Problemlösen im Mathematikunterricht

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JOHANNES KEPLER UNIVERSITÄT LINZ Altenberger Straße 69 4040 Linz, Österreich Eingereicht von Seval Hrustic Angefertigt am Institut für Didaktik der Mathematik Beurteiler / Beurteilerin Univ. Prof. Univ. Doz. Dr. Jürgen Maaß Juni 2018 Problemlösen im Mathematikunterricht Diplomarbeit zur Erlangung des akademischen Grades Magister der Naturwissenschaften im Diplomstudium Lehramt für Mathematik und Psychologie und Philosophie

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Page 1: Problemlösen im Mathematikunterricht

JOHANNES KEPLER

UNIVERSITÄT LINZ

Altenberger Straße 69

4040 Linz, Österreich

www.jku.at

Eingereicht von

Seval Hrustic

Angefertigt am

Institut für Didaktik der

Mathematik

Beurteiler / Beurteilerin

Univ. Prof. Univ. Doz. Dr.

Jürgen Maaß

Juni 2018

Problemlösen im Mathematikunterricht

Diplomarbeit

zur Erlangung des akademischen Grades

Magister der Naturwissenschaften

im Diplomstudium

Lehramt für Mathematik und Psychologie und Philosophie

Page 2: Problemlösen im Mathematikunterricht

II

EIDESSTATTLICHE ERKLÄRUNG

Ich erkläre an Eides statt, dass ich die vorliegende Diplomarbeit selbstständig und

ohne fremde Hilfe verfasst, andere als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel nicht

benutzt bzw. die wörtlich oder sinngemäß entnommenen Stellen als solche kenntlich

gemacht habe.

Die vorliegende Diplomarbeit ist mit dem elektronisch übermittelten Textdokument

identisch.

Seval Hrustic

Linz, 15.06.2018

Page 3: Problemlösen im Mathematikunterricht

III

Danksagung

An dieser Stelle möchte ich mich bei allen bedanken, die mich auf meinem Weg

begleitet und unterstützt haben.

Zu allererst danke ich meiner Ehegattin Lejla für ihre unermessliche Unterstützung,

Verständnis und Geduld, die sie über die schweren Zeiten des Studiums hinweg mir

gegenüber aufgebracht hat. Weiters danke ich meiner lieben Tochter Amina, die mir

stets in meinen Bemühungen sowohl durch Motivation als auch durch tatkräftige

Unterstützung bei den Korrekturen meiner Arbeiten zur Seite stand. Auch meinem

Sohn Salim danke ich dafür, dass er immer an mich geglaubt hat und mich in meinem

Tun bestärkt hat.

Als nächstes danke ich meinem Betreuer Univ. Prof. Univ. Doz. Dr. Jürgen Maaß. Er

stand mir jederzeit mit professionellen Rat und zügiger Beantwortung meiner Anliegen

zur Seite. Ich schätze mich glücklich, ihn als Betreuer und als Menschen kennengelernt

zu haben.

Ich danke auch Univ. Prof. Dr. Peter Paule für die Betreuung und Beratung zur Findung

des Themas für die Diplomarbeit.

Dank gebührt auch den Lehrkräften, Kollegen und Schülern und Schülerinnen, die sich

bereit erklärt haben, mich bei der Durchführung der Studie zu unterstützen und mich

mit wertvollen Ratschlägen zu beraten.

Einen großen Dank widme ich ebenfalls Cornelia Strasser, David Zitterl und Katja

Vorreiter und für den Beistand während meiner gesamten Studienzeit und für die

wunderbare Freundschaft, mit der sie mich geehrt haben.

Zu guter Letzt danke ich allen meinen Freunden und Studienkollegen, die mich durch

mein Studium begleitet haben und dies zum schönsten Abschnitt meines Lebens

gemacht haben.

Page 4: Problemlösen im Mathematikunterricht

IV

Kurzfassung

Thema der Diplomarbeit

Problemlösen im Mathematikunterricht

Zielsetzung

Problemstellung und Zielsetzung der Diplomarbeit

Sucht man nach Gründen weshalb, Mathematikunterricht im Alltag nützlich sein soll,

so gibt es nach Winter (1996) drei Grunderfahrungen, die im Unterricht ermöglicht

werden sollten. Die Erscheinungen der Welt zu verstehen, Mathematik als eine

geordnete Welt zu begreifen und die überfachliche Problemlösefähigkeit (heuristische

Fähigkeiten) zu erwerben. Für Winter ist Problemlösen in der Mathematik auch

Fördern des eigenen Denkens, durch das Sammeln von heuristischer Erfahrung (Vgl.

Winter 1996).

Dieser Umstand stellt somit den Kern der Problemstellung der Diplomarbeit dar.

Daraus resultierend ist die Zielsetzung dieser Arbeit, die Untersuchung der

Möglichkeiten und Methoden der Lehrerpersonen bei der Vermittlung von

Problemlösekompetenzen.

Durchführung

Die Diplomarbeit ist in zwei Teile gegliedert. Der erste Teil ist der Theorie des

Problemlösens gewidmet. Hier wird eine Begriffsklärung sowohl aus der Fachdidaktik

der Mathematik als auch der Sicht der Psychologie vorgenommen und die Methoden

des Problemlösens nach Pólya vorgestellt.

Pólyas Methode des Problemlösens dient der Reflexion der eigenen Ergebnisse zu

den bearbeiteten Problemaufgaben nach Pólya und der Identifizierung der Störungen

und Fehler beim Problemlösen. Die Ergebnisse der Reflexion bilden die Basis für die

kritische Betrachtung der aktuellen Theorien zum Thema Problemlösen in der

Mathematik. Dabei wird der Frage nach der Umsetzbarkeit der verschiedenen

Problemlösestrategien in dem Unterricht nachgegangen.

Page 5: Problemlösen im Mathematikunterricht

V

Der zweite Teil der Diplomarbeit ist der empirische Teil. Dieser dient der Umsetzung

einer kleinen Feldstudie in den Schulen. Die Feldstudie sieht Schülertestung der

vierten, fünften und der sechsten Schulstufe vor und anschließende

Lehrpersoneninterviews der getesteten Klassen. Die Ergebnisse der Erhebung sollen

die Praxis beim Unterrichten und Lösen der Problemaufgaben beleuchten und

möglichst fruchtbare Methoden der Lehrpersonen aufzeigen.

Weiteres möchte ich noch anmerken, dass der gelegentliche Verzicht auf die weibliche

Form – wie zum Beispiel „Schüler“ anstatt „Schülerinnen und Schüler“ – keine

diskriminierende Absicht hat, sondern lediglich der besseren Leserlichkeit dienen soll.

„Beauty in mathematics is seeing the truth without effort.”

(George Pólya)

Page 6: Problemlösen im Mathematikunterricht

VI

Abstract

Topic of the diploma thesis

Problem solving in the teaching of mathematics

Objective

Problem solving is a universal cognitive process and is thus essential not only in our

daily lives but also in research and at school. The aim of this diploma thesis is to give

an answer to the question of how different problem-solving strategies can be

implemented in class. Consequently, the findings may help develop a realistic concept

of teaching and practising problem-solving skills.

Implementation

This diploma thesis is divided into two parts. The first one serves to provide some

theoretical information on problem solving. The theory also comprises definitions from

a psychological, a mathematical and a didactical point of view. Besides, there is an

introduction to the problem-solving methods.

The second part is the more practical part. In this section, the author analyses the

results of the problem-solving tasks applied in class.

Page 7: Problemlösen im Mathematikunterricht

VII

Inhalt

Inhalt ......................................................................................................................... VII

Begriffliche Grundlagen des Problemlösens .............................................. - 1 -

Was ist ein Problem? ................................................................................. - 1 -

Definition des Begriffs „Problem“ ............................................................... - 1 -

Typisierung der Probleme ......................................................................... - 3 -

Schwierigkeitsgrade eines Problems .................................................. - 4 -

Wann wird eine Aufgabe oder ein Sachverhalt zu einem Problem? .......... - 4 -

Unterscheidung zwischen Problemaufgaben und Routineaufgaben ... - 5 -

Merkmale und Besonderheiten der Problemlöseaufgaben ................. - 8 -

Didaktische Grundlagen des Problemlösens ............................................... 11

Warum Problemlösen im Mathematikunterricht? ......................................... 12

Problemlösen als Kompetenzbereich der Bildungsstandards für Mathematik

13

Bildungsstandards der vierten Schulstufe und dazugehörige

Kompetenzmodell .............................................................................................. 14

Voraussetzungen für das Problemlösen ...................................................... 17

Was ist eine gute Problemaufgabe im Mathematikunterricht? ..................... 19

Phasenmodell des Problemlöseprozesses nach Pólya ............................... 22

Methode zur Problemlösung nach Pólya ..................................................... 26

Betrachtung Pólyas Beispiele ........................................................................ 28

Ausgewählte Aufgaben aus „Aufgaben und Lehrsätze der Analysis 1“ ....... 28

Aufgabe 1.............................................................................................. 28

Ergebnisse aus eigener Problemlösungstätigkeit ........................................ 31

Lehren und Lernen von Problemlösen .......................................................... 35

Phasenmodell des Problemlösens nach Dewey ................................... 35

Milgrams Kritik an Pólyas Problemlösemodell ...................................... 37

Störungen und Fehler beim Problemlösen .................................................. 38

Page 8: Problemlösen im Mathematikunterricht

VIII

Neuere Modelle des Problemlösens ............................................................ 39

Problemlösemodell als Vorschlag des Bildungsministeriums ...................... 39

Problemlösen lehren nach Bruder ............................................................... 41

Problemlösen lehren nach Leuders ............................................................. 43

Zusammenfassung der betrachteten Konzepte und Vorschläge ................. 46

Fazit des theoretischen Teils ......................................................................... 47

Kreativitätstraining ....................................................................................... 48

Fehlerkultur im Mathematikunterricht .......................................................... 50

Öffnen von Aufgaben ................................................................................... 50

Öffnen der Aufgaben und Aufgabenvariation nach Büchter und Leuders

51

Motivation der Schüler ................................................................................. 52

Betrachtung des Einzugs der Problemaufgaben der ausgewählten

Schulbücher .......................................................................................................... 52

Problemlösestrategien anhand ausgewählter Beispiele .............................. 54

Gegenüberstellung von Algorithmen und Heuristik ..................................... 54

Algorithmen ........................................................................................... 54

Heuristische Strategien ......................................................................... 57

Problemlösestrategien und deren Anwendung im Mathematikunterricht ..... 58

Aufstellung der heuristischen Strategien ............................................... 58

Heuristische Hilfsmittel .......................................................................... 60

Systematisches Probieren .................................................................... 64

Vorwärtsarbeiten ................................................................................... 68

Rückwärtsarbeiten ................................................................................ 68

Kombination von Rückwärtsarbeiten und Vorwärtsarbeiten .................. 72

Variation der Daten der Problemstellung .............................................. 73

Spezialisieren (Spezial – und Extremfälle suchen) ............................... 73

Vereinfachen der Aufgabe .................................................................... 75

Page 9: Problemlösen im Mathematikunterricht

IX

Verallgemeinerung (Generalisieren) .................................................. 77

Invarianzprinzip.................................................................................. 77

Zerteilen des Problems (Zerlegungsprinzip) ...................................... 78

Die Untersuchung ............................................................................................ 79

Stichprobe ................................................................................................... 79

Ablauf der Untersuchung ............................................................................. 79

Untersuchungsinstrumente .......................................................................... 80

Testungsaufgaben ................................................................................ 80

Aufgaben Schulstufe 4 .......................................................................... 81

Aufgaben Schulstufe 6 -11 .................................................................... 84

Interviewfragen für die Lehrpersonen ................................................... 88

Leitfaden für die Lehrpersonen ............................................................. 88

Schwierigkeiten bei der Planung und Durchführung der Untersuchung ...... 89

Auswahl der Aufgaben .......................................................................... 89

Bewilligung der Testung ........................................................................ 89

Auswahl der Testklassen ...................................................................... 89

Zeitlicher Ablauf und Anweisungen der SchülerInnen ........................... 89

Lehrkräfteinterviews .............................................................................. 90

Design der Untersuchung und Hypothesen .......................................... 90

Auswertung der Ergebnisse ........................................................................... 91

Forschungshypothese und weitere Forschungsfragen ................................ 91

Weitere Forschungsfragen .................................................................... 91

Ergebnisse der Lehrkräfteinterviews ........................................................... 92

Vergleich der Schulstufe 4 ........................................................................... 93

Vergleich der Klassen der Sekundarstufe: Schulstufe 6 .............................. 96

Vergleich der Schulstufe 8 ........................................................................... 97

Ergebnisse der Schulstufe 11 ...................................................................... 99

Vergleich der Schulstufen bzgl. der Aufgabe „Der Obsthändler“ ............... 101

Page 10: Problemlösen im Mathematikunterricht

X

Ergebnisse der Sekundarstufe bei der Aufgabe „Der Kunstraub“ .............. 106

Fazit der Auswertung .................................................................................... 109

Welche Aufgaben bereiteten den meisten SchülerInnen die größten

Schwierigkeiten? ................................................................................................. 109

Wie ist die Haltung der befragten Lehrpersonen zu Problemaufgaben? ... 110

Werden im Unterricht Problemaufgaben und Strategien zu deren Lösung

gezielt unterrichtet? ............................................................................................. 111

Was sind die Ursachen für Vernachlässigung der Problemaufgaben, was ist

Lehrkräften wichtiger als Problemaufgaben? ...................................................... 111

Woher bekommen die Lehrkräfte, die Problemaufgaben im Unterricht

behandeln, ihre Materialien? ............................................................................... 112

Werden Problemaufgaben auch in den Schularbeiten eingesetzt? ........... 112

Wie wirken sich die Tipps bzw. nützliche Hinweise auf die Ergebnisse der

Testung aus? ...................................................................................................... 113

Schneiden die Schüler der höheren Schulstufen deutlich besser ab, als die

Schüler der niedrigeren Schulstufe? ................................................................... 113

Gibt es Geschlechterunterschiede bei der Bearbeitung der einzelnen

Aufgaben? ........................................................................................................... 114

Gibt es gute Mathematikklassen? .......................................................... 114

Welche Maßnahmen kann man als Lehrerperson treffen, damit die

SchülerInnen Problemaufgaben besser lösen können? ...................................... 115

Diskussion der Ergebnisse ........................................................................ 116

Literaturverzeichnis .................................................................................... 118

Abbildungs - und Tabellenverzeichnisse ................................................. 121

Abbildungsverzeichnis ............................................................................ 121

Tabellenverzeichnis................................................................................ 122

Anhang ........................................................................................................ 124

Page 11: Problemlösen im Mathematikunterricht

XI

Abkürzungen

Abkürzungen

Bedeutung

Abb. Abbildung

AHS Allgemeinbildende höhere Schule

Aufl. Auflage

bzw. beziehungsweise

d.h. das heißt

Dr. Doktor

etc. Et cetera

ggT größte gemeinsame Teiler

Kap. Kapitel

sgn. Sogenannte

S. Seite(n)

usw. und so weiter

Vgl. Vergleichbar

z.B. zum Beispiel

Page 12: Problemlösen im Mathematikunterricht

Seite 1 von 143

TEIL 1: THEORETISCHER HINTERGRUND

Begriffliche Grundlagen des Problemlösens

“No idea is really bad, unless we are uncritical. What is really bad, is to have no idea

at all.”

(George Pólya)

Was ist ein Problem?

Im Alltag wird man häufig mit dem Begriff Problem konfrontiert, wobei dieser meist

unangenehme Gefühle aufkommen lässt und nicht selten die Begleiterscheinungen

wie zusätzliche Arbeit, Zeitaufwand oder Kosten mit sich bringt. Die idealisierte

Vorstellung von „Problem“ als einer Gelegenheit zu lernen und entdecken, geriet in

den Hintergrund. Die Lösung eines Problems ist stets mit erheblichen Aufwand

verbunden, was die gegebene Situation zu einem unerwünschten Zustand macht.

George Pólya1 unterscheidet in seinem 1945 erschienenem Buch „Schule des

Denkens – Vom Lösen mathematischer Probleme“ nicht klar zwischen einem Problem

und einer Aufgabe. Für Pólya besteht das Lösen einer Aufgabe darin, einen Ausweg

aus einer schwierigen Situation zu finden bzw. einen Weg zu finden die Hindernisse

einer scheinbar unlösbaren Aufgabe zu überwinden (Vgl. Pólya 1966, S. 9).

Definition des Begriffs „Problem“

Dörner2 definiert den Begriff Problem aus psychologischer Sicht folgender Maßen:

„Ein Individuum steht einem Problem gegenüber, wenn es sich in einem inneren oder

äußeren Zustand befindet, den es aus irgendwelchen Gründen nicht für

wünschenswert hält, aber im Moment nicht über die Mittel verfügt, um den

unerwünschten Zustand in den wünschenswerten Zielzustand zu überführen.“ (Dörner

1979, S. 10)

1 George (György) Pólya (* 1887; † 1985) war ein Mathematiker ungarischer Herkunft. Seine Arbeitsgebiete waren insbesondere Wahrscheinlichkeitstheorie, Analysis, Kombinatorik und Zahlentheorie. Pólyas gilt als der Initiator der Problemlöseforschung in Fachdidaktik der Mathematik

2 Dietrich Dörner (*1938) ist ein deutscher Psychologe und emeritierter Hochschullehrer an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg. Dörner beschäftigte sich unter anderem im Bereich der künstlichen Intelligenz mit der Modellierung und Simulation von Emotionen, Absichts- und Handlungsorganisation. Dörner 1979, S. 10

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„Von Problemen ist [...] die Rede, wenn die Mittel zum Erreichen eines Zieles

unbekannt sind, oder die bekannten Mittel auf neue Weise zu kombinieren sind, aber

auch dann, wenn über das angestrebte Ziel keine klaren Vorstellungen existieren.“

(Dörner und Bick 1983, S. 302f. )

Damit setzt Dörner eine Definition des Begriffs Problem, die bis heute ihre Geltung

behalten hat. Demnach gibt es im Falle eines Problems zwei Zustände: einen

unerwünschten Ausgangszustand und einen erwünschten Endzustand. Das Problem

besteht darin, dass man auf dem Weg vom Ausgangszustand in den Endzustand ein

Hindernis bzw. eine Barriere überwinden muss. Die Barriere wird auch häufig

Transformation genannt. Damit meint man im Allgemeinen die Überführung des

Ausgangszustands in den Zielzustand. Die Mittel und Fähigkeiten zur Überwindung

der Barriere sind nicht vorhanden und müssen durch Ausdauer und Einfallsreichtum

ersetzt werden. Diese Überwindung des Problems wird auch Problemtransformation

genannt. Zur Problemtransformation werden Operatoren genutzt. Das sind alle Mittel

und Verfahren, die man zur Lösungsfindung einsetzt.

So etwas wie ein Problem „an sich“ gibt es nicht. Ein Problem kann niemals

unabhängig vom Problemlöser betrachtet werden. Ein Sachverhalt wird zu einem

Problem, wenn der Betroffene diesen Sachverhalt auf Grund seiner Ziele als

unbefriedigend empfindet, wobei diese Ziele vorher nicht bekannt sein müssen.

Abbildung 1.1: Problemsituation nach Dörner3

3 Quelle: Themenheft Mathematik „Problemlösen“ Volksschule Grundstufe I + II von https://www.bifie.at/node/2203, zuletzt besucht am 29.05.2018

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Die Hindernisse bzw. Barrieren, die eine Person am Erreichen ihrer Ziele hindern,

können vielfältig beschaffen sein, wie zum Beispiel:

Strategien zur Überwindung der Hindernisse sind unbekannt

Die Anzahl der möglichen Strategien zur Überwindung der Hindernisse ist zu

groß und zu unübersichtlich

Zielzustand ist nicht bekannt

Zielzustand ist nicht klar definiert

Funke (2011) hat den Begriff „Problem“ sehr treffend umschrieben:

Wer Ziele erreichen will und dabei auf Hindernisse stößt, hat Probleme. Diese

entstehen nur da, wo auch Ziele vorliegen und Routinehandlungen zur Beseitigung der

Hindernisse fehlen. (Vgl. Funke 2011, S. 131–147)

Damit rücken die ZIELE einer Person stark in den Vordergrund. Falls mehrere Ziele

gleichzeitig verfolgt werden spricht man von KOMPLEXEN PROBLEMEN.

Typisierung der Probleme

Je nach Art der Barriere, die überwunden werden soll unterscheidet Dörner (1983)

zwischen drei Typen von Problemen:

Falls Ausgangs- und der Zielzustand angeben sind und auch die notwendigen Mittel

bzw. Operatoren zur Zielerreichung bekannt und vorgegeben sind, dann handelt es

sich um Interpolationsprobleme. Bei den Interpolationsproblemen besteht die

Schwierigkeit bei der Überführung des Ausganszustands in den Zielzustand in der

Bestimmung des Operators oder der Operatoren, die zu einer Lösung führen.

Falls Ausgangs- und Zielzustand angeben sind und die Mittel zur Zielerreichung nicht

vorgegeben sind, dann spricht Dörner von Syntheseproblemen. Bei diesen Problemen

wird die Lösung des Problems erst durch das Auffinden der dazu notwendigen

Operatoren möglich.

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Seite 4 von 143

Bei dialektischen Problemen sind nur der Ausgangszustand und die notwendigen

Mittel zur Zielerreichung bekannt, der Zielzustand muss erst gefunden werden. (Vgl.

Dörner 1979)

Ausgangszustand Zielzustand notwendige Fähigkeiten

Interpolationsproblem + + +

Syntheseproblem + + -

dialektisches Problem + - +

Tabelle 1.1: Problemtypen nach Dörner

Neben der bereits erwähnten Typisierung der Probleme, differenziert Dörner diese

noch weiter nach dem Bekanntheitsgrad der Mittel und der Klarheit der Zielkriterien.

Diese können entweder hoch oder gering ausgeprägt sein. (Vgl. Dörner 1979, S. 14)

Schwierigkeitsgrade eines Problems

Der Schwierigkeitsgrad eines Problems hängt nach Funke (2011) maßgeblich von:

dem Umfang des Problems

der Verfügbarkeit von Wissen und gesammelten Erfahrungen und

Vernetztheit des Problems ab

Unter der Vernetztheit eines Problems meint man, dass die Variablen eines

bestimmten Problems untereinander stark vernetzt sind. Ein Eingriff in das System

kann unerwartete Auswirkungen an anderen Stellen des Systems haben. Die

Abhängigkeiten können unter Umständen vom Problemlöser gar nicht berücksichtigt

werden, da das Zusammenspiel der einzelnen Variablen zu unübersichtlich ist. (Vgl.

Funke 2011)

Wann wird eine Aufgabe oder ein Sachverhalt zu einem Problem?

„Aufgaben sind geistige Anforderungen, für deren Bewältigung Methoden bekannt

sind. [...] Aufgaben erfordern nur reproduktives Denken, beim Problemlösen muss

etwas Neues geschaffen werden.“ (Dörner 1979, S. 10)

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Seite 5 von 143

Dörner hat durch seine Problemdefinition für eine weitere Abgrenzung gesorgt. Durch

das Hindernis bzw. die „Barriere“, grenzt sich eine Aufgabe von einem Problem

deutlich ab. Bei einer Aufgabe besteht eine gewisse kognitive Anforderung, die

Methoden (Algorithmen) zur Bewältigung dieser Aufgabe sind allerdings bekannt.

Somit sind alle Sachverhalte, die es zu lösen gilt, nur Aufgaben, solange die Wege zur

Lösung dieser bekannt sind. Das Vorwissen und die erworbenen Erfahrungen der

Problemlöser entscheidet stets darüber, ob eine Situation oder ein Sachverhalt ein

Problem oder einfach eine Aufgabe ist.

Beispiele für Aufgaben und Probleme4

Beispiel 1: 6 + 3 =?

Bei dieser Gleichung handelt es sich nicht um ein Problem. Es ist eine einfache

Aufgabe, da die Summe der Zahlen ohne besondere kognitive Leistungen abgerufen

werden kann.

Beispiel 2: 2177 x 338 =?

Die obere Gleichung ist ebenfalls kein Problem, denn die Methode zur Berechnung

dieser Aufgabe ist allgemein bekannt. Für die betroffenen „LöserInnen“ dieser

Gleichung, die nicht mit dem Konzept des Multiplizierens vertraut sind, stellt diese

Gleichung allerdings ein Problem dar.

Beispiel 3: Wie lässt sich angesichts der aktuellen politischen Entwicklungen in

Europa die Verbreitung des Rechtspopulismus` verhindern?

Bei diesem Beispiel handelt es sich definitiv um ein Problem, denn bisher wurde noch

kein befriedigender Lösungsansatz gefunden.

Unterscheidung zwischen Problemaufgaben und Routineaufgaben

Im Mathematikunterricht spricht man von Aufgaben, wenn es darum geht inner- oder

außermathematische Sachverhalte zu lösen, deshalb ist an dieser Stelle eine

Unterscheidung zwischen den inner- oder außermathematischen Sachverhalten und

den Routineaufgaben und Problemaufgaben (Problemen) angebracht.

Büchter und Leuders (2014) unterscheiden deutlich zwischen Problemaufgaben in

inner- oder außermathematischen Situationen (Sachverhalten).

4 Eine altersgemäße Behandlung der Probleme und die entsprechenden Bildungsstandards der ProblemlöserInnen werden vorausgesetzt.

Page 17: Problemlösen im Mathematikunterricht

Seite 6 von 143

Die inner-mathematischen Problemaufgaben zeichnen sich meist in Situationen aus,

wie der Suche nach Konstruktionsverfahren zu bestimmten Figuren oder bei der

Entwicklung der Berechnungen gesuchter Größen, beim Beweisen oder Wiederlegen

von Aussagen oder der Suche nach geeigneten Ansätzen und Darstellungsweisen für

eine Aufgabe. Büchter und Leuders bezeichnen die Problemlösetätigkeit in diesem

Kontext als Problemlösen in engerem Sinne.

Die außermathematischen Problemaufgaben liegen vor, wenn es sich bei den zu

lösenden Aufgaben um Modellierungsaufgaben handelt. Die Modellierungsaufgaben

beinhalten das Arbeiten in außermathematischen Kontexten, wobei die

Mathematisierung der Aufgaben bzw. das Übersetzen der Sachverhalte in die

mathematische Form meist die Problembarriere darstellt. Das Problemlösen in

engeren Sinne findet nach Büchter und Leuders erst dann, wenn ein Modell als

Abbildung der Realität mathematisiert wurde (Vgl. Büchter und Leuders 2014, S. 30)

Abbildung 1.2: Modellbildungsspirale nach Büchter und Leuders. Aus (Greefrath 2010, S. 48)

Nach Wittmann (2014) ist für die Problemlöseaufgaben charakteristisch, dass die

unmittelbare Lösung dieser Aufgaben zunächst durch eine Barriere verhindert wird und

zur Überwindung der Barriere viele Lösungsansätze bzw. Lösungsstrategien denkbar

sind. Der fruchtbare Lösungsweg muss aus einem ggf. vorhandenem Repertoire der

Strategien ausgewählt oder neu entwickelt werden. Diese Unterscheidung ist insofern

problematisch, da sich die Abgrenzung eines Problems von einer Routineaufgabe

nicht genau festlegen lässt, sie ist stets von den Kompetenzen der jeweiligen

SchülerInnen abhängig und kann innerhalb einer Klasse stark variieren.

Page 18: Problemlösen im Mathematikunterricht

Seite 7 von 143

Eine Aufgabe, die zunächst ein Problem ist, kann nach der Aneignung der dazu

notwenigen Kenntnisse und Lösungsverfahren zu einer Routineaufgabe werden.

Routineaufgabe

Problemaufgabe

entschlüsselbar als Aufgabe eines

bestimmten Typs

Eine „Barriere“ verhindert das

Entschlüsseln

die Aufgabe ist offen, mehrdeutig

Abruf einer verfügbaren

Lernprozedur möglich

formales bis rituales Aufarbeiten der

gespeicherten Prozedur möglich

Suche nach einem Lösungsweg

notwendig; man benötigt Einfälle,

andere Sichtweisen, neuartige

Verbindungen der Wissensbestände,

inhaltliches Denken ist zur

Konstruktion eines Lösungsweges

unverzichtbar

Erfolg auch ohne Verständnis

möglich

ohne Verständnis kein Erfolg

möglich

provoziert nicht zum Weiterdenken,

Fortspinnen; wirkt abgeschlossen

provoziert zum Weiterdenken,

Variieren, Ausbauen; wirkt offen

Tabelle 1.2: Routineaufgabe VS Problemaufgabe. Aus: (Haas 2000, S. 7)

Abbildung 1.3: Unterscheidung Routineaufgabe und Problemaufgabe nach Roth5

5 http://www.juergen-roth.de/lehre/did_geometrie/material.html

Page 19: Problemlösen im Mathematikunterricht

Seite 8 von 143

Pólya unterschiedet bei den Problemaufgaben zwischen Beweisaufgaben und

Bestimmungsaufgaben. Die Bestimmungsaufgaben sind Aufgaben, bei denen eine

Unbekannte bestimmt werden soll, wie zum Beispiel das Lösen einer Gleichung. Bei

Beweisaufgaben sollte nach Pólya hingegen ein vorgegebener Endzustand bewiesen

oder widerlegt werden. (Vgl. Pólya 2010)

Je nach Richtung der Mathematik gibt es weitere Klassifizierungen von

Problemaufgaben. In der Didaktik der Geometrie unterscheidet man Probleme in

Hinblick auf die Art der geforderten Aktivitäten. (Vgl. Wittmann 2014, S. 83)

Berechnungsproblem

Beweisproblem

Konstruktionsproblem

Modellierungsproblem

Anzahlproblem

Optimierungsproblem

Merkmale und Besonderheiten der Problemlöseaufgaben

Neben der grundsätzlichen Unterscheidung von Routineaufgaben und

Problemaufgaben sollte man auch Besonderheiten bzw. die Merkmale der

Problemaufgaben betrachten. Da ein Problem niemals unabhängig vom Problemlöser

betrachtet werden kann, haben die Fähigkeiten und die Kenntnisse bzw.

Vorerfahrungen der SchülerInnen große Relevanz. Unabhängig davon lassen sich

jedoch weitere Unterscheidungsmerkmale festlegen. Zech (1996) nennt folgende

Merkmale der Problemaufgaben:

Bekanntheitsgrad

Mathematische Komplexität

Darstellungsebene

Reversibilität

Erkennbarkeit des Aufgabentyps

Informationsangebot

Bekanntheitsgrad

Wie schon Dörner, betont auch Zech (1996) die Auswirkungen des Bekanntheitsgrads

einer Aufgabe auf den Lösungsprozess.

Page 20: Problemlösen im Mathematikunterricht

Seite 9 von 143

Die Aufgaben, die in derselben Weise gestellt werden, wie es die SchülerInnen bereits

in der Schule gelernt haben, stellen bis auf die Berechnung und das Einsetzen in die

bekannten Formeln, keine großen Anforderungen an die SchülerInnen. Verändert man

allerdings die Aufgaben so, dass sich diese sich von bereits geübten Aufgaben deutlich

unterscheiden, dann liegt häufig schon eine Problemaufgabe vor.

Mathematische Komplexität

Die Anzahl der Variablen und der Lösungsschritte verändert den Schwierigkeitsgrad

der Aufgaben deutlich.

Als Beispiel kann man die Aufgaben aus der Graphentheorie angeben, wo es darum

geht, wie oft sich die Gäste einer Party gegenseitig die Hände schütteln. Mit steigender

Anzahl der Gäste stiegt auch die Zahl, wie oft sich die Gäste die Hand geben.

Abbildung 1.4: Vollständige Graphen – Zunahme der Komplexität6

Darstellungsebene

Je nach Art, wie die Problemaufgaben den SchülerInnen dargeboten werden, können

Probleme unterschiedliche Schwierigkeitsgrade annehmen. Betrachtet man das

bereits genannte Beispiel mit den händeschüttelnden Gästen, gibt es mehrere

Möglichkeiten diese Aufgabe darzubieten.

Beispiel7: Auf einer Party sind 8 Gäste eingeladen. Beim Abschied schüttelt jeder

jedem die Hände. Wie oft werden beim Abschied die Hände geschüttelt?

Diese Aufgabe kann je nach Schulstufe den SchülerInnen anders präsentiert werden.

Als kombinatorische Aufgabe:

Lösung: Wählt man von acht Gästen immer zwei aus, die sich die Hände schütteln,

dann ergibt das (82) = 28 Möglichkeiten.

6 Complete_graph_example.png (PNG-Grafik, 394 × 121 Pixel) 2013 7 Vgl. http://www.blueprints.de/gehirnjogging/harte-nuesse/haendeschuetteln.html

Page 21: Problemlösen im Mathematikunterricht

Seite 10 von 143

Als zeichnerische Aufgabe:

Als praktisch-handelnde Aufgabe:

Lösung: Wenn man sich vorstellt, dass sich die Gäste in einer Reihe aufstellen und

dann jeweils einer der Gäste raustritt, sieben Gästen die Hände schüttelt und dann

nach Hause geht. Der nächste tritt vor, schüttelt den verbliebenen sechs Gästen die

Hände usw. In der Summe ergibt dies: 7+6+5+4+3+2+1=28

Reversibilität

Verlangt die Lösungsfindung Anwendung der Lösungsschritte in umgekehrter

Reihenfolge, kann dies die Aufgabe wesentlich erschweren.

Erkennbarkeit des Aufgabentyps

Im Beispiel 1 kann ein Schüler der höheren Schulstufe zwischen verschiedenen

Lösungswegen wählen. Die Schwierigkeit beim Lösen von Problemaufgaben besteht

aber häufig in dem Erkennen eines bestimmten Aufgabentyps. Beim Beispiel 1 wird

die Möglichkeit der Anwendung der kombinatorischen Mittel zur Aufgabenbehandlung

womöglich nicht erkannt.

Informationsangebot

Falls Informationen einer Problemaufgabe unvollständig sind oder aber die Aufgabe

unnötige Daten aufweist, kann dies zu einer erheblichen Steigerung des

Schwierigkeitsgrades der Aufgabe führen.

Abbildung 1.5: Veranschaulichung Händeschütteln

Page 22: Problemlösen im Mathematikunterricht

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Didaktische Grundlagen des Problemlösens

„Um die menschliche Intelligenz verstehen zu können, muss man also den Vorgang

des Problemlösens selbst analysieren. Der zweite Grund liegt darin, dass wir andere

besser in schnellem und intelligentem Problemlösen unterrichten können, wenn wir

den Prozess des Problemlösens selbst verstehen.“ (Wessells 1984, S. 338)

Wessels geht davon aus, dass die Problemlösefähigkeit stark mit der Höhe der

Intelligenz zusammenhängt. Die Verbindung zwischen der Psychologie und der

Mathematik wird im Kontext der Problemlöseprozesse besonders sichtbar, da

Intelligenz häufig mit einfachen Problemlöseaufgaben wie Zahlenreihen oder

Mustererkennung gemessen wird. Pólya hielt die Problemlösefähigkeit für eine typisch

menschliche Eigenschaft, die als Ausdruck der Intelligenz sichtbar wird. Diese

Auffassung hat auch Auswirkungen auf Pólyas Verständnis der Lösung von Aufgaben.

Er verwendet das Lösen von Problemaufgaben als synonym zum Problemlösen

Nach Pólya besteht unser Wissen aus der Kenntnis der Tatsachen und praktischem

Können. Das praktische Können hielt er für wesentlich wichtiger für den

Problemlöseprozess als das reine Kenntniswissen. Als praktisches Können bezeichnet

er die Fähigkeit auch solche Aufgaben zu lösen, die einen gewissen Grad an

schöpferischer Tätigkeit, selbständigem Arbeiten und Einsicht erfordern (Vgl. Pólya

1966).

„Das Lösen von Aufgaben ist eine praktische Kunst wie Schwimmen oder Skilaufen

oder Klavierspielen: Sie lässt sich nur durch Nachahmung und Übung erlernen“ (Pólya

1966, S. 9)

Leuders ergänzt Pólya, indem er die Relevanz der inneren Haltung neben den

inhaltsbezogenen (das Wissen) – und prozessbezogenen Kompetenzen (das Können)

aufzeigt. Er ist davon überzeugt, dass mit den Problemlösekompetenzen, auch die

Haltungen erworben werden müssen. (Vgl. Leuders 2010, S. 131)

Das Problemlösen im Mathematikunterricht betrifft nicht nur rein innermathematische

Sachverhalte, sondern häufig auch die außermathematische. Leuders (2010)

unterscheidet zwischen dem Problemlösen im weiteren Sinne und dem Problemlösen

im engeren Sinne. Problemlösen in weiterem Sinn beginnt mit dem Problemfinden. In

dieser Stufe sollten die SchülerInnen vor allem die Probleme und Fragestellungen

entdecken.

Page 23: Problemlösen im Mathematikunterricht

Seite 12 von 143

Beim Problemlösen im engeren Sinne setzen die SchülerInnen ihre mathematischen

Fähigkeiten und Kenntnisse ein, um das entdeckte Problem zu lösen. (Vgl. Leuders

2010, S. 122)

In dieser Arbeit wird die Unterscheidung zwischen Problemlösen in weiterem Sinn und

Problemlösen in engerem Sinn aus den österreichischen Bildungsstandards

übernommen. Demnach wird das Bearbeiten aller Aufgabenstellungen im

Mathematikunterricht, für die keine eindeutigen und offensichtlichen Lösungsverfahren

vorhanden sind, als Problemlösen in weiterem Sinne interpretiert. Darunter fallen

innermathematische wie auch reale Aufgabenstellungen (Modellierungsaufgaben).

Das Problemlösen im engeren Sinne wird von Bildungsstandards als rein

innermathematischer Vorgang aufgefasst, wie zum Beispiel das Finden von

Eigenschaften der Figuren, das Entdecken von mathematischen Mustern, etc. (Vgl.

Brunner 2011)

Warum Problemlösen im Mathematikunterricht?

In diesem Teilabschnitt geht es um die Frage, warum sich die Lehrenden darum

bemühen sollen, das Problemlösen den SchülerInnen beizubringen. Was macht das

Problemlösen so wichtig für den Mathematikunterricht?

Pólya sieht die Ziele des Problemlösens in der Befähigung der SchülerInnen, die

zukünftigen Aufgaben und Probleme aller Art zu lösen.

Leuders (2010) gibt eine Reihe von Gründen, weshalb das Problemlösen im Unterricht

gelehrt und gelernt werden sollte. Durch das Problemlösen bekommen die

SchülerInnen die Gelegenheit, die Mathematik zu konstruieren. Durch das

selbstständige Arbeiten beim Problemlösen prägen sich die mathematischen Begriffe

und Definitionen nachhaltig ein. Neben den Vorteilen, die durch die

Problemlösetätigkeit den fachlichen Kompetenzen zugutekommen, nennt er auch die

ästhetischen – und emotionalen Erlebnisse, die SchülerInnen beim erfolgreichen

Problemlösen erleben können. Diese Erlebnisse wirken sich maßgeblich auf das

Durchhaltevermögen und die allgemeine Haltung zu den Problemen aus. (Vgl. Leuders

2010, S. 122)

Bruder et al. (2015) nennt die sogenannten „Aha-Erlebnisse“ als eine Art Belohnungen

für die Mühen, die das Problemlösen als Tätigkeit den SchülerInnen abverlangt.

Page 24: Problemlösen im Mathematikunterricht

Seite 13 von 143

Als realistische Ziele des Unterrichtens von Problemlösen im Mathematikunterricht

nennt Bruder noch das Formulieren von mathematischen Fragestellungen in

Alltagssituationen, die Kenntnis über die mathematischen Modelle und Verfahren zur

Bearbeitung von Problemaufgaben. Die Fähigkeit der Darstellung eigener Ergebnisse

und die Diskussion der eigenen Ergebnisse ist nach Bruder auch ein wichtiger Grund,

weshalb das Problemlösen in der Schule gefördert werden soll. (Vgl. Bruder 2003)

Allen bisher genannten Fachdidaktikern gemeinsam, ist die hohe Relevanz der

Förderung der Reflexionsfähigkeit der Schülerinnen und Schüler durch die

Problemlösetätigkeit.

Das Ziel der Problemlösestätigkeit im Mathematikunterricht, ist die Begegnung mit den

Problemaufgaben selbst und die Entwicklung von Lösungsansätzen, die über die

Problemaufgabe hinausgehen und nicht die Lösung der konkreten Aufgabe.

Problemlösen als Kompetenzbereich der Bildungsstandards für

Mathematik

Ziel der Bildungsstandards für Mathematik ist die Sicherung der Grundkompetenzen,

indem die gewünschten Lernergebnisse am Ende der 4. und 8. Schulstufe beschrieben

werden. Diese Grundkompetenzen finden sich in den jeweiligen Lehrplänen als

fachspezifische Kompetenzmodelle wieder. Die Lehrpläne beinhalten wesentliche

Kernbereiche des jeweiligen Unterrichtsfachs mit der Konkretisierung der abstrakten

Bildungsziele. Die Basis für die Definition der Kompetenzen in den Bildungsstandards

ist der Kompetenzbegriff nach Weinert. (Vgl. BIFIE 2011a)

Kompetenzen sind

„… die bei Individuen verfügbaren oder durch sie erlernbaren kognitiven Fähigkeiten

und Fertigkeiten, um bestimmte Probleme zu lösen, sowie die damit verbundenen

motivationalen und sozialen Bereitschaften und Fähigkeiten, um die Problemlösung in

variablen Situationen erfolgreich und verantwortungsvoll nutzen zu können“.

Weinert (2001)

Das Problemlösen ist bereits in der Beschreibung der Kompetenzen enthalten, mit

denen die SchülerInnen befähigt werden sollten, bestimmte Probleme zu lösen.

Österreichische Bildungsstandards fassen das Problemlösen innerhalb der

Mathematik der Primarstufe als eigenständigen Kompetenzbereich.

Page 25: Problemlösen im Mathematikunterricht

Seite 14 von 143

Die Kompetenzmodelle sollten die erwarteten Kompetenzen, (Fähigkeiten und

Fertigkeiten) die im Unterricht erworben werden, wiederspiegeln. (Vgl. BIFIE 2011a)

Die Betrachtung der Bildungsstandards und Kompetenzmodelle der 4. Schulstufe und

der 8. Schulstufe zeigt die Relevanz und die erwartete Entwicklung der

Problemlösefähigkeit der Schülerinnen und Schüler im österreichischen Schulsystem.

Bildungsstandards der vierten Schulstufe und dazugehörige Kompetenzmodell

Die Bildungsstandards der 4. Schulstufe unterscheiden bei den mathematischen

Kompetenzen zwei Komponenten, die jeweils in vier weitere Bereiche aufgeteilt sind.

Die allgemeinen mathematischen Kompetenzen (AK) sind die prozessbezogenen

Kompetenzen. Diese werden durch die Tätigkeiten bei der Auseinandersetzung mit

mathematischen Inhalten erworben. Die inhaltlichen mathematischen Kompetenzen

beziehen sich auf den Gegenstandsbereich der Mathematik. Die Möglichkeit der

Verknüpfung der allgemeinen und inhaltlichen Kompetenzbereiche, ist für das

Kompetenzmodell der 4. Schulstufe wesentlich. (Vgl. BIFIE 2011a, S. 8)

Abbildung 2.1: Kompetenzbereiche Mathematik 4. Schulstufe. Aus BIFIE (2011a)

Der Bereich Problemlösen (AK4) ist einer der vier Bereiche der allgemeinen

mathematischen Kompetenzen. Die zu erreichenden Bildungsstandards und

dazugehörigen Kompetenzen sind in zwei Punkte aufgeteilt.

Page 26: Problemlösen im Mathematikunterricht

Seite 15 von 143

Bildungsstandards Kompetenz

Die Schülerinnen und Schüler können:

Mathematisch relevante Fragen stellen

ein innermathematisches Problem

erkennen und dazu relevante Fragen

stellen.

Lösungsstrategien (er)finden und nutzen geeignete Lösungsaktivitäten wie

Vermuten, Probieren, Anlegen von

Tabellen oder Erstellen von Skizzen

anwenden,

zielführende Denkstrategien wie

systematisches Probieren oder Nutzen

von Analogien einsetzen.

Tabelle 2.1: Bildungsstandards und Kompetenzen des Bereichs Problemlösen8

Bildungsstandards der 8. Schulstufe und dazugehörige Kompetenzmodell

Kompetenzen im Fach Mathematik sind in der 8. Schulstufe in drei Bereiche aufgeteilt:

Handlungsbereich, Komplexitätsbereich, Inhaltsbereich.

Abbildung 2.2: Kompetenzbereiche der 8. Schulstufe; Aus BIFIE9

Unter Handlungsbereich fallen Tätigkeiten wie Rechen, konstruktive Tätigkeiten wie

das Modellbilden und kommunikative Tätigkeiten wie Argumentieren. Den

Inhaltsbereich der Kompetenzen bilden die mathematischen Inhalte.

8 Aus: BIFIE 2011b 9Kompetenzbereiche der 8. Schulstufe von BIFIE von https://www.bifie.at/node/49

Page 27: Problemlösen im Mathematikunterricht

Seite 16 von 143

Der Komplexitätsgrad mathematischer Aufgaben fällt unter den Komplexitätsbereich.

Dieser berücksichtigt, dass das Aufgabenlösen häufig aus mehreren Schritten besteht

und auch mehrere untereinander abhängige Variablen enthalten kann.

Die drei Bereiche bilden somit eine dreidimensionale Struktur, in der sich eine

mathematische Kompetenz immer aus allen drei Kompetenzbereichen ergibt. In der

Summe kommt das Modell auf 48 mathematische Kompetenzen. (Vgl. BIFIE 2013)

Abbildung 2.3: Standards für die mathematischen Fähigkeiten der 8. Schulstufe10

Das Kompetenzmodell der 8. Schulstufe ist wesentlich komplexer als das

Kompetenzmodell der 4. Schulstufe. Die Forderung nach Anwendung der

heuristischen Strategien und Problemlösen ist in diesem Modell durch die

Dreidimensionalität der jeweiligen Kompetenzen wesentlich schwerer festzumachen.

Betrachtet man zum Beispiel das Komplexitätsbereich K3 (Einsetzen von

Reflexionswissen und Reflektieren) als einzelne Kompetenz, dann fallen einige

Beschreibungen der Kompetenz auf, die am ehesten der vierten Stufe Pólyas

Stufenmodells zuzuordnen sind.

„Reflektieren meint das Nachdenken über Zusammenhänge, die aus dem dargelegten

mathematischen Sachverhalt nicht unmittelbar ablesbar sind. Reflektieren umfasst das

Nachdenken über eine mathematische Vorgehensweise (Lösungsweg/Lösung,

Alternativen), über Vor- und Nachteile von Darstellungen/Darstellungsformen bzw.

10 Aus BIFIE 2013, S. 1

Page 28: Problemlösen im Mathematikunterricht

Seite 17 von 143

über mathematische Modelle (Modellannahmen, Idealisierungen, Aussagekraft,

Grenzen des Modells, Modellalternativen) im jeweiligen Kontext sowie das

Nachdenken über (vorgegebene) Interpretationen, Argumentationen oder

Begründungen. Reflexionswissen ist ein anhand entsprechender Nachdenkprozesse

entwickeltes Wissen über Mathematik. Reflexion(swissen) kann in vielfältiger Weise

sichtbar werden: durch Dokumentation von Lösungswegen, durch entsprechende

Entscheidungen, oft aber auch durch entsprechende Argumentationen und

Begründungen. Die Komplexität einer Aufgabe beeinflusst die objektive Anforderung,

sie ist jedoch kein Maß für die subjektive oder psychometrische Schwierigkeit!“ BIFIE

(2013)

Die Forderungen nach gezielten Anwendung der heuristischen Strategien und

Problemlösen wie in den Bildungsstandards der 4. Schulstufe, sind in den

Bildungsstandards der 8. Schulstufe nicht explizit vorgegeben.

Voraussetzungen für das Problemlösen

Das Vermitteln der Problemlösefähigkeit bzw. das Entwickeln und Stärken der

Problemlösekompetenz, ist in dieser Arbeit eine der zentralen Punkte.

Pólya (2010) nennt eine Reihe der Voraussetzungen, die erfüllt werden sollten, damit

die Schülerinnen und Schüler erfolgreich Probleme lösen können.

Die Abfolge der Phasen11 beim Bearbeiten von Problemaufgaben sollte möglichst

eingehalten werden.

Die Schüler müssen stets das notwendige Basiswissen zur Lösung der Aufgabe

besitzen und dieses auch anwenden können.

Die Lehrenden müssen dafür Sorge tragen, dass die Schüler höchstmöglich

motiviert werden.

Die Schüler sollten stets dazu angeregt werden, während der Erarbeitung der

Problemaufgaben so viel wie möglich selbst zu machen. Die Lehrperson bietet nur

so viel Hilfestellung, um den Problemlöseprozess der Schüler aufrechtzuerhalten

und Frustration zu vermeiden. Pólya gibt dazu in seinem Fragenkatalog (siehe

Kap.2.6) einige Fragen vor, die sich als Hilfestellungen für die SchülerInnen gut

eignen.

11 Pólyas Phasenmodell des Problemlösens und die Funktion einzelner Phasen wird im Kap.2.5 präsentiert.

Page 29: Problemlösen im Mathematikunterricht

Seite 18 von 143

Für erfolgreiches Problemlösen im Mathematikunterricht ist aber das Bearbeiteten

guter Problemaufgaben12 allein nicht ausreichend. Die Lehrperson muss für

entsprechende Unterrichtsgestaltung und günstige Rahmenbedienungen sorgen. Die

Gestaltung des Unterrichts hinsichtlich der Stärkung der Problemlösefähigkeit sollte

nach Leuders folgende Bedienungen erfüllen (Vgl. Leuders 2010, S. 130 f.)

Die Beschäftigung mit den Problemlaufgaben hat durch das Ausprobieren der

verschiedenen Lösungsmöglichkeiten einen experimentellen Charakter. Das

Experimentieren und Ausprobieren bedarf in der Regel viel Zeit, deshalb sollte allen

SchülerInnen GENÜGEND ZEIT zur Verfügung gestellt werden, damit gerade auch

die schwächeren SchülerInnen ihre Problemlösefähigkeiten entsprechend

reflektieren und weiterentwickeln können.

Die Problemlaufgaben eignen sich gut für die Differenzierung der SchülerInnen.

Die Lehrperson schafft auch die Möglichkeit des Austausches mit anderen

Schülerinnen und Schülern und mit der Lehrperson selbst. Dieser AUSTAUSCH

zwingt SchülerInnen zu einer Formulierung ihrer Probleme und das „laute Denken“

durch die verbale Kommunikation ihres Anliegens im Zuge des Austausches.

Ähnlich wie Pólya betonte Leuders die hohe Relevanz der nötigen

VORKENNTNISSE DER SCHÜLERINNEN. Die Problemaufgabe muss so gewählt

werden, dass sie nicht durch einfache Analogienbildung gelöst werden kann.

Problemlösen ist mitunter eine höchst kreative Tätigkeit. Um die Kreativität nicht zu

hemmen, sollte bei Problemlöseaufgaben der Faktor LEISTUNGSDRUCK

ausgeschlossen werden, indem man alle Ansätze zur Problemlösung akzeptiert

und damit eine Möglichkeit zur Reflexion verschiedener Lösungswege anregt.

Leuders (2010) betont auch die Rolle der ERFOLGSERLEBNISSE für den

Lernprozess der Schülerinnen und Schüler. Problemaufgaben sollen

Herausforderungen bieten, aber die SchülerInnen nicht frustrieren, deshalb sollte

möglichst nach Aufgaben gesucht werden, die alle SchülerInnen ansprechen.

Eine weitere wichtige Voraussetzung für die Förderung der Problemlösefähigkeit

ist nach Bruder (2005) und Leuders (2010) die günstige VERMITTLUNG DER

HEURISTISCHEN STRATEGIEN und Hilfsmittel im Mathematikunterricht.

12 Was gute Problemaufgaben aus der Sicht des Mathematikunterrichts sind, wird in Kap.2.4 erläutert.

Page 30: Problemlösen im Mathematikunterricht

Seite 19 von 143

Leuders fasst seine Erkenntnisse in drei Bereiche, die er als Voraussetzungen für

erfolgreiches Lernen des Problemlösens sieht. Diese entsprechen weitgehend den

Ansichten von Pólya, wobei Leuders die Haltung der Schülerinnen und Schüler zum

Problemlösen ebenfalls für erlernbar hält.

Bereich

Lernvoraussetzung

Verantwortung des Lehrenden

Wissen

Erworbene Kenntnisse und

Fähigkeiten

Balance zwischen der Neuheit

des Problems und des zu

erwartenden Vorwissens

Problemlösekompetenz

Heuristische Strategien,

Arbeitstechniken,

Informationsbeschaffung

Möglichkeit zur Reflexion geben

Problemlösehaltung

Frustrationstoleranz,

Durchhaltevermögen,

Erkundungsfreude

Lehrer als Modell des

Problemlösers,

Motivationslage

Tabelle 2.2: Voraussetzungen für das Problemösen nach Leuders (2010, S. 131)

Die Tabelle 2.2 verdeutlich, wie Leuders den Bereich Problemlösehaltung den

SchülerInnen vermitteln möchte. Die Lehrperson muss als Modell des guten

Problemlösers stehen. Auch Pólya (1966) war überzeugt, dass die Lehrpersonen für

die Motivation der Schüler sorgen müssen, indem sie als Modell eines guten

Problemlösers agieren.

Was ist eine gute Problemaufgabe im Mathematikunterricht?

Im Abschnitt 1.4.1 wurde bereits eine Unterscheidung zwischen den Problemaufgaben

und Routineaufgaben vorgenommen. Neben den günstigen Voraussetzungen, ist für

das Unterrichten des Problemlösens im Mathematikunterricht die Wahl der geeigneten

Problemaufgaben entscheidend. In diesem Abschnitt sollten die Kriterien

herausgehoben werden, die eine Problemaufgabe zu einer „guten“ Problemaufgabe

werden lassen.

Page 31: Problemlösen im Mathematikunterricht

Seite 20 von 143

Bevor man die SchülerInnen mit einem bestimmten Problem konfrontiert, sollte man

sich im klarem sein, welche Ziele man mit der Aufgabe verfolgt und wozu eine

bestimmte Aufgabe im Unterricht gut sein soll? Hinsichtlich dieser Fragestellung

unterscheidet man in der Didaktik der Mathematik zwischen den Lernaufgaben und

den Leistungsaufgaben. Die Problemaufgaben im Mathematikunterricht gehören nicht

zu den Leistungsaufgaben, denn die Funktion der Problemaufgaben ist das Lernen

bzw. der Erkenntnisgewinn der Schülerinnen und Schüler. Aus diesem Grund

verfassten Bruder et al. (2005) eine Auflistung, die eine Unterscheidung der Aufgaben

nach ihren Funktionen im Unterricht möglich macht.

Aufgaben für das Lernen Aufgaben für das Prüfen

sind angelegt auf Offenheit, Divergenz,

Prozesse, Lösungsvielfalt

sind angelegt auf Bewertbarkeit,

Konvergenz, sichtbare Ergebnisse

sollen Fehler als Chance für das Lernen

begreifen lassen

fordern eher das Vermeiden von Fehlern

erlauben bzw. unterstützen Kooperation

und Kommunikation

fokussieren auf Einzelleistung

„Wichtig ist, was im Kopf stattfindet“

(Kompetenz)

„Wichtig ist, was Schüler zeigen“

(Performanz)

sind Aufgaben z. B. zum Erkunden,

Entdecken, Erfinden, Sammeln,

Sichern, Systematisieren

Üben, Vernetzen, Wiederholen

sind Aufgaben z. B. zum Anwenden

(Kompetenzerleben), (Selbst)überprüfen

sowie zur Leistungsbewertung

Tabelle 2.3: Unterscheidung nach den Funktionen Lernen und Leisten. Aus Bruder et al. (2005)

Zimmermann (1991) gibt einige Eigenschaften, die ein Problem13 bzw. eine

Problemaufgabe erfüllen sollte, damit sie im Unterricht sinnvoll angewendet werden

kann.

13 Das Begriff Problem wird an dieser Stelle als Synonym für eine Problemaufgabe verwendet.

Page 32: Problemlösen im Mathematikunterricht

Seite 21 von 143

Das Problem sollte PÄDAGOGISCH SINNVOLL sein. Die Schüler sollten sich

angesprochen fühlen und auch bereit sein, sich mit der Lösung des Problems zu

befassen. Dabei sollte auch das mathematische Wissen der Schüler erweitert und

vertieft werden. Das Problem sollte MATHEMATISCH SINNVOLL sein, damit die

Lösung des Problems in sich widerspruchsfrei ist. Dazu muss die gestellte

Problemaufgabe mit Hilfe der allgemeingültigen, mathematischen Sätze gelöst werden

können.

Das Problem sollte in eine OFFENE AUFGABENSTELLUNG eingebettet sein. Mit

dieser Bedingung ist gewährleistet, dass die Lösung einer offenen Aufgabe nicht

eindeutig ist und mehrere Lösungsmöglichkeiten zulässt. (Vgl. Zimmermann 1991, S.

10–11)

Leuders ergänzt Zimmermanns Aufzählung, indem er weitere Kriterien für eine „gute“

Problemaufgabe liefert. Leuders nach, sollte ein Problem LEICHT ZUGÄNGLICH sein

und die Problemaufgabe für die Schüler UNMITTELBAR BEGREIFBAR sein. Das

Problem sollte durch SELBST ENTWICKELTE STRATEGIEN für die Schüler lösbar

sein, unter der Verwendung von bereits erworbenen Fähigkeiten und Kenntnissen.

(Vgl. Leuders 2010, S. 123)

Die obengenannten Kriterien nach Zimmermann und Leuders sind nicht unbedingt

notwendig, damit ein Problem im Unterricht eingesetzt werden kann. Es kann durchaus

vorkommen, dass einer der genannten Kriterien bei einem Problem nicht zur Gänze

erfüllt ist, das Problem aber dennoch im Unterricht gut verwendbar ist. (Vgl. Leuders

2010, S. 123; Zimmermann 1991, S. 10)

Sowohl Leuders als auch Zimmermann betonen die „Offenheit“ der Aufgaben als das

entscheidende Kriterium, das eine gute Problemaufgabe im Unterricht haben sollte.

Eine Routineaufgabe ist geschlossen, d.h., sobald die Schüler die Lösung der Aufgabe

gefunden haben, bietet die Routineaufgabe für gewöhnlich keine Fragestellungen

mehr, die weiteren Erkenntnisse versprechen.

Bruder (2005) gibt eine Klassifizierung bzgl. der offenen Aufgaben vor, die einen

Einblick in die Vielfalt der Aufgaben bieten soll.

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Anfangszustand Barriere/

Transformation

Endzustand Aufgabentyp

x x x Bereits gelöste Aufgabe

x x -- Routineaufgabe

-- x x Umkehrung einer Routineaufgabe

Offene Aufgaben

x -- x Beweisaufgabe

x -- -- Problemaufgabe

-- --- x Umkehrung der Problemaufgabe

-- x -- Erfinde selbständig eine Aufgabe

--- -- -- offene Problemsituation

Tabelle 2.4: Aufgabentypen nach Bruder (2005, S. 43)

Als Konsequenz der obigen Darstellung kann somit das Problemlösen als Lösen von

offenen Aufgaben verstanden werden. Offene Aufgaben bieten Aufgrund ihrer

Merkmale eine Möglichkeit zum Differenzieren im Mathematikunterricht. Durch eine

Vielfalt an Lösungswegen, kann ein Lernangebot geschaffen werden, das auch

schwächeren SchülerInnen Möglichkeiten zu Erfolgserlebnissen und Entdeckungen

bietet.

Phasenmodell des Problemlöseprozesses nach Pólya

„Gewiss, die Lösung scheint zu gehen, sie scheint richtig zu sein; wie aber ist es

möglich, eine Lösung zu finden? Dieses Experiment scheint zu klappen, es scheint ein

Faktum zu sein; aber wie kann jemand solche Tatsachen entdecken? Und wie könnte

ich selbst je so etwas erfinden oder entdecken?“ (George Pólya)

Die Forschung des Problemlösens im Bereich der Fachdidaktik der Mathematik wurde

von George Pólya stark beeinflusst. Pólya geht von der Grundannahme aus, dass die

Problemlösefähigkeit auch gezielt gelehrt werden kann und die Übung gesteigert

werden kann (Vgl. Pólya 1966, S. 17).

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Pólya postulierte 1945 in seinem Buch „How to solve it“ aus seiner Sicht die wichtigsten

Schritte die unternommen werden sollten, um die Aufgaben und Probleme der

Mathematik leichter zu lösen. Er legte vier Phasen der Problemlösung fest, indem er

die grundlegenden Denkprozesse, die beim Problemlösen stattfinden beschreibt. Die

einzelnen Phasen ergeben sich aus einer kritischen Reflexion der kognitiven

Prozesse, die zur einer Problemaufgabenlösung notwendig sind. Diese Prozesse sind

in der groben Einteilung der Phasen noch allgemein gehalten und

domänenübergreifend einsetzbar.

1. Verstehen der Aufgabe

Die erste Phase des Problemlösens dient nur dazu, sich mit der Aufgabe vertraut zu

machen und um ein besseres Verständnis der Aufgabe aufzubauen. Ein gewisser

Grad an Neugier und Ehrgeiz der SchülerInnen in dieser Phase ist laut Pólya sehr

nützlich für das Lösen der Problemaufgaben.

Um eine Problemaufgabe überhaupt lösen zu können, muss man sie zunächst

verstehen. Wortlaut der Aufgabe muss verstanden werden und die einzelnen

Bestandteile des Problems sollten identifiziert werden. Das Gegebene (die Daten) und

das Unbekannte (das Gesuchte) müssen klar voneinander unterschieden werden. Die

Bedingungen unter welchen die Aufgabe gelöst werden sollte, müssen ebenfalls

gefunden werden.

Reflexion

Ausführen eines Plans

Ausdenken eines Plans

Verstehen des Problems

Abbildung 2.4: Phasenmodell der Problemlöseprozesse nach Pólya (2010)

Page 35: Problemlösen im Mathematikunterricht

Seite 24 von 143

In dieser Phase erweisen sich die üblichen Hilfsmittel zur Veranschaulichung der

Aufgaben als sehr nützlich. Eine Skizze mit dazugehörigen Bezeichnungen oder eine

Tabelle ermöglichen einen besseren Einblick in die Bedingungen der Aufgabe.

Die Tatsache, dass es durchaus Aufgaben gibt, die mehrere Lösungen haben oder

vielleicht sogar gar keine Lösung besitzen, sollte die SchülerInnen dazu veranlassen,

sich auch die Frage zu stellen, ob die Aufgabe unter gegebenen Umständen überhaupt

gelöst werden kann.

2. Ausdenken eines Planes

Die zweite Phase ist für die Lösung der Aufgabe zentral und ist auch die eigentliche

Schwierigkeit der Aufgabe. Es muss ein Zusammenhang zwischen den Daten und der

Unbekannten gefunden werden, damit man den Lösungsplan entwickeln kann. Diese

Beziehungen zwischen dem Gegebenen und dem Gesuchten werden untersucht,

indem man das Problem aus verschiedenen Perspektiven betrachtet.

Perspektivenwechsel gehört zu den Fähigkeiten, die im Laufe des Lebens ausgebildet

werden, deshalb kann es vorkommen, dass die Lehrenden den Schülern etwas

Hilfestellung bieten müssen.

Nach Pólya sollten die Lehrenden durch gezielte Fragestellungen die SchülerInnen auf

die richtige Spur bringen. Die möglichen Fragen, die Lehrenden hier stellen können,

werden im Kapitel Methode zum Problemlösen nach Pólya aufgelistet. Allerdings

sollten keine Lösungswege durch Lehrenden demonstriert werden, sondern nur

Hilfestellungen, um die Motivation an dem Löseprozess aufrecht zu erhalten. Der

Lösungsplan kann schrittweise entwickelt werden oder aber auch als „Eingebung“

auftauchen.

Pólya betont, dass in dieser Phase des Problemlösens, die zur Lösung der Aufgabe

relevanten Kenntnisse vorhanden sein müssen, um eine gute Idee zu finden.

3. Ausführen des Planes

Die dritte Phase des Modells ist die leichteste Phase. Hier wird der Lösungsplan

ausgeführt wird, insofern er nicht vergessen worden ist, was nach Pólya die größte

Gefahr im Lösungsprozess darstellt. Als Abhilfe sollte jeder Schritt der Lösung

gründlich überprüft werden. Diese Phase des Modells ist vor allem eine Phase der

Geduld.

Page 36: Problemlösen im Mathematikunterricht

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4. Rückschau

Die Phase der Rückschau ist Pólya zufolge die wichtigste Phase seines Modells, da

sie außerordentlich lehrreich sein kann. Die Reflexion der Aufgabe sollte von Schülern

nicht übersprungen werden (auch nicht von guten SchülerInnen).

Das Resultat der Aufgabe wird nochmal betrachtet. Durch die Prüfung des

Lösungswegs und erneute Betrachtung in dieser Phase, haben die SchülerInnen die

Möglichkeit, die Aufgabe zu reflektieren und daraus zu lernen. Dabei sollte der

Lösungsweg möglichst mit einer anderen Methode, als zur Lösungsfindung verwendet,

überprüft werden. Die Vielfalt der Lösungswege einer Aufgabe ermöglicht Schülern

verschiede Sichtweisen eines Problems und somit die Erkenntnis über die

Anwendbarkeit der unterschiedlichen Strategien zur Problemlösung. Im Rahmen der

Rückschau sollte die Aufgabe auch möglichst verallgemeinert werden. Dies bietet den

SchülerInnen die Einsicht in einen breiteren mathematischen Zusammenhang.

Bei seinem Phasenmodell des Problemlösens setzt Pólya stets voraus, dass die zu

lösende Aufgabe „gut“ gewählt ist. Für Pólya (2010) sind alle vier Phasen des

Problemlöseprozesses für erfolgreiches Problemlösen notwendig, er gibt allerdings zu,

dass manchmal auch spontane Ideen zu Lösungen führen können.

Als Hilfestellung für die MathematiklehrerInnen formulierte Pólya neben seinem

Phasenmodell des Problemlösens noch „Drei Prinzipien des Lehrens.“

Das erste Prinzip des Lehrens nach Pólya ist „aktives Lernen“. Pólya meint damit die

sokratische Methode des Unterrichtens, in der die Lehrperson die Rolle des Betreuers

bzw. des Impulsgebers übernimmt und so für fruchtbare Anregungen in dem Unterricht

sorgt. Die Mathematik soll von SchülerInnen entdeckt werden.

„Beste Motivierung“ als das zweite Prinzip des Lehrens stellt die Lehrperson in die

Rolle des Verkäufers, dabei ist das Verkaufsgut, das Wissen der Mathematik. Die

LehrerInnen müssen den SchülerInnen die Anziehungskraft der Mathematik vermitteln

und sie von der Sinnhaftigkeit ihres Tuns im Mathematikunterricht überzeugen.

Zu guter Letzt rät Pólya zu der Anwendung der Aufgaben, die eine Einhaltung der

aufeinanderfolgenden Phasen ermöglichen. In diesem Fall meint Pólya wohl die

Problemaufgaben, die das Potential besitzen, SchülerInnen das Problemlösen zu

ermöglichen. (Vgl. Pólya 1979, S. 159–162)

Page 37: Problemlösen im Mathematikunterricht

Seite 26 von 143

Methode zur Problemlösung nach Pólya

Pólya war der Ansicht, dass man Problemlösungsstrategien in Form von Fragen

vermitteln kann. Die bereits genannten Phasen der Problemlöseprozesse entwickelte

Pólya weiter zu einem Fragekatalog, der mithilfe der Leitfragen als

Strategieaufforderungen, Hilfestellung bei der Lösung der mathematischen Probleme

bieten soll. (Vgl. Pólya 2010)

1. Phase: Verstehen der Aufgabe

Was ist bekannt? Was ist gegeben?

Was ist gesucht?

Wie lautet die Bedingung? Ist die Bedingung ausreichend, unzureichend,

überbestimmt oder kontradiktorisch?

Ist es möglich, die Bedingung zu erfüllen?

Fertige eine Skizze an!

Führe Bezeichnungen ein!

Trenne die verschiedenen Teile der Bedingung!

2. Phase: Ausdenken eines Plans

Hast du die Aufgabe schon früher gesehen? Oder hast du dieselbe Aufgabe in

einer ähnlichen Form gesehen?

Kennst du eine verwandte Aufgabe?

Kennst du einen Lehrsatz, der förderlich sein könnte?

Betrachte die Unbekannte! Und versuche, dich auf eine dir bekannte Aufgabe zu

erinnern, die dieselbe oder eine ähnliche Unbekannte hat. Kannst du diese

Aufgabe zur Lösung benutzen?

Kannst du die Aufgabe anders ausdrücken? Kannst du die Aufgabe auf

verschiedene Arten ausdrücken? Geh auf die Definition zurück!

Wenn du die vorliegende Aufgabe nicht lösen kannst, so versuche zuerst eine

verwandte Aufgabe zu lösen oder die Aufgabenstellung zu verändern. Kennst du

eine zugänglichere verwandte Aufgabe, eine allgemeinere Aufgabe oder eine

speziellere Aufgabe?

Kennst du eine analoge Aufgabe?

Kannst du die Aufgabe mit einer Bedingung weniger lösen oder die Aufgabe mit

zusätzlichen Bedingungen?

Kannst du die Aufgabe durch systematisches Probieren lösen?

Page 38: Problemlösen im Mathematikunterricht

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Kannst du etwas Förderliches aus den Daten ableiten? Kannst du dir andere Daten

denken, die geeignet sind um die Unbekannte zu bestimmen? Kannst du die

Unbekannte oder die Daten ändern, sodass sie einander näher sind?

Hast du alle Daten, Bedingungen und Begriffe verwendet?

3. Phase: Ausführen des Plans

Kontrolliere jeden Schritt! Kannst du deutlich sehen, dass der Schritt richtig ist? Kannst

du beweisen warum er richtig ist?

4. Phase: Rückschau (Kontrolle der Ergebnisse)

Kannst du das Resultat kontrollieren?

Ist die Lösung der Aufgabe eindeutig bestimmt und plausibel?

Kannst du das Resultat auch noch auf eine andere Weise herleiten?

Kann das Ergebnis verallgemeinert werden?

Welche Strategie war erfolgreich? Kann die verwendete Methode auch für eine

andere Aufgabe verwendet werden?

Abbildung 2.5: (Aus: Pólya 2010, innerer Buchumschlag)

Anhand der Fragen zu den einzelnen Phasen, erkennt man den präskriptiven

Charakter von Pólyas Stufenmodell des Problemlösens. Pólya bevorzugt ein lineares

Abarbeiten der Aufgaben, denn er war überzeugt, dass eine systematische

Bearbeitung der Aufgaben, nach dem von ihm entwickelten Schema und Reihenfolge,

am ehesten zu einer Lösung der jeweiligen Problemaufgabe führt.

Pólya (1979) schlägt vor, sich beim Problemlösen auf vernünftiges Vermuten

(reasonable guessing) zu verlassen. Demnach sollte man nicht gegen seine Intuition

handeln, vielmehr sollte man versuchen den Plan zu falsifizieren. Beim Problemlösen

sollte man sich nicht allzu weit von der ursprünglichen Aufgabe entfernen, sondern

stets versuchen so nahe wie möglich zu bleiben und immer zuerst die Ansätze zu

betrachten, die einfacher und eher mit der Aufgabe verwandt sind. Man sollte auch

nicht allzu schnell aufgeben. Im Gegenteil, man sollte versuchen, einen Aspekt der

Aufgabe zu verfolgen solange es noch Aussichten für die Lösungsansätze gibt.

Page 39: Problemlösen im Mathematikunterricht

Seite 28 von 143

Betrachtung Pólyas Beispiele

„Die Lösung eines großen Problems stellt eine große Entdeckung dar, doch in der

Lösung eines jeden Problems steckt etwas von einer Entdeckung.“

(George Pólya)

An dieser Stelle der Arbeit werden zunächst einige Aufgaben aus den Büchern von

George Pólya Aufgaben und Lehrsätze der Analysis 1 (Pólya und Szegö 1970) und

Vom Lösen mathematischer Aufgaben. Einsicht und Entdeckung, Lernen und Lehren

(Pólya 1966) betrachtet. Als erstes werden Versuche unternommen, einige

ausgewählte Aufgaben aus „Aufgaben und Lehrsätze der Analysis“ mit Hilfe Pólyas

Fragebogens zu lösen. Damit sollte bessere Einsicht in die Methoden und Strategien

zur Problemlösung nach Pólya gewonnen werden. In diesem Kapitel wird nur ein

Beispiel wiedergegeben um das methodische Vorgehen zu erläutern,

Anschließend werden nach der gleichen Methode auch ausgewählte Beispiele aus

Vom Lösen mathematischer Aufgaben. Einsicht und Entdeckung, Lernen und Lehren

(Pólya 1966). Einige dieser Beispiele werden in weiteren Kapiteln als Aufgaben zur

Verdeutlichung der Problemlösestrategien verwendet.

Ausgewählte Aufgaben aus „Aufgaben und Lehrsätze der Analysis 1“

Aufgabe 1

Es sei 𝑛 eine ganze Zahl. Die Anzahl der Auflösungen der diophantischen Gleichung

𝑥 + 2𝑦 + 5𝑧 + 10𝑢 + 20𝑣 + 50𝑤 = 𝑛 [1.1]

in nichtnegativen ganzen Zahlen 𝑥, 𝑦, 𝑧, 𝑢, 𝑣, 𝑤 bezeichne man mit 𝐴𝑛 . Die Summe der

Reihe

𝐴0 + 𝐴1𝜆 + 𝐴2𝜆2 + 𝐴3𝜆3 +⋅⋅⋅ +𝐴𝑛𝜆𝑛 +⋅⋅⋅⋅⋅ [1.2]

ist eine rationale gebrochene Funktion der Veränderlichen 𝜆. Welche?

Verstehen der Aufgabe

Was ist bekannt? Was ist gegeben?

Bekannt ist die diophantische Gleichung mit nichtnegativen Zahlen 𝑥, 𝑦, 𝑧, 𝑢, 𝑣, 𝑤. Die

Anzahl der Auflösungen ist die Zahl 𝑛.

Page 40: Problemlösen im Mathematikunterricht

Seite 29 von 143

Was ist gesucht?

Gesucht ist die Veränderliche 𝜆 der gebrochen rationalen Funktion, die als Summe

[1.2] geschrieben werden kann.

Wie lautet die Bedingung? Ist die Bedingung ausreichend, unzureichend,

überbestimmt oder kontradiktorisch?

Die Zahlen 𝑥, 𝑦, 𝑧, 𝑢, 𝑣, 𝑤 ∈ ℕ und die diophantische Gleichung [1.1] können als

Summe der Reihe [1.2] dargestellt (übersetzt) werden.

Ausdenken eines Plans

Trotz immenser Bemühungen auch unter der Berücksichtigung der von Pólya

vorgeschlagenen Fragen, war an dieser Stelle kein Lösungsansatz sichtbar. Als

Konsequenz der erfolglosen Suche nach der Lösung der Aufgabe 1 wurden Lösungen

des Lehrbuchs in Anspruch genommen. (Pólya und Szegö 1970, S. 154)

Diese lauten:

∑ 𝐴𝑛𝜆𝑛 =

𝑛=0

(1 + 𝜆 + 𝜆2 + 𝜆3 +⋅⋅⋅∙∙∙∙∙∙∙∙ +𝜆𝑥 + ∙∙∙∙∙∙∙∙)

(1 + 𝜆2 + 𝜆4 + 𝜆6 +⋅⋅⋅∙∙∙∙∙∙∙ +𝜆2𝑦 + ∙∙∙∙∙∙∙∙)

(1 + 𝜆5 + 𝜆10 + 𝜆15 +⋅⋅⋅∙∙∙∙∙ +𝜆5𝑧 + ∙∙∙∙∙ )

(1 + 𝜆10 + 𝜆20 + 𝜆30 +⋅⋅⋅∙∙∙ +𝜆10𝑢 +∙∙∙∙∙ )

(1 + 𝜆20 + 𝜆40 + 𝜆60 +⋅⋅⋅∙∙∙ +𝜆20𝑣 + ∙∙∙∙∙)

(1 + 𝜆50 + 𝜆100 + 𝜆150 +⋅⋅⋅ +𝜆50𝑧 + ∙∙∙∙∙)

=1

(1 − 𝜆)(1 − 𝜆2)(1 − 𝜆5)(1 − 𝜆10)(1 − 𝜆20)(1 − 𝜆50)

[1.3]

Rückschau (Kontrolle der Ergebnisse)

Trotz vorgegebener Lösung war es hier nicht möglich, einen Zusammenhang zwischen

der diophantischen Gleichung 𝑥 + 2𝑦 + 5𝑧 + 10𝑢 + 20𝑣 + 50𝑤 = 𝑛 mit 𝑥, 𝑦, 𝑧, 𝑢, 𝑣, 𝑤 in

nichtnegativen ganzen Zahlen und der Darstellung dieser Gleichung als Summe von

𝐴0 + 𝐴1𝜆 + 𝐴2𝜆2 + 𝐴3𝜆3 +⋅⋅⋅ +𝐴𝑛𝜆𝑛 +⋅⋅⋅⋅⋅ herzustellen. Offensichtlich war eine Art

Barriere im Weg, um die Summe [1.2] als alternative Darstellung der gegebenen

diophantischen Gleichung zu erkennen. Die Darstellung der Summe [1.2] als

Page 41: Problemlösen im Mathematikunterricht

Seite 30 von 143

gebrochen rationale Funktion der Form 1

(1−𝜆)(1−𝜆2)(1−𝜆5)(1−𝜆10)(1−𝜆20)(1−𝜆50) ist hingegen

gut nachvollziehbar, da es sich bei den einzelnen Summen um geometrische Reihen

handelt. Somit kann zum Beispiel die erste Summe (1 + 𝜆 + 𝜆2 + 𝜆3 +∙∙∙∙ +𝜆𝑥 +∙∙∙∙) als

gebrochen rationale Funktion 1

(1−𝜆) dargestellt werden. Multipliziert man die einzelnen

Summen bekommt man als Ergebnis der Multiplikation der einzelnen Terme folgendes

Ergebnis:

1

(1 − 𝜆)∙

1

(1 − 𝜆2) ∙

1

(1 − 𝜆5) ∙

1

(1 − 𝜆10)∙

1

(1 − 𝜆20)∙

1

(1 − 𝜆50)

= 1

(1 − 𝜆)(1 − 𝜆2)(1 − 𝜆5)(1 − 𝜆10)(1 − 𝜆20)(1 − 𝜆50)

[1.4]

Hier wurde ein Schritt übersprungen, nämlich die Überwindung der oben genannten

Barriere. Offensichtlich fehlte hier bestimmtes Wissen, um dieses Problem vollständig

zu lösen. An dieser Stelle wird die subjektive Auffassung der Problemaufgabe sehr

deutlich. Für manche Studenten würde diese Aufgabe vermutlich keine Schwierigkeit

darstellen, in dieser Arbeit allerdings stellt sie für mich ein riesen Problem dar, mit all

den typischen „Symptomen“, die bereits in Abschnitt „Wann wird eine Aufgabe oder

ein Sachverhalt zu einem Problem?“ beschrieben wurden. Um dieses Problem zu

lösen, reicht der Fragenkatalog von Pólya offensichtlich nicht aus. Zunächst muss

mehr Wissen aufgebaut werden, um die entsprechenden Lehrsätze und verwandte

Aufgaben zu kennenlernen.

Auf der Suche nach dem Wissen zu kombinatorischen Beispielen, fällt zunächst eine

enge Verbindung zwischen den zahlentheoretischen- und kombinatorischen Aufgaben

auf. Viele der zahlentheoretischen Probleme lassen sich eigentlich in kombinatorische

Probleme überführen. Zum Beispiel die Bestimmung der Anzahl der Teiler 𝜏(𝑛) einer

Zahl oder die Anzahl der zu 𝑛 teilerfremden kleineren Zahlen 𝜑(𝑛) (die Eulerfunktion).

Im Vorlesungsskript über endliche Kombinatorik des Professors Friedrich

Pillichshammer14 des Wintersemesters 2011/12, findet man das Konzept der

erzeugenden Funktion.

14 Pillichshammer 2011

Page 42: Problemlösen im Mathematikunterricht

Seite 31 von 143

Das Lösen der Aufgaben aus Pólyas Aufgaben und Lehrsätze der Analysis 1 zielt auf

die Entdeckung der Begriffe und mathematischen Konzepte der Analysis. Ziel der

Diplomarbeit ist, die Sammlung der Erkenntnisse über Umsetzbarkeit der einzelnen

Problemstrategien im Mathematikunterricht. Die „gelösten“ Aufgaben wurden mit Hilfe

Pólyas Fragebogens bearbeitet. Dieser lieferte zwar die Strategieaufforderungen,

allerdings brachten diese häufig nicht die gewünschten Ergebnisse.

An dieser Stelle entschied ich mich, Pólyas Anregungen aus dem ersten Band von

Vom Lösen mathematischer Aufgaben. Einsicht und Entdeckung, Lernen und Lehren

näher zu betrachten. Ausgewählte Beispiele aus diesem Buch fließen im Kapitel 6 ein.

Ergebnisse aus eigener Problemlösungstätigkeit

Die formulierten Aufgaben von Pólya in dem Buch Aufgaben und Lehrsätze aus der

Analysis von (Pólya und Szegö 1970) sind meiner Ansicht nach für die Entwicklung

der Problemlösefähigkeit zu komplex. Pólya erwartet einen relativ hohen Grad an

Basiskenntnissen, obwohl er das Buch eigentlich auch allen Mathematikinteressierten

gewidmet hat. Man darf den Umstand nicht übersehen, dass Probleme stets

subjektiver Natur sind und nicht unabhängig von dem jeweiligen Problemlöser

betrachtet werden dürfen.

Als Student des Mathematiklehramts bin ich ständig Problemaufgaben begegnet.

Diese Problemaufgaben, die meist innerhalb der Übungen zu Vorlesungen

aufgekommen sind, waren Aufforderungen an Studenten, sich neue Inhalte

anzueignen oder in der Vorlesungen präsentierte Sätze zu beweisen. Nachdem man

sich als Student die neuen Inhalte zu eigen gemacht hat, wurden aus

Problemaufgaben nur noch Routineaufgaben, die man mittels der gelernten Verfahren

und Kenntnisse lösen konnte.

Diese Erfahrungen des Umgangs mit Problemaufgaben, haben mich nachträglich

geprägt. Beim Scheitern an einer Aufgabe, führte ich dieses Scheitern auf die

mangelnde Kenntnis des Stoffgebiets, die zur Aufgabenlösung notwendig ist und nicht

etwa an meine „Unfähigkeit“, sich in Problemsituationen flexibel und erfinderisch zu

verhalten. Als Konsequenz dieser Haltung, versuchte ich Angesichts der

mathematischen Problemaufgaben zuerst, die benötigte Theorie, die zur

Aufgabenlösung notwendig war, zu erlernen. Deshalb setze ich schon in der

Angangsphase des Problemlösens einer Aufgabe, immer folgende

Strategieaufforderung um:

Page 43: Problemlösen im Mathematikunterricht

Seite 32 von 143

Kennst du einen Lehrsatz, der förderlich sein könnte?

Betrachte die Unbekannte! Und versuche, dich an eine dir bekannte Aufgabe

zu erinnern, die dieselbe oder eine ähnliche Unbekannte hat. Kannst du diese

Aufgabe zur Lösung benutzen?

Falls ich den Lehrsatz nicht kannte, suchte ich in der Fachliteratur bis ich fündig wurde.

Nachdem ich mir die notwendigen Kenntnisse angeeignet habe versuchte ich mit

diesen, die Aufgabe zu lösen. Falls ich die Aufgabe nicht lösen konnte, verwendete ich

als nächstes Pólyas folgende Strategieaufforderung:

Wenn du die vorliegende Aufgabe nicht lösen kannst, so versuche zuerst eine

verwandte Aufgabe zu lösen oder die Aufgabenstellung zu verändern. Kennst

du eine zugänglichere verwandte Aufgabe, eine allgemeinere Aufgabe oder

eine speziellere Aufgabe?

Somit ging die Suche wieder von vorne los. Falls ich die Theorie, die hinter der

verwandten Aufgabe steckte, nicht verstand, habe ich mir diese ebenfalls angeeignet.

Das „Verfahren“ wurde solange angewendet, bis ich zu einer befriedigenden Lösung

kam. Wie es aus der Darstellung des „Verfahrens“ ersichtlich ist, nahm die Lösung von

bereits wenigen Beispielen aus Aufgaben und Lehrsätze der Analysis I sehr viel Zeit

in Anspruch, ohne, dass ich nennenswerte Fortschritte im Bezug auf eigene

Problemlösefähigkeit gemacht hätte. Der Schwierigkeitsgrad - und die theoretischen

Anforderungen der Aufgaben, hinderten mich daran, mich den eigentlichen

Problemlöseprozessen und deren Reflexion zu widmen.

Pólya hat die Problemaufgaben in dem Buch Aufgaben und Lehrsätze der Analysis so

konzipiert, dass die Lösung der vorherigen Aufgaben die Basis für das Lösen der

nachfolgenden Aufgaben ist. Dadurch sollte gewährleistet werden, dass die

ProblemlöserInnen durch die Aufgabenbewältigung mathematische Themengebiete

selbstständig entdecken und erlernen. Wenn aber die zu erlernenden Themengebiete

bereits bekannt sind, gibt es wenig zu entdecken, die Problemaufgaben verlieren ihren

experimentellen Charakter und ihre Anziehungskraft.

Aus diesem Grund widmete ich mich auch den Aufgaben aus Pólyas Werk Vom Lösen

mathematischer Aufgaben, Einsicht und Entdeckung, Lernen und Lehren, Band I. Die

darin enthaltenen Aufgaben zielen auf die Vermittlung der heuristischen Strategien,

sie sind allgemein gehalten und reichen von Geometrie bis zur Analysis.

Page 44: Problemlösen im Mathematikunterricht

Seite 33 von 143

Anhand dieser Aufgaben war es mir möglich, die eigenen Problemlöseprozesse zu

reflektieren und dadurch neue Erkenntnisse zu gewinnen.

Pólyas Fragenkatalog stellt eine Möglichkeit, leichter zu einer Lösung der

Problemaufgaben zu kommen, allerdings sind die Strategieaufforderungen nicht mit

einem nützlichen Algorithmus, der immer zu einer Lösung führt, zu verwechseln.

Während der Beschäftigung mit Problemaufgaben von Pólya und Szegö (1970) gelang

ich trotz Befolgung des Fragebogens häufig nicht zu einer Lösung. Gelegentlich wäre

nur ein Kunstgriff oder eine kreative Idee notwendig gewesen, um der Lösung auf die

Spur zu kommen. Diese Kreativität wurde aber durch die algorithmische Struktur des

Fragebogens etwas eingeschränkt.

Betrachtet man die Ergebnisse meiner Erfahrungen mit Problemlöseaufgaben

hinsichtlich des Lehrens des Problemlösens, dann ergeben sich einige nützliche

Hinweise für die Behandlung der Problemaufgaben, mit dem Hintergrund der

Entwicklung und Stärkung der Problemlösekompetenz.

1. Das bloße Aufarbeiten der Problemaufgaben nach dem Fragebogen von Pólya ist

nicht sinnvoll, wenn man vorher keine expliziten Strategien zur Verfügung hat.

Vergleicht man die Situation der Schüler, die nun eine Problemaufgabe nur mit Hilfe

der Strategieaufforderungen lösen sollen, dann ähnelt diese der Situation eines

Schülers einer Fahrschule, der zum ersten Mal ein Fahrzeug fahren sollte. Der

Fahrlehrer gibt dem Schüler eine deutliche Anweisung, wie zum Beispiel, die

Kupplung zu drücken, den ersten Gang einzulegen und dann während er Gaspedal

betätigt, die Kupplung zu lösen. Es handelt sich hier um eine äußerst komplexe

Problemaufgabe, die für den/die FahrschülerIn nur mit tatkräftiger Hilfe des

Fahrlehrers (und seiner Pedale) und viel Übung gelingen kann.

2. Die Strategieaufforderungen, die Pólya als Hilfestellung konzipiert hat, sind zwar

nützlich, doch folgen Problemlöseprozesse häufig nicht mit dem linearen Verlauf,

den Pólya beschreibt. Manchmal müssen mehrere Problemlösestrategien

angewendet werden oder sogar eine Kombination von Strategien, um ein

Teilproblem der Aufgabe zu lösen und dann wieder am Anfang der

Problemaufgabe zu beginnen.

Page 45: Problemlösen im Mathematikunterricht

Seite 34 von 143

3. Das Erlernen von Problemlösestrategien anhand von Beispielen, für die sehr viele

Fachkenntnisse eingesetzt werden müssen ist weder zielführend noch effektiv. Die

Strategien zum Problemlösen sollten möglichst an sehr einfachen Beispielen

demonstriert werden und anschließend mit steigerndem Schwierigkeitsgrad

eingeübt werden.

4. Pólya überlässt die Motivation der Schüler gänzlich den Lehrpersonen. Diese

müssen für die entsprechende Motivation für das Problemlösen sorgen und die

Problemaufgaben für die Schüler gestalten, obwohl es in der Natur der Probleme

liegt, dass sie problematisch und nicht immer leicht zu lösen sind. Die Ziele der

Schüler werden von Pólya im Kontext des Problemlösens gänzlich ausgeklammert.

5. Aufgrund der geordneten Form Pólyas Fragebogens bekommt man den Eindruck,

dass es sich bei der Anwendung von heuristischen Strategien, um Verfahren

handelt, die eine Lösung gewährleisten. Deshalb sollte das Thema Algorithmen

gezielt vermittelt werden. Die Beschäftigung der Schüler mit Algorithmen, dient der

Sensibilisierung der Wahrnehmung von Unterschieden zwischen den

Routineaufgaben und den Problemaufgaben.

6. Generell stellt sich hier die Frage, wie man das Problemlösen in der Schule

unterrichten soll und ob Pólyas Methode im Unterricht unmittelbar umsetzbar ist.

Das Problemlösen ist eine höchst kreative Tätigkeit auch in Hinblick auf die

Anwendung der Problemlösestrategien. Die Fähigkeit, kreativ und zielführend mit

Strategien umzugehen, sollte deshalb bei der Vermittlung der Heuristiken ebenfalls

berücksichtigt werden.

7. Der wichtigste Schritt im Problemlöseprozess nach Pólya, war meiner bisherigen

Erfahrung nach, die Reflexion. Die Schüler zu reflektiertem Denken zu bewegen,

ist eine weitere Herausforderung, der man sich im Rahmen des problemlösenden

Unterrichts stellen muss. Eine Möglichkeit, dies Umzusetzen, wäre die Vermittlung

der Prüfungsstrategien, wie es auch Pólya in seinem Fragebogen vorschlägt. Eine

weitere Möglichkeit, die ich aufgrund der Vielzahl von geleisteten Nachhilfestunden

für beachtenswert halte, ist es, den Schülern die Fähigkeit zu vermitteln, aus ihren

eigenen Fehlern zu lernen. Dazu ist es allerdings wichtig, die gemachten Fehler

der Schüler nicht als etwas „Verbotenes“ bzw. negativ behaftetes anzusehen,

sondern als eine willkommene, sehr effektive Lernmöglichkeit und ein

Reflexionswerkzeug, der den SchülerInnen unter Umständen neue Sichtweisen in

das jeweils bearbeitende Stoffgebiet öffnet.

Page 46: Problemlösen im Mathematikunterricht

Seite 35 von 143

Lehren und Lernen von Problemlösen

„Sollte auch einer einst die vollendete Wahrheit finden, so wüsste er es doch nicht.

Es ist alles durchsetzt von Vermutung.“

(Karl Raimund Popper)

Das Phasenmodell des Problemlösens bzw. der Problemlöseprozesse aus Sicht

Pólyas sind bereits vorgestellt worden. Aufgrund der Erkenntnisse aus eigener

Auseinandersetzung mit Pólyas Problemlösemethoden und Aufgaben, habe ich

einige, aus meiner Sicht, wichtige Erkenntnisse gewonnen, die ich in diesem Teil der

Diplomarbeit umsetzten möchte.

Pólya hat durch Reflexion und Beschreibung seiner eigenen Lösungstätigkeit im

Umgang mit Problemaufgaben, eine Grundstruktur der Problemlöseprozesse beim

Problemlösen aufgezeigt. Die Problemlöseprozesse des Pólya Modells sind

keineswegs vollständig und bilden sicherlich nicht alle kognitiven Denkprozesse ab,

die im Zuge der Problemlösung auftreten. Pólya war überzeugt, dass die angehenden

Mathematiker gute Aufgabenlöser sein sollen. (Vgl. Pólya 1966, S. 91)

Phasenmodell des Problemlösens nach Dewey15

Die Unterteilung des Problemlöseprozesses in Phasen ist jedoch keine Erfindung von

Pólya. Schon 1910 veröffentlichte Dewey in seinem Werk Wie wir denken eine

deskriptive Analyse des Problemlöseprozesses aus erziehungswissenschaftlicher

Sicht und unterteilte den Problemlöseprozess in fünf Stufen.

15 John Dewey (*1859; † 1952) war ein US-amerikanischer Philosoph und Pädagoge. Dewey gilt als einer der Hauptvertreter des Pragmatismus und ist einer der bekanntesten Vertreter der Progressive Education.

Prüfung der Ergebnisse

logische Weiterentwicklung der Lösungsidee

Ausdenken einer Lösungsidee

Das Problem wird identifiziert

Begegnung mit einer Schwierigkeit

Abbildung 4.1: Phasenmodell der Problemlöseprozesse nach

Dewey (2002)

Page 47: Problemlösen im Mathematikunterricht

Seite 36 von 143

1. Begegnung mit einer Schwierigkeit (Suggestion): Man begegnet der

Problemaufgabe. Das Spannungsfeld zwischen dem Ausgangszustand und dem

Zielzustand kommt in dieser Phase zum Ausdruck.

2. Das Problem wird identifiziert (Intellectualisation): In zweiter Phase kommt es zum

kritischen Denken indem die vorhandene Schwierigkeit lokalisiert wird. Das Problem

muss durch genaue Beobachtung und Perspektivenwechsel auf seine Eigenschaften

untersucht werden.

3. Ausdenken einer möglichen Lösungsidee (The guiding idea, Hypothesis): Dies ist

die spekulative Phase der Erkenntnisgewinnung. Hier wird ein Lösungsansatz

entwickelt.

4. Logische Weiterentwicklung der Lösungsidee (Reasoning): Der Ansatz wird logisch

konsequent durchgeführt.

5. Prüfung der Ergebnisse (Testing the Hypothesis by Action): Die Lösung wird an

einem Experiment überprüft und damit an der Realität abgeglichen. Die Ergebnisse

werden entweder angenommen oder wiederlegt.

Deweys Stufen-Modell des Problemlösens ist mit dem Phasenmodel Pólyas durchaus

vergleichbar. Die erste und die zweite Phase des Modells von Dewey sind bei Pólya

bereits in der ersten Phase (Aufgabe Verstehen) enthalten. Deweys Ziel als

Erziehungswissenschaftler, war weniger die Lösung konkreter mathematischen

Aufgaben, und vielmehr die Erziehung zum Denken in Bezug auf die

Problemlösefähigkeit. Deshalb ist Deweys Phasenmodell des Problemlösens

wesentlich allgemeiner formuliert als dies beim Modell von Pólya der Fall ist. Bei

komplexen Problemen, die nur in mehreren „Etappen“ lösbar sind und

Zwischenlösungen enthalten, hielt Dewey im Gegensatz zu Pólya an einem linearen

Ablauf des Problemlöseprozesses nicht fest.

Page 48: Problemlösen im Mathematikunterricht

Seite 37 von 143

Milgrams Kritik an Pólyas Problemlösemodell

Nach Milgram (2007) verfasste Pólya sein Werk Aufgaben und Lehrsätze aus der

Analysis für fortgeschrittene Studenten. Dadurch berücksichtigte Pólya gewisse

Aspekte des Problemlösens wie z.B. ob ein Problem überhaupt wohl definiert ist, gar

nicht. Er nahm an, dass die LeserInnen seines Werks ohnehin die gegebenen

Probleme darauf prüfen. Für das Unterrichten des Problemlösens, sollte dieser Aspekt

ebenfalls berücksichtigt werden.

Der zweite wichtige Aspekt bezüglich der Deutung Pólyas Phasenmodells ist nach

Milgram die Unterscheidung zwischen verbalen und nicht verbalen Aspekten des

Problemlösens. Pólya war sich dessen bewusst, leider gibt es aber keine andere

Möglichkeit über das Problemlösen zu schrieben, als Worte zu benutzen. Milgram zu

folge, finden sich in der Literatur der Fachdidaktik häufig Interpretationen Pólyas

Modells, die nur die verbalen Aspekte seiner Lehre betonen. Die nonverbalen Aspekte

des Problemlösen kann man aber nicht kommunizieren, diese werden nur durch

wiederholtes Üben aneignet. (Vgl. Milgram 2007, S. 56f. )

Der letzte Aspekt, der nach Milgram beim Lösen der Problemaufgaben im

Mathematikunterricht berücksichtigt werden muss, ist der Aspekt der Modellierung. Die

Schüler müssen zwischen echten mathematischen Problemen und den Problemen

des Alltags unterscheiden, denn jedes echte mathematische Problem hat eben genau

eine Antwort, obwohl häufig im Rahmen der Differenzierung der Schüler suggeriert

wird, das eine Aufgabe viele Lösungen haben kann. Als Beispiel nennt Milgram eine

Aufgabe, bei der die Schüler aufgefordert werden, darüber nachzudenken, wie man

zwei Klassenzimmer bzgl. ihrer Größen vergleichen kann. Der Begriff „größer“ ist kein

exakter mathematischer Begriff und liefert keine eindeutige Lösung, da es sich bei

diesem Problem um ein Problem des Alltags handelt. Dieser Umstand kann beim

Unterrichten des Problemlösens zu Missverständnissen führen. (Vgl. Milgram 2007, S.

57f. )

In nächsten Abschnitten dieses Kapitels widme ich mich den Störungen und Fehlern

beim Problemlösen und stelle einige neuere Modelle des Problemlösens vor, die man

auch als Erweiterungen und Modifikationen Pólyas Modells sehen kann.

Page 49: Problemlösen im Mathematikunterricht

Seite 38 von 143

Störungen und Fehler beim Problemlösen

Das Lösen von Problemaufgaben bzw. Aufgaben, die keine klaren Verfahren zu deren

Lösung aufweisen, bereiten vielen Schülern Probleme, die sie häufig nicht selbst lösen

können. Nach Bruder et al. (2005) fällt es Schülern schwer, ihre Problemlöseprozesse

nach Strategieaufforderungen der bestimmten Phasen zu steuern. Pólya behauptete

sogar, dass das Vergessen des Lösungsplans eine der größten Fehlerquellen beim

Lösen von Problemaufgaben im Unterricht ist.

Aus psychologischer Sicht gibt es nach Dörner (1979) folgende Ursachen für Fehler

beim Lösen komplexer Problemaufgaben.

Das bewusste Denken in komplexen Situationen stößt häufig auf

Ressourcengrenzen, die zu Reduktionen der zur Verfügung stehenden

Informationen führt. Die Auswirkungen der Reduktion, ist der Umstieg auf

einfache Kausalmodelle. Die Abhilfe aus dieser Situation bieten

Aufzeichnungen.

Um sein eigenes Kompetenzempfinden zu schützen, wird das Suchen und

Betrachten von Informationen, die eigene Vorstellungen falsifizieren könnten

vermieden.

Informationen, die emotional positiv oder negativ behaftet sind, werden seltener

vergessen als die Informationen, die emotional neutral belegt sind. In

komplexen Problemstellungen sind häufig gerade die neutral behaftete

Informationen Träger von Voraussetzungen. Das führt im Problemlöseprozess

dazu, dass bestimmte Bedingungen einfach übersehen bzw. vergessen

werden.

Das Bearbeiten der Problemaufgaben und die Vermittlung der heuristischen Strategien

sind mit hohem Zeitaufwand verbunden. Nach Vollrath und Roth (2012) ist einer der

Hauptgründe für die unzureichende Vermittlung der Problemlösefähigkeit im

Mathematikunterricht der Zeitmangel. (Vgl. Vollrath und Roth 2012, S. 62f.)

Als weiteres Hindernis für die Umsetzung des problemorientierten Unterrichts16

nennen Vollrath und Roth die subjektive Auffassung des Schwierigkeitsgrades eines

Problems.

16 Vollrath und Roth 2012 übernehmen die Auffassung von Ausubel demnach Lernen, das durch ein Problem in Gang gesetzt wird, als problemorientiertes Lernen bezeichnet wird.

Page 50: Problemlösen im Mathematikunterricht

Seite 39 von 143

Innerhalb einer Klasse können hohe Leistungsunterschiede auftreten, die

leistungsschwächeren SchülerInnen können sich von Problemaufgaben unter Druck

gesetzt fühlen und womöglich deswegen sogar demotiviert werden. (Vgl. Vollrath und

Roth 2012, S. 282)

Neuere Modelle des Problemlösens

Pólya brachte mit der Veröffentlichung von How to solve it Bewegung in die Forschung

des Problemlösens in der Fachdidaktik der Mathematik. Das in der Fachdidaktik der

Mathematik als „allgemeine Schrittfolge des Problemlösens“ geltende Modell von

Pólya ist in vier Phasen unterteilt. Diese bilden zwar nicht alle Problemlöseprozesse

ab, gewähren aber eine einen guten Einblick in die allgemeine Struktur der kognitiven

Prozesse, die beim Lösen der Probleme sicherlich vorkommen.

1. Erfassen und Verstehen der Aufgabenstellung

2. Suchen nach Lösungsideen und Erstellung des Planes für die Lösung der Aufgabe

3. Durchführen des Lösungsplanes

4. Kontrolle und Auswertung der Lösung und des Lösungsweges

IN DER VIERTEN PHASE KOMMT ES VOR ALLEM AUF DIE AUSWERTUNG DES

LÖSUNGSWEGES AN!

Problemlösemodell als Vorschlag des Bildungsministeriums

Die Betrachtung des Problemlösens als Kompetenz in den Lehrplänen der vierten und

der achten Schulstufe, offenbarte bereits im Abschnitt 2.2 die mangelnde

Konkretisierung der Schritte, die erforderlich sind, um die heuristischen Strategien den

Schülerinnen und Schülern zu vermitteln. Sucht man (einfachheitshalber) im Lehrplan

der Grundschule nach konkreten Vorschlägen, wie die Kompetenz Problemlösen

(AK4) umgesetzt werden sollte, findet man Vorgaben, worauf man als Lehrkraft

besonders Gewicht legen soll und Forderungen, welche Kompetenzen im Unterricht

entwickelt werden sollen. Wie diese Entwicklung umgesetzt werden soll, wird im

Lehrplan selbst nicht vermittelt.

Page 51: Problemlösen im Mathematikunterricht

Seite 40 von 143

Ein Beispiel der Forderungen nach der Vermittlung von Problemlösefähigkeiten in dem

Lehrplan der 4. Schulstufe ist unter dem Punkt didaktische Grundsätze bezüglich der

Variation der Darstellungsebenen vorgeschrieben.

„Der wiederholte Wechsel der Darstellungsebenen (handelnd, bildhaft, symbolisch) ist

einerseits für ein Sichern von Begriffen und die Einsicht in Operationsstrukturen,

andererseits als Hilfe für das Finden von Lösungsstrategien notwendig.“ (BMUKK

2012, S. 19)

Der Lehrplan der 3. Schulstufe gibt unter dem Punkt Spielerisches Umgehen mit

Zahlen und Operationen Beispiele vor, wie Problemlösekompetenzen gefördert

werden können, wie das Erfinden von Spielen, Durchführen von Strategiespielen,

Erkennen von Zusammenhängen und Rechenvorteilen, Zahlenrätsel. (Vgl. BMUKK

2012)

Nach AK4 sollten die Schülerinnen und Schüler am Ende der 4. Schulstufe in der Lage

sein, heuristische Strategien zu (er)finden und anzuwenden. In Lehrplänen der

Grundschule sind keine genauen Formulierungen dargelegt, wie die Schüler und

Schülerinnen konkret zu heuristischen Strategien kommen sollen. Der Ausdruck

„erfinden“ lässt viel Platz für Spekulationen übrig, denn unter dem Begriff

„heuristischen Strategien und Prinzipien“ lässt sich eine Vielzahl der möglichen

Verfahren angeben, wovon manche mehr und manche weniger geeignet für die 4.

Schulstufe sind.

2013 veröffentlichte das Bundesinstitut für Bildungsforschung, Innovation &

Entwicklung des österreichischen Schulwesens Themenheft Mathematik

„Problemlösen“ Volksschule Grundstufe I + II zur Förderung der Problemlösefähigkeit

in der Volksschule. Darin werden Rahmenbedingungen für die Förderung der

Problemlösekompetenz angegeben. (Vgl. Fast 2013, S. 8 f )

Anbieten einer problemhaltigen Situation, dessen Sachverhalt aktiv in

Kleingruppen geklärt wird

Die Schüler erkennen das Problem, welches auch offen sein kann. Dazu sollten die

Schüler eigene Fragestellungen formulieren.

Einlassen auf den Lösungsprozess: Nachdem das Problem erkannt wurde, sollte

man den SchülerInnen genügend Zeit zum Bearbeiten der Aufgabe einräumen.

Page 52: Problemlösen im Mathematikunterricht

Seite 41 von 143

Alle individuellen Ansätze sollten gefördert und zugelassen werden. Die

Lehrperson sollte keine Lösungsstrategien anbieten.

Ergebnispräsentation und anschließende Diskussion gelenkt durch die

Lehrperson. Vor allem die Lösungswege sollten nun reflektiert werden und ggf.

vervollständigt werden. Anwendung der Plakate zur besseren Veranschaulichung

der Lösungswege und dabei verwendeten Strategien sollte für das Einprägen der

Heuristik sorgen.

Die Rahmenbedingungen kommen dem Phasenmodell nach Pólya sehr nahe, wobei

die Formulierung der Probleme, die auch offen sein können, problematisch ist. Erst die

„Offenheit“ macht eine Aufgabe zu einer Problemaufgabe. Die Behandlung der

geschlossenen Aufgaben ist für die Förderung der Problemlösefähigkeit nicht optimal,

wird aber vermutlich aufgrund der niedrigen Schulstufe und der subjektiven Auffassung

der Problemaufgaben in Kauf genommen.

Problemlösen lehren nach Bruder

Bruders (2003) Modell kann als eine Erweiterung des Phasenmodells von Pólya

gesehen werden. In ihrem Modell nimmt Bruder an, dass die Teilhandlungen17 des

Problemlösens ausgebildet und trainiert werden können. Demnach gibt es

ProblemlöserInnen, die besonders flexibel und kreativ im Umgang mit

Problemaufgaben agieren. Diese Eigenschaft nennt Bruder hohe geistige

Beweglichkeit. Personen mit hoher geistiger Beweglichkeit, benutzen bei

Aufgabenlösung heuristische Strategien intuitiv. Die Aspekte dieser Eigenschaft

können nach Bruder unter Anlehnung an Hasdorf in folgenden Punkten

zusammengefasst werden (Vgl. Bruder 2003):

Reduktion: Intuitive Reduktion eines gegebenen Problems auf das Wesentliche

Reversibilität: Nachvollziehen von Gedankengängen in umgekehrten Reihenfolge

Aspektbeachtung: Gleichzeitige Betrachtung mehrerer Aspekte eines Problems

und das Erkennen und Variieren dieser Aspekte

17 Unter Teilhandlungen können Pólyas Phasen des Problemlösens verstanden werden.

Page 53: Problemlösen im Mathematikunterricht

Seite 42 von 143

Aspektwechsel: intuitive Betrachtung verschiedener Aspekte des Problems und

das Wechseln der Annahmen und Bedingungen falls notwendig um die Lösung zu

erzielen.

Transferierung: Übertragen bekannter Verfahren auf die neuen Aufgaben

Alle diese Tätigkeiten bewältigen gute Problemlöser intuitiv oder ohne Anstrengungen.

Bei der intuitiven Verwendung der Lösungsstrategien, können nach Bruder gute

ProblemlöserInnen meist nicht wiedergeben, wie sie zu einer Lösung gekommen sind,

da sie die Problemlöseprozesse nicht bewusst wahrnehmen. Grundannahme von

Bruder ist es, dass die geeignete Förderung der Aspekte der hohen geistigen

Beweglichkeit bei schwächeren Schülern zu einer Verbesserung der

Problemlösefähigkeit führt und dem Ausgleich der „Defizite“, die sie in Vergleich zu

den guten ProblemlöserInnen haben. Dies sollte vor allem durch die geeignete

Vermittlung der heuristischen Strategien zustande kommen. (Vgl. Bruder 2003, S. 20)

Bruder entwickelte ein Phasenmodell des Problemlösens mit dem Ziel, die

SchülerInnen beim Problemlösen soweit zu befähigen, dass sie heuristischen

Strategien intuitiv anwenden und damit weitgehend vergleichbare Leistungen beim

Lösen von Problemaufgaben erzielen, wie die guten ProblemlöserInnen. (Vgl. Bruder

2005)

Phase 1: Gewöhnen an heuristische Vorgehensweisen durch Reflexion nach einer

Problemaufgabenlösung. Die Strategien werden noch nicht explizit behandelt. Hier

schlägt Bruder den Einsatz gezielter Fragen vor, wie zum Beispiel: Wie sind wir zu

Lösung gekommen? Was hat bei der Lösung der Aufgabe geholfen?

Phase 2: Bewusstmachen heuristischer Vorgehensweisen an einem markanten

Beispiel. Die zweite Phase dient dem Kennenlernen der Heuristiken.

Phase 3: Bewusste Übungsphase dient dem Festigen der gelernten Strategien an

Beispielen mit ansteigenden Anforderungen.

Phase 4: Suche nach anderen Beispielen aus der Mathematik aber auch aus dem

Alltag, wo die gelernte Strategie noch Anwendung finden kann.

Page 54: Problemlösen im Mathematikunterricht

Seite 43 von 143

Bruders Phasenmodell der heuristischen Bildung setzt auf die Vermittlung der

Strategien bei unterschiedlichen Bewusstseinsgraden. Ein gesetztes Ziel des

Konzepts ist die unterbewusste Nutzung heuristischer Strategien und die Entwicklung

der Anstrengungsbereitschaft und Reflexionsfähigkeit der Schüler. (Vgl. Bruder 2005)

Problemlösen lehren nach Leuders

Bereits im Kapitel 2.2 wurden die Voraussetzungen für das erfolgreiche Problemlösen

nach Leuders (2010) dargelegt. Beim Problemlösen unterschiedet er zwischen

Problemlösen in weiterem Sinne und dem Problemlösen in engerem Sinne (siehe

Kap.2).

Die eigentliche Vermittlung der heuristischen Strategien findet vorrangig beim

Problemlösen im engeren Sinne statt, den hier müssen Schüler ihre erworbenen

Kenntnisse und Fähigkeiten gezielt einsetzen, um der Lösung der Problemaufgabe

näher zu kommen. Die Phasen der Problemfindung und der Problemweiterentwicklung

fallen unter das Problemlösen im weiteren Sinne. Ähnlich wie Pólya betont Leuders

die Bedeutung der praktischen Fähigkeiten im Unterricht, wie die allgemeine Haltung

zu Problemen oder der Umgang mit Problemaufgaben. (Vgl. Leuders 2010, S. 122f)

Als Anregung für den Mathematikunterricht schlägt Leuders zwei mögliche

Näherungsweisen vor, wie man das Problemlösen angehen kann. Das Problemlosen

kann man entweder implizit lernen, durch das Problemlösen selbst, indem man viele

Problemaufgaben bearbeitet und dabei hofft, dass verwendete Strategien verinnerlicht

werden. Man kann die heuristischen Strategien aber auch über das Problemlösen

erlernen, dabei werden die einzelnen Lösungsstrategien explizit vermittelt und

reflektiert.

Leuders (2010) unterscheidet zwei Bereiche des reflektierenden Problemlösens.

Einerseits nennt er die einfachen Arbeitstechniken wie Aufzeichnungen oder auch die

Notfallstrategien wie „Trial and Error“. Unter Problemlösestrategien unterscheidet

Leuders einzelne heuristische Strategien nach ihrer Zugehörigkeit im

Problemlöseprozess. Die einzelnen Phasen der Problemlöseprozesse übernimmt er

von dem allgemeinen Problemlösemodell, so, wie es auch Pólya vorgeschlagen hat.

Page 55: Problemlösen im Mathematikunterricht

Seite 44 von 143

Strategien im Problemlöseprozess Zweck und Varianten

Problemfindungsstrategien Erzeugen der Probleme und Lösungsideen

systematische Aufgabenvariation

Ordnende Strategien Problemverständnis und Planung von

Lösungen

Diagramm

Tabelle

Graph

Systematisches Aufzählen

Lösungsstrategien im engeren Sinne Vorwärts- und Rückwärtsarbeiten

Zerlegen

Analogien suchen

Darstellungswechsel

Kontrollstrategien Festhalten des Fortschritts

Checklisten

Zurückgehen zu dem Ausganspunkt

Reflexionsstrategien Reflexion des Lösungsweges

Rechenprobe

Suche nach Alternativen

Verallgemeinerungen

Plausibilitätskontrolle

Kernidee herausarbeiten

Tabelle 4.1: Problemlösestrategien nach Leuders (2010, S. 133)

Als konkrete Vorgehensweise beim Problemlösen stellt Leuders einen Ablauf in fünf

Schritten vor, der alle Phasen des Problemlösens beinhalten soll. (Vgl. Büchter und

Leuders 2014, S. 32–34)

Page 56: Problemlösen im Mathematikunterricht

Seite 45 von 143

1. VON BEGRIFFEN AUSGEHEN indem man zu einem mathematischen Begriff

Probleme formuliert, so dass die SchülerInnen den Begriff selbst entwickeln

müssen.

2. AUFGABEN-ÖFFNEN bietet im Unterricht gute Gelegenheit, zeitsparend

Problemaufgaben zu konstruieren. Standardaufgaben werden so variiert, dass

daraus offene Aufgaben entstehen.

3. PROBLEME DURCH SCHÜLERINNEN FINDEN LASSEN im Sinne der

Problemfindung und Problemformulierung.

4. Verwendung der Lösungsstrategien fördern, indem man GEZIELTE

STRATEGIEAUFFORDERUNGEN18 anwendet.

5. Lösungsbeispiele reflektieren mit dem Ziel, dass die verwendeten

LÖSUNGSSTRATEGIEN den SchülerInnen BEWUSSTWERDEN.

Das reflektierte Arbeiten ist ein wichtiger Bestandteil des allgemeinbildenden

Mathematikunterrichts, deshalb ist die Relevanz der Reflexion beziehungsweise der

Metakognition besonders wichtig. (Vgl. Leuders 2010, S. 131)

Zur Förderung der Strategieanwendung beim Problemlösen im Unterricht entwickelte

Leuders für die Sekundarstufe 1 ein Konzept der Vermittlung der

Problemlösekompetenz anhand Strategiekärtchen. Die Karten beinhalten einerseits

die konkreten heuristischen Strategien und andererseits die dazu typischen

Strategieaufforderungen, die durch die Schüler auch erweitert werden können. (siehe

Anhang)

18 Siehe Methoden nach Pólya im Abschnitt 2.3

Page 57: Problemlösen im Mathematikunterricht

Seite 46 von 143

Zusammenfassung der betrachteten Konzepte und Vorschläge

Bei der Vermittlung heuristischer Vorgehensweisen sind folgende Zugänge ermittelt

worden.

Leuders (2010, S. 131) nennt

Lehren durch Problemlösen als Individuelles Lösen von Problemaufgaben, aber

die Heuristiken bleiben implizit.

Lehren über Problemlösen, dabei werden Heuristiken explizit vermittelt und

reflektiert

Lernen durch Modell, indem Lehrer die Rolle des Experten einnimmt

Lernen durch Problemaufgabenlösen in Gruppen

Bruder (2005) bevorzugt das Ausbilden von Teilhandlungen im Problemlöseprozess

durch das Bewusstmachen der Heuristiken, indem man nach dem Lösen von

Aufgaben über die Lösungsstrategien reflektiert.

Bei der konkreten Ausbildung und Vermittlung von Problemlösefähigkeiten, kann man

ebenfalls unterschiedliche Ansätze verfolgen.

Pólya entwickelte einen Fragenkatalog, der als Hilfestellung für die Lehrperson

gedacht ist, um den Schülern bei der Lösung der Problemstellungen gezielte Hilfe zu

leisten. Die einzelnen Fragen sind den einzelnen Problemlösephasen Pólyas Modells

zugeordnet.

Leuders schlägt in der Phase des impliziten Lehrens des Problemlösens, das Erlernen

der notwendigen Strategien mittels Strategiekärtchen, vor.

Bruder entwickelte ein Phasenmodell, das unterschiedliche Bewusstseinsgrade

berücksichtigt und auf die unterbewusste Anwendung der Heuristiken abzielt.

Page 58: Problemlösen im Mathematikunterricht

Seite 47 von 143

Fazit des theoretischen Teils

„Durch unser Wissen unterscheiden wir uns nur wenig, in

unserer grenzenlosen Unwissenheit aber sind wir alle gleich.“

(Karl Raimund Popper)

Im letzten Kapitel wurden Modelle vorgestellt, wie man im Mathematikunterricht

Problemlösefähigkeiten lehren kann. Ziel dieses Kapitels ist, die Suche nach

möglichen Abhilfen zur Beseitigung der Schwierigkeiten beim Erlernen heuristischen

Strategien, unter Einbeziehung der bereits betrachteten Lehrkonzepte von Pólya,

Bruder und Leuders und die im Kapitel 3 ausgearbeiteten Vorschläge.

Vorschläge und Kritikpunkte Mögliche Lösung

1. Problemlösen ohne Strategien Bewusst machen der Strategien, Hilfsmittel

und deren Anwendungen

2. Linearer Verlauf Pólyas Fragebogens

Zyklische Verläufe des Problemlösens

thematisieren.

3. Erlernen der Strategien an Beispielen „Bewusst machen“ aber wie? Rückführung

aller Strategieaufforderungen auf bekannte

Verfahren des Alltags. (Lebensweltbezug)

4. Motivation und Ziele der Schüler Gute Problemaufgaben, Verdeutlichung der

Tatsache, dass es sich bei

Lösungsstrategien um bereits verwendete

Strategien des Alltags handelt.

5. Algorithmen und Heuristiken

unterscheiden

Gezielte Behandlung des Themas

Algorithmen

6. Kreativität und Problemlösen Kreativitätstraining bzgl. der

Problemlöseaufgaben

7. Fehlerkultur Fehler nicht „negativ“ betrachten, sondern

als hervorragende Lernmöglichkeit

wahrnehmen.

Page 59: Problemlösen im Mathematikunterricht

Seite 48 von 143

Anregungen, die durch die Betrachtung der bisherigen Modelle gewonnen wurden.

8. Ist ein Problem überhaupt wohl definiert Thematisieren der Aufgabenarten anhand

von Beispielen.

9. Echte mathematische Probleme oder

Alltagsproblem (Lösungen)

Thematisieren der Aufgabenarten anhand

von Beispielen.

Tabelle 5.1:Übersicht 2 der gewonnenen Erkenntnisse über Problemlösen

Kreativitätstraining

Das Problemlösen ist eine höchst kreative Tätigkeit. Man könnte das Lösen von

Problemaufgaben auch als kreatives Finden von Lösungen definieren. Allgemein

versteht man unter Kreativität meist positiv behaftete und willkommene

Errungenschaften und Leistungen, die sich durch ihr ungewöhnliches und

unkonventionelles Zustandekommen auszeichnen.

Damit Kreativität im Unterricht stattfinden kann, ist eine förderliche Lernumgebung

entscheidend. Darunter versteht man im Bezug auf die Schaffung kreativer Phasen,

den BEWERTUNGSAUFSCHUB, Förderung von Divergenz und selbstreguliertes

Lernen. Ähnlich wie beim Problemlösen, kann man Kreativität gewisser Maßen

trainieren und üben (Vgl. Leuders 2010).

Leuders nennt dazu einige Kreativitätstechniken und fördernde Methoden, die

Schülern Phasen von Kreativität ermöglichen sollen (Leuders 2010, S. 141–147):

AUFGABENVARIATION

Kreative Begriffsbildung

Spiele

Basteleien

OFFENE AUFGABEN

Brainstorming

Unter Aufgabenvariation meint Leuders, das aktive Variieren der Aufgaben durch die

Schüler. Dabei gehen die Schüler von einem gegebenen Problem aus und verändern

zum Beispiel die Voraussetzungen, usw. Diese Veränderungen können auch

systematisch verändert werden.

Page 60: Problemlösen im Mathematikunterricht

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Dazu bedient man sich Strategien wie Analogiebildung, Verallgemeinerung,

Spezialisieren, Überschreitungen, Iteration, etc... Bei der Variation der Aufgaben

kommt es nur auf die Vielfalt der Vorschläge an, die Lösungen der Aufgaben stehen

nicht im Vordergrund. Aufgabenvariation bietet auch eine gute Gelegenheit des

Differenzierens im Unterricht an. (Vgl. Leuders 2010, S. 142)

Nach Winter (1991) sollte man beim Trainieren von Kreativität darauf achten, dass

SchülerInnen genug Platz für das freie Experimentieren haben. Damit das

Kreativitätstraining für die SchülerInnen eine willkommene Bereicherung bleibt, sollten

nach Winter die Problemaufgaben im Unterricht nicht vorgegeben, vielmehr sollten

diese gemeinsam entwickelt werden. In den kreativen Phasen des Unterrichts, wird

die Bewertung durch die Lehrperson gänzlich aufgehoben, denn beim Training von

Kreativität gibt es keine falschen Ideen. Dieser Umstand sollte SchülerInnen helfen,

sich zu Öffnen und ihre Vorschläge vorzutragen. Als Hilfestellung zur Ideensammlung

kann die Hilfestellung durch die Lehrperson anhand Pólyas Fragen aus der Phase

Ausdenken eines Plans zielführend sein. (Vgl. Winter 1991, S. 175)

Zusammenfassend ergeben sich für die Förderung von Kreativität aus obigen

Modellen folgende Anregungen, die sich im Rahmen des problemlösenden Unterrichts

gut integrieren lassen:

Offene Aufgaben19 sind ein wichtiges Merkmal einer guten Problemlöseaufgabe im

Mathematikunterricht. Der Umstand, dass diese Aufgabenart auch die Kreativität der

SchülerInnen aktiv fördert, ist ein weiterer Grund, offene Aufgaben im Unterricht

häufiger einzusetzen.

Die Variation der Aufgaben als Methode zur Förderung der Kreativität lässt sich

bezüglich der Problemfindung und eigener Problemformulierungen durch die

SchülerInnen sehr gut im Unterricht anwenden. Besonders die Variation der

gegebenen Bedienungen und den Unbekannten, kann fruchtbare Einsichten und

tiefere Einblicken in das jeweilige Stoffgebiet gewähren.

19 Abschnitt 2.3 bietet einen Überblick über verschiedenen Aufgabenarten im Mathematikunterricht.

Page 61: Problemlösen im Mathematikunterricht

Seite 50 von 143

Während den Phasen des Problemlösens sollte eine BEWERTUNGSFREIE ZEIT

vereinbart werden. Die Äußerungen der Lehrperson bzgl. der Passung der

vorgebrachten Schülervorschläge müssen sehr vorsichtig gewählt werden.

Ziel des Problemlösens ist nicht nur die Lösungsfindung, sondern vor allem die

Beschäftigung mit den Aufgaben und kreative und offene Teilnahme von SchülerInnen

am Unterrichtsgeschehen.

Die Lehrperson sollte darauf achten, dass JEDER VORSCHLAG der SchülerInnen

geäußert werden kann und auch konstruktiv behandelt wird. Die Vorteile dieser

Haltung liegen einerseits in der sukzessiven ABLEGUNG DER SCHEU der

SchülerInnen und andererseits in der Möglichkeit der DIFFERENZIERUNG DER

SCHÜLER während der Phasen des Problemlösens. Die Chance der SchülerInnen,

ihre eigenen Beiträge zur gemeinsamen Lösungsfindung einzubringen, birgt großes

Motivationspotenzial.

Fehlerkultur im Mathematikunterricht

Die Auswirkungen der Fehleranalyse können gar nicht genug betont werden. Fehler

machen dürfen, sollte besonders in den Phasen des Problemlösens und den Phasen

der kreativen Arbeit ausdrücklich vereinbart werden. Lösungsvorschläge der Schüler

sollten ähnlich wie auch bei Ideensammlung des Kreativitätstrainings begrüßt und

konstruktiv betrachtet werden. Das schließt auch die Begründung mit ein, weshalb sich

ein Vorschlag zum Beispiel nicht für eine Aufgabenlösung eignet. Beim Problemlösen

geht es vorrangig um das Sammeln der Methoden zur Problemlösung, das Lösen des

Problems selbst steht an zweiter Stelle. Fehler im Unterricht bieten Möglichkeit zur

Analyse und Reflexion der eigenen Lösungstätigkeit für Problemaufgaben und auch

für vermeintliche Routineaufgaben.

Öffnen von Aufgaben

Derzeit gibt es in den Schulbüchern viele Aufgaben, die man durchaus zu

Problemaufgaben abwandeln kann. Dieser Umstand kann im Unterricht als

Gelegenheit genutzt werden, Problemaufgaben im Unterricht öfters zu behandeln.

Page 62: Problemlösen im Mathematikunterricht

Seite 51 von 143

Die Problematik der Behandlung von Problemaufgaben im Unterricht, ist die

Einschätzung von Schwierigkeitsgraden der Aufgaben, da diese die Schüler subjektiv

betreffen.

Die Aufgabenöffnung kann nach Büchter und Leuders (2014) entweder durch Variation

der Aufgaben, durch Reduktion der Angaben oder die Umkehrung der Aufgabe

vollzogen werden. Bei Variation der Aufgaben, kann man bestimmte BEDINGUNGEN

der Routineaufgabe VERÄNDERN, HINZUFÜGEN oder sogar WEGLASSEN.

Man kann auch die ANGABEN der Aufgabe REDUZIEREN oder die Aufgabe so

„EINKLEIDEN“, dass daraus eine Modellierungsaufgabe entsteht. Die UMKEHRUNG

der Aufgabe ist wohl die einfachste Variation.

Öffnen der Aufgaben und Aufgabenvariation nach Büchter und Leuders

Aufgabe: Aus einer quadratischen Platte werden vier gleich große Kreisscheiben

herausgeschnitten. Wie viel Prozent beträgt der Abfall? (Aus Büchter und Leuders

2014, S. 57)

Aufgabe nach der Öffnung: Schneide aus einem gegebenen Quadrat Kreise mit

gleichem Radius aus. Dabei soll vom Quadrat möglichst wenig übrigbleiben. (Aus

Büchter und Leuders 2014, S. 97)

Aufgabe nach der Variation: Mögliche Variationen aufgelistet (Aus Büchter und

Leuders 2014, S. 130)

Schneide aus einem Quadrat vier beliebige Kreise mit möglichst großer

Gesamtfläche aus.

Schneide aus einem Rechteck vier gleich große Kreise mit möglichst großer

Gesamtfläche aus.

Schneide aus einem Quadrat drei gleiche Kreise mit möglichst großer

Gesamtfläche aus.

……

……

Schneide aus einem Quadrat vier gleiche Kreise mit möglichst großem Umfang

aus.

Schneide aus einem Quadrat beliebige viele, auch verschieden große Kreise

mit möglichst großer Gesamtfläche aus

Page 63: Problemlösen im Mathematikunterricht

Seite 52 von 143

Motivation der Schüler

Die Frage, wie man die Schüler dazu bewegt, sich freiwillig mit einem gegebenen

Problem zu beschäftigen überlies Pólya den Lehrkräften. Diese müssen nach Pólya

(1966) durch ihre Vorbildfunktion und die Wahl der geeigneten Aufgaben für die

Motivation der Schüler sorgen. Die Ziele der Schüler werden in den

Problemlösemodellen meist gänzlich ausgeklammert. Das Vernachlässigen der Ziele

hat einen guten Grund. Die Lehrkräfte können ohnehin die Zielsetzungen der Schüler

nicht direkt beeinflussen. Dabei ist es durchaus legitim, zu behaupten, dass die

meisten SchülerInnen sehr wohl an dem Problemlösen interessiert sind. Betrachtet

man zum Beispiel einige der beliebtesten Spiele, die zurzeit von Jugendlichen gerne

(auch stundenlang) gespielt werden (Minecraft, etc.), dann fällt es auf, dass sich diese

Spiele durch hohen Anteil an Problemstellungen auszeichnen. Die Probleme sind

häufig sehr komplex und erfordern viel Ausdauer und Beharrlichkeit. Gerade das sind

die Eigenschaften, die man zum erfolgreichen Lösen der Problemaufgaben benötigt.

Ziel dieser Überlegungen ist es, die Aufgabenstellungen und Rahmenbedingungen so

zu gestalten, dass sie den natürlichen Drang der Schüler zum Problemlösen erwecken

und aufrechterhalten.

Betrachtung des Einzugs der Problemaufgaben der ausgewählten

Schulbücher

Bei der Suche nach Problemaufgaben für die Testungen der empirischen

Untersuchung (Kapitel 7), wurde auch eine Analyse zweier aktuellen Schulbücher, die

zurzeit in Linzer Volkschulen und allgemein-bildenden höheren Schulen verwendet

werden. Für die Primarstufe wurde Zahlenreise 3 von Veritas Verlag betrachtet. Für

die Sekundarstufe wurde das Schulbuch des österreichischen Bundesverlags

Schulbuch GmbH & Co. KG (ÖBV) „Das ist Mathematik“ analysiert.

Um den Einzug der Problemaufgaben in diesen Schulbücher zu verfolgen, wurden

zunächst die Lehrbücher der Primarstufe Zahlenreise 3 von 2009 und das Lehrbuch

Zahlenreise 3 von 2015, verglichen. Die Aufgaben der Übungsteile der Reihe

Zahlenreise werden meist als Hausaufgaben genutzt.

Page 64: Problemlösen im Mathematikunterricht

Seite 53 von 143

Zahlenreise 3: Übungsteil, Auflage 10 von 2009

Anzahl der Aufgaben insgesamt: 379

Identifizierte Problemaufgaben: 15 (3,95%)

Eine Seite mit 2 Tintenklecksaufgaben als mögliche Aufgabe für das

Rückwärtsarbeiten.

Zahlenreise 3: Übungsteil, Auflage 1 von 2015

Anzahl der Aufgaben insgesamt: 393

Identifizierte Problemaufgaben: 49 (12.46%)

Klecksaufgaben: 7

Rätselaufgaben:10

Der Einzug der Problemaufgaben bei dem Lehrbuch „Das ist Mathematik“ wurde bei

den Exemplaren von 2006 und von 2016 analysiert.

Das ist Mathematik1, Auflage 2 von 2006

Anzahl der Aufgaben insgesamt: 1201

Identifizierte Problemaufgaben: 76 (6,32%)

Das ist Mathematik1, Auflage 1 von 2016

Anzahl der Aufgaben insgesamt: 1095

Identifizierte Problemaufgaben: 101 (9,22%)

Aus der Betrachtung der Lehrbücher ist ein deutlicher Anstieg der Problemaufgaben

zu vermerken, vor allem in den betrachteten Lehrbüchern der Primarstufe. Bei der

Analyse wurde in den Lehrbüchern Zahlenreise 3 zwischen 2009 und 2016 ein Anstieg

von über 8% verzeichnet. In den Lehrbüchern der Reihe Das ist Mathematik betrug

dieser Anstieg zwischen 2006 und 2016 weniger als 3%.

Page 65: Problemlösen im Mathematikunterricht

Seite 54 von 143

Problemlösestrategien anhand ausgewählter Beispiele

Bevor man sich im Konkreten den einzelnen Problemlösestrategien widmet, muss man

eine klare Abgrenzung zwischen den Algorithmen und Heuristik (heuristischen

Strategien) ausarbeiten. Diese Unterscheidung bietet wichtige Anhaltspunkte zum

Verständnis der Problemlöseprozesse im Unterricht.

Gegenüberstellung von Algorithmen und Heuristik

Algorithmen

Im Umgang mit verschiedenen Aufgaben, ist man stets auf Hilfsmittel angewiesen. Im

Alltag erweisen sich Algorithmen als sehr nützliche Hilfsmittel zur Lösung bestimmter

Aufgaben.

Ein Algorithmus ist eine eindeutige Handlungsvorschrift zur Lösung eines Problems

oder einer Klasse von Problemen. Diese Vorschrift besteht aus endlich vielen

Einzelschritten, die wohldefiniert sind. (Vgl. Rogers 2011, ©1987, S. 2)

Alle Algorithmen haben dieselben charakteristische Merkmale, die eine Lösung der

Aufgaben gewährleisten sollen.

Ausführbarkeit: jeder Einzelschritt des Verfahrens muss ausführbar sein

(von Menschen oder Computern)

Allgemeingültigkeit: ein bestimmter Algorithmus löst eine Vielzahl von Problemen

der gleichen Art

Terminierung: der Algorithmus muss nach endlich vielen Schritten ein Ergebnis

liefern oder stoppen

Determiniertheit: bei gleichen Voraussetzungen muss der Algorithmus das gleiche

Ergebnis liefern

Eindeutigkeit: jeder Folgeschritt des Algorithmus muss eindeutig bestimmt sein

Endlichkeit: nach endlich vielen Schritten muss die Beschreibung des Algorithmus`

abgeschlossen sein

Ein Algorithmus ist damit eine systematische Suchstrategie, die alle möglichen

Alternativen absucht und auch eine Lösung findet, sofern sie vorhanden ist. Zur

Veranschaulichung der Wirkungsweise der Algorithmen im Unterricht eignen sich je

nach Schulstufe sowohl Beispiele aus dem Alltag, als auch aus der Mathematik.

Page 66: Problemlösen im Mathematikunterricht

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Als Beispiele aus der Mathematik eignen sich gut die Vorschriften zum Addieren,

Subtrahieren oder Multiplizieren von Zahlen, der euklidische Algorithmus zur

Berechnung des größten gemeinsamen Teilers zweier Zahlen, usw.

Beispiel aus dem Alltag: „Zahnputzalgorithmus“

Abbildung 6.1 Zahnputzalgorithmus20

Bei diesem „Algorithmus“ müssen die Schüler darauf hingewiesen werden, dass die

Algorithmen aus dem Alltag häufig unvollständig oder/und nicht eindeutig sind und nur

der interessanten Veranschaulichung des Prinzips dienen sollen.

Beispiel eines Algorithmus aus der Mathematik: Schriftliches Addieren (Schulstufe 3)

2 9

413

7 2

20 Quelle: Wiki2.gif, 2011

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Das Gesamtergebnis erhält man, indem zuerst die Einerziffern addiert werden. Falls

die Summe dieser Ziffern ≥ 10 ist, wird die Einerziffern der Summe notiert und die

Zehnerziffer der Summe in die Zehnerspalte mitgenommen. Dieses Verfahren wird

Spalte für Spalte von rechts nach links ausgeführt. Dieses Beispiel zeigt den

SchülerInnen, wie unscheinbar und selbstverständlich Algorithmen sein können.

Beispiel aus der Mathematik: Der Euklidische Algorithmus (Schulstufe 6)

”Nimmt man abwechselnd immer das Kleinere vom Größeren weg, dann muss der

Rest schließlich die vorhergehende Große messen ...“

Euklid21, Die Elemente, Zehntes Buch § 3’

Konkret: Gesucht ist der ggT von 13 und 7.

13 : 7 = 1; Rest 6

7 : 6 = 1; Rest 1

6 : 1 = 6; Rest 0

Die Division geht auf, der ggT von 13 und 7 ist 1, also sind die Zahlen 13 und 7

teilerfremd.

Allgemein: Der euklidische Algorithmus besteht aus 5 Elementaranweisungen.

Es wird der größte gemeinsame Teiler von a, b aus natürlichen Zahlen N gesucht.

1. Setze

m = a

n = b

2. Falls m < n, vertausche m und n

3. Berechne r = m − n

4. Setze

m = n

n = r

5. Falls n ≠ m, wendet man weiterhin Schritt 2. Falls m = n ist der größte gemeinsame

Teiler ermittelt.

21 Euklid von Alexandria ca. 365-300 v. Chr.

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Die Beschäftigung der Schüler mit Algorithmen dient Hinsichtlich des Aufbaus der

Problemlösefähigkeiten primär der Sensibilisierung und der Wahrnehmung von

Unterschieden zwischen den Routineaufgaben und den Problemaufgaben.

Heuristische Strategien

Um die Problembarrieren, die eine Problemaufgabe stellt, zu überwinden, bedarf es

meist Lösungsstrategien, die je nach der Beschaffenheit des Problems, auch

unterschiedlich sein können. Im Unterschied zu Algorithmen sind heuristische

Strategien spezielle Strategien, mit denen die Lösungen gefunden werden sollen, falls

es keinen passenden Algorithmus dafür gibt oder dieser einfach viel zu aufwändig ist.

Damit ist Heuristik22 ein methodisches Verfahren zur Gewinnung von Erkenntnissen

und zum Lösen der Problemaufgaben. Pólya fasst heuristisches Denken als „nicht ein

letztes und strenges, sondern vorläufiges und plausibles Denken, dessen Zweck es

ist, die Lösung der vorliegenden Aufgabe zu entdecken“ Pólya (2010, S. 119).

Je nach Domäne gibt es verschiedene Definitionen von Heuristik, einige davon werden

hier aufgelistet.

Heuristik ist die Lehre oder Wissenschaft von den Verfahren, Probleme zu lösen

(Duden23)

Heuristik bezeichnet die Kunst, mit begrenztem Wissen (unvollständigen

Informationen) und wenig Zeit dennoch zu wahrscheinlichen Aussagen oder

praktikablen Lösungen zu kommen (Wikipedia24)

Heuristik ist die Lehre von den Methoden und Regeln der Entdeckung und

Erfindung. (Pólya 2010)

Heuristik ist eine bestimmte Abfolge elementarerer geistiger Operationen, die zur

Lösung eines Problems führen können aber nicht führen müssen. (Dörner 1979)

Heuristik ist strukturierte Vorgehensweise, die sich auf die Lösungsfindung positiv

auswirkt. (Heinrich et al. 2014)

Nach Pólya ist Ziel der Heuristik das Auffinden bzw. Entdecken und Erfinden von

Methoden und Regeln zur Problemlösung (vgl. Pólya 2010, S. 118).

22 heurískein (griech.): finden, entdecken; In der Literatur werden heuristische Strategien häufig als heuristische Prinzipien oder als Heurismen bezeichnet. 23 https://www.duden.de/rechtschreibung/Heuristik 24 https://de.wikipedia.org/wiki/Heuristik

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Mittels heuristischen Methoden sollten die Problemlöseprozesse bewusster werden

und damit auch in Problemlösesituationen leichter verfügbar. Laut Bruder (2003) sind

Heurismen geistige Werkzeuge, die SchülerInnen kennen sollten und auch damit

umgehen lernen müssen.

Was die heuristischen Strategien leisten können und nicht leisten können

Heuristische Strategien können unter Umständen ein sehr effektives Hilfsmittel zur

Lösungsfindung von Problemaufgaben sein, allerdings gibt es einige Einschränkungen

bei der Anwendung der Strategien.

Heuristik ist nur eine Hilfestellung, die Ideen und Verfahren aufzeigen soll

Heuristische Strategien kann man im Gegensatz zu den Algorithmen nicht

eindeutig einer bestimmten Problemaufgabe zuordnen.

Die Anwendung der heuristischen Strategien bietet keine Garantie auf erfolgreiche

Lösung des Problems.

Problemlösestrategien und deren Anwendung im Mathematikunterricht

Aufstellung der heuristischen Strategien

Die Vermittlung von heuristischen Strategien im Mathematikunterricht bietet eine gute

Möglichkeit für das Lehren und Lernen von Problemlösen. In der Literatur der

Fachdidaktik der Mathematik findet man in Anlehnung an Pólya viele Aufstellungen

der Problemlösestrategien und Hilfsmittel, die man im Unterricht anwenden kann.

Diese Aufstellungen sind für die Lehrkräfte hilfreich, können aber den Schülern nicht

vorbehaltlos präsentiert werden. Erstens sind viele der Strategien ohnehin intuitiv im

Gebrauch der Schüler verankert, zweitens kann die Fülle der Möglichkeiten zur

Aufgabenlösung Verwirrung stiften und drittens sind wohl einige der Strategien für den

Schulgebrauch nicht notwendig oder nicht zielführend. Maßvoller Umgang und

sinnvolle Kombinationen der heuristischen Strategien sind deshalb im Unterricht

angebracht. Mit steigender Schulstufe können die einzelnen Strategien durch die

Schüler noch ergänzt werden. Leuders (2010) formulierte einige heuristischen

Hilfsmittel und Strategien in Form von Strategiekärtchen, die sich für den Einsatz in

der Sekundarstufe 1 besonders gut eignen. (Vgl. Leuders 2010, S. 134)

Page 70: Problemlösen im Mathematikunterricht

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Etwas umfangreichere Aufstellung der heuristischen Strategien und Hilfsmittel bietet

die Tabelle der heuristischen Strategien nach Bruder (in Anlehnung an Pólya), die so

auch im Unterricht der Sekundarstufe 2 Verwendung finden kann.

Heurismen Varianten

Heuristische Hilfsmittel • Skizzen

• Tabellen

• Gleichungen

• Darstellungswechsel

• Aufzeichnungen (Mind-Map)

• Lösungsgraph

Heuristische Strategien • Vorwärtsarbeiten

• Rückwärtsarbeiten

• Kombination Vorwärts-Rückwärtsarbeiten

• Systematisches Ausprobieren

Heuristische Prinzipien • Analogieprinzip

• Zerlegungsprinzip (Zerlegen in Teilprobleme)

• Invarianzprinzip (Was bleibt gleich?)

• Zurückführen auf Bekanntes

(Rückführungsprinzip)

• Arbeit mit Hilfsaufgaben (Verallgemeinern,

Spezialisieren, Probieren)

• Transformationsprinzip (Übersetzen des

Problems)

• Rekursionsprinzip

Tabelle 6.1: Aufstellung der heuristischen Strategien (Aus: Bruder und Collet 2011, S. 27)

Die verwendeten Beispiele zur Veranschaulichung der einzelnen Strategien sind als

Beispiele der Sekundarstufe 1 oder Sekundarstufe 2 gekennzeichnet, jedoch empfiehlt

sich die Verwendung der Beispiele der Sekundarstufe 1 auch in höheren Schulstufen

als eine Möglichkeit des Kennenlernens der einzelnen Strategien an einfachen

Beispielen. Je einfacher die Beispiele sind, umso eher kann der Fokus auf die

Methoden gesetzt werden.

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Heuristische Hilfsmittel

Heuristische Hilfsmittel werden bereits Kindern in der Volkschule vermittelt. Skizzen

der Objekte, bei der Berechnung des Umfangs von Rechtecken, sind nur ein Beispiel

von einigen Anwendungen in diesen Schulstufen. Diese sind allerdings nur eine

Möglichkeit, sich Sachverhalte zu vergegenwärtigen oder die Zwischenergebnisse zu

dokumentieren. Leuders (2010) nennt die Verwendung der Hilfsmittel beim

Problemlösen auch Arbeitstechniken. Diese sollen das Gedächtnis „verlängern“ und

Informationen zielführend organisieren.

Skizzen

Wie bereits erwähnt, werden Skizzen in der Mathematikbildung schon früh eingesetzt.

Vorteile sind vor allem die Erfassung eines gegebenen Problems und dessen

Vereinfachung bzw. im günstigen Fall, die Reduktion der Informationen auf das

Notwendigste. Pólya hat die Strategieaufforderung „Fertige eine Skizze an“ in der

ersten Phase seines Modells verankert.

Durch eine Skizze wird häufig deutlich, welche weiteren Informationen zur

Problemlösung notwendig sind und welche Verfahren man einsetzen soll, um zu einer

Lösung zu kommen. Mittels einer Zeichnung können auch Teilprobleme einer Aufgabe

identifiziert und gesondert betrachtet werden. Das Anfertigen einer Skizze ist immer

eine gute Idee, besonders beim Modellieren und in Geometrie, wo auch mit Hilfslinien

gearbeitet werden kann.

Tabellen

Tabellen haben als Hilfsmittel in der heuristischen Tätigkeit ähnliche Funktion wie

Skizzen. Sie dienen der Dokumentation der Daten, Verstehen des Sachverhalts und

manchmal können sie auch zur Lösung führen.

Aufgabe 1 (Sekundarstufe 1)

Maria ist 24 Jahre alt. Sie ist doppelt so alt, wie Anna war, als Maria so alt war, wie

Anna jetzt ist. 25

Diese Aufgabe erhält ihre Schwierigkeit durch die Betrachtung zweier verschiedenen

Zeiträume.

25 Vgl. Marrys Geburtstag; Aus www.mathsoft.de

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Der Begriff „war“ suggeriert die Vergangenheit und kann auch mit damals ersetzt

werden. „Jetzt“ hingegen spielt sich in der Gegenwart ab. Diese beiden zeitlichen

Bedienungen können in einer Tabelle entsprechend betrachtet werden.

Sei

𝑀 … das Alter von Maria

𝐴 …das Alter von Anna

𝑥 …die Differenz zwischen den beiden Zeiträumen

Maria

Anna

Damals

24 − 𝑥 𝑀 − 𝑥

Jetzt

2(𝐴 − 𝑥) = 24 𝐴

Tabelle 6.2: Tabelle zur Aufgabe 1 Kapitel 6

Gleichungen

Die Gleichungen sind ein fester Bestandteil der Mathematik und absolut unverzichtbar.

Mit Hilfe der Gleichungen können Zusammenhänge aus der Realität mathematisiert

werden und die überflüssige Informationen reduziert werden. Zur Veranschaulichung

verwende ich die Aufgabe 1.

Aufgabe 2 (Sekundarstufe 1)

Maria ist 24 Jahre alt. Sie ist doppelt so alt, wie Anna war, als Maria so alt war, wie

Anna jetzt ist.

Lösung: Gegeben sind die Gleichungen [1] 2(𝐴 − 𝑥) = 𝑀 und [2] 𝑀 − 𝑥 = 𝐴.

Setzt man die Gleichung [2] in die Gleichung [1] ein, dann ergibt dies:

2(𝑀 − 𝑥 − 𝑥) = 𝑀

2𝑀 – 4𝑥 = 𝑀

4𝑥 = 𝑀

4𝑥 = 24

𝑥 = 6

Zieht man die Zeitdifferenz 𝑥 von dem Alter der Maria ergibt sich das Alter von Anna,

die nun 18 Jahre alt ist.

Page 73: Problemlösen im Mathematikunterricht

Seite 62 von 143

Der Vorteil der Gleichungen bei der Bearbeitung von Problemaufgaben ist enorm, da

Gleichungen losgelöst von der Realität, bearbeitet werden können. Die Eleganz dieser

Methode wird besonderes bei den Umformungen sichtbar.

Aufgabe 3 (Sekundarstufe 1)

Im Stall des Bauers sind Gänsen und Kaninchen. Insgesamt sind es 20 Beine. Wie

viele Gänsen und Kaninchen könnte der Bauer haben. (Vgl. Pólya 1966, S. 48)

Lösung:

Sei

𝑘 … die Anzahl der Kaninchen

𝑔 …die Anzahl der Gänsen

Durch das Aufstellen und das Umformen der Gleichung, kann die Aufgabe gelöst

werden.

2𝑔 + 4𝑘 = 20

2𝑔 = 20 – 4𝑘

𝑔 = 10 − 2𝑘

Die Aufgabe 3 erlaubt mehrere Lösungen. Diese Lösungen können dann mithilfe einer

Tabelle ermittelt werden.

Anzahl der Kaninchen 𝑘

Anzahl der Gänsen 𝑔 = 10 – 2𝑘

1 8

2 6

… …

5 0

Tabelle 6.3: Mögliche Aufstellung der Tabelle zur Aufgabe 3

Lösungsgraph

Die Erzeugung der Lösungsgraphen erfordert etwas mehr Aufwand und die

Verwendung von mehreren Hilfsstrategien, wie Skizzen, Gleichungen, usw. Die Daten

der Problemaufgabe werden anhand der Darstellung sichtbar, es können auch

verschiedene Erkenntnisse abgeleitet werden. Oft bietet ein Lösungsgraph nicht alle

Lösungen bzw. die Schüler erkennen aus der Darstellung nur ein Teil der Lösung.

Page 74: Problemlösen im Mathematikunterricht

Seite 63 von 143

Aufgabe 4 (Sekundarstufe 2)

Betrachte den Graphen der Funktion 𝑓(𝑥) = 6

5(𝑥 − 1) cos(𝑥) − sin(𝑥) +

1

3𝑥3 −

1

2𝑥2.

Ermittle alle Nullstellen des Graphen. (Vgl. Büchter und Leuders 2014, S. 38)

Die Funktion 𝑓(𝑥) besitzt 4 Nullstellen. Diese sind aus dem Graphen nicht eindeutig

zu erkennen.

Abbildung 6.2: Graph der Funktion f(x)

Die Ableitung der Funktion offenbart die Vorteile der graphischen Darstellungen.

Obwohl das Computer-Algebra-System für die Nullstellen der ersten Ableitung nur 0

und 1 ausgibt, kann aufgrund der Ableitung des Graphen auf die 4 Extremstellen

geschlossen werden.

Abbildung 6.3: Graph der Funktion f(x) mit dazugehöriger Ableitung

Page 75: Problemlösen im Mathematikunterricht

Seite 64 von 143

Flussdiagramm

Die Verwendung der Flussdiagramme hilft, die Prozesse, die sich in

Problemsituationen abspielen, nachzukonstruieren und zu vereinfachen. Ein Beispiel

für die Anwendung der Flussdiagramme, ist die Klassifizierung der Vierecke in dem

„Haus der Vierecke“. In der Abbildung 6.4 werden Vierecke nach der Anzahl der

Symmetrieachsen klassifiziert und zur besseren Übersicht, mittels eines

Flussdiagramms grafisch dargestellt.

Abbildung 6.4: Haus der Vierecke; Aus Mathe-Online.at26

Systematisches Probieren

Viele Aufgaben lassen sich einfach durchs Probieren lösen. Wenn kein Lösungsansatz

in Sicht ist, bleibt nur noch das Probieren oder das Raten übrig. Das experimentelle

Lösen von Problemaufgaben (wie das Probieren in mathematischem Kontext auch

genannt wird), stellt wohl die natürlichste Variante des Problemlösens im Alltag dar.

Wenn Problemsituationen schnell gelöst werden müssen, greifen viele Menschen

zunächst auf diese Methode zu. Systematische Probieren kann man auch als

Zusammenfassen aller möglichen Fälle zur Lösung des Problems verstanden werden

oder das Ausschließen der Fälle, die nicht als Lösung des Problems in Frage kommen.

Diese Betrachtung hilft, einen Überblick über die Problemsituation zu schaffen.

26 http://www.mathe-online.at/materialien/linda.portsch/files/Vierecke_und_Vielecke/haus-der-vierecke.png

Page 76: Problemlösen im Mathematikunterricht

Seite 65 von 143

Der Unterschied zwischen dem systematischen Probieren und Probieren ohne

System, stellt nach Leuders das Bewusstsein der Problemlage dar. Beim

systematischen Probieren ist die Problemstellung klar, man versucht gezielt Ideen und

Daten aus der Problemsituation zu gewinnen (Vgl. Büchter und Leuders 2014). Die

daraus gewonnenen Erkenntnisse, sind meist nur Hinweise auf die Lösungen,

allerdings lassen sich diese im Problemlöseprozess verwerten und führen manchmal

zu Lösungen.

Aufgaben, die sich besonders gut für das systematische Probieren eignen sind

Aufgaben, bei denen eine Variation der Größen möglich ist, die Anzahl der variierten

Möglichkeiten endlich ist und die Aufgaben, bei denen es Fallunterscheidungen gibt.

(Vgl. Bruder und Collet 2011, S. 75)

Vor allem müssen aber die SchülerInnen durch die Tätigkeit des Problemlösens ein

Gefühl dafür entwickeln, wann sich das systematische Probieren lohnt. An den

Aufgaben zu experimentieren und die Größen zu variieren, kann aber auch fruchtbare

Erkenntnisse liefern.

Die Methode des systematischen Probierens ist auch bezüglich der

Kreativitätsförderung ein nützlicher Ansatz, SchülerInnen zu kreativen Ideen und

Experimentieren zu bewegen. Im Mathematikunterricht der Sekundarstufe 1 und

Sekundarstufe 2 ist das Probieren selten gefragt, obwohl es einen natürlichen Zugang

zur Problemlösung darstellt.

Typische Strategieaufforderungen:

Kannst du die Aufgabe durch systematisches Probieren lösen? (Pólya)

Hast du alle möglichen Fälle, die als Lösung in die Frage kommen, berücksichtigt?

Hast du alle unmöglichen Fälle ausgeschlossen?

Als geeignete Aufgabe für das systematische Probieren, kann die Aufgabe 3

wiederverwendet werden, allerdings an dieser Stelle die ursprüngliche Fragestellung

mit etwas größeren Zahlen.

Page 77: Problemlösen im Mathematikunterricht

Seite 66 von 143

Aufgabe 5 (Sekundarstufe 1)

Ein Bauer hat Gänsen und Kaninchen. Diese Tiere haben gemeinsam 50 Köpfe und

140 Füße. Wie viele Gänsen und wie viele Kaninchen hat der Bauer. (Aus Pólya 1966,

S. 48)

Lösung: Der Bauer hat 30 Gänsen und 20 Kaninchen.

Didaktischer Kommentar: Die Aufgabe 5 kann, sowie auch die Aufgabe 3, einerseits

zur Vermittlung der heuristischen Hilfsmittel eingesetzt werden und andererseits als

Vorzeigebeispiel für die Anwendung des systematischen Probierens in der

Mathematik. Die Bearbeitung der Aufgabe folgt den Phasen Pólyas Phasenmodells

des Problemlösens. In der ersten Phase sollte die Lehrperson die Schüler auffordern,

sich eine Skizze, Tabelle, etc. anzufertigen, um sich die Situation zu

vergegenwärtigen. Dadurch sollte der Anreiz zum Probieren bereits geschaffen

werden.

Mathematische Grundlagen des Problems (Vgl. Pólya 1966, S. 50–51)

Sei

𝑦 … die Anzahl der Kaninchen

𝑥 …die Anzahl der Gänsen

Durch das Aufstellen und das Umformen der Gleichung kann die Aufgabe gelöst

werden.

𝑥 + 𝑦 = 50

2𝑥 + 4𝑦 = 140

Division der zweiten Gleichungen durch 2 bringt:

𝑥 + 𝑦 = 50

𝑥 + 2𝑦 = 70

Zieht man die erste Gleichung von der zweiten ab, erhält man 𝑦 = 20 , 𝑥 = 30

Eine Verallgemeinerung der Aufgabe wäre das Ersetzen von 50 durch k und 140 durch

f. Damit erhält man:

𝑥 + 𝑦 = 𝑘

𝑥 + 2𝑦 = 𝑓

2

Daraus folgt durch entsprechende Umformung: 𝑦 = 𝑓

2− 𝑘

Page 78: Problemlösen im Mathematikunterricht

Seite 67 von 143

Aufgabenspezifische Strategieaufforderungen:

Kann die Situation mittels einer Skizze oder Tabelle sichtbar gemacht werden?

Kannst du die Aufgabe einfach durch ausprobieren einiger Zahlen lösen?

Welche Zahlen kommen als Lösung in Frage? Ab welchen Zahlen ist die

Berechnung nicht sinnvoll? Was ändert sich nie?

Gänsen Kaninchen Füße

50 0 100

25 25 150

30 20 140

Tabelle 6.4: Vorschlag einer Tabelle zum Beispiel 5. Aus Pólya (1966, S. 48)

Diese Aufgabe verdeutlicht, dass das Lösen mathematischer Aufgaben auch durch

einfaches Probieren möglich ist. Es wird allerdings nicht einfach probiert. Die Kenntnis,

dass es 50 Köpfe gibt, schränkt die Möglichkeiten des Ausprobierens bereits deutlich

ein, den 50 Kaninchen hätten es nicht sein können, sonst hätte man 200 Füße. Man

versucht die Anzahl der möglichen Fälle zu reduzieren, bevor man die verschiedenen

Größen einsetzt.

Wo findet man im Alltag solche Verfahren?

Mögliche Antworten: Beim Einkaufen muss man durch die begrenzte Menge an Geld,

häufig die Anzahl der gewünschten Artikel variieren um einen möglichst

zufriedenstellenden Zustand zu erreichen. Oder beim Vergessen des PIN Codes der

SIM Karte, wenn man mindestens 3 Stellen des PIN Codes kennt (sonst nicht sinnvoll).

Aufgabe 6 (Sekundarstufe 1)

Im Kino sind nur ein Fünftel der Plätze von Erwachsenen belegt. 10 Plätze mehr

werden von Jungen eingenommen. Außerdem sind 30 Mädchen hier. 20 Plätze sind

frei. Wie viele Sitze hat das Kino? (Aus Bruder und Collet, 2011, S. 49)

Lösung: 100 Plätze

Didaktischer Kommentar

Wenn man die Tatsache berücksichtigt, dass die Anzahl der Kinoplätze durch 5 teilbar

ist, dann kann relativ einfach mit systematischer Suche die Lösung gefunden werden.

Page 79: Problemlösen im Mathematikunterricht

Seite 68 von 143

Vorwärtsarbeiten

Beim Vorwärtsarbeiten sind die SchülerInnen aufgefordert, zu überlegen, wie man aus

gegebenen Angaben Schlüsse auf die Lösungen ziehen kann. Vorwärtsarbeiten ist im

Unterricht beim Lösen der Routineaufgaben stets vorhanden und repräsentiert somit

das klassische Verhalten beim Aufgabenlösen.

Typische Strategieaufforderungen an Schüler beim Vorwärtsarbeiten sind:

Sammle alle Informationen zusammen, von denen du vermutest, dass sie für die

Lösung des Problems nützlich sein könnten.

Was ist gegeben?

Was kannst du mit den Angaben anstellen?

Was weißt du über das Gegebene?

Was kannst du daraus ermitteln?

Versuche mit Hilfe der gegebenen Daten einen Lösungsplan zu finden.

Zur Veranschaulichung der Strategie „Vorwärtsarbeiten“, kann auch eine beliebige

Routineaufgabe aus dem Schulbuch verwendet werden. Die Lehrperson muss den

SchülerInnen ihre Problemlösungsprozesse aufzeigen, indem sie auf die verfügbaren

Daten und deren Anwendung zur Aufgabenlösung hinweist.

Rückwärtsarbeiten

Pólyas Vorschlag für das Rückwärtsarbeiten lautet, man soll die Aufgabe als gelöst

annehmen. Konkret betrachtet man den gewünschten Zustand und analysiert die

Schritte und arbeitet sich rückwärts von der Lösung der Aufgabe, bis hin zu dem

Anfangszustand. Hat man auf diese Weise genug Erkenntnisse gesammelt, kann die

Aufgabe durch Vorwärtsarbeiten gelöst werden. Strategie des Rückwärtsarbeitens ist

vielversprechend, wenn der Zielzustand des Problems eindeutig ist.

Typische Strategieaufforderungen:

Hilft es, wenn ich beim gewünschten Resultat anfange?

Welche Operationen können mich zu diesem Ergebnis führen?

Was ist gesucht?

Was weiß ich über das Gesuchte?

Was benötige ich, um das Gesuchte zu ermitteln?

Page 80: Problemlösen im Mathematikunterricht

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Aufgabe 7 (Sekundarstufe 1 und 2)

Ein Mann geht Äpfel pflücken. Um in die Stadt zu kommen, muss er 7 Tore passieren.

An jedem Tor steht ein Wächter und verlangt von ihm die Hälfte seiner Äpfel und einen

Apfel mehr. Am Schluss bleibt dem Mann nur ein Apfel übrig. Wie viele hatte er am

Anfang? (Aus Bruder 2003, S. 14)

Lösung: Der Mann hatte 382 Äpfel.

Didaktischer Kommentar:

Bei der obigen Aufgabe handelt es sich eigentlich um eine Aufgabe, bei der der

Ausgangszustand gesucht wird und die Schüler stets mit den vorhandenen Daten

arbeiten müssen. Trotzdem eignet sich die Aufgabe nach Bruder für das Gewinnen

der Einsicht, worum es eigentlich beim Rückwärtsarbeiten geht.

Mathematische Grundlagen des Problems:

Seien

𝐴𝑣: Anzahl der Äpfel vor dem Tor

𝐴𝑛: Anzahl der Äpfel nach dem Tor

Die Rekursionsformel zur Berechnung der Anzahl der Apfel vor dem jeweiligen Tor

lautet: 𝐴𝑣 − (𝐴𝑣

2) + 1 = 𝐴𝑛 beziehungsweise 𝐴𝑣 = (𝐴𝑛 − 1) ∗ 2

Aufgabenspezifische Strategieaufforderungen:

Was ist gesucht?

Stelle eine Skizze her. Zeichne die Tore nacheinander.

Probiere, vom Ergebnis auszugehen. Was braucht man, um an das letzte Tor zu

kommen.

Was würde helfen, um das Ergebnis zu ermitteln?

Gehe von der Stadt aus und bewege dich durch die einzelnen Tore Richtung Tor

Nummer 1.

Wie viele Äpfel hat der Mann vor dem 7ten Tor, wie viele vor dem 6ten Tor, 5ten,

4ten, …

Wo findet man im Alltag solche Verfahren?

Was tut man, wenn man ein verlorenes Handy finden will, der Akku des Handys aber

leer ist? Man versucht, sich zu erinnern, wo man zuletzt war und dann wo man sich

davor befunden hat und dann …….

Page 81: Problemlösen im Mathematikunterricht

Seite 70 von 143

Aufgabe 8 (Sekundarstufe 2)

Zeichne innerhalb eines gegebenen Kreises, drei gleiche Kreise so, dass jeder die

beiden anderen berührt und auch den gegebenen Kreis berührt. (Vgl. Pólya 1966, S.

39)

Didaktischer Kommentar: Die Aufgabe 8 eignet sich im Geometrieunterricht der

Sekundarstufe 2 sowohl zur Festigung der Begriffe wie Schwerpunkt,

Seitenhalbierende, Winkelhalbierende als auch zum Kennenlernen der heuristischen

Strategie des Rückwärtsarbeitens.

Lösung:

Bei dieser Aufgabe kann man ebenfalls die Strategie des Rückwärtsarbeitens

anwenden. Man nehme an, die Kreise sind bereits im gegebenen Kreis eingezeichnet.

Die zu zeichnenden Kreise bezeichne ich hier als 𝑘1, 𝑘2 , 𝑘3 und die Mittelpunkte der

Kreise nenne ich dementsprechend 𝑀1, 𝑀2, 𝑀3.

Bedienung der Aufgabe: Da drei gleich große Kreise innerhalb eines gegebenen

Kreises eingeschrieben werden und sich diese auch berühren, haben sie stets

gleichbleibenden Abstand.

Verbindet man die Mittelpunkte der Kreise 𝑘1, 𝑘2 , 𝑘3 ergibt sich ein gleichseitiges

Dreieck 𝑀1𝑀2𝑀3. Schnittpunkt der Winkelhalbierenden ergibt den Schwerpunkt des

Dreiecks, der auch der Mittelpunkt des gegebenen Kreises ist.

Abbildung 6.5:Mittelpunkt und Schwerpunkt des Kreises

Es bleibt noch zu ermitteln wie groß die Radien der Kreise 𝑘1, 𝑘2 , 𝑘3 sind. Im

gleichseitigen Dreieck fallen der Umkreismittelpunkt und der Innkreismittelpunkt

zusammen.

Page 82: Problemlösen im Mathematikunterricht

Seite 71 von 143

Aus der Skizze lässt sich erkennen, dass die Winkelhalbierenden normal auf die Seiten

des gleichseitigen Dreiecks stehen. Für den Mittelpunkt 𝑀1 des Kreises 𝑘1 bedeutet

dies, dass die Winkelhalbierende u eine Tangente auf dem Kreis 𝑘1 ist. Somit beträgt

der Radius des Kreises 𝑘1 die Hälfte der Länge der Seite s des gleichseitigen Dreiecks.

Analog gilt für Kreise 𝑘2 und 𝑘3.

Abbildung 6.6: Winkelhalbierenden des Dreiecks

Bei der „Rückwärtsbewegung“ auf das Ziel, bleibt noch die Frage nach dem Radius

des gegebenen Kreises K und sein Verhältnis zu den Radien 𝑘1, 𝑘2 , 𝑘3. Dazu betrachte

man die drei verschieden gefärbten gleichschenkligen Dreiecke. Der Schwerpunkt M

teilt im gleichseitigen Dreieck die Winkelhalbierende in zwei Teile, von denen der

größere doppelt so lang ist wie der kleinere.

Abbildung 6.7: Der Schwerpunkt des gleichseitigen Dreiecks

Page 83: Problemlösen im Mathematikunterricht

Seite 72 von 143

Der Radius des Kreises 𝑘1 beträgt 𝑠

2. Die Länge der Seite 𝑀2𝑀 lässt sich mit dem Satz

von Pythagoras ausrechnen, wobei die Höhe auf die Seite s mit ℎ𝑠 und die Seite 𝑠

2 die

Katheten des rechtwinkligen Dreiecks sind. Sei 𝑀2𝑀 = 𝑟𝑈.

Damit gilt: (𝑟𝑈)2 = (𝑠

2)

2

+ (ℎ𝑠)2

Aufgrund der Symmetrie im gleichseitigen Dreieck und der Teilung der

Winkelhalbierenden durch den Schwerpunkt M gilt 𝑟𝑈 = 2ℎ𝑠 beziehungsweise ℎ𝑠 =

1

2𝑟𝑈. Für die Berechnung des Verhältnisses zwischen der Größe 𝑟𝑈 und 𝑠 gilt somit:

𝑟𝑢2 = (

1

2𝑟𝑈)

2

+ (𝑠

2)

2

𝑟𝑢2 =

1

4𝑟𝑢

2 +1

4𝑠2

3

4𝑟𝑈

2 =1

4𝑠2

3 𝑟𝑈2 = 𝑠2 und somit auch

√3

2 𝑟𝑈 =

𝑠

2.

Für den Radius R des Kreises K gilt 𝑅 = 𝑟𝑈 +𝑠

2 und

𝑠

2= 𝑟1 = 𝑟2 = 𝑟3, wobei 𝑟1, 𝑟2 , 𝑟3 die

Radien der Kreise 𝑘1, 𝑘2 , 𝑘3 sind.

Wegen √3

2 𝑟𝑈 = 𝑟𝑖 und

2𝑟𝑖

√3= 𝑟𝑢 gilt für den Radius des Kreises K die Gleichung

𝑅 =2

√3𝑟𝑖 + 𝑟𝑖 mit 𝑖 = 1, 2, 3

beziehungsweise gilt nach der Umformung

𝑟𝑖 =3𝑅

(2√3+3) für 𝑖 = 1, 2, 3

Kombination von Rückwärtsarbeiten und Vorwärtsarbeiten

Meist ist beim Lösen von Problemaufgaben eine Kombination von mehreren Strategien

nützlich. Es ist wichtig, im Unterricht immer wieder Problemaufgaben einzusetzen,

damit die Schüler die Gelegenheit haben, die Heurismen auch kombinieren zu können.

Bereits in der Aufgabe 7 finden sich immer wieder Phasen des Vorwärtsarbeitens,

denn die Erkenntnisse der Suche mit der Strategie des Rückwärtsarbeitens müssen

auch verwertet werden.

Page 84: Problemlösen im Mathematikunterricht

Seite 73 von 143

Variation der Daten der Problemstellung

Die Methoden, wie das Spezialisierens der Aufgabenstellung, Vereinfachen der

Aufgabe, die Verallgemeinerung der Aufgab haben alle eines gemeinsam, sie stellen

eine Variation der Daten dar. Insbesondere sind Spezialisieren und Vereinfachen der

Aufgabe gelegentlich ein und dasselbe.

Spezialisieren (Spezial – und Extremfälle suchen)

Kommt man beim Aufgabenlösen mit Vorwärts- oder Rückwärtsarbeiten nicht zu einer

Lösungsidee, rät Pólya sich nach einer verwandten Aufgabe umzusehen. Die

natürlichste Weise zu einer verwandten Aufgabe zu gelangen, ist durch die Variation

der gegebenen Daten. Diese Variationen führen meist zu einem Spezialfall (extremen

Fall) der ursprünglichen Aufgabe (Vgl. Pólya 1966, S. 31). Dieses Verfahren wird in

der Literatur der Fachdidaktik auch Spezialisieren genannt.

Typische Strategieaufforderungen:

Wenn du die vorliegende Aufgabe nicht lösen kannst, so versuche zuerst eine

verwandte Aufgabe zu lösen oder die Aufgabenstellung zu verändern. (Pólya)

Kennst du eine zugänglichere verwandte Aufgabe, eine allgemeinere Aufgabe oder

eine speziellere Aufgabe? (Pólya)

Gibt es einen Spezialfall der Aufgabe, den man zuerst lösen könnte?

Beispiel: Um den Thales Satz zu beweisen, sollte man als erstes ein gleichschenkliges

Dreieck als Spezialfall behandeln.

Aufgabe 9 (Sekundarstufe 2)

Von zwei gegebenen Kreisen, sind die gemeinsamen Tangenten zu bestimmen. (Vgl.

Pólya 1966, 30 f.)

Aufgabenspezifische Strategieaufforderungen:

Gibt es einen Spezialfall der Aufgabe, den man zuerst lösen könnte?

Was wäre die einfachere Aufgabe fürs lösen?

Didaktischer Kommentar: Die notwendigen Kenntnisse zur Bearbeitung der

Aufgaben sind Kenntnisse über Tangenten Konstruktionen.

Page 85: Problemlösen im Mathematikunterricht

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In ersten Schritt sollten die SchülerInnen aufgefordert werden, die heuristischen

Hilfsmittel anzuwenden, wie Skizze oder Tabelle, um sich die gesamte Situation zu

verdeutlichen.

Lösung:

Seien 𝑘1 und 𝑘2 die beiden gegebenen Kreise mit Mittelpunkten 𝑀1und 𝑀2und Radien

𝑟2 und 𝑟2 mit 𝑟1 ≥ 𝑟2.

Abbildung 6.8:Gegebene Kreise zur Aufgabe 9

Ein Spezialfall bzw. die verwandte Aufgabe zu der Aufgabe 9 wäre:

Aufgabe 10 (Spezialfall der Aufgabe 9)

Konstruiere Tangenten zu einem gegebenen Kreis durch einen gegebenen Punkt.

Allerdings sollte der gegebene Punkt mit der Aufgabe 9 in Verbindung stehen. Ein Weg

diese Vorgabe zu erfüllen, wäre die Radien der gegebenen Kreise mit gleicher

Geschwindigkeit abnehmen zu lassen, bis der Kreis 𝑘2 auf den Punkt 𝑀2 schrumpft.

Den geschrumpften Kreis 𝑘1 nennen wir nun 𝑘3. Somit erhalten wir:

Abbildung 6.9: Die Abnahme des Radius` bis zu einem Punkt

Page 86: Problemlösen im Mathematikunterricht

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Mit der neuen Konstruktion können nun die Tangenten des geschrumpften Kreises 𝑘1

durch den Punkt 𝑀2 konstruiert werden.

Abbildung 6.10: Konstruktion der Tangente durch einen Punkt

Durch die Parallelverschiebung der Tangenten 𝑡1 und 𝑡2 durch den Punkt 𝑀2 und die

Punkte 𝑇1, 𝑇2, 𝑇3, 𝑇4 erhalten wir Tangenten an den beiden gegebenen Kreisen.

Abbildung 6.11: Konstruktion der Tangenten nach der Parallelverschiebung

Vereinfachen der Aufgabe

Ähnlich wie beim Spezialisieren, versucht man durch das Lösen einer anderen

Aufgabe, in diesem Fall einer Aufgabe mit weniger Bedingungen, auf die Lösung der

ursprünglichen Aufgabe zu schließen.

Page 87: Problemlösen im Mathematikunterricht

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Typische Strategieaufforderungen:

Kann man die Bedingungen der Aufgabe so einschränken/ reduzieren, dass man eine

leichtere Aufgabe dadurch bekommt und diese zuerst löst?

Kannst du die Aufgabe mit einer Bedingung weniger lösen oder die Aufgabe mit

zusätzlichen Bedingungen? (Pólya)

Wenn du die vorliegende Aufgabe nicht lösen kannst, so versuche zuerst eine

verwandte Aufgabe zu lösen oder die Aufgabenstellung zu verändern.

Kennst du eine zugänglichere verwandte Aufgabe, eine allgemeinere Aufgabe oder

eine speziellere Aufgabe

Ein gutes Beispiel für die Vereinfachung einer Aufgabe ist die Aufgabe 8, die bereits

für die Veranschaulichung des Rückwärtsarbeitens angewendet wurde. Als

wesentliche Vereinfachung der obigen Aufgabe bietet sich die Reduktion des

Problems auf zwei gleich große Kreise in einem gegebenen Kreis K.

Aufgabe 11

Zeichne innerhalb eines gegebenen Kreises zwei gleiche Kreise so, dass jeder den

anderen berührt und auch den gegebenen Kreis berührt.

Lösung

Sei R der Radius des gegebenen Kreises K mit dem Mittelpunkt M. Die Radien 𝑟1, 𝑟2

der gesuchten Kreise 𝑘1, 𝑘2 mit Mittelpunkten 𝑀1, 𝑀2 haben offensichtlich die Länge 𝑅

2.

Somit haben wir einen Zusammenhang zwischen dem Radius R des gegebenen

Kreises K und den Radien 𝑟1, 𝑟2 gefunden.

Abbildung 6.12: Zwei gleichgroße Kreise innerhalb eines gegebenen Kreises

Page 88: Problemlösen im Mathematikunterricht

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Verallgemeinerung (Generalisieren)

Im Fall der Verallgemeinerung, versucht man zuerst ein allgemeineres Problem als

das ursprüngliche zu lösen. Diese Methode kann neue Erkenntnisse bringen,

allerdings kann es unter Umständen passieren, dass die Anwendung dieser Methode

die Bedingungen der ursprünglichen Aufgabe nicht mehr aufrechterhalten kann und

mehr Aufwand mit sich bringt.

Typische Strategieaufforderung:

Bringt die Verallgemeinerung der Aufgabe neue Erkenntnisse, die dich zu der

Lösung der ursprünglichen Aufgabe näherbringen?

Eine gute Veranschaulichung dieser Strategie bietet ebenfalls die bereits gelöste

Aufgabe 8 aus dem Abschnitt 6.2.5. Die Verallgemeinerung der Aufgabe kann nicht

mehr alle Bedingungen der ursprünglichen Aufgabe einhalten und wurde dann

entsprechend lauten:

Aufgabe 12

Zeichne innerhalb eines gegebenen Kreises möglichst viele gleichgroße Kreise so,

dass jeder der Kreise mindestens einen anderen Kreis und auch den gegebenen Kreis

K berührt.

Sei R der Radius des gegebenen Kreises K mit dem Mittelpunkt M. Zeichnet man zwei

gleichgroße Kreise in einem gegebenen Kreis so, dass sich die beiden Kreise berühren

und auch den gegebenen Kreis berühren, dann gilt für die Radien 𝑟1, 𝑟2 der beiden

eingezeichneten Kreise 𝑟1 =𝑅

2 und 𝑟2 =

𝑅

2. Welche Verhältnisse bekommt man, wenn

man 3, 4, …. Kreise einzeichnet?

Invarianzprinzip27

Bei der Anwendung des Invarianzprinzips, betrachtet man die gegebenen Daten der

Problemaufgabe, die immer gleichbleiben bzw. sich nicht verändern. Besonders bei

Folgen fällt es auf, dass sich bestimmte Muster widerholen. Bei einer Problemaufgabe

sucht man bewusst nach Daten, die sich nicht verändern auch wenn man die Aufgabe

variiert. Bereits bei der Aufgabe 5 wurde das Invarianzprinzip implizit angewendet.

27 Invariant heißt so viel wie „Unveränderbar“

Page 89: Problemlösen im Mathematikunterricht

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Jedes Tier des Bauers hat ein Kopf und mindestens zwei Füße. Deshalb hat sich die

systematische Suche auf 50 Tiere beschränkt. Eine weitere Aufgabe findet sich auch

im Anhang als Aufgabe 2 der Testungen.

Typische Strategieaufforderungen:

Was ändert sich nicht? Was bleibt gleich?

Was haben alle Objekte gemeinsam?

Zerteilen des Problems (Zerlegungsprinzip)

Zerlegungsprinzip findet häufig Anwendung bei der Lösung komplexer

Problemaufgaben. Dabei wird ein Problem in mehrere Teilprobleme zerlegt und

einzeln betrachtet.

Typische Strategieaufforderungen:

Welche Teilfragen sind zu lösen?

Kann man die Aufgabe in überschaubare Portionen zerlegen und die Teilprobleme

abarbeiten?

Lässt sich das Problem in leichter lösbare Probleme zerlegen?

Gibt es eine Reihenfolge oder bestimmte Voraussetzungen, die dabei beachtet

werden müssen?

Gibt es mehrere Fälle, die einzeln betrachtet werden sollen? Mache eine

Fallunterscheidung.

Beispiele: Ein nützliches Beispiel für den Mathematikunterricht, findet man im Anhang,

als Aufgabe 4, bei der Testungen der Schulstufe 5-11.

Weitere Aufgaben finden sich unter: Materialien des BLK-Programms SINUS-Transfer unter www.sinus-transfer.de

Büchter, Leuders: „Mathematikaufgaben selbst entwickeln“, Cornelsen Scriptor (2014)

Bruder, Leuders, Büchter, Mathematikunterricht entwickeln, Cornelsen Scriptor (2012)

https://www.mathematik-olympiaden.de/moev/index.php/aufgaben/aufgabenarchiv

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TEIL 2: DER EMPIRISCHE TEIL

Dieser Teil der Diplomarbeit ist der Praxis in der Schule gewidmet. Das Ziel der

empirischen Untersuchung war es, herauszufinden, wie die Lehrerinnen und Lehrer im

Mathematikunterricht mit Problemaufgaben umgehen und wie sich dieser Umgang auf

Leistung der SchülerInnen in Bezug auf die Problemaufgaben auswirkt.

Die Untersuchung

Stichprobe

An der empirischen Untersuchung nahmen sechs Lehrerinnen und Lehrer der

Volksschulen und allgemeinbildenden höheren Schulen aus dem Raum Linz teil. Die

Schülertestung wurde in acht Klassen der vierten, sechsten, achten und elften

Schulstufe durchgeführt. Die Schülertestung der elften Schulstufe diente vorrangig

einem Vergleich der ermittelten Daten mit einer höheren Schulstufe. Insgesamt haben

an der Testung 170 SchülerInnen teilgenommen, davon waren 62 weiblich und 108

männlich.

Ablauf der Untersuchung

Der Ablauf der empirischen Untersuchung wurde in fünf Stufen eingeteilt:

Stufe 1: Kontaktaufnahme

Die erste Stufe der Untersuchung diente der Kontaktaufnahme mit den Lehrpersonen.

Diese wurden in einem Vorgespräch über die Ziele der Arbeit und den Ablauf der

Untersuchung informiert.

Bereits im Vorgespräch wurden die Lehrpersonen über ihre grundsätzliche Haltung zur

Problemaufgaben befragt. Weiters wurden die Lehrpersonen befragt, wie häufig die

Problemaufgaben konkret im Unterricht mit SchülerInnen bearbeitet werden und nach

Quellen der Aufgaben. Aus rechtlichen Gründen erhielten die Lehrpersonen auch die

Einverständniserklärung für die Eltern der getesteten SchülerInnen (siehe Anhang).

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Stufe 2: Testung der SchülerInnen

Die Stufe 2 diente der eigentlichen Testung der SchülerInnen. Die Testung der

SchülerInnen erfolgte im gewohnten Klassenverband. Die Testdauer betrug 20

Minuten. Die Testung war absolut anonym. Es wurden keine persönlichen

Informationen, weder von SchülerInnen noch von den Lehrpersonen erhoben

(ausgenommen Geschlecht der SchülerInnen).

Der Versuchsleiter war bei allen Testungen anwesend und führte die Testung in

Anwesenheit der Lehrperson selbstständig durch. Alle SchülerInnen, die mit

Einverständnis ihrer Eltern an der Testung teilnehmen durften, wurden von der

Lehrperson bzw. dem Versuchsleiter aufgefordert, eigenständig zu arbeiten. Während

der Testung waren Lehrpersonen ebenfalls aufgefordert, keine Hilfestellungen zur

Bearbeitung der Testaufgaben zu leisten.

Stufe 3: Die Auswertung der Testungen

Die Auswertung der Testung diente dem Vergleich der Daten und der Betrachtung

vorkommender Auffälligkeiten.

Stufe 4: Lehrkräfteinterviews

Lehrpersonen erhielten die Ergebnisse ihrer Klasse im Rahmen eines an die

Auswertung der Testung nachfolgenden Interviews.

Stufe 5: Fazit der Auswertung

Hier wurden alle Ergebnisse zusammengetragen und Antworten auf die Hypothese

und die Forschungsfragen daraus abgeleitet.

Untersuchungsinstrumente

Für die Durchführung der Studie wurden verschiedene Untersuchungsinstrumente

verwendet. Diese werden in den nachfolgenden Punkten dargestellt.

Testungsaufgaben

Im Rahmen meiner Feldstudie wurden zwei Testungen zusammengestellt. Die vierte

Schulstufe bekam eigene Problemaufgaben, auch für die SchülerInnen der

Sekundarstufe wurde eine eigene Testung zusammengestellt. Die Aufgaben der

Testung wurden mithilfe erfahrener Lehrpersonen und Fachdidaktiker gewählt.

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Jede Testung bestand aus vier Aufgaben. Die Aufgabe 4 für die vierte Schulstufe war

in der Testung der Sekundarstufe ebenfalls enthalten, allerdings mit etwas höherem

Komplexitätsgrad. Bei jeder Testung wurde bewusst eine Aufgabe so gewählt, dass

sie für die SchülerInnen relativ leicht zu lösen ist. Dadurch sollte den meisten

SchülerInnen auch ein Erfolgserlebnis bei der Testung ermöglicht werden.

Aufgabenauswahl: Um die Aufgaben möglichst sinnvoll auszuwählen und zu gestalten,

bediente ich mich der Auswahlkriterien nach Zech (1996). Im Allgemeinem wurden

Aufgaben so gewählt, dass sie von SchülerInnen auch durch systematische Probieren

gelöst werden können. Die betreffenden Sachverhalte wurden vereinfacht, um das

Wesentliche der Aufgaben möglichst leicht zu erkennen.

Die Aufgaben der vierten Schulstufe benötigten, mit Ausnahme der Aufgabe 3, nur

wenige Denkschritte zur Lösung. Weiters wurde darauf geachtet, dass mathematische

Operationen leicht zu erkennen sind. Ab der fünften Schulstufe haben die Aufgaben

höheren Komplexitätsgrad, dadurch sind zur Lösung der Aufgaben auch mehr

Denkschritte notwendig.

Aufgaben Schulstufe 4

Aufgabe 1. Baggerfahrer und Mathematik28

Auf einer Baustelle soll ein riesiges Loch ausgegraben werden. Zwei Bagger brauchen

zum Ausgraben des Lochs 5 Stunden. Wie lange braucht ein Bagger dazu?

Lösung

Strategie: Vorwärtsarbeiten, systematisches Probieren

Mögliche Fragen: Was ist gegeben? Was weiß ich über das Gegebene? Was kann ich

daraus ableiten?

2 Bagger ........................... 5 Stunden

1 Bagger ........................... x Stunden

x = 5 · 2 = 10

Ein Bagger braucht 10 Stunden.

28 Vgl. https://www.oebv.at/system/files/celum/375307_07126_MM2_27_Indirekte_Proportionalitaet.pdf

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Aufgabe 2. Alles eine Frage des Alters

Jan besucht die Volkschule. Seine Schwester Alina ist 5 Jahre jünger als Jan. In zwei

Jahren ist Jan doppelt so alt wie seine Schwester Alina. Wie alt ist Jan jetzt?

Lösung

Strategie: Invarianzprinzip, systematisches Probieren

Bei der Aufgabe 2 müssen sich die SchülerInnen zunächst darüber im Klaren sein,

dass Jan zwischen 6 und 10 Jahre alt sein kann.

Falls Jan sechs ist, dann ist Alina ein Jahr alt und in zwei Jahren ist Jan acht Jahre

und Alina 3. Somit müssen die SchülerInnen weitere Fälle ausprobieren, bis sie Jans

Alter auf acht Jahre schätzen, denn falls Jan jetzt acht ist und Alina drei, dann ist Jan

in zwei Jahren genau doppelt so alt wie Alina.

Aufgabe 3. Flächenberechnung Du hast bereits gelernt wie man den Flächeninhalt der Rechtecke bestimmt.

Wie könnte man die Fläche des roten Dreiecks bestimmen? Erkläre wie du vorgehen würdest. Tipp:

Bei dieser Aufgabe handelt es sich strenggenommen nicht um eine typische

Problemaufgabe. Für die SchülerInnen der fünften Schulstufe handelt es sich hier um

Page 94: Problemlösen im Mathematikunterricht

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eine Routineaufgabe, da die Bestimmung des Flächeninhalts eines Dreiecks bereits

bekannt ist. Für die SchülerInnen der vierten Schulstufe stellt die Aufgabe 3 allerdings

eine Problemaufgabe dar. Um diese zu lösen, ist ein gewisser Maß an Mut und

geistiger Beweglichkeit notwendig.

Lösung:

Strategien: Analogien bilden und übertragen, Darstellungswechsel, Vorwärtsarbeiten

Durch die Teilung des gegebenen Vierecks in zwei Teile erhält man zwei gleiche

Dreiecke. Folglich muss der Flächeninhalt eines Dreiecks genau halb so groß sein wie

der Flächeninhalt des gesamten Vierecks.

Aufgabe 4: Der Obsthändler29

Ein Obsthändler hat eine kleine Kiste Äpfel. Er verkauft dem ersten Kunden die Hälfte

seiner Äpfel und noch einen dazu, dann dem zweiten Kunden die Hälfte der übrig

gebliebenen Äpfel und noch einen dazu. Am Schluss hat der Händler nur noch einen

Apfel übrig.

Wie viele Äpfel hatte er am Anfang?

Lösung:

Strategien: Rückwärtsarbeiten, Aufteilen, Darstellungswechsel

Indem man sich der Methode des Rückwärtsarbeitens bedient, rekonstruiert man den

Verkauf der Äpfel an die einzelnen Kunden.

Ende des Verkaufs: 1 Apfel übrig

Kunde 2: (1+1) * 2= 4 Äpfel

Kunde 1: (4+1) * 2= 10 Äpfel

Somit hatte der Obsthändler am Anfang 10 Äpfel. Weiterer möglicher Lösungsweg

bestand darin, gezielt zu raten und dann diese Zahlen auszuprobieren. Durch

Annäherung kommt man so ebenfalls zu der Lösung.

29 Aus: https://www.uni-due.de/imperia/md/content/mint/aufgabensammlung_mdua.pdf

Page 95: Problemlösen im Mathematikunterricht

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Aufgaben Schulstufe 6 -11

Aufgabe 1. Zahlenrätsel

Wenn man zu einer Zahl ihren Nachfolger addiert, erhält man 903.

Wie heißt diese Zahl?

Lösung:

Kompetenzen:

• zielführende Denkstrategien einsetzen (AK 4),

• beschreiben und protokollieren der Vorgangsweisen (AK 3),

• mit Größen rechnen (IK 3)

Strategie: Vorwärtsarbeiten/Rückwärtsarbeiten, systematisches Probieren

Zunächst müssen sich die Schüler vergegenwärtigen, dass bei dieser Aufgabe stets

gilt: Nachfolger = Vorgänger +1

Daraus folgt, dass es eine Zahl x so geben sein muss, dass gilt:

x + x + 1 = 2x + 1 = 903

Damit ist die Lösung der Aufgabe die Zahl 451.

Aufgabe 2. Alter Vater

Als Tinas Vater 30 Jahre alt war, war Tina 7 Jahre alt. Jetzt ist Tinas Vater doppelt

so alt wie Tina. Wie alt ist Tina jetzt?

Lösung:

Kompetenzen

• zielführende Denkstrategien einsetzen (AK 4),

• mit Größen rechnen (IK 3)

Strategie: Invarianzprinzip, systematisches Probieren

Page 96: Problemlösen im Mathematikunterricht

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Diese Aufgabe kann mit Hilfe des Invarianzprinzips gelöst werden. Dieses verwendet

die Tatsache, dass der Altersunterschied zweier lebender Menschen immer

gleichbleibt. Die SchülerInnen müssen sich also zunächst vergegenwärtigen, dass der

Altersunterschied zwischen Tina und ihrem Vater stets 23 Jahre beträgt. Zum

„jetzigen“ Zeitpunkt ist Tinas Vater doppelt so alt wie Tina, der Altersunterschied

zwischen den beiden beträgt aber immer noch 23 Jahre. Um die Bedingung aus dem

ersten Satz zu erfüllen, muss Tina jetzt genau 23 Jahre alt sein.

Die Lösung der Aufgabe mit Gleichungen ist ebenfalls denkbar. Bei der Lösung der

Aufgabe mit Hilfe der Gleichungen wird Tinas Alter zum jetzigen Zeitpunkt als Variable

x bezeichnet. Daraus ergibt sich:

x + 23 = 2𝑥

Mit Hilfe der elementaren Umformungen folgt

𝑥 = 23

Eine weitere Möglichkeit die Aufgabe zu lösen, ist die Lösung durch das systematische

Probieren. Hier können die Schüler mit einer geeigneten Zahl für Tinas Vater beginnen

und diese langsam steigern.

Tina Vater

(Tinas Alter +23)

Ergebnis der

Verdopplung

7 30 14

20 43 40

21 44 42

22 45 44

23 46 46

Tabelle 7.1: Berechnung der Aufgabe 1 durch systematische Probieren

Page 97: Problemlösen im Mathematikunterricht

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Aufgabe 3: Der Obsthändler30

Ein Obsthändler hat eine Kiste Äpfel. Er verkauft dem ersten Kunden die Hälfte

seiner Äpfel und noch einen dazu, dann einem zweiten Kunden die Hälfte der übrig

gebliebenen Äpfel plus einen, dann genauso einem dritten und vierten Kunden. Am

Schluss hat er noch einen Apfel übrig. Wie viele Äpfel hatte er am Anfang?

Lösung:

Kompetenzen

• zielführende Denkstrategien einsetzen (AK 4),

• mit Größen rechnen (IK 3)

Strategie: Rückwärtsarbeiten

Indem man sich der Methode des Rückwärtsarbeitens bedient, rekonstruiert man den

Verkauf der Äpfel an die einzelnen Kunden.

Ende des Verkaufs: 1 Apfel übrig

Kunde 4: (1+1) * 2= 4 Äpfel

Kunde 3: (4+1) * 2= 10 Äpfel

Kunde 2: (10+1) *2=22 Äpfel

Kunde 1: (22 +1) *2= 46 Äpfel

Eine weitere Möglichkeit der Lösung dieser Aufgabe ist die Verwendung von

Gleichungen. Diese Methode ist allerdings erst ab der sechsten Schulstufe zu

erwarten.

30 Aus: https://www.uni-due.de/imperia/md/content/mint/aufgabensammlung_mdua.pdf

Page 98: Problemlösen im Mathematikunterricht

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Aufgabe 4: Der Kunstraub31

Aus einer Kunstaustellung ist ein wertvolles Gemälde gestohlen worden. Die Polizei

hat drei Verdächtige festgenommen. Es sind die bekannten Kunstdiebe Anton, Boris

und Igor. Alle drei behaupten sie seien unschuldig und geben bei der Befragung

folgende Aussagen ab:

Anton behauptet: "Boris hat das Gemälde gestohlen!

Boris behauptet: "Ich war es nicht!

Igor meint: "Ich war es ganz bestimmt nicht!

Die Polizisten wissen, dass nur einer der Diebe die Wahrheit sagt und so haben sie

den wahren Täter schnell entlarvt. Weißt du, wer das Gemälde gestohlen hat?

Die Aufgabe 4 ist einer Aufgabe der deutschen Mathematikolympiade von 2009/10

nachempfunden. Diese wurde ursprünglich für die Schulstufe 3 und Schulstufe 4

entwickelt.

Lösung

Kompetenzen: zielführende Denkstrategien einsetzen (AK 4)

Strategie: Zerlegungsprinzip, Fallunterscheidung

Um die „Obsthändleraufgabe“ zu lösen, müssen die SchülerInnen zunächst überlegen,

welche Möglichkeiten es gibt die Aufgabe zu lösen. Ein Einsatz der Gleichungen ist

hier ausgeschlossen. Somit ist eine Fallunterscheidung zur Aufgabenbewältigung

notwendig. Da nur einer der Diebe die Wahrheit sagt, muss der Fall gesucht werden,

wo zwei Diebe lügen und nur einer die Wahrheit sagt.

• Fall 1: Anton ist der Dieb.

Dann haben Boris und Igor die Wahrheit gesagt und Anton hat gelogen.

• Fall 2: Boris ist der Dieb.

Dann haben Anton und Igor die Wahrheit gesagt und Boris hat gelogen.

• Fall 3: Igor ist der Dieb.

Dann hat nur Boris die Wahrheit gesagt und Anton und Igor haben gelogen.

Da die Polizisten wissen, dass nur einer der Diebe die Wahrheit gesagt hat, kann nur

Fall 3 zutreffen. Also hat Igor das Gemälde gestohlen.

31 Quelle: Vgl. https://www.mathematik-olympiaden.de/moev/moev_material/Aufgaben/49/3/A49043.pdf

Page 99: Problemlösen im Mathematikunterricht

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Interviewfragen für die Lehrpersonen

Die untengenannten Interviewfragen wurden Lehrkräften bei der Besprechung der

Ergebnisse ihrer getesteten Klassen gestellt.

• Haben Sie ähnliche Aufgaben schon mal im Unterricht bearbeitet?

• Wie viel haben Sie mit Problemaufgaben gearbeitet und wie oft?

• Woher bekommen Sie Problemaufgaben?

• Haben Sie die Methoden, die man dabei einsetzen kann auch gelehrt?

• Waren diese Aufgaben auch ein Teil der Schularbeit? Haben Sie schon eine

Schularbeit gehabt, wo Problemaufgaben dabei waren? Wie haben die

SchülerInnen reagiert?

• Haben Sie schon Fortbildungen bzgl. Problemlösen besucht oder was darüber

gelesen?

• Haben Sie eventuell Dokumente dazu?

• Lösen Sie gerne Knobelaufgaben auch in Ihrer Freizeit?

Falls die Lehrperson keine Problemaufgaben im Unterricht behandelt:

Warum machen Sie keine Problemaufgaben im Unterricht?

• Was ist Ihnen wichtiger als die Problemaufgaben?

• Wie lösen die SchülerInnen bei Ihnen die Problemaufgaben?

• Wie behandeln Sie das Thema Problemlösen im Unterricht? Gezielt oder im

Rahmen des laufenden Unterrichts?

Leitfaden für die Lehrpersonen

Für den Fall, dass die Lehrkräfte die Testung selbst durchführen wollen, wurde ein

Leitfaden für die Lehrpersonen entwickelt. Damit sollte gewährleistet werden, dass alle

Testungen unter denselben Bedienungen stattfinden und den SchülerInnen alle

notwendigen Informationen, die sie erhalten müssen, auch tatsächlich mitgeteilt

werden (siehe Anhang).

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Schwierigkeiten bei der Planung und Durchführung der Untersuchung

Die Untersuchung erforderte vor allem gute Planung und eine Vielzahl an Lehrkräften,

die bereit waren, s der Testung zu stellen.

Auswahl der Aufgaben

Die Aufgabenauswahl erwies sich als relativ einfach, da es in der einschlägigen

Literatur eine Vielzahl von Problemaufgaben gibt, die durchaus im Unterricht

verwendet werden können. Die Aufgaben wurden entsprechend den Schulstufen

gewählt, eine dieser Aufgaben ist in allen Schulstufen vorhanden (siehe Anhang).

Nachdem die Aufgaben ausgewählt wurden, äußerten einige der Lehrkräfte und

DirektorInnen Veränderungswünsche der Aufgaben, auf die auch eingegangen wurde.

Die Anregungen der Lehrkräfte und DirektorInnen waren durchaus konstruktiv und

haben sich als sehr nützlich erwiesen. Um die Bedingungen der Testung für alle

Klassen anzugleichen, wurden die durchgeführten Änderungen für alle Klassen

vorgenommen.

Bewilligung der Testung

Um die Testung an den öffentlichen Schulen durchführen zu können, musste ein

Ansuchen um die Bewilligung an das Landesschulrat Oberösterreich gesendet

werden.

Auswahl der Testklassen

Als Testklassen waren vor allem die vierten Schulstufe und die Schulstufen der

Sekundarstufe 1 erwünscht. An dieser Stelle kann von einer Auswahl der Klassen nicht

gesprochen werden, da sich die „Beschaffung“ der Testklassen als größtes Hindernis

darstellte. In der Planungsphase der Testung wurden über 6 Schulen angeschrieben,

davon gab es nur von zwei Schulen positive Rückmeldungen. Vor allem der zeitliche

Druck wurde als Begründung für die Absage genannt. Als wirksamste Methode zur

Beschaffung der Klassen haben sich persönliche Kontakte herausgestellt.

Zeitlicher Ablauf und Anweisungen der SchülerInnen

Die Testung vor Ort offenbarte die Notwendigkeit, die Anweisung der SchülerInnen zu

ergänzen. Die Ergebnisse der ersten Testung entsprachen nicht den Vorstellungen der

Studie, vor allem hatten viele SchülerInnen häufig keine Begründungen oder

Rechnungswege aufgeschrieben.

Page 101: Problemlösen im Mathematikunterricht

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Aus diesem Grund wurden die Anweisungen der SchülerInnen in dem Leitfaden für die

Lehrpersonen geändert. (siehe Anhang). Dieser wurde folgendermaßen ergänzt:

Bei der Lösung der Aufgabe die Lösung und die dazugehörige Rechnung

aufschreiben. Begründe deine Lösung beziehungsweise schreibe die Erklärung für

deine Lösung unbedingt auf!

Dadurch wurden die Lösungen der nachfolgenden Testungen detaillierter und

umfangreicher. Bei der ersten Testung der Untersuchung hatten einige der

SchülerInnen ihre Lösung nur in Form einer Rechnung dargestellt (die häufig eher

eine Nebenrechnung war) oder nur eine Zahl als Lösung hingeschrieben. Nachdem

bei der zweiten Testung die SchülerInnen ausdrücklich aufgefordert wurden ihre

Lösungen der Testaufgaben auch schriftlich zu begründen, hat sich die Zahl der

SchülerInnen mit Lösungen ohne vollständigen Rechnungen oder Begründungen stark

verringert.

Weiters wurde die ursprüngliche Zeit von 25 Minuten auf 20 Minuten herabgesetzt, da

die Mehrzahl der SchülerInnen bereits nach 15 Minuten die Testung abgab.

Lehrkräfteinterviews

Als weiteres Hindernis zur Vollendung der Untersuchung stellten sich die Interviews

der Lehrkräfte. Einige Lehrkräfte waren nicht bereit, Interviews zu geben und

beantworteten nur die Fragen zu den Ergebnissen ihrer Klasse.

Die Mehrzahl der Lehrkräfte räumten für das Interview sehr wenig Zeit ein. Dieses

sollte in der großen Pause oder höchstens zwischen zwei Einheiten stattfinden. Die

Interviewzeit variierte somit zwischen 20 Minuten und 45 Minuten.

Design der Untersuchung und Hypothesen

Das Design der vorliegenden Untersuchung umfasst mehr Aspekte als nur die

Beantwortung der Hypothese, wie zum Beispiel: das Geschlecht der SchülerInnen,

verschiedene Schulstufen, etc. Für den Fall, das sich die Hypothese nicht

bewahrheitet, können weitere Aspekte der Untersuchung beleuchtet werden.

Page 102: Problemlösen im Mathematikunterricht

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Auswertung der Ergebnisse

An der durchgeführten Studie nahmen drei Klassen der vierten Schulstufe teil, zwei

Klassen der sechsten Schulstufe, zwei Klassen der achten Schulstufe und eine Klasse

der elften Schulstufe. Die Testung war absolut anonym, deshalb sind die Klassen

codiert. Die erste Zahl der Klassenbezeichnung steht die jeweilige Schulstufe, die

zweite für die fortlaufende Nummer der getesteten Klassen.

Forschungshypothese und weitere Forschungsfragen

Forschungshypothese: Der Umgang der Lehrenden mit Problemaufgaben im

Mathematikunterricht beeinflusst maßgeblich die Problemlösefähigkeit der

SchülerInnen. Je höher die Anzahl der gelösten Aufgaben in der Klasse einer

bestimmten Lehrperson, umso höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Lehrperson

in ihrem Unterricht häufig mit Problemaufgaben arbeitet.

Weitere Forschungsfragen

Welche Aufgaben bereiteten den SchülerInnen die meisten Schwierigkeiten?

Wie ist die Haltung der befragten Lehrpersonen zu Problemaufgaben?

Werden im Unterricht Problemaufgaben und Strategien zu deren Lösung gezielt

unterrichtet?

Was sind die Ursachen für Vernachlässigung der Problemaufgaben, was ist

Lehrkräften wichtiger?

Woher bekommen die Lehrkräfte, die Problemaufgaben im Unterricht behandeln,

ihre Materialien?

Werden Problemaufgaben auch in den Schularbeiten eingesetzt?

Wie wirken sich die Tipps bzw. nützliche Hinweise auf die Ergebnisse aus?

Gibt es Geschlechterunterschiede bei der Bearbeitung der einzelnen Aufgaben?

Schneiden die Schüler der höheren Schulstufen bei allen Aufgaben besser ab als

die Schüler der niedrigeren Schulstufe?

Gibt es gute Mathematikklassen?

Welche Maßnahmen kann man als Lehrerperson treffen, damit die SchülerInnen

Problemaufgaben besser lösen können?

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Die konkrete Auswertung der SchülerInnentestungen wurde durch folgenden

Fragestellungen bestimmt:

Wie viele SchülerInnen können die gestellten Aufgaben lösen?

Welche Aufgaben bereiten den SchülerInnen die meisten Schwierigkeiten?

Wie sieht die Verteilung der Ergebnisse in jeweiligen Klasse aus?

Wie viele Aufgaben können die meisten SchülerInnen lösen?

Ergebnisse der Lehrkräfteinterviews

Zusätzlich zu den Testungen wurden Lehrkräfteinterviews geführt. Dadurch sollten die

Lehrkräfte über die Ergebnisse der getesteten Klassen informiert werden und weitere

Hinweise zur Beantwortung der Forschungshypothese und Forschungsfragen

gesammelt werden. Die Interviewfragen dienten vor allem der Lenkung des

Gesprächs, um möglichst viele Details zum Thema Problemlösen zu erfahren.

Die Ergebnisse der Testungen wurden allen Lehrkräften persönlich mitgeteilt,

allerdings gab es zwei Lehrkräfte die ein Interview abgelehnt haben. Diesen

Lehrkräften wurden die Ergebnisse ihrer Klasse präsentiert, allerdings haben diese

auch einige der Interviewfragen beantwortet.

Bei anderen Lehrkräften wurden Aufnahmegeräte eingesetzt und das Interview

anschließend transkribiert.

Page 104: Problemlösen im Mathematikunterricht

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Vergleich der Schulstufe 4

Die Klasse 4.1 ist eine Ganztagsschule, Montessori-geführt mit hohem Anteil an

offenem Lernen. Der Migrationsanteil der Klasse beträgt ca. 60%. An der Testung

nahmen 22 Schüler und Schülerinnen teil.

Die Klasse 4.2 ist ebenfalls eine Klasse einer Ganztagsschule mit hohem Anteil an

offenem Lernen. Der Migrationsanteil der Klasse beträgt ca. 65%. An der Testung

nahmen 23 Schüler und Schülerinnen teil.

Die Klasse 4.3 ist eine vierte Klasse einer Halbtagsvolksschule. Die Klasse wird

klassisch unterrichtet. Der Migrationsanteil der SchülerInnen liegt bei ca. 30%. An der

Testung nahmen 19 Schüler und Schülerinnen teil.

Um die Ergebnisse der getesteten Klassen der vierten Schulstufen besser

interpretieren zu können, wurden zunächst die Gesamtergebnisse aller drei Klassen

gegenübergestellt.

Tabelle 8.1: Vergleich der Gesamtergebnisse der Schulstufe 4

Die Ergebnisse der vierten Schulstufe liegen betreffend der ersten drei Aufgaben nicht

weit auseinander. Die meisten Schwierigkeiten hatten die SchülerInnen mit der

Aufgabe 4, die den Einsatz von Rückwärtsarbeiten erfordert hat.

Ein Vergleich der Ergebnisse der vierten Klassen der nach der Anzahl der gelösten

Aufgaben gibt Auskunft über die Verteilung der Ergebnisse innerhalb einer Klasse.

Tabelle 8.2: Vergleich der Klassen bzgl. der Anzahl der gelösten Aufgaben

Vergleich Schulstufe 4: Ergebnisse gesamt in %

Aufgabe 1 (Indirekte Proportionalität) 11 50% 14 61% 9 47%

Aufgabe 2 (Altersaufgabe: Invarianz/s. Probieren) 9 41% 14 61% 10 53%

Aufgabe 3 (Flächeninhalt: Vorwärtsarbeiten) 15 68% 13 57% 14 74%

Aufgabe 4 (Rückwärtsarbeiten) 0 0% 7 30% 1 5%

22 23 19

Klasse 4.1 Klasse 4.2 Klasse 4.3

Vergleich der Schulstufe 4: Anzahl der Schüler mit …..

2 9% 1 4% 1 5%

8 36% 7 30% 8 42%

9 41% 7 30% 4 21%

3 14% 5 22% 6 32%

0 0% 3 13% 0 0%

Schüler gesamt 22 23 19

Klasse 4.1 Klasse 4.2 Klasse 4.3

0 Aufgaben

1 Aufgabe

2 Aufgaben

3 Aufgaben

4 Aufgaben

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Besonders auffällig bei den drei getesteten Klassen, sind die Unterschiede in der

Verteilung der SchülerInnen mit einer, zwei und drei richtig gelösten Aufgaben. In der

Klasse 4.2 gibt es drei SchülerInnen, die alle vier Aufgaben geschafft haben. Allerdings

ist der Anteil derer, die in der Klasse 4.2 drei Aufgaben geschafft haben geringer, als

derer, in der Klasse 4.3. Zählt man die Anteile der SchülerInnen der Klasse 4.2, die

drei und vier Aufgaben geschafft haben, dann ergibt dies nahezu die Anteile der

SchülerInnen der Klasse 4.3, die drei Aufgaben geschafft haben.

Abbildung 8.1: Vergleich der Ergebnisse der Schulstufe 4 nach der Anzahl der gelösten Aufgaben

In allen drei getesteten Klassen waren auch SchülerInnen dabei, die keine der

Aufgaben richtig beantwortet haben. Alle betroffenen Schüler waren männlich.

Während die Geschlechterverteilung der getesteten SchülerInnen in der Klasse 4.1

ident war, waren in der Klasse 4.2 und 4.3 deutlich mehr Jungs. Der Anteil der

Mädchen lag bei gerademal 32 %.

Tabelle 8.3: Geschlechterverteilung der Schulstufe 4

Klasse 4.1 4.2 4.3

Männlich 50% 68% 68%

Weiblich 50% 32% 32%

Geschlechterverteilung Schulstufe 4

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Ein Vergleich der Ergebnisse der Klassen der Schulstufe 4 nach Geschlecht zeigt

deutlich die Unterschiede der Geschlechter im Lösen der vorgelegten Aufgaben. Die

Mädchen der getesteten vierten Schulstufen waren deutlich erfolgreicher.

Abbildung 8.2: Vergleich der Ergebnisse der Schulstufe 4 nach Geschlecht in Prozent

Besonders auffallend ist der niedrige Anteil der Jungs der Klasse 4.1 bei der Lösung

der Aufgabe 1 und bei der Aufgabe 2. Die hohe Lösungsquote der Aufgabe 1, der

Mädchen der Klasse 4.1, lässt sich eventuell durch die Sitzordnung der Klasse

erklären. Die Mädchen der Klasse saßen während der Testung sehr nahe beieinander,

was zu möglichen „positiven“ Effekten der engen Zusammenarbeit geführt haben

könnte.

Weiters wird in dieser Klasse die Kooperation sehr stark gefördert. Der Lehrkraft der

Klasse 4.1 zu folge, sind vier der elf Mädchen besonders gut in Mathematik, was

eventuell für die restlichen Mädchen der Klasse positive Effekte hatte.

Im Gegensatz zur Klasse 4.1 ist in der Klasse 4.3 der Anteil der Mädchen, die Aufgabe

1 gelöst haben kleiner, als der, der Jungs. Die Leistungen bzgl. der Aufgabe 3 sind bei

Mädchen der Klasse 4.3 dafür wesentlich besser als bei Jungs derselben Klasse.

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Vergleich der Klassen der Sekundarstufe: Schulstufe 6

Die Gegenüberstellung der beiden Klassen der sechsten Schulstufe offenbart

deutliche Unterschiede – vor allem bei der Bearbeitung der Aufgabe 2 und der Aufgabe

3. Die Klasse 6.4 schnitt bei allen Aufgaben besser als die Klasse 6.2. Bei der Aufgabe

3 bekam 6.4 Tipps, weshalb sie hier um ganze 10% besser war als die Klasse 6.2.

Tabelle 8.4: Vergleich der Ergebnisse der Testung in der sechsten Schulstufe

Die Anzahl der SchülerInnen mit einer, zwei, drei gelösten Aufgaben unterscheidet

sich in beiden Klassen deutlich. In der Klasse 6.4, die bei allen Aufgaben bessere

Ergebnisse als die Klasse 6.1 erzielt hat, haben wesentlich mehr SchülerInnen zwei

oder drei Aufgaben gelöst. In der Klasse 6.2 haben 42% der SchülerInnen nur eine

Aufgabe gelöst, während es in der 6.4 nur 19% waren. Wie bereits in der vierten

Schulstufe, gilt: je höher die Anzahl der Schüler mit allen vier Aufgaben, umso höher

ist auch die Anzahl der Schüler mit drei oder zwei gelösten Aufgaben.

Tabelle 8.5: Anzahl der gelösten Aufgaben der Schulstufe 6

Die Geschlechterverteilung der beiden Klassen der sechsten Schulstufe ist nahezu

gleich, deshalb lassen sie die Leistungen der beiden Geschlechter bei den einzelnen

Aufgaben besonders gut verfolgen.

Vergleich Schulstufe 6 Schüler gesamt

Aufgabe 1 (Vorwärtsarbeiten: Vorgänger/Nachfolger) 24 92% 26 96%

Aufgabe2 ( Invarianz/s. Probieren) 9 35% 19 70%

Aufgabe 3 (Rückwärtsarbeiten: Obsthändler) 7 27% 10 37%

Aufgabe 4 (Fallunterscheidung) 4 15% 5 19%

Summe Schüler gesamt 26 27

Klasse 6.2 Klasse 6.4

Vergleich Schulstufe 6: Anzahl der Schüler mit …..

Klasse 6.2 Klasse 6.4

0 Aufgaben 1 4% 0 0%

1 Aufgabe 11 42% 5 19%

2 Aufgaben 10 38% 13 48%

3 Aufgaben 3 12% 7 26%

4 Aufgaben 1 4% 2 7%

Schüler gesamt 26 27

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Tabelle 8.6: Geschlechterverteilung der vierten Schulstufe

Die männlichen Schüler haben der Klasse 6.4 haben nur bei den ersten drei

Aufgaben besser abgeschnitten als die Mädchen und die Schülerinnen der Klasse

6.1 schnitten nur bei der Aufgabe 1 und Aufgabe 4 besser als die Jungs.

Abbildung 8.3: Geschlechtervergleich bzgl. der Ergebnisse der Schulstufe 6 in Prozent

Die Aufgabe 4 „Der Kunstraub“ wurde in dieser Schulstufe von wesentlich mehr

Mädchen richtig gelöst.

Vergleich der Schulstufe 8

Bei dem Vergleich der Testungsergebnisse der beiden Klassen der achten Schulstufe

fällt der Unterschied der beiden Klassen bzgl. der Aufgabe deutlich. Dieser ist

allerdings zu vernachlässigen, da Aufgrund eines Missverständnisses die Klasse 8.1

bei der Aufgabe 1 eine wesentlich schwerere Problemaufgabe zu lösen hatte. Die erste

Aufgabe32 dieser Klasse lautete:

32 Quelle: http://www.problemloesenlernen.dvlp.de/files/material/klasse7/groessen_funktionen/Prozentrechung.pdf

Geschlechterverteilung Schulstufe 6

Klasse 6.2 6.4

Männlich 69% 70%

Weiblich 31% 30%

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

100%

Vergleich Schulstufe 6: männlich

Klasse 6.2

Klasse 6.4

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

100%

Vergleich Schulstufe 6: weiblich

Klasse 6.2

Klasse 6.4

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Abbildung 8.4: Die Aufgabe 1 der Schülertestung der Klasse 8.1

In dieser Schulstufe werden die Ergebnisse der Aufgaben 2, 3 und 4 betrachtet.

Tabelle 8.7: Vergleich der Ergebnisse der achten Schulstufe

In Gegensatz zur Schulstufe 6 gibt es in dieser Schulstufe nicht so eindeutige

Unterschiede zwischen den beiden getesteten Klassen. Die Leistungen der Klasse 8.2

waren bei der Aufgabe 2 und 3 deutlich besser als die der Klasse 8.1. Bei der

Fallunterscheidung (Aufgabe 4) hatte die Klasse 8.1 allerdings etwas besser

abgeschnitten. Dennoch gibt es einen leichten Vorsprung der Klasse 8.2 über die drei

betrachteten Aufgaben.

Tabelle 8.8: Vergleich der achten Schulstufen bzgl. der Anzahl gelöster Aufgaben

Die Auswertung der Anzahl der gelösten Aufgaben fällt ähnlich aus, wie bereits in der

vierten und der sechsten Schulstufe. Die Klasse mit besseren Ergebnissen der

Testung hat auch mehr Schüler die drei oder zwei richtig gelösten Aufgaben.

Vergleich Schulstufe 8 Schüler gesamt

Aufgabe 1 (Vorwärtsarbeiten: Vorgänger/Nachfolger) 13 68% 18 100%

Aufgabe2 ( Invarianz/s. Probieren) 11 58% 12 67%

Aufgabe 3 (Rückwärtsarbeiten: Obsthändler) 2 11% 6 33%

Aufgabe 4 (Fallunterscheidung) 4 21% 2 11%

Summe Schüler gesamt 19 18

Klasse 8.1 Klasse 8.2

Klasse 8.1 Klasse 8.2

0 Aufgaben 3 16% 0 0%

1 Aufgabe 5 26% 4 22%

2 Aufgaben 9 47% 9 50%

3 Aufgaben 1 5% 4 22%

4 Aufgaben 1 5% 1 6%

Schüler gesamt 19 18

Vergleich Schulstufe 8: Anzahl der Schüler mit …..

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Die Geschlechterverteilung der beiden achten Klassen ist unterschiedlich. In der

Klasse 8.1 sind deutlich mehr Jungs als Mädchen.

Tabelle 8.9: Verteilung der Geschlechter der Schulstufe 8

In der Klasse 8.2 waren Mädchen über alle Aufgaben besser als die Jungs. In der 8.1

hatten Jungs einen deutlichen Vorsprung gegenüber den Mädchen. Besonders bei der

Aufgabe 4 hatten die Jungs der 8.1 die besseren Ergebnisse.

Abbildung 8.5: Geschlechtervergleich der achten Schulstufe in Prozent

Ergebnisse der Schulstufe 11

In der Feldstudie wurde nur eine Klasse der Schulstufe 11 getestet. Die Ergebnisse

der Schulstufe 11 bezüglich der gesamten Anzahl der gelösten Aufgaben werden im

Anschluss bei der Betrachtung der einzelnen Aufgaben mit Klassen der niedrigeren

Schulstufen verglichen.

Klasse 8.1 8.2

Männlich 68% 50%

Weiblich 32% 50%

Geschlechterverteilung Schulstufe 8

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

100%

Aufgabe1

Aufgabe2

Aufgabe3

Aufgabe4

Vergleich Schulstufe 8: männlich

Klasse 8.1

Klasse 8.2

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

100%

Aufgabe1

Aufgabe2

Aufgabe3

Aufgabe4

Vergleich Schulstufe 8: weiblich

Klasse 8.1

Klasse 8.2

Page 111: Problemlösen im Mathematikunterricht

Seite 100 von 143

Tabelle 8.10: Ergebnisse der elften Schulstufe

In der Klasse 11.2 haben über die Hälfte der SchülerInnen drei oder vier Aufgaben

richtig gelöst.

Tabelle 8.11: Anzahl der gelösten Aufgaben der Klasse 11.2

In der Klasse 11.2 fand die Testung unter ausgeglichener Geschlechterverteilung.

Tabelle 8.12: Geschlechterverteilung der elften Schulstufe

Mädchen der Klasse 11.2 schnitten bei der Aufgabe 2 und der Aufgabe 3 wesentlich

schlechter als die Jungs. Bei der Aufgabe 4, wo es darum ging die Fallunterscheidung

anzuwenden, waren sie deutlich besser als Jungs.

Abbildung 8.6: Geschlechtervergleich der Ergebnisse der Schulstufe 11 in Prozent

Klasse 11.2 Schüler gesamt 16

Aufgabe 1 (Vorwärtsarbeiten: Vorgänger/Nachfolger) 16 100%

Aufgabe2 ( Invarianz/systematisches Probieren: Altersaufgabe) 13 81%

Aufgabe 3 (Rückwärtsarbeiten: Obsthändler) 5 31%

Aufgabe 4 (Fallunterscheidung) 9 56%

Klasse 11.2 Anzahl der Schüler mit

0 0%

1 6%

5 31%

8 50%

2 13%

Schüler gesamt 16

0 Aufgaben

1 Aufgabe

2 Aufgaben

3 Aufgaben

4 Aufgaben

Klasse 11.2 Geschlechterverteilung 16

männlich 8 50%

weiblich 8 50%

Page 112: Problemlösen im Mathematikunterricht

Seite 101 von 143

Vergleich der Schulstufen bzgl. der Aufgabe „Der Obsthändler“

Bisher wurden nur die Ergebnisse nach ihren Lösungen betrachtet, die Methode stand

allerdings nicht im Vordergrund. Da die Aufgabe 3 so gewählt wurde, dass sie auch

durch systematisches Probieren gelöst werden kann, gelang es auch einigen Schülern

der Schulstufe 4 diese zu lösen. In der Schulstufe 4 wurden nach der Aufforderung der

Direktion einer Schule, zusätzlich Tipps zur Aufgabe 4 gegeben. Die Klasse 4.3 nahm

als erste Teil an der Testung und hatte keine Tipps bekommen.

In der Klasse 4.1 wurde Schülern auf Wunsch der Direktion der Hinweis gegeben:

„Was ist die Umkehrung der Halbierung?“ Die Antwort „Verdoppelung“ wurde von

Schülern dann im Plenum erarbeitet. Dieser Tipp wurde anschließend auf die Tafel

geschrieben und belassen. Nach Auswertung der Daten der Klasse 4.1 konnte

allerdings keine Verbesserung der Ergebnisse im Vergleich zur Klasse 4.3 feststellt

werden. Die Klasse 4.2 wurde als letzte getestet und bekam ebenfalls Hilfestellung

bzgl. der Aufgabe 4. Diese unterschied sich jedoch deutlich von Tipps der Klasse 4.1.

Die Hilfestellung bestand darin, dass die Aufgabe 4 den SchülerInnen vorgelesen

wurde und anschließend der Sachverhalt bildlich dargestellt wurde. Dabei wurden

absolut keine Hinweise auf die Möglichkeit einer Umkehrung der Halbierung oder

sonstige konkreten Hinweise zur möglichen Modellierung der Aufgabe gegeben.

Tabelle 8.13 :Vergleich Schulstufe 4 bezüglich der Ergebnisse der Aufgabe 4

Die Auswertung der Ergebnisse der Klasse 4.2 bzgl. der Aufgabe 4 war durchaus

überraschend. Die zusätzliche Erklärung der Aufgabe 4 ohne konkrete Tipps hatte

zufolge, dass sieben der 23 SchülerInnen die Aufgabe 4 gelöst haben. Diese

verwendeten allerdings nicht die Methode des Rückwärtsarbeitens, sondern das

systematische Probieren und arbeiteten sich so zur Lösung hin.

Wie bereits erwähnt, ist die Aufgabe 4 der Testung der vierten Schulstufe bzw. die

Aufgabe 3 in der Testung der Schulstufe 5-11 nahezu ident. Aus diesem Grund wird

diese Aufgabe ab sofort die „Obsthändleraufgabe“ genannt. Der komplexitätsgrad der

Aufgabe wurde lediglich an die jeweilige Schulstufe angepasst.

Vergleich Schulstufe 4: Rückwärtsarbeiten (A4) Schüleranzahl Aufgabe 4 gelöst in %

Klasse 4.1 mit Tipps 22 0 0%

Klasse 4.2 mit Tipps 23 7 30%

Klasse 4.3 ohne Tipps 19 1 5%

Page 113: Problemlösen im Mathematikunterricht

Seite 102 von 143

Der Obsthändler der Testung der vierten Schulstufe hatte nur 2 Kunden, in der Testung

der sechsten Schulstufe hatte er bereits drei Kunden und in der Testung der achten

und der elften Schulstufe hatte er vier Kunden. Aufgrund der Erfahrungen mit Schülern

der vierten Schulstufe, wurden auch in ausgewählten höheren Schulstufen Tipps für

Schüler abgegeben. Pro Schulstufe bekam jeweils eine Klasse Tipps und die andere

nicht. Weitere Erklärungen und Darlegungen zur Aufgabe 3 wurden nicht mitgeteilt.

Der mitgeteilte Hinweis wurde als Frage zur Aufgabe 3 gestellt: „Was ist die

Umkehrung der Halbierung?“

Tabelle 8.14: Vergleich der Ergebnisse aller Schulstufen bei der „Obsthändleraufgabe“

Die Ergebnisse der Aufgabe „Obsthändler“ suggerieren keine Steigerung der Fähigkeit

die Methode des Rückwärtsarbeitens einzusetzen. Allerdings wurde die Aufgabe in der

Schulstufe vier nahezu ausschließlich durch das systematische Probieren gelöst.

Abbildung 8.7: Lösungen der Schüler der 4. Schulstufe durch systematische Probieren

Schüleranzahl Aufgabe gelöst in %

Klasse 4.1 mit Tipps 22 0 0%

Klasse 4.2 mit Tipps 23 7 30%

Klasse 4.3 ohne Tipps 19 1 5%

Klasse 6.2 ohne Tipps 26 7 27%

Klasse 6.4 mit Tipps 27 10 37%

Klasse 8.1 ohne Tipps 19 2 11%

Klasse 8.2 mit Tipps 18 6 33%

Klasse 11.2 ohne Tipps 16 5 31%

Vergleich aller Schulstufen: Der Obsthändler (Rückwärtsarbeiten)

Page 114: Problemlösen im Mathematikunterricht

Seite 103 von 143

Der Gebrauch des Rückwärtsarbeitens kam erst ab der sechsten Schulstufe vor. Aus

dem Vergleich der Ergebnisse aller Schulstufen wurde deutlich, dass sich die

mitgeteilten Tipps in der Sekundarstufe durchaus positiv auf das Ergebnis auswirken.

Abbildung 8.8: Die Lösungen der Schulstufe 6

Mit steigender Schulstufe änderte sich die Vorgehensweise der SchülerInnen

grundlegend. Bereits ab der Schulstufe 6 zeigen die meisten Lösungen der Testungen

den Gebrauch der Gleichungen. Der Großteil der SchülerInnen versuchten diese

Aufgabe zu lösen, scheiterten aber meist an der korrekten Modellierung der Aufgabe.

Abbildung 8.9: Missglückte Versuche die Aufgabe mit und ohne Gleichungen zu modellieren

Das deutet darauf hin, dass die Aufgabe entweder nicht korrekt verstanden wurde,

oder die Aufstellung der korrekten Gleichung misslang

Schülerinnen ab der sechsten Schulstufe zeigen, bis auf die Schülerinnen der Klasse

8.2, keine wesentliche Verbesserung der Ergebnisse über die getesteten Schulstufen

hinweg.

Page 115: Problemlösen im Mathematikunterricht

Seite 104 von 143

Tabelle 8.15: Vergleich der Ergebnisse aller Schulstufen weiblich, Aufgabe: „Der Obsthändler“

Eine Schülerin der Klasse 8.2 (Abbildung links unten) lieferte eine vorbildliche Lösung

zu der Obsthändleraufgabe. Zunächst verwendete sie die Methode des

systematischen Probierens, danach arbeitete sie sich rückwärts zu der Lösung. Eine

weitere Schülerin der 8.2 versuchte die Aufgabe mit Gleichungen zu lösen. Dabei

scheiterte sie an der Modellierung des Sachverhalts. Modellierung der Aufgabe stellte

für viele SchülerInnen ab der Schulstufe 6 das größte Hindernis beim Lösen dieser

Aufgabe.

Abbildung 8.10: Lösung der Aufgabe durch eine Schülerin der Klasse 8.2 (links) und ein misslungener Versuch die

Aufgabe mit Hilfe der Gleichung zu lösen (rechts).

Schülerinnenanzahl Aufgabe gelöst in %

Klasse 4.1 mit Tipps 11 0 0%

Klasse 4.2 mit Tipps 6 1 17%

Klasse 4.3 ohne Tipps 6 0 0%

Klasse 6.2 ohne Tipps 8 1 13%

Klasse 6.4 mit Tipps 8 1 13%

Klasse 8.1 ohne Tipps 6 1 17%

Klasse 8.2 mit Tipps 9 4 44%

Klasse 11.2 ohne Tipps 8 1 13%

Vergleich aller Schulstufen weiblich: Der Obsthändler (Rückwärtsarbeiten)

Page 116: Problemlösen im Mathematikunterricht

Seite 105 von 143

Die männlichen Mitschüler, bis auf die Klasse 8.1, zeigten im Unterschied zu Mädchen,

ab der elften Schulstufe deutliche Verbesserung der Ergebnisse bei der Lösung der

„Obsthändleraufgabe“.

Tabelle 8.16: Vergleich der Ergebnisse aller Schulstufen männlich, Aufgabe: Der Obsthändler

Wie auch bei den Schülerinnen, verwendeten die Schüler der vierten Schulstufe die

Methode des systematischen Probierens, um zu einer Lösung zu kommen. Ab der

sechsten Schulstufe verwendeten die getesteten Schüler zunehmend Gleichungen um

die „Obsthändler“ Aufgabe zu lösen. Die Schüler der Klasse 6.4 waren dabei

besonders erfolgreich und lagen mit ihren Ergebnissen sogar über den Ergebnissen

der achten Schulstufe.

Abbildung 8.11: Erfolgreiche Anwendung des Methode des Rückwärtsarbeitens und der Gleichungen in der Klasse 6.4

Besser abgeschnitten haben nur die Schüler der elften Schulstufe. Hier löste jeder

zweite Junge die Aufgabe richtig. Die am häufigsten verwendete Methode bei den

Schüler der elften Schulstufe war der Einsatz der Gleichungen.

Schüleranzahl Aufgabe gelöst in %

Klasse 4.1 mit Tipps 11 0 0%

Klasse 4.2 mit Tipps 17 6 35%

Klasse 4.3 ohne Tipps 13 1 8%

Klasse 6.2 ohne Tipps 18 6 33%

Klasse 6.4 mit Tipps 19 9 47%

Klasse 8.1 ohne Tipps 13 1 8%

Klasse 8.2 mit Tipps 9 2 22%

Klasse 11.2 ohne Tipps 8 4 50%

Vergleich aller Schulstufen männlich: Der Obsthändler (Rückwärtsarbeiten)

Page 117: Problemlösen im Mathematikunterricht

Seite 106 von 143

Die Modellierung der Aufgabe und somit auch die korrekte Deutung der Sachverhalte

funktionierte meist gut. Alle Schüler dieser Klasse versuchten sich an der Aufgabe, die

Ursachen für das Scheitern lagen, wie bei den Mädchen, an der fehlerhaften

Anwendung der Gleichungen.

Abbildung 8.12: Der Versuch eines Schülers der Klasse 11.2 die „Obsthändler“ Aufgabe zu modellieren

Die Gründe für die Steigerung der Ergebnisse der Aufgabe, lassen sich durch den

verbesserten Umgang mit den Gleichungen erklären. Allerdings trifft dies nur auf die

Jungs zu, bei einer 50-50 Verteilung der Geschlechter in der 11.2 Klasse. Nur eine

Schülerin von acht wurde mit der Aufgabe fertig.

Ergebnisse der Sekundarstufe bei der Aufgabe „Der Kunstraub“

Bei der Aufgabe „Der Kunstraub“ geht es vor allem um die Erfassung der Sachverhalte

und Fallunterscheidung unter Einhaltung gegebener Voraussetzungen. Die Aufgabe 4

ist einer Aufgabe der deutschen Mathematik-Olympiade von 2009/10 nachempfunden.

Sie wurde ursprünglich für die SchülerInnen der dritten und vierten Schulstufen

konzipiert und erfordert hohe Lesekompetenz und die Fähigkeit des logischen

Schließens. Die Aufgabe galt als richtig, wenn die SchülerInnen den Namen des Diebs

nannten und eine Erklärung dazu schrieben.

Tabelle 8.17: Vergleich der Ergebnisse aller Schüler bei der Aufgabe „Der Kunstraub“

Schüleranzahl Aufgabe gelöst in %

Klasse 6.2 26 4 15%

Klasse 6.4 27 5 19%

Klasse 8.1 19 4 21%

Klasse 8.2 18 2 11%

Klasse 11.2 16 9 56%

Vergleich aller Schulstufen: Die Fallunterscheidung (Aufgabe 4)

Page 118: Problemlösen im Mathematikunterricht

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Der Vergleich über die getesteten Schulstufen zeigt deutliche Verbesserung der

Ergebnisse mit zunehmender Schulstufe. Bei den SchülerInnen der sechsten

Schulstufen war der Ansatz der Fallunterscheidung nicht klar erkennbar. Manche

SchülerInnen versuchten mit Argumentation ihre Lösung der Aufgabe zu rechtfertigen.

Tabelle 8.18: Vergleich der Ergebnisse „weiblich“, Aufgabe „Der Kunstraub“

Vor allem die Schülerinnen der elften Schulstufe waren in der Lage, hohe Ergebnisse

bei dieser Aufgabe zu erzielen. Sie verbesserten sich auch im Vergleich mit ihren

männlichen Mitschülern um ganze 13% bei gleicher Geschlechterverteilung der

Klasse.

Abbildung 8.13: Anwendung der Fallunterscheidung in der 11. Schulstufe

Schüleranzahl Aufgabe gelöst in %

Klasse 6.2 8 2 25%

Klasse 6.4 8 2 25%

Klasse 8.1 6 0 0%

Klasse 8.2 9 1 11%

Klasse 11.2 8 5 63%

Vergleich aller Schulstufen weiblich: Die Fallunterscheidung (Aufgabe 4)

Page 119: Problemlösen im Mathematikunterricht

Seite 108 von 143

Die Schülerinnen der Klasse 8.1 und auch der Klasse 8.2 zeigen hingegen keine

Verbesserung der Ergebnisse im Vergleich zu Klassen 6.2 und 6.4. Allerdings waren

die Lösungsansätze schon wesentlich deutlicher. Die Ergebnisse der Klasse 8.1 und

8.2 bei Aufgabe 4 schienen durch die Aufgabe 3 beeinträchtigt worden zu sein.

Die guten Ergebnisse der Schulstufe 11 bei der Aufgabe 4 lassen sich auch durch die

gewonnene Routine im Umgang mit Gleichungen erklären. Damit wird weniger Zeit in

die Aufgabe 3 investiert und mehr für die Aufgabe 4 aufgewendet. Ein weiterer Punkt,

ist das frühzeitige Erkennen, ob es sich lohnt eine Aufgabe weiter zu verfolgen. Einige

Schülerinnen der elften Klasse ließen die Aufgabe 3 unbeantwortet und widmeten sich

anderen Aufgaben.

Tabelle 8.19: Vergleich der Ergebnisse „männlich“, Aufgabe „Der Kunstraub“

Jungs schnitten, ausgenommen der Klasse 8.1 bei der Anwendung der

Fallunterscheidung etwas schlechter als die Mädchen ab. Für die Lösung der Aufgabe

4 war Leseverständnis wichtig, um die Widersprüche erkennen zu können. Hiervon

profitierten Mädchen besonders. Diesen Umstand bestätigen auch die Ergebnisse der

PISA Studie33 von 2012. Die Mädchen schnitten damals besser bei Leseverständnis

und die Jungs bei Mathematikfähigkeiten ab.

33 Siehe: https://www.bifie.at/wp-content/uploads/2017/05/CBA-Bericht_PISA12_final_1.pdf

Schüleranzahl Aufgabe gelöst in %

Klasse 6.2 18 2 11%

Klasse 6.4 19 3 16%

Klasse 8.1 13 4 31%

Klasse 8.2 9 1 11%

Klasse 11.2 8 4 50%

Vergleich aller Schulstufen männlich: Die Fallunterscheidung (Aufgabe 4)

Page 120: Problemlösen im Mathematikunterricht

Seite 109 von 143

Fazit der Auswertung

Die Forschungshypothese konnte aufgrund der Daten der getesteten Klassen nicht

bestätigt werden. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Anzahl der gelösten Aufgaben mit

zunehmendem Engagement der Lehrpersonen bei der gezielten Entwicklung der

Problemlösekompetenz konnte in den getesteten Klassen nicht bestätigt werden, da

in den Klassen, die am besten abgeschnitten haben, die Lehrpersonen angaben, sich

mit Problemaufgaben nicht gesondert beschäftigt zu haben und die Methoden zur

Problemlösung auch nicht explizit gelehrt zu haben.

Dies war besonders in der Klasse 6.4 und 8.2 der Sekundarstufe 1 deutlich. Die

Ergebnisse der beiden Klassen lagen bei drei der vier Problemaufgaben deutlich über

den Ergebnissen der Parallelklassen, teilweise erzielten sie höhere Ergebnisse als die

höheren Klassen. Auch die kreativsten Lösungen kamen von diesen beiden Klassen.

Die Lehrkraft, die beide Klassen im Fach Mathematik unterrichtet, gab an, die

Problemaufgaben zu behandeln, wenn sie im Lehrbuch vorkommen, sich aber

vielmehr um das soziale Gefüge der Klasse zu sorgen, als um die Problemaufgaben.

Welche Aufgaben bereiteten den meisten SchülerInnen die größten

Schwierigkeiten?

Die Ergebnisse der Testung zeigten, dass die SchülerInnen vor allem Schwierigkeiten

mit der „Obsthändleraufgabe“ und der „Der Kunstraub“ Aufgabe hatten.

Die Obsthändleraufgabe erfordert entweder die Fähigkeit des Rückwärtsarbeitens

oder gute Kenntnisse im Umgang mit Gleichungen. Die Erfolgsrate der SchülerInnen

im Lösen der Obsthändleraufgabe verbesserte sich mit steigender Schulstufe. Die

Ursache dafür war aber primär der bessere Umgang mit Gleichungen.

Die Aufgabe „Der Kunstraub“ erforderte eine Zerlegung des Problems und

anschließende Fallunterscheidung. Erst ab der elften Schulstufe war die Hälfte der

Schüler in der Lage diese Aufgabe zu lösen. Die SchülerInnen der niedrigeren

Schulstufen hatten ausnahmslos schlechtere Ergebnisse.

Page 121: Problemlösen im Mathematikunterricht

Seite 110 von 143

Wie ist die Haltung der befragten Lehrpersonen zu Problemaufgaben?

Alle befragten Lehrpersonen der Primarstufe gaben an, Problemaufgaben im

Unterricht in regelmäßigen Abständen zu behandeln. Dabei unterscheiden sich die

Ansätze und auch die Auslegung des Begriffs „Problemaufgabe“ grundlegend. Die

Lehrkraft der Klasse 4.3 verwendet dazu ein Knobelplakat, der das ganze Jahr über

verwendet wird. In Abständen von ca. 3 Wochen werden die Lösungen auf freiwilliger

Basis präsentiert und die Aufgaben nach der Auflösung ersetzt. Die Teilnahme an

Känguruwettbewerben wird ebenfalls als aktive Beschäftigung mit Problemaufgaben

verstanden. Die Lehrkraft der Klasse 4.1 stellt in etwa einmal im Monat eine

Problemfrage auf, die dann in Forschungsgruppen durch SchülerInnen beantwortet

werden soll. Diese Problemaufgaben können aber ein Teil der Einführung neuer

Inhalte sein. Vor allem in der Klasse 4.2 werden Problemaufgaben auf diese Art

behandelt.

Die Mehrzahl der Lehrpersonen der Sekundarstufe gab an, Problemaufgaben im

Unterricht nur sporadisch zu behandeln, nur einer der Lehrpersonen gab an, sich gar

nicht mit Problemaufgaben im Unterricht zu beschäftigen. Manche der befragten

Lehrpersonen der Sekundarstufe nutzen die Zeit vor den Feiertagen, wie Weihnachten

oder Ostern, um mit Knobelaufgaben etwas Auflockerung und Spaß in den Unterricht

zu bringen.

In allen Klassen der befragten Lehrkräfte, die Problemaufgaben gezielt behandeln,

steht es SchülerInnen frei, ob sie an der Lösung der Aufgaben teilnehmen wollen oder

nicht. Diese Lehrpersonen gaben auch an, die behandelten Problemaufgaben seien

eher für die besonders mathematisch interessierte SchülerInnen gedacht, damit diese

auch entsprechend gefördert werden. Die Auflösung der Aufgaben wird durch

SchülerInnen präsentiert, die sich freiwillig melden, und die Lösungen mit Lehrkräften

besprochen. Wenn es mehrere Lösungswege gibt, gaben die Lehrkräfte an, auch

diese zu besprechen.

Bei Problemaufgaben, die im Schulbuch vorkommen, werden alle SchülerInnen der

befragten Lehrkräfte aufgefordert, mitzumachen. Ob die Problemaufgaben aus dem

jeweiligen Lehrbuch behandelt werden oder nicht, entscheidet die Lehrkraft der

Klasse. Nur zwei der befragten Lehrkräfte an, die Problemaufgaben aus den

Lehrbüchern gezielt zu verwenden.

Page 122: Problemlösen im Mathematikunterricht

Seite 111 von 143

Werden im Unterricht Problemaufgaben und Strategien zu deren Lösung

gezielt unterrichtet?

Die Problemaufgaben werden in getesteten Klassen sporadisch behandelt, aber das

gezielte Unterrichten der Methoden zur Problemlösung wird in keiner der getesteten

Klassen praktiziert. Den Aussagen einiger Lehrkräfte zu Folge, ist die Methodenlehre

zur Problemlösung ohnehin im Mathematikunterricht präsent, wie zum Beispiel bei der

Einführung neuer Inhalte. Hier werden SchülerInnen mit einem Problem konfrontiert,

das es dann zu lösen gilt.

Eine Lehrperson der vierten Schulstufe meinte, dass gezieltes Lehren von Strategien

und Methoden zur Lösung der Problemaufgaben in ihrer Schulstufe nicht zielführend

sei, da für SchülerInnen die gelehrten Methoden zu schwer zu erfassen wären. Die

Lehrperson war auch davon überzeugt, dass das Problemlösen implizit gelernt werden

kann.

Was sind die Ursachen für Vernachlässigung der Problemaufgaben, was

ist Lehrkräften wichtiger als Problemaufgaben?

Auf die Frage, weshalb die Lehrkräfte die Problemaufgaben nur sporadisch oder gar

nicht behandeln, gaben die befragten Lehrpersonen eine Vielzahl von Begründungen.

Die häufigste Antwort war der Zeitmangel. Besonders die Lehrkräfte der höheren

Schulstufen gaben Zeitdruck als Grund für geringe Beschäftigung mit

Problemaufgaben. Die Vielzahl an Inhalten, die vermittelt werden müssen, hindert

manche Lehrkräfte daran, die Problemaufgaben im Unterricht zu behandeln.

Einige der Lehrpersonen waren auch davon überzeugt, dass Problemaufgaben

ohnehin immer wieder im Mathematikunterricht vorkommen, wie bei der Einführung

neuer Inhalte, Aufgaben im Lehrbuch, usw. Aus diesem Grund fanden sie es gar nicht

notwendig, sich gesondert mit Problemaufgaben zu beschäftigen. Eine Lehrkraft

nannte auch die geringe Relevanz in der Zentralmatura als weiteren Grund an,

Problemaufgaben zu vernachlässigen.

Den befragten Lehrkräften war wichtiger, alle SchülerInnen der Klasse auf einen

bestimmten Wissensstand zu bringen und die anfallenden Inhalte des Semesters zu

bewältigen.

Page 123: Problemlösen im Mathematikunterricht

Seite 112 von 143

Die Lehrkraft, die angab, sich nicht explizit mit Problemaufgaben zu beschäftigen,

betonte die hohe Relevanz der Textaufgaben in ihrem Unterricht und die dazugehörige

Modellierung der Aufgaben. Vor allem das kritische Denken und Hinterfragen der

Ergebnisse und Sachverhalte war dieser Lehrkraft besonders wichtig.

Woher bekommen die Lehrkräfte, die Problemaufgaben im Unterricht

behandeln, ihre Materialien?

Die befragten Lehrpersonen der vierten Schulstufen gaben an, ihre Materialien für die

Behandlung von Problemaufgaben auch von anderen Lehrkräften zu bekommen. Eine

Lehrperson gab an, die Problemaufgaben hauptsätzlich aus dem Lehrbuch ihrer

Schulklasse zu nutzen. Eine andere Lehrkraft bezieht ihre Problemaufgaben primär

aus dem Pool des Känguruwettbewerbs und von Bifie. Die Lehrkraft der Klasse 4.1

setzt auf Mathematik Knobelkarteien, die vor allem die mathematisch interessierten

SchülerInnen ansprechen.

Die Lehrpersonen der Sekundarstufe gaben an, die Problemaufgaben vorrangig aus

dem Aufgabenpool des Känguruwettbewerbs oder der Mathematikolympiade

auszuwählen. Weiters werden diverse Internetplattformen genutzt, aber auch

YouTube. Eine der Lehrkräfte nannte auch das Buch Warum Kühe gern im Halbkreis

grasen34, das nach Themenbereichen aufgeteilt ist. Die Lehrbücher wurden nur von

zwei Lehrkräften als Quelle der Problemaufgaben genannt.

Werden Problemaufgaben auch in den Schularbeiten eingesetzt?

Nur eine Lehrkraft der befragten Lehrkräfte der vierten Schulstufe gab an, die

Problemaufgaben auch gezielt in ihren Schularbeiten einzusetzen. Diese werden als

„Omega“ Aufgaben (Ω Aufgabe) bezeichnet und dienen einerseits als Möglichkeit für

die SchülerInnen zusätzliche Punkte bei der Schularbeit zu sammeln und andererseits

als zusätzliche Beschäftigung für die besonders guten SchülerInnen, die ihre

Schularbeiten sonst sehr früh abgeben würden.

34 Quelle: Beutelspacher, A., Wagner, M.: Warum Kühe gern im Halbkreis grasen. Verlag Herder, 2012

Page 124: Problemlösen im Mathematikunterricht

Seite 113 von 143

Wie wirken sich die Tipps bzw. nützliche Hinweise auf die Ergebnisse der

Testung aus?

Die Unterschiede der Leistungen bei der „Obsthändler“ Aufgabe, wo es darum geht,

die Sachverhalte zu rekonstruieren und „von hinten zu rechnen“, hingen in den

getesteten Klassen stark von Art der Tipps und der Schulstufe ab. In den vierten

Schulstufen brachten Tipps, wie „Die Umkehrung der Halbierung ist die Verdoppelung“

keine Effekte. Eine bildhafte Erklärung der Aufgabe ohne Hinweise auf die mögliche

Strategie brachte über 30% der Schüler zu einer Lösung.

Ausgewählte Klassen der Sekundarstufe bekamen nur den Hinweis „Die Umkehrung

der Halbierung ist die Verdoppelung“. Allein dieser Tipp bewirkte die Verbesserung der

Ergebnisse der „Obsthändleraufgabe“ im Vergleich zu anderen Klassen der selben

Schulstufe um bis zu 20%. Je höher die Schulstufen der getesteten Klassen waren,

umso empfänglicher waren sie für Tipps. Sie konnten aus wenigen Hinweisen mehr

Informationen für die Entwicklung einer zielführender Strategie zu entwickeln, als die

niedrigeren Schulstufen.

Allgemein scheint eine Vielzahl der Knobelaufgaben ein hohes Maß an

Textverständnis von LöserInnen zu erfordern. Die Testungen der Problemlösefähigkeit

sind demnach häufig vielmehr Testungen der Lesekompetenz der SchülerInnen.

Davon betroffen waren in der Testung vor allem die Jungs. Ein Paradebeispiel der

Problemaufgabe, die hohes Grad an Leseverständnis erfordert ist die Aufgabe 4 der

Testung für die Sekundarstufe. Aber auch in PISA - Studien gibt es widerholt Beispiele,

deren Lösung hohes Maß an Textverständnis der SchülerInnen abverlangt.

Schneiden die Schüler der höheren Schulstufen deutlich besser ab, als die

Schüler der niedrigeren Schulstufe?

Mit zunehmender Schulstufe stieg auch die Anzahl der SchülerInnen, die es geschafft

haben die „Obsthändleraufgabe“ zu meistern. Dies liegt vor allem daran, dass ihre

Fähigkeit, Gleichungen aufzustellen sich verbessert hat. Die SchülerInnen der höheren

Schulstufen arbeiteten bevorzugt mit Gleichungen, obwohl die SchülerInnen der

Klasse 6.4 nahezu ohne den Einsatz der Gleichungen vergleichbare Ergebnisse erzielt

haben. Nach Aussage der Lehrkraft einer der erfolgreichsten Klassen, nutzen die

SchülerInnen eher Methoden und Algorithmen, die ihnen vertraut sind oder sie

vorkurzem kennengelernt haben.

Page 125: Problemlösen im Mathematikunterricht

Seite 114 von 143

Gerade diese Tatsache spricht für das explizite Lehren der Problemlösestrategien Mit

höherer Schulstufe fiel die Zahl der SchülerInnen, die Obsthändleraufgabe durch

Rückwärtsarbeiten zu lösen versucht haben, rapide ab.

Gibt es Geschlechterunterschiede bei der Bearbeitung der einzelnen

Aufgaben?

Die Auswertung der Aufgabe „Der Kunstraub“ brachte vor allem Unterschiede bei der

Erfolgsquote der getesteten Jungs und Mädchen. Die Problemaufgabe erforderte ein

hohes Maß an Leseverständnis und die SchülerInnen bekamen keine Tipps. Die

Mädchen der getesteten Klassen schnitten bei dieser Aufgabe signifikant besser als

die Jungs ab. Die Ergebnisse decken sich mit Ergebnissen, der im Jahr 2012

veröffentlichten PISA-Studie, bei der Mädchen besser in Lesekompetenz und Jungs in

Mathematikfähigkeiten abgeschnitten haben.

Die Effekte der nützlichen Hinweise zur einer Problemaufgabe wurden bereits bei der

Betrachtung der „Obsthändleraufgabe“ eindeutig. Zwar sind die Ergebnisse der Jungs

über nahezu allen Schulstufen bei der „Obsthändleraufgabe“ besser, als die der

Mädchen. Beseitigt man die sprachlichen Hürden, wie im Fall der Klasse 4.2, dann

schneiden beide Geschlechter wesentlich besser ab. Die Jungs der getesteten

Klassen profitierten besonders von Tipps des Versuchsleiters.

Gibt es gute Mathematikklassen?

In der vierten Schulstufe der getesteten Klassen galt: je mehr SchülerInnen alle vier

Aufgaben geschafft haben, umso ausgeglichener war die Verteilung der SchülerInnen

mit einer, zwei oder drei richtigen gelösten Aufgaben. In den Klasse der SchülerInnen

mit vier gelösten Aufgaben haben auch alle anderen SchülerInnen deutlich mehr

Aufgaben geschafft als die vergleichbaren Klassen. Ähnliche Ergebnisse waren auch

bei der Auswertung der getesteten sechsten und achten Schulstufe beobachtbar. Von

diesen Klassen behaupteten auch deren Lehrkräfte stets, dies seien einfach sehr gute

Klassen.

Page 126: Problemlösen im Mathematikunterricht

Seite 115 von 143

Welche Maßnahmen kann man als Lehrerperson treffen, damit die

SchülerInnen Problemaufgaben besser lösen können?

Aufgrund der Ergebnisse der getesteten Klassen liegt es nahe, dass das gezielte

Unterrichten der Methoden zur Problemlösung durchaus sinnvoll wäre, da die

Mehrzahl der getesteten SchülerInnen der Studie beim Lösen der Aufgaben eher die

ihnen bekannten Methoden und Algorithmen verwendeten. Bei den Lehrkräften, die

sich im Rahmen des Mathematikunterrichts mit Problemaufgaben beschäftigen, wäre

durchaus sinnvoll, die Aufgaben auf der Tafel zu präsentieren und die möglichen

Lösungswege aufzeigen. Daraufhin sollte mit der ganzen Klasse eine ähnliche

Aufgabe gelöst werden, damit die neuen Lösungswege eingeübte werden können.

Page 127: Problemlösen im Mathematikunterricht

Seite 116 von 143

Diskussion der Ergebnisse

Für Winter (1996) sollte Mathematikunterricht. die SchülerInnen dazu befähigen, die

Erscheinungen der Welt zu verstehen, und die überfachliche Problemlösefähigkeit zu

erwerben. Die Problemlösekompetenz ist ein Teil der Bildungsstandards und sollte

nach den Vorgaben der Bildungsstandards auch gefördert werden. Der Förderung der

Problemlösekompetenz wurde in den letzten Jahren einer Vielzahl der

wissenschaftlichen Erscheinungen gewidmet und auch die Lehrbücher der Primär -

und Sekundärstufe bieten zunehmend mehr Knobel- und Rätselaufgaben.

In der vorliegenden Untersuchung wurden die Interviews mit Lehrkräften und

Testungen mit SchülerInnen durchgeführt, um zu ermitteln, wie Problemlöse-

kompetenz in der Praxis gefördert werden.

Aus den Interviews der Lehrpersonen geht hervor, dass theoretische Ansätze zur

Problemlösung zwar bekannt sind, aber in der Praxis kaum Anwendung finden.

Problemaufgaben werden eher als Mittel zur Auflockerung des Unterrichts verwendet

werden oder als Förderung der mathematisch interessierten SchülerInnen. Manchen

Lehrkräften dienen die Knobelaufgaben als Zeitvertreib für die guten

MathematikschülerInnen. Von dieser Art der Behandlung von Problemaufgaben

profitieren vor allem die mathematisch interessierten SchülerInnen der getesteten

Klassen. Die restlichen SchülerInnen hingegen haben somit eine passive Rolle beim

Lösen der Problemaufgaben. Sie werden mit der Lösung der aktuell behandelten

Problemaufgabe konfrontiert, die aktive Auseinandersetzung mit der Problemaufgabe

und den dazugehörigen Strategien fehlt jedoch.

Alle befragten Lehrpersonen bejahten die Wichtigkeit der Problemlösekompetenz der

SchülerInnen, gezielt gefördert wurde sie bei keiner der Lehrpersonen. Die meisten

Lehrkräfte der getesteten Klassen waren der Ansicht, dass Problemlösekompetenz

ohnehin im Mathematikunterricht stets präsent sei und nannten die Problemstellungen

bei der Einführung neuer mathematischer Inhalte als bestes Beispiel dafür.

Betrachtet man die Einführung neuer Inhalte als Problemstellung und die damit

verbundenen Problemaufgaben, dann stellt man fest, dass diese Aufgaben stets auf

eine bestimmte Lösung abzielen. Nämlich die „Entdeckung“ neuer Inhalte.

Page 128: Problemlösen im Mathematikunterricht

Seite 117 von 143

Im Laufe dieser Einführung, präsentieren die Lehrkräfte die zur Lösung der Aufgabe

benötigten Methoden und Algorithmen. Damit degradiert sich allerdings eine

Problemaufgabe zu einer Routineaufgabe.

Problemlösekompetenz besteht nicht darin, eine bestimmte Problemaufgabe mit

bestimmten Methoden und Algorithmen zu lösen. Problemlösekompetenz ist die

Fähigkeit, eine Vielzahl von verschiedener Problemaufgaben mit verschiedensten

Methoden zu lösen.

Aus den Ergebnissen der Untersuchung ging auch hervor, dass gerade die besten

Klassen der Testung von Lehrperson unterrichtet werden, die von sich behaupteten,

sich gar nicht explizit mit Problemaufgaben zu beschäftigen. Diese Lehrperson betonte

das persönliche Engagement zur Förderung des kritischen Denkens in den getesteten

Klassen. Weiters stellte die Lehrkraft die Bedeutung des guten Unterrichtsklimas und

des sozialen Zusammenhalts der Klasse vor dem Vermitteln mathematischer Inhalte.

Die SchülerInnen dieser Lehrperson sind stets aufgefordert Ergebnisse und Aussagen

zu hinterfragen und kritisch zu betrachten. Auch die Schularbeiten dieser Klassen

werden nach diesem Prinzipien gestaltet.

Die Aussagen der obengenannten Lehrkraft und die ermittelten Ergebnisse der

Untersuchung legen nahe, dass zur Förderung der Problemlösekompetenz in den

besten Klassen der Testung nicht das explizite Lehren von Strategien und Methoden

zur Problemlösung nötig war, um die besten Ergebnisse zu erzielen. Bereits das

soziale Engagement innerhalb der Klasse und konsequente Bemühungen der

Lehrkraft, das kritische Denken der SchülerInnen zu fördern, bewirkten eine

Verbesserung der Problemlösekompetenz.

Page 129: Problemlösen im Mathematikunterricht

Seite 118 von 143

Literaturverzeichnis

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Page 132: Problemlösen im Mathematikunterricht

Seite 121 von 143

Abbildungs - und Tabellenverzeichnisse

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1.1: Problemsituation nach Dörner ........................................................ - 2 -

Abbildung 1.2: Modellbildungsspirale nach Büchter und Leuders. Aus (Greefrath 2010,

S. 48) ...................................................................................................................... - 6 -

Abbildung 1.3: Unterscheidung Routineaufgabe und Problemaufgabe nach Roth . - 7 -

Abbildung 1.4: Vollständige Graphen – Zunahme der Komplexität ........................ - 9 -

Abbildung 1.5: Veranschaulichung Händeschütteln ............................................. - 10 -

Abbildung 2.1: Kompetenzbereiche Mathematik 4. Schulstufe. Aus BIFIE (2011a) . 14

Abbildung 2.2: Kompetenzbereiche der 8. Schulstufe; Aus BIFIE ............................ 15

Abbildung 2.3: Standards für die mathematischen Fähigkeiten der 8. Schulstufe .... 16

Abbildung 2.4: Phasenmodell der Problemlöseprozesse nach Pólya (2010)............ 23

Abbildung 2.5: (Aus: Pólya 2010, innerer Buchumschlag) ........................................ 27

Abbildung 4.1: Phasenmodell der Problemlöseprozesse nach Dewey (2002).......... 35

Abbildung 6.1 Zahnputzalgorithmus ......................................................................... 55

Abbildung 6.2: Graph der Funktion f(x) ..................................................................... 63

Abbildung 6.3: Graph der Funktion f(x) mit dazugehöriger Ableitung ....................... 63

Abbildung 6.4: Haus der Vierecke; Aus Mathe-Online.at .......................................... 64

Abbildung 6.5:Mittelpunkt und Schwerpunkt des Kreises ......................................... 70

Abbildung 6.6: Winkelhalbierenden des Dreiecks ..................................................... 71

Abbildung 6.7: Der Schwerpunkt des gleichseitigen Dreiecks .................................. 71

Abbildung 6.8:Gegebene Kreise zur Aufgabe 9 ........................................................ 74

Abbildung 6.9: Die Abnahme des Radius` bis zu einem Punkt ................................. 74

Abbildung 6.10: Konstruktion der Tangente durch einen Punkt ................................ 75

Abbildung 6.11: Konstruktion der Tangenten nach der Parallelverschiebung........... 75

Abbildung 6.12: Zwei gleichgroße Kreise innerhalb eines gegebenen Kreises ........ 76

Abbildung 8.1: Vergleich der Ergebnisse der Schulstufe 4 nach der Anzahl der

gelösten Aufgaben .................................................................................................... 94

Abbildung 8.2: Vergleich der Ergebnisse der Schulstufe 4 nach Geschlecht in Prozent

................................................................................................................................. 95

Abbildung 8.3: Geschlechtervergleich bzgl. der Ergebnisse der Schulstufe 6 in Prozent

................................................................................................................................. 97

Abbildung 8.4: Die Aufgabe 1 der Schülertestung der Klasse 8.1 ............................ 98

Abbildung 8.5: Geschlechtervergleich der achten Schulstufe in Prozent .................. 99

Page 133: Problemlösen im Mathematikunterricht

Seite 122 von 143

Abbildung 8.6: Geschlechtervergleich der Ergebnisse der Schulstufe 11 in Prozent

............................................................................................................................... 100

Abbildung 8.7: Lösungen der Schüler der 4. Schulstufe durch systematische Probieren

............................................................................................................................... 102

Abbildung 8.8: Die Lösungen der Schulstufe 6 ....................................................... 103

Abbildung 8.9: Missglückte Versuche die Aufgabe mit und ohne Gleichungen zu

modellieren ............................................................................................................. 103

Abbildung 8.10: Lösung der Aufgabe durch eine Schülerin der Klasse 8.2 (links) und

ein misslungener Versuch die Aufgabe mit Hilfe der Gleichung zu lösen (rechts). . 104

Abbildung 8.11: Erfolgreiche Anwendung des Methode des Rückwärtsarbeitens und

der Gleichungen in der Klasse 6.4 .......................................................................... 105

Abbildung 8.12: Der Versuch eines Schülers der Klasse 11.2 die „Obsthändler“

Aufgabe zu modellieren .......................................................................................... 106

Abbildung 8.13: Anwendung der Fallunterscheidung in der 11. Schulstufe ............ 107

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1.1: Problemtypen nach Dörner ................................................................. - 4 -

Tabelle 1.2: Routineaufgabe VS Problemaufgabe. Aus: (Haas 2000, S. 7)............ - 7 -

Tabelle 2.1: Bildungsstandards und Kompetenzen des Bereichs Problemlösen ...... 15

Tabelle 2.2: Voraussetzungen für das Problemösen nach Leuders (2010, S. 131) .. 19

Tabelle 2.3: Unterscheidung nach den Funktionen Lernen und Leisten. Aus Bruder et

al. (2005) .................................................................................................................. 20

Tabelle 2.4: Aufgabentypen nach Bruder (2005, S. 43) ............................................ 22

Tabelle 4.1: Problemlösestrategien nach Leuders (2010, S. 133) ............................ 44

Tabelle 5.1:Übersicht 2 der gewonnenen Erkenntnisse über Problemlösen............. 48

Tabelle 6.1: Aufstellung der heuristischen Strategien (Aus: Bruder und Collet 2011, S.

27) ............................................................................................................................ 59

Tabelle 6.2: Tabelle zur Aufgabe 1 Kapitel 6 ............................................................ 61

Tabelle 6.3: Mögliche Aufstellung der Tabelle zur Aufgabe 3 ................................... 62

Tabelle 6.4: Vorschlag einer Tabelle zum Beispiel 5. Aus Pólya (1966, S. 48) ........ 67

Tabelle 7.1: Berechnung der Aufgabe 1 durch systematische Probieren ................. 85

Tabelle 8.1: Vergleich der Gesamtergebnisse der Schulstufe 4 ............................... 93

Tabelle 8.2: Vergleich der Klassen bzgl. der Anzahl der gelösten Aufgaben............ 93

Tabelle 8.3: Geschlechterverteilung der Schulstufe 4 .............................................. 94

Page 134: Problemlösen im Mathematikunterricht

Seite 123 von 143

Tabelle 8.4: Vergleich der Ergebnisse der Testung in der sechsten Schulstufe ....... 96

Tabelle 8.5: Anzahl der gelösten Aufgaben der Schulstufe 6 ................................... 96

Tabelle 8.6: Geschlechterverteilung der vierten Schulstufe ...................................... 97

Tabelle 8.7: Vergleich der Ergebnisse der achten Schulstufe .................................. 98

Tabelle 8.8: Vergleich der achten Schulstufen bzgl. der Anzahl gelöster Aufgaben . 98

Tabelle 8.9: Verteilung der Geschlechter der Schulstufe 8 ....................................... 99

Tabelle 8.10: Ergebnisse der elften Schulstufe ...................................................... 100

Tabelle 8.11: Anzahl der gelösten Aufgaben der Klasse 11.2 ................................ 100

Tabelle 8.12: Geschlechterverteilung der elften Schulstufe .................................... 100

Tabelle 8.13 :Vergleich Schulstufe 4 bezüglich der Ergebnisse der Aufgabe 4 ...... 101

Tabelle 8.14: Vergleich der Ergebnisse aller Schulstufen bei der „Obsthändleraufgabe“

............................................................................................................................... 102

Tabelle 8.15: Vergleich der Ergebnisse aller Schulstufen weiblich, Aufgabe: „Der

Obsthändler“ ........................................................................................................... 104

Tabelle 8.16: Vergleich der Ergebnisse aller Schulstufen männlich, Aufgabe: Der

Obsthändler ............................................................................................................ 105

Tabelle 8.17: Vergleich der Ergebnisse aller Schüler bei der Aufgabe „Der Kunstraub“

............................................................................................................................... 106

Tabelle 8.18: Vergleich der Ergebnisse „weiblich“, Aufgabe „Der Kunstraub“ ........ 107

Tabelle 8.19: Vergleich der Ergebnisse „männlich“, Aufgabe „Der Kunstraub“....... 108

Page 135: Problemlösen im Mathematikunterricht

Seite 124 von 143

Anhang

Strategiekärtchen nach Leuders; Aus Leuders (2010, S. 134)

Page 136: Problemlösen im Mathematikunterricht

Seite 125 von 143

Johannes-Kepler-Universität Linz

Institut für Didaktik der Mathematik

Elterninformation und Einverständniserklärung

für die Teilnahme an einer

Studie zum Problemlösen im Mathematikunterricht

Datum: 17.5.2018

Sehr geehrte Damen, sehr geehrte Herren,

mein Name ist Seval Hrustic und ich studiere die Lehramtsfächer Mathematik und

Psychologie/Philosophie an der Johannes-Kepler-Universität in Linz und an der Universität

Salzburg.

Im Rahmen meiner Diplomarbeit zum Thema Problemlösen im Mathematikunterricht, führe ich

eine Feldstudie an den Schulen im Großraum Linz durch. Die Studie soll Aufschluss über die

Entwicklung der Problemlösekompetenz liefern und mögliche Faktoren zur Verbesserung

dieser Kompetenz aufdecken.

.

Beschreibung der Studie

Neben Befragung der Lehrpersonen, werden den Schülern und Schülerinnen schriftlich

Knobelaufgaben vorgelegt. Diese bestehen aus vier Aufgaben, die beantwortet und gelöst

werden sollen. (Dauer: ca. 20 Minuten).

Die Teilnahme ist freiwillig und anonym und hat keinerlei Auswirkung auf die Schulnote! Es

wird nur das Geschlecht erfasst. Die erhobenen Informationen werden streng vertraulich

behandelt und nur zu empirischen Zwecken verwendet. Die Ergebnisse werden in einer

Diplomarbeit veröffentlicht. Diese wird allerdings keinerlei persönliche Angaben über die

Schüler beinhalten. Die Zustimmung zur Teilnahme kann jederzeit und ohne Angabe von

Gründen widerrufen werden

Ich möchte Sie auf diesem Wege um Ihre Mithilfe durch Erteilung der Zustimmung zu diesem

Vorhaben bitten und bedanke mich bereits im Voraus sehr herzlich für Ihre Unterstützung.

Bitte diesen Abschnitt an die Mathematiklehrkraft retournieren.

Ich habe die Informationen zur Untersuchung gelesen und verstanden. Ich nehme zur

Kenntnis, dass die Daten ausschließlich zu wissenschaftlichen Zwecken verwendet werden

und die Teilnahme freiwillig und anonym ist.

Ich erkläre hiermit, dass ich

einverstanden nicht einverstanden bin, dass mein Kind__________________________,

an der Studie zum Problemlösen im Mathematikunterricht teilnimmt.

______________________ ___________________________

Datum, Unterschrift des Erziehungsberechtigten

Page 137: Problemlösen im Mathematikunterricht

Seite 126 von 143

LEITFADEN ZUR DURCHFÜHRUNG DER TESTUNG

Den Schülerinnen bitte VOR DER ÜBERGABE DER TESTUNG mitteilen:

Die Ergebnisse der Aufgaben haben absolut keinen Einfluss auf die Note!

Die Testung ist anonym.

Die Aufgabenblätter nicht unterschreiben und keine persönlichen Daten drauf

schreiben, ausgenommen des Geschlechts.

Jede/r bekommt 4 Aufgaben.

Nach Beenden der Aufgaben Test umdrehen und leise sitzen bleiben.

Den Schülerinnen bitte NACH DER ÜBERGABE DER TESTUNG mitteilen:

Bei der Lösung der Aufgabe die Lösung und die dazugehörige Rechnung

aufschreiben. Begründe deine Lösung beziehungsweise schreibe die Erklärung für

deine Lösung unbedingt auf.

Nebenrechnungen schreibst du direkt in die Aufgabeblätter.

Keine Aufgabe auslassen.

Falls du die Lösung nicht findest, schreibt bitte was du dir gedacht hast. Was

glaubst du, dass die Lösung sein könnte bzw. wie man zu der Lösung kommen

könnte oder warum glaubst du keine Lösung finden zu können.

DAS WICHTIGSTE: ES IST EGAL WIE DU ZU EINER LÖSUNG KOMMST. DU

DARFST RECHNEN, RATEN, PROBIEREN UND PHANTASIEREN. ALLE

LÖSUNGSWEGE SIND ERWÜNSCHT. (Ausgenommen abschrieben von

Nachbarn)

Die Lehrperson gibt während der Testung keine Hilfestellung und beantwortet keine

Fragen.

Bearbeitungszeit: 20 Minuten

Aufgaben alleine bearbeiten, während der Testung wird nicht geredet.

Der Versuchsleiter bzw. die Lehrperson zeichnet die Rückmeldungen der

SchülerInnen bzgl. der Testung auf.

Page 138: Problemlösen im Mathematikunterricht

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Testung Schulstufe 4-5

Schule:

Geschlecht:

Aufgabe 1: Baggerfahrer und Mathematik

Auf einer Baustelle soll ein riesiges Loch ausgegraben werden. Zwei Bagger

brauchen zum Ausgraben des Lochs 5 Stunden.

Wie lange braucht ein Bagger dazu?

Bildquelle: https://publicdomainvectors.org/id/bebas-vektor/Gambar-vektor-alat-excavator/35152.html

Aufgabe 2: Alles eine Frage des Alters

Jan besucht die Volkschule. Seine Schwester Alina ist 5 Jahre jünger als Jan. In

zwei Jahren ist Jan doppelt so alt wie seine Schwester Alina. Wie alt ist Jan jetzt?

Page 139: Problemlösen im Mathematikunterricht

Seite 128 von 143

Aufgabe 3: Flächenberechnung

Du hast bereits gelernt wie man den Flächeninhalt der Rechtecke bestimmt.

Wie könnte man die Fläche des roten Dreiecks bestimmen? Erkläre wie du vorgehen

würdest.

Tipp:

Page 140: Problemlösen im Mathematikunterricht

Seite 129 von 143

Aufgabe 4: Der Obsthändler

Ein Obsthändler hat eine kleine Kiste Äpfel. Er verkauft dem ersten Kunden die

Hälfte seiner Äpfel und noch einen dazu, dann dem zweiten Kunden die Hälfte der

übrig gebliebenen Äpfel und noch einen dazu. Am Schluss hat der Händler nur noch

einen Apfel übrig.

Wie viele Äpfel hatte er am Anfang?

Page 141: Problemlösen im Mathematikunterricht

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Testung Schulstufe 5-11

Schule:

Geschlecht:

Aufgabe 1. Zahlenrätsel

Wenn man zu einer Zahl ihren Nachfolger addiert, erhält man 79.

Wie heißt diese Zahl?

Aufgabe 2: Alter Vater

Als Tinas Vater 30 Jahre alt war, war Tina 7 Jahre alt. Jetzt ist Tinas Vater

doppelt so alt wie Tina. Wie alt ist Tina jetzt?

Page 142: Problemlösen im Mathematikunterricht

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Aufgabe 3: Der Obsthändler

Ein Obsthändler hat eine Kiste Äpfel. Er verkauft dem ersten Kunden die Hälfte

seiner Äpfel und noch einen dazu, dann einem zweiten Kunden die Hälfte der

übrig gebliebenen Äpfel plus einen, dann dem dritten Kunden die Hälfte der

übrig gebliebenen Äpfel und noch einen dazu. Am Schluss hat er nur noch

einen Apfel übrig.

Wie viele Äpfel hatte er am Anfang?

Page 143: Problemlösen im Mathematikunterricht

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Aufgabe 4: Der Kunstraub

Aus einer Kunstaustellung ist ein wertvolles Gemälde gestohlen worden. Die

Polizei hat drei Verdächtige festgenommen. Es sind die bekannten Kunstdiebe

Anton, Boris und Igor. Alle drei behaupten, sie seien unschuldig und geben bei

der Befragung folgende Aussagen ab:

Anton behauptet: "Boris hat das Gemälde gestohlen!

Boris behauptet: "Ich war es nicht!

Igor meint: "Ich war es ganz bestimmt nicht!

Die Polizisten wissen, dass nur einer der Diebe die Wahrheit sagt und so

haben sie den wahren Täter schnell entlarvt. Weißt du, wer das Gemälde

gestohlen hat?