Silvia Adler: Der unsichtbare Ring

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Papierfresserchens MTM-Verlag

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Hardcover, 92 Seiten mit zahlreichen farbigen Illustrationen, 14,90 Euro. Klappentext: Im Wald des Felderbachtals entdeckt Joscha die Spinnwebhexe Ranunkel. Mit ihren giftgrünen Augen zieht sie ihn mehr und mehr in ihren Bann. Zunächst erscheint sie ihm als furchteinflößende, dann als immer verlockendere Zaubergestalt. Mit der Hexe besteht er die spannendsten Abenteuer. Beim wilden Ritt auf dem Hexenbesen, einer Karussellfahrt am Windmühlenflügel und schwindelerregenden Kletterpartien verliert er seine Angst und wird immer mutiger. Durch Ranunkel erlebt Joscha größtes Glück, aber auch Schrecken, Verrat und Verzweiflung. Je unentbehrlicher ihm die Hexe wird, desto gefährlicher wird sie ihm und kostet ihn schließlich fast das Leben ...

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Papierfresserchens MTM-Verlag

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Hexe RanunkelDer unsichtbare Ring der

Silvia AdlerMit Illustrationen von uto

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fur

Nikolai, Fabian

und Lenya

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Inhalt

Spaziergang im Wald 7Um Mitternacht 10Hexensüppchen 14Verschwundene Marmelade 23Hausbesuch 28Kletterpartie 33Im Traumzimmer 41Die Mühle 44Hexenabenteuer 56Die Bootsfahrt 61Die Forelle 67Unter Wasser 71Ein neues Leben 74Sehnsucht 79Der unsichtbare Ring 82

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Spaziergang

im Wald

Der Sand unter seinen Sohlen knirschte. Joscha schlurfte über den staubigen Weg. An der Uferböschung schoss er einen flachen Stein in den Bach. Das dunkelgrüne Wasser gluckste.

Joscha war müde. Der Weg von Herzkamp bis hinunter ins Felderbachtal war weit für einen Jungen, der gerade erst acht Jahre alt geworden war.

Joscha blieb stehen. Ungeduldig sah er sich nach der Mutter um, die seinen kleinen Bruder auf dem Arm schleppte. Sem-mels hellblondes Haar leuchtete in der Sonne. Im späten Nach-mittagslicht hatte es einen fast rötlichen Schimmer.

„Wie bei einem Kobold“, dachte Joscha. Bei dem Gedanken, dass sich Semmel plötzlich in einen rothaarigen, rotzfrechen Kobold verwandeln könnte, musste er lachen.

„Mama?“, fragte Joscha, als die Mutter ihn endlich eingeholt hatte. „Gibt es Kobolde eigentlich wirklich?“

Die Mutter schaute ihn belustigt an. „Natürlich nicht. Wie kommst du darauf?“

Joscha zuckte die Schultern und grinste.„Aber Feen? So richtig böse Feen?“, rief Semmel begeistert.

„Die gibt es doch, oder Mama?“ Der rote Schimmer auf seinem Haar leuchtete noch stärker.

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„Keine Feen, keine Kobolde und keine Hexen!“, antwortete die Mutter entschieden.

„Keine Hexen? Bist du ganz sicher?“, fragte Joscha ungläu-big.

„Aber nein! Es gibt keine! Weder hier noch irgendwo sonst auf der Welt!“

Als die Mutter die Enttäuschung auf Joschas trotzigem klei-nen Gesicht sah, unterdrückte sie mühsam ein Lachen.

Plötzlich bekamen ihre Augen einen geheimnisvollen Glanz.„Es gibt keine Hexen ...“, flüsterte sie. „Bis auf ... bis auf ... die alte Ranunkel ...“

„Die alte Ranunkel?“ Joscha und Semmel starrten sie ent-geistert an.

„Welche Ranunkel?“, kam es wie aus einem Munde.„Die alte Hexe Ranunkel eben“, antwortete die Mutter. Sie

ließ den Blick schweifen, um etwas Zeit zu gewinnen.Joscha und Semmel hingen an ihren Lippen. Plötzlich kniff sie die Augen zusammen und zeigte auf eine

alte Buche, die in einiger Entfernung von ihnen am Berghang stand. „Seht ihr nicht die Markierung dort hinten am Baum-stamm?“

Joscha erkannte den leuchtenden Buchstaben sofort. Es gab überhaupt keinen Zweifel. „Es ist ein R“, hauchte er beklom-men. „Und was bedeutet das?“

Die Mutter machte große Augen. „In diesem Waldstück, oben am Schiefergröll, lebt die Hexe Ranunkel. Sie wohnt in einem Häuschen aus Spinnenweb. Das Dach ist spitz wie eine Spindel.“

„Ist sie tagsüber wach?“, fragte Semmel neugierig.„Sie verlässt das Haus fast nie vor Mitternacht. Nur wenn

Gewitter ist, reitet sie manchmal auf den Blitzen!“„Eine Gewitterhexe?“ Joscha war begeistert. „Wollen wir

nicht hinaufklettern, um sie zu suchen?“