Schutz von Know-How und Geschäftsbeziehungen im Arbeitsverhältnis
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Schutz von Know-How und Geschäftsbeziehungen im Arbeitsverhältnis
Reinbek – 18. November 2013
I. Schutz von Know-How und Geschäftsbeziehungen im Arbeitsrecht
II. Das vertragliche Wettbewerbsverbot
III. Das nachvertragliche Wettbewerbsverbot
Know-How-Schutz als Resourcenthema:
• Know-How ist Wettbewerbsvorteil
• nicht Unternehmen haben Know-How, sondern Menschen sie sind Geheimnisträger !
• geheimes Know-How ist besonders wertvoll und daher besonders gefährdet
Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse:
• Tatsachen im Zusammenhang mit dem Geschäftsbetrieb • nur einem engen, geschlossenen Personenkreis bekannt • Nicht offenkundig • zumindest konkludenter Geheimhaltungswille des
Betriebsinhabers • berechtigtes rechtliches und wirtschaftliches Interesse
an Geheimhaltung (Problemfall: illegale Geheimnisse, Whistleblowing)
Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse:
• Technisches Wissen(Produktionsverfahren, Abläufe, Erfindungen, Schutzrechte)
• Vertriebswissen (Kundenlisten. Preiskalkulationen)
• Wirtschaftliche Daten(Bilanzen, Kalkulationen)
• Personalbereich(Gehälter, Personaleinsatz)
Verschwiegenheitspflicht:
• Verschwiegenheitspflicht ist vertragliche Nebenpflicht gem. § 242 BGB
• beschränkt auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse • nur eingeschränkt vertraglich erweiterbar: immer ein
berechtigtes Interesse des Arbeitgebers erforderlich• Klauseln, die sämtliche geschäftlichen Vorgänge umfassen,
sind unwirksam • vertragliche Konkretisierung der Verschwiegenheitspflicht ist
möglich
Verschwiegenheitspflicht:
• entscheidende Schwäche: nur vertraglicher Anspruch zwischen Parteien, nur Vorgehen gegen den Arbeitnehmer, nicht aber gegen den Dritten, der von Verrat profitiert, möglich
Compliance-Richtlinien zur Verschwiegenheit:
• mitbestimmungspflichtig, § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG• kann verpflichtender Arbeitsvertragsinhalt sein
(Problem: nachträgliche Einbeziehung)• keine – speziellen – gesetzlichen Vorgaben • Verstoß gegen Richtlinien birgt Kündigungsperspektive
Strafbarkeit des Geheimnisverrats, § 17 Abs. 1 UWG
• Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis • im Rahmen des Dienstverhältnisses anvertraut oder
zugänglich gemacht • ausdrückliche oder konkludente Weisung, es
vertraulich zu behandeln • an einen Dritten mitgeteilt • jedes Verhalten/Unterlassen, das dazu führt, dass der
Dritte Kenntnis erlangen kann• unbefugt • während der Dauer des Dienstverhältnisses
Strafbarkeit des Geheimnisverrats, § 17 Abs. 1 UWG
• zu Zwecken des Wettbewerbs • eigener oder fremder (auch zukünftiger)
Wettbewerb ist erfasst • oder aus Eigennutz • oder zu Gunsten eines Dritten • oder in Schädigungsabsicht
Strafbarkeit der Betriebsspionage, § 17 Abs. 2 UWG
Ebenso wird bestraft, wer zu Zwecken des Wettbewerbs, aus Eigennutz, zugunsten eines Dritten oder in der Absicht, dem Inhaber des Unternehmens Schaden zuzufügen, 1. sich ein Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis • durch Anwendung technischer Mittel • Herstellung einer verkörperten Wiedergabe des
Geheimnisses oder • Wegnahme einer Sache, in der das Geheimnis
verkörpert ist, unbefugt verschafft oder sichert
Strafbarkeit der Betriebsspionage, § 17 Abs. 2 UWG
2. ein Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis, das er durch eine der in Absatz 1 bezeichneten Mitteilungen oder durch eine eigene oder fremde Handlung nach Nr. 1 erlangt oder sich sonst unbefugt verschafft oder gesichert hat, unbefugt verwertet oder jemandem mitteilt
Arbeitnehmererfindungsgesetz
Sichert dem Arbeitgeber umfassend alle Rechte aus Erfindungen des Arbeitnehmers• umfassender Know-How-Schutz des Arbeitgebers, jetzt
mit Fiktion der Inanspruchnahme in § 6 Abs. 2 ArbNErfG
• regelmäßig entsteht betriebliches Know-How durch Erfindungen der Arbeitnehmer
• Meldepflicht (§ 5 ArbNErfG) und Geheimhaltungspflicht des Arbeitnehmers (§ 24 Abs. 2 ArbNErfG)
• Ausgleichspflicht
Bundesdatenschutzgesetz
• Datenschutz gem. § 5 BDSG: personenbezogene Daten des Arbeitgebers werden geschützt;
• Mitgeschützt sind Geschäftsgeheimnisse, die auch personenbezogene Daten sind (Kundenlisten natürlicher Personen)
• Straftatbestände gem. §§ 43 Abs. 2 , 4 BDSG
Allgemeine Folgeprobleme nach Beendigung:
• vertragliche Nebenpflicht des Arbeitnehmers, überlassene Arbeitsmittel herauszugeben
• da Arbeitnehmer regelmäßig nur Besitzdiener ist, in der Regel kein Zurückbehaltungsrecht
• entsprechend für Unterlagen: Arbeitgeber ist regelmäßig Eigentümer der vom Arbeitnehmer hergestellten Unterlagen
• vertragliche Absicherung und Konkretisierung sinnvoll, Ausschluss von Zurückbehaltungsrechten
Allgemeine Folgeprobleme nach Beendigung:
• nachvertragliche Verschwiegenheitspflicht ist eingeschränkt – nur soweit Arbeitnehmer in seiner Berufsausübung nicht unzumutbar beschränkt wird
• Abwägung zwischen Interessen des Arbeitgebers an Geheimhaltung (spürbare Auswirkungen auf Betrieb) und Berufsfreiheit des Arbeitnehmers
• Rechtsprechung verweist Arbeitgeber auf die Möglichkeit, ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot zu vereinbaren
II. Das vertragliche Wettbewerbsverbot
Kündigung
Vertrag Ende
Kündigung
Vertrag Ende
§ 60 Abs. 1 HGB – Vertragliches Wettbewerbsverbot
1. Verbot eines eigenen Handelsgewerbes
2. Verbot der Geschäfte im eigenen Handelszweig des Arbeitgebers
Einwilligung des Arbeitgebers möglich
ohne anderweitige Vereinbarung unwiderruflich
gilt für alle Arbeitnehmer (BAG)
ist verzichtbar/einschränkbar
• vertragliche Verschwiegenheitspflicht wird durch das vertragliche Wettbewerbsverbot gem. § 60 HGB verstärkt und gestützt
• nach der Rechtsprechung ist das vertragliche Wettbewerbsverbot über § 60 HGB hinaus auch Ausdruck der allgemeinen Treuepflicht
• die Norm wird grundrechtkonform einschränkend ausgelegt auf den „Handelszweig des Arbeitgebers“ vertragliche Konkretisierung sinnvoll
Unerheblich für Annahme einer Wettbewerbssituation, ob
• selbständig
• in einem freien Dienstverhältnis oder
• in einem Arbeitsvertrag
Maßgeblich nur, ob Tätigkeit den Interessen des Arbeitgebers zuwiderläuft (Einzelfallabwägung).
Beispiele:
• Pharmareferentin P berät privat Wettbewerber in Marketingfragen
• P näht in der Freizeit Lederschuhe und verkauft sie
• P arbeitet an zwei Tagen in der Woche abends im Sonnenstudio ihrer Schwiegermutter auf 450-Euro-Basis
Kündigung
Vertrag Ende
Wettbewerbsverbot
rechtliche Beendigung
• nur während des Bestands des Arbeitsverhältnisses, aber auch während Freistellung
• (fristlose) Kündigung ist nicht immer ratsam bei Verstößen, da das vertragliche Wettbewerbsverbot hierdurch beendet wird
• Vereinbarung angemessener Kündigungsfristen (gesetzliche Kündigungsfrist für Arbeitnehmer: immer 4 Wochen;§ 622 Abs. 2 BGB gilt nur für Arbeitgeberkündigung)
• Ergänzung durch Freistellungsklauseln: ermöglichen Trennung des Arbeitnehmers vom Zugang zu betrieblichen Informationen
Vorbereitungen auch während Arbeitsverhältnis erlaubt:
• wenn keine unmittelbaren Nachteile für den Arbeitgeber entstehen
• Anmieten von Geschäftslokal, Einkauf von Waren, Anwerben von Mitarbeitern durch Erstgespräch, Abschluss von Franchise-Verträgen
• nein aktives Abwerben, auch kein „Vorfühlen“ zulässig
Problemfälle:
• Abwerben eigener Kunden/Mitarbeiter
• „Anzapfen“ der Kundendatenbank
• Verabschiedungsschreiben/-Emails
Verletzung des Wettbewerbsverbots:
• i.d.R. fristlose Kündigung ohne Abmahnung
• Schadensersatzpflicht (Schätzung möglich) oder
• Eintreten in die Geschäfte des Arbeitnehmers
Auskunftspflicht und Verjährung
• Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung bei Verstoß
• Verjährung nach 3 Monaten (§ 61 Abs. 2 HGB) ab Kenntnis
Anspruch auf Nebentätigkeit ohne Wettbewerb?
• i.d.R. gegeben, aber nur im Rahmen Arbeitszeitgesetz
• Anspruch aus Art. 12 Abs. 1 GG
• Anzeigepflicht zulässig
• vertraglich vereinbarte Genehmigungspflicht i.d.R. unwirksam
• Sonderproblem: „Sittengrenzen“
Anspruch auf Nebentätigkeit mit Wettbewerb?
• eigentlich streng ausgeschlossen
• Verwässungstendenz in der Rechtsprechung bei „untergeordneter“ Wettbewerbstätigkeit
Standard-Fallgestaltungen:
• AN geht wettbewerbsrelevanter Nebentätigkeit nach
• AN kündigt und übt noch während der Kündigungsfrist Wettbewerb durch „unter-der-Hand“-Arbeit für Wettbewerber aus
II. Das nachvertragliche Wettbewerbsverbot
Vertrag Ende
§ 110 GewerbeO – Nachvertragliches Wettbewerbsverbot
• nur bei Beginn, während und anlässlich Beendigung des Arbeitsverhältnisses vereinbar
• nicht nach Beendigung (sonst nur entschädigungsloses „Wettbewerbsverbot“)
• bewirkt Verbot nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses für einen bestimmten Zeitraum
Untersagung oder Einschränkung nur bei
• berechtigtem geschäftlichem Interesse zwischen alter und neuer Tätigkeit insbesondere durch
• befürchtete Weitergabe/Nutzung von Geschäftsgeheimnissen oder
• Nutzung des vormaligen Kundenkreises
Berechtigtes Interesse immer bei
• Vergleichbarkeit zwischen alter und neuer Tätigkeit
• Gefährdung durch Nutzung der Kenntnisse und Erfahrungen des Mitarbeiters über Alt-Arbeitgeber
Beispiele:
• Konstruktionsleiter für Bereich Konstruktionsleitung
• Personalleiter für Bereich Personalleitung
• „einfacher“ kaufm. Mitarbeiter für kaufm. Tätigkeiten
• Reinigungskraft für Bereich Reinigung
• keine unbillige Beschwer im beruflichen Fortkommen
• nach Ort, Zeit und Inhalt angemessen
Formelle und inhaltliche Voraussetzungen:
• Schriftlichkeit
• Vereinbarung einer Karrenzentschädigung(mind. 50 % des regelmäßigen Entgelts)
• unternehmensbezogenes oder tätigkeitsbezogenes Wettbewerbsverbot
• Höchstdauer: 2 Jahre (danach Freiheit!)
Pflichten aus dem Wettbewerbsverbot für Arbeitnehmer:
• Unterlassen von Wettbewerb
• Pflicht zum anderweitigen Verdienst
• Auskunftspflicht über anderweitigen Verdienst(ggf. auch: Arbeitslosengeld)
Pflicht aus dem Wettbewerbsverbot für Arbeitgeber:
• Zahlung der Karrenzentschädigung
Berechnung der Karrenzentschädigung (§ 74 Abs. 2 HGB)
• mindestens Hälfte der bisherigen Vergütung
• Bemessung nach allen Einkommensbestandteilen (Zulagen, Weihnachtsgeld, Provisionen, Sachleistungen)
• aber: Anrechnung anderweitigen Verdienstes
Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot:
• keine Zahlung von Karrenzentschädigung
• Unterlassungsklage, ggf. einstweilige Verfügung
• Zahlung vereinbarter Vertragsstrafe
• Schadensersatz
Mögliche Konfliktsituation bei gerichtlicher Klärung:
• eigene Kunden als Zeuge vor Gericht
• Offenbarung von Geschäftsgeheimnissen dort durch erforderlichen prozessualen Vortrag
Wegfall des Wettbewerbsverbots:
• durch Zeitablauf (maximal 2 Jahre)
• einvernehmliche Aufhebung
• Nichtdurchführung des Arbeitsverhältnisses
• Kündigung durch den Arbeitgeber(trotzdem Karenzentschädigung für 1 Jahr)
Taktische Überlegungen zur Vereinbarung von Wettbewerbsverboten:
1. Ist ein Verbot zwingend notwendig?
Bewertung von Risikopotenzial und konkretem Arbeitsplatz/Tätigkeitsumfeld
2. Ist die Funktion eine Karrenzentschädigung wert?
3. Kann Geheimnisschutz alternativ bewirkt werden?
Wettbewerbsverbote vor Gericht
Arbeitnehmer klagt Entschädigung ein:
• Arbeitgeber zahlt nicht
• spekuliert auf Unwirksamkeit der Vereinbarung
Wettbewerbsverbote vor Gericht
Arbeitgeber klagt gegen Verstoß:
• Arbeitnehmer wendet Unwirksamkeit der Vereinbarung ein
• bestreitet Verstoß gegen Vereinbarung
• häufig einstweiliger Rechtsschutz