn man wirkl iche , komponierte GroBtakte zum Vergleich heranzieht.

11 S y st em d er mu si ka li sc h en Rh yt hm i k u n d Me tr ik L e ip zi cr 1 90 32, • " t : J

Ernst Apfel un d ellrl Dahlhllul, S tu d ie n z u r T h eo rl e u n d Ge sc hi ch te d e r mu si ka li ·

s ch en Rh yt hm i k u nd Me tr ik , MUn ch en 1 9 7 4

'0 Mu sl ka li sc he Rh yt hm i k u n d Me tr lk , Ma g de bu rg 1 9 17

137

Beispiel 41 zeigt einen solchen GroL\takt von vier notierten Takten in Ge-

slatt der Rllckleitung vom a-rea zur Reprise des A-Teiles. Die glcichmaL\igerhythmlsch-harmonische Bcwegung erlaubt es, die vier Takte, die zwLo;chon

VERLEGT I EI II ANS SC II NEIDER , TUTZ ING

8/7/2019 Neumann, Musikalische Syntax und Form im Liederzyklus " Die Schoene Muellerin" von F. Schubert

http://slidepdf.com/reader/full/neumann-musikalische-syntax-und-form-im-liederzyklus-die-schoene-muellerin 69/69

der abschlieBenden Kadenz und der Reprise vermitteln, Im Sinne eines

GroL\taktes abzustufen als schwer - leicht - e twas weniger schwer - leicht,

Man beachte aber, daB sich dieser GroL\ lakl auf lwei Abenle stutzt, den

Sdi iuLkient des B-Tei les und den folgeoden AnCangsakzent der Reprise.

Beim Vergletch solcher echter Grol\tikte mit vierlaktigen Abschnitten von

Sitzen oder auch mit achttaktisen Sitzen und Perioden muB zwingend deut-

Iichwerden, daB in den letzteren ein gestaltendes Moment wirksam ist, dasin den echten GroL\takten noch nichl zum Tragen kommt: d ie Dildung von

Puren, die sich in korresgondierlindenj~nCiingen und Sch!Ussen auL\ertJl •

JI We it er e B el sp ie le f Ur e ln le it en de u nd r Oc kl el te nd e G ro Bt ak te n nd et d er L es er I n

m ei ne r A lb ei t D ie Z ei tg es ta ll . B sp .1 22 1) u nd b ). 1 54 a ) u nd b ) u nd b es on de rs 1 59 .D ie K omm e nt are d az u b ri ng t d er T ex tb an d a ut S ei te 58.6 3 u nd 6 4. Z u m p ri nz lp l-

e ll en U nt er sc hl ed v on G ro Bt ak t u nd p aa rl ae r O rd nu na s ch e m a n S ei te 3 7 t . t er ne rzum Ifill« der E ntsprechq S. 134 r r .Ernl' Apfel un d Carllklhlhaus machen zwa r aUSBicb iBGeb ra u ch vom Be i sp ielb and

d er Z e it se st al t, d es se n B e is pi cl c s ic in I hr em S in n um ln te rp re ti er en . Au s d en w e n l-

s en E rw l ih nu ns en d es T ex tb an de s, d ie z ud cm s ch r a ll ae mc in s eh al le n s in d, s eh t

a b er h er vo r, d a B s l e d en t ie fs re if en d en Un te rs ch le d z w i sc he n P a ar bi ld u na u nd G r oB -

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Be e thoven -Aus st eUung de r Bayer . S t aa t sb lbl ioth ek MUnchen.1977Bekke r , P . : Gu s ta v Mah ier s S in f onle n

B od ky , E .: D e r v o nr as d er K la vi er w er ke v on J . S . Bac hBr ahms , J . : B r ie fwe eh s cl . 16 Dde . ( a u ch e lnz e ln I i er e rb a r)O r tl dl le , D . /J an et uy , K . : Ku lt ur ge sd li ch te d e s l Io rn s.

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LD tg en d or ff ,W . L . v .: D i eG e ig en - u n d L a ut enmac he r

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Ma t thi lus , W . : J oh ann And r! !. Mus ikv e rl a s z u Or re nba ehMoscr , A.: Ges eh ich te d e s V io lin sp lel s . 2 Dde .

Mo s cr ,l I. J .: L e hl bu c h d e r Mu s ik g es ch ic ht c. 1 4. Au l' bs eMo s cr ,l I. J .: D a sd eu t! lt he L ie d s el t Mo z ar t

C a rl O r rr u n d ! lt in W c rk

Bel. I:Frnlazeit

U d . I I : L e hr ja h re b e i d e n I Il te nM e is te rnUd .I II : S ch u lw e r k. mcmen ta rc Mu si k

O s th or r, I I. : J o ~q u in D e sp re z. 2 Od e.

P n tz n er , " .: W e rk u n d W i cd er ga beP lanyav lky, A . : Ge s ch ich te d e s Kon t ra b as se s

R a ab e, P .: F ra nz L i sz t. 2 . A u f' la ge . 2 Dd e.

Sch iJ l ce , R . : Ge s ch ieh te d e r Mus iUsth et ikS c hm i dt -G a rs , J .: N i co la s Gomb e rt

S chne ide r , M. : Ge s ch ich te d e r Meh r st lmmlak ei tS t ie a er , F . : Ope rn lex i lt o n

T el l I : T i te lk at al os . 3 D de .Te U II:Kompo n is te nk at al og . 3 Dd e.

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