Seminararbeit News Corporation

25
0 News Corporation Portrait einer globalen Medienorganisation Seminararbeit im Rahmen des Seminars „Strukturen öffentlicher Kommunikation im internationalen Vergleich“ Leitung: Dr. Patrick Ettinger & lic. phil. Esther Kamber Eingereicht am Institut für Publizistikwissenschaft und Medienforschung der Universität Zürich 2. Oktober 2007 Christoph Lutz Reggenschwilerstrasse 28 9402 Mörschwil Matrikel: 04-712-899 E-Mail: [email protected] Telefon: 079 504 13 61 Hauptfach: Soziologie 1. Nebenfach: Englische Sprachwissenschaft 2. Nebenfach: Publizistikwissenschaft

description

seminar thesis about a the global media enterprise news corporation

Transcript of Seminararbeit News Corporation

Page 1: Seminararbeit News Corporation

0

News Corporation

Portrait einer globalen Medienorganisation

Seminararbeit im Rahmen des Seminars „Strukturen öffentlicher Kommunikation im

internationalen Vergleich“

Leitung: Dr. Patrick Ettinger & lic. phil. Esther Kamber

Eingereicht am Institut für Publizistikwissenschaft und Medienforschung der Universität

Zürich

2. Oktober 2007

Christoph Lutz

Reggenschwilerstrasse 28

9402 Mörschwil

Matrikel: 04-712-899

E-Mail: [email protected]

Telefon: 079 504 13 61

Hauptfach: Soziologie

1. Nebenfach: Englische Sprachwissenschaft

2. Nebenfach: Publizistikwissenschaft

Page 2: Seminararbeit News Corporation

1

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung ____________________________________________________________ 2

2. Theoretische Grundvoraussetzungen ______________________________________ 3

2.1 Strukturwandel der Öffentlichkeit ___________________________________________ 3

2.2 Neuer Strukturwandel der Öffentlichkeit _____________________________________ 4

2.3 Die Mediengesellschaft _____________________________________________________ 5

2.4 Kritische Theorie: Kulturindustrie ___________________________________________ 6

3. Entwicklung und Struktur von News Corporation ____________________________ 7

3.1 Die Struktur von News Corporation __________________________________________ 7

3.2 Entwicklung von News Corporation __________________________________________ 9

4. Kontextuelle Einordnung_______________________________________________ 11

4.1 Der soziale Kontext_______________________________________________________ 11

4.2 Der politische Kontext ____________________________________________________ 12

4.3 Der technologische Kontext ________________________________________________ 14

4.4 Der medienbezogene Kontext ______________________________________________ 15

4.5 Der wirtschaftliche Kontext ________________________________________________ 16

5. Kommentar __________________________________________________________ 18

5.1 Kritische Anmerkungen ___________________________________________________ 18

5.2 Publizistische Grenzen der globalen Medienorganisation _______________________ 19

6. Schluss _____________________________________________________________ 20

Literatur ______________________________________________________________ 22

Page 3: Seminararbeit News Corporation

2

Well, it would've been, could've been

Worse than you would ever know

Oh, the dashboard melted

But we still have the radio

(Isaac Brock)

1. Einleitung

Dass Rupert Murdoch und News Corporation umstritten sind, wagt wohl niemand ernsthaft

zu bestreiten. Doch die herausragende Rolle, die der mittlerweile viertgrösste

Medienkonzern (Hachmeister & Rager 2005) einnimmt ruft immer wieder

Kulturpessimisten und kritische Stimmen hervor, die die aggressive Akquisitionsstrategie

des Konzerns kritisieren und die Gefahren betonen, die aus zu grosser

Medienkonzentration entstehen können (Jarren & Meier 2001). Im Gegensatz zu anderen

globalen Medienorganisationen wie z. B. Time Warner oder Walt Disney zeichnet sich

News Corporation durch einen charismatischen Konzernchef, nämlich Rupert Keith

Murdoch, aus, der auch gerne Einfluss auf editorische und inhaltsspezifische Aspekte der

Medienproduktion nimmt. Sein berechnender Opportunismus, seine klaren politischen

Stellungnahmen und seine mitunter kontroversen Aussagen machen ihn zum wohl

bekanntesten und meistgehassten Medientycoon der Gegenwart (Page 2003). Davon zeugt

auch die vielbeachtete Übernahme des Dow Jones Verlags, die erst vor kurzer Zeit und

nach starkem Widerstand gewisser Exponenten der Eignerfamilie Bancroft erfolgt ist und

ein beachtliches mediales Echo nicht nur in der Wirtschaftspresse hervorrief (Focus 2007).

In dieser Seminararbeit geht es darum die Medienorganisation News Corporation in ihrer

Entwicklung und Struktur zu beschreiben und in den Kontext der öffentlichen

Kommunikation auf globaler und wo nötig auch auf nationaler Ebene einzuordnen. Die

verschiedenen Verknüpfungen des Unternehmens und der Konzernleitung in der Person

von Rupert Murdoch mit der Politik, der Wirtschaft und dem Mediensystem werden

aufgezeigt um eine normative Orientierung der Arbeit zu garantieren. Hierfür werden

theoretische Grundlagen notwendig sein, die in einem eigenen Kapitel vorgestellt werden

und die im Wesentlichen aus dem Kontext der Soziologie und Medienwissenschaften

kommen. Im Zentrum steht der Habermas’sche Begriff des Strukturwandels der

Öffentlichkeit sowie dessen Erweiterung, der neue Strukturwandel der Öffentlichkeit (vgl.

Imhof 2006 oder Kamber 2001). Auch die Kritische Theorie, insbesondere die

Page 4: Seminararbeit News Corporation

3

Ausführungen von Adorno zur Kulturindustrie werden in diesem Kapitel behandelt.

Zudem wird, da es der Fokus dieser Arbeit erfordert, der Tatsache der Globalisierung und

deren theoretischer und empirischer Beschreibung eine nicht unwesentliche Rolle in dieser

Seminararbeit zukommen. Denn nur mit den globalen technologischen, strukturellen und

weltpolitischen Veränderungen der letzten 40 bis 50 Jahre im Hinterkopf, können wir die

Position von News Corporation im derzeitigen Mediensystem richtig verstehen und

interpretieren.

Die Arbeit gliedert sich in sechs Teile. Nach der Einleitung kommen die theoretischen

Ansätze zur Sprache, die beim Verständnis der Thematik als Rahmen dienen und

erkenntnisleitend wirken sollen. In einem dritten Teil wird die Entwicklung und Struktur

der Medienorganisation News Corporation behandelt - sowohl aus nationaler als auch

globaler Perspektive. Dieser Teil gestaltet sich eher deskriptiv und ist daher recht

faktenzentriert. Anschliessend erfolgt eine eingehende kontextuelle Einordnung der in

Kapitel 3 präsentierten Befunde. News Corporation wird aus verschiedenen Blickwinkeln

im Hinblick auf öffentliche Kommunikationssysteme und ein strukturelles

Gesellschaftsverständnis analysiert. Dazu dienen unter anderem wirtschaftliche

Entwicklungen und Makrotrends im politischen Weltsystem. Aber auch gesellschaftliche,

technologische und mediensystemspezifische Aspekte kommen in gesonderten Teilen zur

Sprache. Sodann werden die kontextuellen Einordnungen in einem fünften Kapitel

reflektiert und - wo möglich - mit der Theorie in Zusammenhang gebracht. Die Grenzen

der globalen Medienorganisation werden aufgezeigt und einige kritische Anmerkungen

gemacht. In einem Schlussteil werden schliesslich die wichtigsten Aussagen der

Seminararbeit zusammengefasst und kommentiert.

2. Theoretische Grundvoraussetzungen

2.1 Strukturwandel der Öffentlichkeit

In seiner Habilitationsschrift aus dem Jahre 1962 mit dem gleichnamigen Titel beschreibt

Jürgen Habermas das Entstehen einer bürgerlichen Öffentlichkeit. Aus einer historisch-

kulturwissenschaftlichen Perspektive referiert er über die grundlegenden Veränderungen

des Öffentlichkeitsbegriffs, die mit dem Aufkommen der Moderne - dem Entstehen einer

mächtigen bürgerlichen Schicht und dem Niedergang des ancien regime (insbesondere in

Page 5: Seminararbeit News Corporation

4

Frankreich seit der Revolution von 1789) - und der anschliessenden gesellschaftlichen

Weiterentwicklung (funktionale Differenzierung) stattgefunden haben (Habermas 1990).

Dabei unterscheidet er zwei prägende Prozesse, die mit den Begriffen „sozialer

Strukturwandel“ und „politischer Funktionswandel“ (Donges & Imhof 2005: 163ff.)

umschrieben werden. Letzterer bezieht sich im Wesentlichen auf den Übergang der

Öffentlichkeit, die in ihrer bürgerlichen ursprünglichen Form eher die Form einer

Versammlungsöffentlichkeit aufwies und sich am Idealprinzip des zwanglosen Zwangs des

besseren Arguments orientierte, zu einer anonymen Medienöffentlichkeit, bei der das

Publikum verstreut und nicht organisiert ist. Ersterer greift den Gedanken auf, dass sich die

ehemals strikte Trennung von Öffentlichem und Privatem langsam auflöst und dadurch

ihren bildungsbürgerlichen Diskurshabitus sukzessive verliert (ebd.). Im Gegensatz zur

bürgerlichen Öffentlichkeit wird Kultur in der entwickelten Medienöffentlichkeit nicht

primär raisonniert, also diskutiert und rational analysiert, sondern nur noch konsumiert.

Habermas’ Theorie hat nicht den Anspruch wissenschaftlich genaue Aussagen über die

Realität zu formulieren, sondern versucht anhand eines Idealtyps, an dem sich die

Öffentlichkeit(en) der Wirklichkeit normativ messen können, die bestehenden Zustände zu

kritisieren und Verbesserungspotentiale aufzuzeigen. In diesem Sinn steht Habermas noch

ganz in der Theorie der Kritischen Schule, von der er sich später etwas entfernen sollte.

Dennoch stellt das Konzept des Strukturwandels der Öffentlichkeit ein sinnvolles

Analyseraster für diese Arbeit dar, denn die Realität lässt sich damit an den normativen

Ansprüchen eines Ideals besser erfassen.

2.2 Neuer Strukturwandel der Öffentlichkeit

Die Theorie des Strukturwandels der Öffentlichkeit von Habermas ist seit ihrem

Erscheinen rege diskutiert und überarbeitet worden. Habermas hat selbst noch mal Bezug

auf seine Habilitationsschrift genommen und einige wichtige Punkte revidiert (Donges &

Imhof 2005). So sei die Vermachtung der (Medien)Öffentlichkeit nicht so stark ausgeprägt

wie er dies ursprünglich angenommen hatte, sondern durch zivilgesellschaftliche

Gegentendenzen (die aber im Wesentlichen nach der Veröffentlichung des

Strukturwandels in gesamtgesellschaftlicher Heftigkeit - u. a. durch die 68er-Bewegung -

zum Ausdruck kamen) abgemildert oder zumindest kritisch reflektiert worden (ebd.). Auch

die Erhöhung des Ideals der ursprünglichen bürgerlichen Öffentlichkeit mit ihren

Page 6: Seminararbeit News Corporation

5

Debattierclubs und Versammlungen sei überhöht gewesen und in dieser Form nicht

angebracht.

Am Forschungsbereich Öffentlichkeit und Gesellschaft der Universität Zürich wurde mit

Bezug auf Habermas der Begriff des neuen Strukturwandels der Öffentlichkeit geprägt.

Dieser geht von einem Gesellschaftsmodell aus, in dem der soziale Wandel, im Gegensatz

zu bestimmten Modernisierungstheorien (Lerner 1958, Eisenstadt 1983), diskontinuierlich

verläuft, also nicht linear, sondern eher in Kurven- oder Wellenbewegungen (Bornschier

1998, Imhof 2006). In gesellschaftlichen Krisenphasen konzentriert sich die

Medienberichterstattung der Massenmedien1 auf wenige Themen. Es ist eine erhöhte

Konfliktstilisierung feststellbar, vermehrte Skandalisierungen treten auf und die

öffentlichen Diskussionen verlaufen in schärferem Ton (Imhof 2006).

In der Schweiz, deren Presselandschaft seit dem Sonderbundskrieg und der darauf

folgenden Gründung des Nationalstaates wesentlich von den Parteizeitungen der grossen

Parteien geprägt war, kommt es nach dem 2. Weltkrieg und insbesondere im Verlaufe der

1960er Jahre zur Ablösung der Presse von ihren politischen Trägern (Kamber 2001). Die

Zeitungen verfolgen nicht mehr strikte ideologische Linien, sondern sind ungebundener

was die Editionspolitik betrifft.

Das Erscheinen der ersten Schweizerischen Boulevardzeitung, des Blicks, fällt ebenfalls in

diese Zeit und hat Auswirkungen auf die Kommerzialisierung der Presselandschaft. Auch

die Dualisierung des Rundfunks, die in der Schweiz Mitte der 1980er Jahre aus

internationaler Sicht relativ spät erfolgt, ist Ausdruck dieses Strukturwandels und ein

entscheidender Schub in die veränderte Zeit. Das Mediensystem löst sich also vom

politischen System und orientiert sich zunehmend an ökonomischen Imperativen, es

koppelt sich an die Logik des ökonomischen Systems (ebd.).

2.3 Die Mediengesellschaft

Wie andere Gesellschaftsbegriffe wie z. B. Wissensgesellschaft, Informationsgesellschaft

oder Netzwerkgesellschaft versucht der Term „Mediengesellschaft“ das Spezifische an der

gesellschaftlichen Ausformung einer bestimmten Epoche dingfest zu machen. Kamber

(2001) verweist auf die Ausdifferenzierung des Mediensystems als eigenlogisches

gesellschaftliches Subsystem neben anderen. In Anknüpfung an Durkheim (2004) und die

auf ihn aufbauenden Theorien der sozialen Differenzierung (z. B. Luhmann 1984) schildert

1 Die grossen Zeitungen sowie Rundfunkanstalten

Page 7: Seminararbeit News Corporation

6

Kamber (2001) die Entstehung des Mediensystems als eigenmächtiges gesellschaftliches

Subsystem in der Schweiz. Während im 19. und angehenden 20. Jahrhundert auf

gesellschaftlicher Basis relativ klare milieuspezifische Ordnungsverhältnisse herrschten,

begannen sich in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts oppositionelle und

zivilgesellschaftliche Akteure mehr und mehr in Szene zu setzen. Die bis anhin relativ

stabilen Wahlverhältnisse wurden brüchiger und es gab mehr Wechselwähler, was sich u.

a. in der veränderten Rolle des politischen Systems äusserte und dieses schwächte. Es kam

zur Erosion der bestehenden Milieus, was sich auch auf das Pressesystem auswirkte, wie in

Teil 2.2 schon angetönt wurde. Die weitere Entwicklung der Presse und der Massenmedien

allgemein war von der Deregulierung und Kommerzialisierung der Inhalte geprägt.

In der Moderne, also der Gegenwart, erfüllen die Medien vielfältige Ansprüche, bringen

aber auch Probleme für Organisationen und Personen, also Akteure der Meso- und

Mikroebene mit sich. Zu nennen sind hier Personen- statt Sachorientierung, Moralisierung,

Eventinszenierung und Skandalisierung (ebd.). Diese so genannten Medialisierungseffekte

sind sehr ambivalent und sowohl eine Herausforderung als auch eine Chance für die

Moderne. Die Ansprüche und Erwartungen des Mediensystems können nicht immer mit

den Erwartungen der anderen Akteure und Systeme in Einklang gebracht werden. Es

entsteht zusätzliches Friktions- und Konfliktpotential, das bei Kamber (2001) auf

verschiedenen Ebenen analysiert wird. Auf der Mesoebene, also der Organisationsebene,

die uns hier besonders interessiert, ist dabei besonders die Tatsache erwähnenswert, dass es

im Zuge der Medialisierung zu Spannungen zwischen der betriebsinternen Kommunikation

nach innen (auch Wir-Kommunikation genannt, ebd.: 94) und der externen Ich-

Kommunikation gegenüber anderen Akteuren in der Öffentlichkeit kommt. Dadurch

werden die Anforderungen an die Binnenkommunikation gesteigert und es entsteht ein

Konfliktpotential, das auch bei News Corporation zu beobachten ist.

Des Weiteren geht Kamber (ebd.: 86) kurz auf die Transnationalisierung der Medien ein.

Dieser Vorgang stärkt ihre Rolle als Subsystem der Gesellschaft, indem es den nationalen

Rahmen sprengt, während die nationale Medienpolitik nicht genügend schnell effiziente

Massnahmen der Regulierung und Steuerung ergreifen kann.

2.4 Kritische Theorie: Kulturindustrie

Die am sozialwissenschaftlichen Institut der Universität Frankfurt a. M. entstandene

Frankfurter Schule um ihre zentralen Vertreter Max Horkheimer, Theodor W. Adorno,

Page 8: Seminararbeit News Corporation

7

Walter Benjamin und Herbert Marcuse beschäftigte sich u. a. auch mit kulturellen

Aspekten der Massenmedien. Insbesondere Adorno (Horkheimer & Adorno 2006) setzte

sich zeitlebens mit der (Hoch)Kultur auseinander und erkannte in den damals noch relativ

jungen Medien des Films und der Tonträger eine Gefahr für den kritisch denkenden

Bürger. Durch diese Kulturindustrie - gemeint sind standardisierte, aufs Massenpublikum

zugeschnittene Produkte - geht das wahre Ideal der Kunst verloren: die

Auseinandersetzung und Infragestellung der bestehenden gesellschaftlichen Realität, der

sozialkritische und raissonierende Geist. Das Publikum verliert die Fähigkeit zu

hinterfragen, nimmt nur noch auf, konsumiert lediglich, statt selbst zu denken. Alles sei

ähnlich geworden und diene der Flucht vor den Problemen, statt der Konfrontation mit der

zu verbessernden Realität (ebd.).

Während die wortgewaltige und im Kern sicherlich nicht ganz falsche Infragestellung der

Kulturproduktion- und Industrie seitens Adorno und Horkheimer viel diskutiert und häufig

zitiert wurde, nimmt sie nicht direkt auf bestimmte Aspekte der Medienorganisation als

solches Bezug. Ihre Kritik bleibt allgemein und ist nicht mit den modernen kleinräumigen

und empirisch auf relativ sicherem Boden stehenden Theorien mittlerer Reichweite der

Publizistikwissenschaft und Soziologie in Einklang zu bringen. Sicherlich wäre für Adorno

die Ausgestaltung eines Medienkonzerns wie News Corporation mit all seinen

Möglichkeiten der Manipulation und seinen kulturindustriellen Produkten ein Gräuel.

Inwiefern sich dies aber auf die inhaltsspezifische oder produktionsspezifische Dimension

der Organisation bezieht bleibt offen.

3. Entwicklung und Struktur von News Corporation

3.1 Die Struktur von News Corporation

Mit einem Jahresumsatz von 25,327 Milliarden US$ (Jahresbericht 2006) und 47300

Mitarbeitern ist News Corporation die viertgrösste Medienorganisation der Welt.

Konzernchef und grösster Eigentümer des Unternehmens ist der gebürtige Australier Keith

Rupert Murdoch, der die wesentlichen Entscheidungen zur Konzernpolitik selbst trifft und

durch sein charismatisches und mitunter kontroverses Auftreten auffällt (Page 2003).

Lange Zeit hatte News Corporation den Hauptsitz in Australien, vor ein paar Jahren aber

wurde er nach New York verlegt. Während andere grosse Medienorganisationen

Page 9: Seminararbeit News Corporation

8

bestimmte Kernbereiche aufweisen (Walt Disney z. B. macht einen grossen Teil des

Umsatzes mit Filmen und Vergnügungsparks), ist News Corporation stark diversifiziert

und umfasst acht Geschäftsfelder (Jahresbericht 2006), die alle relativ grosse Teile des

Umsatzes ausmachen und für den Erfolg des Unternehmens gesorgt haben, nämlich: Filme,

Television, Kabel Netzwerk, Satelliten TV (Pay TV), Magazine, Zeitungen, Bücher, Rest.

Jede dieser acht Sparten enthält ihrerseits wieder z. T. bekannte Brands, an denen News

Corporation mit unterschiedlichem Anteil beteiligt ist. Einige der bekanntesten

Exponenten des Konglomerats sind: The Sun, The Times, The New York Post, The Daily

Mail (Zeitungen), Fox Network, Fox News Channel (Television), 20th Century Fox

(Filmstudio, Filme), British Sky Broadcasting, (Satellit, Pay TV), TV Guide (Magazin),

Jamba (Klingeltöne, Internet, Rest) und myspace (Internet, Rest). Zudem ist News

Corporation Besitzer oder Teilhaber an einigen grossen Sportvereinen in den USA und in

Australien. Nichtsdestotrotz nimmt die Mediengattung Zeitung einen ausserordentlich

hohen Stellenwert im Gesamtgefüge des Konglomerats ein2, sowohl aus

entwicklungsspezifischen (siehe Teil 3.2) als auch aus pragmatischen Gründen (die

Zeitung erreicht grosse Teile der Bevölkerung und wird als verlässlicher und weniger

manipulativ angesehen als das Fernsehen).

Durch die vielfältigen und stark gestreuten Beteilungen ist die Konzernstruktur von News

Corporation unübersichtlich und komplex. Insgesamt rund 400 Untergesellschaften oder

Brands sind zu News Corporation zugehörig (Hachmeister & Rager 2005). Das

Tätigkeitsgebiet unterteilt sich in drei grosse Hauptmärkte, in denen der Grossteil des

Gesamtumsatzes erwirtschaftet wird: Australien/Ozeanien, USA und Grossbritannien.

Während Australien/Ozeanien als Heimatland von Rupert Murdoch und als Startmarkt

einen wichtigen traditionellen Stellenwert einnimmt und in Grossbritannien ein grosser

Teil der nationalen Presse unter der Schirmherrschaft des Konzerns steht, sind die USA das

wichtigste Zielgebiet mit rund 70% des Gesamtumsatzes. Aus diesem Grund wurde auch

der Firmenhauptsitz dorthin verlegt. Trotz dieser geographischen und produktspezifischen

Breite gelingt es der Organisation eine einheitliche und klar definierte (Konzern)Politik

umzusetzen, die sich an den Entscheidungen des CEO Rupert Murdoch orientiert und diese

konsequent in die Tat umsetzt. Dies wird durch die straffe Führung und das grosse

Kontaktnetz, über welches Rupert Murdoch verfügt, garantiert.

Rechtlich gesehen ist News Corporation eine Aktiengesellschaft, mit Eigentümern aus der

Finanzindustrie und privaten Investoren. Den grössten Anteil an der Organisation (30%) 2 Keine der konkurrierenden grossen Medienorganisationen (Time Warner, Viacom, Walt Disney) macht auch nur annähernd so viel Umsatz mit Zeitungen wie News Corporation

Page 10: Seminararbeit News Corporation

9

besitzt die Cruden Investment Gesellschaft, die der Familie Murdoch gehört, gefolgt von

Citicorp. Nominees mit gut 20% Anteil und Liberty Media Corp. (ca. 18%) unter der

Führung von John Malone, einem reichen Medientycoon aus den USA. Die restlichen

Prozent teilen sich verschiedene Investmentgesellschaften und Klein- und Mittelanleger.

Die erfolgreiche Strategie von News Corporation stützt sich auf vier grundlegende Stärken

ihres CEOs Rupert Murdoch (Gershon 1997: 203f.): erstens hat sich Murdoch nie gescheut

hohe Risiken einzugehen und ist damit oftmals gut gefahren, zweitens verfügt er über

ausgezeichnete Kenntnisse des Publikumsgeschmacks: er weiss, was die Leute sehen,

hören und lesen wollen, drittens ist Murdoch ein gewitzter Geschäftsmann, der weiss wie

man den Gewinn maximieren kann und keinerlei Sentimentalitäten zeigt wenn es um den

Erfolg des Unternehmens geht und viertens schliesslich verfügt er über die Fähigkeit

Schulden geschickt zu managen und neue Akquisitionen durch Kredite, die er immer

wieder bekommt, zu finanzieren.

3.2 Entwicklung von News Corporation

News Corporation hat seine Ursprünge in Australien und entwickelte sich aus der Holding

News Limited, die heute zu News Corporation gehört.

Rupert Murdoch wurde im Jahr 1931 geboren und erbte früh die beträchtlichen

Aktienanteile, die sein Vater Keith Murdoch in australische Zeitungen investiert hatte und

ihn zur Kontrolle von News Limited berechtigten, eine Organisation, die die

Nachmittagszeitung The News herausgab und in Adelaide angesiedelt war. Obwohl

Murdoch zu diesem Zeitpunkt erst 21 war, hatte er sich schon erste journalistische

Erfahrungen in England aneignen können, die ihm im Folgenden sehr zugute kommen

sollten. Schnell gelang es ihm die Auflagenzahlen der News zu steigern und sich einen

nationalen Ruf im Verlegergeschäft zu erarbeiten. In den folgenden Jahren erwarb er

mehrere australische Zeitungen und Magazine, darunter die erfolgreiche TV Week und im

Jahre 1964 wurde The Australian gegründet, die erste gesamtaustralische Tageszeitung, die

aber nur mässige Auflagen erreichte und mit ständig wechselnden Chefredakteuren zu

kämpfen hatte. Diese konnten sich mit Murdochs Führungspolitik und seinem Eingreifen

auch in inhaltliche Belange nicht anfreunden (Marjoribanks 2000).

1968 expandierte die damalige News Limited nach Grossbritannien, wo die

Sonntagszeitung The Daily Mail - mit einer Auflage von 6 Millionen Exemplaren die

grösste englischsprachige Zeitung weltweit - zu einem sehr günstigen Preis erworben

Page 11: Seminararbeit News Corporation

10

werden konnte, da der Mitbewerber und Konkurrent Robert Maxwell in der Öffentlichkeit

sehr unbeliebt, fast schon diskreditiert war. Nichtsdestotrotz war diese Akquisition sehr

risikoreich in Anbetracht der relativ geringen Grösse und Kapitalkraft von News Limited.

Nur ein Jahr später gelang Murdoch mit dem Aufkauf der Sun, die konsequent auf tabloid-

Kurs gebracht wurde - d. h. die Inhalte wurden moralisierend und prägnant aufgemacht,

mit grossen Headlines und wenig Text präsentiert und zu einem sehr tiefen Preis angeboten

- einer der grössten Coups seiner Karriere im Medienbusiness. Bis heute ist die Sun zur

grössten englischsprachigen Tageszeitung weltweit mit einer Auflage von über drei

Millionen Exemplaren geworden (Hachmeister & Rager 2005). Auch der Einstieg in den

US-amerikanische Pressemarkt liess nicht lange auf sich warten. Im Laufe der 1970er

Jahre wurden mehrere Zeitungen aus verschiedenen Regionen der USA gekauft, darunter

die New York Post, die heute zu den grössten amerikanischen Tageszeitungen gehört.

1979 schliesslich wurde aus News International News Corporation, die alle Aktivitäten des

Konzerns global umfassen sollte. Trotz dem Namenswechsel änderte sich wenig an der

aggressiven Akquisitionspolitik der Holding, denn nur ein Jahr später erwarb man sich mit

der englischen Times und der Sunday Times Zeitungen von Weltformat, die ein hohes

Renommee genossen und immer noch geniessen. Mittlerweile war der Konzern zu einem

gigantischen Zeitungsunternehmen geworden und wuchs ständig durch den Aufkauf immer

neuer Zeitungen in Australien und den USA. Man beschränkte sich aber vorerst fast

ausschliesslich auf den Zeitungsmarkt.

Erst die 1980er sollten das Jahrzehnt der grossflächigen Expansion in eine andere

Mediengattung werden. News Corporation baute aus sechs grossen lokalen TV-Kanälen

den Sender Fox Broadcasting auf, der sich nach und nach zum vierten grossen nationalen

TV-Network (neben ABC, NBC und CBS) entwickelte. Insbesondere populäre Serien wie

The Simpsons oder The X-Files verhalfen dem Network zu guten Quoten. Es folgte das

Engagement im Satelliten-TV Bereich, wo Anteile an den PayTV-Kanälen BSkyB und Sky

Italia für grosse Summen gekauft wurden. Durch diesen ständigen Expansionskurs, der mit

enormen Kosten verbunden war, verschuldete sich News Corporation Anfang der 1990er

Jahre stark und stand kurz vor der Liquidation. Der Konkurs konnte jedoch abgewendet

werden, weil die Einnahmen aus dem Filmgeschäft zu Weihnachten zur Begleichung der

Schulden verwendet werden konnten und Verträge ausgehandelt wurden, die die

längerfristige Abzahlung ermöglichten, aber auch weil Anteile an Magazinen in den USA

abgestossen wurden (ebd.). Im Folgenden zeigte sich News Corporation um Konzernchef

Rupert Murdoch weniger risikofreudig und begrenzte die Neuverschuldung (ebd.).

Page 12: Seminararbeit News Corporation

11

Seither kamen u. a. Engagements im Nachrichtenbereich mit dem US-amerikanischen

Kanal Fox News, der als Konkurrenz zum erfolgreichen CNN aufgebaut wurde, und in der

Wirtschaftsberichterstattung mit dem kürzlich übernommenen renommierten Dow Jones

Verlag, der das Qualitätsblatt Wall Street Journal herausgibt, hinzu.

4. Kontextuelle Einordnung

Die heutige Position und die Entwicklung von News Corporation sind nur verständlich,

wenn wir die sozialen, politischen, technologischen, medienbezogenen und

wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, in denen das stetige Wachstum dieser Organisation

während den letzten ca. 40 Jahren stattgefunden hat, berücksichtigen. Diese Einordnung in

einen breit gefächerten Kontext wird in diesem Kapitel vorgenommen um das Verständnis

der organisationsspezifischen Aspekte zu vertiefen. Da eine solche Analyse in

vollständiger Art & Weise sehr umfangreich und zeitintensiv wäre und im Rahmen einer

gewöhnlichen Seminararbeit nur unvollständig durchgeführt werden kann, beschränke ich

mich auf die wichtigsten Punkte.

4.1 Der soziale Kontext

Mit der Theorie des diskontinuierlichen sozialen Wandels haben wir ein Werkzeug zur

Verfügung, das es erlaubt gesellschaftliche Veränderungen auf der Makroebene zu

analysieren und im Rahmen dieser Arbeit sinnvoll mit Veränderungen auf der Mesoebene

der Medienorganisation zu verknüpfen. Seit 1952, also dem Jahr, in dem Rupert Murdoch

die Konzernleitung von News International, hat sich die Struktur der englischsprachigen

Gesellschaften der USA, Grossbritanniens und Australiens stark gewandelt (OECD 2007).

Demographische Veränderungen wie das Bevölkerungswachstum, verbunden mit

beträchtlicher Immigration führten zu Urbanisierungen und grossflächiger Besiedlung des

natürlichen Lebensraums.

Nicht nur die Sozialstruktur der angelsächsischen Gesellschaften Australiens, der USA und

Grossbritanniens hat sich verändert, sondern auch die Werte und Normen innerhalb der

Bevölkerung. Im Zuge der Emanzipationsbewegung und der sexuellen Revolution der

späten 1960er Jahre wurden gesellschaftliche Leitbilder kritisch hinterfragt und bestehende

Page 13: Seminararbeit News Corporation

12

Ordnungsmuster herausgefordert. Auch die Individualisierung (Beck 1986) ist nicht

spurlos an den angelsächsischen Ländern vorübergegangen. Die Lebensstile und

Konsummuster haben sich durch das wirtschaftliche Wachstum und neue technologische

Möglichkeiten gewandelt und wurden vielfältiger. Im Laufe der Jahre entstand ein immer

breiteres Angebot an Medien zu allen denkbaren Themen. Dies drückt sich auch in

veränderten Medienkonsumschemata aus. Fernsehen und insbesondere das Radio werden

nicht mehr wie früher bewusst und konzentriert konsumiert, sondern mehr und mehr

nebenher und ergänzend zu anderen Tätigkeiten aufgenommen.

Für News Corporation bedeuteten diese gesellschaftlichen Prozesse und Veränderungen

Chancen sich mit ihren Produkten geschickt im Markt zu platzieren. Mit ihren

spezialisierten und auf die individuellen Bedürfnisse des Publikums abgestimmten

Produkten und ihren tiefen Preisen, insbesondere im Zeitungssektor, traf News

Corporation den Nerv der Zeit und konnte dadurch den Umsatz stetig steigern (Gershon

1997). Zugute kam der Organisation weiterhin, dass sie sich auf gegenüber

gesellschaftlichen Trends offen zeigte, was sich u. a. in den Innovationen des Page Three-

girls, das erstmals in der 1969 - nach der Übernahme von News Corporation - relaunchten

Sun erschien, und in den sehr beliebten Fernsehsendungen The Simpsons und X-Files

äusserte, die offenbar den Zeitgeist trafen und für Gesprächsstoff sorgten.

4.2 Der politische Kontext

Das starke Wachstum von News Corporation in England und den USA fällt in eine

Periode, in der mit Margaret Thatcher und Ronald Reagan zwei konservative Regierungen

an der Macht waren. Ihre marktfreundliche und gewerkschaftsfeindliche Politik brachte für

News Corporation wesentliche Vorteile mit sich. Insbesondere in Grossbritannien, wo die

Gewerkschaften der Druckereiindustrie und der Journalisten vor dem Wahlsieg Thatchers

im Jahre 1979 eine traditionell wichtige Position innehatten und die Rekrutierung von

neuem Personal sowie die Ausgestaltung der Löhne wesentlich mitbestimmen konnten,

profitierte die auf Wachstum ausgerichtete News Corporation stark von politischen

Massnahmen zur Eindämmung der Macht der Gewerkschaften (Marjoribanks 2000). Als

Beispiel und einschneidendes Ereignis kann hier die Standortverlagerung des Produktions-

und Logistikzentrums von News Corporation England von Fleet Street nach Wapping

herangezogen werden. Um längerfristig konkurrenzfähig zu bleiben hatte die Führung von

News Corporation beschlossen die veralteten und sanierungsbedürftigen

Page 14: Seminararbeit News Corporation

13

Produktionsanlagen in der Fleet Street (in London) zu verlassen und neue, technologisch

fortgeschrittene und z. T. computerisierte Anlagen in Wapping in den Docks von East

London zu beziehen. Dabei wurde mit den Druckereigewerkschaften und

Journalistenverbänden der Mitarbeitenden verhandelt, die ihre Position durch den Umzug

und durch den Einsatz neuer Verfahren gefährdet sahen. Es kam jedoch zu keiner Einigung

und News Corporation verlegte den Firmensitz ohne Einverständnis der Gewerkschaften

an den neuen Standort. In der Folge kam es am neuen Arbeitsplatz zu Protestmärschen und

öffentlichen Kundgebungen, die u. a. zum Ziel hatten den Produktionsprozess der

Zeitungen Sun und The Daily Mail zu blockieren. Mit Hilfe der Polizei, die auf Anweisung

der Regierung die Geschäftstätigkeit am neuen Firmensitz garantieren sollte, gelang es

aber die Demonstrationen in einem Rahmen zu halten, in dem das Produzieren und

Verteilen der Zeitungen 3 einigermassen reibungslos vonstatten ging

Dieses Kräftemessen mit den Gewerkschaften, aus dem News Corporation zweifellos als

Sieger herausging, sollte Signalwirkung haben. Denn im Folgenden hatten die Arbeitgeber

im Medienbereich das Selbstvertrauen und die Stärke bei der Ausgestaltung der

Tarifverträge und ähnlichen Verhandlungen mit den Gewerkschaften eine starke Position

zu markieren. News Corporation war schliesslich mit „gutem“ Beispiel vorausgegangen.

Hinzu kommt, dass Rupert Murdoch sich ausgezeichnet mit Exponenten der herrschenden

Regierung zu arrangieren wusste und immer noch weiss. So verdankte Margaret Thatcher

ihren Wahlsieg zu einem gewissen Teil der Tatsache, dass die Zeitungen von News

Corporation sie unterstützten (Gershon 1997). Später setzte Murdoch sich für Tony Blair

ein und auch im amerikanischen Wahlkampf vertritt er mit Hillary Clinton eine

Kandidatin, die nicht durch eine konservative Politik hervorsticht. Daraus wird ersichtlich,

dass Murdoch in erster Linie ein Geschäftsmann ist, dem die Entwicklung und das

Wohlergehen seines Konzerns mehr am Herzen liegt als die politische Stringenz oder

Konsequenz.

3 Dies war der heikelste Punkt, denn die Zeitungen wurden für gewöhnlich mit der Eisenbahn verteilt und die Eisenbahnsgewerkschaften kooperierten mit den Druckereigewerkschaften

Page 15: Seminararbeit News Corporation

14

4.3 Der technologische Kontext

War News Corporation (zunächst als News Limited) ein Medienkonzern, der sich nur mit

der Herausgabe von Zeitungen beschäftigte, kamen immer neue Mediengattungen zum

Portefeuille der Organisation hinzu. Mit dem Aufkommen des Fernsehens und der

Digitalisierung in den letzten Jahren bildeten sich neue Märkte heraus, die News

Corporation geschickt zu nutzen wusste.

Am Medienproduktionsprozess ging der technologische Wandel nicht spurlos vorbei.

Wurden die Zeitungen in den 1950er, 1960er und 1970er Jahren weitestgehend indirekt

produziert, d. h. die Artikel mussten manuell druckfertig zusammengestellt werden, entfiel

dieser Produktionsschritt mit dem Aufkommen von Computern und neuer digitaler

Möglichkeiten in den 1980er und 1990er Jahren. Dies war ein Anlass für den

Standortwechsel von Fleet nach Wapping Mitte der 1980er Jahre, der News Corporation

die schnellere und effektivere Herausgabe der grossen Zeitungen erlaubte (Marjoribanks

2000). Obwohl dieser Umzug für News Corporation mit erheblichen Kosten verbunden

war, brachte er durch die moderne Technologie in den neuen Produktionsräumen

Kosteneinsparungen auf der Personalseite mit sich, die sich längerfristig auszahlen sollten.

Mit dem Aufkommen des Internets im Laufe der 1990er Jahre und mit seiner immer weiter

reichenden Implementierung in das gesellschaftliche Leben breiter Bevölkerungsschichten

in den letzten Jahren entstanden für News Corporation neue Herausforderungen, aber auch

zusätzliche Umsatzmöglichkeiten. Rupert Murdoch betont immer wieder die Wichtigkeit

des Internets für die traditionelle Medienorganisation (Jahresbericht 2006). Für ihn werden

die grossen Medienorganisationen längerfristig nur überleben können, wenn sie sich an den

Gesetzen und Logiken der neuen Medien anzupassen wissen. Dies hatte zur Folge, dass

man mit Jamba und myspace zwei bedeutende und zukunftsträchtige Brands im digitalen

Markt sicherte und sich (vorerst) keine Zukunftssorgen machen muss. So sagt Murdoch:

To some in the traditional media business, these are the most stressful of times. But to us, these are great

times. Technology is liberating us from old constraints, lowering key costs, easing access to new customers

and markets and multiplying the choices we can offer. For a content company, what could be better? (ebd.: 9)

Dies bringt den wichtigen Einfluss, den technologische Entwicklungen und ihre

gesellschaftlichen Konsequenzen auf die Mesoebene der Medienorganisation haben,

prägnant auf den Punkt.

Page 16: Seminararbeit News Corporation

15

4.4 Der medienbezogene Kontext

Während die technologischen Entwicklungen im Bereich des Rundfunks die

Herausbildung globaler Medienkonzerne begünstigten, wenn nicht gar bedingten, ist die

grosse Medienorganisation kein neues Phänomen, das erst mit der stetigen Verbreitung

ebendieser Technologien entstand. Denn bereits im frühen 19. Jahrhundert gab es mit den

so genannten penny papers Formate, die breite Bevölkerungsschichten erreichten (Schade

2005) und umtriebige Pressbarone wie Joseph Pulitzer und William Randolph Hearst, in

deren Tradition Rupert Murdoch durchaus zu verorten ist (Gershon 1997), sind auch kein

Phänomen der letzten Jahre, sondern ein älteren Datums. Beschränkten diese frühen

publizistischen Grossunternehmer ihren Einfluss jedoch weitestgehend auf nationale

Märkte, kam es mit dem Aufkommen des Radios in den 1920er Jahren, des Films und

später des Fernsehens zur Möglichkeit grössere geographische Räume zu erschliessen und

auch sprachspezifisch bisher für unüberbrückbar gehaltene Hindernisse zu überbrücken4.

Insbesondere im Filmbereich vermochten amerikanische Unternehmer diese neuen

Möglichkeiten schon früh für sich zu nutzen. Als prototypisch für den frühen

Medienunternehmer in diesem Bereich kann Walt Disney angeführt werden, der mit den

Kinderfilmen und Cartoons seines Unternehmens in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts

eine prägende Figur im Unterhaltungsbereich war und dessen Walt Disney Company heute

die zweitgrösste Medienorganisation der Welt ist (Hachmeister & Rager 2005).

Auf der Angebotsseite der Medienprodukte ist eine Fragmentierung feststellbar. War beim

Sendestart in Deutschland und später in der Schweiz lediglich ein öffentlich-rechtlicher

oder staatlicher Sender empfangbar und mussten sich zwangsweise alle Leute die

fernsahen diesen Sender zu Gemüte führen, kamen mit der Zeit immer weitere und

spezialisierte Kanäle hinzu und das Publikum hatte zunehmende Wahlfreiheit oder -pflicht.

Sport-, Musik- und Nachrichtensender gehören heute zum Standardprogramm für den

regelmässigen Fernsehseher. Dasselbe gilt für andere Medien wie dem Magazin oder dem

Radio, wo vielfältige und hoch spezialisierte Spartenmagazine und -kanäle entstanden.

Für die drei Hauptmärkte von News Corporation (USA, Grossbritannien und Australien-

Ozeanien) gilt zu sagen, dass ihre Mediensysteme in gewissen Belangen unterschiedlich

ausgestaltet sind, aber dennoch grundlegende Ähnlichkeiten aufweisen (Hallin & Mancini

2004). So kategorisieren Hallin und Mancini (ebd.) die USA und Grossbritannien

zusammen ins Nordatlantische oder Liberale Modell, das sich durch eine weitgehende

4 Ein Stummfilm mit Charlie Chaplin war auch für Deutsche, Franzosen, Italiener, Japaner und Angehörige anderer Nationalitäten zumindest teilweise nachvollziehbar.

Page 17: Seminararbeit News Corporation

16

Professionalisierung des Journalismus, mittlere Zeitungsauflagen, geringen politischen

Parallelismus und wenig regulative Eingriffe seitens des Staats ins Mediensystem

auszeichnet. Das australische Mediensystem ist nicht untersucht worden, orientiert sich

aber eher am Grossbritannischen Modell als am US-amerikanischen (Marjoribanks 2000).

Obgleich die Ähnlichkeiten bezüglich verschiedenen Dimensionen offensichtlich sind (so

z. B. die Pressefreiheit in allen drei Gesellschaften), sollten die Unterschiede nicht

vernachlässigt werden. Während der Rundfunk in den USA sehr stark liberalisiert ist, trifft

dies im Vereinigten Königreich nicht zu. Die Rundfunkkultur in Grossbritannien wird von

der öffentlich-rechtlichen BBC geprägt, obwohl auch private Sender nicht unbeträchtliche

Marktanteile aufweisen. In Australien ist die Situation mit Grossbritannien vergleichbar,

obwohl der Medienmarkt aufgrund der vergleichsweise geringen Einwohnerzahl nicht

annähernd so gross ist wie in den USA und Grossbritannien.

News Corporation hat aus diesen Gründen verschiedene Angebotsstrukturen, die auf die

jeweiligen Eigentümlichkeiten der nationalen Medienmärkte abgestimmt sind. In

Australien, wo die Presserzeugnisse von News Corporation rund zwei Drittel des ganzen

nationalen Zeitungsmarkts ausmachen (Gershon 1997: 200), und in Grossbritannien sind

die Druckerzeugnisse wichtiger für den Cashflow des Unternehmens als das Fernsehen

oder die anderen Sparten, in den USA ist es umgekehrt. Hier machen insbesondere die TV-

Kanäle von Fox und das Filmstudio 20th Century Fox Grossteile des Umsatzes aus

(Jahresbericht 2006).

4.5 Der wirtschaftliche Kontext

Während die Nachkriegszeit von beträchtlichem Wirtschaftswachstum, besonders in

Deutschland, aber auch in anderen zentraleuropäischen Ländern sowie in den USA geprägt

war (Wachstumsstudien 2007), kam es in den 1970er Jahren im Zuge der Ölkrise zu einer

wirtschaftlichen Stagnation, in dem das alte Gesellschaftsmodell sich langsam auflöste wie

eine Brausetablette im Wasser (Bornschier 1998). Auf diese Krise versuchten die

neoliberalen Präsidenten Thatcher und Reagan mit einer marktfreundlichen Politik und

einem möglichst schlanken Staat, der die Unternehmen und Verbraucher zu neuen

Investitionen animieren soll, zu reagieren. In der Folge kam es in verschiedenen Bereichen

zu Deregulierungen und Privatisierungen. So glaubte man durch Konkurrenz und

Innovation neue Anreize zu schaffen, die letzten Endes den Bürgern zugute kommen

sollten. Auch an den Medien ging diese Politik der Deregulierung nicht spurlos vorüber.

Page 18: Seminararbeit News Corporation

17

Waren die Presseerzeugnisse in den angelsächsischen Ländern seit langem durch die

Pressefreiheit relativ frei in ihrer Geschäftstätigkeit, bestanden in Grossbritannien und

Australien erhebliche Hindernisse für private Anbieter, die in den Rundfunkmarkt

einsteigen wollten. Im Vereinigten Königreich hatten es private Anbieter schwer neben der

übermächtigen öffentlich-rechtlichen BBC zu bestehen.

Die Globalisierung der Wirtschaft und neue Möglichkeiten der Vernetzung und der

effizienteren und schnelleren Kommunikation brachten auch für die Medienorganisationen

entscheidende Veränderungen mit sich. Es war nun besser möglich globale Strukturen

lokal zu implementieren und auf Veränderungen konnte schneller und zielgerichteter

reagiert werden (Marjoribanks 2000). Diese Vorteile äussern sich auf verschiedenen

Ebenen. Zum einen ist es möglich innerhalb des Konzerns vernetzter zu arbeiten. Artikel

der einen Zeitung können in gleicher oder leicht abgeänderter Form auch für andere

Zeitungen verwendet werden und die Vermittlung und Rekrutierung von Fachkräften

sowie der Informationsaustausch zu spezifischen Problemen geschieht ohne grösseren

Aufwand. Beispiele für die Vorteile, die die Globalisierung für News Corporation mit sich

bringt, sind schnell zur Hand. Bei Tarifverhandlungen mit den New Yorker

Gewerkschaften über die Anstellungsverhältnisse bei der (zu News Corporation gehörigen)

New York Post konnte es sich Rupert Murdoch leisten resistentes und streikendes Personal

durch kompromissbereites aus San Antonio zu ersetzen, wo News Corporation ebenfalls

über eine Zeitung verfügt (ebd.: 190). Auch der Einsatz von Technologie kann auf globaler

Ebene in Zeiten globaler Vernetzung rationaler kombiniert werden. Wenn alle

Produktionsprozesse innerhalb eines Unternehmens global ähnlich ablaufen und dieselben

Technologien an den verschiedenen Standorten zum Einsatz kommen, sind die Kosten für

die Schulung des Personals geringer und der Austausch von Know-How geht schneller und

effizienter vonstatten. Dadurch können erhebliche Personal- und Infrastrukturkosten

gespart werden, womit mehr Geld für zusätzliche Investitionen und Innovationen zur

Verfügung zur Verfügung steht. Zudem können Produkte in grossen Medienorganisationen

gezielt crosspromotet werden, was den Arbeitsaufwand senkt und das Publikum an die

Organisation bindet. Ein Beispiel für ein solches Crosspromoting stellt die positive

Besprechung von Filmen des zu News Corporation gehörigen Filmstudios 20th Century

Fox in dem ebenfalls zu News Corporation gehörigen TV- und Filmmagazin TV Guide dar

(Gershon 1997: 199). Mit einer Auflage von 17 Millionen Exemplaren war TV Guide

1988, dem Jahr, in dem es von News Corporation übernommen wurde, das

auflagenstärkste Wochenmagazin in den USA und eignete sich dadurch hervorragend zur

Page 19: Seminararbeit News Corporation

18

Promotion des zu diesem Zeitpunkt noch jungen Fox TV Networks, das neue Zuschauer

dringend gebrauchen konnte. Durch die regelmässigen Berichte und die gezielte

Crosspromotion wurde der Sender allmählich bekannter und konnte seine Einschaltquoten

stetig vergrössern.

5. Kommentar

5.1 Kritische Anmerkungen

Kritische Stimmen in Zusammenhang mit zunehmender Medienkonzentration kommen

immer wieder auf, denn globale Medienorganisationen wie News Corporation,

Bertelsmann oder Time Warner verkörpern diese Machtballung fast schon idealtypisch.

Jarren & Meier (2001) weisen z. B. auf die negativen Konsequenzen und Gefahren hin die

eine zu starke Unilateralisierung, insbesondere im Mediensektor, mit sich bringen kann. Es

besteht z. B. die Möglichkeit der Manipulation des Publikums (vgl. auch Gershon 1997:

29ff.). Medienorganisationen unterscheiden sich von anderen globalen Organisationen, wie

z. B. Getränkeherstellern und Autokonzernen, dadurch, dass sie Öffentlichkeit bereitstellen

und einen gesellschaftlichen Auftrag erfüllen sollten, nämlich sachlich zu informieren. Bei

zu grosser Machtkonzentration und weitgreifenden Oligopolen im Mediensektor kann es

zu verzerrten Outputs und einem Qualitätsverlust bei der journalistischen Professionalität

kommen (ebd.). Die Meinungsvielfalt wird dadurch gefährdet und wir sind weiter denn je

von der idealtypischen Vorstellung der bürgerlichen Öffentlichkeit (Habermas 1990)

entfernt.

Insbesondere das Fernsehen erreicht in vielen Ländern grosse Teile der Bevölkerung und

ist von wenigen öffentlich-rechtlichen und privaten Anbietern dominiert. In Deutschland

erreichen die Medienerzeugnisse der Bertelsmanngruppe täglich mehrere Zehnmillionen

Leute, die sich der Bedingungen und Deutungsszenarien dieser Erzeugnisse nicht immer

bewusst sind. Ein weiteres Problem, das sich im Zusammenhang mit zunehmender

Medienkonzentration stellt, sind die Möglichkeiten der journalistischen Wiederverwertung

bestimmter Produkte. Da der Journalismus - und als sein natürliches Habitat, als sein

angestammter Raum die Öffentlichkeit - idealtypisch emanzipiert und nicht nach

machtspezifischen Kriterien organisiert sein sollte, kommt hier eine Unzulänglichkeit zum

Page 20: Seminararbeit News Corporation

19

Tragen, die vielleicht am besten mit dem Begriff Unoriginalität oder Konservatismus

umschrieben werden kann.

Hinzu kommen Verflechtungen mit dem politischen System und dessen Exponenten

(Gershon 1997, Page 2003). Einerseits sind die Politiker auf Publizität und

Aufmerksamkeit seitens der Medien angewiesen, andererseits brauchen die

Medienkonzerne Stoff, mit dem die Zeitungen und Fernsehsendungen gefüllt werden

können und sind auf eine marktfreundliche von möglichst wenigen Regulierungen geprägte

Rundfunk- und Pressepolitik angewiesen um expandieren und den Umsatz vergrössern zu

können. Diese gegenseitige Verflechtung birgt Gefahren für die idealtypische Demokratie.

Medienkonzerne agieren heute im Grunde ohne jede politische Opposition, sie können sich nur gegenseitig

im Weg stehen oder werden von Konjunkturkrisen durchgeschüttelt. Eine vernünftige Medienpolitik

ausserhalb der Konzernsphäre, die sich konsequent um die Sicherung publizistischer Vielfalt, die Rechte der

Autoren und unabhängige Produzenten, die Pflege des Mittelstandes im publizistisch-technologischen

Komplex kümmerte, wäre in Deutschland und Europa erst aufzubauen. (Hachmeister & Rager 2005)

Bei News Corporation ist diese Verflechtung wie in Teil 4.2 aufgezeigt wurde relativ stark

ausgeprägt.

Durch die Dualisierung des Rundfunks in den 1980er Jahren hat sich die Medienlandschaft

grundlegend verändert. Was Quote bringt, was bei den Leuten ankommt, setzt sich durch.

Auf inhaltliche Qualitäten wird weniger Rücksicht genommen. Hier kann der Vergleich

von Informations- und Unterhaltungsangeboten auf den Privatsendern als Beispiel

angefügt werden. Während die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten einen gewissen

Informations- und Aufklärungsanspruch zu erfüllen haben, stutzen die Privatsender (z. B.

Sat1) ihre Nachrichtensendungen mehr und mehr zeitlich und sachlich zusammen, so dass

human interest Themen und Promiberichterstattung einen immer wichtigeren Stellenwert

innerhalb dieses Formats einnehmen (Spiegel 2007).

5.2 Publizistische Grenzen der globalen Medienorganisation

Obwohl News Corporation auch in gewissen nichtenglischsprachigen Ländern prominent

vertreten ist (so z. B. in Indien, wo der Konzern einen Fernsehsender besitzt), erweist sich

ihr Einfluss im resteuropäischen Gebiet und in Südamerika als begrenzt. Scheinbar stellt

sich das medienspezifische, das kulturelle und soziale Umfeld in diesen Gesellschaften als

suboptimal und hinderlich für den Markteintritt dar. Während kleine Länder wie die

Page 21: Seminararbeit News Corporation

20

Schweiz oder Belgien aufgrund der geringen Marktgrösse und der erheblichen

Anpassungskosten (z. B. wegen Mehrsprachigkeit oder geographischer Fragmentierung

wie dies in Skandinavien eher der Fall ist) ohnehin für globale Medienorganisationen nicht

besonders interessant sind, böten Deutschland, Spanien, Frankreich und Italien durchaus

Entwicklungs- und Expansionspotential für News Corporation. Allerdings verfügt der

Konzern nur in Italien (mit Sky Italia) über ein entsprechendes annehmbares Engagement.

In Deutschland und Frankreich existieren mit Bertelsmann, Springer und der Pro7Sat1-

Media Group resp. Lagadère und Vivendi-Universal bereits Medienorganisationen von

Weltformat, die in ihrem jeweiligen Kontext eine wichtige, wenn nicht gar

marktbeherrschende Position einnehmen. Nur mit erheblichem Expertenwissen und daraus

folgend beträchtlichen Investitionen und nur auf Kosten der schon anwesenden Player

dürfte es News Corporation gelingen sich ein Stückchen vom Medienkuchen

abzuschneiden. Trotz einiger Versuche von News Corporation sich in den deutschen TV-

Markt einzukaufen - u. a. mit dem Kauf der Rechte für die Champions League für den

Bezahlsender Premiere und einer Beteiligung an den Fernsehkanälen Vox und tm3

(Hachmeister & Rager 2005) - ist der Konzern in deutschen Gefilden nicht erfolgreich und

auf dem Pressemarkt überhaupt nicht vertreten.

Hinzu kommt die relativ protektionistische Medienpolitik in Frankreich und Deutschland,

die strenge Vorschriften und Auflagen bezüglich der Medienproduktion, insbesondere im

Rundfunkbereich, aufweist.

6. Schluss

Diese Seminararbeit hat die Struktur und Entwicklung einer der grössten

Medienorganisationen der Welt in einem spezifischen zeitgeschichtlichen Kontext

aufgezeigt und Probleme beleuchtet, die damit verbunden sind. Sie hat gezeigt, dass

Veränderungen auf der Mesoebene der Organisation besser verständlich werden, wenn der

Rahmen, die spezifische Ausgestaltung einer Epoche und der soziale Wandel, der zu ihr

geführt hat in die Analyse miteinbezogen werden. Ein wesentlicher Teil des Erfolgs von

News Corporation ist darauf zurückzuführen, dass Rupert Murdoch die Zeichen der Zeit

verstanden hat, offen für neue Innovationen war und sich gleichzeitig mit den bestehenden

Verhältnissen arrangieren konnte (Gershon 1997). So wurde aus einem kleinen

Page 22: Seminararbeit News Corporation

21

australischen Zeitungsunternehmen der viertgrösste Medienkonzern der Welt mit einem

Umsatz der das Bruttoinlandprodukt vieler Länder, wie z. B. Albanien oder Nicaragua

übertrifft (Wachstumsstudien 2007).

Aus kultursoziologischer Sicht mag man den effekthascherischen und skandalisierenden

Ton der mittlerweile grössten Tageszeitung der englischsprachigen Welt beklagen und

über die mangelnde Ästhetik, den fehlenden Geist der grossen Blockbuster von 20th

Century Fox lamentieren oder gar mit erhobenen Zeigefinger auf die mitunter manipulativ

verzerrte Visage von Rupert Murdoch zeigen, aber man sollte nicht vergessen, dass dies

alles Ausgeburten einer Zeit sind, in der es eben ein bisschen anders zugeht als früher. In

Anbetracht der Ideale der bürgerlichen Öffentlichkeit, wie sie Habermas präsentiert hat,

kann man sagen, dass die globale Medienorganisation der Moderne keinerlei Möglichkeit

hat sich auch nur annähernd daran zu orientieren. Ihr Anspruch global und expandierend zu

sein kann nur in der Umgehung dieser Ideale erfolgen. Denn einerseits sind wir im

globalisierten Medienzeitalter weiter denn je von den Versammlungsöffentlichkeiten der

angehenden Moderne entfernt, andererseits erschwert die zunehmende Individualisierung

und Fragmentierung des Publikums den kulturkritischen und raisonnierenden Aspekt der

Medienanalyse.

Eine so grosse und komplexe Medienorganisation wie News Corporation in ihrer ganzen

Vielfalt und ihren zahlreichen Verflechtungen zu ergründen, erfordert mehr als bloss

oberflächliche Reflexion und einen vagen Theoriebezug. Es braucht dazu umfassende

Kenntnisse der Ökonomie, der Zeitgeschichte, der Medienkultur, ja vielleicht sogar der

Psychologie und sicherlich auch fundiertes empirisches Fachwissen um die theoretischen

Überlegungen in Form einer Inhaltsanalyse oder mit fokussierten Mitarbeiterinterviews

gezielt umzusetzen. Ein solches interdisziplinäres Projekt wäre freilich sehr zeitaufwändig

und kostenintensiv, würde aber sicherlich einen Erkenntnisgewinn im Bereich der

publizistischen Organisationsforschung bedeuten. Denn, um es mit Hachmeister & Rager

& Hachmeister (2005: 19) zu formulieren: „Eine Geschichte der Medienkonzerne, die alle

technologischen, sozialen und kulturellen Faktoren berücksichtigte, ist noch zu schreiben.“

Nichtsdestotrotz und in Anlehnung an das Zitat am Anfang dieser Arbeit hätte es

schlimmer kommen können. Denn schliesslich bleibt uns das Radio, das uns von früh bis

spät mit den süssesten und abgestandensten Melodien betören wird, wenn das

Armaturenbrett eingeschmolzen ist - und der Wagen Schrott.

Page 23: Seminararbeit News Corporation

22

Literatur

Beck, Ulrich (1986): Risikogesellschaft. Auf dem Weg in eine andere Moderne. Franfurt

am Main: Suhrkamp.

Bornschier, Volker (1998): Westliche Gesellschaft – Aufbau und Wandel. Zürich: Seismo.

Donges, Patrick; Imhof, Kurt (2005): Öffentlichkeit im Wandel. In: Bonfadelli, Heinz;

Jarren, Otfried; Siegert, Gabriele (Hrsg.): Einführung in die Publizistikwissenschaft. Bern:

Haupt.

Durkheim, Emile (2004): Über soziale Arbeitsteilung. Franfurt am Main: Suhrkamp.

Eisenstadt, Shmuel N. (1983): Tradition, Change, and Modernity. Melbourne USA:

Krieger Publishing Company

Focus-Online (2007): Verlagsübernahme. Murdoch am Ziel.

http://www.focus.de/finanzen/news/verlagsuebernahme_aid_68455.html

Abgerufen August, September 2007.

Gershon, Richard A. (1997): The Transnational Media Corporation. Global Messages and

Free Market Competition.

Habermas, Jürgen (1990): Strukturwandel der Öffentlichkeit. Untersuchungen zu einer

Kategorie der bürgerlichen Gesellschaft. Frankfurt am Main: Suhrkamp

Hachmeister, Lutz; Rager, Günther (2005): Wer beherrscht die Medien? Die 50 grössten

Medienkonzerne der Welt. Jahrbuch 2005. München: Verlag C. H. Beck.

Hallin, Daniel C.; Mancini, Paolo (2004): Comparing Media Systems. Three Models of

Media and Politics. Cambridge: Cambridge University Press.

Page 24: Seminararbeit News Corporation

23

Horkheimer, Max; Adorno, Theodor W. (2006): Dialektik der Aufklärung. Philosophische

Fragmente. Frankfurt am Main: Fischer.

Imhof, Kurt (2006): Wandel der Gesellschaft im Licht öffentlicher Kommunikation. fög

discussion paper GL-2006-0013.

http://www.foeg.unizh.ch/foeg_discussion_papers/grundlagen/gl-2006-0013.aspx

Abgerufen Juli-September 2007.

Imhof, Kurt; Blum, Roger; Bonfadelli, Heinz et al. (2004): Einleitung. In: Imhof, Kurt;

Blum, Roger; Bonfadelli, Heinz; Jarren, Otfried (Hrsg.): Mediengesellschaft: Strukturen,

Merkmale, Entwicklungsdynamiken. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, 9-

18.

Jarren, Ottfried; Meier, Werner A. (2002): Mediensysteme und Medienorganisationen als

Rahmenbedingungen für den Journalismus. In: Jarren, Otfried; Weissler, Hartmut (Hrsg.):

Journalismus - Medien – Öffentlichkeit. Eine Einführung. Wiesbaden: Westdeutscher

Verlag, 99-163.

Jenkner, Caroline (2007): Haben Sie einen Job für uns? Sat1 streicht Nachrichten. In:

Spiegel-Online, 17. Juli 2007. http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,494779,00.html

Abgerufen August-September 2007.

Kamber, Esther (2004): Mediengesellschaft – der Gesellschaftsbegriff im Spannungsfeld

der Modernetheorie. In: Imhof, Kurt; Blum, Roger; Bonfadelli, Heinz; Jarren, Otfried

(Hrsg.): Mediengesellschaft: Strukturen, Merkmale, Entwicklungsdynamiken. Wiesbaden:

VS Verlag für Sozialwissenschaften, 79-99.

Lerner, Daniel (1958): The Passing of Traditional Society: Modernizing the Middle East.

London: Macmillan Pub Co.

Luhmann, Niklas (2006): Soziale Systeme. Grundriss einer allgemeinen Theorie. Frankfurt

am Main: Suhrkamp.

Marjoribanks, Timothy (2000): News Corporation, Technology and the Workplace. Global

Strategies and Local Change. Cambridge: Cambridge University Press.

Page 25: Seminararbeit News Corporation

24

News Corporation (2006): Jahresbericht. Online-Version:

http://www.newscorp.com/Report2006/AR2006.pdf

Abgerufen Juli-September 2007.

OECD (2007): OECD Factbook 2007. Statistische Kennzahlen zur sozialen und

wirtschaftlichen Entwicklung der OECD-Mitglieder.

http://miranda.sourceoecd.org/vl=6776663/cl=13/nw=1/rpsv/factbook/

Abgerufen August-September 2007.

Page, Bruce (2003): The Murdoch Archipelago. New York: Simon & Schuster

Schade, Edzard (2005): Kommunikations- und Mediengeschichte. In: Bonfadelli, Heinz;

Jarren, Otfried; Siegert, Gabriele (Hrsg.): Einführung in die Publizistikwissenschaft. Bern:

Haupt.

Wachstumsstudien (2007): Institut für Wachstumsstudien. Wachstumsdatenbank.

http://www.wachstumsstudien.de/Inhalt/Datenbank/Wachstumsdatenbank.htm

Abgerufen August-September 2007.

Zucker, Alain (2007): Neuer Industriestandard. In: Die Weltwoche Nr. 9. 07. Zürich: Jean

Frey.