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Das Werk Schöpfung und individuelle Gestaltungshöhe Fall 25 („Die Schmach von Córdoba“, ÖOGH BeckRS 2014, 81426) Am 21. Juni 1978 trafen bei der Fußballweltmeisterschaft in Argentinien die Nationalmannschaften Österreichs und Deutschlands aufeinander. Als Hans Krankl das Siegtor für das Team Austria erzielte, bejubelte der ORFReporter Edi Finger dieses Ereignis wie folgt: „Tooor, Tooor, Tooor, Tooor, Tooor, Tooor! I wer' narrisch!“ Die Ringtone GmbH verwendet die originale Aufnahme dieses Ausspruchs und verbreitet und ihn auch als Klingelton zum Download. Die Erben von Edi Finger machen gegen die Ringtone GmbH verschiedene Ansprüche wegen der widerrechtlichen akustischen Verwendung von Edi Fingers Jubel geltend.

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Das WerkSchöpfung und individuelle Gestaltungshöhe

Fall 25 („Die Schmach von Córdoba“, ÖOGH BeckRS 2014,81426)Am 21. Juni 1978 trafen bei der Fußballweltmeisterschaft inArgentinien die Nationalmann‐schaften Österreichs undDeutschlands aufeinander. Als Hans Krankl das Siegtor für dasTeam Austria erzielte, bejubelte der ORF‐Reporter Edi Fingerdieses Ereignis wie folgt: „Tooor, Tooor, Tooor, Tooor, Tooor,Tooor! I wer' narrisch!“ Die Ringtone GmbH verwendet dieoriginale Aufnahme dieses Ausspruchs und verbreitet und ihnauch als Klingelton zum Download.Die Erben von Edi Finger machen gegen die Ringtone GmbHverschiedene Ansprüche wegen der widerrechtlichenakustischen Verwendung von Edi Fingers Jubel geltend.

Das WerkSchöpfung und individuelle Gestaltungshöhe

• Das Urheberrecht besteht, weil ein Mensch mit dem Werk einen Teil seiner sonst verborgenen Persönlichkeit offenbart 

• Konsequenz: Es geht nicht um beliebige Ideen und Gefühle in beliebigen Formen 

• Es muss sich um Ideen gerade dieses Urhebers handeln, die gerade er in gerade dieser Form ausdrückt 

• Maßgeblich: Bestand für den Einzelnen bei dem Ausdruck seiner Gedankenführung ein Gestaltungsspielraum und hat er diesen genutzt? 

• Allzu strenge Anforderungen sind nicht zu stellen („Schutz der kleinen Münze“) 

Das WerkSchöpfung und objektive Neuheit

Fall 26 („Ein bisschen Frieden“; BGH GRUR 1988, 812)Die Notas Magicas SA ist Verlegerin des von Bert Olden komponierten, von Christian Heilburggetexteten und seit 1973 von Julio Iglesias gesungenen Schlagers „Alle Liebe dieser Erde“. Die Melodie dieses Schlagers stimmt in Teilen mit derjenigen des von Nicole gesungenen und von Ralph Siegel komponierten Schlagers „Ein bisschen Frieden“ aus dem Jahr 1982 überein. Ralph Siegel meint, dass er die Melodie von „Alle Liebe dieser Erde“ nicht in Erinnerung gehabt habe, während er an „Ein bisschen Frieden“ arbeitete. Hat Ralph Siegel ein Urheberrecht an der Melodie von „Ein bisschen Frieden“ erworben? 

Das WerkIndividualität und objektive Neuheit

Wortlautvergleiche:

• § 1 I PatG:  „Patente werden für Erfindungen auf allen Gebieten der Technik erteilt, sofern sie neu sind, auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen und gewerblich anwendbar sind.“

• § 2 I DesignG: „Als eingetragenes Design wird ein Design geschützt, das neu ist und Eigenart hat.“

Das WerkIndividualität und objektive Neuheit

• Sinn und Zweck des Neuheitserfordernisses im gewerblichen Rechtsschutz‐ Im gewerblichen Rechtsschutz werden Ausschließlichkeitsrechte 

erteilt, sofern die res publica etwas davon hat

‐ Von einer parallelen Zweitschöpfung profitiert die res publica aber nicht 

• Sinn und Zweck des urheberrechtlichen Schutzes‐ Der urheberrechtliche Schutz wird demgegenüber aus eher 

egozentrischen Interessen des Urhebers gewährt

‐ In dem Werk verwirklicht sich seine Persönlichkeit und aus diesem Grund bekommt er das Ausschließlichkeitsrecht

Die Werkarten gem. § 2 I UrhGSprachwerke gem. Nr. 1

• Sprachwerk ist der Oberbegriff für Schriftwerke, Reden und Computerprogramme

• Erfasst sind sämtliche persönlichen geistigen Schöpfungen, welche sich der Sprache als Ausdrucksmittel bedienen

• Schriftlichkeit spielt ebenso wenig eine Rolle wie die gewählte Art der Sprache

• Das Themengebiet, dem der mitgeteilte gedankliche Inhalt entstammt, ist gleichgültig

Die Werkarten gem. § 2 I UrhGSchriftwerke als Sprachwerke i.S.d. Nr. 1

• Das Schriftwerk ist definiert als ein durch Zeichen äußerlich erkennbar gemachter sprachlicher Gedankenausdruck, der sich als Erzeugnis geistiger Tätigkeit des Urhebers kundgibt

• Charakteristisch ist also die körperliche Festlegung des Gedankeninhalts auf einem Träger, der die Schriftzeichen unmittelbar sichtbar macht 

Die Werkarten gem. § 2 I UrhGReden als Sprachwerke i.S.d. Nr. 1

• Bei Reden wird der Gedankeninhalt nicht durch Schriftzeichen wahrnehmbar gemacht, sondern durch mündlichen Ausdruck

• Dementsprechend erfolgt die sinnliche Wahrnehmung der Empfänger nicht visuell, sondern akustisch 

Die Werkarten gem. § 2 I UrhGDie Abgrenzung von Schriftwerken und Reden

• Meine Vorlesung: ‐ So gesprochen ist sie eine Rede i.S.d. § 2 I Nr. 1 UrhG 

‐ Ändert sich daran etwas, wen sie auf Band/digital aufgezeichnet wird? 

• Meine wissenschaftlichen Vorträge: ‐ Basieren auf einem Manuskript, das ich – gewissermaßen wie 

nach Drehbuch – vortrage

‐ Steht für die urheberrechtliche Beurteilung das Manuskript oder der mündliche Vortrag im Vordergrund? 

Die Werkarten gem. § 2 I UrhGWerke der Musik gem. Nr. 2

• Werke der Musik drücken einen durch Hören erfassbaren Inhalt in von Menschen gestalteten Klangfolgen und/oder Geräuschen aus

• Anders als bei der Rede ist hier die Musik und nicht die Sprache das Mittel zur Formgebung für den gedanklichen Inhalt 

• Für das Ausdrucksmittel der Musik ist charakteristisch das Spannungsverhältnis der Töne zueinander in Verbindung mit den weiteren musikalischen Ausdrucksmitteln wie Rhythmik, Metrik, Tempo, Harmonik, Form, Phrasierung und Instrumentierung bzw. Sound 

• Auch hier genießt bereits die kleine Münze den vollen urheberrechtlichen Schutz

• Die Fixierung des Musikwerks in Noten

Die Werkarten gem. § 2 I UrhGPantomime und Tanzkunst gem. Nr. 3

• Pantomime und Tanz sind körperliche Ausdrucksmittel für Gedanken und Empfindungen

• Es handelt sich somit um eine – wortlose –Körpersprache, so dass gerade in der Mimik, Gestik, den Figuren, etc. die Gedanken und Gefühle des Künstlers zum Ausdruck kommen müssen

• Schutzfähigkeit der einzelnen Gebärde oder Grimasse? 

Die Werkarten gem. § 2 I UrhGWerke der bildenden Künste gem. Nr. 4: Kunstbegriff

• Ebenso wie bei Art. 5 III GG ist der Kunstbegriff auch bei § 2 I Nr. 4 UrhG schwierig bis unmöglich zu definieren 

• Die Rechtsprechung zu § 2 UrhG beschreibt die Kunst als eine eigenpersönliche Schöpfung, die mit den Darstellungsmitteln der Kunst durch formgebende Tätigkeit hervorgebracht und vorzugsweise für die ästhetische Anregung des Gefühls durch Anschauung bestimmt ist

• Keine Rolle spielt es, ob das Werk neben seinem ästhetischen Zweck noch einem praktischen Gebrauchszweck dient

Die Werkarten gem. § 2 I UrhGWerke der bildenden Künste gem. Nr. 4: Kunst und Kunstwerk

• Kunstwerke drücken einer gängigen Definition zufolge einen anschaulichen (ästhetischen) Gehalt durch Linien und Gestalten auf der Fläche und im Raum aus

• Gleichgültig ist der Stoff, aus dem solch ein Kunstobjekt erstellt wird

• Eine körperliche Bindung des ausgedrückten Gedankeninhalts ist nicht einmal erforderlich

Die Werkarten gem. § 2 I UrhGWerke der bildenden Künste gem. Nr. 4: Reine Kunstwerke

• Als reine Kunstwerke bezeichnet man diejenigen, welche einen reinen Selbstzweck verfolgen und keinen praktischen Gebrauchswert haben

• Erfasst sind die klassischen Gattungen bildender Kunst, wie insbesondere Zeichnungen, Plastiken, Stiche, Skulpturen, etc.

• Darüber hinaus alle Formen der modernen Kunst, etwa Montagen, Computerkunst, Konzeptkunst oder Happenings 

• Für die erforderliche Gestaltungshöhe genügt abermals die kleine Münze 

• Naturalistische Darstellungen als bildende Kunst?

Die Werkarten gem. § 2 I UrhGWerke der bildenden Künste gem. Nr. 4: Angewandte Kunst

• Werke der angewandten Kunst stehen nicht für sich, sondern dienen einem praktischen Zweck

• Neben dem Designschutz nach §§ 1, 2 DesignGwird ein urheberrechtlicher Schutz gewährt, sofern die erforderliche Gestaltungshöhe erreicht wird

• Entscheidend ist, inwieweit die Funktionalität einen eigenen Gestaltungsspielraum des Künstlers belässt und dieser ihn ausschöpft

• Auch insoweit verdient bereits die sog. „kleine Münze“ urheberrechtlichen Schutz

Die Werkarten gem. § 2 I UrhGWerke der bildenden Künste gem. Nr. 4: Baukunst

• Werke der Baukunst sind plastische Gestaltungen, die einem Gebrauchszweck wie dem Begehen, Befahren oder Bewohnen dienen und dabei eine persönliche geistige Schöpfung darstellen

• Erfasst sind Ein‐ und Mehrfamilienhäuser, Fabrikbauten, Geschäftshäuser, Kirchen und Museen gemeint, Brücken, Denkmäler, Plätze, Gartenanlagen, Inneneinrichtungen oder Kulissen

• Die Gestaltungshöhe erfordert, dass das Bauwerk aus der Masse der alltäglichen und allgemein üblichen Bauerzeugnisse herausragt

Die Werkarten gem. § 2 I UrhGLichtbildwerke gem. Nr. 5

• Ein Lichtbildwerk ist die Aufzeichnung und Wiedergabe eines vorhandenen Motivs, Abbilds oder Bildgegenstands durch ein beliebiges technisches Verfahren, sei es chemisch‐physikalisch, elektronisch (digital) oder andersartig, welche eine persönliche geistige Schöpfung nach § 2 Abs. 2 UrhG darstellt

• Gestaltungshöhe erfordert, dass die künstlerische Auffassung und Gestaltungskraft des Fotografen, sei es durch die Wahl des Motivs, durch Herausarbeitung von Licht und Schatten, durch Retuschierungen, etc. zum Ausdruck kommt

• Verhältnis zu § 72 UrhG

Die Werkarten gem. § 2 I UrhGFilmwerke gem. Nr. 6

• Filmwerke sind komplexe Werke, bei denen verschiedene Werkarten miteinander kombiniert zum Einsatz kommen

• Das betrifft sehr häufig Sprachwerke (Text), Werke der Musik und Lichtbildwerke 

• Diese einzelnen Komponenten verschmelzen sodann zu einem einheitlichen Werk, welches § 2 Abs. 1 Nr. 6 UrhG als Filmwerk bezeichnet

• Schutzgegenstand ist die bewegte Bildfolge oder Bild‐Tonfolge, die durch Aneinanderreihung fotografischer oder fotografieähnlicher Einzelbilder entsteht

• Zu den Werken, die ähnlich wie Filmwerke geschaffen werden, zählt man Zeichentrick‐, Animationsfilme und Computerspiele

Die Werkarten gem. § 2 I UrhGTechnische und wissenschaftliche Darstellungen gem. Nr. 7

• Dazu gehören Darstellungen in Fläche oder Raum, die aber nicht wie Kunstwerke einen ästhetischen Gehalt haben, sondern wie Sprachwerke eine wissenschaftliche oder technische Information ausdrücken und veranschaulichen

• Im Hinblick auf den Schutzumfang des § 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG gilt das Dogma von der Freiheit wissenschaftlicher Erkenntnisse 

• Deshalb ist der Schutz allein auf die konkrete Darstellung beschränkt

• Der wissenschaftliche oder technische Inhalt bleibt als Idee frei

Die Werkarten gem. § 2 I UrhGComputerprogramme und Multimedia

Fall 27 („The Social Network“; LG Köln MMR 2009, 641)Die Facebook Inc. betreibt unter www.facebook.com einen Dienst in Form eines sog. sozialen Netzwerks. Diesem liegt ein PHP‐Quellcode zugrunde, den ihre eigenen Mitarbeiter programmiert haben. Die Komplexität der Programmierleistung übersteigt diejenige trivialer Programme. Die poolworks Ltd. betreibt unter der Domain www.studivz.de ebenfalls ein soziales Netzwerk, welches demjenigen der Facebook Inc. sehr stark ähnelt. So unterscheiden sich die Webseiten des Dienstes unter studivz.de von denen unter facebook.com nur in wenigen Punkten. Etwa hat die poolworks Ltd. die Grundfarbe geändert und ihr eigenes Logo eingesetzt. Ansonsten sind die Seiten in Aufbau, Schriftbild und Funktionalitäten weitgehend identisch. Sind der poolworks Ltd. Urheberrechtsverletzungen vorzuwerfen? 

Die Werkarten gem. § 2 I UrhGComputerprogramme und Multimedia

Schutz der Bildschirmoberfläche • Tauglicher Gegenstand des urheberrechtlichen Schutzes kann die auf der Bildschirmoberfläche sichtbare Ausführung des Programms sein (sog. „Oberflächenschutz“)

• Die konkrete Werkart hängt vom Einzelfall ab

• Denkbar sind insbesondere Schriftwerke, Werke der angewandten Kunst oder auch technische Darstellungen 

• Schutz besteht jedoch nur für die äußere und innere Ausdrucksform

• Diese Ausdrucksformen müssen überdies die erforderliche Schöpfungshöhe erreichen

Die Werkarten gem. § 2 I UrhGComputerprogramme und Multimedia

Schutz des zugrunde liegenden Computerprogramms• Computerprogramme sind Sprachwerke i.S.d. § 2 I Nr. 1 UrhG

• Ihr Schutz ist näher ausgestaltet durch die §§ 69a ff. UrhG

• Diese beruhen auf der RL 2009/24/EG (Computerprogramm‐Richtlinie)

• Computerprogramm = ist eine Abfolge von Befehlen, die nach Aufnahme in einen maschinenlesbaren Träger fähig sind, zu bewirken, dass eine Maschine mit informationsverarbeitenden Fähigkeiten eine bestimmte Funktion oder Aufgabe oder ein bestimmtes Ergebnis anzeigt, ausführt oder erzielt

• Die erforderliche Gestaltungshöhe ist bereits erreicht, wenn die Programmierung über Banalitäten hinausgeht, die jeder Programmierer genauso machen würde

• Geschützt sind insbesondere der Quell‐ und der Maschinencode und das zugrunde liegende Entwurfsmaterial, soweit es ausgestaltet ist und Schöpfungshöhe erreicht

Die WerkartenBearbeitung gem. § 3 UrhG

• Die Bearbeitung ist der Oberbegriff für Umformung und inhaltliche Umgestaltung

• Sie wird definiert als Geistesschöpfung von individuell‐kreativem Charakter, welche unter Verwendung eines bestehenden Werkes so geschaffen wird, dass das umgearbeitete Werk in seinem wesentlichen Charakter erkennbar bleibt

• Die Umformung lässt das Originalwerk inhaltlich unberührt und nimmt lediglich äußere Anpassungen vor, um die Verwertungsmöglichkeiten zu erweitern

• Die inhaltliche Umgestaltung lässt demgegenüber inhaltliche Eingriffe in das vorgefundene Werk erkennen, trotz derer es weiterhin erkennbar bleibt