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Fakultät für Philologie und Künste Lehrstuhl für Germanistik SEMINARARBEIT Merkmale des deutschen poetischen Realismus in Gottfried Kellers „Der grüne Heinrich“ 1

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Seminararbeit zum Thema "Merkmale des deutschen poetischen Realismus in Gottfried Kellers „Der grüne Heinrich“ "

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Fakultät für Philologie und Künste

Lehrstuhl für Germanistik

SEMINARARBEIT

Merkmale des deutschen poetischen Realismus in Gottfried Kellers

„Der grüne Heinrich“

Mentor: prof. dr Jelena Volic-Hellbusch Student: Dusica Dinic, 090139

Kragujevac; September, 2013

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Inhaltsverzeichnis

1. Abstrakt 3

2. Einleitung 4

3. Realismus in Deutschland 5

4. Inhaltsangabe 6

5. Die zwei Fassungen des „Grünen Heinrich“ und ihre Unterschiede 9

6. Spuren der Romantik in Heinrichs Charakter 11

6. 1. Heinrich Lee und seine Mutter 11

6. 2. Heinrich zwischen Anna und Judith 12

6.2.1. Heinrich und Anna 12

6.2.2. Heinrich und Judith 14

6.3. Heinrichs Kunstwerk 15

7. Einfluß von Ludwig Feuerbach und seine Philosophie 16

7.1. Heinrich Lee und Religion 16

8. Der romantische Künstler in einem realistischen Gesellschaft 17

9. Schluss 18

10. Literaturverzeichnis 19

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1. Abstrakt

Der Begriff Poetischer Realismus verwundert dabei, da Poetik und Realismus in einem

scheinbaren Widerspruch zueinander stehen. Wie kann etwas gleichzeitig poetisch und

realistisch sein? In diesem Seminararbeit werde ich durch eine Analyse des Romans „Der grüne

Heinrich“ von Gottfried Keller zeigen, wie der vergangene Zeit des Romantismus immer noch

Einfluß auf Schriftsteller in der zweite Hälfte des 19. Jahrzehntes hatte.

Dieser autobiographische Text von Keller ist ein Musterwerk für einen Bildungsroman und

findet in der Bearbeitung anderer Werke häufig Erwähnung. Da dieses Buch in zwei Versionen

von Keller herausgegeben wurde, beschränke ich mich in Inhaltsangabe und Interpretation auf

die zweite Fassung. Die Motive, die Keller nutzte, sieht man durch den ganzen Werk, aber am

meistens in der Charakter von dem Protagonist, Heinrich Lee.

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2. Einleitung

Der Schweizer Autor Gottfried Keller verfasste mit seinem „Grünen Heinrich“ (1854/55)

einen weitgehend autobiographisch geprägten Künstler- und Entwicklungsroman. Genau wie die

Titelfigur Heinrich ("grün" wird er wegen der Farbe seiner Kleidung genannt) wurde der vaterlos

aufgewachsene Keller wegen eines Streichs von der Schule ausgeschlossen und musste seinen

Berufswunsch, Maler zu werden, mit eigenen Mitteln verwirklichen. Lange lebte er in der Angst

vor Armut und Schulden. Während sich Keller jedoch mangels Talent von der Malerei abwandte,

verfügt der grüne Heinrich nicht über diese Einsicht: Geradlinig, ja störrisch verfolgt er seinen

Weg. Er vermag selten zwischen Realität und eigener poetisch-romantischer Weltsicht zu

unterscheiden. So lässt er sich auch die Liebe zweier Frauen entgehen, treibt die Mutter in den

Ruin und scheitert schließlich an seinen Idealen. Kellers Roman stellt den Höhepunkt des

poetischen Realismus im 19. Jahrhundert dar und reiht sich unter die bedeutendsten deutschen

Bildungsromane ein.

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3. Realismus in Deutschland

Der bürgerliche oder poetische Realismus bildet den Höhepunkt der realistischen

Bewegung des 19. Jahrhunderts (Beginn mit Biedermeier und Jungem Deutschland). Er dauerte

etwa von 1848 bis 1898 (Todesjahr von Fontane und C.F.Meyer). Die Bezeichnung „poetisch“

leitet sich von dem Umstand ab, dass der Realismus in Deutschland auch offen für Erfundenes,

Poetisches war. Er beschränkte sich nicht nur auf bloße Beschreibung der Wirklichkeit, sondern

war auch offen für eine ästetische Darstellung der Realität. „Poetisch“ nannte sich dieser

Realismus, weil er bei allem Streben nach Wirklichkeitsdarstellung auf das Auswahlprinzip des

Stils noch nicht verzichten wollte. Träger dieser Bewegung war im deutschen Sprachraum das

Bürgertum. Die handelnden Charaktere sind in der Regel im Bürgertum angesiedelt, bürgerliche

Werte und Ideen spielen eine besondere Rolle. Daher spricht man auch oft vom bürgerlichen

Realismus. Der Begriff „Poetischer Realismus“, der Otto Ludwig1 (1813-1865) prägte, ist

eigentlich ein Paradox. Er besagt, dass die Wirklichkeit, also die Gegenwart in der zweiten

Hälfte des 19. Jahrhunterts, abgebildet und dabei gleichzeitig dichterisch verklärt werden soll.

Extremes soll ausgespart werden. Diesem Anspruch wurden die Autoren des Realismus gerecht.

Kritik an den gesellschaftlichen oder politischen Verhältnissen wurde kaum oder nur

unterschwellig laut.

Die Theorie des Bürgerlichen Realismus kreist um die Frage nach der Beziehung zwischen

Literatur und Wirklichkeit; es ist insbesondere das differenzierte Verhältnis des Bürgerlichen

Realismus zur Realität, das diese Bewegung so komplex und ambivalent macht. Im Gegensatz zu

dem klassischen, europäischen Realismus, in dem nur die exakte Wirklichkeit existiert, in dem

poetischen Realismus versucht der Autor objektiv und gleichzeitig empfindsam zu sein.

In Theodor Fontanes2 Aufsatz „Unsere lyrische und epische Poesie seit 1848“ gibt er

folgende Definition zum Realismus: "Er ist die Widerspiegelung alles wirklichen Lebens, aller

wahren Kräfte und Interessen im Elemente der Kunst, er ist, wenn man uns diese scherzhafte

1 Otto Ludwig (1813-1865) war ein deutscher Schriftsteller, Dramaturg und Kritiker.2 Heinrich Theodor Fontane (1819-1898) war ein deutscher Schriftsteller. Er gilt als bedeutendster deutscher Vertreter des poetischen Realismus.

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Wendung verzeiht, eine „Interessenvertretung“ auf seine Art. Er umfängt das ganze reiche

Leben, das Größte wie das Kleinste, den Kolumbus, der der Welt eine neue zum Geschenk

machte, und das Wassertierchen, dessen Weltall der Tropfen ist, den höchsten Gedanken, die

tiefste Empfindung zieht er in sein Bereich, und die Grübeleien eines Goethe wie Lust und Leid

eines Gretchen sind sein Stoff. Denn alles das ist wirklich. Der Realismus will nicht die bloße

Sinnenwelt und nichts als diese, er will am allerwenigsten das bloß Handgreifliche, aber er will

das Wahre. Er schließt nichts aus als die Lüge, das Forcierte, das Nebelhafte, das Abgestorbene -

vier Dinge, mit denen wir glauben, eine ganze Literaturepoche bezeichnet zu haben."3 Der

poetische Realismus versöhnt das neue Streben nach Objektivität und die alte romantische

Tendenzen der Menschen.

4. Inhaltsangabe

Am Anfang des Buches wird die Schweiz und ihre Landschaft sehr detailliert beschrieben. Die

Berge, Wiesen, Seen und Flüsse werden von Heinrich bewundert, ebenso wie die Stadt in der er

lebt und die historischen Ereignisse, die auf dem Boden stattgefunden haben, auf dem er steht. 

Heinrichs Vater starb sehr früh in seinem Leben (er war 5 Jahre alt) und ist nur mit seiner

sparsamen Mutter geblieben. Sein Vater war ein sehr repektierter Architekt und die Lee Familie

hat eine gute Reputation in der Stadt. Heinrich trägt den Spitznamen „Grüner Heinrich“, weil

seine Kinderkleidung aus den grünen Uniformen seines Vaters geschneidert wurde. In der Schule

war Heinrich sehr oft für etwas bestraft und seine Mutter sorgte sich um ihm sehr. Eines Tages

wurde er wegen eines großen Streiches aus der Schule herausgeschmissen. Deswegen wurde er

sehr traurig, und bewunderte wie trafen die Schulleiter so schnell die Entscheidung einen

kleinen Mensch aus der Schule und auch aus der Gesellschaft zu verbannen. Seine sorgende

Mutter schickt ihn zu seinem Onkel auf dem Dorf, um früher als erwartet eine Berufswahl zu

treffen, weil er die Schule nicht mehr beenden kann. Es ist wichtig zu bemerken, dass Heinrich

sein ganzes Leben bis diesem Moment sich für Kunst, Malerei und das Schreiben interessierte.

Auf dem Dort fand er immer mehr Inspiration um zu malen. Er bekommt alte Zeichnungen, die

er kopiert und versucht sich auch in der freien Natur, aber er hatte Probleme zwischen das Wahre

3 Theodor Fontane: "Unsere lyrische und epische Poesie seit 1848", in: Sämtliche Werke.Bd. 21: Literarische Essays und Studien. Erster Teil, gesammelt u. hrsg. von Kurt Schreinert. München: Nymphenburger Verlagshandlung 1963

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und das Fantastische zu unterscheiden. Deshalb machen seine Bilder wenig Sinne, aber trotzdem

glaubte er, dass er ein Landschaftsmaler sein möchte. Auf dem Dort lernte er zwei Cousinen

kennen. Die erste ist seine gleichaltrige Anna, eine schöne und ruhige junge Dame, und die

zweite ist Judith, eine unabhängige Witwe. Mit beiden hat er eine bestimmte Beziehung

entwickelt, aber nicht im ganzen. In Anna war er tief verliebt und er dachte über sie ständig, aber

hat mit ihr keine vollständige Liebesbeziehung erreicht. Er liebte Judith auf eine andere Weise;

mit ihr war er freier, aber nur nach ein Paar Jahren verstand er die Natur ihrer Beziehung.

Heinrich ist nun zwischen Anna und Judith gespalten, aber für Anna hat er Briefe geschrieben

und Gemälder gemacht.  Anna erfüllt ihn mit romantischer, verklärender und idealisierender

Liebe, während die lebensfrohe, verführerische Judith seine Sinnlichkeit erweckt. In den

nächsten Jahren wandelte er zwischen der Stadt und dem Dorf. Er besuchte einen Maler

(Römer), der ihm neue Malentechniken zeigte. Er entwickelte sein Talent und war sicher, dass er

ein Maler sein wird. Wenn er 17 Jahre alt war, bekam Anna eine unbekannte Krankheit, und

starb danach. Überraschenderweise ist Heinrich nicht besonders traurig wegen ihres Todes; er

war sogar ein bischen froh, dass er diesen Kapitel seines Lebens schliessen kann. Nach ihrem

Tod sagte er zu Judith, dass er sich mit ihr nie wieder treffen kann, weil er zu Anna bis seinem

Tod treu bleiben will. Kurz später verreiste Judith nach Amerika, und so endet seine

Jugendgeschichte.

Um ein erfolgreicher Künstler zu sein, mußte er nach München ziehen, und dort seine

Malerei weiter entwicklen, und auch etwas verdienen. Seine Mutter war nicht mit seiner

Entscheidung zufrieden, aber sie hat ihm schon sein ganzes Leben erlaubt das zu machen, was er

will. Er zog nach München, wo er zwei neue Freunde kennen lernte – Lys, ein reicher und

talentierter Maler, und Erickson, ein nicht besonders talentierter Künstler. Mit beiden hat er eine

gute Freundschaft begonnen, aber er fand Lys, der ein Atheist war, manchmal sehr egoistisch.

Lys benahm sich so selbstsüchtig, dass es zu einem Streit und einem Duel zwischen ihm und

Heinrich führte. Niemand hat gewonnen, der Duell wurde unterbrochen, und Lys verreiste und

kam nie wieder. Erickson, sein anderer Freund, hat Malerei verlassen, und Heinrich blieb in

München alein, mit seiner ungewissen Zukunft als Maler. Als das Geld seiner Mutter ausging,

macht Heinrich während eines Jahres Schulden, welche er durch eine erneute Geldsendung

seiner Mutter begleichen kann. Als er nun ein weiteres Jahr lang Schulden macht, verpfändet

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seine Mutter ihr Haus, um auch diese zu begleichen. Heinrich begreift nun, dass er nicht weiter

von Schulden leben kann, und macht, mangelndes Einkommen: Erst verkauft er seine Flöte, dann

nach und nach seine achtzig Skizzen zu dem Trödler für Kleingeld. Er verkaufte keine Bilder,

lebte in Armut, aber bekam später ein Job als Fahnemacher, das wenig aber genug Geld brachte.

Eigentlich spürte Heinrich, dass er das Talent für Malen nicht besitzt, und entscheidete sich nach

Hause zurückzukehren. Er musste zu Fuß nach Hause reisen, und auf dem Weg übernachtete er

in einem Schloss. Dort lebten der Graf Dietrich und seine Tochter, Dorothea – Dortchen. Sie

überzeugten ihn länger bei ihnen zu bleiben und für sie zu malen. Er verliebt sich in sie, aber hat

keinen Mut ihr das zu gestehen, weil sie eine Gräfin ist. Er blieb dort für den Winter, bevor er

fühlte dass er nicht mehr in ihrer Nähe sein kann. Er zog weiter nach Hause, wo seine Mutter

auf dem Sterbebett lag. Nämlich lebte seine Mutter in tiefer Armut, weil sie Heinrichs Schulden

auszahlte, und deswegen zuletzt starb. Heinrich fühlte sich für ihren Tod verantwortlich. Kurz

nach dem kam Judith zurück aus Amerika, und stand bei ihm und hilft ihm mit seinen Sünden zu

leben.

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5. Die zwei Fassungen des „Grünen Heinrich“ und ihre Unterschiede

Der Roman entstand in den Jahren 1850 bis 1855; 25 Jahre danach hat Keller jedoch eine

Überarbeitung des Werks vorgenommen. Noch bevor die erste Fassung 1855 im Druck erschien

und ausgeliefert war, kommentierte Keller, dass sie überarbeitet und neu gestaltet werden müsse.

Die Entscheidung zur Überarbeitung des Romans spiegelt in vielem den Verlauf des

Bürgerlichen Realismus wider, geht es Keller doch bei der Umarbeitung darum, die Erstfassung

zu retuschieren.

1854 erschienen die ersten drei Bände, 1855 der vierte Band der Erstfassung. Sie beginnt

mit der Reise Heinrichs nach München, wo er als Künstler erfolgreich sein will, und dieser Teil

ist in dritter Person geschrieben. In dem Roman findet Heinrich sein altes Heft in dem seine

Jugendgeschichte geschrieben ist. Diese Jugendgeschichte ist in der Form des Ich-Erzählers

geschrieben. Keller dachte, dass diese „autobiographische“ Form, die unchronollogish präsentiert

ist, zu unpoetisch sei. Deshalb entschied er sich die ganze zweite Fassung in die Ich-

Erzählerform zu schreiben. Die ersten drei Kapitel, der Abschied Heinrichs und die Reise nach

München, fallen ganz weg, aber die Jugendgeschichte allerdings wird nahezu unverändert

übernommen. Diese Änderungen betreffen vor allem den vierten Band, den Keller in der

Neufassung anegdotischer gestaltet, wobei er auf die oft langen Reflexionen, die Exkurse zu

Metaphysik, Politik, Geschichte und Ethik, weitgehend verzichtet. Die wichtigste, entscheidende

Änderung jedoch erfährt der Schluss. In der ersten Fassung kehrt Heinrich nach Hause zurück,

nur um zu erfahren, dass seine Mutter aus Gram über sein missratenes Leben gestorben ist, und

folgt ihr in den Tod. Keller will damit zum Ausdruck bringen, "dass derjenige, dem es nicht

gelingt, die Verhältnisse seiner Person und seiner Familie im Gleichgewicht zu erhalten, auch

unbefähigt sei, im staatlichen Leben eine wirksame und ehrenvolle Stellung einzunehmen"4 –

eine schonungslose Abrechnung des Autors mit seiner Figur, die viele autobiographische Züge

trägt und in der Kunst wie im Leben scheitert.

4  Keller, Gottfried: „Der grüne Heinrich“, Deutscher Klassiker Verlag, S. 9059

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Die Erstfassung des Romans vertritt kein eindeutiges und eindimensionales Konzept von

Bürgerlichkeit; im Hinblick auf die Bestimmung einer bürgerlichen Identität bleibt Keller

uneindeutiger und unklarer: mit der zweiten Fassung sind diese Uneindeutigkeiten des

bürgerlichen Wertesystems dem Leser näher, aber das was Keller mit dem Roman darstellen

wollte, ist nicht dieses System, sondern die Rolle eines Künstlers in der Bürgerlichkeit.

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6. Spuren der Romantik in Heinrichs Charakter

Grundlagen für den Realismus sind objektive Betrachtung, sachgenaue Darstellung der

Wirklichkeit und Positivismus. Die werke des poetischen Realismus stellen die Menschen dar so,

wie sie sind, und nicht wie sie sein sollten. Realismus steht als ein Gegensatz zum Idealismus,

alles ist wie es ist, nichts sollt idealisiert oder verbessert sein. Der Mensch steht in seiner

natürlichen und gesellschaftlichen Umgebung – Menschliches Handeln ist unter dem Einfluss

der Natur (eigene Natur: körperliche und geistige Gaben, Charakter; umgebende Natur:

Landschaft). Im Zentrum aller Romane, Dramen und Gedichte steht weiterhin der Einzelmensch,

das Individuum, obwohl die Wirklichkeit zunehmend von den durch industrialisierung und

Verstädterung bestimmt wurde. Heinrich Lee ist aber in seiner Natur sehr empfindsam und

romantisch. Sein Charakter ist mit seinen Gefühle geführt und Keller machte das deutlich. Keller

schaffte die Objektivität und das Schreibweise eines Realist zu halten, und andererseits Heinrichs

Illusionen, Gefühle und Sinnlichkeit meisterhaft zu den Leser übertragen. Heinrich Lee

eigentlich repräsentiert eine romantische Figure; eine Abstoßung die Romantik vollig zu

verwerfen und sie von dem Realismus zu trennen. Es gibt zwei Beziehungen die Heinrich in

seinem Leben erfahrt, die ihn und seine Lebensentscheidungen stark beeinflußten.

6. 1. Heinrich Lee und seine Mutter

Der Gegensatz zwischen Realität und Phantasie, der für den Roman zentral ist, kann  in

Zusammenhang mit Heinrichs Verhältnis zu seiner Mutter diskutiert werden. Seine Mutter ist

sehr sparsam, religiös, weichlich und phantasiefeindlich. Weil Heinrichs Vater früh gestorben ist,

ihre schwache Versuche Heinrich zu kontrollieren waren erfolglos. Diese Unfähigkeit Heinrich

zu kontrollieren, erlaubte ihm tiefer in die Phantasiewelt zu fallen. Ohne richtige vaterliche

Beratung könnte Heinrich nicht seine Mutter verstanden. Für ihn, sie war immer eine Gestalt der

Begrenzung und bloße, langweilige Bürgerlichkeit. Er liebte seine Mutter, aber er könnte sie

nicht ernst nehmen. Heinrich wusste, dass sie um ihm sorgte, aber er war unfähig oder einfach

uninteressiert sie zu helfen. Genau dieser Drang nach Leiden, nach einer Flucht ins Phantasie,

anstatt wahre Probleme zu lösen, macht Heinrich Lee ein typisch Romantiker. Obwohl er wusste,

dass er seine Mutter hinterlassen hatte, lebte er lieber mit diesen Sünden und bemühte sich nicht 11

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zu sie zurückzukommen. Heinrichs Vater, im Gegensatz zu Heinrich und auch seine Mutter, war

ein respektierter Architekt und, was wichtig ist, ein produktives Teil der Gesellschaft. Sein Beruf

steht zwischen Künstlertum und Handwerk und repräsentiert eine perfekte Harmonie die in

Heinrichs Leben fehlt. Dieses Vorbild ist das was Heinrichs Mutter nie anbieten könnte und das

was Heinrich von seinem Scheitern vielleicht retten könnte.

6. 2. Heinrich zwischen Anna und Judith

Heinrichs Jugendgeschichte lebt vom Kontrast zwischen Anna und Judith und Heinrichs

Verhältnis zu ihnen. Aus Heinrichs Perspektive sind Anna und Judith völlig gegensätzlich, er

hält Anna für rein geistig, und bei Judith nimmt er nur die sinnliche Seite wahr. Judith traut er

die feine, nachdenkliche, seelische Seite nicht zu, und bei Anna übersieht er ihre lebendige

Sinnlichkeit. Diese Kategorisierung erfolgt aus seiner eigenen gespaltenen Persönlichkeit und

lässt ihn diese deutlich fühlen. Seine eigene Gespaltenheit ist ein Grund, weshalb er nicht

realisiert, dass beide Frauen auch den jeweiligen Gegenpol verkörpern. Heinrich kann seine

sinnliche und körperliche Seite nicht mit seiner geistigen Seite unter einen Hut bringen. Deshalb

möchte er sich auch vor Anna bei Judith und vor Judith bei Anna verstecken und glaubt, beide zu

brauchen, da jede einen anderen Teil in ihm befriedigt. 

6.2.1. Heinrich und Anna

Anna unterscheidet sich durch ihre Feinheit auffällig von Judith; gerade deshalb gefällt sie

Heinrich am besten. Während er sich mit Judith geschwisterlich neckt und rauft, verliebt er sich

in Anna und wünscht sich eine intimere Beziehung zu ihr. Heinrich beschreibt Anna mit vielen

Diminutiven, und alles was sie tut, empfindet er als niedlich und schön. Aus Heinrichs

Perspektive scheint sie oft unerreichbar und wie ein Engel zu sein, was sie um so

begehrenswerter für ihn macht.  In dem Roman dient Anna insbesondere Heinrich und ihrem

Vater als Projektionsfläche für ihre Wünsche und Vorstellungen. In Anna möchten sie sehen,

was sie als ideal und gut empfinden und sich für sich selbst wünschen. Es ist einfacher, diese

Ideale nicht selbst zu realisieren, sondern auf jemand anderen, in diesem Falle Anna, zu

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übertragen, um sich dann in ihr spiegeln und bewundern zu können. In seiner Vorstellung ist er

ein strahlender Held, dem die wunderschöne, gute und reine Anna zu Füßen liegt.

"In der Theorie hatte ich die Welt schon erobert und auch verdient und besonders über

Anna durchaus verfügt." (S. 274)

Doch in der Realität ihre Gefühle für sich zu gewinnen, ohne sie zu verletzen, gelingt

Heinrich nicht. Er scheint Anna am meisten zu lieben, wenn sie nicht in seiner Nähe ist, denn je

unerreichbarer die wirkliche Anna ist, desto deutlicher und klarer wird Heinrichs Traumbild von

ihr. Annas Zartheit und engelhafte, kindliche Schönheit dient Heinrich als Vorbild für seine

Idealvorstellung einer Geliebten. Somit reduziert er sie auf ihr Äußeres, und denkt sich ein

reines, fast heiliges und überirdisches Bild von ihrem Inneren dazu, sein Idealbild von einer Frau

und von sich als ihrem "Liebhaber".

Auch Annas Vater will sich selbst gefallen und Gefallen bei anderen Leuten erregen mit so

einer schönen und edlen Tochter. Wie Heinrich dient sie ihm als Spiegel, in dem er sich als

feiner und nobler Mensch widerspiegeln kann. Das Bild, das er von seiner Tochter hat, ist das

einer noblen, frommen und durch und durch reinen Frau. Dabei nimmt er Annas sinnliche,

fröhliche und manchmal sogar ausgelassene Seite gar nicht zur Kenntnis. Er glaubt seine Tochter

zu lieben, doch er liebt nur einen kleinen Teil von ihr. Er liebt und akzeptiert an Anna nur, was

ihn als ihr Vater in einem edlen und besonderen Licht erscheinen lässt und sein Leben versüßt,

also nicht Anna selbst, sondern das Bild, das er sich von ihr macht. Es fehlt Anna an Kraft sich

dem Zwang dieser Idealvorstellung, die man sich von ihr macht, zu überwinden und einen

eigenen, ihren Charakter zu entwickeln. Statt dessen versucht sie dieser überhöhten

Idealvorstellung, bei der sie nichts als rein und gut zu sein hat, zu genügen, weil sie

wahrscheinlich glaubt, nur diese Seite an ihr sei liebenswert; dies hindert sie daran, sich selbst zu

verwirklichen. Die Vorstellung, sie sei ein "Engel" und ein fast übermenschlich reines und

unschuldiges Mädchen, wird ihr so lange eingetrichtert, bis sie selbst anfängt zu glauben, sie sei

diese Märchenfee. Somit erkrankt die "echte" Anna und muss sterben, da sie als "falsche" Anna

keine Chance hat zu überleben. Als sie stirbt, ist Heinrich nicht wirklich traurig, sondern geniest

seine Rolle als romantischer Held, dessen Jugendliebe so tragisch endet. Heinrichs Haltung nach

Annas Tod zeigt ganz deutlich, dass seine Liebe zu Anna mehr eine Verliebtheit in sich selbst

gewesen ist, für die es die lebende Anna gar nicht mehr braucht. Heinrich gesteht sich auch

selbst ein, dass er kaum traurig ist über ihren Tod, wenn er sagt: 13

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"Ich sah alles wohl und empfand beinahe eine Art glücklichen Stolzes, in einer so traurigen

Lage zu sein und eine so poetisch schöne tote Jugendgeliebte vor mir zu sehen." (S. 452)

6.2.2. Heinrich und Judith

Judith ist eine reife, starke und sehr sinnliche Persönlichkeit und steht im Kontrast zur acht

Jahre jüngeren, feinen Anna, deren persönliche Entwicklung von ihrer Umgebung behindert

wird. Judith lässt sich nirgends einordnen, auch nicht in die Gesellschaft, und sie ist von nichts

und niemandem abhängig. Sie ist mit ihren zweiundzwanzig Jahren schon Witwe und froh ihren

ungeliebten Mann verloren zu haben; außerdem ist sie auch finanziell unabhängig. Ihre völlige

Eigenständigkeit, ihr Selbstbewußtsein und ihre Schönheit zieht die Männer an, hat jedoch auch

etwas Bedrohliches für diese, da sie Judith, im Gegensatz zu Frauen wie Anna, nicht nach ihrem

Willen manipulieren oder sich in ihr spiegeln können. Deshalb wird sie im Dorf auch als Hexe

und Lorelei5 bezeichnet.  Judith ist voll Leben während Anna mehr mit dem Tod verbunden zu

sein scheint. Judith will auch Heinrich zum Leben und zur Liebe verführen, doch in den

lustvollsten Momenten, die Heinrich mit ihr erlebt, geht ihm der reine "Stern Annas" (S.385) auf,

der ihn wieder von ihr forttreibt. So wie Anna meist unerreichbar, fern und abgehoben zu sein

scheint, genauso ist Judith erreichbar, lebenserfahren, realitätsbewußt und steht mit beiden

Füssen auf dem Boden. Sie ist viel offener als Anna, lässt deshalb Heinrich zu einem großen Teil

an ihren Gefühlen und Gedanken teilhaben, und Heinrich führt mit ihr viel tiefsinnigere und

persönlichere Gespräche als mit Anna, mit der er meist über Dinge, die etwa so wichtig sind wie

das Wetter, plaudert. Sie liebt Heinrich so wie er ist, fordert ihn zum erzählen und nachdenken

über sich selbst auf und möchte ihm dadurch helfen, sich selbst, mit allen guten und schlechten

Eigenschaften, zu akzeptieren.

Obwohl Judith weniger oft vorkommt, weiss man mehr von ihr als von Anna, da diese zwar

viel besprochen wird, jedoch selten zu Wort kommt. Anna hat sehr selten eine eigene Stimme,

und wird hauptsächlich aus Heinrichs Sicht beschrieben, während direkte Reden zwischen Judith

und Heinrich viel öfter vorkommen und Judith auch dadurch mehr Persönlichkeit bekommt.

5 Lore Lay (Lorelei) ist eine Ballade von Clemens Brentano. Lore Lay wird vorgestellt als Zauberin, deren Magie in ihrer Schönheit begründet liegt.

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Heinrich weiss auch genau, dass Judith ihn sehr gerne hat, da sie ihm dies offen sagt. Anna ist

viel zurückhaltender, sie hat Angst vor zu großer Nähe und braucht stets eine gewisse Distanz zu

Heinrich, um sich wohl zu fühlen. Judith wäre gerne mehr und intimer mit Heinrich zusammen,

doch sie versucht, diese Wünsche so gut wie möglich vor Heinrich zu verbergen. Sie muss sich

zurückhalten, damit die Zärtlichkeiten zwischen ihr und Heinrich Spiel bleiben und nicht ernst

werden, wofür Heinrich noch zu jung wäre. Judith, die weiss, dass Heinrich sie lieber hat als er

sich selber zugesteht, versucht Heinrich ohne Erfolg seine überhöhten, falschen Ideale

auszutreiben. Sie hat geglaubt, Heinrich werde sie nach Annas Tod mit ganzem Herzen Lieben

können. Doch Heinrich, fest an eine Art von Weiterleben nach dem Tod glaubend, möchte der

verstorbenen Anna absolut treu bleiben, so wie er es zu ihren Lebzeiten nie war. Außerdem hält

er sich für rein und gut, wenn er Anna auch nach ihrem Tod treu bleibt und verwechselt diese

Selbstgefälligkeit mit Liebe. Sein Bild von Anna soll ihm sein ganzes Leben lang leuchten, und

er rechnet damit, sie nach dem Tode wiederzusehen. Heinrich gibt also zugunsten der toten Anna

die lebendige Judith auf, entscheidet sich somit gewissermaßen für den Tod anstatt für das

Leben.

6.3. Heinrichs Kunstwerk

Heinrich wollte ein Landschaftsmaler sein, aber sein zerbrochene Vision von der Realität

mache es unmöglich für ihn realistische Gemälde zu malen. Heinrichs Malereien zeigen seine

Unfähigkeit die Wirklichkeit von der Phantasie zu unterscheiden. Die Figuren und Motiven in

seinen Gemälden waren oft nicht realistisch und fanden kein Platz in der wahren Natur.

Deswegen war er oft kritisiert, aber das schaffte er nicht aus seiner Kunst zu entfernen. Er hatte

kein wahrer Talent detaillierte Bilder zu schöpfen. Sein abstraktes Malerei entspricht mehr der

Zeit der Romantik, zu der er selbst auch gehört. Seine Bilder oft repräsentierten seine eigenen

Gedanken über etwas, wie zum Beispiel Anna. Er malt heimlich ein Portrait von Anna, dass

seinem inneren Bild von ihr entspricht. Auf dem gemalten Portrait steht sie in einem

Blumenbeet, während ihr Kopf in den Himmel ragt, was ebenfalls zeigt, dass Heinrich Anna als

abgehoben und zum Himmel gehörend empfindet. Vögel und Schmetterlinge fliegen darauf

herum. Nur Annas Gesicht, das eigentlich den Charakter eines Menschen ausdrückt, ist nicht

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ausgeprägt; darüber hinweg tröstet der Glanz und die Buntheit des ganzen Bildes. Sein Lehrer

Römer kritisierte ihn oft für die abstraktenhaftes Natur seiner Malerei.

7. Einfluß von Ludwig Feuerbach und seine Philosophie

Gottfried Keller war sehr von Ludwig Feuerbach6 beeinflußt. Er hat ihn in Heidelberg

kennen gelernt. Feuerbach öffnete ihm die Augen für die Schönheit der irdischen Welt und gab

ihm, mit dem Verzicht auf die Unsterblichkeit, eine tiefe Erdensfreude. Es war eine Wendung

vom Subjektiv-Romantischen zur sinnenhaft ganzen Wirklichkeit.

Ludwig Feuerback kritisierte Religion und das Christentum in seinen Werken. Er

betrachtete Gott nur noch als ein vom Menschen geschaffenes Wunschbild, als seine höchste

Illusion. Er lenkte den Blick auf eine positivistische Wirklichkeitsbejahung und soziale Ethik

und lehnte den Unsterblichkeitsglauben ab. Die Theologie ist für ihn daher eigentlich

Anthropologie. Der Gottesglaube sorgt dafür, dass die Menschen ihre wahren Wünsche nicht

erkennen und sich bevormunden lassen. Die Religion verhindert den Humanismus. Seine

Gedanken zeigen auf die Notwendigkeit, dass ein Mensch ein Bürger sein soll, d. h. er muss ein

produktiver Teil der Gesellschaft sein. Heinrich Lee lernt das durch seine Bildung als ein

Künstler. Am Ende (der Erstfassung) entschied er das Künstlertum zu verlassen; dieser

Entwicklungsroman eigentlich zeigt der Integration des Individuums in der Gesellschaft.

Gottfried Keller setzte ein Denkmal für Feuerbach mit dem „Grünen Heinrich“.

7.1. Heinrich Lee und Religion

Am Anfang fand er Gott ganz verwirrend, aber durch Gespräche mit anderen Philosophen

und Lehrer (Annas Vater) entschied er sich eine ganz persöhnliche Beziehung mit Gott zu haben.

Sehr früh stellte er sich gegen der Kirche, aber auch gegen alle Formen des Extremismus, wie

6 Ludwig Andreas Feuerbach  (1804-1872) war ein deutscher Philosoph und Anthropologe, dessen Religions- und Idealismuskritik bedeutenden Einfluss auf die Bewegung des Vormärz hatte und einen Erkenntnisstandpunkt formulierte, der für die modernen Humanwissenschaften, wie zum Beispiel die Psychologie und Ethnologie, grundlegend geworden ist.

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Atheismus oder fanatisches Theismus. Er verstand nicht wie sich die Kirche mit staatlichen

Institutionen, wie die Schule, verbinden könnte. Der Einfluß von Feuerbach ist hier deutlich, wir

sehen ein Zweifel an Religion um ein besser Verständnis von Menschlichkeit zu erreichen.

8. Der romantische Künstler in einem realistischen Gesellschaft

Der Roman diskutiert die Künstlerexistenz. Heinrichs Künstlertum wird am Ende als eine

Selbsttäuschung diskreditiert. Der Entwicklungsgang des Helden ist primär daraufhin

ausgerichtet, diese Selbsttäuschung zu entlarven. Am Ende verzichtet Heinrich auf seine

künstlerischen Ambitionen zugunsten einer Eingliederung in das gesellschaftliche Kollektiv,

wobei diese soziale Tendenz des Romans in der zweiten Fassung deutlicher ausfällt als in der

ersten.

Sein Bildungsgang führt Heinrich zu der Erkenntnis über die Perspektivlosigkeit seines

Künstlertums. Keller macht deutlich, dass das Leben eines Künstlers fehlschlagen muss. In den

Roman haben wir ein Versuch eines Individuums, sein Recht auf Selbstbestimmung innerhalb

einer Gesellschaft umzusetzen. Dieser Bildungsgang gerät zu einem Desillusionierungsprozess7,

und Heinrich scheitert an der Gesellschaft und an der gesellschaftlichen Realität. Die

Gesellschaft des 19. Jahrhunderts benötigte produktive Individuen anstatt Träumer und Künstler.

Heinrich Lee musste zwischen den realistischen Umgebung und seiner eigenen romantischen

Weltanschauung schwanken. Genau dieser Prozess unterstreicht Heinrichs Gang in die Welt und

seine Rückkehr in die Heimat und bürgerliche Gemeinschaft: Sein Hang zu Imagination,

Phantasie und Träumerei, seine Unwilligkeit, eine klare Trennung zwischen Traum und

Wirklichkeit vorzunehmen, lässt ihn die Realität verkennen. Der Roman kritisiert Heinrichs

fehlenden Realitälssinn als ein soziales Defizit, dessen er sich aber auch bewusst ist; denn er

erkennt, dass er unfähig ist, zwischen Traum und wirklichem Leben zu unterscheiden.

9. Schluss

7 Desillusion (lat.) bezeichnet eine Enttäuschung oder eine tiefgreifende negative Erfahrung, die zu Resignation führen kann.

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Im poetischen oder bürgerlichen Realismus meiden die Autoren die großen

gesellschaftspolitischen Probleme und wenden sich der engeren, lokalen Heimat mit ihrer

Landschaft und ihren Menschen zu. Im Zentrum aller Romane, Dramen und Gedichte steht der

Einzelmensch, das Individuum. Keller hat mit diesem Roman ein Meisterwerk geschaffen, zum

einen durch die Geschichte des Heinrich selbst und zum anderen durch die brilliante Darstellung

und das sprachliche Kunstwerk. Der Roman ist ein Entwicklungs- oder Bildungsroman, ein

Kritik an der Romantik, eine Biographie und auch eine wissenschaftliche Religionskritik.

Gottfried Keller und sein literarischer Doppelgänger Heinrich Lee sind das meisterhaft

präsentiertes Bild des Künstlers in 19. Jh. Ihr Scheitern in der Umgebung, die Träumer und

Künstler verwirft, zeigt die langsame Entfernung des Romantismus von der Literatur in die

zweite Hälfte des 19. Jh.

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10. Literaturverzeichnis

Grabert, Willy; Mulot, Arno; Nürnberger, Helmuth: Geschichte der deutschen

Literatur. Bayerischer Schulbuch-Verlag, Freiburg 1986.

Fritz, Martini: Deutsche Literaturgeschichte von den Anfängen bis zur Gegenwart.

Komet-Verlag, Köln 2003.

Gigl, Claus J.: Deutsche Literaturgeschichte. 2008

H. Laufhütte: Wirklichkeit und Kunst in Gottfried Kellers Roman „Der grüne

Heinrich“. Bonn 1969.

Becker, Sabina: Bürgerlicher Realismus. Literatur und Kultur im bürgerlichen

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