PZ vom 06.04.1992 Seite 26

1
AUS DER REGION Stadt Pforzheim zugeschlagen wor- den ist. Dennoch: Obwohl Birkenfeld bei den Zahlen dieser Wahl fehlt, gibt es im Enzkreis mit 121 754 Wahlbe- rechtigten nur etwas über 1 OOO we- niger, als vor vier Jahren (122 847). Um fast genau dieselbe Zahl differiert auch die Zahl der Wähler, und in Prozenten waren es vor vier Jahren 71,9, diesmal 71,75. „Tafel" nur zum Ergebnis-Austeilen aufhielten. Um 18.43 Uhr lag das erste Ergebnis vor, aus Kieselbronn, das diesmal Friolzheim von Platz eins vor vier und acht Jahren auf Platz fünf verwies. 18.45 Uhr meldete sich Wimsheim, 18.46 Uhr Neuhausen, 18.47 Uhr Sternenfels, und es ging Schlag auf Schlag. Selbst die große Kreisstadt Mühlacker meldete sich kurz nach 19 Uhr. Wiernsheim mach- te diesmal gegen 19.45 Uhr das Schlußlicht, bereits 20 Minuten vor- her hatte Ötisheim als vorletzte Enz- kreisgemeinde „Vollzug" gemeldet ENZKREIS. Enorme Stimmenver- luste für die CDU - über 14 Pro- zent und damit weitaus mehr als im Landesdurchschnitt —, Federn- lassen bei der SPD über vier Prozent wie im Landesdurch- schnitt - und die Republikaner auf Platz drei mit 17;01 Prozent, das sind die gravierendsten Merk- male der gestrigen Wahl im Enz- kreis. Und ein Novum: alle fünf Enzkreis-Kandidaten der im Landtag vertretenen Parteien sind gewählt. Hans Albrecht (FDP) wird Alterspräsident, weil er mit seinen Stimmen über dem Landesdurchschnitt liegt, ebenso wie Klaus Rapp für die Republika- ner und Rezzo Schlauch für die Grünen. Winfried Scheuermann holte trotz stärkster Einbußen das Direktmandat für die CDU, und Bernd Kielburger für die SPD liegt im Landestrend wie vor vier Jahren. Freuen dürfen sich auch die Grünen, denen Rezzo Schlauch erstmals zu einem zweistelligen Ergebnis ver- half: 10,19 Prozent gegenüber 8,67 vor noch vier Jahren. Aber auch der „alte Keiler" Hans Albrecht darf auf die Minimal-Steigerung von 6,53 auf 6,62 Prozent stolz sein, obgleich er in seinem eigenen Revier Wiernsheim von 19,6 auf 15,6 Prozent zurückfiel. Die Journalisten eilten an ihre Ar- beitsplätze, die Politiker - an den Gesichtern konnte man sie bereits den Parteien zuordnen, zumindest aber der Verlierer- oder Siegergrup- pe - zogen sich zum Resümee zurück. Ihre Erkenntnisse: Siehe gesonderte Berichte. Spannung herrschte bei der Auszählung der abgegebenen Stimmen im Rathaus Stein. Bilder: Wolff ehe Asylbewerber"-in Rumä- nien, Polen, Rußland usw. gibt es keine politischen Verfolgungen mehr— nicht in Sammellagern un- terbringen, bei Gemeinschaftsver- pflegung, Bedürftige ausDRK- oder Kirchenbeständen undHilfs- aktionen kleiden, bisfeststeht, ob sie als Asylanten anerkannt wer- den oder nicht?Das Verfahren ist zubeschleunigen, unddasAb- schieben dann zügig vorzuneh- men. Das spricht sich dann auch bei den „ Schleppern "und deren „Interessenten" schnell herum. Zur Zeit spricht sich in vielen Kreisen in den armen Ländern nur herum, daß man als Asylbe- werber inDeutschland weitaus besser und schöner wohnt als in der eigenen Heimat, und daß man auch besser lebt, ohne einen Handstreich tun zu müsen. Ein wahres Schlaraffenland. Man müßte blöd sein, nicht den Ver- such zu unternehmen, das Schla- raffenland zu erreichen. Der Michel ist nicht mehr so blöd, die Milliarden so sinnlos geopfert zu sehen, die ihm aufdie einfall- reichste Weise aus der Tasche ge- zogen werden. Er ist auch keines- wegs „ braun " oder rassistisch, wie manche Außenstehenden heute behaupten werden. Er hat nur die Nase voll und protestiert aufdiese seine Weise, mit dem Stimmzettel. DerReps-Erfolg die- ser Wahl ist ein einziger Protest, darauf darfman wetten. Die Eta- blierten haben es in der Hand, wieder zu „normaleren Wahler- gebnissen "zu kommen. Lothar König zieht in den Landtag ein KREIS CALW. Der Landkreis Calw hat einen zweiten Landtagsabgeord- neten: Der Republikaner Lothar Kö- nig (Dobel) zog mit 10619 Stimmen (14,6 Prozent) neben Arnold Tölg (CDU, Bad Liebenzeil) in das Parla- ment in Stuttgart ein. Tölg verlor 12,1 Prozent, blieb aber noch stärkster Politiker im Kur- und Bäderkreis. Von unserem Redakteur Markus Schaible Einen Sieg auf der ganzen Linie konnten die Reps im Kreis Calw ver- buchen: sie steigerten sich von 0,7 auf satte 14,6 Prozent (weit über Lan- desdurchschnitt), und überholten da- mit die Grünen und die FDP, die sich aber beide ebenfalls verbessern konnten. Gottfried Grüner errang für die Grünen 8,0 Prozent (1988: 6,9) und bleibt unter Landesschnitt, Beate Fauser legte für die Freien De- mokraten um 0,6 auf 6,0 Prozent zu und liegt damit im Trend. Der Anstieg der Republikaner geht aber nicht nur zu Lasten der großen Parteien, auch die NPD (1988 außer- ordentlich gut mit 3,9 Prozent vertre- ten) mußten Federn lassen: Statt 2625 wurden sie nur noch von 865 Bürgern gewählt, sprich 1,2 Prozent. Ebenfalls abgerutscht ist Werner Noe, Kandidat der SPD. Hatte sein Vorgänger Rainer Merkle das Konto der Sozialdemokraten von 27,2 auf 28 Prozent steigern können, fiel die Partei jetzt wieder ab: auf 24,4 Pro- zent und damit deutlich unter dem Landesdurchschnitt. Erstaunlich gut sind auch die Ergeb- nisse der anderen Kleinparteien im Landkreis Calw. Interessant dabei das Abschneiden der Grauen, die aus dem Stand auf 1,2 Prozent sprangen - sicher mit eine Folge der vielen Senioren, die im Nordschwarzwald ihren Altersruhesitz haben. Und auch die beiden christlichen Gruppen, die Partei Bibeltreuer Chri- sten und die Christliche Liga, legten zu. Insgesamt kamen sie immerhin auf 2,2 Prozent. Eine der Hochbur- gen dabei Bad Liebenzell, Sitz der Liebenzeller Mission. Aber auch in Simmersfeld (3,2) und in Oberrei- chenbach (2,5) räumte die PBC ge- waltig ab. Die Heimatgemeinden der Abgeord- neten hatten es dieses Mal in sich. So liegt Arnold Tölg zwar besser als sei- ne CDU im Ländle, in Bad Liebenzeil (minus 12,3 Prozent) verlor er aber mehr als im Kreisdurchschnitt. Das Gegenteil erreichte Lothar König: Der Bürgermeister-Kandidat von vor zwei Jahren errang mit 25,1 Prozent genausoviel Stimmen wie die SPD, die 10,4 Prozent abgeben mußte; Tölg büßte dort gar 13,9 Prozent ein. Bei den Grünen verschoben sich die Prozentzahlen in den einzelnen Ge- meinden geringfügig, mal verloren sie gering, mal legten sie leicht zu. Ähnlich sieht es bei der FDP aus, die allerdings in Dobel 2,8 Prozent verlo- ren und so unter die Fünf-Prozent- Grenze schlitterten. Ebenfalls unter dieser Marke landeten sie in Unter- reichenbach (4,6) und Oberreichen- bach, wo sie gar nur 2,9 Prozent erreichten. Identische Stimmenzahl wie '88 Kuriositäten am Rande: In Höfen be- hielten die Sozialdemokraten genau die Stimmenzahl wie vor vier Jahren (256), während in Herrenalb ein SPD-Wähler weggezogen ist. Dafür sind dort aber mit den Grünen, der FDP und den Christlichen Liga drei weitere Parteien, die fast identische Stimmenzahlen wie 1988 verbuchen konnten. Die Wahlbeteiligung ging leicht von 71,3 auf 71 Prozent zurück. Lothar König: Freudentränen nahe gewesen Auch der Kandidat der Republi- kaner aus dem Kreis Calw hat den Sprung in den Landtag geschafft: „Ich hätte heulen können vor Freunde, als ich das erfuhr." Lothar König zeigte sich gestern in ausgelassener Stimmung. Lan- ge hatte es gedauert, bis ihm das Ergebnis mitgeteilt wurde und er aufatmen konnte. Den Erfolg sei- ner Partei schreibt er der Aufge- schlossenheit der Republikaner zu: „Wir haben Themen aufge- griffen, die die Leute bewegen. Man hört, wo es drückt." Bei der Bürgermeisterwahl konn- te Lothar König „nur 13,9 Prozent der Stimmen" erringen. „Ich habe den Wählern gesagt, bei den Landtagswahlen könnt ihr das wieder wett machen. Und das ha- ben sie", scherzt der 47jährige Lehrer. Eine Koalition hält er mit jeder Partei für denkbar, „die un- sere Ziele mitverfolgt". Hans Albrecht: Arnold Tölg: Pforzheimer Zeitung Scheuermann (CDU): Wähler falsch eingeschätzt Durchweg enttäuscht zeigte sich Landtagsabgeordneter Winfried Scheuermann über das Abschnei- den seiner Partei - landesweit wie auch in seiner Heimatgemeinde Illingen. „Wenn man sich das Er- gebnis der Republikaner ansieht, weiß man Bescheid." Verantwort- lich für den Stimmenverlust in sei- ner Partei macht Scheuermann ein Versäumnis seiner eigenen Partei: „Wir haben das Thema Asylpolitik nicht als so bedeutend angesehen." Daß der Anteil der Wähler, „die mit der Wiedervereinigung Deutschlands Probleme Tiaben", so groß ist, hätte der geborene Mannheimer nicht gedacht. An- sich sei die Asylproblematik ein bundespolitisches Thema: „Aber der Wähler zeigt auch bei den Landtagswahlen, wo ihn der Schuh drückt." Rechnerisch gebe es nicht viele Koalitionsmöglich- keiten: „Wenn es keine große Koalition gibt, werden die Dinge nur noch schlimmer." Erfolg in Gemeinde „Schlimm", kommentierte SPD- Landtagsabgeordneter Bernd Kielburger gestern die Wahler- gebnisse. „Meine Befürchtungen im Hinblick auf die Republikaner haben sich bewahrheitet." 14 Pro- zent büßten die Christdemokra- ten und vier Prozent die Sozialde- mokraten im Enzkreis zugunsten der Reps ein - der Bürgermeister Königsbach-Steins zeigte sich sehr enttäuscht. Lange Diskussio- nen in Bonn haben nach seiner Ansicht zu der Niederlage ge- führt. Das Wahl-Ergebnis sieht der So- zialdemokrat als „Handlungsauf- forderung". Der Erfolg der Repu- blikaner basiert nach seiner Ver- mutung nicht auf die Inhalte des Parteien-Programms, sondern eher auf Frust in der Bevölke- rung. Über das Wahl-Ergebnis (43 Prozent) in Königsbach-Stein freute sich der Politiker: „Das hilft über den Schmerz hinweg. Ich werde morgen gerne ins Rathaus gehen." Bernd Kielburger: Ergebnis „sau-gut" Als „sau-gut" bezeichnete der jet- zige Landtagsabgeordnete Rezzo Schlauch gestern das Abschnei- den der Grünen bei den Wahlen. Der Rechtsanwalt freute sich über das „bisher beste Wahlergebnis" mit 13 Mandaten. „Wir sind die einzige Partei, die aus der Wahl gestärkt hervorgegangen ist." Gu- te Politik, Ruhe im Innern der Partei statt Nabelschauen und ein guter Wahlkampf seien Ursachen des Erfolgs. Nach seiner Ansicht würde die Arbeit der Grünen als Opposi- tionspartei mehr denn je ge- schätzt. Eine „schwarz-grüne" Koalition hält der Fraktionsspre- cher der Grünen für wenig reali- stisch. „Und eine Große Koalition halte ich für äußerst problema- tisch. Es wäre eine Koalition von Verlierern." Für den Durchbruch der Republikaner macht Schlauch die Politik der Christdemokraten verantwortlich. Das Enzkreis-Er- gebnis wertet er als „persönlicher Erfolg". Montag, 6. April 1992, Nr. 81-Seite 26 Lothar König hats geschafft: Der Calwer Kreisvorsitzende der Re- publikaner ergatterte sich gestern einen Sitz im Landtag. Damit ver- wirklichte er sein Ziel, das vor einigen Jahren seinen Übertritt von der CDUzu den Reps mit be- einflußt haben soll. Denn bei den Christdemokraten sind im Kreis Calw zuerst andere am Zug, wenn es um gute Posten oder Listenplät- ze geht. Der Dobler Gemeinderat hatte zwar vor zwei Jahren bei der Bür- germeisterwahl im eigenen Ort eine Schlappe hinnehmen müs- sen, doch dafürkonnte ersieh jetzt rehabilitieren: Immerhin er- rang er 25,1 Prozent und liegt mit 280 Stimmen gleichaufmit Wer- ner Noe (SPD), dem er ebenso wie ArnoldTölg(CDU)großeVerluste zufügte. Kreisweit profitierte der Lehrer von einem enormen rechten Pot- ential, daß vor vier Jahren auch die NPD von Null auf.3,8 Prozent springen ließ. Viele deren Anhän- ger scheinen aber dem Dobler Kö- nig erheblich mehr zuzutrauen, als Kraftfahrzeugmechaniker Ul- rich Kimmich. Und dann kommen natürlich im ländlich geprägten Bäderkreis auch die vielen Denk- zettel dazu, die die Bürger ob der Asylproblematik den großen Parteien zufügen wollten. Doch König kann das vorerst ein- malegalsein. In vier Jahren hat er genug Zeit, umsich mitsamt seiner Partei zu profilieren und vielleicht gar im Südwestenfest- zusetzen. Und sollte er dann wie- der rausfliegen, hat er immerhin mehr erreicht, alsfür ihn müder CDUje möglich gewesen wäre. Mehr als nur Asyl-Politik Angenehm überrascht zeigte sich Republikaner und jetziger Abge- ordneter Klaus Rapp gestern nach den Wahlen. „Nach diesem Durchbruch werden wir die Partei nicht nur landtags- son- dern auch bundestagsfähig ma- chen können", so der selbständige Drucker. „Wir haben mehr gebo- ten als Asylpolitik. Zumal unser Standpunkt in dieser Sache ohne- hin bekannt ist." Rapp äußerte sich gestern zufrieden über die Partei-Arbeit: „Wir haben ge- zeigt, daß wir eine Programm- und nicht Protest-Partei sind." Den Erfolg der Republikaner führt der 40jährige nicht aus- schließlich auf Protestwähler zu- rück. Außerdem: „Aus Protestwählern können auch Stammwähler wer- den." Über das „Super"-Ergebnis in seinem Geburtsort Ispringen freute sich der heute in Pforzheim lebende. „Dort habe ich bestimmt noch einen Bonus, weil man mich kennt." In Mißerfolg Aufgabe sehen Versäumnisse der demokrati- schen Parteien macht CDU-Land- tagsabgeordneter Arnold Tölg für den Erfolg der Republikaner ver- antwortlich. Wie schon häufig von ihm propa- giert, hätte man in der Asylfrage schneller handeln müssen, nur wirklich Verfolgte aufnehmen und „Betrügern" durch Abschie- bung schnellstens das Handwerk legen sollen. Zu schleppend hät- ten sich die Verhandlungen in den meisten Fällen hingezogen. Mit dem Einzug der Republikaner in den Landtag hatte Arnold Tölg gerechnet - nicht allerdings in diesem Ausmaß. Der Mißerfolg seiner Partei schmettert ihn nicht zu Boden, Arnold Tölg fühlt sich motiviert: „Ich sehe in dem Wahl- Ergebnis eine Aufgabe für die Zu- kunft." Als Koalition könnte sich der Landtagsabgeordnete aus dem Kreis Calw ein Bündnis zwi- schen CDU und FDP sehr gut vor- stellen. Der Republikaner ist der zweite Calwer Abgeordnete in Stuttgart auf drittem Platz Klaus Rapp: ner haben ihrem Schultes die beste Reverenz erwiesen. Scheuermann im Tief Mehr Stimmen als sein CDU-Kontra- hent erhielt Kielburger außerdem in Kieselbronn (33,45:26,67 Prozent), Neulingen (31,53:30,97) und Ster- nenfels (36,24:28,16). Und freuen darf er sich über Mühlacker, wo das Ergebnis mit 29,81:30,22 Prozent) nahezu am Gleichstand liegt. Winfried Scheuermann holte als be- stes CDU-Ergebnis nur 41,64 Prozent in Kämpfelbach, der einzigen Ge- meinde mit über 40 Prozent für die CDU. In seinem Heimatort Illingen erreichte er mit 32,31 Prozent noch nicht einmal Enzkreis-Durchschnitt. 26,67 und 26,78 Prozent gab es für ihn als Schlußlichter in Kielselbronn und Wiernsheim. Wiernsheim be- deutet auch für Kielburger mit 22,42 Prozent das Tief, dicht an mit 23,14 Prozent Ölbronn-Dürrn. In Enzberg Reps stärkste Interessant, daß diese beiden Ge- meinden auch zu denen zählen, in denen die Republikaner ihre größten Erfolge feiern: Wiernsheim mit 1 21,04, Ölbronn-Dürrn mit 20,52 Pro- zent. Über 20 Prozent Stimmen für die Reps gibt es noch in Engelsbrand, dem Heimatort des umstrittenen Ex- CDU-Kreistagsmitglieds Manfrid Dreher (21,06), Kieselbrpnn (21,02), Neulingen (20,30) und Ötisheim mit dem Rekord von 22,10 Prozent. Das Spitzenergebnis von 33,1 (!) Prozent dürfen die Republikaner jedoch in Enzberg registrieren, in einem Stimmbezirk (Rathaus) zwar nur, aber immerhin. Sie sind hier sogar „stärkste Partei". Die Wahltabelle auf der gesonderten Seite enthält übrigens im Vergleichs- Schlußergebnis noch die Zahlen aus Birkenfeld, das für diese Wahl ja der Kompliment an Landratsamt Die „heiße Schlacht am kalten Bü- fett" - im Landratsamt hatten die guten Geister der Verwaltung wieder belegte Brötchen und diverse Ge- tränke für die inzwischen recht kopf- starke Jounalistenschar nebst vielen Parteigrößen des Enzkreises bereit- gestellt - wurde mit Bravour geschla- gen von den emsigen Kräften um Wahlleiter Werner Burckhart (Land- rat Dr. Heinz Reichert dirigierte aus dem Hintergrund), die sich an der Von unserem Redakteur Sepp Benke Lokaler Kommentar Des Königs Genugtuung Von Markus Schaible Von Sepp Benke Die Größen der beiden großen Parteien auch im Enzkreis dürften spätestens gestern abend aus ihrem Wolkenkuckucksheim auf den Boden der harten Tatsachen zurückgeholt worden sein. Sie wollten es nicht wahrhaben, denn bei ihren Auftritten sind sie meist von Claqueuren der eigenen Gen- re umgeben -an den Stammti- schen wird aber schon lange Frak- tur geredet und das Ergebnis zeichnete sich seit Wochen so ab, wie es gestern offenkundig wurde. Hauptärgernis: Die Asylbewerber mit demWirtschafts-Freibrief. Gegenseitig schoben sich die eta- blierten Parteien in den vergange- nen Wochen die Schuld an der nicht bewältigten Gegenwart zu, stritten ums Grundgesetz und eine Änderung, ohne klarzulegen, daß damit auch nicht das Ei des Kolumbus gefunden wäre. Und in- zwischen sehen Otto und Ottilie Normalverbraucher, daßAsylbe- werber in Hotelbetten, Pensionen, freie Häuser und Wohnungen oder neuerrichtete Wohncontai- ner gebrächt werden mit einem Handgeld, das mancher Witwe hierzulande und vielen Sozialhil- fe-Empfängern die Schamröte in die Wangen treibt. Warum erkennbare „nicht wirkli- Rezzo Schlauch: Vertrauen gewinnen „Wir haben unsere Stellung hal- ten können", freute sich gestern Hans Albrecht über das FDP- Wahlergebnis. Dennoch: „Die Landtagswahl wird überschattet vom Erfolg der Republikaner." Hans Albrecht hält es jetzt für wichtig, das Vertrauen der Bür- ger, die ihre Stimme den Republi- kanern gaben, zurückzugewin- nen. Grund für den „Verlust der SPD und CDU" seien die „ungelö- sten Probleme". Seine Partei habe keine Stimmeneinbußenb ver- bucht. Auch in Wiernsheim schnitten die „Reps" gut ab. Hans Albrecht ist enttäuscht über diese Entwick- lung in seinem Heimatort. „Wenn sich ein Landtagsabgeordneter für die Belange der Bürger ein- setzt, und diese ihre Stimme dann den Republikanern schenken, kann das schon demprimieren." In erster Linie hält der „Altersprä- sident" im Landtag es jetzt für entscheidend, „jungen Menschen eine Perspektive bieten". Bernd Kielburger, der gestern abend im Landratsamt mit todernster Mie- ne die Ergebnisse zur Kenntnis nahm, darf eigentlich in seinem Re- gierungssitz Königsbach-Stein einen Hochsprung, wenn nicht gar Salto mortale riskieren: 43,42 Prozent, das dürfte mit Abstand das beste Ergeb- nis für ihn sein, die Königsbach-Stei- Kurz nach Schließung der Wahllokale gestern um 18 Uhr: Wahlleiter Walter Elsäßer (rechts) lehrt mit einem seiner 18 Wahlhelfer die Urne. Enzkreis mit fünf Abgeordneten im neuen Landtag, aber: Erdrutsch bei CDU - Reps Lokaler Kommentar Protest!!! PZ vom 06.04.1992

Transcript of PZ vom 06.04.1992 Seite 26

AUS DER REGION

Stadt Pforzheim zugeschlagen wor-den ist. Dennoch: Obwohl Birkenfeldbei den Zahlen dieser Wahl fehlt, gibtes im Enzkreis mit 121 754 Wahlbe-rechtigten nur etwas über 1 OOO we-niger, als vor vier Jahren (122 847).Um fast genau dieselbe Zahl differiertauch die Zahl der Wähler, und inProzenten waren es vor vier Jahren71,9, diesmal 71,75.

„Tafel" nur zum Ergebnis-Austeilenaufhielten. Um 18.43 Uhr lag daserste Ergebnis vor, aus Kieselbronn,das diesmal Friolzheim von Platz einsvor vier und acht Jahren auf Platzfünf verwies. 18.45 Uhr meldete sichWimsheim, 18.46 Uhr Neuhausen,18.47 Uhr Sternenfels, und es gingSchlag auf Schlag. Selbst die großeKreisstadt Mühlacker meldete sichkurz nach 19 Uhr. Wiernsheim mach-te diesmal gegen 19.45 Uhr dasSchlußlicht, bereits 20 Minuten vor-her hatte Ötisheim als vorletzte Enz-kreisgemeinde „Vollzug" gemeldet

ENZKREIS. Enorme Stimmenver-luste für die CDU - über 14 Pro-zent und damit weitaus mehr alsim Landesdurchschnitt —, Federn-lassen bei der SPD — über vierProzent wie im Landesdurch-schnitt - und die Republikanerauf Platz drei mit 17;01 Prozent,das sind die gravierendsten Merk-male der gestrigen Wahl im Enz-kreis. Und ein Novum: alle fünfEnzkreis-Kandidaten der imLandtag vertretenen Parteiensind gewählt. Hans Albrecht(FDP) wird Alterspräsident, weiler mit seinen Stimmen über demLandesdurchschnitt liegt, ebensowie Klaus Rapp für die Republika-ner und Rezzo Schlauch für dieGrünen. Winfrie d Scheuermannholte trot z stärkster Einbußendas Direktmandat für die CDU,und Bernd Kielburger für die SPDliegt im Landestrend wie vor vierJahren.

Freuen dürfen sich auch die Grünen,denen Rezzo Schlauch erstmals zueinem zweistelligen Ergebnis ver-half: 10,19 Prozent gegenüber 8,67vor noch vier Jahren. Aber auch der„alte Keiler" Hans Albrecht darf aufdie Minimal-Steigerung von 6,53 auf6,62 Prozent stolz sein, obgleich er inseinem eigenen Revier Wiernsheimvon 19,6 auf 15,6 Prozent zurückfiel.

Die Journalisten eilten an ihre Ar-beitsplätze, die Politiker - an denGesichtern konnte man sie bereitsden Parteien zuordnen, zumindestaber der Verlierer- oder Siegergrup-pe - zogen sich zum Resümee zurück.Ihre Erkenntnisse: Siehe gesonderteBerichte.

Spannung herrschte bei der Auszählung der abgegebenen Stimmen im Rathaus Stein. Bilder: Wolff

ehe Asylbewerber"-in Rumä-nien, Polen, Rußland usw. gibt eskeine politischen Verfolgungenmehr— nicht in Sammellagern un-terbringen, bei Gemeinschaftsver-pflegung, Bedürftige ausDRK-oder Kirchenbeständen undHilfs-aktionen kleiden, bisfeststeht, obsie als Asylanten anerkannt wer-den oder nicht?Das Verfahren istzubeschleunigen, unddasAb-schieben dann zügig vorzuneh-men. Das spricht sich dann auchbei den „ Schleppern "und deren„Interessenten" schnell herum.Zur Zeit spricht sich in vielenKreisen in den armen Ländernnur herum, daß man als Asylbe-werber inDeutschland weitausbesser und schöner wohnt als inder eigenen Heimat, und daß manauch besser lebt, ohne einenHandstreich tun zu müsen. Einwahres Schlaraffenland. Manmüßte blöd sein, nicht den Ver-such zu unternehmen, das Schla-raffenland zu erreichen.Der Michel ist nicht mehr so blöd,die Milliarden so sinnlos geopfertzu sehen, die ihm auf die einfall-reichste Weise aus der Tasche ge-zogen werden. Er ist auch keines-wegs „ braun " oder rassistisch,wie manche Außenstehendenheute behaupten werden. Er hatnur die Nase voll und protestiertauf diese seine Weise, mit demStimmzettel. DerReps-Erfolg die-ser Wahl ist ein einziger Protest,darauf darf man wetten. Die Eta-blierten haben es in der Hand,wieder zu „normaleren Wahler-gebnissen "zu kommen.

Lothar König ziehtin den Landtag einKREIS CALW. Der Landkreis Calwhat einen zweiten Landtagsabgeord-neten: Der Republikaner Lothar Kö-nig (Dobel) zog mit 10619 Stimmen(14,6 Prozent) neben Arnold Tölg(CDU, Bad Liebenzeil) in das Parla-ment in Stuttgart ein. Tölg verlor 12,1Prozent, blieb aber noch stärksterPolitiker im Kur- und Bäderkreis.

• Von unserem RedakteurMarkus Schaible

Einen Sieg auf der ganzen Liniekonnten die Reps im Kreis Calw ver-buchen: sie steigerten sich von 0,7auf satte 14,6 Prozent (weit über Lan-desdurchschnitt), und überholten da-mit die Grünen und die FDP, die sichaber beide ebenfalls verbessernkonnten. Gottfried Grüner errang fürdie Grünen 8,0 Prozent (1988: 6,9)und bleibt unter Landesschnitt,Beate Fauser legte für die Freien De-mokraten um 0,6 auf 6,0 Prozent zuund liegt damit im Trend.Der Anstieg der Republikaner gehtaber nicht nur zu Lasten der großenParteien, auch die NPD (1988 außer-ordentlich gut mit 3,9 Prozent vertre-ten) mußten Federn lassen: Statt2625 wurden sie nur noch von 865Bürgern gewählt, sprich 1,2 Prozent.Ebenfalls abgerutscht ist WernerNoe, Kandidat der SPD. Hatte seinVorgänger Rainer Merkle das Kontoder Sozialdemokraten von 27,2 auf28 Prozent steigern können, fiel diePartei jetzt wieder ab: auf 24,4 Pro-

zent und damit deutlich unter demLandesdurchschnitt.Erstaunlich gut sind auch die Ergeb-nisse der anderen Kleinparteien imLandkreis Calw. Interessant dabeidas Abschneiden der Grauen, die ausdem Stand auf 1,2 Prozent sprangen- sicher mit eine Folge der vielenSenioren, die im Nordschwarzwaldihren Altersruhesitz haben.

Und auch die beiden christlichenGruppen, die Partei Bibeltreuer Chri-sten und die Christliche Liga, legtenzu. Insgesamt kamen sie immerhinauf 2,2 Prozent. Eine der Hochbur-gen dabei Bad Liebenzell, Sitz derLiebenzeller Mission. Aber auch inSimmersfeld (3,2) und in Oberrei-chenbach (2,5) räumte die PBC ge-waltig ab.Die Heimatgemeinden der Abgeord-neten hatten es dieses Mal in sich. Soliegt Arnold Tölg zwar besser als sei-ne CDU im Ländle, in Bad Liebenzeil(minus 12,3 Prozent) verlor er abermehr als im Kreisdurchschnitt. DasGegenteil erreichte Lothar König:Der Bürgermeister-Kandidat von vorzwei Jahren errang mit 25,1 Prozentgenausoviel Stimmen wie die SPD,die 10,4 Prozent abgeben mußte;Tölg büßte dort gar 13,9 Prozent ein.Bei den Grünen verschoben sich dieProzentzahlen in den einzelnen Ge-meinden geringfügig, mal verlorensie gering, mal legten sie leicht zu.Ähnlich sieht es bei der FDP aus, dieallerdings in Dobel 2,8 Prozent verlo-

ren und so unter die Fünf-Prozent-Grenze schlitterten. Ebenfalls unterdieser Marke landeten sie in Unter-reichenbach (4,6) und Oberreichen-bach, wo sie gar nur 2,9 Prozenterreichten.Identische Stimmenzahl wie '88

Kuriositäten am Rande: In Höfen be-hielten die Sozialdemokraten genaudie Stimmenzahl wie vor vier Jahren(256), während in Herrenalb einSPD-Wähler weggezogen ist. Dafürsind dort aber mit den Grünen, derFDP und den Christlichen Liga dreiweitere Parteien, die fast identischeStimmenzahlen wie 1988 verbuchenkonnten.Die Wahlbeteiligung ging leicht von71,3 auf 71 Prozent zurück.

Lothar König:

Freudentränennahe gewesenAuch der Kandidat der Republi-kaner aus dem Kreis Calw hat denSprung in den Landtag geschafft:„Ich hätte heulen können vorFreunde, als ich das erfuhr."Lothar König zeigte sich gesternin ausgelassener Stimmung. Lan-ge hatte es gedauert, bis ihm dasErgebnis mitgeteilt wurde und er

aufatmen konnte. Den Erfolg sei-ner Partei schreibt er der Aufge-schlossenheit der Republikanerzu: „Wir haben Themen aufge-griffen, die die Leute bewegen.Man hört, wo es drückt."Bei der Bürgermeisterwahl konn-te Lothar König „nur 13,9 Prozentder Stimmen" erringen. „Ich habeden Wählern gesagt, bei denLandtagswahlen könnt ihr daswieder wett machen. Und das ha-ben sie", scherzt der 47jährigeLehrer. Eine Koalition hält er mitjeder Partei für denkbar, „die un-sere Ziele mitverfolgt".

Hans Albrecht: Arnold Tölg:

Pforzheimer Zeitung

Scheuermann (CDU):

Wähler falscheingeschätztDurchweg enttäuscht zeigte sichLandtagsabgeordneter WinfriedScheuermann über das Abschnei-den seiner Partei - landesweit wieauch in seiner HeimatgemeindeIllingen. „Wenn man sich das Er-gebnis der Republikaner ansieht,weiß man Bescheid." Verantwort-lich für den Stimmenverlust in sei-ner Partei macht Scheuermannein Versäumnis seiner eigenenPartei: „Wir haben das ThemaAsylpolitik nicht als so bedeutendangesehen."Daß der Anteil der Wähler, „diemit der WiedervereinigungDeutschlands Probleme Tiaben",so groß ist, hätte der geboreneMannheimer nicht gedacht. An-sich sei die Asylproblematik einbundespolitisches Thema: „Aberder Wähler zeigt auch bei denLandtagswahlen, wo ihn derSchuh drückt." Rechnerisch gebees nicht viele Koalitionsmöglich-keiten: „Wenn es keine großeKoalition gibt, werden die Dingenur noch schlimmer."

Erfolg inGemeinde„Schlimm", kommentierte SPD-Landtagsabgeordneter BerndKielburger gestern die Wahler-gebnisse. „Meine Befürchtungenim Hinblick auf die Republikanerhaben sich bewahrheitet." 14 Pro-zent büßten die Christdemokra-ten und vier Prozent die Sozialde-mokraten im Enzkreis zugunstender Reps ein - der BürgermeisterKönigsbach-Steins zeigte sichsehr enttäuscht. Lange Diskussio-nen in Bonn haben nach seinerAnsicht zu der Niederlage ge-führt.Das Wahl-Ergebnis sieht der So-zialdemokrat als „Handlungsauf-forderung". Der Erfolg der Repu-blikaner basiert nach seiner Ver-mutung nicht auf die Inhalte desParteien-Programms, sonderneher auf Frust in der Bevölke-rung. Über das Wahl-Ergebnis (43Prozent) in Königsbach-Steinfreute sich der Politiker: „Das hilftüber den Schmerz hinweg. Ichwerde morgen gerne ins Rathausgehen."

Bernd Kielburger:

Ergebnis„sau-gut"Als „sau-gut" bezeichnete der jet-zige Landtagsabgeordnete RezzoSchlauch gestern das Abschnei-den der Grünen bei den Wahlen.Der Rechtsanwalt freute sich überdas „bisher beste Wahlergebnis"mit 13 Mandaten. „Wir sind dieeinzige Partei, die aus der Wahlgestärkt hervorgegangen ist." Gu-te Politik, Ruhe im Innern derPartei statt Nabelschauen und einguter Wahlkampf seien Ursachendes Erfolgs.Nach seiner Ansicht würde dieArbeit der Grünen als Opposi-tionspartei mehr denn je ge-schätzt. Eine „schwarz-grüne"Koalition hält der Fraktionsspre-cher der Grünen für wenig reali-stisch. „Und eine Große Koalitionhalte ich für äußerst problema-tisch. Es wäre eine Koalition vonVerlierern." Für den Durchbruchder Republikaner macht Schlauchdie Politik der Christdemokratenverantwortlich. Das Enzkreis-Er-gebnis wertet er als „persönlicherErfolg".

Montag, 6. April 1992, Nr. 81-Seite 26

Lothar König hats geschafft: DerCalwer Kreisvorsitzende der Re-publikaner ergatterte sich gesterneinen Sitz im Landtag. Damit ver-wirklichte er sein Ziel, das voreinigen Jahren seinen Übertrittvon der CDU zu den Reps mit be-einflußt haben soll. Denn bei denChristdemokraten sind im KreisCalw zuerst andere am Zug, wennes um gute Posten oder Listenplät-ze geht.Der Dobler Gemeinderat hattezwar vor zwei Jahren bei der Bür-germeisterwahl im eigenen Orteine Schlappe hinnehmen müs-sen, doch dafürkonnte ersiehjetzt rehabilitieren: Immerhin er-rang er 25,1 Prozent und liegt mit280 Stimmen gleichauf mit Wer-ner Noe (SPD), dem er ebenso wieArnoldTölg(CDU)großeVerlustezufügte.Kreisweit profitierte der Lehrervon einem enormen rechten Pot-ential, daß vor vier Jahren auchdie NPD von Null auf .3,8 Prozentspringen ließ. Viele deren Anhän-ger scheinen aber dem Dobler Kö-nig erheblich mehr zuzutrauen,als Kraftfahrzeugmechaniker Ul-rich Kimmich. Und dann kommennatürlich im ländlich geprägtenBäderkreis auch die vielen Denk-zettel dazu, die die Bürger ob derAsylproblematik den großenParteien zufügen wollten.Doch König kann das vorerst ein-malegalsein. In vier Jahren hater genug Zeit, umsich mitsamtseiner Partei zu profilieren undvielleicht gar im Südwestenfest-zusetzen. Und sollte er dann wie-der rausfliegen, hat er immerhinmehr erreicht, als für ihn müderCDU je möglich gewesen wäre.

Mehr als nurAsyl-PolitikAngenehm überrascht zeigte sichRepublikaner und jetziger Abge-ordneter Klaus Rapp gestern nachden Wahlen. „Nach diesemDurchbruch werden wir diePartei nicht nur landtags- son-dern auch bundestagsfähig ma-chen können", so der selbständigeDrucker. „Wir haben mehr gebo-ten als Asylpolitik. Zumal unserStandpunkt in dieser Sache ohne-hin bekannt ist." Rapp äußertesich gestern zufrieden über diePartei-Arbeit: „Wir haben ge-zeigt, daß wir eine Programm-und nicht Protest-Partei sind."Den Erfolg der Republikanerführt der 40jährige nicht aus-schließlich auf Protestwähler zu-rück.Außerdem: „Aus Protestwählernkönnen auch Stammwähler wer-den." Über das „Super"-Ergebnisin seinem Geburtsort Ispringenfreute sich der heute in Pforzheimlebende. „Dort habe ich bestimmtnoch einen Bonus, weil man michkennt."

In MißerfolgAufgabe sehenVersäumnisse der demokrati-schen Parteien macht CDU-Land-tagsabgeordneter Arnold Tölg fürden Erfolg der Republikaner ver-antwortlich.Wie schon häufig von ihm propa-giert, hätte man in der Asylfrageschneller handeln müssen, nurwirklich Verfolgte aufnehmenund „Betrügern" durch Abschie-bung schnellstens das Handwerklegen sollen. Zu schleppend hät-ten sich die Verhandlungen in denmeisten Fällen hingezogen.

Mit dem Einzug der Republikanerin den Landtag hatte Arnold Tölggerechnet - nicht allerdings indiesem Ausmaß. Der Mißerfolgseiner Partei schmettert ihn nichtzu Boden, Arnold Tölg fühlt sichmotiviert: „Ich sehe in dem Wahl-Ergebnis eine Aufgabe für die Zu-kunft." Als Koalition könnte sichder Landtagsabgeordnete ausdem Kreis Calw ein Bündnis zwi-schen CDU und FDP sehr gut vor-stellen.

Der Republikaner ist der zweite Calwer Abgeordnete in Stuttgart

auf drittem Platz

Klaus Rapp:

ner haben ihrem Schultes die besteReverenz erwiesen.Scheuermann im TiefMehr Stimmen als sein CDU-Kontra-hent erhielt Kielburger außerdem inKieselbronn (33,45:26,67 Prozent),Neulingen (31,53:30,97) und Ster-nenfels (36,24:28,16). Und freuendarf er sich über Mühlacker, wo dasErgebnis mit 29,81:30,22 Prozent)nahezu am Gleichstand liegt.Winfried Scheuermann holte als be-stes CDU-Ergebnis nur 41,64 Prozentin Kämpfelbach, der einzigen Ge-meinde mit über 40 Prozent für dieCDU. In seinem Heimatort Illingenerreichte er mit 32,31 Prozent nochnicht einmal Enzkreis-Durchschnitt.26,67 und 26,78 Prozent gab es fürihn als Schlußlichter in Kielselbronnund Wiernsheim. Wiernsheim be-deutet auch für Kielburger mit 22,42Prozent das Tief, dicht an mit 23,14Prozent Ölbronn-Dürrn.

In Enzberg Reps stärksteInteressant, daß diese beiden Ge-meinden auch zu denen zählen, indenen die Republikaner ihre größtenErfolge feiern: Wiernsheim mit121,04, Ölbronn-Dürrn mit 20,52 Pro-zent. Über 20 Prozent Stimmen fürdie Reps gibt es noch in Engelsbrand,dem Heimatort des umstrittenen Ex-CDU-Kreistagsmitglieds ManfridDreher (21,06), Kieselbrpnn (21,02),Neulingen (20,30) und Ötisheim mitdem Rekord von 22,10 Prozent. DasSpitzenergebnis von 33,1 (!) Prozentdürfen die Republikaner jedoch inEnzberg registrieren, in einemStimmbezirk (Rathaus) zwar nur,aber immerhin. Sie sind hier sogar„stärkste Partei".Die Wahltabelle auf der gesondertenSeite enthält übrigens im Vergleichs-Schlußergebnis noch die Zahlen ausBirkenfeld, das für diese Wahl ja der

Kompliment an Landratsamt

Die „heiße Schlacht am kalten Bü-fett" - im Landratsamt hatten dieguten Geister der Verwaltung wiederbelegte Brötchen und diverse Ge-tränke für die inzwischen recht kopf-starke Jounalistenschar nebst vielenParteigrößen des Enzkreises bereit-gestellt - wurde mit Bravour geschla-gen von den emsigen Kräften umWahlleiter Werner Burckhart (Land-rat Dr. Heinz Reichert dirigierte ausdem Hintergrund), die sich an der

Von unserem RedakteurSepp Benke

Lokaler Kommentar

Des KönigsGenugtuungVon Markus SchaibleVon Sepp Benke

Die Größen der beiden großenParteien auch im Enzkreis dürftenspätestens gestern abend ausihrem Wolkenkuckucksheim aufden Boden der harten Tatsachenzurückgeholt worden sein. Siewollten es nicht wahrhaben, dennbei ihren Auftritten sind sie meistvon Claqueuren der eigenen Gen-re umgeben -an den Stammti-schen wird aber schon lange Frak-tur geredet und das Ergebniszeichnete sich seit Wochen so ab,wie es gestern offenkundig wurde.Hauptärgernis: Die Asylbewerbermit demWirtschafts-Freibrief.Gegenseitig schoben sich die eta-blierten Parteien in den vergange-nen Wochen die Schuld an dernicht bewältigten Gegenwart zu,stritten ums Grundgesetz undeine Änderung, ohne klarzulegen,daß damit auch nicht das Ei desKolumbus gefunden wäre. Und in-zwischen sehen Otto und OttilieNormalverbraucher, daß Asylbe-werber in Hotelbetten, Pensionen,freie Häuser und Wohnungenoder neuerrichtete Wohncontai-ner gebrächt werden mit einemHandgeld, das mancher Witwehierzulande und vielen Sozialhil-fe-Empfängern die Schamröte indie Wangen treibt.Warum erkennbare „nicht wirkli-

Rezzo Schlauch:

Vertrauengewinnen„Wi r haben unsere Stellung hal-ten können", freute sich gesternHans Albrecht über das FDP-Wahlergebnis. Dennoch: „DieLandtagswahl wird überschattetvom Erfolg der Republikaner."Hans Albrecht hält es jetzt fürwichtig, das Vertrauen der Bür-ger, die ihre Stimme den Republi-kanern gaben, zurückzugewin-nen. Grund für den „Verlust derSPD und CDU" seien die „ungelö-sten Probleme". Seine Partei habekeine Stimmeneinbußenb ver-bucht.Auch in Wiernsheim schnitten die„Reps" gut ab. Hans Albrecht istenttäuscht über diese Entwick-lung in seinem Heimatort. „Wennsich ein Landtagsabgeordneterfür die Belange der Bürger ein-setzt, und diese ihre Stimme dannden Republikanern schenken,kann das schon demprimieren."In erster Linie hält der „Altersprä-sident" im Landtag es jetzt fürentscheidend, „jungen Menscheneine Perspektive bieten".

Bernd Kielburger, der gestern abendim Landratsamt mit todernster Mie-ne die Ergebnisse zur Kenntnisnahm, darf eigentlich in seinem Re-gierungssitz Königsbach-Stein einenHochsprung, wenn nicht gar Saltomortale riskieren: 43,42 Prozent, dasdürfte mit Abstand das beste Ergeb-nis für ihn sein, die Königsbach-Stei-

Kurz nach Schließung der Wahllokale gestern um 18 Uhr: Wahlleiter WalterElsäßer (rechts) lehrt mit einem seiner 18 Wahlhelfer die Urne.

Enzkreis mit fünf Abgeordneten im neuen Landtag, aber:

Erdrutsch bei CDU - Reps

Lokaler Kommentar

Protest!!!

PZ

vom 06.04.1992