Skript Fluidmechanik 2014

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SKRIPT AUSGEWÄHLTE KAPITEL DER F F L L U U I I D D M M E E C C H H A A N N I I K K ZENTRALGEWERBESCHULE BUCHEN (ODENWALD) KONTAKT: [email protected] Version 2014

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Fluidmechanik als Teilgebiet der Technischen Physik für Techniker.

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SKRIPT

AUSGEWÄHLTE KAPITEL DER

FFFLLLUUUIIIDDDMMMEEECCCHHHAAANNNIIIKKK ZENTRALGEWERBESCHULE BUCHEN (ODENWALD)

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Version 2014

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INHALTSVERZEICHNIS

TEIL 1: GRUNDLAGEN DER FLUIDMECHANIK

1. EINFÜHRUNG

AB1: Teilgebiete der Fluidmechanik

2. PHYSIKALISCHE GRUNDLAGEN

AB2: Aggregatzustände und ihre Änderungen

Wie hängen Dichte und makroskopische Größen zusammen?

3. MODELLVORSTELLUNGEN IN DER FLUIDMECHANIK

AB3: Aggregatzustände und Modellvorstellungen

4. PHASENVERHALTEN VON STOFFEN

AB4: Phasendiagramm eines Stoffes ohne Anomalie

Hilft Pusten der heißen Suppe abzukühlen?

AB5: Phasendiagramm eines Stoffes mit Anomalie

Warum zeigt Wasser ein so ungewöhnliches Phasenverhalten?

Anhang I: Kontrollfragen und -aufgaben

TEIL 2: FLUIDSTATIK

5. AEROSTATIK

6. HYDROSTATIK

TEIL 3: HYDRODYNAMIK

7. AERODYNAMIK

8. HYDRODYNAMIK

Bemerkung: Dieses Skript ist als eine Art Begleithilfe für den Unterricht zu verstehen – es wird da-

rüber hinaus im Unterricht selbst immer mal wieder weiteres Material ausgegeben. Da externe Tips

für Verbesserungen eine große Hilfe darstellen, möchte ich Sie auffordern, mir ein Feedback zum

Skript zu geben – wo sind die Darstellungen z.B. zu kurz, wo zu ausführlich, was fehlt völlig usw.

Scheuen Sie sich auch nicht, mich bei Fragen zu kontaktieren – meine E-Mail-Adresse finden Sie auf

der Titelseite rechts unten.

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TEIL 1: GRUNDLAGEN DER FLUIDMECHANIK

„Und dann kam das Elfmeterschießen:

Wir hatten alle die Hosen voll, aber bei mir lief’s ganz flüssig.“

PAUL BREITNER

1. EINFÜHRUNG

In diesem Teil des Faches Technische Physik sollen Sie wichtige Begriffe der Fluidmechanik ken-

nenlernen und anwenden sowie technische Berechnungen sicher durchführen können. Zunächst

einmal müssen wir in diesem Abschnitt Umfang und den ungefähren Inhalt des Kurses abstecken

und außerdem wichtige physikalische Grundlagen wiederholen, um alle Teilnehmer auf einen

annähernd gleichen Kenntnisstand zu bringen.

Hierzu ist es sinnvoll, sich zu Beginn einmal den Leitbegriff Fluidmechanik etwas näher anzu-

schauen und zu „sezieren“:

Die Fluidmechanik läßt sich also kurz und knapp wie folgt definieren:

WORTHERKUNFT:

fluidus, lat.: fließend

DEFINITION:

WORTHERKUNFT:

mechane, griech.: Maschine

DEFINITION:

[fluid] [mechanik]

DEFINITION FLUIDMECHANIK

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Aus strategischen Gründen wenden wir uns zunächst den Teilgebieten der Fluidmechanik zu, um

einen Überblick über den zu behandelnden Stoff zu bekommen.

Wie andere Gebiete der Physik auch, läßt sich die Fluidmechanik in die Behandlung von Phäno-

menen mit ruhenden Medien (Fluidstatik) und solchen mit bewegten Medien (Fluiddynamik)

unterscheiden, wobei letztere nachvollziehbar (?) von weitaus höherer mathematischer Komple-

xität sind und von uns erst zu einem späteren Zeitpunkt behandelt werden. Darüber hinaus kön-

nen wir je nach Art des benutzten Mediums weiter unterteilen, z.B. Hydrostatik oder Aerodyna-

mik.

Aufgabe: Versuchen Sie, Beispiele zu finden, die in die vier verschiedenen Bereiche der Gra-

phik von AB1 (nächste Seite) passen oder Phänomene, die Sie gerne in diesem Kurs behandelt

wissen wollen. Nutzen Sie dazu auch die Abbildungen als Hinweise1!

1 Die Hinweise sind zugegebenermaßen nicht leicht den jeweiligen Phänomenen zuzuordnen – aber wie heißt es in der Werbung: „Fantasie ist das, was Du daraus machst!“

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2. PHYSIKALISCHE GRUNDLAGEN

Nun werden wir unseren Blick auf wichtige physikalische Grundlagen fokussieren. Bekannterma-

ßen gibt es drei Aggregatzustände (oft auch als [thermodynamische] Phasen bezeichnet): fest,

flüssig und gasförmig.

Aufgabe: Benutzen Sie das AB2 auf der nächsten Seite, um die verschiedenen Bezeichnungen

für die Phasenübergänge (bzw. Aggregatszustandsänderungen) zu wiederholen. Überlegen Sie

auch, ob bestimmte Bedingungen gegeben sein müssen, damit ein Stoff z.B. vom festen direkt

in den gasförmigen Zustand übergehen kann.

Wie eingangs bereits geklärt, umfassen Fluide als Stoffklasse im engeren Sinne Flüssigkeiten und

Gase ( 5492 schlägt den Begriff Fluid für „tropfbare Flüssigkeiten, Gase und Dämpfe“

vor). Warum werden der flüssige und der gasförmige Zustand bisweilen theoretisch zusammenge-

faßt? Was unterscheidet fluide von festen Phasen? Nach welchen möglichst einfachen Kriterien

lassen sich die drei Aggregatzustände fest, flüssig und gasförmig überhaupt unterscheiden?

Es ist naheliegend, als Kriterium eine physikalische Größe zu wählen, in der sich feste, flüssige

und gasförmige Stoffe hinreichend unterscheiden und dann auf weitere Größen und Zusammen-

hänge zu schließen.

Die Größe der Wahl ist die Dichte (rho) als Quotient aus Masse und Volumen (

). Aus ihr

lassen sich Abstand und damit Wechselwirkungen zwischen den Teilchen ableiten. Als Alltagswis-

sen kann man Formveränderbarkeit – wie gut paßt sich ein fester, flüssiger oder gasförmiger

Stoff seiner Umgebung an – und Kompressibilität – wie gut läßt er sich verdichten – hinzuneh-

men: Fertig ist eine Übersicht klar unterscheidbarer Merkmale der Aggregatzustände!

Aufgabe: Füllen Sie die folgende Tabelle mit Hilfe qualitativer Begriffe bzw. Symbole (+/-)

aus. Wenn Sie nicht weiterwissen (und nur dann!), können Sie die Erläuterungen auf S.8 zu

Hilfe nehmen.

Tab.1: Qualitative Beschreibung der Aggregatzustände

Phase Dichte Teilchen-abstand

Wechsel-wirkungen

Formverän-derbarkeit

Kompressi-bilität

g

l

s

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Page 8: Skript Fluidmechanik 2014

Wie hängen Dichte und mikroskopische Größen zusammen?

Bekanntermaßen ist die Dichte als Quotient von Masse

und Volumen definiert, kurz

, mit der abgeleiteten

SI-Einheit

, üblicher sind aber

oder

.

Beide Größen sind direkt proportional ( ), d.h. für einen

gegebenen Körper ist seine Dichte also groß, wenn seine Masse

ebenfalls groß ist.

Die Masse eines Körpers ist aber die Summe der Massen der

Teilchen (Atome, Moleküle usw.), aus denen er zusammenge-

setzt ist. Folglich bedeutet eine hohe Dichte eine hohe Teilchen-

anzahl.

Eine hohe Teilchenanzahl wiederum hat einen geringen Ab-

stand zwischen den Teilchen zur Folge und eine hohe Wech-

selwirkung zwischen diesen, etwa wie auf einer gut besuchten

Party.

Wenn wir bei dieser Analogie bleiben, ist einleuchtend, daß die

Gäste einer weniger gut besuchten Party leicht „verschiebbar“

sind und sie vielleicht nichts dagegen haben, wenn man sie in

einen kleineren Raum bittet oder versucht, die Kommunikati-

on bzw. Wechselwirkungen zwischen ihnen durch einen

Raumteiler o.ä. zu erhöhen.

PLATZ FÜR NOTIZEN

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3. MODELLVORSTELLUNGEN IN DER FLUIDMECHANIK

Die grundlegenden Kenntnisse über die Aggregatzustände haben wir jetzt wiederholt. Es ist Zeit,

sich mit dem Begriff Fluid und den Unterschieden zwischen fluiden und festen Phasen auseinan-

derzusetzen. Was macht Gase und Flüssigkeiten so ähnlich, daß ihre mechanischen Eigenschaften

und ihr Verhalten nur ein Teilgebiet innerhalb der Mechanik ausmachen, das sich deutlich ab-

trennt von der Beschreibung fester Körper?

Wie in anderen Bereichen der Naturwissenschaften auch, spielen Modellvorstellungen hier eine

große Rolle. Ein Modell kann die Wirklichkeit niemals 1:1 abbilden, sondern es beschreibt je

nach Komplexität die realen Verhältnisse mehr oder weniger gut.

So kann man einen realen „Trabbi“ (rechts oben) in einfachster

Näherung z.B. durch ein Holzmodell wiedergeben: Jeder wird er-

kennen, um welches Auto es sich handelt, aber das Modell läßt

viele Details des Originals aus. Nimmt man dagegen eine origi-

nalgetreue Nachbildung im Maßstab 1:87 (rechts unten), so stim-

men viele Details, nichtsdestoweniger handelt es sich ja weiter-

hin um ein Modell.

Aufgabe: Erarbeiten Sie auf AB3 (nächste Seite) die wichtig-

sten Kennzeichen der auf den „Karteikarten“ genannten Mo-

dellvorstellungen.

Je genauer ein Modell die Realität beschreibt, desto komplizierter ist es: Bei einer originalge-

treuen Nachbildung schlägt sich dies im Preis nieder, bei einem theoretischen Konzept bedeutet

größere Realitätsnähe höhere mathematische Komplexität. Aus diesem Grund arbeitet man vor-

zugsweise mit demjenigen Modell, welches den Anforderungen an z.B. Genauigkeit ausreichend

entspricht.

So werden wir im zweiten Teil sehen, daß das ideale Gas für die meisten Betrachtungen von

Druck, Volumen und Temperatur ein völlig ausreichendes Modell ist und die Anwendung kompli-

zierterer Zustandsgleichungen (siehe dort) bedeuten würde, mit Kanonen nach Spatzen zu schie-

ßen.

Abb.1: Realität und Modell

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AAGGGGRREEGGAATTZZUUSSTTÄÄNNDDEE UUNNDD MMOODDEELLLLVVOORRSSTTEELLLLUUNNGGEENN –– DDrr.. BBeerrnndd SSttaannggee--GGrrüünneebbeerrgg

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Untersuchen wir die Idealmodelle bzw. die NEWTONsche Flüssigkeit und das VAN-DER-WAALS-Gas

auf Gemeinsamkeiten hin, so können wir erkennen, welche Eigenschaften ein (NEWTONsches)

Fluid ausmachen:

Was bedeutet dies?

1. Unter einer Scherung versteht man die Verformung eines Körpers durch eine Kraft parallel zur

Oberfläche. Dabei wird die Oberfläche parallel zu sich selbst verschoben, und die Seitenflä-

chen erfahren eine Versetzung um den Scherwinkel (theta), ähnlich wie bei einem Buch,

dessen Buchdeckel Sie gegeneinander verschieben:

2. Kräfte bzw. Druck können nur senkrecht zur Oberfläche eines Fluids ausgeübt werden. Exem-

plarisch zeigen dies die Kolben einer hydraulischen Presse2:

2 Festkörper können demgegenüber Druck- und Zugkräfte ausüben.

DEFINITION FLUID

Abb.2: Scherung

Abb.3: Prinzip einer

hydraulischen Presse

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4. PHASENVERHALTEN VON STOFFEN

Wie oft in den Naturwissenschaften, so gilt auch jetzt: Wenn man glaubt, etwas verstanden zu

haben, zeigt sich, daß die „Wahrheit“ (die es in Wahrheit gar nicht gibt) doch ein ganzes Stück

komplizierter ist, als man bislang glaubte. Denn letztlich muß unsere Betrachtungsweise von

fest, flüssig und gasförmig dahingehend relativiert werden, daß es nur vom gewählten Tempera-

tur- und Druckbereich abhängig ist, in welchem Aggregatzustand ein Stoff vorliegt.

Auch sind uns vielfältige Phänomene bekannt, bei denen Phasenübergänge bei eher „ungewöhn-

lichen“ Bedingungen stattfinden:

Wasser siedet im Gebirge aufgrund des geringeren Luftdrucks bei Temperaturen unter

. Diesen Effekt nutzt man auch bei sogenannten Vakuumdestillationen, um wärmeemp-

findliche Substanzen schonend voneinander zu trennen.

Umgekehrt nutzt der gute alte Schnellkochtopf (siehe rechts) aus, daß

der Siedepunkt (eigentlich Kochpunkt, siehe AB2) von Wasser unter

Druck steigt: Höhere Kochtemperaturen bedeuten kürzere Garzeiten.

Nasse Wäsche, die bei Frost nach draußen gehängt wird, gefriert (na-

türlich), „trocknet“ aber im Laufe von einigen Tagen, auch wenn die

Temperatur permanent unter bleibt.

Diese Aufzählung ließe sich mit vielen weiteren Beispielen aus dem Alltag fortsetzen, dabei muß

es sich bei der betrachteten Substanz auch nicht unbedingt um Wasser handeln.

Kenntnisse über das Phasenverhalten eines Stoffes werden in der Regel in einem sogenannten

Zustands- oder Phasendiagramm wiedergegeben. Dabei handelt es sich physikalisch gesehen um

ein Temperatur-Druck-Diagramm (auch - oder -Diagramm), in welchem genau festge-

halten wird, bei welchen Bedingungen (Wertepaare von Temperatur und Druck) ein Stoff seinen

Aggregatzustand ändert.

Aufgabe: Zunächst wollen wir die zwei typischen Vertreter von Phasendiagrammen bei relativ

geringen Drücken kennenlernen. Beschriften und vervollständigen Sie die Diagramme auf den

folgenden Seiten (AB4 und 5), so gut Sie vermögen.

Eine Hilfestellung kann der Film sein, den Sie im Unterricht sehen werden

bzw. selbst im Internet anschauen können (siehe QR-Code).

Abb.4: Schnellkochtopf

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SSEEIITTEE 1122

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PHASENDIAGRAMM EINES STOFFES OHNE ANOMALIE (z.B. Kohlenstoffdioxid, )

Die allermeisten Reinstoffe zeigen ein Phasenverhalten wie im untenstehenden Diagramm gezeigt.

AUFGABEN

1. Beschriften Sie die Achsen des Diagramms korrekt.

2. Kennzeichnen Sie die verschiedenen Bereiche mit dem jeweiligen Phasensymbol s, l bzw. g.

3. Zeichnen Sie die verschiedenen isobaren Phasenübergänge ein und benennen Sie die Pha-

sengrenzlinien sowie die beiden prominenten Punkte.

4. Lokalisieren Sie mit Hilfe der untenstehenden Angaben die Normalbedingungen (SATP, stan-

dard ambient temperature and pressure, ).

5. Zeichnen Sie die zu den Normalbedingungen charakteristische Isotherme und Isobare ein.

PPHHAASSEENNDDIIAAGGRRAAMMMM EEIINNEESS SSTTOOFFFFEESS OOHHNNEE AANNOOMMAALLIIEE –– DDrr.. BBeerrnndd SSttaannggee--GGrrüünneebbeerrgg

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Wie erarbeitet, faßt man die Sublimationsdruckkurve und die

Siededruckkurve auch unter der Bezeichnung Dampfdruckkurve

zusammen. Dieser gibt an, welcher Gleichgewichtsdruck (Dampf-

druck oder auch Sättigungsdampfdruck) sich in einem geschlos-

senen Gefäß über einer kondensierten Phase (fest oder flüssig)

bei einer bestimmten Temperatur (siehe Abb.5) einstellt.

So beträgt der Dampfdruck von Wasser bei etwa , bei (Eis!) noch etwa .

Das heißt, unabhängig von den Bedingungen, „schaffen“ es einige Teilchen auch bei tiefen Tem-

peraturen in die Gasphase. Auf diese Weise lassen sich die bereits erwähnten Phänomene des

sublimierenden Eises bzw. das alltägliche Verdunsten einer Flüssigkeit in einem offenen Gefäß

erklären.

Mit Kenntnis des Dampfdruckes läßt sich zudem eine allgemeinere Definition des Koch- bzw. Sie-

depunktes einer Substanz angeben. Wie könnte diese lauten?

ALLGEMEINE DEFINITION DES SIEDEPUNKTES

Eine Flüssigkeit beginnt zu sieden, wenn…

Hilft Pusten der heißen Suppe?

Es ist ein altbekanntes Problem: Man ißt eine

mehr oder weniger delikate Suppe, die aber viel zu

heiß ist, als daß man sie hinunterschlingen

könnte. Was tun? Kann man mit Pusten die

Suppe abkühlen? Die Antwort lautet: JA!

Zwischen dem heißen Wasser und seinem Dampf besteht ein

Gleichgewicht: H2O (l) ⇄ H2O (g). Durch Einblasen von Luft

wird dieses Gleichgewicht gestörte, die Dampfphase wird „ent-

fernt“. Um das Gleichgewicht wiederherzustellen muß das Was-

ser aus der flüssigen Phase in die Gasphase übergehen. Nach

AB2 wird dafür aber Energie benötigt, die die Wasser-Moleküle

aus der Umgebung, der Suppe, beziehen: Die Suppe kühlt ab.

Abb.5: Dampfdruck von Wasser

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Page 15: Skript Fluidmechanik 2014

PHASENDIAGRAMM EINES STOFFES MIT ANOMALIE (z.B. Wasser, )

Einige wenige Stoffe (neben Wasser u.a. die Elemente Antimon, , Bismut, , Gallium, , Ger-

manium, , und Silicium, ) zeigen anomales Phasenverhalten mit einer Schmelzdruckkurve mit

negativer Steigung.

AUFGABEN

1. Beschriften Sie die Achsen des Diagramms korrekt.

2. Kennzeichnen Sie die verschiedenen Bereiche mit dem jeweiligen Phasensymbol s, l bzw. g.

3. Zeichnen Sie die verschiedenen isobaren Phasenübergänge ein und benennen Sie die Pha-

sengrenzlinien sowie die beiden prominenten Punkte.

4. Lokalisieren Sie mit Hilfe der untenstehenden Angaben die Normalbedingungen (SATP, stan-

dard ambient temperature and pressure, ).

5. Zeichnen Sie die zu den Normalbedingungen charakteristische Isotherme und Isobare ein.

6. Wie äußert sich die Anomalie im physikalischen Verhalten?

PPHHAASSEENNDDIIAAGGRRAAMMMM EEIINNEESS SSTTOOFFFFEESS MMIITT AANNOOMMAALLIIEE –– DDrr.. BBeerrnndd SSttaannggee--GGrrüünneebbeerrgg

AABB 55

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Page 16: Skript Fluidmechanik 2014

Die AB4 und 5 geben nur das Phasenverhalten für relativ niedrige Drücke wieder, da diese Bedin-

gungen unseren Umweltbedingungen nahekommen. Im Labor lassen sich natürlich wesentlich hö-

here Drücke erzeugen und Stoffe dabei auf ihr Phasenverhalten untersuchen.

Beim Kohlenstoffdioxid beispielsweise nimmt die Steigung der

Schmelzdruckkurve ab etwa stark ab, so daß auch bei

hohen Temperaturen nur festes vorliegt.

Wasser stellt auch beim Hochdruckverhalten ein

Extrem dar (wieder einmal!). Mittlerweile sind 18

(!) verschiedene Hochdruckmodifikationen von Eis

bekannt.

Aber auch vermeintlich einfach aufgebaute Stoffe

wie atomares Helium können Überraschungen im

Phasenverhalten zeigen: die sogenannte Supraflui-

dität.

Abb.6: Zustandsdiagramm CO2

Abb.7: Zustandsdiagramm H2O

Abb.8: Zustandsdiagramm He

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SSEEIITTEE 1166

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Page 17: Skript Fluidmechanik 2014

Warum zeigt Wasser ein so ungewöhnliches Verhalten?

Wasser, in chemischem Aufbau „einfach“ H2O, ist in vielerlei

Hinsicht ein außergewöhnliches Molekül.

Die Siedetemperatur eines Stoffes hängt stark von seiner Mo-

lekülmasse ab. Stoffe, die eine mit Wasser vergleichbare oder

auch deutlich höhere Molekülmasse M (auch Molare Masse ge-

nannt) besitzen, schmelzen und sieden bei viel niedrigeren

Temperaturen (siehe nächste Seite). Was macht H2O so unge-

wöhnlich?

Aufgrund bestimmter atomarer Eigenschaften

sind Wasser-Moleküle Dipole, d.h. sie besitzen

ein „Ende“ mit positiver und ein Ende mit ne-

gativer „Überschußladung“. Dies bedeutet aber,

daß die Moleküle sich entsprechend dieser Teil-

ladung anordnen und aneinander „haften“.

Beim Phasenübergang flüssig → gasförmig müssen aber die

(besonderen) anziehenden Kräfte (siehe „Hydrogen bonds“ auf

der nächsten Seite) zwischen den Teilchen überwunden wer-

den. Sind diese groß, ist auch der Siedepunkt hoch.

Außerdem: Im festen Zustand ordnen sich die H2O-Moleküle

ebenfalls auf charakteristische Weise an. Dabei bilden sich un-

ter normalen Bedingungen größere Hohlräume zwischen den

Molekülen (siehe nächste Seite) als im flüssigen Zustand.

Aus diesem Grund besitzt Eis eine geringere Dichte als Wasser

und schwimmt auf diesem (sogenannte Dichteanomalie). Da-

bei ist die sechszählige Symmetrie (Eiskristalle!!!) gut zu er-

kennen.

Notabene: Wasser ist die einzige chemische Verbindung, die

auf der Erde in allen drei Aggregatzuständen natürlich vor-

kommt.

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SSEEIITTEE 1177

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Page 18: Skript Fluidmechanik 2014

Tab.2: Siedetemperaturen von Verbindungen der 2. Periode

Verbindung

Abb.9: Vergleich von Siedepunkten

Abb.10: Dipol und Wasserstoffbrücken Abb.11: Kristallstruktur von Eis

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SSEEIITTEE 1188

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Page 19: Skript Fluidmechanik 2014

Anhang I: Kontrollfragen und -aufgaben

1. Womit beschäftigt sich die Fluidmechanik?

2. Wie wird die Fluidmechanik häufig auch ausführlicher bezeichnet?

3. In welche Teilgebiete läßt sich die Fluidmechanik unterteilen?

4. Unterscheiden Sie zwischen Phänomenen der Fluidstatik und Fluiddynamik.

5. Nennen Sie drei Phänomene der Fluidstatik.

7. Nennen Sie drei Phänomene der Fluiddynamik.

6. Nennen Sie die drei Aggregatzustände und alle möglichen Phasenübergänge zwischen die-

sen.

8. Ordnen Sie die drei Aggregatzustände nach steigendem Energiegehalt und begründen Sie

kurz.

9. Definieren Sie die Begriffe exotherm und endotherm und nennen Sie je ein Beispiel.

10. Ist das Erstarren/Schmelzen/Kondensieren/Sieden einer Flüssigkeit ein exothermer oder

ein endothermer Vorgang? Begründen Sie kurz.

11. Beschreiben Sie in einfachen Worten die Funktionsweise eines sogenannten Latentwärme-

speichers („Wärmekissen“).

12. Skizzieren Sie den Temperaturverlauf beim Schmelzen/Sieden eines Stoffes und erläutern

Sie kurz.

13. Wofür benutzt DIN 5492 den Begriff Fluid?

14. Unterscheiden Sie anhand einfacher Kriterien die drei Aggregatzustände.

15. Unterscheiden Sie zwischen Modell und Realität anhand einfacher Kriterien.

16. Charakterisieren Sie ein ideales Gas/eine ideale Flüssigkeit/eine NEWTONsche Flüssigkeit/

einen HOOKEschen Festkörper durch einige Merkmale.

17. Definieren Sie den Begriff Fluid und erläutern Sie.

18. Wozu werden in der Physik Phasen- oder Zustandsdiagramme benutzt?

19. Skizzieren Sie das Phasendiagramm eines Stoffes ohne/mit Anomalie und benennen und er-

läutern Sie die verschiedenen Bereiche, Phasengrenzlinien und charakteristischen Punkte.

20. Erläutern Sie das Phänomen einer überkritischen Flüssigkeit.

21. Was versteht man unter dem Dampfdruck eines Stoffes?

22. Ergänzen Sie: „Eine Flüssigkeit beginnt zu sieden, wenn…“

23. Was versteht man unter einem Gleichgewicht in den Naturwissenschaften?

24. Wie verläuft die Schmelzdruckkurve bei hohen Drücken und was bedeutet das für den Ag-

gregatzustand bei diesen Bedingungen?

25. Erklären Sie in einfachen Worten das ungewöhnliche Phasenverhalten von Wasser.

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SSEEIITTEE 1199

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Page 20: Skript Fluidmechanik 2014

INHALTSVERZEICHNIS

TEIL 1: GRUNDLAGEN DER FLUIDMECHANIK

1. EINFÜHRUNG

2. PHYSIKALISCHE GRUNDLAGEN

3. MODELLVORSTELLUNGEN IN DER FLUIDMECHANIK

4. PHASENVERHALTEN VON STOFFEN

TEIL 2: FLUIDSTATIK

5. AEROSTATIK

5.1. EINFÜHRUNG

Was ist ein ideales Gas?

5.2. PHYSIKALISCHE BESCHREIBUNG VON GASEN

6. Was ist ein Mol?

AB6.1: pVT-Verhalten von Gasen – isotherme Zustandsänderungen

AB6.2: pVT-Verhalten von Gasen – isobare Zustandsänderungen

AB6.3: pVT-Verhalten von Gasen – isochore Zustandsänderungen

AB7: Angewandte Zustandsänderungen – Kreisprozesse

5.3. pVT-VERHALTEN VON GASEN – ZUSAMMENFASSUNG UND WEITERGEHENDE ÜBERLEGUNGEN

AB8: Aufgaben zum Gesetz für ideale Gase

5.4. WÄRMEKRAFTMASCHINEN – EINE ANWENDUNG DER GASGESETZE

Was ist (physikalische) Arbeit?

5.5. REALE GASE

AB9: Aufgaben zur VAN-DER-WAALS-Gleichung

Anhang II: Kontrollfragen und -aufgaben

6. HYDROSTATIK

6.1. EINFÜHRUNG

6.2. GRUNDLAGEN DER HYDRAULIK

6.2.1. Übersicht

6.2.2. Gesetzmäßigkeiten der Hydraulik

AB10: Aufgaben zur Hydraulik

6.2.3. Exkurs: Hydraulikflüssigkeiten

FFLLUUIIDDSSTTAATTIIKK –– DDrr.. BBeerrnndd SSttaannggee--GGrrüünneebbeerrgg

SSEEIITTEE 2200

ZZEENNTTRRAALLGGEEWWEERRBBEESSCCHHUULLEE

BBUUCCHHEENN ((OODDEENNWWAALLDD))

Page 21: Skript Fluidmechanik 2014

6.3. HYDROSTATISCHER DRUCK

AB11: Aufgaben zum hydrostatischen Druck

AB12: Heronsbrunnen

6.3.1. Boden-, Seiten- und Aufdruckkraft

AB13: Aufgaben zur Boden-, Seiten- und Aufdruckkraft

6.4. KORRESPONDIERENDE GEFÄSSE

6.4.1. Anwendungen

6.4.2. Exkurs: Wassertürme im Neckar-Odenwald-Kreis

AB14: Korrespondierende Gefäße

6.5. SCHWIMMEN, SINKEN, SCHWEBEN

6.5.1. Auftrieb und Auftriebskraft

6.5.2. Bestimmung von Volumen und Dichte mit Hilfe des Auftriebs

AB15: Auftrieb und Auftriebskraft

6.5.3. Schwimmen, Sinken, Schweben

AB16: Schwimmen, Sinken, Schweben

6.6. OBERFLÄCHENPHÄNOMENE

6.6.1. Kohäsion und Adhäsion

6.6.2. Oberflächenspannung

6.6.3. Kapillarität

6.7. VISKOSITÄT

6.8. NICHT-NEWTONSCHE FLÜSSIGKEITEN

Anhang III: Kontrollfragen und –aufgaben

TEIL 3: FLUIDDYNAMIK

7. AERODYNAMIK

8. HYDRODYNAMIK

FFLLUUIIDDSSTTAATTIIKK –– DDrr.. BBeerrnndd SSttaannggee--GGrrüünneebbeerrgg

SSEEIITTEE 2211

ZZEENNTTRRAALLGGEEWWEERRBBEESSCCHHUULLEE

BBUUCCHHEENN ((OODDEENNWWAALLDD))

Page 22: Skript Fluidmechanik 2014

TEIL 2: FLUIDSTATIK

5. AEROSTATIK

5.1. EINFÜHRUNG

Auch wenn das Präfix „aer“ aus dem Griechischen übersetzt „Luft“ bedeutet, umfaßt die

Aerostatik3 im weiteren Sinne nicht nur die Beschäftigung mit diesem Medium, sondern mit

ruhenden Gasen im allgemeinen.

Der Begriff „Gas“ wurde im 17. Jahrhundert durch den belgi-

schen Arzt und Naturforscher JEAN BAPTISTA VAN HELMONT

(1580 – 1644) in die Wissenschaft eingeführt und von ihm eben-

falls dem Griechischen entlehnt. Pate stand das Wort „Chaos“,

das einen Zustand vollständiger Unordnung oder Verwirrung be-

zeichnet. Wenn wir an unsere heutigen Kenntnisse über Gase

denken, müssen wir feststellen, daß VAN HELMONT diesen Aggre-

gatzustand (unbewußt) äußerst treffend beschrieben hat. Wa-

rum?

Unsere modernen Vorstellungen über den Aufbau der Materie ba-

sieren u.a. auf der Atomhypothese von DEMOKRIT und JOHN

DALTON4 (1766 – 1844). Der englische Naturforscher vertrat in sei-

nem Werk „A New System of Chemical Philosophy“ (1808) die

Ansicht, daß die Materie aus kleinsten unzerstörbaren Teilchen,

den Atomen, bestehe:

„” …

… ”

Beide Vorstellungen lassen sich im einfachen Teilchenmodell der Materie zusammenfassen

(siehe auch unsere Überlegungen zu den Aggregatzuständen im ersten Teil des Skriptes),

und so entsteht ein einfaches, für unsere (ersten) Überlegungen ausreichendes und stimmi-

ges Modell, das Modell des idealen Gases.

3 Zur Aussprache: Nicht „Ärostatik“ mit Diphthong (sehr beliebter Fehler), sondern „A-erostatik“ mit Hiat. 4 DALTON gehörte zu denjenigen Naturwissenschaftlern, die bewußt oder unbewußt die Atomismus-Lehre der griechischen

Naturphilosophen um DEMOKRIT (etwa 5. Jhd. v. Chr.) „wiederbelebten“.

Abb.12: JEAN BAPTISTA

VAN HELMONT

Abb.13: JOHN DALTON

FFLLUUIIDDSSTTAATTIIKK –– DDrr.. BBeerrnndd SSttaannggee--GGrrüünneebbeerrgg

SSEEIITTEE 2222

ZZEENNTTRRAALLGGEEWWEERRBBEESSCCHHUULLEE

BBUUCCHHEENN ((OODDEENNWWAALLDD))

Page 23: Skript Fluidmechanik 2014

* Unter elastischen Stößen versteht man in der Mechanik solche Stöße, bei denen die Bewegungsener-

gie der Stoßpartner nur ausgetauscht wird. Die Körper werden weder erwärmt noch deformiert.

Was ist ein ideales Gas?

Unter einem „idealen“ Gas versteht man in der Chemie bzw.

der physikalischen Chemie ein Gas, das folgende (hypotheti-

sche) Eigenschaften besitzt:

Es besteht aus einzelnen Teilchen, den Atomen oder Mo-

lekülen.

Die Teilchen verhalten sich wie starre Kugeln.

Der Durchmesser der Teilchen ist vernachlässigbar ge-

genüber ihrem mittleren Abstand voneinander. Mit ande-

ren Worten, das Gas ist stark verdünnt (geringer

Druck).

Die Teilchen befinden sich in einer ständigen ungeordne-

ten Bewegung (sogenannte BROWNsche Molekularbewe-

gung).

Die Teilchen üben keinerlei Kräfte aufeinander aus. Ihre

Stöße untereinander gleichen denen von Billardkugeln

(nur elastische Stöße*).

Bei Raumtemperatur erfüllen nur wenige Gase diese Bedin-

gungen nahezu vollständig, unter ihnen die einatomigen

Edelgase (He, Ne, Ar, Kr, Xe, Rn).

PLATZ FÜR NOTIZEN

FFLLUUIIDDSSTTAATTIIKK –– DDrr.. BBeerrnndd SSttaannggee--GGrrüünneebbeerrgg

SSEEIITTEE 2233

ZZEENNTTRRAALLGGEEWWEERRBBEESSCCHHUULLEE

BBUUCCHHEENN ((OODDEENNWWAALLDD))

Page 24: Skript Fluidmechanik 2014

5.2. PHYSIKALISCHE BESCHREIBUNG VON GASEN

Der physikalische Zustand eines Gases läßt sich makroskopisch durch vier Parameter voll-

ständig beschreiben: Druck , Volumen , Temperatur und Teilchenanzahl bzw. Stoff-

menge .

Die Größen sind nicht völlig unabhängig voneinander: Experimentell kann gezeigt werden,

daß es genügt, Werte für drei dieser Variablen anzugeben; damit ist der Wert der vierten

festgelegt. Dies bedeutet, daß man ein Gas durch eine sogenannte Zustandsgleichung be-

schreiben kann, die einen Zusammenhang zwischen den vier Größen herstellt.

Eine Möglichkeit ist die Beschreibung des Volumens als Funktion von Druck, Temperatur

und Stoffmenge5: .

Was sagt diese Formulierung? Sie bedeutet: Wenn wir die Werte für , und kennen,

können wir das Volumen des Gases berechnen6.

Im weiteren Teil dieses Kapitels wollen wir einen Blick auf diese physikalischen Parameter

werfen, mit dem Ziel, nach Anwendung eines kleinen mathematischen Kniffes, eigene Be-

rechnungen von Zustandsänderungen anstellen zu können.

5 Teile der nachfolgenden Abschnitte sind adaptierte Versionen aus Kapitel 1 („Die Eigenschaften der Gase“) des Buches „Physikalische Chemie“ von P.W. ATKINS und J. DE PAULA (4. Aufl., Wiley-VCH, Weinheim 2006).

6 Andere Formulierungen sind denkbar und durchaus üblich, z.B. die Beschreibung des Druckes als Funktion von Volumen,

Temperatur und Stoffmenge: .

DRUCK

Def.:

SI-Einheit:

ältere Einheiten:

Druckmeßgeräte:

NOTIZBLOCK

Berechnen Sie den Druck, den eine

Frau (m = 60 kg) über die Fläche ei-

nes Stiletto-Absatzes (A = 75 mm2)

auf eine horizontale Oberfläche ausübt.

(Hinweis: Für die Gewichtskraft FG

gilt: FG = mg; g = 9,81 m/s2)

[p = 7,85 MPa bzw. 78,5 bar!]

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SSEEIITTEE 2244

ZZEENNTTRRAALLGGEEWWEERRBBEESSCCHHUULLEE

BBUUCCHHEENN ((OODDEENNWWAALLDD))

Page 25: Skript Fluidmechanik 2014

Weitere Beschäftigung mit der kinetischen Gastheorie, die die physikalischen Eigenschaf-

ten von Gasen anhand von Teilchenbewegungen und Stößen erklärt, zeigt, daß der Druck

proportional zur Teilchendichte

bzw. zum Quadrat der mittleren Teilchengeschwindigkeit

ist:

bzw.

Es wurde bereits erwähnt, daß das Modell des idealen Gases eine verhältnismäßig große

Verdünnung voraussetzt (der Weg zwischen zwei Stößen – die sogenannte mittlere freie

Weglänge - ist sehr viel größer als der Durchmesser der Teilchen: ). Die folgende

Abb.14 zeigt maßstabsgerecht die Anzahl von Atomen in einem Volumen von bei

( ), ( ) und ( ).

Das erste Bild erfüllt gut die Bedingungen des idealen Gases, im mittleren Bild müssen Ab-

striche hinsichtlich der Genauigkeit des Modells gemacht werden, während im dritten Bild

schließlich die Wechselwirkungen zwischen den Teilchen so groß sind, daß das Modell zur

Beschreibung der Verhältnisse nicht mehr angewandt werden kann.

Abb.14: Maßstabsgerechte Wiedergabe einer Argon-Probe bei , und ( )

GASDRUCK

Erklärung:

NOTIZBLOCK

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SSEEIITTEE 2255

ZZEENNTTRRAALLGGEEWWEERRBBEESSCCHHUULLEE

BBUUCCHHEENN ((OODDEENNWWAALLDD))

Page 26: Skript Fluidmechanik 2014

TEMPERATUR

Def.:

SI-Einheit:

NOTIZBLOCK

TEMPERATUR

Umrechnung:

Sonstiges:

Was ist ein Mol?

Vielen wird im Chemie-Unterricht die ominöse Stoffmenge, eben-

so wie ihre Einheit, das Mol, ein Buch mit sieben Siegeln gewesen

sein. Starten wir deshalb einen neuen Versuch, die Größe (und ih-

re Einheit) zu verstehen.

Ähnlich wie im Handel früherer Tage das Dutzend (12 Stück),

das Schock (60 Stück) oder das Gros (144 Stück) Zählmaße

waren, so ist auch das Mol gewissermaßen ein solches Zählmaß.

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SSEEIITTEE 2266

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BBUUCCHHEENN ((OODDEENNWWAALLDD))

Page 27: Skript Fluidmechanik 2014

Wir haben gesehen, daß wir zur Zustandsbeschreibung eines Gases vier Parameter ( , ,

und ) berücksichtigen müssen. Mathematisch gesehen benötigt man also ein vierdimen-

sionales Koordinatensystem, um die Zusammenhänge graphisch wiederzugeben. Daß dies

die meisten von uns vor größere Vorstellungsprobleme stellen würde, muß nicht näher her-

vorgehoben werden. Was ist also zu tun?

Wir werden sehen, daß es für die Beschreibung eines Gases unerheblich ist, wie groß die

Teilchenzahl ist, aus welcher es besteht, beschränkt man sich auf den Fall . Ein

weiterer Trick ist die Berücksichtigung von jeweils nur zwei Variablen, während die dritte

Größe unverändert (konstant) gehalten wird. Auf diese Weise kann man ein ursprünglich

vierdimensionales Problem auf drei graphisch und mathematisch leicht zu beschreibende

zweidimensionale Fragestellungen reduzieren:

Was ist ein Mol? (Fortsetzung)

Nach heutigen Kenntnissen enthält 1 mol eines Stoffes etwa

6,022 • 1023 (etwa 602 Trilliarden) Teilchen. Diese Zahl wird

AVOGADRO-Konstante genannt:

Eng verbunden mit dem Begriff der Stoffmenge ist die molare

Masse , die angibt, welche Masse 1 mol eines Stoffes besitzt.

Es gilt:

, d.h. die Stoffmenge einer gegebenen Stoffporti-

on läßt sich aus der Masse (durch Wiegen) und der molaren

Masse (durch Blick ins Periodensystem der Elemente) berech-

nen.

V = 𝑓(p, T, n)

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SSEEIITTEE 2277

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BBUUCCHHEENN ((OODDEENNWWAALLDD))

Page 28: Skript Fluidmechanik 2014

In der rechts abgebildeten modellhaften Apparatur kön-

nen isotherme -Messungen ( ) vorgenom-

men werden: Mittels eines Stempels reguliert man das

Gasvolumen , dann wird am Manometer der dazugehö-

rige Druck abgelesen.

Apparativ aufwendigere Messungen ergeben für Helium ( ) folgende Wertepaare:

99,10 49,55 33,03 24,78 16,52 9,91 4,96

250 500 750 1000 1500 2500 5000

Maßstab: :

:

IISSOOTTHHEERRMMEE ZZUUSSTTAANNDDSSÄÄNNDDEERRUUNNGGEENN VVOONN GGAASSEENN –– DDrr.. BBeerrnndd SSttaannggee--GGrrüünneebbeerrgg

AABB 66..11

ZZEENNTTRRAALLGGEEWWEERRBBEESSCCHHUULLEE

BBUUCCHHEENN ((OODDEENNWWAALLDD))

Page 29: Skript Fluidmechanik 2014

AUFGABEN

1. Zeichnen Sie das -Diagramm in das Koordinatensystem auf der vorherigen Seite. Wie

nennt man den Graphen einer solchen Funktion?

2. Formulieren Sie den Zusammenhang zwischen Druck und Volumen als

a) Merksatz („Je-desto-Satz“),

b) Proportionalität,

c) Konstantengleichung (einfache Umformung der Proportionalität) und

d) Zustandsgleichung für zwei Zustände 1 und 2 (Anfangs- und Endzustand).

3. Versuchen Sie Beispiele aus dem Alltag zu finden, die ein ähnliches Verhalten zeigen.

4. Lösen Sie mit der Zustandsgleichung die folgenden Aufgaben:

a) Wie verhält sich der Druck eines idealen Gases, wenn dessen Volumen auf die Hälfte, ein

Viertel oder ein Hundertstel des ursprünglichen Volumens reduziert wird?

b) Ein ideales Gas wird isotherm um komprimiert. Am Ende hat es einen Druck

von und ein Volumen . Wie groß war der Anfangsdruck ?

c) Ein großer Ballon hat an Bord eines Bootes ein Volumen . Wie groß ist dieses

Volumen, wenn der Ballon auf 50 m Wassertiefe abgesenkt wird? Die Temperatur soll sich

in diesem Tiefenbereich nicht ändern. (Hinweis: Der hydrostatische Druck – der Druck des

Wassers auf den Ballon – ist der Druck einer Wassersäule der Höhe . Er läßt sich gemäß

ermitteln. Dabei gilt:

.)

IISSOOTTHHEERRMMEE ZZUUSSTTAANNDDSSÄÄNNDDEERRUUNNGGEENN VVOONN GGAASSEENN –– DDrr.. BBeerrnndd SSttaannggee--GGrrüünneebbeerrgg

AABB 66..11

ZZEENNTTRRAALLGGEEWWEERRBBEESSCCHHUULLEE

BBUUCCHHEENN ((OODDEENNWWAALLDD))

Page 30: Skript Fluidmechanik 2014

BERECHNUNGEN

IISSOOTTHHEERRMMEE ZZUUSSTTAANNDDSSÄÄNNDDEERRUUNNGGEENN VVOONN GGAASSEENN –– DDrr.. BBeerrnndd SSttaannggee--GGrrüünneebbeerrgg

AABB 66..11

ZZEENNTTRRAALLGGEEWWEERRBBEESSCCHHUULLEE

BBUUCCHHEENN ((OODDEENNWWAALLDD))

Page 31: Skript Fluidmechanik 2014

In einem sogenannten Gasthermometer (siehe

Skizze rechts) können zu vorgegebenen Tempe-

raturen die resultierenden Volumina eines

Gases abgelesen werden – und umgekehrt.

Apparativ aufwendigere -Messungen ( ) ergeben für Helium ( ) folgende Wer-

tepaare:

10,23 14,38 22,70 24,78 31,01 35,17 39,33

- 150 - 100 0 25 100 150 200

Maßstab: :

:

IISSOOBBAARREE ZZUUSSTTAANNDDSSÄÄNNDDEERRUUNNGGEENN VVOONN GGAASSEENN –– DDrr.. BBeerrnndd SSttaannggee--GGrrüünneebbeerrgg

AABB 66..22

ZZEENNTTRRAALLGGEEWWEERRBBEESSCCHHUULLEE

BBUUCCHHEENN ((OODDEENNWWAALLDD))

Page 32: Skript Fluidmechanik 2014

AUFGABEN

1. Zeichnen Sie das -Diagramm in das Koordinatensystem auf der vorherigen Seite und er-

mitteln Sie durch Extrapolation (graphisch und rechnerisch – Stichwort Geradegleichung) den

Schnittpunkt mit der Temperatur-Achse. Welche Bedeutung hat dieser Schnittpunkt?

2. Formulieren Sie den Zusammenhang zwischen Temperatur und Volumen als

a) Merksatz („Je-desto-Satz“),

b) Proportionalität,

c) Konstantengleichung (einfache Umformung der Proportionalität) und

d) Zustandsgleichung für zwei Zustände 1 und 2 (Anfangs- und Endzustand).

3. Versuchen Sie Beispiele aus dem Alltag zu finden, die ein ähnliches Verhalten zeigen.

4. Lösen Sie mit der Zustandsgleichung die folgenden Aufgaben:

a) Auf welche Temperatur muß ein Volumen eines idealen Gases von Raum-

temperatur ( ) abgekühlt werden, um sein Volumen auf ein Zehntel (ein Hundert-

stel) des ursprünglichen Volumens zu verringern?

b) Ein ideales Gas von wird bei konstantem Druck erwärmt, bis sein Volumen um

25% zugenommen hat. Welche Temperatur hat es dann?

c) Wieviel Kubikmeter Luft entweichen aus dem geöffneten Fenster eines Zimmers mit einer

Größe von (L x B x H) an einem heißen Sommertag ( ) im Vergleich

zu einem durchschnittlichen Wintertag ( )?

IISSOOBBAARREE ZZUUSSTTAANNDDSSÄÄNNDDEERRUUNNGGEENN VVOONN GGAASSEENN –– DDrr.. BBeerrnndd SSttaannggee--GGrrüünneebbeerrgg

AABB 66..22

ZZEENNTTRRAALLGGEEWWEERRBBEESSCCHHUULLEE

BBUUCCHHEENN ((OODDEENNWWAALLDD))

Page 33: Skript Fluidmechanik 2014

BERECHNUNGEN

IISSOOBBAARREE ZZUUSSTTAANNDDSSÄÄNNDDEERRUUNNGGEENN VVOONN GGAASSEENN –– DDrr.. BBeerrnndd SSttaannggee--GGrrüünneebbeerrgg

AABB 66..22

ZZEENNTTRRAALLGGEEWWEERRBBEESSCCHHUULLEE

BBUUCCHHEENN ((OODDEENNWWAALLDD))

Page 34: Skript Fluidmechanik 2014

Aufwendige isochore -Messungen ( ) ergeben für He-

lium ( ) die in der Tabelle unten angegebenen Wertepaare.

Die rechts gezeigte Apparatur stellt ein Modell dar: Zu einer vorgege-

benen Temperatur kann der resultierende Druck des Gases ab-

gelesen werden.

409 575 908 991 1240 1407 1573

- 150 - 100 0 25 100 150 200

Maßstab: :

:

IISSOOCCHHOORREE ZZUUSSTTAANNDDSSÄÄNNDDEERRUUNNGGEENN VVOONN GGAASSEENN –– DDrr.. BBeerrnndd SSttaannggee--GGrrüünneebbeerrgg

AABB 66..33

ZZEENNTTRRAALLGGEEWWEERRBBEESSCCHHUULLEE

BBUUCCHHEENN ((OODDEENNWWAALLDD))

Page 35: Skript Fluidmechanik 2014

AUFGABEN

1. Zeichnen Sie das -Diagramm in das Koordinatensystem auf der vorherigen Seite und er-

mitteln Sie durch Extrapolation (graphisch und rechnerisch – Stichwort Geradegleichung) den

Schnittpunkt mit der Temperatur-Achse. Welche Bedeutung hat dieser Schnittpunkt?

2. Formulieren Sie den Zusammenhang zwischen Temperatur und Druck als

a) Merksatz („Je-desto-Satz“),

b) Proportionalität,

c) Konstantengleichung (einfache Umformung der Proportionalität) und

d) Zustandsgleichung für zwei Zustände 1 und 2 (Anfangs- und Endzustand).

3. Versuchen Sie Beispiele aus dem Alltag zu finden, die ein ähnliches Verhalten zeigen.

4. Lösen Sie mit der Zustandsgleichung die folgenden Aufgaben:

a) Bei einem industriellen Prozeß wird Stickstoff in einem Gefäß bei konstantem Volumen auf

erhitzt. Der Stickstoff tritt in das Gefäß mit und . Wel-

chen Druck erreicht er bei der Arbeitstemperatur? Stickstoff sei hier als ideales Gas an-

zusehen.

b) Warum wird geraten, den Reifendruck in Kraftfahrzeugen nach längeren Fahrten nicht zu

kontrollieren und möglicherweise zu senken? Das Volumen des Reifens sei konstant.

c) Eine Spraydose mit Volumen mit einem handelsüblichen Innendruck

wird im Sommer auf der Fondablage eines Kraftfahrzeugs direkter Sonnen-

strahlung ausgesetzt. Schließlich wird im Wagen eine Temperatur von erreicht.

Auf welchen Druck steigt der Druck in der Dose im Vergleich zu einer Raumtemperatur

von ? Geben Sie den Enddruck in einer üblicheren Einheit an.

IISSOOCCHHOORREE ZZUUSSTTAANNDDSSÄÄNNDDEERRUUNNGGEENN VVOONN GGAASSEENN –– DDrr.. BBeerrnndd SSttaannggee--GGrrüünneebbeerrgg

AABB 66..33

ZZEENNTTRRAALLGGEEWWEERRBBEESSCCHHUULLEE

BBUUCCHHEENN ((OODDEENNWWAALLDD))

Page 36: Skript Fluidmechanik 2014

BERECHNUNGEN

IISSOOCCHHOORREE ZZUUSSTTAANNDDSSÄÄNNDDEERRUUNNGGEENN VVOONN GGAASSEENN –– DDrr.. BBeerrnndd SSttaannggee--GGrrüünneebbeerrgg

AABB 66..33

ZZEENNTTRRAALLGGEEWWEERRBBEESSCCHHUULLEE

BBUUCCHHEENN ((OODDEENNWWAALLDD))

Page 37: Skript Fluidmechanik 2014

Abfolgen von Zustandsänderungen, bei denen wieder der Ausgangszu-

stand erreicht wird, nennt man in der Physik Kreisprozesse. Betrachtet

wird hier der sogenannte STIRLING-Kreisprozeß (nach ROBERT STIRLING

[1790 – 1878], Erfinder des STIRLING-Motors) zwischen zwei Isothermen

und ( Abb.2): Ein ideales Gas im Zustand 1 ( ,

, ) durchlaufe folgende Zustandsänderungen:

1. Das Gas wird isochor auf die doppelte Temperatur erwärmt. Wie

groß sind im Zustand 2 , und ?

2. In einem zweiten Schritt läßt man das Gas isotherm auf das

doppelte Volumen expandieren. Wie groß sind im Zustand 3 ,

und ?

3. Der dritte Schritt ist eine isochore Abkühlung auf die Ausgangs-

temperatur. Wie groß sind im Zustand 4 , und ?

4. Durch welche Art von Zustandsänderung kommt man zum Aus-

gangszustand 1 zurück?

5. Markieren Sie in Abb.2 die Zustände 1 bis 4 und die Richtung des

Kreisprozesses.

Abb.2: STIRLING-Prozeß im - -Diagramm

Abb.1: ROBERT STIRLING

KKRREEIISSPPRROOZZEESSSSEE –– DDrr.. BBeerrnndd SSttaannggee--GGrrüünneebbeerrgg

AABB 77

ZZEENNTTRRAALLGGEEWWEERRBBEESSCCHHUULLEE

BBUUCCHHEENN ((OODDEENNWWAALLDD))

Page 38: Skript Fluidmechanik 2014

Zustand

1

2

3

4

6. Zusatzaufgabe: Ein Kreisprozeß muß nicht zwangsläufig in einem - -Diagramm dargestellt

werden.

a) Übertragen Sie den obigen STIRLING-Kreisprozeß in ein - - bzw. - -Diagramm

zwischen zwei Isobaren bzw. Isochoren.

b) Erstellen Sie einen eigenen STIRLING-Kreisprozeß zwischen zwei Isobaren oder Iso-

choren. Geben Sie einem Mitschüler/einer Mitschülerin lediglich die Zustandsän-

derungen an (wie in den Aufgaben 1 bis 5) und lassen Sie ihn/sie die Aufgabe bear-

beiten.

BERECHNUNGEN

KKRREEIISSPPRROOZZEESSSSEE –– DDrr.. BBeerrnndd SSttaannggee--GGrrüünneebbeerrgg

AABB 77

ZZEENNTTRRAALLGGEEWWEERRBBEESSCCHHUULLEE

BBUUCCHHEENN ((OODDEENNWWAALLDD))

Page 39: Skript Fluidmechanik 2014

5.3. pVT-VERHALTEN VON GASEN – ZUSAMMENFASSUNG UND WEITERGEHENDE ÜBERLEGUNGEN

An dieser Stelle sollen die in den Gruppen erarbeiteten Kenntnisse zusammengefaßt und

vertieft werden. Es empfiehlt sich natürlich, die Arbeitsblätter der anderen Zustandsände-

rungen ebenfalls zu bearbeitet – am besten selbständig zur Überprüfung des eigenen Ver-

ständnisses.

ISOTHERME ZUSTANDSÄNDERUNGEN ( )

1662 führten Untersuchungen zur Bestimmung der Dichte mit Hil-

fe eines mit Quecksilber gefüllten U-Rohres den irischen Natur-

forscher ROBERT BOYLE (1626 – 1692) zu der Erkenntnis, daß sich

Druck und Volumen eines Gases umgekehrt proportional verhal-

ten. Diese Gesetzmäßigkeit wurde 1676 von dem französischen

Physiker EDME MARIOTTE (1620 – 1684) exakt formuliert; sie wird

daher heute als Gesetz von BOYLE und MARIOTTE (oder auch

BOYLE-MARIOTTEsches Gesetz) bezeichnet.

Anwendung findet dieses Gesetz in seiner Form als Konstanten-

gleichung und – weitaus wichtiger – als Zustandsgleichung für

zwei Zustände 1 und 2:

Gesetz von BOYLE und MARIOTTE ( )

Bei einer graphischen Auftragung (oder

auch ) für verschiedene Temperaturen

erhält man Hyperbeln:

Abb.15: ROBERT BOYLE

Abb.16: Gesetz von BOYLE und MARIOTTE

FFLLUUIIDDSSTTAATTIIKK –– DDrr.. BBeerrnndd SSttaannggee--GGrrüünneebbeerrgg

SSEEIITTEE 3399

ZZEENNTTRRAALLGGEEWWEERRBBEESSCCHHUULLEE

BBUUCCHHEENN ((OODDEENNWWAALLDD))

Page 40: Skript Fluidmechanik 2014

Eine weitere wichtige Größe zur Beschreibung von Gasen ist die sogenannte thermische

Kompressibil ität . Sie gibt die relative Volumenänderung als Folge einer Druck-

änderung bei konstanter Temperatur und Stoffmenge wieder:

Das negative Vorzeichen sorgt für positive Werte von , denn bei Erhöhung des äußeren

Drucks wird das Volumen des Systems kleiner.

Wenn ein System mit einem Volumen um komprimiert wird, so ändert sich sein Volu-

men unter isothermen Bedingungen um . Für ein ideales Gas gilt:

.

ISOBARE ZUSTANDSÄNDERUNGEN ( )

Der französische Physiker JACQUES CHARLES (1746 – 1823) erkannte

schon 1787 die Proportionalität zwischen dem Volumen eines Ga-

ses und seiner Temperatur, sofern der Umgebungsdruck konstant

bleibt.

Allerdings trägt das Gesetz, das diesen linearen Zusammenhang

beschreibt, den Namen seines weitaus berühmteren Lands-

mannes, des Chemikers und Physikers JOSEPH LOUIS GAY-LUSSAC

(1778 – 1850), der seine Untersuchungen zur Messung von Ausdeh-

nungskoeffizienten 1802 veröffentlichte.

In Form einer Konstantengleichung bzw. der Zustandsglei-

chung für zwei Zustände 1 und 2 eines Gases lautet das Gesetz

von GAY-LUSSAC:

Gesetz von GAY-LUSSAC ( )

Graphisch läßt sich mit Hilfe dieses Gesetzes bei Anwendung einer relativen Temperatur-

skala (z.B. der CELSIUS-Skala) durch Extrapolation für → 7 eine tiefste Temperatur postu-

lieren und diese als Fixpunkt einer neuen Skala (KELVIN-Skala 1848) festlegen:

7 Zur Problematik eines „Null-Volumens“ siehe auch die Zusammenfassung im Unterricht.

Abb.17: JOSEPH LOUIS GAY-LUSSAC

Abb.18: Gesetz von GAY-LUSSAC

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SSEEIITTEE 4400

ZZEENNTTRRAALLGGEEWWEERRBBEESSCCHHUULLEE

BBUUCCHHEENN ((OODDEENNWWAALLDD))

Page 41: Skript Fluidmechanik 2014

Die Auftragung ergibt für verschiedene Drücke eine Schar von Ursprungsge-

raden:

Der isobare Volumenausdehnungskoeffizient ist definiert als relative Volu-

menänderung als Folge einer Temperaturänderung bei konstantem Druck und konstanter

Stoffmenge:

Mit läßt sich das Gesetz von Gay-Lussac auch formulieren als ) bzw.

. Für ein ideales Gas gilt:

.

ISOCHORE ZUSTANDSÄNDERUNGEN ( )

Es ist unklar, wann der französischer Physiker GUILLAUME AMONTONS (1663 – 1705) den direk-

ten Zusammenhang zwischen Druck und Temperatur eines Gases bei konstantem Volumen

entdeckte – möglicherweise 1699, da der Naturforscher in diesem Jahr die Existenz eines

absoluten Temperatur-Nullpunktes postulierte.

In Form einer Konstantengleichung bzw. der Zustandsgleichung für zwei Zustände 1 und 2

eines Gases lautet das Gesetz von AMONTONS:

Gesetz von AMONTONS

FFLLUUIIDDSSTTAATTIIKK –– DDrr.. BBeerrnndd SSttaannggee--GGrrüünneebbeerrgg

SSEEIITTEE 4411

ZZEENNTTRRAALLGGEEWWEERRBBEESSCCHHUULLEE

BBUUCCHHEENN ((OODDEENNWWAALLDD))

Page 42: Skript Fluidmechanik 2014

Da auch der bereits erwähnte Physiker CHARLES die Verknüpfung

von p und T erkannte, wird das Gesetz speziell in angelsächsi-

schen Literatur häufig CHARLES‘ law genannt.

Die Auftragung ergibt für verschiedene Volumina

ebenfalls eine Schar von Ursprungsgeraden:

Auch hier läßt sich eine weitere mechanische Kenngröße definieren, der isochore Span-

nungskoeffizient :

Er beschreibt die Druckänderung als Folge einer Temperaturänderung bei konstantem

Volumen und konstanter Stoffmenge. Für ein ideales Gas gilt:

.

In Anlehnung an die qualitative Beschreibung der Aggregatzustände sind zum Vergleich mit

dem idealen Gas die Größenordnungen für Flüssigkeiten und Festkörper angegeben (für

und ).

Tab.3: Größenordnungen von Koeffizienten zur Beschreibung der Aggregatzustände

Aggregatzustand

ideale Gase

Flüssigkeiten

Festkörper

Abb.19: Gesetz von CHARLES

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SSEEIITTEE 4422

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Page 43: Skript Fluidmechanik 2014

Aufgabe: Zeigen Sie, daß folgender Zusammenhang zwischen den drei Koeffizienten ,

und gilt:

.

GESETZ VON AVOGADRO

In seiner Abhandlung „Versuch einer Methode, die Massen der

Elementarmolekeln der Stoffe und die Verhältnisse, nach wel-

chen sie in Verbindungen eintreten, zu bestimmen“ stellte der

italienische Chemiker und Physiker AMADEO AVOGADRO

(1776 – 1856) die Hypothese auf, daß alle Gase pro Volumenein-

heit die gleiche Anzahl von Teilchen enthalten, wenn Druck und

Temperatur gleich sind. Aus diesem AVOGADRO-Prinzip oder Ge-

setz von AVOGADRO läßt sich u.a. folgern, daß Volumen und

Stoffmenge zueinander proportional sind, d.h. . Formt man

diesen Ausdruck äquivalent zu einem Quotienten um, so erhält

man das sogenannte Molvolumen (oder molare Volumen)

(

, mit der abgeleiteten SI-Einheit

), das angibt, welches

Volumen ein Mol eines Stoffes einnimmt.

Für ideale Gase ergibt sich je nach Bedingungen ein einheitlicher Wert (siehe AB 8, Aufga-

be 1), generell läßt sich aber auch unter Verwendung der Definitionsgleichungen von Dich-

te (

) und Stoffmenge (

) folgender Zusammenhang ableiten:

Das Molvolumen läßt sich also einfach als Quotient von molarer Masse (→ Periodensystem

der Elemente) und Dichte des betrachteten Stoffes ermitteln.

Abb.20: AMADEO AVOGADRO

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SSEEIITTEE 4433

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Page 44: Skript Fluidmechanik 2014

ZUSAMMENFASSUNG DER PROPORTIONALITÄTEN UND ABLEITUNG DES GESETZES FÜR IDEALE GASE

Die Proportionalitätskonstante, genannt allgemeine Gaskonstante (

) wurde

1822 von GAY-LUSSAC in die Chemie eingeführt; ihr Wert beträgt

.

Aufgabe: In vielen Tabellenbüchern wird nicht die allgemeine Gaskonstante angegeben,

sondern die von Gas zu Gas verschiedenen spezifischen Gaskonstanten mit der Einheit

. Berechnen Sie den Wert von für trockene Luft.

Das Gesetz für ideale Gase wird für Prozeß- und stöchiometrische Berechnungen in der

Regel als ausreichend genau betrachtet. Im Abschnitt 5.5. sollen Abweichungen von der Idea-

lität zumindest qualitativ näher überprüft und eine einfache Gleichung für reale Gase abge-

leitet werden (VAN-DER-WAALS-Gleichung).

ABLEITUNG DES GESETZES IDEALER GASE

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SSEEIITTEE 4444

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Page 45: Skript Fluidmechanik 2014

1. In den Naturwissenschaften wird zwischen Standardbedingungen (STP, standard temperature

and pressure: ) und Standardumgebungsbedingungen

(SATP, standard ambient temperature and pressure, ) unterschie-

den. Berechnen Sie für beide Fälle das molare Volumen (

) eines idealen Gases.

2. Eine Probe von Neon (

) hat bei ein Volumen von

. Berechnen Sie den Druck des Gases.

3. In einem Metallzylinder befindet sich ein unbekanntes Gas. Bei beträgt der Druck in

dem fassenden Zylinder . Die Masse des Gases kann zu

ermittelt werden. Wie groß ist die Molare Masse des Gases?

Zusatzaufgabe: Um welches Gas handelt es sich möglicherweise (Name und Formel)?

GGEESSEETTZZ FFÜÜRR IIDDEEAALLEE GGAASSEE –– DDrr.. BBeerrnndd SSttaannggee--GGrrüünneebbeerrgg

AABB 88

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Page 46: Skript Fluidmechanik 2014

BERECHNUNGEN

GGEESSEETTZZ FFÜÜRR IIDDEEAALLEE GGAASSEE –– DDrr.. BBeerrnndd SSttaannggee--GGrrüünneebbeerrgg

AABB 88

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Page 47: Skript Fluidmechanik 2014

ZUSTANDSFLÄCHE IDEALER GASE

Mathematisch haben wir die vier Zusammenhänge ( für , für

, für und ) im Gesetz für ideale Gase zusam-

mengefaßt. Wie aber kann man das Gesetz für ideale Gase mit seinen vier Variablen darstel-

len?

Zum einen gilt die früher getroffene Übereinkunft, eine konstante Stoffmenge zu

betrachten. Dann läßt sich die Verknüpfung von Druck , Volumen und Temperatur in ei-

nem dreidimensionalen Koordinatensystem veranschaulichen:

Abb.21: pVT-Diagramm (Zustandsfläche) eines idealen Gases

Schneidet man nun die Flächen mit Ebenen , so erhält man als Schnittkurven

gleichseitige Hyperbeln: (Gesetz von BOYLE und MARIOTTE). Schneidet man mit

Ebenen , so sind die Schnittkurven Geraden, die alle die -Achse schneiden:

(Gesetz von GAY-LUSSAC). Schneidet man dagegen mit Ebenen , so erhal-

ten wir ebenfalls Schnittgeraden, die alle die -Achse schneiden:

(Gesetz von

AMONTONS).

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SSEEIITTEE 4477

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Page 48: Skript Fluidmechanik 2014

Insgesamt kann also festgehalten werden, daß alle idealen Gase unter denselben Bedingungen

das gleiche thermische Zustandsverhalten zeigen. Diese eigentlich merkwürdig anmu-

tende Eigenschaft der Gase (Metalle beispielsweise zeigen dieses Phänomen nicht) wird ver-

ständlicher, wenn wir bedenken, daß ein gegebenes Volumen eines Gases exakt dieselbe An-

zahl von Teilchen enthält.

Offenbar hängt das Zustandsverhalten eines Gases viel weniger von der Stoffart (ob es sich al-

so um Wasserstoff, Helium oder Methan handelt) ab, als vielmehr von der Anzahl der Teil-

chen. Wenn nur die Anzahl, nicht aber die Art von Teilchen ein Verhalten oder eine Eigen-

schaft bestimmt, spricht man in der Physik und der physikalischen Chemie von einer kolliga-

tiven Eigenschaft (colligere, lat. sammeln).

5.4. WÄRMEKRAFTMASCHINEN – EINE ANWENDUNG DER GASGESETZE

Unter einer Wärmekraftmaschine versteht man eine Vor-

richtung8, die Wärme (eine eher schlecht nutzbare Ener-

gieform) in mechanische Energie (eine andere, besser

nutzbare Energieform) umwandelt, eine Art Energiewand-

ler9 sozusagen. Sie nutzt dabei das Bestreben der Wärme

aus, freiwillig von Gebieten mit höherer Temperatur zu sol-

chen mit niedrigerer zu fließen10. Wärmekraftmaschinen nut-

zen rechtslaufende Kreisprozesse in -Diagramm (sie-

he rechts und AB 7, Abb.2).

Das Gegenteil einer Wärmekraftmaschine ist eine Kraftwärmemaschine, die mit Hilfe von

mechanischer Energie Wärme von einem niedrigen Temperaturniveau auf ein höheres trans-

portiert. Solche Anlagen nennt man auch Wärmepumpen oder Kältemaschinen, sie nut-

zen linkslaufende Kreisprozesse.

Wärmekraftmaschinen kann man nach dem Ort der Wärmeerzeugung in zwei große Grup-

pen unterteilen, nämlich solche mit innerer Verbrennung von Treibstoff (sogenannte Ver-

brennungsmotoren wie Otto- oder Dieselmotoren) und solche bei denen die Wärme extern

(nicht zwangsläufig durch eine Verbrennung) erzeugt wird.

8 Der Begriff Maschine leitet sich aus dem lateinischen machina her, dieses wiederum kommt aus dem Griechischen:

mechané bedeutete „Werkzeug, künstliche Vorrichtung, Mittel“ ( S.3). 9 Der Ausdruck Energ iewandler mag ungewohnt erscheinen, aber eine vergleichbare Bezeichnung findet man z.B. für

Hebel, Flaschenzüge usw.: Kraftwandler. 10 Eine andere Formulierung könnte – zumindest in dem von uns betrachteten Zusammenhang lauten, Wärmekraftma-

schinen nutzen das Bestreben von Gasen, sich bei höheren Temperaturen auszudehnen.

Abb.22: Rechtslaufender Kreisprozeß

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SSEEIITTEE 4488

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Page 49: Skript Fluidmechanik 2014

Was ist (physikalische) Arbeit?

Im Gegensatz zum alltäglichen Leben (mit der häufigen Fra-

gestellung, wer wieviel arbeitet und ob überhaupt gearbeitet

wird) ist die Arbeit in der Physik klar geregelt: Unter physika-

lischer Arbeit versteht man eine Kraft, die in Richtung eines

Weges wirkt, oft ausgedrückt als Arbeit = Kraft mal Weg bzw.

kurz • . Zeigen Kraft und Weg nicht in dieselbe Richtung, so wird nur die Kraft entlang des

Weges berücksichtigt:

(Wer das Prinzip verstanden hat, kann auch erklären, warum das Heben eines Körpers

Arbeit, das Tragen desselben dagegen nicht ist.)

F

Fs

• •

Zu letzteren zählt auch der STIRLING-Motor, dessen Prinzip hier wegen seiner vergleichswei-

se leichten Verständlichkeit unter aerostatischen Gesichtspunkten11 näher behandelt werden

wird.

Doch zunächst einmal müssen wir uns die Frage stellen, wie ein Gas Arbeit verrichten kann.

Betrachten wir nun ein Gas (mit den Parametern , , und ) in einem abgeschlossenen

Kolben ( ), der mit einem beweglichen Stempel versehen ist:

11 Auf thermodynamische Betrachtungen, die eigentlich integraler Bestandteil dieses Themas – an der Schnittstelle zwi-

schen Mechanik und Wärmelehre – wären, soll aber verzichtet werden.

GAS ( , , , )

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SSEEIITTEE 4499

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Page 50: Skript Fluidmechanik 2014

Benutzen wir die Definitionsgleichung für die Arbeit und ersetzen die Kraft durch das

Produkt aus Druck und Fläche (durch Umstellen aus

), so erhalten wir:

Stempelfläche multipliziert mit dem Weg , den der Kolben bewegt wird, entspricht dem

Kolbenvolumen , um welchen das Gesamtvolumen des Kolbens vergrößert oder verringert

wird. Es ist leicht einzusehen, daß bei einer Expansion des Kolbenvolumens ( ) vom

Gas im Kolben Arbeit verrichtet wird ( ). Also gilt:

Daß Druck und Volumen miteinander multipliziert die Dimension einer Arbeit bzw. einer Ener-

gie haben, zeigt sich auch bei der Verwendung der SI-Einheiten:

Fazit: Bei der Kompression eines Gases wird also Arbeit am Gas verrichtet, bei der Expansion

dagegen wird vom Gas Arbeit verrichtet.

Für den Betrag der Arbeit gilt, daß dieser der Fläche in Abb.22 (das Viereck 1234) ent-

spricht12. Ohne weiterführende Überlegungen ( Wärmelehre bzw. Thermodynamik) können

wir für die vier Arbeitstakte folgende Gleichungen übernehmen:

Für die Nutzarbeit läßt sich dann ableiten:

12 Dieser „Arbeitsüberschuß“ ergibt sich aus der Überlegung, daß nur bei Kompression und Expansion Arbeit verrichtet

wird. Dabei wird bei der Expansion (1→2) mehr Arbeit vom Gas verrichtet, als bei der Kompression (3→4) am Gas.

Takt Vorgang Gleichung

(1→2) isotherme Expansion

(2→3) isochore Abkühlung Wärme wird vom Gas an

den Regenerator abgegeben

(3→4) isotherme Kompression

(4→1) isochore Erwärmung Wärme wird vom Regenerator an

das Gas abgegeben

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SSEEIITTEE 5500

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Page 51: Skript Fluidmechanik 2014

DER STIRLING-MOTOR

ROBERT STIRLING (1790 – 1878), ein schottischer Pastor und Ingenieur,

meldete 1816 ein Patent auf einen Heat Economiser - diese Heiß-

luftmaschine ist damit nach der Dampfmaschine13 die zweitälteste

Wärmekraftmaschine der Welt. Motiviert wurden seine Forschungen

durch die Gefährlichkeit der Hochdruckdampfmaschinen, deren Kes-

selexplosionen immer wieder Todesofer forderte.

Das grundsätzliche Prinzip eines STIRLING-Motors ist vergleichsweise

einfach: Ein abgeschlossenes Arbeitsgas (Luft oder Helium beispiels-

weise) wird von außen an zwei verschiedenen Bereichen abwech-

selnd erhitzt und gekühlt. Dabei dehnt es sich im erwärmten Zylin-

derraum aus und zieht sich im kalten Zylinder wieder zusammen,

wodurch nutzbare mechanische Arbeit entsteht.

Wie Abb.24 eines sogenannten -

STIRLING-Motors (siehe auch un-

ten) schematisch zeigt, besitzen

diese Maschinen einen perma-

nent erhitzten und einen per-

manent gekühlten Bereich, zwi-

schen denen das Arbeitsgas hin

und her bewegt wird.

Problematisch bei STIRLING-Motoren ist die Übertragung der gesamten Wärmeenergie mittels

Wärmeleitung über die teilweise sehr dicken Zylinderwände (hoher Innendruck!). Es ist

leicht nachzuvollziehen, daß diese Art des Wärmetransports Nachteile gegenüber Motoren mit

innerer Verbrennung (OTTO- oder DIESEL-Motoren) mit sich bringt.

In der üblichen technischen Realisation gibt das heiße Arbeitsgas daher einen Teil seiner

thermischen Energie auf dem Weg zum kalten Bereich an einen Speicher, den sogenannten

Regenerator, ab. Dieser nimmt die Wärme vorübergehend auf und gibt sie wieder an das

Gas ab, wenn es vom kalten Bereich zurück in den warmen Bereich geschoben wird. Das Gas

verbleibt während des Arbeitsprozesses also innerhalb des Motors und wird nicht ausge-

tauscht.

13 Der Schotte JAMES WATT (1736 – 1819), dem häufig fälschlicherweise die Erfindung der Dampfmaschine zu geschrieben

wird, verbesserte „lediglich“ den Wirkungsgrad eines von THOMAS NEWCOMEN (1663 - 1729) 1712 konstruierten Prototyps von etwa auf und meldete seine Arbeit 1769 zum Patent an.

Abb.23: ROBERT STIRLING

Abb.24: Schema eines -STIRLING-Motors

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SSEEIITTEE 5511

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Page 52: Skript Fluidmechanik 2014

Abb.25: Schema eines -STIRLING-Motors

Ein wichtiger Vorteil – auch für seine zukünftige Verwendung - des STIRLING-Motors besteht in

der freien Wahl der externen, kontinuierlich arbeitenden Wärmequelle. Die Wärmeerzeugung

läßt sich entweder schadstoffarm gestalten, ist aber nicht notwendigerweise auf Verbrennung

angewiesen, sondern kann problemlos durch eine emissionsfreie Wärmequelle (Sonnen-

strahlung, Geothermie usw.) ersetzt werden.

TECHNISCHE REALISATION

Je nach Konstruktionsweise unterscheidet man drei Typen von STIRLING-Motoren: –, – und –

Typ. Die ersten beiden Bauweisen sollen hier kurz beschrieben werden.

Beim –Typ (siehe Abb.2514) handelt es sich um eine

Konstruktion von zwei Kolben in zwei separaten, mitein-

ander verbundenen Zylindern – einen heißen Arbeits-

zylinder und einen kalten Kompressorzylinder, bei-

de jeweils in einen Wärmetauscher gebettet – die um

versetzt auf eine gemeinsame Kurbelwelle wirken.

Ein Regenerator, der als Wärmeüberträger abwech-

selnd vom heißen und kalten Medium durchströmt wird,

verbindet an der Zylinderkopfseite beide Kolben, die je

nach Kurbelwellenposition Arbeit verrichten, indem sie

das Gas verdrängen oder verdichten.

Die folgende Übersicht zeigt die vier Arbeitstakte eines -STIRLING-Motors:

14 Ein Klick auf Abb.24, Abb.25 und Abb.26 leitet bei aktivem Internet-Zugang zur Animation weiter. Weitere gute Links:

http://touch3d.net/model_show.php?DCR=stirling2&ID=42 bzw. http://touch3d.net/model_show.php?DCR=stirling1& ID=8 (01.08.2011, Erläuterungen auf Russisch).

Der überwiegende Teil des Gases befindet sich in aufgeheiztem Zustand

im heißen Zylinder, die resultierende Expansion hat den Kolben an den

Rand des Zylinders gedrückt. Die Ausdehnung des Mediums setzt sich im

kalten Zylinder fort, der dem heißen Zylinder eine Vierteldrehung nach-

läuft und dem heißen Gas weitere Energie entzieht.

Das Gas hat seine größtmögliche Ausdehnung erreicht. Der heiße Kolben

drückt das meiste Gas in den kalten Zylinder, wo es abkühlt und sein

Druck sinkt

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SSEEIITTEE 5522

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Page 53: Skript Fluidmechanik 2014

Abb.26: Schema eines -STIRLING-Motors

Übersicht: Arbeitstakte beim -STIRLING-Motor

Beim –Typ (siehe Abb.26 rechts und Abb.24 auf S.50) laufen

beide Kolben – der in der Heißzone befindliche Verdrängerkol-

ben und der Arbeitskolben in der Kaltzone – in einem einzi-

gen Zylinder und arbeiten mit Kurbeltrieben mit einer Phasen-

verschiebung von 90° auf einem Schwungrad. Der Verdränger-

kolben wird bewegt, um das Gas zu verschieben, die nutzbare

Arbeit wird allein vom Arbeitskolben aufgebracht.

Der Arbeitsablauf dieser Bauweise kann ebenfalls in vier Takte

unterteilt werden, die auf der nächsten Seite näher erläutert

werden.

Der hier nicht näher beschriebene –STIRLING-Motor besitzt einen großen Verdrängerzylinder

mit einer heißen und einer kalten Seite sowie einen kleinen Arbeitszylinder, der an der heißen

oder der kalten Seite angeschlossen sein kann.

Das Gas befindet sich nun hauptsächlich im kalten Zylinder und kühlt sich

weiter ab. Angetrieben von den Trägheitskräften oder anderen Kolben-

paaren auf derselben Welle komprimiert der kalte Kolben nun das restli-

che Gas.

Im sogenannten Arbeitstakt erreicht das Gas seine geringste Ausdeh-

nung. Es expandiert in den heißen Zylinder, wird von den heißen Wän-

den erhitzt und treibt den heißen Kolben.

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SSEEIITTEE 5533

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Page 54: Skript Fluidmechanik 2014

Übersicht: Arbeitstakte beim -STIRLING-Motor

Aufgrund ihrer Flexibilität bezüglich der externen Wärmezufuhr wird STIRLING-

Motoren von vielen Seiten eine Renaissance bzw. vielversprechende Zukunft

eingeräumt (siehe beispielsweise DER SPIEGEL 48/2006 bzw. QR-Code rechts).

Die Zufuhr von Wärme bewirkt die Expansion des Arbeitsmediums und da-mit ein Fortschieben des Arbeitskolbens, der nun Arbeit verrichtet. Der Verdrängerkolben bewegt wegen seiner Versetzung um 90° kaum.

Der Arbeitskolben hat das Gas weitgehend komprimiert, der Verdränger-kolben sorgt dafür, daß das Gas in der Heißzone mit der äußeren Wärme-quelle in Kontakt kommt. Der Prozeß kann von vorne beginnen.

Mit dem Schwungrad mitbewegt schiebt der Verdrängerkolben nun das Gas vom heißen in den kalten Bereich, das dort seine Energie ab-gibt, der Arbeitskolben befindet sich nahezu in Ruhe. Der Druck im Gasraum fällt ab.

Durch das Schwungrad schiebt sich der Arbeits-kolben zurück und komprimiert das Medium, das sich dabei aber nicht erwärmt, sondern wei-ter Energie in der Kühlzone abgibt. Jetzt bewegt sich der Verdrängerkolben kaum.

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SSEEIITTEE 5544

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Page 55: Skript Fluidmechanik 2014

5.5. REALE GASE

Als ideale Gase können – wie in der Tafel auf S.22 besprochen – eigentlich nur die einatomigen

leichten Edelgase (He, Ne und Ar) betrachtet werden. Bei allen anderen Gasen (auch bei den

schwereren Edelgasen Kr, Xe und Rn) werden Abweichungen von der Idealität beobach-

tet: sie sind reale Gase.

Grund für diese Abweichungen sind zwei (fehlerhafte) Annah-

men bei der Formulierung des idealen Gases, die sich beson-

ders bei hohen Drücken (und niedrigen Temperaturen)

auswirken. So besitzen einerseits natürlich alle Teilchen eines

Gases ein eigenes Volumen, andererseits treten zwischen

Atomen und Molekülen intermolekulare Wechselwirkungen

auf. So bestehen bei mittlerem Abstand (darunter versteht

man einige Teilchendurchmesser Entfernung) anziehende

Kräfte, die die Kompression begünstigen (wieso?), die Absto-

ßung zwischen den Teilchen (die die Expansion begünstigt) ist

dagegen eine Kraft mit nur sehr geringer Reichweite, so daß

sie hier vernachlässigt werden kann ( Abb.27 rechts).

Quantifizieren kann man die Abweichungen von der Idealität,

wenn man den sogenannten Kompressionsfaktor (

)

in Abhängigkeit vom Druck aufträgt. Im Idealfall gilt ,

da .

Die meisten Gase zeigen bei niedrigen bis mittleren Drücken

Abweichungen zu kleineren Werten ( ) und durchlaufen

ein Minimum, um bei hohen Drücken schließlich einen Kom-

pressionsfaktor aufzuweisen ( Abb.28 rechts).

Aufgabe: Versuchen Sie, diesen Befund zu interpretieren.

Abb.27: Potential in Abhängigkeit

vom Teilchenabstand

Abb.28: Variation des Kompressionsfaktors mit dem Druck

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SSEEIITTEE 5555

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Page 56: Skript Fluidmechanik 2014

DIE GLEICHUNG VON VAN DER WAALS

1873 leitete der niederländische Physiker JOHANNES VAN DER WAALS

(1837 – 1923, Nobelpreis für Physik 1910) in seiner Dissertation eine

Näherungsgleichung für das reale Verhalten von Gasen ab, die

die beiden oben genannten Bedingungen (Eigenvolumen der Gase

und abstoßende Kräfte) berücksichtigt.

VAN DER WAALS‘ Überlegungen zum Eigenvolumen der Teilchen führ-

ten ihn zu einem Term , wobei eine stoffspezifische Konstan-

te (auch Kovolumen genannt) darstellt. Die Gasmoleküle können

sich also nicht mehr in einem Volumen , sondern nur noch in ei-

nem verringerten Volumen – bewegen.

Der Druck eines Gases hängt sowohl von der Stoßhäufigkeit als auch von der Stoßkraft auf die

Wände ab. Beide Größen werden nachvollziehbar durch die intermolekulare Anziehung her-

abgesetzt, und zwar jeweils proportional zur Teilchendichte

. Zusammengenommen ist die

Druckerniedrigung proportional zum Quadrat dieses Quotienten, man schreibt sie als –

.

Diese zweite Stoffkonstante wird Kohäsionsdruck bzw. Binnendruck genannt.

Die Kombination beider Effekte führt zur VAN-DER-WAALS-Gleichung

bzw. mit Einführung des molaren Volumens (

):

Betrachtet man lediglich den Druck , so erhält man durch äquivalente Umformungen eine

dritte Version der Gleichung:

Hauptvorteil der VAN-DER-WAALS-Gleichung ist die Verwendung von nur zwei weiteren Parame-

tern, die zudem temperaturunabhängig sind. Es gibt weitere Zustandsgleichungen, die z.T.

die Realität genauer beschreiben, aber oft auf Kosten weiterer Parameter und/oder höherer

analytischer Komplexität.

Abb.29: JOHANNES VAN DER WAALS

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SSEEIITTEE 5566

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Page 57: Skript Fluidmechanik 2014

1. Leiten Sie die SI-Einheiten der VAN-DER-WAALS-Konstanten und her.

2. Welcher Druck wird von Ethan (C2H6) bei

a) in

b) in

ausgeübt, wenn das Gas VAN-DER-WAALSsches Verhalten zeigt.

Hinweis: Für Ethan lauten die Werte für die VAN-DER-WAALS-Parameter

bzw. .

3. In einem Behälter mit einem Volumen befinden sich gasförmiges Ethan

(C2H6) bei einer Temperatur von . Unter welchem Druck steht das Gas

a) nach der Zustandsgleichung des idealen Gases und

b) nach der VAN-DER-WAALS-Gleichung?

Berechnen Sie die prozentuale Abweichung der Ergebnisse voneinander. Welchen Wert besitzt

der Kompressionsfaktor ?

VVAANN--DDEERR--WWAAAALLSS--GGLLEEIICCHHUUNNGG –– DDrr.. BBeerrnndd SSttaannggee--GGrrüünneebbeerrgg

AABB 99

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Page 58: Skript Fluidmechanik 2014

BERECHNUNGEN

VVAANN--DDEERR--WWAAAALLSS--GGLLEEIICCHHUUNNGG –– DDrr.. BBeerrnndd SSttaannggee--GGrrüünneebbeerrgg

AABB 99

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Page 59: Skript Fluidmechanik 2014

Anhang II: Kontrollfragen und -aufgaben

1. Erläutern Sie das Modell des idealen Gases. Welche Vertreter erfüllen die Bedingungen na-

hezu vollständig?

2. Welche Parameter werden benötigt, um den physikalischen Zustand eines Gases makrosko-

pisch vollständig zu beschreiben?

3. Stellen Sie tabellarisch die wichtigsten Informationen zum Druck zusammen.

4. Wie kommt der Druck eines Gases zustande? Welche Abhängigkeiten bestehen hier?

5. Stellen Sie tabellarisch die wichtigsten Informationen zur Temperatur zusammen.

6. Erläutern Sie, wie man die Abhängigkeit des Gasvolumens von Druck, Temperatur und Stoff-

menge vereinfachen kann.

7. Was versteht man unter einer isothermen Zustandsänderung? Welche Gesetzmäßigkeit (Na-

me und Formelausdruck der Gleichung) gilt hier?

8. Wie sieht die graphische Auftragung aus?

9. Was versteht man in der Physik unter einem Kreisprozeß?

10. Wie stellt man den STIRLING-Kreisprozeß graphisch dar? Welche Bedeutung hat die Richtung

des Kreisprozesses?

11. Was versteht man unter der isothermen Kompressibilität ?

12. Was versteht man unter einer isobaren Zustandsänderung? Welche Gesetzmäßigkeit (Name

und Formelausdruck der Gleichung) gilt hier?

13. Wie sieht die graphische Auftragung V aus?

14. Was versteht man unter dem isobaren Volumenausdehnungskoeffizienten ?

15. Was versteht man unter einer isochoren Zustandsänderung? Welche Gesetzmäßigkeit (Name

und Formelausdruck der Gleichung) gilt hier?

16. Wie sieht die graphische Auftragung aus?

17. Was versteht man unter dem isochoren Spannungskoeffizienten ?

18. Geben Sie in einer Tabelle Größenordnungen für , und an.

19. Was besagt das Gesetz von AVOGADRO?

20. Leiten Sie mit Hilfe der Gasgesetze das Gesetz für ideale Gase ab.

21. Was versteht man unter der Zustandsfläche idealer Gase?

22. Was versteht man unter einer Wärmekraftmaschine?

23. Leiten Sie einen Ausdruck für die Volumenarbeit von Gasen ab.

24. Erläutern Sie das Prinzip eines STIRLING-Motors.

25. Erläutern Sie das Prinzip eines –STIRLING-Motors.

26. Erläutern Sie das Prinzip eines –STIRLING-Motors.

27. Wie können Sie die Abweichungen realer Gase von der Idealität erklären?

28. Was versteht man unter dem Kompressionsfaktor ? Wie ändert er sich mit dem Druck?

FFLLUUIIDDSSTTAATTIIKK –– DDrr.. BBeerrnndd SSttaannggee--GGrrüünneebbeerrgg

SSEEIITTEE 5599

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Page 60: Skript Fluidmechanik 2014

29. Geben Sie die wichtigsten Überlegungen VAN DER WAALS‘ zur Ableitung der nach ihm benann-

ten Zustandsgleichung für reale Gase an.

30. Was versteht man unter dem Kovolumen ? Was versteht man unter dem Kohäsionsdruck ?

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SSEEIITTEE 6600

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Page 61: Skript Fluidmechanik 2014

Abb.30: Radiale Verteilungsfunktionen der Sauer-

stoffatome in H2O bei verschiedenen Tem-

peraturen

6. HYDROSTATIK

6.1. EINFÜHRUNG

Ebenso wie sich die Aerostatik über ihre Bedeutung im engeren Sinne hinaus

mit ruhenden Gasen generell auseinandersetzt, beschäftigt sich die Hydro-

statik (nach griech. hýdor, Wasser) mit allen unbewegten, strömungsfreien

Flüssigkeiten.

Was zeichnet eine Flüssigkeit aus? Auch wenn nach Bearbeitung von Kapitel 5 die Meinun-

gen gespalten sein mögen: Die physikalische Beschreibung von Gasen ist aufgrund des im

Normalfall großen Abstandes zwischen den Teilchen und deren vollständig ungeordneter

Bewegung vergleichsweise einfach15. Gleiches gilt für die hier nicht näher behandelten

Festkörper wegen ihrer großen Ordnung im (Kristall-)Aufbau. Zwischen diesen beiden Ex-

tremen sind Flüssigkeiten anzusiedeln: Sie besitzen von beidem etwas, etwas Struktur und

etwas Unordnung.

Die Unordnung äußert sich in der nicht-periodischen Bewegung mit einer mittleren freien

Weglänge, die dem Teilchendurchmesser entspricht, aus welcher auch die strukturellen

Merkmale resultieren. Prägnant formuliert, lautet eine ausreichende Beschreibung der

Teilchen in einer Flüssigkeit: Fernordnung nein, Nahordnung ja.

Die Teilchen einer Flüssigkeit werden durch

zwischenmolekulare Kräfte zusammengehal-

ten, ihre kinetischen Energien liegen aber in

der gleichen Größenordnung wie ihre poten-

tiellen Energien. Daraus folgt eine insgesamt

sehr bewegliche Struktur, die sich mit den

herkömmlichen Methoden der Mechanik

nicht beschreiben lassen. Hier muß man u.a.

sogenannte radiale Verteilungsfunktionen der

statistischen Mechanik bemühen, die Angaben über den wahrscheinlichen Aufenthaltsort

eines Teilchens machen (siehe Abb.30). Da unsere mathematischen Kenntnisse dazu bei

weitem nicht ausreichen, müssen wir uns in der Hydrostatik mit eher makroskopischen

Phänomenen beschäftigen, die aber nicht weniger interessant sind.

15 Zur Erinnerung: Die Abweichungen von der Idealität treten besonders bei hohen Drücken auf. Hohe Drücke und hohe

Gasdichten implizieren aber stärkere (anziehende) Wechselwirkungen zwischen den Gasteilchen, Flüssigkeiten zeigen dieses Verhalten noch um ein Vielfaches stärker.

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SSEEIITTEE 6611

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Page 62: Skript Fluidmechanik 2014

6.2. GRUNDLAGEN DER HYDRAULIK

Schon bei der Definition (S.11) haben wir festgestellt, daß Kräfte nur senkrecht zur Oberflä-

che eines Fluids ausgeübt werden können, z.B. mit Hilfe eines Kolbens. Die an dem Kolben an-

liegenden Fluidteilchen stehen dann unter dem Druck .

Da die Fluidteilchen im Gegensatz zu Teilchen in Festkörpern frei

verschiebbar sind, treten keine Scherkräfte auf und man erhält eine

isotrope Druckverteilung. Diese Gesetzmäßigkeit wurde von dem

französischen Mathematiker und Physiker BLAISE PASCAL im 17. Jahr-

hundert erstmalig erkannt:

Diese Eigenschaft von Flüssigkeiten ist - zusammen mit der Inkompressibilität - die wichtigste

Voraussetzung für die technisch vielseitig anwendbare hydraulische Kraftübertragung16.

Als Begründer der technischen Hydraulik gilt der englische Ingenieur

JOSEPH BRAMAH, der 1795 die erste hydraulische Presse entwickelte.

Während die von BRAMAH entwickelte Presse als Pack-

presse für Heu, Flachs und Baumwolle eingesetzt wur-

de, ist das Anwendungsgebiet von hydraulischen Pres-

sen und anderen hydraulischen Antrieben nahezu un-

überschaubar (z.B. Bagger, siehe Abb.33).

16 Hydraulik bedeutet in der Technik die Verwendung von Flüssigkeiten als zur Signal-, Kraft- und Energieübertragung

(zusammengesetzt aus griech. hýdor, Wasser, und aulós, Rohr).

Abb.31: PASCAL (1623 – 1662)

Prinzip von PASCAL

Abb.31: Hydraulische Presse von 1795

Abb.33: Bagger mit hydraulischem Antrieb

Abb.32: BRAMAH (1748 – 1814)

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SSEEIITTEE 6622

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Page 63: Skript Fluidmechanik 2014

6.2.1. ÜBERSICHT

Technisch gesehen stellen hydraulische Systeme Getriebe17 dar. Anders als z.B. bei Zahn-

rädern sind An- und Abtriebsseite aber nicht mechanisch miteinander verbunden. Die An-

triebsseite (Pumpe) setzt eine Flüssigkeit im Inneren in Bewegung, die die Abtriebsseite

(Kolben oder Hydraulikmotor) antreibt. Allgemein unterscheidet man nach hydrosta-

tischen und hydrodynamischen Getrieben18.

Die Übertragung von Kraft, Energie oder Leistung erfolgt durch sogenannte Hydraulikflüs-

sigkeiten, in der Regel spezielle Mineralöle, in bestimmten Bereichen aber auch ökologisch

unbedenklichere Verbindungen wie Wasser oder Glykole (siehe auch 6.2.3.).

Hydraulische Systeme besitzen eine Vielzahl von Vorteilen gegenüber anderen Möglichkei-

ten, die den vielseitigen Einsatz erklären, u.a.:

aufgelöste Bauweise, d.h. die flexible Verbindung zwischen An- und Abtrieb,

ermöglicht eine optimale konstruktive Anpassung an Raumvorgaben,

einfache Erzeugung sehr großer Kräfte,

hohe Lebensdauer,

schnelle, gleichförmige und stufenlos verstellbare Zylinder- und Motorge-

schwindigkeiten usw.

Einer der wichtigsten Nachteile besteht in der Umweltgefahr bei Leckagen, diesem kann

durch Anwendung von umweltfreundlichen Medien begegnet werden.

Anwendungen finden hydraulische Antriebe

häufig bei mobilen Arbeitsmaschinen (Bagger

- siehe oben - usw.), Hebebühnen, Hydrau-

likstempel (siehe Abb.34 rechts) usw., aber

auch die klassischen Bremsen an Zweirädern

funktionieren hydraulisch.

17 Nach den Richtlinien des VDI dienen Getriebe zur Übertragung und Umformung (Übersetzung) von Bewegungen, Ener-

gie und/oder Kräften. 18 Hydrostatische Getriebe arbeiten mit sehr hohen Öldrücken und niedrigem Ölvolumen, im Gegensatz zu hydrodynami-

schen Getrieben, die niedrige Drücke und hohe Volumina erfordern.

Abb.34: Hydraulikstempel

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SSEEIITTEE 6633

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Page 64: Skript Fluidmechanik 2014

6.2.2. GESETZMÄSSIGKEITEN DER HYDRAULIK

Betrachten wir einmal Abb.35 rechts: Unter

welchen Bedingungen herrscht Gleichge-

wicht? Nach dem PASCALschen Prinzip ist der

Druck in der Flüssigkeit überall gleich, d.h.

es gilt:

Dies bedeutet aber, daß der Druck links

genauso groß, wie der Druck auf der rech-

ten Seite sein muß:

Mit gilt:

Dieses Ergebnis kann man verallgemeinernd als hydraulischen Kraftgewinn interpretieren,

dessen Größe allein vom Verhältnis der Querschnitte abhängt:

Setzt man kreisrunde Kolben voraus, verhalten sich die Kräfte wie die Quadrate der zuge-

hörigen Durchmesser:

Die letzte Gleichung wird auch als hydraulisches Übersetzungsverhältnis bezeichnet.

Abb.35: Schema einer hydraulischen Presse I

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SSEEIITTEE 6644

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Page 65: Skript Fluidmechanik 2014

Nach diesen einleitenden Überlegungen wol-

len wir die quantitativen Betrachtungen nun

fortsetzen.

Im Zylinder mit dem kleineren Querschnitt

bewegt sich der Druck- oder Kraftkolben

mit der Kraft und erzeugt in der Flüssig-

keit einen Druck

. Dieser Druck pflanzt

sich in den Zylinder mit dem größeren Quer-

schnitt fort und erzeugt an dem in ihm

beweglichen Arbeits- oder Lastkolben die

Kraft

Das vom Druckkolben erfaßte Volumen ist , das entsprechende Volumen des Ar-

beitskolben . Aufgrund der Inkompressibilität der Hydraulikflüssigkeit müssen

beide Volumina gleich sein:

⇔ 19

Durch Multiplikation mit auf beiden Seiten erhält man:

Oder ausdrücklich formuliert:

Somit wird an dieser Stelle eine weitere Bestätigung für den Energieerhaltungssatz er-

bracht20.

19 Aus dieser Gleichung läßt sich außerdem das Weg- und Flächenverhältnis ableiten:

.

20 Um Mißverständnisse zu vermeiden: Bei allen hier angestellten Betrachtungen gilt Reibungsfreiheit!

Abb.36: Schema einer hydraulischen Presse II

FFLLUUIIDDSSTTAATTIIKK –– DDrr.. BBeerrnndd SSttaannggee--GGrrüünneebbeerrgg

SSEEIITTEE 6655

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BBUUCCHHEENN ((OODDEENNWWAALLDD))

Page 66: Skript Fluidmechanik 2014

1. Ein hydraulische Hebebühne (Abb.121) wird von Hand über einen

Kraftkolben mit betätigt. Ein Kraftfahrzeug der Masse

soll um angehoben werden. Die Fläche des

Lastkolbens ist . Berechnen Sie

a) die notwendige Kraft am Kraftkolben ,

b) die verrichtete Arbeit ,

c) den Weg am Kraftkolben und

d) den Druck der Flüssigkeit.

2. Folgende Werte einer hydraulischen Bremsanlage

(Abb.2) sind gegeben: Durchmesser Hauptbremszylin-

der , Kolbenstangenkraft

und Durchmesser Radzylinder . Berech-

nen Sie

a) den Druck in der Leitung und

b) die Spannkraft eines Radzylinderkolbens.

3. Warum dürfen sich in der Bremsleitung der hydraulischen Bremsanlage eines Kraftfahrzeugs keine

Luftblasen befinden?

4. Ein Doppelkolbenzylinder (Abb.3) wird an eine Druck-

ölleitung mit einem Druck von ange-

schlossen. Wie groß sind die Kräfte und ?

5. Auf den Betätigungshebel einer hydraulischen Presse

(Abb.4) wirkt eine Handkraft von . Die Fläche des

Druckkolbens beträgt , die des Arbeitskolbens

.

a) Welche Kraft wird am Arbeitskolben er-

zeugt?

b) Wieviel Hübe des Druckkolbens von je

sind erforderlich, wenn der Arbeitskolben ei-

nen Hub von zurücklegt?

21

Das Saugventil sorgt dafür, daß beim Senken des Kraftkolbens die Hydraulikflüssigkeit nicht in den Vorratsbehälter B zu-

rückfließen kann, das Druckventil, daß beim Heben des Kraftkolbens keine Flüssigkeit aus dem Zylinder mit dem Last-kolben in den Zylinder mit dem Kraftkolben zurückströmt.

Abb.2: Hydraulische Bremsanlage

Abb.3: Doppelkolbenzylinder

Abb.4: Hydraulische Presse

Abb.1: Hydraulische Hebebühne

HHYYDDRRAAUULLIIKK –– DDrr.. BBeerrnndd SSttaannggee--GGrrüünneebbeerrgg

AABB 1100

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Page 67: Skript Fluidmechanik 2014

BERECHNUNGEN

HHYYDDRRAAUULLIIKK –– DDrr.. BBeerrnndd SSttaannggee--GGrrüünneebbeerrgg

AABB 1100

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Page 68: Skript Fluidmechanik 2014

6.2.3. Exkurs: Hydraulikflüssigkeiten

Unter Hydraulikflüssigkeiten versteht man Medien, die zur Kraft-

bzw. Energieübertragung in Hydrauliksystemen verwendet werden.

In der Regel erfüllen Öle die Anforderungen an diese Stoffe – gute

Schmiereigenschaften, hohe Alterungsbeständigkeit und hohes Benet-

zungs- und Haftvermögen - am besten.

Die Einteilung der Hydrauliköle erfolgt nach ISO 6743 bzw. DIN

5152422:

Wasser ist der Vorläufer der Ölhydraulik, weist aber viele Nachteile

auf. Die niedrigviskosen und korrosionsfördernden Eigenschaften so-

wie die fehlende Betriebsmöglichkeit bei Temperaturen unter 0 °C

führen dazu, daß dieses Medium nur in bestimmten Anwendungsbereichen

eine echte Alternative darstellt. Allerdings ist es nicht brennbar,

nicht umweltbelastend (Betriebskosten↓!) und weist eine sehr geringe

Kompressibilität auf, was regelungstechnisch von Vorteil ist.

22 Bemerkungen:

Detergierende Zusätze in Mineralölen bewirken eine Emulsion von ins Öl eingedrungene Wasser. Einsatz von schwer entflammbaren Flüssigkeiten u.a. im Steinkohlebergbau und Anlagen, bei denen die Hydraulik-

flüssigkeit bei Leckagen mit glühenden oder heißen Metallen/offenen Feuern in Berührung kommen kann. Einsatz von umweltfreundlichen Hydraulikflüssigkeiten (biologisch abbaubar) in biologisch kritischer Umgebung

(z.B. Baumaschinen in Wasserschutzgebieten).

• H: ohne Additive

• HL: mit Additiven zur Erhöhung des Korrosionsschutzes und der Alterungsbeständigkeit

• HM: HL plus Additiven zur Verminderung von Verschleiß

• HV: HM plus Additiven zur Verbesserung des Viskositäts-Temperatur-Verhaltens

• HLPD: HL plus detergierende Additive

Mineralöle

• HFA: Öl-in-Wasser-Emulsionen (Wasser-Gehalt > 80%) aus Mineralölen oder Polyglykolen

• HFB: Wasser-in-Öl-Emulsionen (Wasser-Gehalt > 40%) aus Mineralölen

• HFC: Mischung aus Wasser (> 35%) und Polyglykolen

• HFD: wasserfreie synthetische Flüssigkeiten (HFD-R: Phosphorsäureester, HFD-S: CKW)

schwer entflammbare Flüssigkeiten

• HETG: Triglyceride (pflanzliche Öle) als Basis

• HEPG: Polyglykole als Basis

• HEES: synthetische Ester als Basis

• HEPR: andere Basisflüssigkeiten

umweltfreundliche Hydraulikflüssigkeiten

FFLLUUIIDDSSTTAATTIIKK –– DDrr.. BBeerrnndd SSttaannggee--GGrrüünneebbeerrgg,, SSeepptteemmbbeerr 22001122

SSEEIITTEE 6688

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Page 69: Skript Fluidmechanik 2014

6.3. HYDROSTATISCHER DRUCK

Jeder kennt das Phänomen z.B. aus dem Ur-

laub: Je tiefer man taucht, desto stärker macht

sich der Wasserdruck auf den Ohren, genauer

gesagt auf den Trommelfellen, bemerkbar.

Ebenso ist den meisten von uns der typische

Bau einer Staumauer (siehe Abb.37 rechts) ver-

traut: Nahezu keilförmig, mit einer relativ

schmalen Krone, zur Basis hin immer breiter

werdend23.

Aus dieser Bauweise könnte man ableiten, daß

der Wasserdruck linear mit der Wassertiefe

bzw. Höhe der Wassersäule zunimmt ( ,

zur Erläuterung siehe Abb.38). Ist dies auch so?

Nehmen wir einmal einen quaderförmigen Probekörper und tauchen

ihn in eine Flüssigkeit (siehe Abb.39 rechts). Denkt man sich von der

zu untersuchenden Fläche in der Flüssigkeit eine Säule bis zu ihrer

Oberfläche ausgeschnitten, so drückt die Gewichtskraft der darin

enthaltenen Flüssigkeitsmenge auf diese Fläche. Beträgt die Höhe

zwischen Fläche und Oberfläche , so ist die Masse dieser Flüssig-

keitsmenge

und ihre Gewichtskraft

Mit Hilfe dieser Kraft berechnet sich der Druck an dieser Stelle zu

23 Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, daß neben dieser sogenannten Gewichtsstaumauer, die dem Druck des Wassers

allein durch ihre Masse standhält, heute häufiger Bogenstaumauern gebaut werden, die einen gegen die Wasserseite vertikal und horizontal gespannten Bogen besitzen, der den Wasserdruck über den Bogen auf die in der Regel in einem Berg gelegenen Fundamente ableitet.

Abb.37: Staumauer der Rappbode-Talsperre

Abb.38: Druckverteilung an einer Staumauer

Abb.39: Ableitung des hydrostatischen Drucks

FFLLUUIIDDSSTTAATTIIKK –– DDrr.. BBeerrnndd SSttaannggee--GGrrüünneebbeerrgg

SSEEIITTEE 6699

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Page 70: Skript Fluidmechanik 2014

Dieser von der Gewichtskraft der Flüssigkeit erzeugte Druck wird hydrostatischer Druck ge-

nannt. Weil er von der Schwerewirkung der Flüssigkeit verursacht wird, nennt man ihn auch

Schweredruck. Für eine gegebene Flüssigkeit ist er also tatsächlich nur von der Tiefe bzw. der

Höhe der Flüssigkeitssäule abhängig24.

Je nach verwendeter Flüssigkeit kann man über die Höhe der Flüssigkeitssäule einen Druck

definieren. Bezugsflüssigkeit ist in der Regel Wasser bzw. Quecksilber.

Aufgabe: Berechnen Sie die Höhe einer dem Druck entsprechenden Flüssig-

keitssäule für

a) Wasser (

),

b) Quecksilber (

).

Geben Sie die Ergebnisse in der Einheit bzw. 25 (Meter Wassersäule bzw. Millime-

ter Quecksilbersäule) an.

Werden in einem Gefäß zwei oder mehrere

nicht miteinander mischbare Flüssigkeiten ge-

schichtet (siehe Abb.40 rechts), so ergibt sich

der Gesamtdruck am Boden des Behälters durch

Addition der Einzeldrücke:

Abb.40: Addition von Einzeldrücken26

24 Aufgrund der geringen Kompressibilität von Flüssigkeiten kann die Dichte an dieser Stelle als unabhängig vom Druck

betrachtet werden. 25 Die alte Druckeinheit ist vom Größenwert her identisch mit der ebenfalls nicht mehr zu verwendenden Einheit

Torr ( , nach EVANGELISTA TORRICELLI [1608 – 1647], einem italienischen Physiker und Erfinder des Quecksilberbarometers). Allerdings wird der Blutdruck traditionsgemäß in angegeben, z.B. RR 130/90. Wie groß sind die entsprechenden Drücke in Pascal?

26 Zur Erklärung: meint den Umgebungs- bzw. Luftdruck, ist der durch einen sogenannten Schwimmdachbehälter

verursachte Druck.

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SSEEIITTEE 7700

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Page 71: Skript Fluidmechanik 2014

1. Mit dem Bathyskaph (nach báthos, griech. tief und skáphos,

griech. Schiff) Trieste (siehe Abb.1 rechts) erreichte der Schwei-

zer Ozeanograph JACQUES PICCARD (1922 – 2008) bei seinem

Rekordtauchgang 1960 den Grund des Challengertiefs im

Marianengraben im Pazifischen Ozean bei 10916 Metern.

a) Berechnen Sie den Schweredruck für diese Tiefe. Hin-

weis:

.

b) Welche Kraft wirkte auf das dicke Plexiglasfenster

( )?

2. Ein Blechkanister wird mit Petroleum (

) gefüllt, bis der Schweredruck der Flüssigkeit am

Boden des Kanisters beträgt. Bis zu welcher Höhe wurde Petroleum eingefüllt?

3. Eine Röhre ist bis zu einer Höhe von mit Quecksilber (

) gefüllt. Darüber befin-

det sich noch eine hohe Wassersäule. Berechnen Sie den Druck am unteren Ende der

Röhre.

4. Eine Gasleitung wird an das linke Rohr eines mit Alkohol (

) gefüll-

ten U-Rohres angeschlossen (siehe Abb.2 rechts). Dadurch wird die Alkohol-

säule im rechten Rohr höher als im linken.

a) Berechnen Sie den Gasdruck .

b) Wie groß wäre der Höhenunterschied , wenn das Quecksilber statt

Alkohol verwendet werden würde?

c) Hängt der Höhenunterschied der beiden Säulen im U-Rohr vom

Querschnitt der Rohre ab? Begründen Sie.

5. In einem U-Rohr (siehe Abb.3 rechts) befindet sich unten

Quecksilber, darüber auf der einen Seite eine hohe

Wassersäule, auf der anderen Seite eine hohe Säule

aus Benzin (

). Welchen Höhenunterschied

zeigen die Enden der Quecksilbersäule auf beiden Seiten

des Rohres?

Abb.1: Bathyskaph Trieste

Abb.2: U-Rohr I

Abb.3: U-Rohr II

HHYYDDRROOSSTTAATTIISSCCHHEERR DDRRUUCCKK –– DDrr.. BBeerrnndd SSttaannggee--GGrrüünneebbeerrgg

AABB 1111

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Page 72: Skript Fluidmechanik 2014

BERECHNUNGEN

HHYYDDRROOSSTTAATTIISSCCHHEERR DDRRUUCCKK –– DDrr.. BBeerrnndd SSttaannggee--GGrrüünneebbeerrgg

AABB 1111

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BBUUCCHHEENN ((OODDEENNWWAALLDD))

Page 73: Skript Fluidmechanik 2014

Eine andere Anwendung des hydrostatischen

Drucks ist der sogenannte Heronsbrunnen, be-

nannt nach HERON VON ALEXANDRIA, einem

griechischen Mathematiker und Ingenieur des

1. Jahrhunderts.

1. Versuchen Sie anhand Abb.1 die Funktions-

weise des Heronsbrunnens abzuleiten27.

2. Wenden Sie Ihre Kenntnisse von potentieller

und kinetischer Energie für eine energeti-

sche Betrachtung des Heronsbrunnens an.

27

Wenn Sie gar nicht weiterkommen, könnte ein Applet vielleicht für Abhilfe sorgen ( QR-Code).

Abb.1: Prinzip eines Heronsbrunnens

HHEERROONNSSBBRRUUNNNNEENN –– DDrr.. BBeerrnndd SSttaannggee--GGrrüünneebbeerrgg

AABB 1122

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Page 74: Skript Fluidmechanik 2014

BERECHNUNGEN

HHEERROONNSSBBRRUUNNNNEENN –– DDrr.. BBeerrnndd SSttaannggee--GGrrüünneebbeerrgg

AABB 1122

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BBUUCCHHEENN ((OODDEENNWWAALLDD))

Page 75: Skript Fluidmechanik 2014

6.3.1. BODEN-, SEITEN- UND AUFDRUCKKRAFT

Der hydrostatische Druck setzt sich in einer Flüssigkeit bis zu deren Begrenzung durch Ge-

fäßwände fort. Dabei unterscheidet man zwischen dem Druck auf den Boden und die Sei-

tenwände, der die Bodendruckkraft bzw. Seitendruckkraft erzeugt. Außerdem be-

wirkt er eine Kraft nach oben, die sogenannte Aufdruckkraft .

Die Bodendruckkraft läßt sich unter Zuhilfenahme der Definition des Drucks leicht berech-

nen:

Die Bodendruckkraft ist also nicht von der

Form des Gefäßes, sondern nur von der Höhe

der Flüssigkeitssäule abhängig! Was dieses

Ergebnis bedeutet, kann man sich anhand

Abb.41 rechts verdeutlichen. Da dies eigent-

lich dem menschlichen Verstand zu wider-

sprechen scheint, nennt man dieses Phäno-

men das hydrostatische Paradoxon.

Dieser Sachverhalt läßt sich an einem ande-

ren Behältnis (Abb.42) erläutern. An der ge-

dachten Trennlinie zwischen dem mittleren

und dem unteren Gefäßteil herrscht ein

Schweredruck . Dieser Druck

teilt sich dem unteren Fluidvolumen mit und

wirkt dort isotrop. Ihm wird der dort wir-

kende Schweredruck überlagert, der am Ge-

fäßboden die Größe erreicht.

Beide Druckwerte addieren sich dort zu einem Gesamtdruck. Analoge Überlegungen für die

Grenzschicht zwischen dem oberen und dem mittleren Gefäßteil führen zu:

Abb.41: Hydrostatisches Paradoxon I

Abb.42: Hydrostatisches Paradoxon II

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SSEEIITTEE 7755

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BBUUCCHHEENN ((OODDEENNWWAALLDD))

Page 76: Skript Fluidmechanik 2014

Jede andere Gefäßwand kann man sich aus

unendlich vielen Stufen vorstellen (siehe

Abb.43) - mit schrittweise Drucküberlage-

rung - so daß der abgeleitete Zusammenhang

für jede beliebige Gefäßform gilt.

Auf die Seitenwände eines Flüssigkeitsbehälters wirkt ein von oben nach unten zunehmen-

der Seitendruck, ganz wie im Beispiel mit der Staumauer (Abb.38). Um die Seitendruck-

kraft angeben zu können, benötigt man den Mittelwert des Seitendruckes , der der

im Schwerpunkt der Fläche wirkende Druck ist:

Dabei ist der Abstand zwischen des Flächenschwerpunktes von der Flüssigkeitsoberflä-

che. Bei Betrachtung einer rechteckigen Seitenfläche beispielsweise entspricht er der hal-

ben Höhe der Flüssigkeitssäule:

.

Der Druckmittelpunkt ist jedoch nicht mit

dem Flächenschwerpunkt identisch: Die

Seitendruckkraft ist unterhalb überall

größer, oberhalb dagegen überall kleiner als

der Mittelwert.

Es läßt sich geometrisch zeigen, daß der

Druckmittelpunkt die Strecke in zwei Län-

genstücke im Verhältnis 1:2 teilt, also (vom

Boden des Gefäßes aus gesehen):

Für den Abstand zwischen Schwerpunkt und Druckmittelpunkt gilt dann:

Taucht man einen Körper in eine Flüssigkeit, so wirkt auch auf seine Unterseite die durch

das Flüssigkeitsgleichgewicht verursachte, nach oben gerichtete Aufdruckkraft 28. Ana-

log zu den bisherigen Überlegungen ergibt sich:

28 Nicht zu verwechseln mit der Auftriebskraft (siehe Abschnitt 6.5.).

Abb.43: Hydrostatisches Paradoxon III

Abb.44: Flächenschwerpunkt und Druckmittelpunkt

FFLLUUIIDDSSTTAATTIIKK –– DDrr.. BBeerrnndd SSttaannggee--GGrrüünneebbeerrgg

SSEEIITTEE 7766

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Page 77: Skript Fluidmechanik 2014

Die Aufdruckkraft spielt bei Gießformen eine

wichtige Rolle, da das flüssige Metall im Ein-

guß und Steigtrichter höher eingestellt ist,

als bis zur Trennebene zwischen Unter- und

Oberkasten (siehe Abb.45 rechts). Die Kraft

sucht dann den Oberkasten abzuheben.

Da Metalle große Dichten besitzen, können

vor allem bei großen, flachen Gußstücken

große Kräfte auftreten. Abgefangen werden

sie durch Klammerung der Kästen oder Aufle-

gen von Gewichtsstücken auf den Oberkas-

ten.

Abb.45: Schnitt durch einen Gießereiformkasten

FFLLUUIIDDSSTTAATTIIKK –– DDrr.. BBeerrnndd SSttaannggee--GGrrüünneebbeerrgg

SSEEIITTEE 7777

ZZEENNTTRRAALLGGEEWWEERRBBEESSCCHHUULLEE

BBUUCCHHEENN ((OODDEENNWWAALLDD))

Page 78: Skript Fluidmechanik 2014

1. Das abgebildete Gefäß (Abb.1) ist mit Wasser gefüllt. Berechnen

Sie die Bodendruckkraft und vergleichen Sie mit diese mit der

Gewichtskraft der eingefüllten Flüssigkeitsmenge.

2. Ein Seefisch schwimmt in 300 m Tiefe, seine Seitenflächen betra-

gen je 0,3 m2.

a) Wie groß ist die Seitendruckkraft ?

(

)

b) Warum wird er von den Seitendruckkräften nicht zusam-

mengedrückt?

c) Welche Gefahr besteht, wenn ein solcher Fisch zu schnell

an die Meeresoberfläche gebracht wird?

3. Vor einem breiten Staudamm wird das Wasser hoch

gestaut. Welche Druckkraft wird vom Wasser auf den Damm und

seine Verankerungen ausgeübt?

4. Ein beidseitig offener Glaszylinder mit Innendurchmesser wird durch eine lose Boden-

platte abgedeckt und in einer Salzlösung der Dichte

getaucht. Welche Eintauchtiefe

muß erreicht werden, damit die Platte mit der Masse nicht abfällt?

5. Abb.2 rechts zeigt im Schnitt einen mit einer Gußeisenschmelze

ausgegossenen Hohlraum mit dem Innendurchmesser

und dem Außendurchmesser .

a) Berechnen Sie die Aufdruckkraft von unten auf den

Oberkasten ( ), wenn die Form mit flüssigem

Gußeisen (

) vollständig gefüllt.

b) Welche Konsequenz ergibt sich durch das Vorhandensein

der Aufdruckkraft für den Vorgang des Gießens?

Abb.1: Gefäß zu Aufgabe 1

Abb.2: Gießform

BBOODDEENN--,, SSEEIITTEENN-- UUNNDD AAUUFFDDRRUUCCKKKKRRAAFFTT –– DDrr.. BBeerrnndd SSttaannggee--GGrrüünneebbeerrgg

AABB 1133

ZZEENNTTRRAALLGGEEWWEERRBBEESSCCHHUULLEE

BBUUCCHHEENN ((OODDEENNWWAALLDD))

Page 79: Skript Fluidmechanik 2014

BERECHNUNGEN

BBOODDEENN--,, SSEEIITTEENN-- UUNNDD AAUUFFDDRRUUCCKKKKRRAAFFTT –– DDrr.. BBeerrnndd SSttaannggee--GGrrüünneebbeerrgg

AABB 1133

ZZEENNTTRRAALLGGEEWWEERRBBEESSCCHHUULLEE

BBUUCCHHEENN ((OODDEENNWWAALLDD))

Page 80: Skript Fluidmechanik 2014

6.4. KOMMUNIZIERENDE GEFÄSSE

Wenn mehrere mit der gleichen Flüssigkeit ge-

füllte Behälter im unteren Teil miteinander

verbunden sind (siehe Abb.46), spricht man von

kommunizierenden Gefäßen29.

An der Verbindungsstelle beider Gefäße wirkt

von der linken Seite der Druck

der Flüssigkeitssäule, auf der rechten Seite ent-

sprechend der Druck . Als Gleich-

gewichtsbedingung gilt:

In kommunizierenden Gefäßen liegen alle

Flüssigkeitsoberflächen auf gleicher Höhe, un-

abhängig welche Form das Gefäß besitzt (siehe

Abb.47)30.

Enthalten die verbundenen Behälter zwei ver-

schiedene, miteinander nicht mischbare Flüs-

sigkeiten (z.B. Öl und Wasser), so läßt sich fol-

gende Verhältnisgleichung ableiten:

Die Dichten der beiden Flüssigkeiten verhalten

sich also umgekehrt wie die Höhen über der

Trennfläche. Mit anderen Worten: Ist eine der

beiden Dichten bekannt, läßt sich auf diese

Weise die Dichte der anderen Flüssigkeit be-

stimmen (siehe Abb.48a rechts).

29 Manche Autoren bevorzugen den Begriff „kommunizierende Röhren“. 30 In einem kleinen Video der Universität Würzburg kann man den Füllvorgang beobachten: http://www.physik.uni-

wuerzburg.de/physikonline/video1/m8_fluide/kommuniroehren1.html (05.09.2011)

Abb.46: Kommunizierende Gefäße I

Abb.47: Kommunizierende Gefäße II

Abb.48a/48b: Dichtebestimmung mit Hilfe von

kommunizierenden Gefäßen

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BBUUCCHHEENN ((OODDEENNWWAALLDD))

Page 81: Skript Fluidmechanik 2014

Die zuletzt abgeleitete Gleichung läßt sich aber auch benutzen, wenn die Flüssigkeiten mit-

einander mischbar sind (z.B. Ethanol und Wasser). Hierbei ist natürlich darauf zu achten, daß

die Medien nicht in Kontakt treten können. Die Versuchsanordnung (Abb.48b) zeigt, wie sich

dies realisieren läßt. Beim Ansaugen werden beiden Flüssigkeiten angehoben. Mit Hilfe der

Höhen über den Oberflächen kann man dann wie oben die unbekannte Dichte berechnen.

6.4.1. ANWENDUNGEN

Das Prinzip der kommunizierenden Gefäße findet weitreichenden Einsatz, einige Anwen-

dungen seien im folgenden kurz erläutert:

Füllstandanzeige: Ein außen an einem undurchsichtigen

Behälter angebrachtes transparentes Röhrchen zeigt die

Füll-höhe im Inneren des Behälters.

Geruchssperre: Das im U-Rohr befindliche Wasser hält

unangenehme Gerüche des Abwassersystems fern.

Schlauch(wasser)waage: Mit Hilfe dieses Gerätes können

z.B. auf einer Baustelle an zwei mehrere Meter vonei-

nander entfernten Stellen Punkte gleicher Höhe festge-

legt werden. Moderne digitale Ausführungen messen

Druckunterschiede, die in Höhenunterschiede (

über Distanzen von bis zu !) umgerechnet werden.

Abb.49: Füllstandanzeige

Abb.50: Geruchssperre

Abb.51: Schlauchwaage

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Page 82: Skript Fluidmechanik 2014

Abb.54: Prinzip eines Artesischen Brunnens

Wasserversorgung: Wasserleitungen stellen häufig eben-

falls ein System von kommunizierenden Gefäßen dar. Ei-

ne freie Oberfläche besteht nur im Hochbehälter, hier-

bei handelt es sich in der Regel um einen Wasserturm

(siehe rechts bzw. Abschnitt 6.4.2.). An allen anderen

Stellen verhindern Hähne o.ä. einen Wasseraustritt. Der

Höhenunterschied zwischen dem Hochbehälter und der

einem Hahn entspricht – von Reibungsverlusten abgese-

hen – dem am Hahn wirksamen Druck.

Abb.53: Wasserversorgung mit Hochbehälter

Artesischer Brunnen: Unter einem Artesischen Brunnen31 versteht man einen

Schacht oder eine Bohrung in eine grundwasserführende Schicht, bei der das Was-

ser ohne technische Hilfen wie z.B. Pumpen an die Oberfläche tritt.

Voraussetzung für eine solche Brun-

nenanlage ist einerseits sogenanntes

gespanntes Grundwasser, d.h.

Grundwasser, welches durch eine

wasserundurchlässige Gesteins-

schicht nach oben abgedichtet wird,

andererseits muß gleichzeitig die

geologische Struktur des Grundwas-

serleiters den Aufbau von hydrostati-

schem Druck ermöglichen, beispiels-

31 Artesisch bezieht sich auf die historische Provinz Artois im Norden Frankreichs, wo im Jahre 1126 zum ersten Mal eine

solche Anlage geschaffen wurde.

Abb.52: Wasserturm in Essen-Steele

von 1898 (Volumen: 1000 m3)

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SSEEIITTEE 8822

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Page 83: Skript Fluidmechanik 2014

Abb.55: Wasserturm Osterburken

Höhe: 31,2 m

Volumen: 560 m3

Abb.57: Wasserturm Bergfeld (Mosbach)

Höhe: 39,8 m

Volumen: 340 m3

Abb.56: Wasserturm Bronnacker (Rosenberg)

Höhe: 17,0 m

Volumen: 300 m3

Abb.58: Wasserturm Hüffenhardt

Höhe: 19,2 m

Volumen: 165 m3

weise in einer Senke oder zwischen schräg abfallenden Gesteinsschichten (siehe

Abb.54).

Bei einer Bohrung ins Grundwasser steigt dieses nach dem Prinzip der kommunizie-

renden Gefäße maximal bis zur Höhe der freien Grundwasseroberfläche an. Liegt

dieses Niveau höher als die Erdoberfläche, so tritt das Grundwasser unter Druck

aus dem Boden nach oben aus.

6.4.2. Exkurs: Wassertürme im Neckar-Odenwald-Kreis

Untern sind die Wassertürme des NOK mit Standort, Höhe und Fassungs-

vermögen abgebildet.

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SSEEIITTEE 8833

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Page 84: Skript Fluidmechanik 2014

1. In einem U-Rohr befindet sich Wasser und in einem Schenkel darüber Öl. Die Flüssigkeitshöhe

über der gemeinsamen Trennlinie beträgt beim Wasser , beim Öl . Berechnen Sie

die Dichte des Öls.

2. Der Hochbehälter eines Wasserwerks steht höher als das Erdgeschoß eines Hauses. Wie

hoch ist der Druck im 4. Stock, d.h. über dem Boden?

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AABB 1144

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Page 85: Skript Fluidmechanik 2014

BERECHNUNGEN

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Page 86: Skript Fluidmechanik 2014

Abb.59: „Schwimmer“ im Toten Meer

Abb.60: Entstehung des Auftriebs

6.5. SCHWIMMEN, SINKEN, SCHWEBEN

Die meisten von uns kennen Bilder wie Abb.59 rechts, von

Menschen, die scheinbar schwerelos im Wasser des Toten

Meeres schwimmen. Verantwortlich für dieses Phänomen –

ebenso wie für die Schwimmfähigkeit von Schiffen oder die

„Flugfähigkeit“ von Ballons – ist der sogenannte (statische)

Auftrieb32, der durch die Verdrängung des umgebenden

Mediums hervorgerufen wird. Beim Auftrieb handelt es sich

um eine der Gewichtskraft entgegengesetzt wirkende Kraft

in Flüssigkeiten und Gasen.

6.5.1. AUFTRIEB UND AUFTRIEBSKRAFT

Wer die Ausführungen unter 6.4. verinnerlicht hat, wird nachvollziehen können, daß natür-

lich der hydrostatische Druck für den Auftrieb verantwortlich ist. Warum?

Schauen wir uns einen Quader an, der in eine Flüssigkeit

taucht (siehe Abb.60 rechts). Die mit größerer Tiefe zu-

nehmenden Seitendruckkräfte spielen keine Rolle, da sie

sich bei einem regelmäßigen Körper kompensieren. An der

Deckfläche des Quaders herrscht der hydrostatische Druck

, an der Bodenfläche dagegen der größere

Druck . Daher sind natürlich auch die Kräfte

auf diese beiden Flächen verschieden. Besitzen Deck- und

Grundfläche die Größe , so wirkt von oben die Kraft

auf den Körper, von unten dagegen die größere Kraft

Als Resultierende erhält man die nach oben gerichtete Auftriebskraft :

32 Neben dem statischen Auftrieb gibt es den dynamischen Auftrieb, für den die Umströmung eines Körpers durch ein

Fluid verantwortlich ist. Ein Beispiel hierfür ist der Flug mit Flügeln oder Tragflächen; auch Haie, die keine Schwimm-blase besitzen, nutzen den dynamischen Auftrieb.

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SSEEIITTEE 8866

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Page 87: Skript Fluidmechanik 2014

Nun entspricht aber das Produkt aus Fläche und Höhe des Körpers genau seinem Volu-

men , so daß gilt

Die letzte Gleichung entspricht auch der Formulierung des griechischen Mathematikers,

Physikers und Ingenieurs ARCHIMEDES (287 – 212 v.Chr.), der feststellte, daß der Auftrieb

eines Körpers der Gewichtskraft des verdrängten Fluidvolumens entspricht (archimedi-

sches Prinzip, siehe unten).

Aufgabe: Gegeben sei ein Würfel mit einer Kantenlänge von , der tief in Was-

ser eintaucht. Berechnen Sie die Auftriebskraft

a) über die Differenzen der von oben und unten wirkenden Kräfte,

b) über das verdrängte Flüssigkeitsvolumen.

Exkurs: Archimedes und das archimedische Prinzip

Der Überlieferung durch den griechischen Architek-

ten VITRUVIUS (1. Jhd. v.Chr.) nach sollte ARCHIMEDES

überprüfen, ob die Krone des syrakusischen Königs

HIERON II. (306 – 215 v.Chr.) aus massivem Gold ge-

fertigt worden war – ohne sie jedoch zu beschädi-

gen. Um die gestellte Aufgabe zu lösen, tauchte er

sowohl die Krone als auch einen Goldbarren, der

von gleich großer Masse war, in einen randvollen Wasserbehälter und

maß die Menge des überlaufenden Wassers. Die Krone verdrängte mehr

Wasser als der massive Goldbarren, so daß bewiesen war, daß die Kro-

ne eine geringere Dichte hatte und somit nicht vollständig aus Gold

gefertigt sein konnte.

ARCHIMEDES soll das Auftriebsprinzip angeb-

lich beim Baden entdeckt haben, als aus

einem gefüllten Behälter genau diejenige

Wassermenge auslief, die er beim Hinein-

steigen ins Bad mit seinem Körpervolumen

verdrängte. Vor Freude über seine Entde-

ckung soll er mit dem Ausruf „Heureka!“

(griech.: „Ich hab’s gefunden!“) nackt auf

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SSEEIITTEE 8877

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Page 88: Skript Fluidmechanik 2014

Abb.61: Hydrostatische Waage

die Straße gelaufen sein.33

Das archimedische Prinzip geriet allerdings in Vergessenheit und

wurde erst um 1750 von EULER (1707 – 1783) und BOUGUER (1698 – 1758)

wiederentdeckt und angewendet.

6.5.2. BESTIMMUNG VON VOLUMEN UND DICHTE MIT HILFE DES AUFTRIEBS

Eine wichtige Anwendung der zuletzt abge-

leiteten Gleichung ist die so-

genannte hydrostatische Waage (siehe

Abb.61). Je nach gegebenen Rahmenbedin-

gungen lassen sich mit ihr entweder Volumi-

na, z.B. von sehr unregelmäßig geformten

Körpern, oder Dichten von unbekannten Flüs-

sigkeiten ermitteln. Der Auftrieb ergibt sich

als Differenz zwischen der Gewichtskraft in

Luft und der Tauchgewichtskraft in der

Flüssigkeit - meist Wasser -

Volumenbestimmung: Für einen beliebi-

gen Körper, z.B. eine Stativmuffe, werden

und experimentell bestimmt:

Daraus läßt sich die Auftriebskraft berechnen:

Durch Umformung der Definitionsgleichung des Auftriebs erhält man:

Die Dichte der Stativmuffe ergibt sich gemäß

33 Obwohl der Legende nach auf dieser Geschichte die Entdeckung des archimedischen Prinzips beruht, würde der Ver-

such von ARCHIMEDES auch mit jeder anderen Flüssigkeit funktionieren. Das Interessanteste am archimedischen Prinzip, nämlich die Entstehung des Auftriebs und damit die Berechnung der Dichte des Fluids, spielt in dieser Entdeckungsge-schichte gar keine Rolle. Ach ja, der betrügerische Goldschmied soll übrigens geköpft worden sein.

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SSEEIITTEE 8888

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Page 89: Skript Fluidmechanik 2014

Abb.62: Aräometer

Statt Wasser können natürlich auch andere Flüssigkeiten benutzt werden, sofern deren

Dichten bekannt sind. In diesem Fall lauten die Gleichungen34

bzw.

Dichtebestimmung: Auf ganz ähnliche Weise läßt sich die Dichte von Flüssigkeiten sehr

exakt bestimmen. Man nimmt einen beliebigen Körper und wiegt ihn in Luft, in Wasser

und in der Probeflüssigkeit. Aus den drei Gewichtskräften , und kann man

den Auftrieb in Wasser und den Auftrieb in der Flüssigkeit berechnen:

Aus der ersten Beziehung kann man einen Ausdruck für das Volumen ableiten

die man in die zweite Gleichung einsetzt:

Die etwas umständlichen Messungen mit der hydrostatischen

Waage werden durch Arbeiten mit einem Aräometer oder der

Waage nach MOHR und WESTPHAL (auch nur einfach MOHRsche

Waage genannt) erheblich erleichtert.

Ein Aräometer (auch als Senkwaage oder Dichtespindel be-

zeichnet) besteht in der Regel aus Glas mit einem dicken Auf-

triebskörper, der eine genau definierte Menge Bleischrot als

Gewicht eingegossen enthält, und einem dünnen Stiel, der die

Skala enthält, auf dem die Dichte normalerweise direkt abge-

lesen werden kann (siehe Abb.62). Weil der Auftrieb in einer

spezifisch schweren Flüssigkeit größer ist als in einer leichten,

sinkt ein nicht untergehender Körper umso tiefer ein, je klei-

ner ihre Dichte ist35. Demzufolge trägt die Skalenteilung unten

34 Wichtig: Die Dichte des Körpers muß immer größer als die Dichte der benutzten Flüssigkeit sein! 35 Die Messungen müssen bei einer konstanten Temperatur, in der Regel , durchgeführt werden.

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Page 90: Skript Fluidmechanik 2014

Abb.63: MOHRsche Waage

die großen und oben die kleinen Werte; die Intervalle sind nicht gleich groß.

Aräometer werden u.a. von Winzern zur Bestimmung des Mostgewichtes (Zuckergehalt

im Most, Angabe in Grad Oechsle, ) eingesetzt.

Die MOHRsche Waage ist eine ungleicharmige Hebelwaa-

ge (siehe Abb.63), die so konstruiert und kalibriert ist,

daß die Dichte der Flüssigkeit direkt dezimal abgelesen

werden kann. An der einen Seite der Waage kann man

an regelmäßigen Abständen Gewichte einhängen, auf

der anderen Seite befindet sich ein Gegengewicht, wel-

ches so austariert werden muß, daß sich die auf dieser

Seite befindlichen Dreiecke auf einer Höhe befinden.

Auf der Seite mit den Kerben (zum Einhängen der Ge-

wichte) befindet sich zudem ein Haken, an welchem man

einen Tauchkörper befestigen kann. Mit Hilfe zweier

Stellschrauben kann man die Waage zudem horizontal

ausrichten, während sich der Tauchkörper an Luft befin-

det.

Im ersten Schritt taucht man den Körper in eine Flüssigkeit bekannter Dichte, wobei

dieser vollständig in diese eingetaucht sein muß. Da es zum Auftrieb des Körpers in der

Flüssigkeit kommt, gerät die Waage aus dem Gleichgewicht. Dieses versucht man auszu-

gleichen, indem man unterschiedlich große Gewichte an den unterschiedlichen Kerben

befestigt. Als nächstes taucht man den zuvor getrockneten Tauchkörper in die Flüssig-

keit mit unbekannter Dichte und stellt durch Anhängen geeigneter Gewichte erneut ein

Gleichgewicht her. Durch einen Vergleich mit der Messung der Gewichte für die Flüssig-

keit mit bekannter Dichte kann man die Dichte der unbekannten Flüssigkeit bestimmen.

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SSEEIITTEE 9900

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Page 91: Skript Fluidmechanik 2014

1. Ein Stein mit der Masse und der Dichte

wird in Wasser getaucht. Berech-

nen Sie die Gewichtskraft des Steines in Luft und die Tauchgewichtskraft .

2. Ein Aluminiumstück (

) besitzt in Wasser eine Gewichtskraft . Wie groß ist

seine Gewichtskraft in Luft ?

3. Ein Heißluftballon hat bei voller Auslastung einschließlich der Gasfüllung ein Gewicht .

Er besitzt einen ungefähren Durchmesser und die Dichte der atmosphärischen Luft be-

trägt

. Berechnen Sie

a) die Auftriebskraft und

b) die nach oben auf den Ballon resultierende Kraft .

4. Ein Stahlrohr mit den Maßen , und wird in eine Säure der

Dichte

eingetaucht. Berechnen Sie

a) die Gewichtskraft des Rohres in Luft,

b) die Auftriebskraft beim vollständigen Eintauchen und

c) die Kraft , die beim Eintauchen auf ein Halteseil wirkt.

Hinweis: Die Dichte von Stahl beträgt

.

5. Auf einer Waage halten einem Metallstück in Luft Wägestücke mit der Masse , in Wasser

solche mit der Masse das Gleichgewicht. Aus welchem Metall besteht der Körper?

6. Die Gewichtskraft eines schwimmenden Eisberges beträgt , die durchschnittliche Eis-

dichte beträgt

. Zu berechnen sind

a) das Eisvolumen ,

b) das Volumen des verdrängten Wassers und

c) der Prozentsatz des aus dem Wasser herausragenden Eisvolumens.

7. Ein Aräometer soll zur Dichtemessung in einem Meßbereich von

bis

verwendet

werden. Die Skalenlänge soll für diesen Meßbereich betragen. Bei einer Anzeige von

wird eine Flüssigkeitsverdrängung von festgestellt. Mit welchem Durchmesser

muß der Schaft des Aräometers (der aus der Flüssigkeit herausragt) konstruiert werden?

AAUUFFTTRRIIEEBB UUNNDD AAUUFFTTRRIIEEBBSSKKRRAAFFTT –– DDrr.. BBeerrnndd SSttaannggee--GGrrüünneebbeerrgg

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Page 92: Skript Fluidmechanik 2014

BERECHNUNGEN

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Page 93: Skript Fluidmechanik 2014

6.5.3. SCHWIMMEN, SINKEN, SCHWEBEN

Je nach Dichte eines eintauchenden Körpers kann man sein Schwimmverhalten durch Ver-

gleich von Gewichtskraft des Körpers und seinem Auftrieb folgendermaßen unter-

scheiden:

und

Sinken: An einem Körper, der in einer Flüssigkeit untergeht, muß die Gewichtskraft grö-

ßer als sein Auftrieb sein, kurz: . Aus den beiden Gleichungen läßt sich dann ab-

leiten, daß seine Dichte größer als die der Flüssigkeit sein muß, kurz: . Also:

Ein Körper sinkt, wenn .

Schweben: Wenn Gewichtskraft und Auftrieb gleich groß sind ( ), so ist die Resul-

tierende beider Kräfte Null. Der Körper befindet sich an jeder Stelle der Flüssigkeit im

Gleichgewicht, er schwebt. Bedingung hierfür sind gleich große Dichten von Körper und

Flüssigkeit, kurz: . Also:

Ein Körper schwebt, wenn .

Aufsteigen: Voraussetzung für ein Aufsteigen in der Flüssigkeit ist, daß der Auftrieb die

Gewichtskraft übersteigt, kurz: . Dies bedeutet aber, daß auch die Dichte des

Körpers kleiner als die der Flüssigkeit sein muß ( ). Also:

Ein Körper steigt an die Oberfläche, wenn .

Schwimmen: Ist ein Körper erst einmal an die Oberfläche gelangt, so verdrängt er ein

kleineres Flüssigkeitsvolumen, folglich nimmt der Auftrieb ab. Der Körper kommt zur

Ruhe, wenn der von dem noch übriggebliebenen Eintauchvolumen erzeugte Auftrieb

ebenso groß wie die Gewichtskraft des Körpers ist ( ): der Körper schwimmt.

Ähnlich wie beim Schweben gilt also:

Ein Körper schwimmt, wenn bzw. .

In der Gleichung bedeutet das Volumen der verdrängten Flüssigkeit. Sie gilt auch

dann, wenn ein Körper, z.B. ein Schiff, aus einem Material hergestellt ist, welches eine

höhere Dichte besitzt als die Flüssigkeit und nur deshalb schwimmt, weil die in ihm ent-

haltenen Hohlräume ebenfalls Flüssigkeit verdrängen und zum Auftrieb beitragen, ohne

die Gewichtskraft zu beeinflussen.

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SSEEIITTEE 9933

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Page 94: Skript Fluidmechanik 2014

1. Ein quaderförmiger Holzklotz hat die Maße , und . Beim gleichge-

wichtigen Schwimmen ragt er aus dem Wasser heraus. Berechnen Sie

a) die Gewichtskraft des Holzes,

b) die Dichte des Holzes.

2. Ein leerer, oben offener, runder Topf aus Stahlblech (

) von Durchmesser

und Höhe schwimmt auf Wasser und taucht dabei tief ein. Wie groß ist

seine Wandstärke ?

3. Ein Schwimmbecken mit den Maßen , und ist mit Wasser gefüllt.

Auf welche Höhe steigt das Wasser, wenn 10 Personen mit einer durchschnittlichen Masse von

je im Becken vollständig untergetaucht schwimmen?

4. Ein kugelförmiger Heißluftballon mit einem Durchmesser fährt zunächst in Luft mit der

Dichte

. Er gelangt dann in eine Warmluftschicht mit einer geringeren Dichte

. Wieviel Kilogramm Ballast müssen abgeworfen werden, wenn die Flughöhe konstant

gehalten werden soll?

5. Ein Rettungsring hat eine Dichte

und übt eine Gewichtskraft aus. Welche

Belastung kann der Ring maximal tragen, wenn er in Salzwasser mit der Dichte

ein-

gesetzt wird?

SSCCHHWWIIMMMMEENN,, SSIINNKKEENN,, SSCCHHWWEEBBEENN –– DDrr.. BBeerrnndd SSttaannggee--GGrrüünneebbeerrgg

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Page 95: Skript Fluidmechanik 2014

BERECHNUNGEN

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AABB 1166

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Page 96: Skript Fluidmechanik 2014

Abb.64: Grenzfläche zwischen Öl und Wasser

Abb.65: Wassertropfen in Schwe- relosigkeit

Abb.66: Wassertropfen auf einer Kastanie

6.6. GRENZFLÄCHENPHÄNOMENE

Abschließend gilt es, besondere Erscheinungen an Grenzflächen zu beschreiben. Was versteht

man unter einer Grenzfläche (oder einer Phasengrenze)? Und warum sind Grenzflächen ein

besonderer Zustand von Fluiden, so daß sich ein eigener Abschnitt mit ihnen beschäftigt?

Als Grenzflächen bezeichnet man in der Physik die Fläche

zwischen zwei Phasen, wie z.B. die Fläche zwischen zwei

nicht miteinander mischbaren Flüssigkeiten wie Öl und Was-

ser. Eine besondere Grenzfläche ist die zwischen einer flüssi-

gen und einer gasförmigen Phase, die in der Regel als Ober-

fläche bezeichnet. Grenzflächen zeichnen sich im allgemeinen

durch besondere Eigenschaften aus, die sich von denen der

Volumenphase (dem „Inneren“ der Phase) unterscheiden.

Insbesondere sollen hier zwei Phänomene vorgestellt und dis-

kutiert werden, die aus dem Alltag vertraut sind: die Ober-

flächenspannung und die Kapillarität.

6.6.1. KOHÄSION UND ADHÄSION

Mit Kohäsion (lat. cohaerere, zusammenhängen) bezeich-

net man in der Physik die anziehenden Kräfte zwischen

gleichartigen Teilchen innerhalb eines Stoffes bzw. inner-

halb einer Phase36.

Obwohl bei Flüssigkeiten diese Kräfte zwischen den einzel-

nen Molekülen deutlich geringer sind als bei Feststoffen

(siehe Abschnitt 6.1.), sind sie doch ausreichend groß, um

einen Zusammenhalt zu bewirken. Die Oberflächenspan-

nung resultiert aus kohäsiven Kräften.

Aber auch die Teilchen der Wände eines Flüssigkeitsbehäl-

ters üben anziehende Kräfte auf die Flüssigkeitsmoleküle

aus, hier spricht man von Adhäsion (lat. adhaerere, anhaf-

ten). Diese entsteht aus der Wechselwirkung zwischen zwei

unterschiedlichen (kondensierten) Phasen, im Normalfall

zwischen einer Flüssigkeit und einem Feststoff.

36 Ursachen für die Kohäsion sind hauptsächlich die chemischen Bindungen selbst sowie intermolekulare Wechselwirkun-

gen (VAN-DER-WAALS-Kräfte und Wasserstoffbrücken).

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SSEEIITTEE 9966

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Page 97: Skript Fluidmechanik 2014

6.6.2. OBERFLÄCHENSPANNUNG

Die Oberflächenspannung ist die Ursache für das vertraute

Verhalten von Flüssigkeiten wie Wasser, energetisch gün-

stige, kugelähnliche Tropfen mit möglichst geringer Ober-

fläche zu bilden. Ebenso ist sie dafür verantwortlich, daß

bestimmte Insekten, wie z.B. der Wasserläufer (siehe

Abb.67 rechts), von der Oberfläche „getragen“ werden,

ohne unterzugehen.

Wie entsteht die Oberflächenspannung?

Zwischen benachbarten Teilchen in einer

Flüssigkeit wirken anziehende und abstoßen-

de Kräfte (siehe 6.6.1.). Bei Molekülen im

Flüssigkeitsinneren (Abb.68 links) wirkt die

Kohäsion gleichmäßig in alle Richtungen

( ), während dies für Teilchen an der

Oberfläche nicht der Fall ist ( ); des-

halb wirkt eine resultierende Kraft nach

unten bzw. ins Innere der Flüssigkeit. Diese

Kraft führt zur Oberflächenspannung .

Um die Oberflächenspannung physikalisch zu definieren, müssen wir bedenken, daß Teil-

chen an der Oberfläche eine höhere potentielle Energie besitzen (also energiereicher

sind), als solche in der Flüssigkeit. Dies bedeutet, daß man Arbeit aufwenden muß, um ein

Teilchen aus dem Inneren an die Oberfläche zu bringen bzw. allgemein, um die Oberfläche

zu vergrößern. Also können wir sagen, daß die Oberflächenspannung das Verhältnis der

aufgewendeten (Oberflächen-)Arbeit zur resultierenden Oberflächenvergrößerung

ist:

Sie ist vom Stoff selbst, aber auch von der Tempera-

tur abhängig ( für ).

Die Oberflächenspannung besitzt die Dimension einer

Oberflächenenergiedichte; als SI-Einheit kann man

dementsprechend ableiten:

Abb.67: Wasserläufer

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SSEEIITTEE 9977

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Abb.68: Kräfte auf Flüssigkeitsteilchen

Stoff

Quecksilber 476,0

Wasser 72,8

Glycerin 63,4

Ethanol 22,6

Pentan 16,0

Tab.4: Oberflächenspannungen

Page 98: Skript Fluidmechanik 2014

Messung der Oberflächenspannung: Eine der

Methoden, mit denen die Oberflächenspan-

nung ermittelt werden kann, ist die Ringme-

thode nach DE NOÜY. Hierbei wird ein Metall-

ring aus der Probenflüssigkeit herausgezo-

gen, wozu durch die anhaftende Flüssigkeit

eine Hubarbeit ( ) beim Anheben

erforderlich ist. Dabei vergrößert sich die

Oberfläche um (näherungs-

weise). Aus der maximal möglichen Zugkraft

am Bügel, bevor der Flüssigkeitsfilm abreißt,

kann dann die Oberflächenspannung be-

rechnet werden:

Aufgabe: Bei einer tensiometrischen Messung wurde für das Heben der Flüssigkeit eine er-

forderliche Zugkraft gemessen (Gewicht des Ringes mit ist kompen-

siert). Um welche Flüssigkeit könnte es sich handeln?

Die Oberflächenspannung einer Flüssigkeit kann durch

sogenannte ober- oder grenzflächenaktive Substan-

zen (Tenside – u.a. Seifen – nach lat. tensus, ge-

spannt) herabgesetzt werden. Aufgrund ihres beson-

deren chemischen Aufbaus besetzen sie die Ober-

fläche einer Flüssigkeit und vermindern so die Ober-

flächenspannung37.

6.6.3. KAPILLARITÄT

Ein Flüssigkeitsmolekül , das sich an der Flüssigkeitsoberfläche nahe an der Gefäßwand

befindet, unterliegt zwei Einflüssen: Die Adhäsionskraft führt zu einer Anziehung zur

festen Wand hin, die Kohäsionskraft dagegen zum Inneren der Flüssigkeit. Je nach-

dem, ob Adhäsion oder Kohäsion überwiegen, spricht man von benetzenden bzw. nicht-

benetzenden Flüssigkeiten.

37 Die Entfernung von Schmutz („Wascheffekt“) durch Waschmittel beruht auf dem gleichen Effekt.

Abb.69: Ringtensiometer

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SSEEIITTEE 9988

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BBUUCCHHEENN ((OODDEENNWWAALLDD))

Abb.70: Tenside & Oberflächenspannung

Page 99: Skript Fluidmechanik 2014

Ist wie beim Wasser, die Adhäsion größer als die Ko-

häsion ( ), so ist die resultierende Kraft

nach außen gerichtet (Abb.71). Überwiegt dagegen

die Kohäsion ( , Beispiel Quecksilber), so

zeigt die Resultierende ins Innere der Flüssigkeit

(Abb.72). Die Flüssigkeitsoberfläche stellt sich stets

senkrecht zur Resultierenden ein.

Daher bildet die Oberfläche beim Wasser mit der Ge-

fäßwand einen Winkel nach oben ( , benet-

zende Flüssigkeit mit hydrophilen Eigenschaften)

bzw. nach unten ( , nicht-benetzende Flüssig-

keit mit hydrophoben Eigenschaften).

Nun läßt sich auch das unterschiedliche Be-

netzungsverhalten von Flüssigkeitstropfen

erklären: Zwischen nicht-benetzenden Flüs-

sigkeiten und festen Oberflächen herrschen

kaum adhäsive Kräfte, so daß sich die Kon-

taktfläche mit dem Feststoff auf ein Mini-

mum reduziert (Abb.73A).

Ist die Adhäsion aber sehr groß, so kommt es im Extremfall zur vollständigen Benetzung,

auch Spreitung genannt (Abb.73C)

Darüber hinaus können wir jetzt ein bekanntes Phänomen

verstehen, das sich zeigt, wenn man z.B. ein Glasröhrchen

in Wasser taucht: Das Wasser steigt in der engen Röhre ein

Stücke entgegen der Schwerkraft nach oben, dies ist eine

Form der Kapillarität, die Kapillaraszension38. Sie tritt auf,

wenn es sich um benetzende Flüssigkeiten handelt. Das

Wasser z.B. steigt in einer Kapillare und bildet eine konka-

ve Oberfläche (Meniskus), siehe Abb.74.

38 Aszension, lat. ascensio, Hinaufsteigen, Aufstieg.

Abb.71: Benetzende Flüssigkeit

Abb.72: Nicht-benetzende Flüssigkeit

Abb.73: Benetzungsverhalten

Abb.74: Kapillaraszension

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SSEEIITTEE 9999

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Page 100: Skript Fluidmechanik 2014

Das Gegenteil, die Kapillardepression, kann bei nicht-be-

netzenden Flüssigkeiten, z.B. Quecksilber, beobachtet

werden: Der Pegel im Röhrchen ist deutlich niedriger und

besitzt eine konvexe Oberfläche, siehe Abb.75.

Beide Effekte treten umso stärker auf, je kleiner der

Durchmesser ist. Gleichzeitig steigt der sogenannte Kapil-

lardruck: Eine Kapillare von z.B. Durchmesser erzeugt

einen Saugdruck von , entsprechend einer Saughöhe

bei benetzendem Wasser von 28 Metern.

Anwendungen des Kapillareffektes

Füllfederhalter: Die Schreibfeder besitzt in der Regel auf halber Länge

ein kleines, rundes Loch, in dem sich die Tinte sammelt, um von dort

durch die Kapillarwirkung durch einen sehr feinen Schlitz an die Spitze

transportiert zu werden.

Pflanzen: In Bäumen und anderen Pflanzen wird das Wasser

von den Wurzeln aufgenommen und dann bis in die Krone

transportiert, wo es aus den Spaltöffnungen der Blätter

verdunstet oder für die Photosynthese benötigt wird. Beim

Transport gegen die Schwerkraft wirkt die Verdunstung im

oberen Bereich der Pflanze als Sog, Kohäsionskräfte des

Wassers verhindern ein Abreißen des Flüssigkeitsstroms und

der Kapillareffekt begünstigt mit dem osmotischen Effekt

den Aufstieg (bis auf etwa 130 Meter!).

Darüber hinaus tritt Kapillarität bei vielen anderen Er-

scheinungen auf.

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SSEEIITTEE 110000

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Abb.75: Kapillardepression

Abb.76: Füllfederhalter

Abb.77: Roßkastanie

Page 101: Skript Fluidmechanik 2014

6.7. VISKOSITÄT

Der Begriff Viskosität ist sicher vielen aus dem Alltag vertraut

und kann gut als Maß für die Zähflüssigkeit einer Flüssigkeit

bezeichnet werden. Er geht zurück auf den zähflüssigen Saft

der Beeren von Misteln (Gattung Viscum) zurück, aus denen

besonderer Leim gewonnen wurde.

Viskosität wird manchmal auch als innere Reibung bezeichnet,

weil Teilchen zäher Flüssigkeiten stärker aneinander gebun-

den sind. Folge ist eine größere Unbeweglichkeit, ganz ver-

gleichbar den bekannten Reibungsphänomenen.

Die Viskosität wird gemeinhin als Eigenschaft von Fluiden an-

gesehen, aber auch bestimmte Feststoffe zeigen dieses Ver-

halten (siehe Tab.5). In der Regel arbeitet man hier aber mit

Begriffen wie Duktilität, Sprödigkeit und Plastizität.

Wie kann man sich die innere Reibung von Flüssigkeiten vorstellen und welche physikalischen

Folgerungen ergeben sich daraus? Zunächst einmal ist einleuchtend, daß Reibung in der Regel

mit Bewegung verbunden ist, so daß es sich bei der Viskosität genau genommen um ein

(fluid-)dynamisches Phänomen handelt.

Abb.79 zeigt modellhaft das Verhalten einer

Flüssigkeit zwischen zwei parallelen Platten

jeweils von der Fläche , von denen sich die

obere Platte aufgrund einer Scherkraft mit

einer Geschwindigkeit bewegt. Adhäsionskräf-

te sorgen dafür, daß die Schicht in unmittelba-

rer Nachbarschaft sich ebenfalls mit bewegt.

Da die untere Platte unbewegt bleibt, ruht die direkt benachbarte Flüssig-

keitsschicht ebenfalls. Zwischen beiden Platten entsteht also ein Geschwin-

digkeitsgradient

, die verschiedenen Schichten strömen mit unterschiedli-

chen Geschwindigkeiten und vermischen sich nicht miteinander39.

39 In der Physik spricht man in diesem Fall auch von einer laminaren Strömung (lamina, lat. Platte; zur Verdeutlichung

siehe auch QR-Code).Das Gegenteil von einer laminaren Strömung ist eine turbulente Strömung.

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SSEEIITTEE 110011

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Abb.79: Modell zur Ableitung der Viskosität

Abb.78: Weißbeerige Mistel

Page 102: Skript Fluidmechanik 2014

Die oberste – der oberen Platte anhaftenden – Flüssigkeitsschicht übt eine Tangentialkraft auf

die darunterliegende Schicht aus. Diese bewegt sich mit der Geschwindigkeit ( ); sie

wirkt ihrerseits wiederum auf die nächste Schicht und bewegt sie mit der geringeren Ge-

schwindigkeit usw.

Es läßt sich zeigen, daß die Scherkraft proportional

zur Fläche sowie zur Geschwindigkeit ist, steigt

zu dem mit abnehmendem Abstand , also:

Die Proportionalitätskonstante (eta) wird dynamische

Viskosität genannt. Die Dimensionsanalyse ergibt, daß

ihre SI-Einheit die Pascalsekunde ist:

Der lineare Zusammenhang zwischen Scherkraft bzw.

Schubspannung (tau) und dem Geschwindigkeitsgradi-

enten

(oft als Schergeschwindigkeit oder Scherrate

bezeichnet) ist leicht ersichtlich:

Interessant ist in diesem Zusammenhang das soge-

nannte Pechtropfenexperiment (pitch drop expe-

riment)40, mit dem THOMAS PARNELL an der Universi-

tät von Queensland in Australien ab 1927 das

Tropfverhalten von Pech beobachten wollte. Seit

Öffnen des Trichters 1930 fielen lediglich acht (!)

Tropfen, der neunte Tropfen wird bald erwartet –

das Experiment kann live im Internet verfolgt wer-

den (siehe QR-Code)41.

40 Der Versuch wird auch gerne als „langweiligstes Experiment der Welt“ bezeichnet, siehe z.B. http://folio.nzz.ch/

2008/juli/das-langweiligste-experiment-der-welt (31.07.2013). 41 In einem vergleichbaren Experiment des Trinity College in Dublin konnte erstmalig das Fallen eines Tropfens festge-

halten werden: http://www.youtube.com/watch?v=vZ5Vm4vABH4 (31.07.2013).

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SSEEIITTEE 110022

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Stoff

Wasserstoff 0,008

Luft 0,017

Ether 0,24

Octan 0,54

Wasser 1,00

Ethanol 1,19

Stoff

Quecksilber 1,55

Olivenöl ca. 100

Glycerin 1480

Honig ca. 10000

Pech 109 - 1011

Glas 1022 - 1024

Tab.5: Dynamische Viskositäten bei

Abb.80: Pechtropfenexperiment

Page 103: Skript Fluidmechanik 2014

6.8. NICHT-NEWTONSCHE FLÜSSIGKEITEN

1687 erkannte ISAAC NEWTON in seinen Principia Mathematica

die direkte Abhängigkeit von Schubspannung und Scherge-

schwindigkeit (Abb.81):

– –

Flüssigkeiten, die dieses Verhalten zeigen, werden daher

NEWTONsche Flüssigkeiten oder NEWTONsche Fluide genannt

(siehe vorhergehenden Abschnitt und AB3).

Im Alltag treten viele Flüssigkeiten auf, die nicht diesen Be-

dingungen gehorchen und daher Nicht-NEWTONsche Flüssigkei-

ten genannt werden. Zu ihnen zählen u.a. Blut, Ketchup und

auch die im Spielzeughandel erhältliche „Intelligente Knete“

(Abb.82). Die Wissenschaft, die sich (u.a.) mit diesen Fluiden

beschäftigt, ist die Rheologie (nach griech. rhei, fließen).

Wir werden sehen, daß Nicht-NEWTONsche Fluide häufig Eigen-

schaften besitzen, die man eher von Feststoffen erwarten

würde. Daher ist es sinnvoll, sich einmal das unterschiedliche

Fließverhalten im Übergangsbereich zwischen idealem Fest-

körper und idealem Fluid anzuschauen.

Abb.83: Fließzustände vom idealen Festkörper zum idealen Fluid

Durch Einwirken einer mechanischen Kraft erfahren Körper eine Veränderung ihrer Gestalt,

sie werden deformiert. Tritt diese Deformation kontinuierlich auf, so spricht man von Flie-

ßen.

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SSEEIITTEE 110033

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Abb.81: Fließverhalten eines NEW-

TONschen Fluids

Abb.82: „Intelligente Knete“

Page 104: Skript Fluidmechanik 2014

Ein idealer Festkörper baut die in seinem Innern verursachte Spannung nicht ab, d.h. seine

Relaxationszeit42 ist unendlich groß. Umgekehrt kann ein ideales Fluid keine Spannung in sei-

nem Innern aufbauen (keine Elastizität) – in diesem Fall ist die Relaxationszeit Null.

Zwischen diesen beiden extremen Situationen gibt es Übergangszustände. Der Bereich der

Flüssigkeit ist in Abb.83 hervorgehoben (Was für ein Zustand liegt rechts hiervon vor?). Nicht-

ideale Flüssigkeiten besitzen endliche Relaxationszeiten, d.h. sie sind viskos, weisen aber

gleichzeitig ein elastisches Fließverhalten auf, das vom NEWTONschen Verhalten abweicht. An-

ders ausgedrückt, Nicht-NEWTONsche Flüssigkeiten vereinigen Eigenschaften von Festkörpern

(Elastizität) und Flüssigkeiten (Viskosität) in sich; ihr Verhalten bezeichnet man daher auch

als viskoelastisch.

Die Abweichungen vom NEWTONschen Verhalten (2 in Abb.84)

können scherratenabhängig oder zeitabhängig sein.

Beim scherratenabhängigen Verhalten unterscheidet man

nach:

dilatanten Fluiden (1)

scherverdünnenden bzw. strukturviskosen Fluiden (3)

BINGHAM-Fluiden (4)

CASSON-Fluiden (5)

BOGER-Fluiden (nicht abgebildet)

Die zeitabhängigen Phänomene werden Thixotropie und Rheopexie genannt (siehe S.106).

Bei Fluiden, die Dilatanz43 (nach lat. dilatus, verzögernd) zeigen, steigt die Viskosität

bei hohen Scherkräften bzw. zunehmender Schergeschwindigkeit. Die Viskositätszu-

nahme beruht auf Strukturänderungen im Fluid, wodurch die einzelnen Teilchen stär-

ker miteinander wechselwirken und auf diese Weise schlechter aneinander vorbeiglei-

ten.

Ein typisches Beispiel für ein dilatantes Fluid sind Stärkesuspensionen (engl.

oobleck), mit denen man allerlei überraschende Experimente durchführen kann

(siehe z.B. QR-Codes)44. Technischen Einsatz finden dilatante Substanzen u.a. in

spezieller Motorradbekleidung (sog. Active Protection System), die freie Beweg-

lichkeit des Trägers erlaubt, bei einem Sturz jedoch verhärtet und so Verletzun-

gen verhindern kann.

42 Unter Relaxationszeit versteht man in diesem Zusammenhang die Zeit bis zur Rückkehr in den Gleichgewichtszustand. 43 Im Englischen spricht man von shear-thickening fluids, also scherverdickenden Fluiden. Die deutsche Entsprechung

Scherverzähung wird eher selten benutzt. 44 „Intelligente Knete“ (engl. Silly Putty) gehört ebenfalls zu den dilatanten Fluiden.

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SSEEIITTEE 110044

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11

Abb.84: Fließverhalten

Page 105: Skript Fluidmechanik 2014

Unter der Strukturviskosität scherverdünnender Fluide45 versteht man das genau ent-

gegengesetzte Verhalten zur Dilatanz. Bei geringen Scherkräften bzw. kleinen Scher-

geschwindigkeiten wird NEWTONsches Verhalten beobachtet, beim Erreichen einer kri-

schen Schergeschwindigkeit nimmt die Viskosität allerdings ab. Im Unterschied zu

dilatanten Fluiden bewirken Strukturänderungen im Fluid hier, daß die Wechselwir-

kungen zwischen den einzelnen Partikel abnehmen und diese so besser aneinander

vorbeigleiten können.

Beispiele für strukturviskose Flüssigkeiten sind Blut oder Poly-

merlösungen bzw. –schmelzen, ebenso wie nichttropfende

Wandfarben. Diese tropfen nicht von der Farbrolle, da die

Scherung hier gering und die Viskosität somit hoch ist. Das

Auftragen auf die Wand geschieht jedoch leicht, weil die dün-

ne Schicht zwischen Wand und Rolle eine große Scherung her-

vorruft, die die geringe Viskosität induziert.

BINGHAM-Fluide46 zeigen Linearität zwischen Schubspannung

und Schergeschwindigkeit (also eigentlich NEWTONsches Ver-

halten), allerdings beginnen diese Stoffe erst ab einer Min-

destschubspannung , der sogenannten Fließgrenze, zu flie-

ßen. Unterhalb von verhalten sich BINGHAM-Fluide wie elas-

tische Körper. Beispiele für diese Klasse nicht-NEWTONscher

Fluide sind Ketchup und Zahnpasta.

Eine zeitliche Änderung der Viskosität bei konstanten Schergeschwindigkeiten führt zur ein-

gangs erwähnten Unterscheidung zwischen Thixotropie und Rheopexie – beide Phänomene

verhalten sich reziprok zueinander.

Manche nicht-NEWTONschen Fluide bauen bei andauernder mechanischer Beanspruchung durch

Scherung mit der Zeit die Viskosität ab. Nach Aussetzen der Scherung relaxiert die Flüssigkeit

und die ursprüngliche Viskosität wird wieder erreicht. Dieses Verhalten wird Thixotropie ge-

nannt.

45 Dieses Verhalten wird auch mitunter als Scherentzähung bezeichnet. Im Englischen heißen strukturviskose Fluide

shear-thinning fluids. 46 Diese Gruppe von Fluiden ist benannt nach dem amerikanischen Chemiker und Pionier der Rheologie EUGENE C. BINGHAM

(1878 – 1945)

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SSEEIITTEE 110055

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33

Abb.85: Nichttropfende Farbe

44

Abb.86: Ketchup

Page 106: Skript Fluidmechanik 2014

Die Struktur im Fluid ändert sich unter Scherkrafteinwirkung, so daß kleinere Wechselwirkun-

gen zwischen den Teilchen auftreten. Diese Strukturänderungen bilden sich bei bleibender

Belastung mehr oder weniger schnell zurück.

Beispiele für thixotrope Substanzen aus dem Alltag sind

Knetmassen („Weichkneten“), Ketchup47, Rasiercreme oder

Lippenstift. Die Synovialflüssigkeit in den Gelenken ist durch

die darin enthaltene Hyaluronsäure thixotrop, daher ist das

„Aufwärmen“ vor dem Sport durchaus sinnvoll.

Thixotropie darf nicht mit strukturviskosem Verhalten ver-

wechselt werden, auch wenn beide Phänomene ähnlich sind.

Bei strukturviskosen Fluiden nimmt die Viskosität durch zu-

nehmende Scherung ab, bei konstanter Scherbeanspruchung

ändert sich diese jedoch nicht.

Rheopexie – die Zunahme der

Viskosität bei andauernder me-

chanischer Beanspruchung und

Relaxation nach deren Ende –

tritt bei relativ wenigen Syste-

men auf, u.a. bei einer 40%igen

Suspension von Gips in Wasser.

Nicht zu verwechseln ist

rheopexes Verhalten mit

Dilatanz, bei der die Viskosität

durch zunehmende Scherung zu-

nimmt, bei konstanter Scherbean-

spruchung dann aber zeitlich kon-

stant bleibt.

47 Verschiedene Quellen machen unterschiedliche Angaben, ob Ketchup als BINGHAM-Fluid oder als thixotropes Fluid zu

betrachten ist. Es ist unklar, ob sich beide Beschreibungen tatsächlich ausschließen.

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SSEEIITTEE 110066

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Abb.87: Knetmasse

Abb.88: Viskositätsverlauf rheopexer und thixotroper Fluide

Page 107: Skript Fluidmechanik 2014

Anhang III: Kontrollfragen und -aufgaben

1. Womit beschäftigt sich die Hydrostatik?

2. Charakterisieren Sie den flüssigen Aggregatzustand.

3. Was besagt das Prinzip von PASCAL?

4. Was versteht man unter hydraulischer Kraftübertragung?

5. Erläutern Sie, wieso hydraulische Systeme Getriebe darstellen. Was ist Antriebs-, was ist Ab-

triebsseite?

6. Nennen Sie drei Vorteile von hydraulischen Systemen.

7. Wo werden hydraulische Antriebe eingesetzt?

8. Was versteht man unter dem hydraulischen Kraftgewinn, was ist das hydraulische Überset-

zungsverhältnis?

9. Zeichnen Sie das Schema einer hydraulischen Presse.

10. Unterscheiden Sie die verschiedenen Gruppen von Hydraulikflüssigkeiten.

11. Was ist der hydrostatische Druck?

12. Welche Aussage macht das hydrostatische Paradoxon?

13. Wo liegen bei der Seitendruckkraft Druckmittelpunkt bzw. Flächenschwerpunkt?

14. Wann spricht man von kommunizierenden Gefäßen, wie lautet die Gleichgewichtsbedingung?

15. Nennen Sie drei Anwendungen von kommunizierenden Gefäßen.

16. Was versteht man unter Auftrieb? Erläutern Sie das archimedische Prinzip.

17. Wie können Sie mit Hilfe des Auftriebs das Volumen oder die Dichte eines Körpers bestim-

men?

18. Was ist ein Aräometer?

19. Wie funktioniert eine MOHRsche Waage?

20. Welche Bedingungen müssen herrschen, damit ein Körper a) sinkt, b) schwebt, c) aufsteigt

oder d) schwimmt?

21. Unterscheiden Sie zwischen den Begriffen Kohäsion und Adhäsion?

22. Wie entsteht die Oberflächenspannung? Wie kann man sie verringern?

23. Erläutern Sie die Kapillarität.

24. Was versteht man unter Kapillaraszension, was unter Kapillardepression?

25. Nennen Sie Anwendungen des Kapillareffektes.

26. Was versteht man unter Viskosität?

27. Wodurch zeichnen sich NEWTONsche Fluide aus?

28. Wodurch zeichnen sich Nicht-NEWTONsche Fluide aus?

29. Charakterisieren Sie das Fließverhalten von Nicht-NEWTONsche Fluiden in einem Diagramm.

30. Was sind dilatante Fluide? Nennen Sie Beispiele.

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SSEEIITTEE 110077

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Page 108: Skript Fluidmechanik 2014

31. Was versteht man unter Strukturviskosität? Nennen Sie Stoffe, die diese Eigenschaft aufwei-

sen.

32. Was sind BINGHAM-Fluide? Nennen Sie Beispiele.

33. Was versteht man unter Thixotropie, was unter Rheopexie? Nennen Sie Stoffe, die diese Ei-

genschaft aufweisen.

34. Unterscheiden Sie zwischen Thixotropie und Strukturviskosität.

35. Unterscheiden Sie zwischen Rheopexie und Dilatanz.

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SSEEIITTEE 110088

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Page 109: Skript Fluidmechanik 2014

ANHANG: WICHTIGE MATHEMATISCHE GRUNDLAGEN

„Das Tor gehört zu 70% mir und zu 40% dem WILMOTS.“

INGO ANDERBRÜGGE

1. WISSENSCHAFTLICHE NOTATION (SCIENTIFIC NOTATION)

Besonders große oder kleine Zahlen sind häufig unhandlich, z.B. beträgt die Zahl der Teilchen in

einem Mol eines Stoffes etwa (≈ 602 Trilliarden), die Masse eines

Elektrons hingegen ungefähr (≈ ein Quin-

tillionstel Kilogramm)48.

In der wissenschaftlichen Notation (auch Exponentialschreibweise genannt) werden solche

Zahlen als Vielfaches einer Zehnerpotenz angegeben. Auf die oben genannten Beispiele ange-

wandt, bedeutet dies bzw. .

Eine Zahl wird also allgemein wie folgt dargestellt:

Aufgrund der Möglichkeit, das Komma prinzipiell beliebig verschieben zu können, spricht man

hier auch von Gleitkommazahlen.

Wichtig für Berechnungen: Bei der wissenschaftlichen Notation handelt es sich nicht um eine

mathematische Aufgabe, bei der Eingabe eines Wertes wie in den Taschenrechner ist

also nicht die Multiplikationstaste zu drücken, sondern – je nach Ausführung – die EE- oder EXP-

Taste, z.B. also:

48 Beide Zahlen nennt man wegen der festgelegten Stelle des Kommas auch Festkommazahlen.

6 . 0 2 2 EE

EXP

2 3 6.022 23

Eingabe Anzeige

AANNHHAANNGG:: WWIICCHHTTIIGGEE MMAATTHHEEMMAATTIISSCCHHEE GGRRUUNNDDLLAAGGEENN –– DDrr.. BBeerrnndd SSttaannggee--GGrrüünneebbeerrgg

SSEEIITTEE II

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Page 110: Skript Fluidmechanik 2014

2. ABWEICHUNGEN UND UNGENAUIGKEITEN

Alle Messungen sind von Natur aus mit Fehlern behaftet. Dabei ist hier nicht von systematischen

Fehlen die Rede, z.B. weil ein Meßgerät falsch justiert oder Meßwerte falsch abgelesen werden,

sondern von statistischen Fehlern 49.

Der Meßfehler kann durch Angabe eines Fehlerbereiches charakterisiert werden. Längen auf

einem handelsüblichen Lineal von z.B. Länge lassen sich mit einer Genauigkeit von

ablesen, d.h. der Fehlerbereich beträgt , z.B.:

oder

Eine andere Möglichkeit ist die Angabe der sogenannten signifikanten Stellen einer Zahl

(auch gültige oder geltende Ziffern genannt). Dabei handelt es sich um die angegebenen Ziffern

ohne führende Nullen. Ob endende Nullen signifikant sind, muß von Fall zu Fall entschieden wer-

den.

ZAHL DER SIGNIFIKANTEN STELLEN

2 3 4

BEIS

PIE

LE

Nach dieser Definition wäre bei der eingangs erwähnten Länge die Angabe ausrei-

chend.

Da das Rechnen mit fehlerbehafteten Größen zu enormen Abweichungen führen kann – bei Er-

gebnissen aber nicht selten exzessiv Nachkommastellen angegeben werden, die eine falsche Ge-

nauigkeit vortäuschen – gilt daher für alle Berechnungen im Physik-Unterricht folgende Regel:

49 Ein wichtiges Kriterium zur Unterscheidung oder Bewertung von systematischen und statistischen Fehlern ist die

Richtung der Abweichungen: Systematische Fehler sind einseitig gerichtet und bei wiederholten Messungen unter identischen Bedingungen immer gleich, statistische Fehler dagegen schwanken im Vorzeichen und Betrag um einen Mittelwert.

AANNHHAANNGG:: WWIICCHHTTIIGGEE MMAATTHHEEMMAATTIISSCCHHEE GGRRUUNNDDLLAAGGEENN –– DDrr.. BBeerrnndd SSttaannggee--GGrrüünneebbeerrgg

SSEEIITTEE IIII

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Page 111: Skript Fluidmechanik 2014

3. ABHÄNGIGKEITEN VON PHYSIKALISCHEN GRÖSSEN

wei physikalische Größen sind häufig direkt proportional zueinander, d.h. eine Verdopp-

lung eines Parameters führt zu einer Verdopplung der zweiten Größe.

So ist z.B. bei einer Fahrt mit konstanter Geschwindigkeit der zurückgelegte Weg der

aufgewendeten Zeit proportional, kurz: . Der Quotient beider Größen ist eine Konstante,

nämlich die Geschwindigkeit :

In einer graphischen Darstellung ergibt sich eine Ursprungsgerade mit der Steigung :

Verläuft die Halbgerade nicht durch den Ursprung (z.B. weil zum Zeitpunkt bereits ein

Streckenabschnitt zurückgelegt worden ist), so erhält man eine spezielle Form der allge-

meinen Geradengleichung ( , mit als Ordinaten- oder y-Achsenabschnitt),

hier also:

Neben der direkten (linearen) Proportionalität gibt es andere Abhängigkeiten (quadratisch, ex-

ponentiell usw.), die an dieser Stelle nicht behandelt werden sollen.

Z AANNHHAANNGG:: WWIICCHHTTIIGGEE MMAATTHHEEMMAATTIISSCCHHEE GGRRUUNNDDLLAAGGEENN –– DDrr.. BBeerrnndd SSttaannggee--GGrrüünneebbeerrgg

SSEEIITTEE IIIIII

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BBUUCCHHEENN ((OODDEENNWWAALLDD))

Page 112: Skript Fluidmechanik 2014

3.1. LINEARE REGRESSION

Bei zwei physikalischen Größen und begegnet man häufig dem Phänomen der direkten Proportionalität ( ),

d.h. in gleichem Maße wie die Größe steigt, nimmt auch die Größe zu. Nun sind Meßwerte stets mehr oder we-

niger fehlerbehaftet, d.h. sie streuen um den „wahren“ Wert. Bei der graphischen (und auch rechnerischen) Aus-

wertung solcher Meßpaare und greift man in der Regel zum Verfahren der linearen Regression. Wissenschaft-

liche Taschenrechner sind in der Lage, nach Eingabe der Daten eine solche Regression vorzunehmen, nichtsdesto-

weniger ist es auch sinnvoll, in der Lage zu sein, diese Methode auch „zu Fuß“ durchführen zu können50.

Beim Lösen von Übungsaufgaben und auch in der Praxis steht man oft vor dem Problem, die

„beste Gerade“ durch eine Reihe von Punkten zu ziehen. Man löst dieses Problem entweder

nach Augenmaß oder durch eine einfache Rechnung. Dabei bestimmt man die Konstanten

und einer Funktion so, daß die Übereinstimmung mit den experimentellen

Punkten optimal wird. Dieses Verfahren heißt lineare Regression. Es läuft wie folgt ab:

1. seien die Koordinaten der Datenpunkte, wobei von bis (Zahl der Meßwerte)

läuft.

2. Berechnet werden folgende Mittelwerte:

3. Jetzt werden die Parameter (Steigung) und (Ordinaten- bzw. Y-Achsenabschnitt) wie

folgt gebildet:

4. Wie gut die Gerade den experimentellen Werten angepaßt ist, läßt sich am

Bestimmungskoeffizienten (dem Quadrat des Korrelationskoeffizienten) ablesen:

Je näher bei 1 liegt, umso besser gibt die Gerade mit den berechneten Werten von

und den Funktionsverlauf wieder. Bei einer sehr großen Abweichung von 1 muß die Linea-

rität in Frage gestellt und die Regressionsgerade unter Auslassen möglicher Ausreißer neu

berechnet werden.

50 Die „Anleitung“ ist dem entsprechenden Absatz des Buches „Physikalische Chemie“ von P.W. Atkins entlehnt

(1. Aufl., 1987, Weinheim: VCH, S. 18), ein hilfreiches Online-Tutorial findet sich unter http://www.learn-line.nrw.de/angebote/selma/foyer/projekte/koelnproj3/start.htm (30.08.2010).

AANNHHAANNGG:: WWIICCHHTTIIGGEE MMAATTHHEEMMAATTIISSCCHHEE GGRRUUNNDDLLAAGGEENN –– DDrr.. BBeerrnndd SSttaannggee--GGrrüünneebbeerrgg

SSEEIITTEE IIVV

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BBUUCCHHEENN ((OODDEENNWWAALLDD))

Page 113: Skript Fluidmechanik 2014

Aufgabe: In einem Lager werden bei verschiedenen Metallkugeln Durchmesser und Masse ermit-

telt. Tragen Sie die Masse in Abhängigkeit vom Volumen auf und ermitteln Sie die Stei-

gung (= Proportionalitätskonstante) graphisch und rechnerisch.

Hintergrund: Für homogene Körper gilt, daß ihre Masse proportional zum eingenommenen Volumen

ist. Der Quotient aus Masse und Volumen wird Dichte (rho) genannt ( 1306):

Die Dichte ist eine für das Material des Körpers charakteristische Größe, die Werte für

feste Reinstoffe reichen von

(Lithium, Li) bis

(Osmium, Os).

Daten:

9,5 10,1 10,6 12,5 14,8 15,2 16,1 18,1 20,8 25,1

3,56 4,25 4,89 8,11 13,32 14,40 22,99 24,53 36,80 64,17

LLIINNEEAARREE RREEGGRREESSSSIIOONN –– DDrr.. BBeerrnndd SSttaannggee--GGrrüünneebbeerrgg

AABB II

ZZEENNTTRRAALLGGEEWWEERRBBEESSCCHHUULLEE

BBUUCCHHEENN ((OODDEENNWWAALLDD))

Page 114: Skript Fluidmechanik 2014

BERECHNUNGEN

LLIINNEEAARREE RREEGGRREESSSSIIOONN –– DDrr.. BBeerrnndd SSttaannggee--GGrrüünneebbeerrgg

AABB II

ZZEENNTTRRAALLGGEEWWEERRBBEESSCCHHUULLEE

BBUUCCHHEENN ((OODDEENNWWAALLDD))