sam. Sachsen-Anhalt-Magazin Ausgabe Dezember 2011

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07/ 11 BERICHTE AUS WIRTSCHAFT UND GESELLSCHAFT Aus allen Richtungen Sachsen-Anhalt profiliert sich als wichtiger Logistikstandort Seite 10

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BERICHTE AUS WIRTSCHAFT UND GESELLSCHAFT

Aus allenRichtungenSachsen-Anhalt profiliert sich als wichtiger Logistikstandort Seite 10

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Effizienz ist überall. Sie umgibt uns in nahezu jeder Situation und zu jeder Zeit. Wir alle machen uns jeden Tag zum Sklaven eines Wortes, dessen Bedeutung ebenso vielschichtig ist wie seine Anwendungsgebiete. Denn was ist eigentlich Effizienz? Haben Sie sich darüber schon mal Gedanken gemacht?

Bei mir fängt der Tag schon effizient an. Nach dem Weckerklin-geln starte ich den Parallelbetrieb, nur um bloß keine Zeit zu verschwenden. Bevor ich unter die Dusche steige, gebe ich der Kaffeemaschine das „go“. Während mein Computer hochfährt, putze ich mir die Zähne, und während ich meine E-Mails abru-fe, studiere ich meinen Terminkalender. Ich leere den Postkas-ten, während ich am Handy telefoniere und schwatze mit dem Nachbarn, während ich gleichzeitig den Müll sortiere.

Ich plane den Tag so, dass ich möglichst alles in einem Rutsch erledigen kann. Das muss ich von meinen Großeltern haben. Mein Opa hat früher nur einmal in der Woche das Auto aus der Garage geholt. Ich kann mich genau dran erinnern. Alle Termine und Wege wurden auf diesen Tag gelegt und miteinander ver-bunden: Arzt, Einkaufen, Behörden und Besuche. Es hat irgend-wie funktioniert. Die Effizienz stelle ich allerdings aus heutiger Sicht infrage.

Und trotzdem: Oma und Opa haben das für sie beste Verhältnis zwischen Aufwand und Nutzen geschaffen. Es ging ihnen dar-um, Geld und Zeit zu sparen. Logistiker wissen, wovon ich rede. Effizienz ist für sie gleichbedeutend mit Erfolg. Die Schnellsten, Besten und Zuverlässigsten werden überleben. Und die Innova-tivsten. Das wissen die Wissenschaftler.

Mir scheint eine Kombination aus allem absolut zukunftsfähig. Warenströme, Lieferketten, Transportzeiten – alles funktioniert im Zeichen der Effizienz. Und weil wir es so erwarten. Neue, globale Herausforderungen geben den Anstoß für Mut, For-schung, Entwicklungen und Erfindungen. Sachsen-Anhalt hat das längst erkannt. Es geht mit dem Galileo-Testfeld innerhalb der Landesinitiative „Angewandte Verkehrsforschung“ und der beispielhaften Bündelung von Know-how einen deutschland-weit einmaligen Weg.

Denn eine schlaue Logistik und eine ausgeklügelte Effizienz ge-hören zusammen. Jeden Tag, in jeder Situation und zu jeder Zeit.

Sabrina Gorges, Autorin

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Aus meiner Sicht

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Interview

Lebensadern für die WirtschaftIm Gespräch mit dem DIHK-Vizepräsidenten Klaus Olbricht………………………….……...……………………….. 6

Logistik

Logistikstandort Sachsen-Anhalt wächstHanse-Terminal des Magdeburger Hafens istwichtiger Knotenpunkt………………….……………….…..10

Wissenschaft

Der Klimawandel ist längst daMit TERENO wollen UFZ- Forscher genauere Umweltprognosen geben…………..……………………….. 14

Medizin

Wenn ein Mensch zu früh gehtAOK Sachsen-Anhalt spannt ambulantes Versor-gungsnetz für schwerstkranke Kinder....…………..18

Wirtschaft

Rückkehr zu den WurzelnWeber Rohrleitungsbau schreibt wieder Erfolgs-geschichte in Merseburg…………….……………………....22

Visionen

Wirtschaft und Wissenschaft verknüpfenAutorenbeitrag von Wissenschafts- und Wirtschaftsministerin Birgitta Wolff….………..……26

Tradition

Bernsteinzimmer verführt zum VernaschenIm Hallorenmuseum in Halle wird die Schulstunde zum Genuss.……………………………….…28

Regionalmarketing

Altmark setzt MarkenzeichenSachsen-Anhalts nördlichste Region will weg vom „Nur Natur“-Image……………………….......32

Forschung

Weiter Weg bis zum MarsMagdeburger Wissenschaftler erforscht das Immunsystem in Schwerelosigkeit…............…….39

Handwerk

Der ScharfmacherSenfmüller aus Halle erobert den Feinschmecker-Markt…....……………………………………36

Sachsen-Anhalt ist Forscherland für Logistiker Seite 10

Die Logistikbranche wächst rasant. Sie geht in die Breite und in die Tiefe. Inno-vationen stehen ganz vorn an, weil jeder bemüht ist, die Effizienz zu steigern. Sachsen-Anhalt bietet Forschern, Tüftlern und Entwicklern beste Bedingungen, um den regionalen Logistikstandort weiter nach vorn zu treiben. Ein Besuch bei Visionären in Magdeburg.

Lebensadern für die Wirtschaft Seite 6

Der Bundesregierung fehle es bei Infrastrukturvorhaben an einer klaren Linie, ärgert sich Klaus Olbricht, Vizepräsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages und Prä-sident der Industrie- und Han-delskammer Magdeburg. Er fordert die schnelle Umset-zung des Saalekanals und wei-terer ostdeutscher Verkehrs-projekte. Im Gespräch mit demSachsen-Anhalt-Magazin be-gründet er seine Ungeduld.

4 In diesem Heft

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Impressum:

HERAUSGEBERSAM. Sachsen-Anhalt-Magazin Verlag GbRGeschäftsführer: Michael Scholz, Wolfgang Preuß

KONTAKTSAM. Sachsen-Anhalt-Magazin Verlag GbRSchilfbreite 3, 39120 MagdeburgTel. 0391 63136-45, Fax 0391 63136-47

[email protected]

REDAKTIONSLEITUNGUte Semkat, Christian [email protected]

ANZEIGENTel. 0391 [email protected]

FOTOGRAFIE Michael Uhlmann

DRUCK Harzdruckerei GmbH, Wernigerode

Schutzgebühr: 4,00 EUR

Das Magazin und alle darin enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Der Nachdruck – auch auszugsweise – ist nur mit schriftlicher Genehmigung und Quellenangabe gestattet. Für unverlangt eingesandte Manuskripte und Bilder wird keinerlei Gewähr übernommen. Die namentlich gekennzeichneten Beiträge stehen in der Verantwortung des jeweiligen Autors.

4. Jahrgang 2011

ISSN 1868-9639

Ein Biss verführt Seite 28

Der Genuss von Schokolade soll Glückshormone wecken und die Sinne anregen. Warum also nicht einmal eintauchen in den Duft einer Schokoladenwolke und staunend versinken in den Anblick eines Wohnzimmers ganz aus veredeltem Kakao und Marzipan? Das geht: im Halloren Schokoladenmuseum in Halle. Lassen Sie sich verführen.

Der Klimawandel ist längst in unserenBreiten angekommen Seite 14

Wissenschaftler des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung beobachten die Veränderungen. Mit TERENO haben sie auch Voraussetzungen für genauere Vor-hersagen von Veränderungen an der Hand.

Briefe an die Redaktion

Leserzuschriften…………………………………………………….42

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In diesem Heft

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Nach der Finanzkrise 2008/09 hat die deutsche Wirtschaft eine rasante Aufholjagd hingelegt. Die Steuereinnahmen sprudeln, die Arbeitslosigkeit sinkt. In den vergangenen Monaten gab es allerdings fast täglich neue Hiobsbotschaften von den Finanz-märkten. Das Konjunkturklima wandelt sich. Alle reden von Krise. Sind die fetten Jahre jetzt vorbei?

Klaus Olbricht: Die ganz fetten Jahre sind sicherlich vorbei. Die deutsche Wirtschaft befindet sich aber nicht in einem Ab-schwung, sondern das Wachstum verlangsamt sich. Und das auf gutem Niveau. Die Arbeitslosenzahlen werden weiterhin sinken, was allerdings auch auf den demografischen Wandel zurückzuführen ist. In Sachsen-Anhalt haben die Unterneh-men die Krise sehr gut bewältigt. Von neuen Problemen ist hier noch nichts zu spüren.

Dennoch gibt es angesichts der Euro-Schuldenkrise die Furcht vor einem so genannten Double-Dip, also dem zweimaligen Abtauchen in eine Rezession. Beim ersten Mal ist Deutschland relativ glimpflich davon gekommen. Wie stehen die Chancen diesmal?

Klaus Olbricht: Diese Furcht teile ich nicht. Dass die wirtschaft-liche Entwicklung zyklisch verläuft, ist bekannt. Nach jedem Aufschwung gibt es einen Abschwung. Wann der konkret eintritt, weiß niemand im Voraus. Dass Griechenlands Schul-denproblem Auswirkungen auf uns haben wird, ist abzusehen, denn es wird sehr viel Geld dorthin transferiert. Ob das alles so gut ist, bezweifle ich.

Was halten Sie vom Europäischen Rettungsschirm?

Klaus Olbricht: Den Rettungsschirm sehe ich äußerst skeptisch, denn ich habe als Unternehmer einmal gelernt: Der erste Ver-lust ist der Beste. Und ein Ende mit Schrecken ist noch immer besser als Schrecken ohne Ende.

Angesichts dieser positiven Grundeinschätzung kann sich doch die Bundesregierung jetzt Steuersenkungen leisten. Oder sind sie sogar nötig, um die Konjunktur anzukurbeln?

Klaus Olbricht: Es ist immer schön, Geld für den Konsum zur Verfügung zu haben. Aber man kann immer nur soviel konsu-mieren, wie man es sich auch leisten kann. Im Moment kön-nen wir uns keine Steuersenkungen leisten. Wer solche Pläne schmiedet, muss auch Vorschläge zur Gegenfinanzierung ma-chen. Dazu ist von der Bundesregierung nichts zu hören. Im Endeffekt bedeuten also Steuersenkungen neue Schulden. Der Schuldenberg der Bundesrepublik ist schon jetzt groß genug. Wir sollten lieber an die nachkommenden Generationen den-ken und ihnen nicht noch mehr aufbürden. Irgendwer muss ja die Schulden einmal abzahlen. Wenn dazu keiner mehr in der Lage ist, haben wir auch in Deutschland griechische Ver-hältnisse.

Insgesamt zog der Jahresbericht zum Stand der Deutschen Ein-heit eine ernüchternde Bilanz. Der Aufholprozess der ostdeut-schen Wirtschaft ist ins Stocken geraten. Beunruhigt Sie das?

Klaus Olbricht: Das beunruhigt mich nicht. Wir haben mittler-weile ein gutes Niveau erreicht, was die Infrastruktur, die öf-fentlichen Verwaltungen und das öffentliche Leben betrifft. Dass wir bei Löhnen und Gehältern noch keine Angleichung haben, ist bedauerlich. Aber das wird der Markt richten. Wenn die Unternehmen in Ostdeutschland nicht in absehbarer Zeit entsprechende Löhne und Gehälter zahlen, werden sie nicht mehr die Fachkräfte bekommen, die sie brauchen. Hier ist ein Umdenkprozess nötig. Bisher war der Arbeitsmarkt gut gefüllt. Die Firmen konnten aus einem großen Reservoir aus-wählen. Das ändert sich gravierend. Wer gute Fachleute ha-ben möchte, muss diese auch entsprechend bezahlen, in Ost wie in West.

Das geringere Lohnniveau galt lange als „Standortvorteil“ Ost-deutschlands. Was halten Sie vor diesem Hintergrund von Min-destlöhnen?

Klaus Olbricht: Wir brauchen keine Mindestlöhne. Die Politik sollte sich nicht in die Tarifautonomie einmischen. Der Markt muss es richten. Wenn eine Mindestgrenze festgelegt wird, setzt man damit eine Spirale nach oben in Bewegung.

„Wir brauchen die ostdeutschen Wasserwege“DIHK-Vizepräsident Klaus Olbricht fordert von der Bundesregierung eine klare Linie zu Verkehrsprojekten

6 Interview

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Sachsen-Anhalts Bruttoinlandsprodukt wuchs im ersten Halb-jahr um 4,5 Prozent. Landeswirtschaftsministerin Birgitta Wolff (CDU) kommentierte das mit den Worten: „Sachsen-Anhalts Wirtschaft ist im Konzert der Länder tonangebend.“ – Aber doch nur mit einer Triangel, wenn man die Wirtschaftskraft insge-samt betrachtet?

Klaus Olbricht: Bundesweit sind uns Bayern, Baden-Württem-berg und die anderen großen alten Bundesländer natürlich noch weit voraus. Aber im Konzert der ostdeutschen Bun-desländer sind wir führend. Wir sind das am dynamischsten wachsende Bundesland, wobei man natürlich das Ausgangs-niveau berücksichtigen muss. Inzwischen können wir uns aber mit westlichen Ländern wie Bremen oder dem Saarland mes-sen, was die Wirtschaftskraft betrifft. In den zurückliegenden 20 Jahren hat Sachsen-Anhalt eine rasante Entwicklung auf diesem Gebiet gemacht.

Wo liegen die wirtschaftlichen Stärken des Landes?

Klaus Olbricht: Die Ernährungswirtschaft hat sich bestens entwickelt. Die Firma Rotkäppchen ist bun-desweit Marktführer in Sachen Sekt. Kathi-Kuchen-mehl hat sich einen festen Platz auf dem Markt er-obert, um nur zwei Beispiele zu nennen. Es hat sich eine Automobil-Zulieferindustrie mit über 250 Un-ternehmen entwickelt. Sachsen-Anhalt ist führend im Bereich der erneuerbaren Energien, sowohl bei der Erzeugung, aber auch bei der Herstellung der dafür erforderlichen Ausrüstungen. Wir sind insge-samt relativ gut und breit aufgestellt.

Aber gerade in den innovativen Branchen wie der Solarindustrie ziehen derzeit dunkle Wolken auf. Q-Cells vermeldete im dritten Quartal tiefrote Zahlen.

Klaus Olbricht: Das Problem sehe ich hier in der Förderpolitik. Deutschland fördert laut EEG (Er-neuerbare-Energien-Gesetz – d. Red.) beispiels-weise die Erzeugung von Elektroenergie aus Photovoltaik. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Photovoltaik-Anlagen in Deutschland, in China oder sonstwo auf der Welt hergestellt wurden. Ausländische Billigprodukte überschwemmen derzeit den Markt. Um es auf den Punkt zu brin-gen: Durch dieses System fördert Deutschland chinesische Arbeitsplätze.

Vor kurzem haben Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) und Landesverkehrsminister Thomas Webel (CDU) den Start-schuss für den Bau der A14-Nordverlängerung gegeben. Welche Bedeutung hat dieser Lückenschluss für die Unternehmen in Sachsen-Anhalt und bundesweit?

Klaus Olbricht: Für mich persönlich kommt die A 14-Nordverlän-gerung schon viel zu spät. Zwischen der A 7 im Westen und der A 10 im Osten gibt es das größte autobahnfreie Gebiet Deutsch-lands. Die A 14 ist für die Entwicklung des Nordens Sachsen-Anhalts von entscheidender Bedeutung. Sie wird nicht nur der Wirtschaft und dem Tourismus in der Altmark einen Schub geben, sondern auch der Investitionstätigkeit. Das ist durch Er-fahrungen anderer Regionen belegt. Diese Autobahn wird auch als Transitstrecke von Skandinavien Richtung Süddeutschland, Italien und Tschechien eine enorme Rolle einnehmen, denn da-durch verkürzt sich die Verbindung aus Süd- und Mitteldeutsch-land zu den Ost- und den Nordseehäfen.

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Interview

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Der Baubeginn wurde durch Klagen von Umweltschützern verzögert und die Gegner drohen damit, jeden einzelnen Ab-schnitt juristisch überprüfen zu lassen. Fürchten Sie nicht, dass dadurch das Gesamtprojekt bis auf den Sanktnimmerleinstag verzögert wird?

Klaus Olbricht: Diese Kultur des Streitens, Stichwort Stuttgart 21, nimmt immer mehr zu in Deutschland, und wir blockieren uns damit eventuell große Infrastrukturmaßnahmen, die einfach notwendig sind. Es werden 150 Millionen Euro im Rahmen des Autobahnbaus für den Umweltschutz ausgegeben. Dazu gehö-ren Brücken, damit das Wild die Seiten wechseln kann und Fle-dermäuse sicher über die Fahrbahn fliegen können. Mir ist nicht bekannt, dass jemals eine größere Zahl von Fledermäusen mit einem Auto kollidiert wäre. Aber auch diese theoretische Gefahr wird berücksichtigt. Ich hoffe, dass die Vernunft siegt und diese Autobahn ohne weitere größere Verzögerung gebaut werden kann.

Ist die Straßeninfrastruktur in Ostdeutschland damit schon komplett?

Klaus Olbricht: Wenn die A 14 fertig ist, haben wir einen bedeu-tenden Schritt getan. Es fehlen aber noch leistungsfähige Ost-West-Verbindungen. So müsste die B 6n vom Harz Richtung Osten bis zur polnischen Grenze verlängert werden. Auch für die B 190 im Norden ist eine Verlängerung Richtung A 24 und damit in den Berliner Raum vorgesehen. Die ist im Rahmen der A 14-Planung Bestandteil der so genannten Hosenträger-Variante. Darüber hinaus gibt es einige kleinere Projekte wie Umgehungsstraßen. Diese Vorhaben sind unbedingt erforder-lich, denn das Verkehrsaufkommen wird in den kommenden Jahren bundesweit weiter steigen.

Auch auf der Schiene ist eine neue Nord-Süd-Achse geplant. Da die bisherige Trasse von Hamburg und Bremen nach Süddeutschland und Italien den wachsenden Güterverkehr nicht mehr bewältigen kann, ist ein „Bypass“ zur Hauptmagistrale über Uelzen, Stendal, Magdeburg, Hof nach München im Gespräch. Welche Chancen hat dieses Projekt?

Klaus Olbricht: Einen neuen Schienenweg in Deutschland zu planen, ist noch langwieriger als jedes andere Verkehrsprojekt. Planungsaufwand und Vorlaufzeiten sind größer als bei der Straße und auch hier ist mit Widerständen zu rechnen. In abseh-barer Zeit kann ich mir eine solche neue Schienenverbindung nicht vorstellen. Um das wachsende Güteraufkommen aus den

Häfen bewältigen zu können, sollten neben dem A 14-Lücken-schluss die vorhandenen Verkehrswege ausgebaut werden. Dazu zähle ich auch den Wasserweg. Die Elbe verbindet Ham-burg mit Mitteldeutschland und Tschechien. Hier sollte inves-tiert werden, um den Fluss wieder so herzustellen, wie er vor dem Hochwasser 2002 war, nämlich mit 2,20 Metern durch-schnittlicher Wassertiefe.

Der erste Anlauf des Bundesverkehrsministeriums zur Kategori-sierung der Wasserstraßen ist auf wenig Gegenliebe gestoßen. Finanz- und Verkehrsausschuss des Bundestags haben eine Über-arbeitung gefordert. Welche Rolle sollten die großen Flüsse Sachsen-Anhalts, also die Elbe und die Saale, in einem überarbeiteten Wasserstraßenkonzept des Bundes spielen?

Klaus Olbricht: Die ostdeutschen Industrie- und Handelskam-mern haben eine Resolution an das Bundesverkehrsministe-rium gerichtet, in der wir unsere Ablehnung der bisherigen Kategorisierungspläne bekunden. Wasserstraßen sind die ökologischsten Verkehrswege. Hier können mit dem gerings-ten Aufwand die meisten Güter transportiert werden. Würden die Pläne des Bundesverkehrsministeriums umgesetzt und die beiden Flüsse zu Restwasserstraßen herabgestuft, macht das den wirtschaftlichen Schiffsverkehr unmöglich. Wir bräuchten dann bis 2025 eine halbe Million mehr Lkw auf den Straßen. Wir brauchen die ostdeutschen Wasserstraßen als Schiff-fahrtswege ebenso wie den Rhein oder die Donau. Dazu ge-

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hört neben Oder und Elbe auch die Saale. Dort ist bereits viel Geld investiert worden, unter anderem in den Hafen in Halle, der leider nicht richtig genutzt werden kann.

Stichwort Saale-Seitenkanal. In Sachsen-Anhalt hat sich ein breit aufgestelltes Bündnis formiert, das die objektive Prüfung dieses Vorhabens fordert, welches immerhin im vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans steht. Wie bewerten Sie das Ver-halten des Bundesverkehrsministeriums, das dieses Projekt erst streichen wollte und nun doch wieder prüfen will?

Klaus Olbricht: Als einer der Erstunterzeichner dieses Bündnis-ses finde ich diese Eierei unmöglich. Der Kanal ist notwendig. Dazu sollte es auch auf Bundesebene eine klare Linie geben, die heißt: Wir brauchen ihn und wir bauen ihn, damit die Saale komplett genutzt werden kann, einschließlich des Hafens in Halle.

Welche Rolle spielen die ostdeutschen Wasserwege in der interna-tionalen wirtschaftlichen Zusammenarbeit?

Klaus Olbricht: Seit über zehn Jahren arbeiten die ostdeutschen Industrie- und Handelskammern mit Partnern in den Nachbar-ländern im Rahmen der Kammerunion Elbe-Oder zusammen. Über 30 Kammern aus Deutschland, Polen und Tschechien ge-hören ihr an. Die Union hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Region um die beiden Flüsse als einen gemeinsamen Wirt-

schaftsraum zu entwickeln. Die Elbe spielt hier eine zentrale Rolle, insbesondere als Verbindung zwischen dem Hamburger Hafen und Tschechien.

Die Entwicklung der Märkte lässt sich ebenso schwer vorhersagen wie das Wetter. Dennoch die Bitte um eine Prognose: Wo wird die deutsche Wirtschaft am Ende des Jahres 2012 stehen?

Klaus Olbricht: Sie wird besser dastehen als jetzt. Die Arbeitslo-senzahl wird Ende 2012 noch niedriger sein als sie jetzt schon ist. Der Fachkräftebedarf wird weiter gestiegen sein, da sich die Bundesregierung sehr schwer damit tut, dringend benötig-te Fachkräfte aus dem Nicht-EU-Ausland ins Land zu lassen. Es wird ein Wirtschaftswachstum gegeben haben. Wie stark lässt sich derzeit schwer einschätzen, vielleicht zwischen einem und 1,5 Prozent.

Sie haben also keine Angst, dass die Horrorszenarien von einer großen Krise eintreffen?

Klaus Olbricht: Davor habe ich keine Angst. Ich sehe derzeit kei-ne Kreditklemme wie bei der zurückliegenden Krise. Die Politik hat auch daraus gelernt. Sie unternimmt gemeinsam mit der Wirtschaft und den gesellschaftlichen Kräften große Anstren-gungen, um das Abdriften in eine große Krise zu vermeiden. Ich bin optimistisch, dass diese Anstrengungen von Erfolg gekrönt sein werden.

Das Gespräch führte Christian Wohlt.

Klaus Olbricht (Jahrgang 1953) leitet als Geschäftsführer die exportorientierte Elektromotoren und Gerätebau Barleben GmbH. Seit 2007 ist er Präsident der Industrie- und Handelskammer Magdeburg. Im Jahr 2009 wurde er zum Vizepräsidenten des Deutschen Industrie- und Handelskammertages gewählt.

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Interview

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Früher war alles so einfach. Im Mittelalter führte die logistische Kette der Waren vom Erzeuger bis zum Kunden über holprige Feldwege. Waren wurden per Pferde- oder Ochsenkarren vom Bauern auf den nächstgelegenen Marktplatz geschafft, wo er sie gleich an den Endverbraucher verkaufte. Der Markt als ein-facher Umschlagplatz – logistische Nahtstellen gab es kaum, Effizienz auch nicht. Heute hat Logistik Dimensionen erreicht, die nur noch in rudimentären Ansätzen etwas mit dem Och-senkarren und dem Treiben auf dem Marktplatz zu tun haben. Beschaffung, Produktion und Vertrieb von Waren bestehen in ei-ner globalen Welt aus komplexen Logistikströmen. Sie sind auf

eine immer größer werdende Zeit- und Kostenersparnis ausge-richtet und bilden ein verzweigtes Netz aus Straßen, Wasser-, Luft- und Schienenwegen. Nahtstellen, die immer transparen-ter, sicherer und effizienter werden müssen.

Der Weg in die Logistikwelt des 21. Jahrhunderts führt zu-nächst in ein rotes Backsteingebäude am Magdeburger Wis-senschaftshafen. Es ist flach, gut 50 Meter lang und heißt „Speicher K“. Als sich eines der blauen Rolltore öffnet, stehe ich gleich mittendrin: Im deutschlandweit modernsten Entwick-lungslabor für sichere, nachhaltige und intelligente Logistik.

„Ware wird nicht nur transportiert, sie hat eine Arbeit zu leisten!“In der Logistikbranche mischt sich Intelligenz mit Visionen. Das ist sehr innovationsfreundlich – und steigert die Effizienz

Von Sabrina Gorges

Ein kleiner Zettel mit großer Wirkung: Der eher unscheinbare RFID-Chip ermöglicht eine Funkerkennung und damit eine genaue Erfassung und Verfolgung von Warensendungen – vom Produktionsort bis zum Ladentisch.

10 Logistik

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Es ist aufgeräumt, fast schon steril. Ich sehe einen Gabelstap-ler, einen vollen Kleiderständer, eine Dachziegel-Palette und eine Mini-Kranbahn, wie man sie von Containerumschlagplät-zen in Häfen kennt. Sogar eine Autorennbahn und ein kom-plettes Fahrgastinformationssystem gibt es hier. Im März 2010 ist dieses Labor in Betrieb gegangen.

Olaf Poenicke kommt mir entgegen und streckt die Hand aus, um mich zu begrüßen. Er ist jung und lächelt freundlich. Da ich mich in einem Labor befinde, hatte ich wuselnde Wissenschaft-ler in weißen Kitteln erwartet. Stattdessen schüttele ich einem dynamischen Jeansträger mit Dreitagebart die Hand. „Sie sind jetzt quasi schon beim Reinkommen durch eines unserer For-schungsobjekte gegangen“, schmunzelt der Wirtschaftsinge-nieur und deutet über meinem Kopf nach oben. Und tatsächlich: Von mir völlig unbemerkt, habe ich eine Art Tor durchschritten, einen glänzend weißen Kasten. Wäre ich eine Palette mit vielen Paketen drauf, würde dieses Tor jetzt ganz genau wissen, wie viele Packstücke ich mit mir rumschleppen muss. Kein müh-sames Nachzählen, keine Durchnummerierung und jederzeit kann etwas heruntergenommen oder dazugepackt werden. „Das ist ein RFID-Tunnelgate, das selbst stark verdichtete Waren erfassen, zählen und inventarisieren kann“, erklärt mir der Ex-perte. Vorausgesetzt, sie sind mit einem entsprechenden Chip

ausgerüstet. „RFID steht übrigens für Radio Frequency Identifi-cation und bedeutet etwa soviel wie Funkerkennung.“ Ich nicke und glaube, das Prinzip verstanden zu haben. Vor „Speicher K“ parkt ein roter Kleintransporter mit Ladecontainer. Darauf steht „Die Ware funkt!“. Ich beginne die Spannweite der Arbeit in die-sem Labor zu erfassen. Es geht um verschiedene, technische An-sätze für eine hochpräzise Ortung und Verfolgung von Waren. „Im Magdeburger Hafen gibt es eine Telematik-Plattform. Die sollten sie sich anschauen“, gibt mir der Ingenieur einen Tipp. Das werde ich noch tun. Später.

Olaf Poenicke arbeitet für das Fraunhofer-Institut für Fabrikbe-trieb und -automatisierung IFF. Das 1992 gegründete Institut mit rund 150 Mitarbeitern ist zu einem entscheidenden Teil an einem deutschlandweit einmaligen Netzwerk aus Forschung und Wirtschaft beteiligt. Sein Name: Galileo-Testfeld Sachsen-Anhalt. Schwerpunktmäßig kümmern sich kluge Köpfe unter der Federführung der Magdeburger Otto-von-Guericke-Univer-sität um die Zukunft der Mobilität. Sie koppeln Technologien aus der Kommunikations-, Informations- und Sicherheitswelt, machen sie effizienter, schlauer, besser und schneller. Das be-reits erwähnte Galileo-Testfeld – zu dem Entwicklungslabor und Hafen-Terminal gehören – ist das Referenzprojekt der seit 2008 laufenden Landesinitiative Verkehrsforschung/Galileo-

Einmal durch, alles erfasst: Ingenieur Olaf Poenicke (li.) vom Fraunhofer-Institut und dessen Leiter Michael Schenk ziehen im Magdeburger Ent-wicklungslabor „Speicher K“ einen Palettenhubwagen durch ein sogenanntes RFID-Tunnel-gate, das mittels Funkerken-nung und spezieller Chips sofort die Paketanzahl haargenau ermitteln kann.

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Transport. Galileo ist übrigens der Name des europäischen Satelliten-Navigationssystems, dem Gegenstück zum weit ver-breiteten US-Dienst GPS. Doch anders als der Name es vermu-ten lässt, beschränkt man sich nicht ausschließlich auf Galileo, sondern will sich perspektivisch allen Satellitensystemen öff-nen. Auch eine Frage der Effizienz.

Ich sitze im Büro von Michael Schenk. Vor seinem Namen stehen elf Abkürzungen, davon allein zwei Mal die Abkürzung für Pro-fessor. Ich blicke auf ein Miniaturwindrad, das auf dem breiten Fensterbrett steht und sehe die behäbig dahinfließende Elbe. Michael Schenk ist ein großer, kahlköpfiger Mann mit Brille. Er trägt eine rotbraune Cordhose, ein braunes Jacket und eine freundliche, gelb gestreifte Krawatte. Der mehrfache Titelträger leitet das Fraunhofer Institut IFF. Er ist ein innovationshungriger Visionär, der Mitteldeutschland im Allgemeinen und Sachsen-

Anhalt im Speziellen als Logistikdrehscheibe in Europa sieht. Als er zu erzählen beginnt, lausche ich gespannt seinen Worten. „Wir sind eine klassische Verteilerregion“, sagt er. „Es geht dar-um, Waren von Nord nach Süd und von Ost nach West zu trans-portieren. Wir sitzen hier an einer Nahtstelle, die immens ist.“ Doch es geht nicht nur darum, ein blanker Umschlagplatz zu sein. „Die Logistikbranche wird immer stärker von Innovationen durchsetzt. Sie sorgen für Veränderungen und Investitionen. In Magdeburg ist es uns mit dem Galileo-Testfeld in einer einzig-artigen Weise möglich, komplexe Logistikprozesse und -syste-me zu entwicklen, sie zu simulieren und sie sogar unter realen Bedingungen zu testen.“ Dafür arbeiten die Wissenschaftler beispielsweise mit dem Dienstleister DHL, dem Modeunter-nehmen Gerry Weber oder eben dem nahe gelegenen Hafen zusammen. „Ware wird heute nicht mehr einfach nur hin- und hertransportiert. Ware hat heute eine Arbeit zu leisten.“

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Ich stelle mir die Region um Magdeburg als einen riesigen Gü-terverkehrsknoten vor. Jemand hat ihn aus unzähligen Straßen, dem Flughafen Halle/Leipzig, den Häfen in Magdeburg und Halle und einem gut ausgebauten Schienennetz gebunden. Aber das allein bedingt noch lange keine intelligenten Waren-ströme. Es geht um Know-how. „Es geht um die Kunst, die Tech-nologietreiber Navigation, Ortung und Kommunikation auszu-feilen, sie zu kombinieren und schlau einzusetzen“, erklärt der Institutsleiter. Treiben Magdeburger Forscher wie Olaf Poenicke also die Technologien auf die Spitze? Michael Schenk nimmt einen Schluck aus seiner Kaffeetasse, bevor er antwortet. „Das müssen sie. Und das ist nur logisch, denn alle bisherigen logisti-schen Prinzipien stehen auf dem Prüfstand.“

Ich frage Michael Schenk, ob es nicht auch darum geht, wer in Zukunft die Warenströme beherrschen wird. „Es geht nicht

um Macht oder Beherrschung im eigentlichen Sinne, weil je-der von den neuen Umschlagskonzepten profitiert“, antwor-tet er. „Wenn Waren verladen oder umgepackt werden, kann immer etwas schiefgehen. Früher konnte man für beschädigte oder verlorene Ware keinen wirklich haftbar machen. Es fehlte schlicht der Nachweis. Heute sorgen zum Beispiel die RFID- und Telematik-Technologien für eine punktgenaue Ortung und Überwachung der Waren.“ Der Professor macht eine Pause und lässt seine Worten wirken. „Das Modeunternehmen Gerry We-ber hat das in seine Transportkette integriert. Es sind einfache, kleine Etiketten, die sich in den Textilien befinden. Alles kann jetzt lückenlos überwacht werden, von China bis Deutschland.“

Ich habe neulich ein Zitat des Institutsleiters gelesen: „Ein Test-feld hat nur Sinn, wenn es der Praxis entspricht.“ Gesagt hat er das im Juni 2010, als im Magdeburger Hafen eine Forschungs-plattform für Logistik- und Verkehrssystem feierlich eröffnet wurde. Im Klartext bedeutet das: Viele Prozesse und Systeme, die Olaf Poenicke und seine Kollegen im Labor entwickeln und ertüfteln, können hier im Hanse-Terminal an der Elbe angewen-det und auf Herz und Nieren getestet werden. Und ich stehe praktisch mitten drauf – oder eben mittendrin. Es gibt Schienen, Kräne, Förderfahrzeuge und Container. Es ist das typische Bild eines Hafens, der logistische Hinterland-Drehscheibe und Frei-luftlabor in einem ist.

„Knotenpunkte stellen immer die kritischen Bereiche in ei-ner Logistikkette dar“, sagte Karl-Heinz Ehrhardt. „Hier kommt die Fracht an, wird verladen, umgepackt und verteilt. Es muss schnell gehen, und es dürfen keine Fehler passieren.“ Der Mann mit den dunklen, vollen Haaren ist Geschäftsführer der Mag-deburger Hafen GmbH. Wenn er von seinem Hafen und dem Logistik-Testfeld spricht, fällt gern das Wort „trimodal“. Es be-deutet, dass genau hier Wasserweg, Straße und Schiene verbun-den werden. Ein Knotenpunkt, in dem die innovativen Prozesse ganz genau erprobt werden können. Das Hanse-Terminal des Magdeburger Hafens ist eine begehrte Testumgebung für An-wendungsentwicklungen in Telematik und Logistik – ein ebenso simpler wie beeindruckender Abgleich von Soll- und Ist-Prozes-sen. So wie früher. Nur effizienter. n

www.iff.fraunhofer.de

Nicht nur ein einfacher Container, sondern ein intelligenter Ladungsträger für die City-Logistik von morgen: Der rote Kleintransporter fährt mit Elektroantrieb und der Wechsel-behälter steckt voller Sensortechnik, die vor allem den Trans-port sensibler und wertvoller Waren noch sicherer macht.

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Logistik

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Prof. Markus Weitere beugt sich über ein Wasserbecken und fischt Muscheln aus dem Sand. Konzentriert betrachtet er sie gemein-sam mit seinem Mitarbeiter Dr. Helge Norf. Die Wissenschaftler vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) beobach-ten, wie sich die Einwanderer aus Asien im Elbwasser entwickeln. Dazu leiten sie ständig frisches Elbwasser durch die Behälter in einem Messcontainer am Magdeburger Elbufer, in denen die Muscheln liegen. „Asiatische Körbchenmuscheln gab es hier ur-sprünglich nicht, aber sie haben sich in weiten Teilen der nörd-lichen Hemisphäre ausgebreitet“, erklärt Markus Weitere. „Im Rhein gibt es sie in Massen, hier in der Elbe bislang eher wenig.“Diese Muscheln sind zwar fremd, doch sie helfen, das Leben im Fluss im Gleichgewicht zu halten. Durch Nährstoffe im Wasser bilden sich Algen, die das Wasser grünlich färben. Die Muscheln wiederum filtern das Wasser und verhindern zu starke Algen-bildung. „Uns interessiert, warum sich die Muscheln in der Elbe nicht so wohl fühlen wie im Rhein“, begründet Markus Weitere die Beobachtungen. „Wir stellen aber fest, dass sie sich hier in den Becken hervorragend entwickeln.“

Die Beobachtung der Muscheln und eine Analyse ihrer Funk-tion im Ökosystem ist einer von vielen Bausteinen innerhalb von TERENO. Das Kürzel steht für Terrestrial Environmental Observatories. Innerhalb des TERENO-Projekts, an dem sechs Forschungszentren der Helmholtz-Gemeinschaft beteiligt sind, werden verschiedenste Umweltdaten erfasst. Vier Regionen in Deutschland sind dabei im Visier der Wissenschaftler. Dr. Stef-fen Zacharias koordiniert TERENO am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) und damit Wissenschaftler verschie-denster Fachrichtungen. Am UFZ erfassen und untersuchen Forschergruppen für einen langen Zeitraum Wetter, Wasser, Boden, Biodiversität, Luftqualität, Umweltökonomie und die Einflüsse sich ändernden Klimas sowie der Landnutzung auf die verschiedenen Umweltbereiche. Innerhalb von TERENO arbei-ten Wissenschaftler verschiedener Fachrichtungen zusammen und schaffen damit die Grundlage, die vielfältigsten Wechsel-wirkungen in der Umwelt zu erfassen. Die Forscher speisen ihre Daten auch in eine gemeinsame Plattform ein. Künftig sollen sie für jedermann im Internet abrufbar sein.

Steffen Zacharias zeigt auf einer Landkarte auf seinem Note-book: allein das TERENO-Gebiet in Sachsen-Anhalt umfasst zirka

27 000 Quadratkilometer. Es erstreckt sich vom Harz bis zur Elbe, von Leipzig bis Magdeburg. „Wir wollen herausfinden, wie sich hier Einflüsse wie etwa Klima- oder Landnutzungswandel auswirken“, erklärt Steffen Zacharias. „Das Problem ist, dass For-schungsprojekte normalerweise nur für wenige Jahre gefördert werden und die Messungen dann oft eingestellt werden.“ Um aber Modelle für die langfristige Entwicklung der Umwelt er-stellen zu können, müssen Daten über viele Jahre gesammelt werden. „Mit TERENO wird ein dichtes Netz an Instrumenten für Messungen über einen langen Zeitraum aufgebaut und der For-schung zur Verfügung gestellt.“

Markus Weitere interessieren in diesem Verbund speziell die Fließ-gewässer. Neben der Elbe hat er an der Bode und ihren Neben-flüssen ein weiteres großes Untersuchungsgebiet. Dort kann er auf Daten zurückgreifen, die mehrere Jahrzehnte zurückreichen. Das 3 300 Quadratkilometer große Einzugsgebiet der Bode ist seit den 1960-er-Jahren mit hydrologischen Messinstrumenten aus-gestattet. Spannend ist es auch wegen seiner unterschiedlichen Umweltbedingungen. Die Niederschlagsmengen reichen von etwa 450 Liter pro Jahr am Unterlauf bis zu 1 300 Liter am Brocken. Am Oberlauf wird das Land vor allem forstwirtschaftlich genutzt, weiter flussabwärts zunehmend landwirtschaftlich. Noch weiter flussabwärts muss der Fluss auch immer mehr Einträge durch die Siedlungen verkraften. Dünger, Nitrate, Chemikalien, Fassadenfar-ben, Arzneimittel, Nährstoffe – alles Substanzen, die das Wasser-system sowohl an der Oberfläche als auch im Grundwasser lange in seinem Gedächtnis behält. „Uns interessiert, welche Wechsel-wirkungen durch die stoffliche Belastung aus der Umgebung an-geschoben werden. Wie stark werden Ökosystemleistungen beein-flusst, und welche gewässerinternen Prozesse sind wichtig, um die Belastung abzupuffern? Um das zu erfahren, analysieren wir Tiere und Pflanzen, das Wasser aus der Umgebung, das Grundwasser.“

In großen Gewässern wie der Elbe wiederum stellen die Wissen-schaftler ein Zusammenwirken mit anderen Umwelteinflüssen fest. So sind die großen Flüsse mittlerweile als Bundeswasser-straßen über Kanäle miteinander verbunden. Diese Öffnung zusammen mit dem Schiffsverkehr sorgt für einen regen Aus-tausch zwischen ehemals getrennten Einzugsgebieten. Treffen der Eintrag von Substanzen ins Gewässer und veränderte Klima-bedingungen zusammen, können sich diese Einflüsse potenzie-

Asiatische Körbchenmuscheln in der ElbeMit TERENO sind Wissenschaftler des Helmholtz-Zentrums dem Klimawandel auf der Spur

Von Annette Schneider-Solis

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Markus Weitere und Helge Norf im Messcontainer. Sie beobachten hierunter anderem, wie sich asiatische Körbchenmuscheln im Elbwasser verhalten.

ren. „Das Ergebnis ist, dass neue Arten zuwandern und andere bis dahin im Fluss lebende Arten zurückgedrängt werden. Wir verzeichnen eine Verschiebung von Organismen und damit eine Veränderung des Ökosystems“, berichtet Markus Weitere.

Im Flussgebiet der Bode werden die Wissenschaftler des UFZ auch vom Landesbetrieb für Hochwasserschutz und dem Talsperrenbe-trieb Sachsen-Anhalt unterstützt. Letzterer hat als Betreiber der größten Trinkwassertalsperre Deutschlands, der Rappbodetalsper-re, sein ganz eigenes Interesse an der Forschung. Dr. Karsten Rinke, der im TERENO-Verbund die stehenden Gewässer erforscht, nennt die Gründe dafür: „Es ist ein seit längerem beobachtetes Phäno-men der nördlichen Hemisphäre, dass gelöste organische Kohlen-stoffe, insbesondere Huminstoffe, im Wasser zunehmen. Neben Effekten auf die Gewässerchemie und Wasserfärbung machen die Huminstoffe vor allem die anschließende Trinkwasseraufbereitung aufwändiger. Je höher der Gehalt an diesen Stoffen, desto größer

ist der verfahrenstechnische und finanzielle Aufwand in der Trink-wassergewinnung.“ Die Ursachen für diese Prozesse sind bislang unter Wissenschaftlern umstritten. Sind es steigende Temperatu-ren? Haben sich die Prozesse im Boden verändert? Ist der Rückgang des sauren Regens schuld? Das UFZ und TERENO wollen hier zur Aufklärung beitragen.

Während in großen Fließgewässern immer mehr fremde Arten auftauchen, registrieren die Wissenschaftler an kleinen Flüssen andere Phänomene. So können sich durch den Wechsel von Hoch-wasser- und Trockenperioden neue Arten ansiedeln. Andere, die mit dieser Art von Stress nicht klarkommen, verschwinden. Dieser Wechsel in der Wasserführung ist weit bedeutender als ein oder zwei Grad Temperaturunterschied. „Es gibt jedoch keine einfache Formel für die Folgen des Klimawandels“, erklärt Markus Weitere. „Allerdings gibt es Hebel wie ausbleibende oder seltener werden-de Frostereignisse im Winter. Das kann eine starke Wirkung

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Wissenschaft

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haben.“ Das Verschwinden oder Hinzukommen einzelner Artenhat weitreichende Folgen für die Gemeinschaft von Organis-men. Die Wissenschaftler vergleichen ihre Erkenntnisse mit denen anderer Forscher. Etwa vom Rhein. Der Fluss ist stärker durch Kraftwerke belastet als die Elbe und daher wärmer. „Der-zeit wandern dort massenhaft Grundeln ein“, erzählt Markus Weitere, „eine Fischgruppe, die im Südosten Europas zu Hause ist. Weil die kalten Winter fehlen, können Fremdlinge gut über-leben. Aber die Grundeln bringen das gesamte Nahrungsnetz und damit die Struktur der Lebensgemeinschaften durcheinan-der. Deren Einfluss auf das Ökosystem ist letztendlich stärker als der direkte Einfluss des Temperaturanstiegs. Wir untersuchen, ob das auch an der Elbe passieren kann und was das für Auswir-kungen auf die Funktion des Ökosystems hätte.“

Über die Langzeitdaten, die dank TERENO gesammelt werden, lassen sich auch Einflüsse eines sich ändernden Klimas ablesen. Ein warmer Sommer wirkt sich auf die Flüsse anders aus als ein kühler. „An der Bode sehen wir ganz deutlich, dass der Klimawan-

del bereits da ist“, interpretiert Steffen Zacharias. „Die Landwirte leben bereits mit der Tatsache, dass es wärmer wird und weniger regnet. Das beobachten wir seit 50 Jahren. Dank der Klima- und Niederschlagsmessgeräte und der vielen Pegel insbesondere im Bode-Einzugsgebiet können wir teilweise auf 100 Jahre alte Daten zurückgreifen.“ Diese und die jetzt von TERENO gesammelten Da-ten sind eine der wichtigsten Grundlagen für wissenschaftliche Rechenmodelle. Sie sind das Werkzeug, um vorherzusagen, wie sich die Umwelt verändert und welche Maßnahmen ergriffen wer-den können, um diesen Veränderungen zu begegnen. n

www.ufz.de

www.tereno.net

Steffen Zacharias prüft, wieviel Niederschlag einem Baum zur Verfügung steht. Ökohydrologische Messfelder wie am UFZ werden bald auch in der Börde aufgebaut.

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Eine Gemeinschaftsaktion von Sachsen-Anhalt-Magazin und radio SAW.

www.sachsen-anhalt-magazin-verlag.dewww.radiosaw.dewww.wir-sind-sachsen-anhalt.de

Nadine Kleinert (36), die „Grande Dame“ des Kugelstoßens,

ist gebürtige Magdeburgerin und eine der erfolgreichsten

Athletinnen des SC Magdeburg. Ihren ersten großen

internationalen Sieg feierte die 1,90 m große Sportlerin

als U 23-Europameisterin im Jahr 1997. Sie ist mehrfache

Deutsche Meisterin. Bei den Olympischen Spielen 2004 be-

legte sie den 2. Platz, ebenso bei den Weltmeisterschaften

1999, 2001, 2006 und 2009. Bei den Weltmeisterschaften

2004 und 2007 wurde sie Dritte.

„Ich mag Sachsen-Anhalt, weil ich mich in diesem Land zu Hause fühle und wir hier keine ruhige Kugel schieben.”

Wir sindSachsen-Anhalt

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Jenny schaut keinen an. Und Jenny redet nicht. Sie sitzt neben ihrer Mutter im Foyer des halleschen Universitätsklinikums und guckt beharrlich zur Treppe samt ihrem verglasten Aufzug. Man kann die tragenden Stahlseile sehen und die Kabel, die sich mit dem Auf und Ab des Fahrkorbes dehnen oder lockern. Ein end-loses Spiel zwischen den Etagen. Jenny ist 11, bildhübsch, zart gebaut. Sie wirkt kess und patent, sicher verankert im Leben, scheinbar sicher verortet in der Zukunft. In Jennys Haar leuch-ten zwei rubinrote Strassperlen, eine funkelnde helle Perle ent-decke ich auch am linken Nasenflügel, eine auf ihrem rechten Schneidezahn. Aber dessen zartes Glitzern werde ich erst später sehen dürfen. Später, wenn Jenny in der Cafeteria sitzen und gemeinsam mit ihrem Arzt erzählen und lachen wird. Wir wer-den uns darüber freuen, werden mitlachen und reden und doch wissen, dass wir lediglich Zuschauer im Leben eines Mädchens sind, das genau weiß, was „Auf“ und „Ab“ bedeutet, und dessen „Limit“, wie es heißt, bereits abgemessen ist. Denn Jenny ist un-heilbar an Krebs erkrankt.

Erst vor zwei Tagen habe ich dieses Wort zum ersten Mal gehört: Lebenslimitierende Erkrankungen. Es meint Krankheiten, bei de-nen es keine realistische Hoffnung auf Heilung gibt, an denen Kinder, respektive Jugendliche, vor dem Erreichen des Erwachse-nenalters sterben werden – deren Verlauf tödlich ist. In Sachsen-Anhalt zählt man jährlich etwa 30 derartiger Kinderschicksale. Für die betroffenen Familien ist die Diagnose schlichtweg eine Katastrophe und unvorstellbar schwer – wie für die Weißenfel-serin Steffi Franke, Jennys Mutter, die sich seit der Geburt ihres Mädchens vor elf Jahren mit der heimtückischen Erkrankung und ihrem Schicksal auseinandersetzen muss.

Der Windhauch eines weißen Kittels lässt uns aufschauen. Dr. Caspar Kühnöl, junger Assistenzarzt am Klinikum, holt Jenny zur turnusmäßigen Untersuchung. Kühnöl kennt die Familie seit 2009, er ist ihr erster Ansprechpartner in allen Fragen, mindes-tens einmal in der Woche ist man gegenwärtig in Kontakt. Als sich die Tür des Behandlungszimmers geschlossen hat, scheint die Zeit ihre Konsistenz zu ändern. Träge nur rückt der Minu-tenzeiger vor und lähmt das Geschehen auf der Fläche mit den wartenden Patienten, alten wie jungen, ihren Familien. Als eine Mutter mit ihrer schwerkranken Tochter und einem Tropfstän-

der den Klinikflur quert, sehen viele erst auf und dann pietät-voll weg. Der Kopf des Kindes ist kahl, durch die Schläuche des Tropfs fließt wasserhelle Flüssigkeit. Jenny war keine drei Monate alt, als sich eine Beule am Ober-arm des Säuglings zeigte und „sich die schlimmsten Befürch-tungen bestätigten“. Operationen, Bestrahlungen, jegliche nur erdenkliche ärztliche Behandlung folgte. Und doch „änderte sich alles für immer.“ Angst wurde ein ständiger Begleiter. Angst vor dem Rückfall, der 2005 kam, Angst trotz des verhal-tenen Optimismus, der 2007 aufkeimte, schließlich Angst seit 2009, als ihre Lunge zusammenfiel, und endgültig mit dem Mai dieses Jahres, der die Gewissheit brachte, dass sich Metas-tasen im Körper gebildet haben und „mit oder ohne Behand-lung keine Überlebenschance, nur eine Verlängerung erreicht werden kann“, erzählt Steffis Mutter. Ich kann kaum in ihre Augen sehen.

„Wenn ein Kind stirbt, ist das das Schlimmste, was einer Fa-milie passieren kann“, sagt Prof. Dr. Christof Kramm. Er ist der stellvertretende Direktor des halleschen Uniklinikums und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin. Er weiß, wovon er spricht. Täglich hat er mit schwerstkranken Patienten und ih-ren Angehörigen zu tun. „Alle, das heißt nicht nur der kleine Pa-tient, sondern auch seine Eltern und seine Geschwisterkinder, sind hiervon in stärkster, kaum vorstellbarer Weise betroffen.“ Dieser Gedanke war Ausgangspunkt aller Bemühungen, die sich seit 2006 mit Unterstützung der Deutschen Kinderkrebs-hilfe um den Aufbau eines Kinderpalliativteams mit heute vier speziell ausgebildeten Kinderärzten in Halle rankten und das seither diese spezielle Form der Medizin anbietet.

Palliativ, lateinisch „pallium“ für „Mantel“, steht dabei für eine Behandlung, die menschliche, psychosoziale, spirituelle und medizinische Unterstützung für Kranke und Sterbende geben will. Palliativmediziner heilen nicht, sie lindern. Ihnen zur Seite stehen Psychologen, Sozialarbeiter und Seelsorger. Sie helfen der ganzen Familie, ob Patient, Eltern oder den Geschwistern, über alle Phasen der Erkrankung ihres Angehörigen und nicht selten darüber hinaus. Bis heute gilt diese Art der Versorgung in Deutschland als unterentwickelt mit einem noch immer großen Nachholbedarf im Vergleich zu seinen europäischen Nachbarn.

Wenn ein Mensch zu früh gehtAOK Sachsen-Anhalt spannt ambulantes medizinisches Versorgungsnetz für Kinder wie Jenny Franke

Von Cornelia Heller

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Jenny – sicher verankert im Leben, nur scheinbar sicher verortet in der Zukunft

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Der Name für das sachsen-anhaltische Vorzeige-Modellprojekt war 2006 schnell gefunden: „Clara“, in Erinnerung an das ersteKind, das mit diesem neuen ganzheitlichen medizinischen und psychosozialen Betreuungsangebot beschützt in seinem ge-wohnten häuslichen Umfeld und eben nicht auf einer Intensiv-station sterben durfte.

Eine solche „Spezialisierte ambulante pädiatrische Palliativver-sorgung“, abgekürzt SAPPV, in Zusammenarbeit mit anderen Kliniken flächendeckend als Netz zu spannen und so für alle Be-troffenen so viel Lebensqualität wie nur möglich bis zum Ende aufrechtzuerhalten, ist seither Ziel vieler guter Geister im Land.

Die AOK Sachsen-Anhalt versteht sich dabei als Vorreiter. Nach der Einführung des vergleichbaren Netzwerks für eine „Spezialisier-te ambulante Palliativversorgung“ für betroffene Erwachsene – einer gesetzlichen Forderung aus dem Jahr 2007 folgend – hat die Krankenkasse dafür im November 2011 eine Verein-barung mit zwei Kinderpalliativzentren auf den Weg gebracht. Sie soll nun auch eine optimale medizinische und pflegeri-sche Versorgung für schwerstkranke Kinder wie Jenny im Land gewährleisten. Die Hallenser mit „Clara“ sichern dabei die Betreuung des Südens Sachsen-Anhalts, das Medizinische Versorgungszentrum Cracau der Pfeifferschen Stiftungen Mag-deburg ist erklärter Partner für den nördlichen Teil.

Palliativmediziner im fachlichen Austausch: Dipl.-Med. Gabriele Krötki

(vorn links) vom Palliativ-Care-Team des Medizinischen Versorgungszent-

rums Cracau betreut schwerstkranke Erwachsene wie den Magdeburger Wolfgang Weber zu Haus. Prof. Dr.

Christof Kramm (vorn rechts) ist Kinderpalliativmediziner im Team

„Clara“ des halleschen Uniklinikums, das schwer erkrankte Kinder in ihrer

häuslichen Umgebung pflegt.

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„Für die Eltern ist es am wichtigsten, dass ihr Kind nicht leidet. Gleichzeitig fürchten sie, mit der Last der großen Verantwor-tung überfordert zu sein“, erläutert Ralf Dralle, Vorstand der AOK Sachsen-Anhalt. Die Vereinbarungen böten nun die Mög-lichkeit, eine optimale medizinische Versorgung und Betreu-ung schwerstkranker Kinder mit dem Wunsch nach Nähe und gemeinsamer Zeit im eigenen Zuhause zu verbinden. „Fast alle Kinder wollen zu Hause sterben“, sagt mir Christof Kramm, mit der Erfahrung als Kinderarzt und Kinderpalliativmediziner. „Auch die meisten Eltern wollen dort von ihren sterbenskranken Kindern Abschied nehmen.“ Der ambulante Versorgungsver-trag mit der AOK Sachsen-Anhalt sei dabei ein wichtiger erster

Schritt. Er greife auf die bestehenden Netzwerke von Kinder-palliativteams, Hospizdiensten, niedergelassenen Kinderärzten und Pflegediensten zurück und ermögliche, dass alle Kinder, die zu Hause sterben möchten, das auch können und dabei nahezu auf die gleichen Ressourcen zurückgegriffen werden kann wie in Kinderkliniken und Kinderhospizen. Und Kinder wie Jenny müssen dank der 24-stündigen Rufbereitschaft und den inten-siven Hausbesuchen von Arzt und Pflegepersonal nicht auf die Wärme und Ruhe in ihren Familien und ihres Zuhauses verzich-ten. „Es ist unsere Aufgabe, aus der verbleibenden Lebenszeit das Beste für die Patienten zu machen“, sagt Kramm.Das dachten sich wohl auch die Freunde der Familie Franke. Über ein Plakat, das sie in der Nähe von Jenny‘s Heimatstadt Weißenfels, in Großkorbetha, verteilten und das um Spenden für eine Überraschungsparty zu Ehren von Jenny warb, wurde das Schicksal des Mädchens über Nacht in der Region bekannt. Zeitungen berichteten darüber und Geld wurde für die Erfül-lung letzter Herzenswünsche gespendet. Eine ungeahnte Welle der Hilfsbereitschaft setzte ein. Die bis heute anhält.

Endlich öffnet sich die Tür. Jenny und ihre Mutter kommen ge-löst aus dem Behandlungszimmer. Sie können gehen. Nach Hause. Vorbei an all den Wartenden. Und Jenny scheint froh. Erst jetzt sieht man, dass ihr rechter Arm viel kürzer als der linke ist. Später in der Cafeteria bei Milchkaffee und Latte macchiato erzählt Steffi Franke, dass gerade erst am Vortag Friseure aus Weißenfels Jenny einen unvergesslichen Tag bereiteten, sie fri-sierten und schminkten. Im Anschluss lud ein Fotograf sie zu ei-nem Fotoshooting ein. Natürlich gab es im Oktober die ersehnte Überraschungsparty. Außerdem war die Familie seit Jahren das erste Mal wieder im Urlaub. Und die hallesche Musikband „Vier-telpoet“ hat für das Mädchen gar ein Lied mit dem Titel „Engel“ geschrieben, sogar ein Video mit ihr dazu gedreht. „Jenny hat jetzt eine gute Zeit. Durch die gute medizinische Betreuung, durch die Hilfsbereitschaft vieler lieber Menschen und der un-ersetzlich guten Freunde geht es ihr sehr viel besser“, sagt Steffi Franke mit einem liebevollen Blick auf ihre Tochter. „Man sieht, wie glücklich sie ist.“ Und tatsächlich. Ausgelassen erzählt Jennyjetzt mit Caspar Kühnöl, es sprudelt regelrecht aus ihr heraus. Und dann darf ich es sehen, das zarte Glitzern. Nicht nur als Zahnschmuck während eines warmen, offenen Kinderlachens. Sondern auch in ihren Augen. n

www.aok.de/sachsen-anhalt

www.medizin.uni-halle.de

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Medizin

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Für den Laien hat es was von Magie: Ein zehn Zentimeter star-kes Edelstahlrohr schiebt sich durch einen computergesteu-erten Automaten, um schließlich, in einem vorbestimmten Radius, sauber gebogen, wieder zum Vorschein zu kommen. Ein alltäglicher Vorgang im Werk Merseburg von Weber Rohr-leitungsbau. „Je höher der Vorfertigungsgrad, desto geringer der Montageaufwand auf der Baustelle“, sagt Geschäftsführer Guido Kalfa. Denn für millimetergenau gebogene Rohre benö-tigt man keine teuren Formstücke und weniger Schweißnähte. Das senkt die Fertigungskosten, ganz im Interesse der Kunden. Bei der Kölner Weber-Gruppe, einem der führenden deutschen Anbieter im industriellen Rohrleitungsbau, kommen modernste Technologien zum Einsatz. Wenn es sein muss, können auf diese Weise selbst doppelwandige Rohre in jeden beliebigen Radius gebogen werden. Das ist die hohe Schule in diesem Metier. In ei-nem Firmenvideo heißt es dazu süffisant: „Die Profis von Weber beherrschen diese Methode. Wie? Das würden viele gerne wissen.“

Die Weber-Gruppe realisiert mit 1 980 Mitarbeitern in 12 Ein-zelfirmen einen Umsatz von 230 Millionen Euro. Zu den Kun-den zum Beispiel im Bereich der Chemie zählt alles, was in der Branche Rang und Namen hat. Beispielsweise die BASF. Unvor-stellbar aber wahr: Das Familienunternehmen Weber arbeitet seit fast 90 Jahren für diesen Chemieriesen. Anfangs nicht in Ludwigshafen, sondern in Leuna. Dort hatte die BASF in den 1920er Jahren einen neuen Standort gegründet. Die Eisenwer-ke Kaiserslautern, eine Montagefirma, die in Ludwigshafen viel für die BASF tätig war, folgte dem wichtigen Auftraggeber nach Leuna. Mit der Leitung des Büros wurde ein Ingenieur namens Karl Weber beauftragt. 1922 machte er sich mit einem Partner selbstständig und gründete die Mitteldeutsche Industriewerke GmbH. Das war die Keimzelle der heutigen Firma Weber Rohr-leitungsbau.Das junge Unternehmen konnte sich dank der ringsum aufstre-benden Chemie über Auftragsmangel nicht beklagen. Kaum ein Bauvorhaben, an dem die Weber KG, wie das Unternehmen ab 1937 firmierte, nicht beteiligt war. Der 2. Weltkrieg bereitete dem Aufschwung jedoch ein jähes Ende. Am 5. Dezember 1944 traf eine Bombe das Werk und zerstörte fast die gesamten Pro-duktionsstätten. Karl Webers Sohn Hans, der das Firmenruder 1937 übernommen hatte, wagte nach Kriegsende den schwie-rigen Neubeginn, arbeitete viel mit den Russen zusammen.

Im August 1945 versuchte er einem Major der Roten Armee klarzumachen, wie sinnvoll es doch wäre, eine Karbidanlage der ehemaligen IG Farben in Buna, die den Bombenhagel schadlos überstanden hatte, jedoch von den Alliierten stillgelegt wur-de, wieder in Gang zu setzen. Karbid ergibt Acetylen, Acetylen Schweißgas, argumentierte Hans Weber. Der russische Offizier forderte Konstruktionsunterlagen der Anlage, ließ aber dann lange nichts von sich hören. Doch dann kam es knüppeldick. An den Firmenchef erging der Auftrag, mit 20 Leuten anzurücken, besagte Karbidanlage abzubauen, zu konservieren und in Kisten zu verpacken. Weber schwante nichts Gutes. Wer, wenn nicht er und seine Männer hätten die Anlage in Stalins Reich wieder installieren sollen? Nachdem er noch eine ernstzunehmende telefonische Warnung erhalten hatte, „morgen früh im eigenen Interesse nicht mehr in Merseburg zu sein“, floh er mit seiner Familie Hals über Kopf in den Westen. Am 6. Oktober 1948 wurde die Firma Weber in Köln neu gegründet.

„Es war für mich nach der Wiedervereinigung keine Frage, dass wir wieder dorthin gehen, wo alles begann“, sagt Hans Webers noch in Merseburg geborener Sohn Dierk, der 1972 in dritter Generation das Ruder des inzwischen kräftig gewachsenen Unternehmens übernahm. Es sei aber riskant gewesen, in Mer-seburg in einem Gewerbegebiet neu zu bauen, denn 1990/91 war noch ziemlich ungewiss, wie es mit der mitteldeutschen Chemie weitergehen würde. Investoren wie Bayer in Bitterfeld bildeten zunächst die rühmliche Ausnahme. Erst einige Jahre später gelang der Durchbruch, auch ausgelöst durch den Bau der neuen Leuna-Raffinerie als Rohstofflieferant. Dennoch: Im Hause Weber wollte man realistisch bleiben, sich nicht über-nehmen. Herbert Misselwitz, langjähriger Geschäftsführer in Merseburg, erinnert sich genau: „1992 hatten wir eigentlich nicht größer als 200 Mitarbeiter werden wollen.“ Doch das rasante Wachstum im mitteldeutschen Chemiedreieck mit Investoren wie Linde, Dow oder Domo erforderte auch von einem so stark nachgefragten Partner wie Weber noch stär-keres Engagement als zunächst vermutet. Die Erwartungen bei Neugründung am Ursprungsort wurden Mitte bis Ende der 1990-er-Jahre bei weitem übertroffen. Heute ist die Weber Rohrleitungsbau GmbH & Co. KG Merseburg mit inzwischen fast 600 Mitarbeitern zur zweitgrößen Einzelfirma der Gruppe aufgestiegen.

An den Pulsadern der IndustrieWeber Rohrleitungsbau kehrt nach mehr als 40 Jahren an seinen Ursprungsort Merseburg zurück

Von Frank Zimnol

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Ohne Rohrleitungen läuft in der modernen Wirtschaft nichts. Sie sind im technologischen Gefüge unabdingbar, dienen dazu Wasser, Gase, Grundstoffe, Zwischen- wie Endprodukte zu trans-portieren, Stoffkreisläufe in Gang zu halten. Das gilt nicht nur für die Chemie. Auch in Papierfabriken, bei Lebensmittel-Herstellern, in Kraftwerken oder der pharmazeutischen Industrie sind Rohr-verbindungen so lebensnotwendig wie Pulsadern im menschli-chen Körper. Beispielsweise auch in der Erdölverarbeitung. Als die Total Raffinerie Mitteldeutschland in Leuna Mitte 2011 für drei Wochen komplett stillgelegt werden musste, um die Anlagen

turnusgemäß zu reinigen, instandzusetzen und auf Herz und Nieren zu prüfen, da mischten die Monteure mit dem runden Weber-Signet auf dem Schutzhelm munter mit. Ihre vertraglich vereinbarte Aufgabe war es, die so genannten Prozessanlagen fit für die nächsten zwei Jahre Dauerbetrieb zu machen. Total über-trug diese Aufgabe keinem Unbedarften. Die Weber-Spezialisten kennen die Raffinerie durch unzählige Instandsetzungseinsätze wie ihre Westentasche. Diese Kontinuität, diese hohe fachliche Kompetenz, sind es, ob nun in Leuna oder an zahlreichen anderen Industriestandorten, die den guten Ruf von Weber ausmachen.

Der Naumburger Guido Kalfa, Absolvent der TU Dresden, stieß 2006 zu Weber Rohrleitungsbau. Er begann als Kaufmännischer Leiter, stieg aber schon bald zum Geschäftsführer in Merseburg auf.

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Um beim Beispiel Total Raffinerie zu bleiben, Geschäftsführer Kalfa macht eine einfache, aber eindrucksvolle Rechnung auf: „Wenn eine solche Raffinerie auch nur einen einzigen Tag spä-ter als geplant ans Netz geht, dann bedeutet das Verluste in Millionenhöhe.“ Logisch, dass Großunternehmen für Einsätze dieser Art auf Partner setzen, die ihr volles Vertrauen genießen. Weber Rohrleitungsbau hat sich eben dieses Vertrauen in Jah-ren und Jahrzehnten erworben.

Das erstklassige Know-how, die flexible Ausrichtung, die Fä-higkeit komplexe Abläufe zu meistern sowie das faire Preis-Leistungs-Verhältnis mögen wohl auch den Ausschlag gegeben haben, dass die Merseburger Filiale jenen äußerst lukrativen Auftrag der Wacker Chemie AG bekam. Der Münchner Konzern realisiert derzeit an seinem Standort im sächsischen Nünchritz eine der bisher größten Investitionen der deutschen Chemie-industrie überhaupt. Für 760 Millionen Euro entsteht dort eine Anlage zur Herstellung von Polysilicium mit 450 Arbeitsplätzen. Hochreines Silicium erfreut sich in der Solarindustrie wie in der Elektronikbranche stark wachsender Nachfrage. Für Weber war dieser Auftrag eine besondere Herausforderung. „Die Quali-tätsanforderungen waren höher denn je“, beschreibt Kalfa die Besonderheit und geht ins Detail. „Die geforderten Edelstahl-Rohrleitungen mussten von höchster Reinheit sein. Bunt schil-lernde Auflauffarben, wie sie beim Schweißen von Edelstahl sonst typisch sind, waren nicht zulässig.“ Die Weber-Profis haben es geschafft, die Rohrverbindungen ohne die sonst üb-lichen Regenbogen-Schattierungen zustande zu bringen. Die Anlage der Superlative soll übrigens in den nächsten Monaten in Betrieb gehen.

Alles deutet darauf hin, dass Weber Merseburg im Falle Nünchritz eine weitere erstklassige Referenz an seine Fahnen heften kann. Auch bisher schon waren Fachleute verschiedens-ter Branchen voll des Lobes über die Leistungen von Weber. Andreas Hiltermann, Geschäftsführer der Standortgesell-schaft InfraLeuna GmbH, verweist darauf, dass Produktleitun-gen in der Chemie besonders sensible Anlagenteile darstellen. „Die außerordentliche Zuverlässigkeit, die Weber auszeich-net, garantiert ein hohes Maß an Sicherheit beim Betrieb der Anlagen.“ Andreas Schüppel, Geschäftsführer des Zeitzer Altöl-Verwerters Puralube GmbH betont, von Weber noch nie enttäuscht worden zu sein. „Wir konnten dadurch beim Bau unserer Anlage alle Zeitpläne halten und sind pünktlich in Be-trieb gegangen.“

Im modernen Anlagenbau kommen hochwertige Materialien zum Einsatz. Die Weber-Fachleute beherrschen die Verarbei-

tung etwa von Edelstahl aus dem Effeff.

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Gesellschafter Dierk Weber, der übrigens die Verantwortung für das Unternehmen in absehbarer Zeit in die Hände von Sohn Benjamin übergeben will, sieht die Entwicklung der Firma in Merseburg noch längst nicht am Ende. Er glaubt, dass die ost-deutsche Chemie größere Wachstumschancen hat als die der

alten Länder. „Auch wenn Merseburg bis jetzt noch die Nummer zwei in der Gruppe ist, vielleicht wird es in zehn Jahren unser Flaggschiff sein.“ n

www.weber-unternehmensgruppe.com

Präzision ist alles. Dieses seltsam anmutende Konstrukt ist für ein Kraftwerk bestimmt. Die Schweißer Matthias Büchau und Immanuel Haft müssen für die Fertigung einer solchen Gas-Spinne ihr ganzes fachliches Können aufwenden.

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Von Alt-Bundeskanzler Helmut Schmidt stammt der Spruch: „Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen.“ Ich sehe das an-ders. Politik muss nicht nur Gegenwart regeln, sondern auch Zukunft mit gestalten. Wer Visionen hat, sollte deshalb in die Politik gehen. Für Sachsen-Anhalt jedenfalls verfolgen wir die Vision einer innovativen Wirtschaftsstruktur als Grundlage für Wachstum, Wohlstand und Beschäftigung. Damit dies keine Fata Morgana bleibt, setzen wir bei der Wirtschaftsförderung künftig noch stärker auf die Verbesserung der Innovations-kraft der heimischen Unternehmen. Denn Innovationen sind der Motor für Wettbewerbsfähigkeit und gesellschaftliche Entwicklung.

Derzeit wird die Innovationsfähigkeit unserer Wirtschaft auch durch strukturelle Besonderheiten wie etwa die Kleinteiligkeit begrenzt. Rund 95 Prozent der Unternehmen haben weniger als 20 Mitarbeiter. Dadurch fehlt es häufig an Personal für For-schung und Entwicklung oder an Möglichkeiten zur Kapital-beschaffung. Zudem wird die Innovationsaktivität durch die ungünstige Branchenstruktur mit starker Ernährungs- und Bauwirtschaft sowie das Fehlen von Großunternehmen und Konzernzentralen erschwert. Im Ergebnis sind in Sachsen-Anhalt wie im gesamten Osten nur rund 40 Prozent des For-schungspersonals im Unternehmenssektor zu finden; in West-deutschland liegt der Anteil hingegen bei etwa zwei Dritteln.

Eine grundlegende Veränderung dieser Relationen ist ein lang-fristiger Prozess. Es bedarf hierfür eines ganzen Bündels wirt-schaftspolitischer Maßnahmen. Dazu gehören die Ansiedlung von Unternehmen mit Forschungskapazitäten, der Ausbau der innovationsorientierten Infrastruktur, die Unterstützung inno-vativer Existenzgründungen sowie nicht zuletzt eine zielori-entierte Innovationsförderung. Ziel der letzteren ist es, Inno-vationsprozesse sowie den Wissens- und Technologietransfer möglichst punktgenau zu unterstützen, um die Wettbewerbs-fähigkeit der Unternehmen im Land zu verbessern.

Dabei werden wir den Innovationsbegriff, der bislang einen vor allem technisch-ingenieurwissenschaftlichen Anstrich hatte, künftig weiter fassen. Denn im Gespräch mit Unternehmern hat sich gezeigt, dass unternehmerische Herausforderungen häufig nicht technischer Art sind. Probleme bestehen oftmals

Wirtschaft und Wissenschaft im WechselspielVon Prof. Birgitta Wolff, Ministerin für Wissenschaft und Wirtschaft des Landes Sachsen-Anhalt

26 Visionen

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weder an der Werkbank noch in der mangelnden technolo-gischen Innovativität des Produkts. Vielmehr benötigen viele Unternehmen auch Unterstützung in den Bereichen Personal, Marketing und Außenwirtschaft. Deshalb muss sich der Inno-vationsbegriff auf sämtliche Funktionsbereiche von Unterneh-men beziehen. Zudem setzen wir künftig verstärkt auf die „In-novation von unten“. Dahinter steht die Erkenntnis, dass viele kleine und mittlere Unternehmen aller Voraussicht nach keine eigene Forschungsabteilung einrichten werden. Diese Unter-nehmen brauchen niedrigschwellige Kooperationsmöglich-keiten mit Hochschulen und Wissenschaftseinrichtungen, die Quellen innovativer Ideen sein können.

Die Landesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, durch eine engere Verzahnung von Wissenschaft und Wirtschaft mehr Forschung und Entwicklung in den Unternehmen zu generie-ren. Diese Zielsetzung des Landes spiegelt sich auch im neuen Ressortzuschnitt „Wissenschaft und Wirtschaft“ wider. Dabei stehen wir vor einer großen Herausforderung, da gerade die zahlreichen kleinen und mittleren Unternehmen im Land die

Potenziale unserer Hochschulen noch viel zu wenig nutzen. Den Boden bereiten für eine engere Kooperation zwischen Hochschulen und Unternehmen wollen wir unter anderem mit einem so genannten „Transfergutschein“, der im kommen-den Jahr eingeführt wird. Er soll Firmenchefs und Professoren dazu einladen, Problemstellungen gemeinsam anzugehen, um den wechselseitigen Wissenstransfer auszubauen und leben-diger zu machen.

Die Möglichkeit der Kooperation zu beiderseitigem Vorteil muss sich noch stärker verbreiten. Alle Partner können damit neue Ideen und Impulse geben und gewinnen. Dies ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg, den aktuellen Schwächen der heimischen Wirtschaft wie der zu geringen Wertschöpfungs-tiefe, dem deutlich unter dem Bundesschnitt liegenden Ein-kommensniveau sowie der noch immer zu hohen Abwande-rung zu begegnen. Eines ist klar: Wissenschaft und Wirtschaft intensiver miteinander ins Gespräch zu bringen, ist ein lang-fristiges Geschäft. Allzu schnelle Erfolge sind nicht zu erwar-ten – aber dies ist bei Visionen ja selten der Fall. n

Geboren 1965 in Münster (Westfalen)

Beruflicher und akademischer WerdegangSeit 04/11: Ministerin für Wissenschaft und Wirtschaft des Landes Sachsen-AnhaltSeit 06/10: Kultusministerin des Landes Sachsen-AnhaltSeit 10/08: Dekanin der Fakultät für Wirtschaftswissenschaft, Otto-von-Guericke-UniSeit 4/02: Dekanin (2003 bis 2007) bzw. Prodekanin, (stellv.) Senatsmitglied, Fakultät für Wirtschaftswissenschaft, Otto-von-Guericke-UniSeit 4/00: Lehrstuhl für BWL, insbes. Internationales Management, Otto-von-Guericke-Uni9/99 – 5/00: Gastprofessorin am Center for European Studies, Georgetown University1999/2000: Gastdozentin, European Business School Prag und Budapest1995 – 96: J. F. Kennedy Fellow, Center for European Studies, Harvard University10/94 – 4/00: Wiss. Mitarbeiterin bzw. Akademische Rätin, Fakultät für BWL, Ludwig-Maximilians-Universität München, Lehrstuhl für BWL,1987 – 91: Mentorenstudentin, BMS (Business Marketing Services) Wuppertal1984 – 86: Banklehre, Westdeutsche Landesbank Münster

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Visionen

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Spätestens seit dem Kinofilm „Chocolat“ wissen wir um den er-weckenden Zauber von Schokolade. „Kakaobohnen aus Guate-mala, um die Leidenschaft zu entfachen“, präsentiert Vianne alias Juliette Binoche einer verhuschten Provinzlerin, und auf deren Antwort: „Offensichtlich haben Sie meinen Mann noch nicht ken-nengelernt“ antwortet die Chocolatrice augenzwinkernd: „Offen-sichtlich haben Sie es noch nicht hiermit versucht…“

Freilich könnte man die euphorisierende Wirkung von Scho-kolade, die im Körper wie eine Glücksdroge zündet, auch kalorienärmer mit einem Marathonlauf erreichen. Aber da steht man in einem Zimmer vollkommen aus Schokolade, eingehüllt von einem fast greifbaren, süß vertrauten Duft, der sofort Schluckreflexe auslöst. Und muss einfach schwach werden.

Ein Bernsteinzimmer zum Vernaschen Im Halloren Schokoladenmuseum bekommen Träume duftende Gestalt und die Sinne Appetit

Von Ute Semkat

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Selbst die eben noch lässige Coolness der Halbwüchsigen, die ein Schulwandertag nach Halle und in das Halloren Scho-koladenmuseum geführt hat, schmilzt augenblicklich dahin. Eifrig werden Fotohandys gezückt: Der Deckenanstrich, der wie Rauputz aussieht – klick – ist aus weißer Schokolade mit Stuckelementen aus Marzipan. In der samtig schimmernden Wandvertäfelung – klick – changieren Vollmilch- und Zartbit-terkuvertüre. Das Cembalo, Stuhllehnen, Bilder, Bücher, Ge-schirr, Notenblatt – klick, klick, klick – bis auf ein paar tragende Teile ist das Halloren Schokoladenzimmer, das Dessert jedes Museumsrundgangs, aus 1 400 Kilogramm Schokolade und 300 Kilogramm Marzipan gearbeitet. „Alles echt und essbar“, versichert Museumsführer Felix Bachmann den 13-Jährigen.

Allerdings wäre ein Biss in das inzwischen fünf Jahre alte Ge-samtkunstwerk wahrscheinlich nicht mehr ganz so genuss-voll. Die Konditoren der Halloren Schokoladenfabrik hatten monatelang daran gearbeitet, erprobten sich als Architekten und Bildhauer. Für ihren besonderen Werkstoff mussten sie die richtigen Techniken zum Formen, Streichen, Aufspritzen, Auf-spachteln auf den Holzuntergrund entwickeln. So ist ein Bern-steinzimmer zum Vernaschen entstanden, vor unbeherrschten Fingern geschützt durch eine halbhohe Glaswand, von Bach-mann „Naschbarriere“ getauft.Zuvor hatte er die jungen Besucher durch mehr als drei Jahrtau-sende Geschichte der Schokolade und die immerhin gut 200-jäh-rige Tradition der ältesten noch produzierenden Schokoladen-

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Tradition

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fabrik in Deutschland geführt. Die Lehrerin der Schulklasse will die Exkursion im Geografieunterricht auswerten, „zum Thema, wo der Kakao herkommt.“ So also kann Erdkunde Spaß machen. Der Museumslotse erzählt spannend von den Kakaoplantagen der Olmeken in Mexiko und vom eifrigen Zuspruch des Azte-kenkönigs Montezuma zum „Getränk der Götter“, bevor er sich seinen Damen widmete. Als Bachmann von den Schülern wis-sen will, wer regelmäßig Kakao trinke, geht nur ein einziger Arm hoch. Befragt nach den Eigenschaften von Schokolade haben dagegen alle ihre Lektion aus der Werbung gelernt: „Schokolade macht glücklich.“

Im gläsernen Schaugang, aus dem der Pralinenfertigung in der Fabrikhalle zugeschaut werden kann, kommt wie bei fast jeder Führung die Frage, ob die Leute da unten eigentlich bei der Ar-beit naschen dürfen. Bachmann lässt die Schüler abstimmen: Ja und Nein halten sich in etwa die Waage. Natürlich ist Naschen

erlaubt. In jeder einzelnen Minute laufen 306 „Töpfchen“ übers Band – so werden die Pralinen nach ihrer Form klassifiziert – und da kann selbst ein ganz „süßer Zahn“ keinen ernsten Verlust be-wirken. Außerdem sind die Mitarbeiter von Halloren wichtige Qualitätswächter. Felix Bachmann gehört erst seit ein paar Monaten zum Stamm der Museumsführer bei Halloren. Nach Feierabend schreibt er an seiner Promotion über orientalische Archäologie, womit sein Zielgebiet etwas neben dem Kakaokontinent liegt. Aber der Zu-cker, der die Schokolade erst süß gemacht hat, kam von Arabien nach Europa, stellt er verschmitzt klar, bis dahin mussten die bit-teren Bohnen mit scharfen Gewürzen veredelt werden. Die täg-lich angebotenen Führungen durch das Schokoladenmuseum sind vor allem in der Vorweihnachtszeit bestens gebucht – von Schulklassen, West-Touristen, Ost-Rentnern. Am Ende gibt es für jeden Gast eine Praline, ein Appetitshäppchen auf den Weg nach draußen, der durch die Betriebsverkaufsstelle geleitet.

Für Ohren oder Gaumen? Notenständer und Notenblatt, beide ganz aus Schokolade und Marzipan, verkünden guten Geschmack. Nach süßem Musizieren gibt´s das Zubehör als Nachspeise.

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Freilich ist die Führung auch „Verführung“. Man sei sich bei Halloren sehr wohl bewusst, dass es zu viele übergewichtige, weil falsch ernährte Kinder gibt, versichert Pressesprecher Tino Müller: „Aber Naschen heißt doch nicht kiloweise Süßwaren essen, sondern ist ein Genuss. Und den wollen wir vermitteln.“ Müller erzählt von seiner Schulzeit in Halle, als üblicherweise zu jeder Schulklasse eine Patenbrigade in einem Produktions-betrieb gehörte: „Meine war im Reichsbahnausbesserungs-werk. Ich war immer neidisch auf die Schulen, die als Paten-betrieb die Schokoladenfabrik hatten.“ Auch heute noch hat Halloren einen Patenkindergarten: „Aber diesen überhäufen wir nicht mit Süßigkeiten.“

Die meisten der jährlich rund 110 000 Besucher bei Halloren sind erwachsen und kommen mit einem Reisebus. Das Scho-koladenmuseum war nach ersten Einschätzungen im Jahre 2011 das meistbesuchte Museum Halles, noch vor dem Landes-museum für Vorgeschichte mit seiner berühmten Himmels-scheibe. Die ist schön, aber eben nicht zum Reinbeißen.Selbst wer immer noch mit einem alten Weltbild in die neuen Bundesländer reist und zunächst skeptisch den ostdeutschen Schokoladenhimmel betritt, verlässt Halloren nahezu aus-nahmslos mit prall gefülltem Einkaufsbeutel. Für viele Ost-Rent-ner ist der Besuch zudem ein Nostalgie-Trip an den Ursprung einstiger Bückware: die Halloren Kugel, süßes Pendant zu den silbernen Trachtenknöpfen von Halles Salzwirker-Brüderschaft, den Halloren, ist ein DDR-Kind und wird 2012 genau 60 Jahre alt. Dieser Klassiker aus Sahne- und Kakaocreme, umhüllt von Scho-kolade, gibt dem Unternehmen seit 1952 seinen Namen und macht heute in Verkaufsregalen in ganz Deutschland Appetit. Das Unternehmen wiederum hat in den vergangenen Jahren sogar einiges im Westen vernascht, pardon, in den Firmenver-bund übernommen: den deutschen Mozartkugelhersteller Dre-her aus Bad Reichenhall – mit Verlagerung der Produktion nach Halle – und als Tochterunternehmen die Confiserie ChocolaterieWeibler im niedersächsischen Cremlingen. Im Nachbarland Sach-sen hat Halloren die Schokoladenfabrik Delitzsch aus der Insol-venz gekauft und damit sein zuckriges Angebot zum Beispiel um köstliche Krustenpralinen bereichert. Unter dem Vorstandsvorsitzenden Klaus Lellè wurde Hallo-ren 2006 Aktiengesellschaft und ging 2007 an die Börse. Der frühere Banker machte das Unternehmen auch ohne großen Werbeetat bundesweit bekannt: Zum Beispiel mit Halloren Botschaftern wie dem aus Halle stammenden ehemaligen Au-ßenminister Hans-Dietrich Genscher, was nahe liegt, oder mit dem Fußballer Uwe Seeler, was sich erst erschließt angesichts der Begründung: „Seeler steht für Teamgeist, für sich immer wieder durchbeißen.“

In einem übersättigten Süßwarenmarkt hat Halloren im Jahr 2011 erneut um voraussichtlich zirka acht Prozent zugelegt. Krise hin oder her: „Schokolade geht immer – aus Frust ebenso wie aus Freude“, meint der Pressesprecher, der selbst „jeden Tag um die 100 bis 150 Gramm“ davon isst. Er macht einen ebenso glücklichen wie schlanken Eindruck.Das Schokoladenzimmer im Biedermeierstil der Zeit, in der Friedrich August Miethe 1804 die Fabrik gegründet hatte, soll ein Wunsch von Vorstandschef Lellè gewesen sein. Genscher dürfte es ebenfalls glücklich machen. Wie er einmal verriet, habe er sich als Junge beim Vorbeifahren an der Schokoladenfabrik in der Tram immer gewünscht, einen eigenen Fabrikschlüssel zu besitzen. Für eine Nacht sich einschließen lassen im Schokoladenzimmer? Versucht hat das noch keiner, versichert man im Unternehmen. Ich aber habe das im Traum erlebt. Nachdem ich das Zartbitter-Notenblatt samt Vollmilch-Ständer verspeisen wollte, bin ich vor Hunger aufgewacht. Schön, wenn dann jemand Frühstück ans Bett bringt. n

www.halloren.de/marke/schokoladenmuseum

Ein Biss verführt

– Die Halloren Schokoladenfabrik AG Halle ist die

älteste noch produzierende Schokoladenfabrik in

Deutschland, gegründet als Schokoladen- und Honig-

kuchenbäckerei F. A. Miethe 1804.

– Der Produktklassiker „Original Halloren Kugel“ wird

2012 genau 60 Jahre alt. Jahresproduktion rund 180

Millionen Kugeln in 17 Sorten.

– In Halle und Delitzsch werden ca. 12 200 Tonnen

Schokoladenwaren im Jahr gefertigt

– Mehr als eine Million Halloren Weihnachtsmänner

wurden für die Saison 2011 produziert.

– Jahresumsatz der AG: ca. 60 Millionen Euro. Davon

50 Prozent neue und 25 Prozent Altbundesländer,

25 Prozent Export u. a. nach Nordamerika, Großbritan-

nien und Skandinavien.

– Der Wert einer Unternehmensaktie liegt zurzeit bei

etwa fünf Schachteln Halloren Kugeln. Leider ist eine

Auszahlung in Schokolade nicht möglich.

– Halloren ist Pate von mehreren Schokoladenfröschen

im Zoo Halle: So wird der in Peru heimische winzige

Baumsteigerfrosch, lateinisch Exidobates mysterio-

sus, wegen seiner schokoladenfarbenen Haut mit

weißen Tupfen genannt.

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Die Altmark setzt MarkenzeichenSachsen-Anhalts nördlichste Region will weg vom „Nur Natur“-Image

Von Rainer Lampe

Dass Kinder eine „seriöse“ Beratung der Älteren sprengen, ist ungewöhnlich. In Winterfeld war das unlängst so. Der Regio-nalverein Altmark tagte, sein Vorsitzender, Jörg Hellmuth, refe-rerierte. Da sprang die Tür auf. Herein platzten zehn sehr jun-ge Altmärker mit ihren Eltern, mit Schildern, auf denen stand: „LandZukunft Altmark – Deine Ideen für unsere Heimat“. Klare Ansage: Der Regionalverein berät hier vor allem über ihre Ge-genwart und Zukunft, über das Lernen, Leben, Arbeiten und Wohlfühlen in der Altmark. Die Petition, die die Jüngsten den Landräten Michael Ziche und Jörg Hellmuth überreichten, trug die Handschrift der Eltern; vorwiegend Mitglieder der Wirt-schaftsjunioren Altmark bei der IHK-Geschäftsstelle Salzwedel. Es war ein Aufruf an alle Altmärker, bis Ende November Ideen für ein Zukunftskonzept Altmark einzureichen. „Weit über 100 Ideen haben wir bisher, aus Unternehmen, von Kindern, auch von 70-Jährigen. Ein starkes Echo“, freut sich Frank Platte, Vorsit-zender der Wirtschaftsjunioren Altmark.

Flächenmäßig ist die Altmark mehr als doppelt so groß wie das Saarland, vergleichsweise leben hier aber nur ein Fünftel der Einwohner. Den meisten Deutschen ist die Altmark un-bekannt, andere meinen: „Nur Natur, nichts weiter“. Für die Altmärker selbst ist ihre Region ländlich geprägt, aber nicht strukturschwach. „Ihre“ Altmark ist ein von Bürgern, Unter-nehmen, Politik und Verwaltung getragener Lebens- und Wirtschaftsraum mit Entwicklungsanspruch und Zukunft. Rund 10 000 IHK-Betriebe haben hier ihren Standort. Der Altmarkkreis Salzwedel und der Landkreis Stendal bilden ge-meinsam eine Wirtschaftsregion in zentraler Lage. Geprägt wird der Norden Sachsen-Anhalts von einer leistungsfähigen Land- und Nahrungsgüterwirtschaft, einer dynamischen In-dustrieproduktion und einem vielfältigen Dienstleistungs-gewerbe. Zudem hat sich der Tourismus zu einer tragenden Säule entwickelt. Die Wirtschaftsstruktur unterscheidet sich kaum von der anderer Regionen.

Alle wissen, wo Wolfsburg liegt. Dass aber Wolfsburg nicht nur altmarknah ist, sondern dass die Stärke von VW nicht un-wesentlich durch Altmärker und die altmärkische Wirtschaft beeinflusst wird – wer weiß das schon? Die Altmark liegt inmit-ten der großen Metropolregionen Berlin, Mitteldeutschland, Ham-burg und Hannover. Aber keiner dieser Regionen gehört sie an. In Marketingbroschüren des Landes Sachsen-Anhalt, ob zu Auto-motive, Tourismus oder anderen Themen, fand sich die Altmark in der Vergangenheit nicht gebührend berücksichtigt. Deshalb heißt es nicht selten: „Nördlich der A 2 hört Sachsen-Anhalt auf“.

Das wird sich ändern, denn jetzt läuten die Altmärker selber so laut die Glocken, dass der wahre Ruf ihrer Region weithin in die Lande getragen wird. Die Altmark hat eine Regional-marketing-Offensive gestartet. Ihr Ziel: Die Altmark als Marke, als Markenzeichen nachhaltig etablieren. Eine Arbeitsgrup-pe aus regionalen Vertretern hat in den letzten Monaten in mehreren Workshops unter Federführung der beiden Landräte in der Region und IHK-Vizepräsident Adolf Fehse und mit Un-terstützung der Investitions- und Marketinggesellschaft des Landes Sachsen-Anhalt (IMG) einen Lösungsansatz zum Regio-nalmarketing in der Altmark erarbeitet. Ziel der gemeinsamen Initiative ist die Steigerung des Bekanntheitsgrades sowie die weitere Profilierung der Altmark als Lebens- und Wirtschafts-raum. Anfang November informierten sich Vertreter der IHK Magdeburg und der Wirtschaftsjunioren Altmark in der Steier-mark über die erfolgreiche Vermarktung einer Region und mögliche Kooperationen. Dies dient der Vorbereitung einer altmarkweiten Imagekampagne und z. B. der Erarbeitung ei-ner einheitlichen Internetseite. „Regionalmarketing ist ein strategisches Instrument der Wirtschaftsförderung. Mit der Steigerung der Bekanntheit verbessern sich die Standortbedin-gungen für Unternehmen und auch für die Bürger. Eine konse-quente Vermarktung der Altmark als Region trägt zudem zur Zukunftsfähigkeit bei. Potenziale haben wir genug“ , weiß der Altmark-Geschäftsführer der IHK Magdeburg, André Rummel.

Stendals Landrat Hellmuth hat bereits ein deutliches Zei-chen gesetzt. Sein Landkreis war vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz für das Modellvorhaben „LandZukunft“ vorgeschlagen. Das Projekt soll periphere ländliche Regionen dabei unterstützen,

30. November 2011 bei Colbitz: Baustart für den Lückenschluss der Autobahn A 14, die den Norden Sachsen-Anhalts an das deutsche Autobahnnetz anschließen wird. Bundesverkehrminister Peter Ramsauer (Mitte), Ministerpräsident Reiner Haseloff (rechts) und Minister Thomas Webel beim 1. Spatenstich.

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Regionalmarketing

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die regionale Wirtschaft zu fördern, Arbeitsplätze zu schaf-fen und die Ansprüche des demografischen Wandels zu bewältigen „Aber dann nicht nur Stendal, sondern die gesam-te Altmark“, war Hellmuths Reaktion. Zustimmung in Berlin, bei den Kreistagen, bei allen in der Altmark. Jetzt bewirbt sich die Region Altmark mit 16 anderen Regionen um einen der vier Plätze für eine fast dreijährige Förderung ihrer Ideen, Projekte und Leitbilder. Bis Ende Februar will die Altmark ein so starkes Konzept vorlegen, dass sie zu den Siegern gehört. In der Win-terfelder Petition der Kinder wurde schlicht umschrieben, worum es geht: „Wie wird unsere Heimat aussehen, wenn wir groß sind? Werden wir hier einen Job finden, der uns Spaß macht? Werden wir mit diesem Job genug Geld verdienen? Wie weit werden wir es bis zum nächsten Supermarkt haben, bis zum nächsten Arzt oder zur nächsten Schule? Werden wir gezwungen sein, unsere Heimat zu verlassen, obwohl wir es gar nicht wollen?

Wenn Salzwedels Landrat Ziche sagt: „Wir stehen im Wett-bewerb der Regionen. Wir müssen was machen, und ich bin sehr optimistisch, dass uns das auch gelingt“, dann weiß er auch, dass das Land mitzieht, mit Geld und Marke-ting-Beistand aus der Staatskanzlei und der IMG. Für ihn ist das ein wichtiger Schritt voran. Wie sein Stendaler Kol-lege setzt er nicht auf Schnellschüsse. Ein paar kernige

Sprüche und teure Marketing-Anzeigen mögen kurzfris-tig Wirkung zeigen. „Wenn wir für die Zukunft was be-wirken wollen, brauchen wir einen langen Atem.“ Seit Anfang Dezember gehört die Altmark bereits zu den 21 ländlich geprägten Modellregionen, die von Januar 2012 bis Oktober 2013 beim Erarbeiten einer Regionalstrategie Da-seinsvorsorge vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung finanziell unterstützt werden. Vier Hand-lungsfelder stehen im Vordergrund. Dies sind Kita, Schulen und Jugendarbeit; Brand- und Katastrophenschutz; hausärzt-liche Versorgung sowie Straßen und Wege.

All das sind Bausteine für das Regionalmarketing. „Seit andert-halb Jahren“, sagt Steffen Kunert, der Geschäftsstellenleiter der Regionalen Planungsgemeinschaft Altmark, „arbeiten wir be-reits an einer Regionalstrategie.“ Wir – das sind Hunderte Akteu-re aus der Altmark. Das sind auch Aktivitäten wie die Bioener-gie-Region Altmark. Meist werkelte bislang aber jeder für sich. „Nur gemeinsam sind wir stark“, gibt Landrat Ziche die Richtung vor. Was jetzt noch nach Absichtserklärung klingt, muss bald be-legbar sein – mit Fakten, Vorhaben und Zielen. Dann erst wird sich zeigen, ob die Altmark ihren Platz in Deutschland stärkt. Das Zeug dazu hat sie.

*

Im Industrie- und Gewerbe-park Arneburg befindet sich das größte und modernste Zellstoffwerk Europas. Das Unternehmen gehört ge-meinsam mit den Schwester-werken Zellstoff Rosenthal im südthüringischen Blankenstein und Zellstoff Celgar in Kanada zu der amerikanisch-kanadischen Mercer International Group. Auf dem Gelände dieses Arneburger Industrieparks an der Elbe wollte die DDR-Staatsspitze ein Kernkraft-werk errichten.

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Zum Baustart für den Lückenschluss der A 14 Magdeburg –Schwerin waren am 30. November über 350 Unterstützer in Col-bitz, darunter viele Unternehmer und Bürger aus der Altmark. Klare Aussagen auf den Plakaten der IHK Magdeburg, des Bür-gerbündnisses Altmark und der Bürgerinitiative A 14 Osterburg/ B 190n: Die Altmark hofft, setzt, baut auf diese Autobahn. „Das ist die beste Unterstützung für unsere Regionalmarketing-Offensive“, freut sich IHK-Vizepräsident Adolf Fehse und Ge-schäftsführer der WIKO Elektronische Bauelemente Klötze GmbH: „Für die Investorenwerbung ist der Lückenschluss der A 14 und auch die Querspange B 190n ein starkes Argument. Für bereits ansässige Unternehmen bringt beides zudem deutliche Standortvorteile. Die Unternehmen in der Altmark haben einen Anspruch auf sehr gute Verkehrsanbindungen.“ Andreas Bosse von der Stendaler Landbäckerei sieht das ganz pragmatisch: „In der Altmark ist unsere Stammkundschaft. Ziehen Leute weg, haben wir weniger Kunden. Neue Unternehmen, wachsende Unternehmen bringen Kundenzuwachs.“ Gemeinsam auftreten für eine starke Region Altmark – darauf hofft auch Andreas Bosse: „Wenn wir das jetzt nicht hinkriegen, dann weiß ich nicht ...“ n

www.altmark.eu

Baustart A14 – endlich geht’s los, freuen sich (v. l.): André Rummel (IHK Magdeburg, Geschäftsstelle Salzwedel), Jürgen Gose (Gasthof Gose, Ziegen-hagen), Dr.-Ing. Dörthe Bethge-Steffens (Ingenieurbüro Bethge, Bismark/OT Poritz), Andreas Bosse (Stendaler Landbäckerei GmbH, Stendal), Burghard Bannier (Flair-Hotel Deutsches Haus, Arendsee), Adolf Fehse (WIKO Elektronische Bauelemente Klötze GmbH, Klötze).

9 von 10 Bürgern sind für den A 14-Lückenschluss

– 89 % befürworten den Weiterbau der A14 von

Magdeburg in Richtung Schwerin

– 7 % der Befragten lehnen das Vorhaben ab

– 94 % der Befragten erwarten eine positive wirt-

schaftliche Entwicklung

– 94 % der Befragten erwarten eine verbesserte

Mobilität der Bewohner

– 93 % der Befragten erwarten eine bessere Erreich-

barkeit der Region für Touristen

Umfrage des INFO-Meinungsforschungsinstituts Berlin mit 1 000 Befragten

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Regionalmarketing

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Oh la la. Der ist ja echt scharf. So sehr, dass einem wohlige Schauer durch den Körper jagen, ein Kribbeln ausgelöst wird und die Augen feucht werden.

Der Scharfmacher heißt Jörg Hündorf. Er produziert in einer kleinen Manufaktur in Halle einen Senf, der sogar schon die Gaumen von Sterneköchen überrascht hat. Eigentlich ähnelt der 46-Jährige mit seinem rot-bunt gemusterten Tuch auf dem Kopf und seiner jungenhaften Erscheinung eher einem Rockstar. Der Eindruck täuscht nicht. „Ich hab 20 Jahre lang Rockmusik gemacht, Keyboard und später auch Schlagzeug gespielt“, sagt Hündorf. Die Musik hat den gelernten Orgelbauer sein halbes Leben begleitet. Jetzt ist der Senf seine Leidenschaft. Und die ist ihm quasi in die Wiege gelegt worden. „Meine Eltern hat-ten eine Metzgerei. Ohne Senf ging da nichts“, erinnert sich der Metzgersohn an seine Kindheit.

Doch irgendwann hat ihm der Mostrich nicht mehr geschmeckt. Zu wenig Schärfe, zu wenig Geschmack. Da fing er in der heimi-schen Küche mit ersten Experimenten an. „Ich hab die Senfkörner in der Kaffeemühle gemahlen und die Maische im Mörser ge-mischt.“ Ein paar Versuche später bringt Hündorf seinen scharfen Mix den Bandkollegen mit und die sind begeistert. Noch bestim-men Keyboardtasten und Trommelstöcke das Leben des Musi-kers. Aber der Senf lässt ihn nicht mehr los. Der Geschmack aus Kindertagen hat ihn eingeholt und sollte sein Leben verändern.

2004 richtet er im elterlichen Wohnhaus an der Georgstraße in Halle seine Manufaktur ein. Ein Sprung ins kalte Wasser. Zwei Jahre hat er gebraucht, um sich zu etablieren. Inzwischen be-schäftigt er einen Angestellten und produziert jährlich etwa fünf bis sechs Tonnen seines aromatischen Georgsenfs, benannt nach dem Produktionsort.

Leicht gemacht hat er sich das Ganze nicht. Seine Mühle mit dem rund 300 Kilo schweren Basaltstein hat er bei einem erzgebirgi-schen Mühlenbauer bestellt. Der hat sie in Handarbeit extra für ihn angefertigt.

Ein richtig scharfer JobSenfmüller aus Halle erobert den Feinschmecker-Markt

Von Sabine Tacke

Ganz langsam kleckert aus der Mühle die ockergelbe Senf-masse. Der Senfmüller weiß, dass Eile hier nicht angebracht ist. Denn schnelle Mühlen tun dem Mostrich gar nicht gut. Sie entschärfen ihn.

Herzhaft und richtig scharf. Das ist der Geschmack, den Jens Hündorf liebt. Und deshalb gibt er fast immer seinen Senf dazu.

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Auch die Zutaten wählt er sorgfältig aus. Die Senfkörner be-zieht der Hallenser von einem Biobauern aus Thüringen, den Apfelsaft mostet ein befreundeter Streuobstwiesenbesitzer, das Salz kommt aus den Hallenser Salinen, Majoran bezieht er aus Aschersleben – einer der besten der Welt, so sagt man. Und alles ist Bio. Von der Senfsaat bis zum grünen Pfeffer aus dem indi-schen Urwald.

Nicht nur die Zutaten machen den Georgsenf so außergewöhn-lich, sondern auch das Herstellungsverfahren. „Ich arbeite mit dem Kaltmahlverfahren. Die Senfkörner werden gekühlt und ganz langsam gemahlen, damit keine Hitze entsteht. Die äthe-rischen Öle der Senfkörner sind sehr wärmeempfindlich. Und deshalb verliert der Senf bei Hitze seine natürliche Schärfe“, er-klärt Hündorf. Nicht mal eine Handvoll Senfmühlen in Deutsch-land arbeiten nach diesem Verfahren. Ganz einfach, weil es zu zeitaufwändig ist. Damit lässt sich keine Masse produzieren. Jörg Hündorf setzt auf Klasse statt Masse. Und deshalb mahlt seine Mühle eben langsamer. „Das ist auch ein viel schöneres Arbeiten.“

Ruhig steht er in seinem rund 20 Quadratmeter großen Produk-tionsraum und sieht zu, wie die ockerfarbene Masse in einen Behälter klackert. Klinisch sauber ist es hier drin, fast wie in ei-nem Labor. Hündorf, ganz in Weiß gekleidet, gleicht eher einem Krankenpfleger. In dem Raum riecht man die Schärfe, bevor sie ins Auge krabbelt. „Wenn die Augen nicht brennen, dann hab ich was falsch ge-macht. Das gehört zum Senfmachen dazu.“ Allerdings setzt er sich eine Schutzbrille auf, ansonsten würden ihm seine Augen das Arbeiten in dem Senf geschwängerten Raum übel nehmen.

Behutsam legt er ein schwarzes Senfkorn in die Handfläche. Die Nummer 1 unter den Scharfmachern. „Ich benutze schwarzen, braunen und gelben Senf. Der schwarze ist der schärfste, die Grundlage für meinen Herrensenf. Nach dem Schälen sind sie aber allesamt gelb.“ Außer dem Herrensenf, der wirklich nichts für Zartbesaitete ist, stehen in den Regalen noch weitere vier Sorten. Süßlich-scharf ist der Apfel-Traum, etwas für die Damen. Hündorf schmilzt dafür Zucker zu Karamell, löscht ihn mit Apfel-most ab, verrührt das Gemisch mit Senf und Gewürzen und lässt es eine Nacht lang reifen wie einen guten Wein. Danach wird er zweimal zermahlen. Klassischer Senf, Senf mit Honig und Most-rich mit grünem Urwaldpfeffer vervollständigen das Sortiment.

Inzwischen hat der kreative Hallenser schon wieder eine neue Idee: Apfelweinsenf. „Ich hab lange nach einem Winzer ge-sucht, der Bio-Apfelwein herstellt. Endlich hab ich einen in Süd-

deutschland gefunden.“ Hündorf wird also wieder ein bisschen experimentieren und eine neue Sorte auf den Markt bringen.

Verkauft wird der Georgsenf in ganz Deutschland, meist in Bio- oder Feinkostläden. Doch es hat sich auch eine große Handels-kette für die Köstlichkeit aus Sachsen-Anhalt interessiert. Sie steht jetzt bei Edeka in den Regalen. In Hündorfs Büro hängt eine Vertriebskarte an der Wand, die mit roten Fähnchen markiert ist. In allen Regionen Deutschlands findet der Hallenser Mostrich Absatz. Hündorf weiß, dass die Ost- und Norddeutschen lieber scharfen Senf mögen, die Süddeutschen lieben es süß.Ein Fähnchen passt nicht auf die Deutschlandkarte. Bei einer Biomesse hat eine kleine Handelskette aus Taiwan den Wohlge-schmack der scharfen Paste aus der Georgstraße entdeckt und geordert. Auch im feinen Manufactum-Katalog ist der Senf zu haben.

Senf hat sich von seinem schlechten Image erholt und ist in der Gourmetküche angekommen. Feinschmecker schätzen die Harmonie aus Süße, Säure und Schärfe. Jörg Hündorf ist einer, der es versteht, diese Komponenten perfekt miteinander in Ein-klang zu bringen. n

www.georgsenf.de

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Der chinesische Weltraumbahnhof Jiuquan in der Wüste Gobi. Es ist kurz vor 6 Uhr am Morgen des 1. November 2011. Im Dunkel der Nacht steht startbereit die Trägerrakete Langer Marsch 2F. In we-nigen Minuten wird sie mit dem Raumschiff Shenzhou-8 ins All fliegen. Die Temperaturen liegen um den Gefrierpunkt, es ist fast windstill. Gleißend helle Scheinwerfer sind auf den Startturm gerichtet. In einer Entfernung von etwa einem Kilometer warten chinesische und deutsche Wissenschaftler und Ingenieure dar-auf, dass sich die Rakete vom Boden abhebt. Die Stimmung ist angespannt, niemand spürt Kälte und Müdigkeit nach Tagen und Nächten intensiver Vorbereitung.Über einen Lautsprecher hören die Zaungäste, wie die letzten zehn Sekunden des Countdowns auf Chinesisch heruntergezählt werden. Donnergrollen erfüllt die Luft. Es ist, als bebe die Erde. Im Licht der Scheinwerfer werden Feuer und dicke Wolken unter der

Rakete sichtbar. Die Wolken hüllen die Rakete ein. Punkt 5.58 Uhr hebt sie mit dem Raumschiff ab. Majestätisch langsam zuerst, dann immer schneller, bis ein Feuerball im schwarzen Nachthim-mel verschwindet. Jubel erklingt.In der Nacht haben Oliver Ullrich und seine Mitarbeiterin Svant-je Tauber menschliche Immunzellen vorbereitet für diese erste chinesisch-deutsche Weltraummission. Sie gilt als Meilenstein in der Raumfahrtgeschichte, denn erstmals kooperiert China auf diesem Gebiet mit einer anderen Nation. Nach mehrjähri-ger Vorarbeit ist der Start das vorläufige Finale. Die Proben aus Magdeburg sind an Bord des Raumschiffs Shenzhou-8 und mit ihm auf dem Weg ins All. Der Launch ist gelungen, doch ob auch die Mission erfolgreich ist, wird der Professor für Weltraumbio-technologie von der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg erst anderthalb Wochen später erfahren, nach der Landung.

Magdeburg – Weltraum und zurückWissenschaftler aus Sachsen-Anhalt erforscht das Immunsystem in Schwerelosigkeit

Von Annette Schneider-Solis

Forschung in Schwerelosigkeit. 31 mal wird bei jedem Flug des Airbus für22 Sekunden die Schwerkraft aufgehoben.

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Forschung

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Zunächst steht der Rückweg nach Peking an. Mit dem Auto geht es mehrere Stunden durch die Wüste Gobi, dann mit dem Flug-zeug zurück in die chinesische Hauptstadt. Dort warten einige Stunden Schlaf und am nächsten Morgen die Arbeit im Labor.Konzentriert füllen die Mitarbeiterinnen des Magdeburger Teams Serum mit Immunzellen in winzige Spritzen. Eine Ingenieurin von EADS Astrium baut sie in zigarettenschachtelgroße Boxen ein. Jeder Schritt wird genauestens kontrolliert und protokolliert. Jeder noch so kleine Fehler kann die Arbeit von Jahren zunichte machen. Später werden die Boxen mit den Zellen in die Bodenre-ferenz-Simbox eingebaut. Das Akronym Simbox steht als Kürzel für „Science in Microgravity“ – Wissenschaft in Schwerelosigkeit. Die Box wurde vom Raumfahrtkonzern EADS Astrium für die Forschung im All entwickelt. Die Simbox in Peking ist eine Kopie jenes Inkubators, der an Bord von Shenzhou-8 inzwischen in der Erdumlaufbahn angekommen ist. In ihr werden die Bodenkon-trollversuche durchgeführt. Dadurch, dass die gleichen Experi-mente unter verschiedenen Bedingungen durchgeführt werden, sollen einzelne Einflüsse erkannt werden. So ist auf beiden Inku-batoren eine Zentrifuge installiert, die die Proben erdähnlicher Schwerkraft aussetzt. Die Bodenreferenzkontrollen werden mit den Versuchszellen auf der Zentrifuge im All verglichen. Verände-rungen der Zellen an Bord können durch Faktoren wie die Start-beschleunigung oder den Transport entstanden sein. Insgesamt 17 Versuche sind mit der Simbox im All. Neun von chi-nesischen, sechs von deutschen Wissenschaftlern, zwei von chi-nesisch-deutschen Forscherteams. Fadenwürmer, Immunzellen, Krebszellen, Algen – die Passagierliste ist bunt.

Oliver Ullrich untersucht seit mehreren Jahren, welchen Einfluss die Schwerelosigkeit auf das menschliche Immunsystem hat. „Wir wis-sen seit den ersten Apollomissionen, dass Astronauten bei Raum-flügen immer wieder unter schweren Infektionen leiden. Was wir nicht wissen, ist, warum.“ Der Mediziner und Biochemiker ist den Ursachen auf der Spur. Dafür forscht er auf der Erde und immer wie-der in der Schwerelosigkeit. Doch Schwerkraft lässt sich auf der Erde nicht ohne weiteres aufheben. Eine Möglichkeit sind Parabelflüge. Dabei fliegt ein Flugzeug spezielle Flugmanöver. Es steigt steil in den Himmel, bis die dreiköpfige Pilotencrew im Cockpit den Schub wegnimmt und die Maschine praktisch abstürzen lässt. 31 mal wird pro Flug auf diese Weise für je 22 Sekunden die Schwerkraft aufge-hoben. Das ist der Moment, in dem das dreiköpfige Team der Uni Magdeburg die Versuche auslöst. Sie werden in einer Apparatur ausgeführt, die die Firma KEK aus Bad Schmiedeberg gebaut hat. Für Firmenchef Prof. Frank Engelmann war das seinerzeit Neuland.„Wir mussten lernen, die Wünsche der Mediziner zu verstehen“, erinnert sich der Maschinenbauingenieur. „Die Mediziner mussten lernen, unsere Möglichkeiten zu akzeptieren.“ Etliche Beschränkun-gen galt es zu beachten. Den wenigen Platz an Bord des Airbusses, die limitierte Stromzufuhr, die Tatsache, dass keine Flüssigkeit aus-treten darf. Die Liste der Vorgaben war lang, die Zeit zum Bau des Inkubators kurz. Während der ersten Parabelflugkampagne in Köln im Frühjahr 2006 musste noch viel improvisiert werden. Die Appa-ratur wurde immer weiter vervollkommnet und hat sich bereits in sieben Kampagnen bewährt. Dabei hat Oliver Ullrich verschiedens-te Zellen aus dem Zoo des Immunsystems in die Schwerelosigkeit geschickt: T-Lymphozyten, Makrophagen, Mikrogliazellen.

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Derzeit planen alle Raumfahrtnationen eine bemannte Mission zum Mars. Während die technischen Herausforderungen lösbar scheinen, sind dem Menschen selbst Grenzen gesetzt. Kann er in der lebensfeindlichen Umgebung des Weltalls länger gefahrlos leben? Die Raumfahrer sind Strahlung, Schwerelosigkeit und Iso-lation ausgesetzt. Mindestens 500 Tage lang. Immer wieder aber leiden Astronauten während und nach länge-ren Aufenthalten auf Raumstationen unter schweren Infektionen des Atemsystems, der Harnwege oder der Haut. Ein russischer Kosmonaut musste vorzeitig zurück geholt werden. „Beson-ders gefährlich ist aber die schleichende Gefahr, die vom Gehirn droht“, erklärt Oliver Ullrich. „Es gibt eine ganze Reihe von Viren, die dort überleben und vom Immunsystem ständig in Schach gehalten werden. Wenn das Immunsystem aussteigt, erwachen diese Viren zu neuer Aktivität.“ Die Folge könnten Krankheiten wie Entzündungen des Gehirns und des Nervengewebes sein.“Und das Immunsystem gerät sofort durcheinander, wenn die ge-wohnte Schwerkraft wegfällt. „Bei den Parabelflügen haben wir herausgefunden, dass viele Zellen augenblicklich auf den Wegfall der Schwerkraft reagieren“, erklärt Oliver Ullrich. „Manche stellen einfach ihre Arbeit ein wie die T-Lymphozyten, die das Immun-system steuern. Fresszellen, die eindringende Krankheitserreger attackieren sollen, sind in ihrer Aktivität gestört. In Schwerelo-sigkeit werden Moleküle aktiviert, die die Zellteilung blockieren. Diese Störungen setzen sofort nach Wegfall der Schwerkraft ein, innerhalb von Sekunden. Uns ist der Nachweis gelungen, dass es eine Art Schwerkraftsensor in menschlichen Zellen gibt. Das wusste man bislang nicht.“

Doch was geschieht nach diesen 22 Sekunden? Passt sich das Immunsystem den neuen Bedingungen an? Setzen sich die Fehlfunktionen fort? Um das beantworten zu können, benötigt der Wissenschaftler längere Schwerelosigkeitsphasen. Im März 2011 führt er erstmals Versuche auf der HöhenforschungsraketeTEXUS durch. Dazu verlegt er mit seinem Team seinen Arbeits-platz für drei Wochen auf den schwedischen Weltraumbahnhof ESRANGE bei Kiruna. 150 Kilometer nördlich des Polarkreises wird im Durchschnitt einmal pro Jahr eine TEXUS-Rakete des Deut-schen Zentrums für Luft- und Raumfahrt abgeschossen, in eine Höhe von zirka 250 Kilometer. Etwa fünf Minuten ist die Fracht während des Flugs schwerelos. Während dieser Zeit werden die Immunzellen in kleinen Spritzen mit einer Flüssigkeit aktiviert und schließlich mit einer Fixierlösung „eingefroren“. Das Wetter provoziert mehrere Startverschiebungen, doch am Ende kann TEXUS starten, können die Zellen nach dem Flug unversehrt ge-borgen und ins heimische Labor gebracht werden.Die Versuche sind wie die auf Shenzhou die Basis für weitere Ex-perimente auf der Internationalen Raumstation ISS. Oliver Ullrich wurde von der Europäischen Raumfahrtagentur ESA und den Raumstationsnationen mit der Leitung eines internationalen Wissenschaftlerteams beauftragt, das die Reaktionen von Zel-len des Immunsystems in der Schwerelosigkeit erforschen will. Namhafte Experten aus den USA, aus Russland, Deutschland und der Schweiz arbeiten unter ihm zusammen. In den kommenden Monaten sollen Versuche auf der Internationalen Raumstation ISS durchgeführt werden, die Vorbereitungen laufen. „Die Fress-zellen werden dann während längerer Schwerelosigkeitsphasen beobachtet. So wollen wir herausfinden, ob sie dort dieselben Störungen zeigen, die wir während kurzzeitiger Schwerelosigkeit gefunden haben.“ In einem zweiten Projekt wird nach Anpas-sungsmechanismen gesucht. „Wir wollen erforschen, ob unser Immunsystem lernen kann, unter Schwerelosigkeit zu leben.“16 Tage nach ihrem Start schlägt am 17. November um 20.38 Uhr die Landekapsel von Shenzhou-8 sanft auf der Erde auf. Die Sim-box wird ausgebaut, per Hubschrauber und Jet sofort nach Pe-king geflogen und den Wissenschaftlern übergeben. Die kompli-zierte Apparatur mit den Zellen aus Magdeburg hat den Flug gut überstanden. Anderthalb Tage später wird auch der Inkubator am Boden heruntergefahren. Die Auswertung der Versuche hat inzwischen begonnen. „Sie wird uns wieder ein kleines Stück wei-terbringen“, zeigt sich Oliver Ullrich zuversichtlich. „Was wir hier tun, ist nicht spektakulär. Wir arbeiten uns nur ein kleines Stück voran auf dem Weg zu einem Ziel, das uns Menschen seit jeher treibt: aufzubrechen zu neuen Horizonten, um die Welt jenseits unserer Erde besser verstehen zu können.“ n

www.anatom.uzh.ch/space

http://imk.uni-magdeburg.de/lkt/

Launch – am 1. November startet die chinesische Trägerrakete LangerMarsch. An Bord hat sie Versuche aus Magdeburg.

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SACHSEN-ANHALT-MAGAZIN 07/11

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Gute Kommunikation nach außen hinUnser Land Sachsen-Anhalt in seiner Vielfalt zu präsentieren, ist nicht ganz leicht. Den Machern des Sachsen-Anhalt-Magazins gelingt dies in einer eleganten, gut durchdachten und informativen Art und Weise. Es ist wichtig, die positive Entwicklung unseres Landes zu kommunizieren, denn nur durch eine gute Kommunikation, wie es das Sachsen-Anhalt-Magazin demonstriert, kann für un-ser Land geworben werden. Ich freue mich auf die kommenden Ausgaben und rege an, ein paar Veranstaltungs- oder Ausflugs-tipps einzubinden. Wenn man viel über Sachsen-Anhalt gelesen hat, möchte man sich ja auch vor Ort begeistern lassen.

n André Schröder, Vorsitzender der CDU-Fraktion im Landtag von Sachsen-Anhalt

Medienstandort beleuchtenVom Sachsen-Anhalt-Magazin hab ich nun schon ein paar Ausgaben lesen können. Erst mal finde ich es gut, dass es ein solches Ma-gazin überhaupt gibt, denn es kann unser Land nach außen nur bekannter machen. Dazu trägt mit Sicherheit auch die optisch sehr gelungene Aufmachung bei. Anregen würde ich, dass man mal den Medienstand-ort Sachsen-Anhalt unter die Lupe nimmt. Hier hat es eine Menge zu bieten. Allein die Hörfunklandschaft mit dem MDR in Hal-le und den kommerziellen Radiosendern sind Botschafter und Werbeträger Sachsen-Anhalts. Man bedenke auch, dass es mit MDR-Sputnik ein Jugendradio gibt, welches über UKW nur in Sachsen-Anhalt verbreitet

wird. Das ist zwar schade für die Radiohörer in Thüringen und Sachsen. Aber wir Sach-sen-Anhalter können uns glücklich schätzen, gleich zwei öffentlich-rechtliche Jugendpro-gramme lizensiert zu haben. Entgegen an-derslautender Klischees ist Sachsen-Anhalt eben auch Vielfalt. Und nicht wie der von mir sehr geschätzte Rainald Grebe singt: „Über die Rübenfelder flüchtet ein Reh – es hat die Wahl zwischen Radio Brocken und SAW“.

n Stefan Gebhardt, MdL, Die.Linke

Mehr Tourismusins Heft bringenDie Altmark, Sachsen-Anhalts schöner Norden präsentiert sich seinen Gästen als moderne, attraktive Region, die so manche Überra-schung zu bieten hat. Modern, attraktiv, überraschend zeigt sich auch das Sachsen-Anhalt-Magazin. Die Themenvielfalt ist so bunt wie das Land. Zu kurz kommen in den Geschichten allerdings die Schönheiten und Anziehungspunkte, die das Land Be-suchern zu bieten hat. Auch der Tourismus zählt zu Wirtschaft und Gesellschaft.

n Mandy Hodum, Geschäftsführerin des Tourismusverbandes Altmark

Ein Magazin mit AnspruchGanz beiläufig ist mir das Sachsen-Anhalt-Magazin in die Hand gelegt worden. Ein Magazin mit Anspruch. Das großzügige Layout verleitet sofort zum Blättern. Die großflächigen, professionellen Fotos laden ein, sich in die Inhalte zu vertiefen. Und

man wird nicht enttäuscht. Im Gegenteil: Spannende Geschichten, interessante Per-sönlichkeiten aus allen Bereichen unserer Gesellschaft – Informationen, die mich in-teressieren und auch nachdenklich ma-chen. Ich wünschte mir etwas mehr Kultu-relles aus Sachsen-Anhalt. Ich denke, auch in diesen Bereichen haben wir in unserem Bundesland keinen Mangel. Ich freue mich auf die nächste Ausgabe.

n Friedhelm Ruschak, Musiker und Grafik-designer, Magdeburg

Die veröffentlichten Meinungen müssen nicht die Meinung der Redaktion wieder-geben. Die Redaktion behält sich vor, Zu-schriften – bitte stets mit Namen und An-schrift – gekürzt und auch elektronisch zu veröffentlichen. Die Leserzuschriften können per Post oder elektronisch [email protected] übermittelt werden.

[email protected] zum Sachsen-Anhalt-Magazin an:

42 Briefe an die Redaktion

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Der neue Audi A4.Taktgeber des Fortschritts.Der neue Audi A4* bietet ein Vielmehr an Innovationen. Mehr Effizienz, mehr Leistungund mehr Komfort. Dazu beeindruckende Neuerungen, die auf Sie warten. All das zueinem besonders attraktiven Preis. Kommen Sie zu uns und informieren Sie sich.Wir freuen uns auf Sie.

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