Prof. Dr. Birgit Lütje-Klose Merkmale gelungener Integration und … · – Mobile Dienste....

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Prof. Dr. Birgit Lütje-Klose Merkmale gelungener Integration und Inklusion Düsseldorf, 03.07.2012 Vortrag im Rahmen der Tagung des MSW zur Qualitätsanalyse im Kontext von Inklusion am 3.7.2012

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Prof. Dr. Birgit Lütje-Klose

Merkmale gelungener Integration und Inklusion

Düsseldorf, 03.07.2012

Vortrag im Rahmen der Tagung des MSW zur Qualitätsanalyse im Kontext von Inklusion am 3.7.2012

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Gliederung

1. Heterogenität in der Schule als Herausforderung für den Unterricht

2. Stand der Inklusion in Deutschland und NRW

3. Forschungsergebnisse zum Unterricht in heterogenen Lerngruppen

4. Konsequenzen für eine inklusive Didaktik

5. Kooperation und Teamentwicklung

6. Perspektiven für die Qualitätsanalyse

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Inklusion als gesetzlicher Auftrag: Umstrukturierung der Fördersysteme

� Rechte vulnerabler und marginalisierter Menschen auf besondere Unterstützung und Nachteilsausgleich

� De-Kategorisierung und De-Institutionalisierung

� Salamanca-Statement UNESCO 1994

� KMK 1994,

� Schulgesetze

� UN-Konvention 2006, 2009

� KMK-Empfehlungen 2010

� Inklusionsplan für NRW (Klemm/ Preuss-Lausitz 2011, Klemm 2012)

� Zielperspektive 20203Biewer 2009, 193; Hinz 2009, 172

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Organisatorische Modelle sonderpädagogischer Förder ung

� Förderschulen mit den Förderschwerpunkten– Lernen

– Sprache

– Emotionale und soziale Entwicklung

– Geistige Entwicklung

– Körperlich-motorische Entwicklung

– Sehen

– Hören

– Kranke

� Integrative und Inklusive Modelle– Gemeinsamer Unterricht /

Integrationsklasse

– Integrative Lerngruppe

– Einzelintegration

– Kompetenzzentren für sonderpädagogische Förderung

– Sonderpädagogische Grund-versorgung/ Zentren unter-stützender Pädagogik (ZUP)

– Regionale Beratungs- und Unterstützungszentren (REBUZ)

– Mobile Dienste

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Inklusion - ein Perspektivenwechsel

Traditioneller Ansatz: Integration - Focus on student- Assessment of student byspecialist- Diagnostic/ prescriptiveoutcomes- Student programme

- Placement in appropriateprogramme

Inclusionary approach

- Focus on classroom

- Examine teaching/ learning factors

- Collaborative problemsolving

- Strategies for teachers

- Adaptive und supportiveregular classroomenvironment

Feste Verankerung von besonderen pädagogischen Unte rstützungs-systemen in allen Schulformen und Unterrichtsfächern der allgemeinen Schule, Keine Delegation von Verantwortung für einz elne Kinder mehr

Porter 1997; siehe auch Hinz 2009

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Einstellungen und Haltungen von Lehrkräften

0

10

20

30

40

50

60

70

generell möglich nur eingeschränkt gar nicht möglich unentschieden

Ist es im Rahmen der Lehrpläne generell möglich, individuell auf einzelne Schüler einzugehen, Schüler individuell zu fördern, oder ist das nur eingeschränkt oder gar nicht möglich?

536 Lehrer

Institut für Demoskopie Allensbach 2011

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Umgang mit Heterogenität

Veränderung der

Einstellungen

Veränderung der Didaktik

Schulentwicklung (Kooperation)

Rahmenbedingungen und Ressourcen

Veränderung der Schulstruktur

Inklusion als professionelle Herausforderung

Abb. nach Miller 2011

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2. Stand der Inklusion in Deutschland und NRW

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Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarfin Förderschulen und in allgemeinen Schulen in D und NRW

Förderschwerpunkt Förderquote in % in D

Davon inklusiv

Förderquo-te in NRW

Davon inklusiv

Lernen 2,6 0,58 2,5 0,4

Sehen 0,1 0,04 0,1 0,025

Hören 0,2 0,06 0,2 0,051

Sprache 0,7 0,22 0,8 0,096

Körperliche und motorische Entwicklung

0,4 0,07 0,5 0,094

Geistige Entwicklung 1,0 0,02 1,1 0,061

Emotionale und soziale Entwicklung

0,8 0,31 1,0 0,115

Übergreifend 0,3 0 0,0 0

Kranke 0,1 0 0,1 0

insgesamt 6,4 1,46 vs. 4,94 6,50 1,0 vs. 5,5

9KMK 2012; eigene Berechnungen

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10Anstieg der Förderquoten von 1999 bis 2010; aus: Di etze 2011 inklusion online

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SchülerInnen mit Förderbedarfen in D

� Kontinuierliche quantitative Zunahme(KMK-Daten 1999-2010, Dietze 2011)

� Deutliche Überrepräsentation von Jungen: 62,5%

� Überproportional häufiges Schulversagen mehrsprachiger Kinder (Diefenbach 2004, 2011, Kornmann u.a. 2003, 2010; Gomolla 2010; Stanat/Christensen 2006)

� Kinder in Armutslagen und aus sozial benachteiligte n Milieus (Funke/Timm 1977; Klein 2001; Koch 2004; Kottmann 2006; Weiß 2007; Heimlich 2008; Müller 2010)

� Unzureichendes Bildungsangebot der Regelschulen als zentrale Erklärungshypothese (Begemann 1996; Belke 2001, Helmke u.a. 2002, Ramm u.a. 2005)

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Sonderpädagogische Förderung in Europa

European Agency 2010, Hausotter 2008

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3. Forschungsstand zum Unterricht in heterogenen Lerngruppen

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Ergebnisse der Integrationsforschung(Hildeschmidt/Sander 1996, Schuck/ Wocken/ Hinz 1998, Preuss-Lausitz 2005, Wocken 2007, Bless/ Mohr 2007, Hinz 2007, Huber 2009)

� Erfolge sind in hohem Maße abhängig vom gewählten Modell und seinen Bedingungen!

� Überzeugende Nachweise für den Erfolg integrativer Unterrichtung:

- Schulleistungen

- Soziale Integration

- Persönlichkeitsentwicklung

� Fazit:

- mindestens „Patt“ der Fördererfolge im Vergleich Regel- und Sonderschule

- Bezugsgruppeneffekte versus Stigmatisierungseffekte

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Ergebnisse der Inklusionsforschung

• Soziale Integration von Kindern mit Behinderungen geht nicht auf Kosten der gut begabten SchülerInnen

• Positiveres Leistungsselbstkonzept und höheres Selbstwertgefühl bei SchülerInnen mit Förderbedarf im GU

• Höheres Maß an Individualisierung im GU• Deutlich günstigeres Klassenklima

• Größeres Maß an Wohlbefinden der Kinder mit und ohne Förderbedarfe in GU-Klassen,

• allerdings: niedrigere soziale Rangpositionen für Kinder mit Förderbedarf

• bessere Berufsaussichten für SchulabgängerInnen aus GU-Klassen

• stabilere und größere soziale Netzwerke

15Dumke / Schäfer 1993, Biewer 2006, Bless/ Mohr 2007, Feyerer/ Prammer 2009,Huber 2009, Eckhart/ Haeberlin 2011, Myklebust 2006, Meijer et al. 2006 u.a.

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4. Konsequenzen für eine inklusive Didaktik

1. Unterricht mit hohen Freiheitsspielräumen

2. Individuelle Bezugnormorientierung/ individuelles Feedback

3. Strukturierung und hohes Anregungsmilieu

Kammermeyer/ Martschinke 2004, Möller et al. 2004

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Unterrichtsforschung: Individuelle Bezugsnormorient ierung(Klieme, Bürgermeister et al 2010, auch Helmke/Weinert 2009)

� Studie zur Leistungsbeurteilung und Kompetenzmodellierung im Mathematikunterricht

� Prozessbezogenes Individuelles Feedback als Schlüsselvariable für kognitive und motivationaleEntwicklung der SchülerInnen

� formatives Assessment statt summativeLeistungsbewertung:

� „kriteriale Rückmeldung auf der Basis von Kompetenz-stufenmodellen (hat) signifkant bessere Effekte als eine sozialnormorientierte Rückmeldung“ (Klieme/ Bürgermeister 2010, 73)

� -> individuelles Feedback wichtiges Qualitätsmerkma l von Unterricht!

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Prinzipien und Strategien inklusiver Didaktik

� Pädagogik der Vielfalt (Prengel 1995, 1998; Hinz 1996, 2007):

� Heterogenität jeder Lerngruppe als Normalfall

� Individualisierung und innere Differenzierung

-> Diagnostik und Förderplanung!

� bewusste Herstellung von Gemeinsamkeit

� Unterstützung und die Gewährleistung fachkompetente r Hilfen für Kinder mit besonderen Bedürfnissen

� Inklusive Didaktik nicht als eine spezifische, sond ern als „gute allgemeine Didaktik “ (Hinz 1993, 117; Feuser 1987, 1995 u.a.; Werning 1997; Graumann 2003)

Kriterien „guten Unterrichts“

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10 Merkmale guten Unterrichts nach Hilbert Meyer

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Angebots-Nutzungs-Modell (Helmke 2006, 2009)

Lehrperson- Fachkompetenz

- Didaktische

Kompetenz

- Klassenführungs-

kompetenz

- Diagnostische

Kompetenz

- Subjektive

Theorien

- Pädagogische

Orientierung

-Engagement

Unterricht

(Angebot)- Klassenführung

- Strukturierung

- Motivierung

- Individuelle

Unterstützung

- Lernaktivierung

-Methodenvariation

- Kompetenz-

orientierung

- Passung

Mediations-

ProzesseMotivationInteresse

Wahrnehmung und Interpretation

des Angebots

Selbstkonzept

WohlbefindenZielorientierung

Lern-

Aktivitäten

(Nutzung)Aktive Lernzeit

im Unterricht

Außerschulische

Aktivitäten

Wirkungen

(Ertrag)Fachwissen

Lernstrategien

Fertigkeiten

Schlüssel-

Kompetenzen

Handlungs-

kompetenz

Kulturelle und historische Schuleinzugsgebiet Alterskontext Klassenklima

Rahmenbedingungen Klassenzusammensetzung Fachkontext

Familie Strukturelle Merkmale, Erziehung, Sozialisation

Individuelle Voraussetzungen

Sprache, Intelligenz, Lernstrategien, Motivation, Emotionen

Individuelle Unterstützung

Wissen über

Förderbedarfe

Einfluss auf

schulisches Lernen

Ebene des pädagogischen Handelns

Passung

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Bausteine inklusiven Unterrichts (nach Werning/ Lütje-Klose 2006/ 2012)

Handlungsorientierter Unterricht

Entdeckendes Lernen

Individuelle Förderpläne

Kooperatives Lernen

Wochenplan/Freiarbeit

Kooperative Lernbegleitung

KOOPERATION

INDIVIDUALISIERUNG

OFFENHEIT

STRUKTURIERUNG

GesprächskreiseKlassenrat

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Förderdiagnostisches Modell nach Schuck (ZfH 2004, 356)

I. Bestandsaufnahmeund Entwicklung eines

Förderkonzeptes (Diagnostische Phase I)

II.Der Förderplan- realisierbare pädagogische Maßnahmen

- Ort der Förderung- Zeithorizonte und Vereinbarungen

III. LernprozessbegleitungUnd Evaluation

(Pädagogische Phase und zweite diagnostische Phase)

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Individualisierung und Innere Differenzierung

... im Spannungsfeld a) der angestrebten Gemeinsamkeit aller Kinder unter

Akzeptanz ihrer Verschiedenheit undb) der Differenzierung, die im Sinne einer individuelle n

Förderung notwendig ist.

Äußere Differenzierung nach

Interesse Leistung Förderbedarf

Innere Differenzierung nach

Lernzielen Methoden Medien Inhalten

„Gretchenfrage“: Welche Differenzierungsformen sind inklusiv?

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Zeitmanagement (Wann bearbeite ich welche Aufgabe? Mit wem muss ich

einen Termin vereinbaren?)

Mitsprachemöglichkeiten bei der Arbeitsform und dem Arbeitsort

Formen der Selbst- und Partnerkontrolle

Verantwortung für das eigene Lernen

Unterstützung von Mitschülern

Individualisierung und selbstbestimmtes Lernen

bei der Wochenplanarbeit

Prinzipien und Strategien inklusiver Didaktik

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Forschungsprojekt EmSoz Berlin

Schüler mit dem FSP Emotionale und soziale Entwicklung verhalten sich in schriftlichen Arbeitsphasen der Hauptfächer im Grundschulunterricht aufgabenorientiert:

Mitentscheidungsmöglichkeiten:

1. zu 43 % in einem Unterricht ohne Mitentscheidungsmöglichkeiten

2. zu 60 % in einem Unterricht mit organisatorischen Mitentscheidungsmöglichkeiten

Textor 2007

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Forschungsprojekt EmSoz Berlin

Schüler mit dem FSP esE verhalten sich in schriftlichen Arbeitsphasen der Hauptfächer im Grundschulunterricht aufgabenorientiert:

Differenzierung

1. zu 37 % in einem Unterricht ohne Binnendifferenzierung

2. zu 64 % bzw. 62 % in einem Unterricht mit Differenzierung im Anforderungsniveau bzw. im Niveau und in der Sozialform

3. zu 26 % in einem Unterricht mit drei und mehr Differenzierungsaspekten

Textor 2007

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Inklusive Didaktik: Herstellung von Gemeinsamkeit(Prengel 1995, 2009)

� Gemeinsame Lernsituationen (Wocken 1998, 2011):

- Koexistente Lernsituationen

- Kommunikative Lernsituationen: „gemeinsame Themen“

- Subsidiäre Lernsituationen: Kinder als Helfer

- Kooperative Lernsituationen i.S. von Feusers „Kooperation am gemeinsamen Gegenstand“

Transparenz als zentrales Prinzip

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„Kooperatives Lernen verringertnicht nur Barrieren für das Lernen und die Teilhabe, es steigert beides beträchtlich und wird vielfach als „best practice“bezeichnet.“

(Hinz/ Boban 2007, 124)

Kooperatives Lernen als

Königsweg für inklusiven

Unterricht (Wocken 2011)

Kooperatives Lernen

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Forschend-entdeckendes und kooperatives Lernen

� Entdeckendes Lernen : schließt „alle Formen des Wissenserwerbs mit Hilfe des eigenen Verstandes“ ein (Bruner 1981, 16)

� Schüler erschließen sich ein Wissensgebiet selbstständig, allein oder in Gruppen,

� mit mehr oder weniger Unterstützung durch die Lehrkraft

� Kooperatives Lernen : Strukturierte Form der Unterrichtsorganisation, „bei der die Schüler in kleinen Gruppen arbeiten, um sich beim Lernen des Stoffs gegenseitig zu unterstützen“(Slavin 1989)

Werning/ Lütje-Klose 2006, 2007

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Forschungsprojekt EmSoz Berlin

Schüler mit dem FSP Emotionale und Soziale Entwicklung verhalten sich in schriftlichen Arbeitsphasen der Hauptfächer im Grundschulunterricht aufgabenorientiert:

Sozialform

1. zu 38 % in einem Unterricht mit Einzelarbeit

2. zu 61 % in einem Unterricht mit Partner- oder Gruppenarbeit

Textor 2007

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Umgang mit Störungen

� Zügiger Stundenbeginn mit gemeinsam erarbeiteten Ritualen

� Schnelle, nonverbale Reaktion auf Störungen

� Einführungen einfacher, gemeinsam erarbeiteter Regeln bei Störungen und Beleidigungen

� Einbeziehung der Klasse bei Verhaltensabsprachen

� Steuerung der Partner- und Gruppenzusammensetzung

� Vermeidung zu vieler und diffuser Wahlmöglichkeiten

� Beratung einzelner Schüler/innen, die Probleme haben

Textor 2007, 219; Klemm/Preuss-Lausitz 2011, 35

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5. Kooperation und Teamentwicklung

Untersuchungsergebnisse

� In nachweislich guten Schulen ist das Ausmaß der Kooperation zwischen Lehrkräften größer und die Art anspruchsvoller

� Besonders erfolgreiche Schulen: hohe Leistungen auch bei SchülerInnen aus sozial benachteiligten Lebenslagen

� Professionelle Lerngemeinschaften: Lehrer als Lerner

Zusammenhänge zwischen Lern-leistungen und Sozialverhalten der Schüler und Qualität der Lehrerkooperation

Terhart/ Klieme 2006; Rosenholtz 1991, Hord 2004, Bohnsen/ Rolff 2006, Bonsen 2011

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- Kooperation auf verschiedenen Ebenen stellt nach Einschätzung von Lehrkräften eine zentrale Bedingung für das Gelingen integrativer Prozesse dar

- Kooperation wird als große Bereicherung, aber auch als erhebliche Schwierigkeit von Lehrkräften wahrgenommen

(Kreie 1985, Wocken 1988, Haeberlin et al. 1992, Meister/ Sander 1993,

Lütje-Klose 1996, Knauer 1997, Dumke et al. 1998, Reiser et al. 1985,

1998, Schneider 2004, Lütje-Klose et al. 2005)

Einstellungen zur Kooperation

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- Unterstützende und gemeinsam geteilte Führung (sharedleadership)

- Geteilte Werte und Visionen (sharedvalues)

- Gemeinsam geteilte Praxis:

- De-Privatisierung des Unterrichts (shared practice)

Wirkfaktoren für professionelle Lerngemeinschaften

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Forschungsergebnisse zur Kooperation

� Johnson & Johnson (2003): seltener Burnout und verstärkte emotionale Entlastung

� Halbheer & Kunz (2009): höhere Arbeitszufriedenheit

� Miskel, McDonald, Bloom (1983): höhere Selbstwirksamkeit in Bezug auf das eigene pädagogische Handeln

� Louis, Kruse, Marks (1996): Schulleitung, Schulklima und Kollegium werden positiver wahrgenommen

� Fussangel (2008): Verbesserung in Bezug auf die eigene Weiterbildung und Fokus auf Schüler

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Formen des Co-Teaching

Friend / Bursuck 2006; Friend / Cook 2004

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Sonderpädagogische Förderung als Serviceleistung in der allgemeinen Schule?(in Anlehnung an Reiser 1995)

PERSONALISIERTE ADDITIVE

SERVICELEISTUNG

INSITITUTIONAILISERTE SYSTEMBEZOGENE SERVICELEISTUNG

Individuelle oder Kleingruppenförderung

Doppelbesetzung im gemeinsamen Unterricht

Sonderpädagogische Ambulanz und Beratung

�zuständig für eng umgrenzte Förder-Leistungen in der Klasse bzw. in äußerer Differenzierung

�Fördermaßnahmen als etwas Zusätzliches (wie Sonderturnen ...)

�Aufgabe: individuelle Förderung

�ExpertIn für Unterricht

�Umsetzung unterrichtsintegrierter Förderung

�SpezialistIn für die Lösung von Lern-, Sprach- und Verhaltensproblemen im Unterricht

�Aufgabe: kollegiale Kooperation, kooperative Beratung

�Nicht mehr in erster Linie ExpertIn für Unterricht und Förderung

�Sondern ExpertIn für Interaktionsprozesse

�Aufgabe: Beratung der Schüler/innen und Eltern, (kooperative) Beratung mit anderen Lehrkräften

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Umgang mit Heterogenität

Veränderung der

Einstellungen

Veränderung der Didaktik

Schulentwicklung (Kooperation)

Rahmenbedingungen und Ressourcen

Veränderung der Schulstruktur

6. Perspektiven für die Qualitätsanalyse

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Zentrale Gelingensbedingung für Inklusion: Übernahme von Verantwortung für die Kinder mit Förderbedarf durch die Grundschule

� Inklusive Grundhaltung des Regel-Kollegiums

� Kooperation der Lehrkräfte und SchülerInnen

� Verzahnung zwischen regelschulischen und sonderpädagogischen Förderressourcen

� (Weiter-)Entwicklung eines schuleigenen Förderkonzepts

� Sonderpädagogik als „Serviceleistung“ (Reiser 1998, Lindmeier 2011): Unterstützung bei der Unterrichtung heterogener Lerngruppen

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Rahmenbedingungen für guten inklusiven Unterricht

� Heterogene Klassenzusammensetzung, möglichst mehrere Kinder mit Förderbedarfen

� Kleinere Klassen: bei mehr als 24 Schüler/innen pro Klasse sinkt die innere Differenzierung!

� Kinder mit ausgeprägtem Förderbedarf ESE verteilen

� feste Verankerung von sonderpädagogischer Expertise für Lernen, Sprache, Emotionale und soziale Entwicklung an jeder Schule

� Schulkonzept, Förderkonzept, unterstützende Schulleitung

� Etablierung strukturierter Formen von Lehrerkooperation,

� Zusammenarbeit von Schule und Jugendhilfe; gemeinsame Hilfeplanung von Schule und Jugendamt

Europaen Agency 2003, 2006, 2009; Klemm/ Preuss-Laus itz 2011, 53f

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Perspektiven inklusiver Schulentwicklung: Chancen

� Größere soziale Teilhabe für alle SchülerInnen: Chancengleichheit

� Vermeidung einer frühzeitigen schulischen Trennung, Etikettierung und Diskriminierung

� Verlässlichkeit einer vertrauten Umgebung in der wohnortnahen Schule, kein belastender Schulwechsel

� Anregungsreichere Umgebung in einer heterogenen Gruppe, Gelegenheiten zum kooperativen Lernen

� Kooperation und gegenseitige Unterstützung für Lehrkräfte

Hildeschmidt/Sander 1996, Hinz 1998, 2009, Wocken 2000, 2010

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Perspektiven Inklusiver SchulentwicklungWidersprüche

� Widerspruch zur Systemlogik des gegliederten Schulsystems

� und zur zunehmenden Output-Orientierung

� Widersprüchliche Rollenanforderungen an Lehrkräfte:

- Leistungsbewertung und Selektion vs.

- Individuelle Förderung und soziale Partizipation

� Individuelle vs. Systembezogene Ressourcenzuweisung

Werning 2011, Amrhein 2011

� Mindeststandards statt Regelstandards!� Gefahr der Fehlentwicklung: Inklusion bleibt eine Vision, solange Klassen mit gemeinsamem Unterricht Inseln bleiben!

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Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

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