Prädisposition für eine nichtalkoholische Fettleber ... · PDF fileprogressiven Form...

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Institut für Laboratoriumsmedizin und Humangenetik Virchowstraße 10 c Prof. Dr. med. J. Blessing 78224 Singen Dr. med. F. Blessing Tel.: 07731 / 995-60 Dr. med. L. Hehmann und Kollegen Fax: 07731 / 982-6831 Gemeinschaftspraxis für Laboratoriumsmedizin, Mikrobiologie, www.labor-blessing.de Infektionsepidemiologie und Humangenetik Kurzinformation zur humangenetischen Untersuchung Prädisposition für eine nichtalkoholische Fettleber-Erkrankung (MIM ID #613282) infolge von Mutationen im PNPLA3- (MIM ID #609567), GCKR- (MIM ID #600842), LYPLAL1- und CSPG3-/NCAN-Gen (MIM ID #600826) Die nichtalkoholische Fettleber-Erkrankung (NAFLD) ist in den USA die häufigste Ursache einer chronischen Lebererkrankung. Etwa ein Drittel der amerikanischen Bevölkerung weist eine Leberverfettung auf, wobei die unterschiedlichen ethnischen Gruppen eine stark unterschiedliche Prävalenz zeigen. So sind Personen spanischen Ursprungs zu 45 %, Kaukasier zu 33 % und Afroamerikaner nur zu 24 % betroffen. Die nichtalkoholische Fettleber-Erkrankung ist auch die häufigste Ursache permanent erhöhter Leberwerte in der Bevölkerung, die (nach Ausschluß viraler Erkrankungen) bei etwa 7 % der Menschen nachweisbar sind. Auf der anderen Seite schließen normale Werte eine NAFLD nicht aus. Häufigste Begleiterkrankungen sind Fettsucht und Insulin-Resistenz. Damit ähnelt die Erkrankung sowohl in der demographischen Verteilung als auch in der Symptomatologie dem metabolischen Syndrom, das durch Fettsucht, Diabetes mellitus, Hochdruck und Dyslipidämie charakterisiert ist. Studien haben gezeigt, daß die Wahrscheinlichkeit einer nichtalkoholischen Steatohepatitis (NASH), der progressiven Form der NAFLD, mit der Zahl der Symptome des metabolischen Syndroms korreliert, die ein Patient aufweist. Umgekehrt ist die NAFLD ein Risikofaktor für die Entwicklung des metabolischen Syndroms. Ursache der Erkrankung ist eine Akkumulation von Fett im Leber- statt im Fettgewebe des Körpers, das normalerweise als Puffer wirkt und so die Leber schützt. Die Effektivität dieses Puffers ist jedoch von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich. Dementsprechend kann der Fettanteil in der Leber von weniger als 1 % bis über 50 % des Gesamtgewichts variieren. Die Fettspeicherung in der Leber führt zu Insulin-Resistenz und Dyslipidämie und kann bei einem gewissen Prozentsatz der Betroffenen eine chronische inflammatorische Reaktion hervorrufen, die als NASH bezeichnet wird und zu Leberzirrhose und Krebs prädisponiert. So werden in den USA etwa 10 % aller Lebertransplantationen wegen einer NAFLD-assoziierten Leberzirrhose durchgeführt. Auch im Hinblick auf diese Komplikationen gibt es ethnische Unterschiede. So haben Personen spanischen Ursprungs ein höheres und Afroamerikaner ein niedrigeres Risiko. Diese Unterschiede sind wahrscheinlich auf genetische Faktoren zurückzuführen. Deshalb wurden bislang zwei Genom-weite Studien durchgeführt, um Sequenzvarianten zu identifizieren, die mit einer NAFLD assoziiert sind. In der ersten Analyse wurde ein von Exon 3 des PNPLA3-Gens kodierter Isoleucin 148 (ATC)Methionin (ATG)-/p.Ile148Met-/I148M-Austausch identifiziert, der das Erkrankungsrisiko erhöht (Romeo et al. 2008 Nat. Genet. 40: 1461-1465). Das PNPLA3-Gen kodiert für die 413 Aminosäuren lange Triglyzerid-Lipase Adiponutrin des weißen und braunen Fettgewebes, deren Aktivität durch Fasten und Nahrungsaufnahme reguliert wird. In der zweiten Studie (Speliotes et al. 2011. PLoS Genet. 7: e1001324) wurde diese Assoziation bestätigt. Gleichzeitig wurden drei weitere Varianten im GCKR-, LYPLAL1- und CSPG3-/NCAN-Gen identifiziert, die sowohl den Fettgehalt der Leber beeinflussen als auch (im Gegensatz zur PNPLA3-I148M-Mutation) Auswirkungen auf die Serum-Lipide, die Nüchternglukose und die Insulinresistenz (HOMA-IR) haben (siehe Tabelle). Dabei handelt es sich um eine von Exon 15 des GCKR-Gens kodierte Prolin 446 (CCG)Leucin (CTG)-/p.Pro446Leu-/ P446L- Substitution, einen CT-Austausch in der 3´-flankierenden Region des LYPLAL1-Gens (rs12137855) und einen von Exon 3 des CSPG3-/ NCAN-Gens kodierten Prolin 92 (CCG)Serin (CTG)-/p.Pro92Ser-/P92S-Austausch. Das Glukokinase-regulierende Protein (GCKR) inhibiert die Glukokinase (GCK) in Anwesenheit von Fruktose-6-Phosphat. Die relativ häufige P446L-Mutante führt zu niedrigeren Glukose- und höheren Triglyzerid-Spiegeln. "Lysophospholipase-like 1" (LYPLAL1) ist dagegen wahrscheinlich eine Triglyzerid- Lipase/Esterase, die im Subkutanfett übergewichtiger Personen vermehrt exprimiert wird, während das CSPG3-/NCAN-Gen für ein Chrondroitinsulfat-Proteoglykan kodiert, das die Zelladhäsion und Migration beeinflussen soll. Material: 0,5 - 2 ml EDTA-Blut (normaler Postversand) Methode: Die genomische DNA des Patienten wird aus einer EDTA-Blutprobe isoliert. Anschließend werden Exon 3 des PNPLA3- Gens, Exon 15 des GCKR-Gens, Exon 3 des CSPG3-/NCAN-Gens und die den rs12137855 flankierenden Sequenzen ca. 62 Kilobasen 3´ des LYPLAL1-Gens mit Hilfe der PCR amplifiziert und sequenziert. Zeitdauer: ca. zwei Wochen ____________________________________________________________________________________________________ Leber Leber Leber Leber-Fettgehalt Fettgehalt Fettgehalt Fettgehalt CT Histologie CT Histologie CT Histologie CT Histologie LDL HDL TG LDL HDL TG LDL HDL TG LDL HDL TG Nüch Nüch Nüch Nüchtern tern tern tern- HOMA HOMA HOMA HOMA- Glukose IR Glukose IR Glukose IR Glukose IR modifiziert nach Speliotes et al. 2011. PLoS Genet. 7: e1001324

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Institut für Laboratoriumsmedizin und Humangenetik Virchowstraße 10 c

Prof. Dr. med. J. Blessing 78224 Singen

Dr. med. F. Blessing Tel.: 07731 / 995-60

Dr. med. L. Hehmann und Kollegen Fax: 07731 / 982-6831 Gemeinschaftspraxis für Laboratoriumsmedizin, Mikrobiologie, www.labor-blessing.de

Infektionsepidemiologie und Humangenetik

Kurzinformation

zur humangenetischen Untersuchung

Prädisposition für eine nichtalkoholische Fettleber-Erkrankung (MIM ID #613282) infolge von Mutationen im PNPLA3- (MIM ID #609567), GCKR-

(MIM ID #600842), LYPLAL1- und CSPG3-/NCAN-Gen (MIM ID #600826)

Die nichtalkoholische Fettleber-Erkrankung (NAFLD) ist in den USA die häufigste Ursache einer chronischen Lebererkrankung. Etwa ein

Drittel der amerikanischen Bevölkerung weist eine Leberverfettung auf, wobei die unterschiedlichen ethnischen Gruppen eine stark

unterschiedliche Prävalenz zeigen. So sind Personen spanischen Ursprungs zu 45 %, Kaukasier zu 33 % und Afroamerikaner nur zu 24 %

betroffen. Die nichtalkoholische Fettleber-Erkrankung ist auch die häufigste Ursache permanent erhöhter Leberwerte in der Bevölkerung,

die (nach Ausschluß viraler Erkrankungen) bei etwa 7 % der Menschen nachweisbar sind. Auf der anderen Seite schließen normale Werte

eine NAFLD nicht aus.

Häufigste Begleiterkrankungen sind Fettsucht und Insulin-Resistenz. Damit ähnelt die Erkrankung sowohl in der demographischen

Verteilung als auch in der Symptomatologie dem metabolischen Syndrom, das durch Fettsucht, Diabetes mellitus, Hochdruck und

Dyslipidämie charakterisiert ist. Studien haben gezeigt, daß die Wahrscheinlichkeit einer nichtalkoholischen Steatohepatitis (NASH), der

progressiven Form der NAFLD, mit der Zahl der Symptome des metabolischen Syndroms korreliert, die ein Patient aufweist. Umgekehrt

ist die NAFLD ein Risikofaktor für die Entwicklung des metabolischen Syndroms.

Ursache der Erkrankung ist eine Akkumulation von Fett im Leber- statt im Fettgewebe des Körpers, das normalerweise als Puffer

wirkt und so die Leber schützt. Die Effektivität dieses Puffers ist jedoch von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich. Dementsprechend

kann der Fettanteil in der Leber von weniger als 1 % bis über 50 % des Gesamtgewichts variieren. Die Fettspeicherung in der Leber führt

zu Insulin-Resistenz und Dyslipidämie und kann bei einem gewissen Prozentsatz der Betroffenen eine chronische inflammatorische

Reaktion hervorrufen, die als NASH bezeichnet wird und zu Leberzirrhose und Krebs prädisponiert. So werden in den USA etwa 10 %

aller Lebertransplantationen wegen einer NAFLD-assoziierten Leberzirrhose durchgeführt. Auch im Hinblick auf diese Komplikationen

gibt es ethnische Unterschiede. So haben Personen spanischen Ursprungs ein höheres und Afroamerikaner ein niedrigeres Risiko.

Diese Unterschiede sind wahrscheinlich auf genetische Faktoren zurückzuführen. Deshalb wurden bislang zwei Genom-weite Studien

durchgeführt, um Sequenzvarianten zu identifizieren, die mit einer NAFLD assoziiert sind. In der ersten Analyse wurde ein von Exon 3 des

PNPLA3-Gens kodierter Isoleucin148 (ATC)→Methionin (ATG)-/p.Ile148Met-/I148M-Austausch identifiziert, der das Erkrankungsrisiko

erhöht (Romeo et al. 2008 Nat. Genet. 40: 1461-1465). Das PNPLA3-Gen kodiert für die 413 Aminosäuren lange Triglyzerid-Lipase

Adiponutrin des weißen und braunen Fettgewebes, deren Aktivität durch Fasten und Nahrungsaufnahme reguliert wird. In der zweiten

Studie (Speliotes et al. 2011. PLoS Genet. 7: e1001324) wurde diese Assoziation bestätigt. Gleichzeitig wurden drei weitere Varianten im

GCKR-, LYPLAL1- und CSPG3-/NCAN-Gen identifiziert, die sowohl den Fettgehalt der Leber beeinflussen als auch (im Gegensatz zur

PNPLA3-I148M-Mutation) Auswirkungen auf die Serum-Lipide, die Nüchternglukose und die Insulinresistenz (HOMA-IR) haben (siehe

Tabelle). Dabei handelt es sich um eine von Exon 15 des GCKR-Gens kodierte Prolin446 (CCG)→Leucin (CTG)-/p.Pro446Leu-/ P446L-

Substitution, einen C→T-Austausch in der 3´-flankierenden Region des LYPLAL1-Gens (rs12137855) und einen von Exon 3 des CSPG3-/

NCAN-Gens kodierten Prolin92 (CCG)→Serin (CTG)-/p.Pro92Ser-/P92S-Austausch. Das Glukokinase-regulierende Protein (GCKR)

inhibiert die Glukokinase (GCK) in Anwesenheit von Fruktose-6-Phosphat. Die relativ häufige P446L-Mutante führt zu niedrigeren

Glukose- und höheren Triglyzerid-Spiegeln. "Lysophospholipase-like 1" (LYPLAL1) ist dagegen wahrscheinlich eine Triglyzerid-

Lipase/Esterase, die im Subkutanfett übergewichtiger Personen vermehrt exprimiert wird, während das CSPG3-/NCAN-Gen für ein

Chrondroitinsulfat-Proteoglykan kodiert, das die Zelladhäsion und Migration beeinflussen soll.

Material: 0,5 - 2 ml EDTA-Blut (normaler Postversand)

Methode: Die genomische DNA des Patienten wird aus einer EDTA-Blutprobe isoliert. Anschließend werden Exon 3 des PNPLA3-

Gens, Exon 15 des GCKR-Gens, Exon 3 des CSPG3-/NCAN-Gens und die den rs12137855 flankierenden Sequenzen ca. 62

Kilobasen 3´ des LYPLAL1-Gens mit Hilfe der PCR amplifiziert und sequenziert.

Zeitdauer: ca. zwei Wochen

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LeberLeberLeberLeber ---- Fettgehal tFettgehal tFettgehal tFettgehal t

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Spe lio t es et a l.

2011. PLoS Genet .

7 : e1001324