Sonderausstellung im HBPG 19. Mai–9. Oktober 2006 · 3.a | Italienreise 1803–1805 (I) 33 3.b |...

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1 Die Ausstellung im Buch Sonderausstellung im HBPG 19. Mai–9. Oktober 2006

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Die Ausstellung im Buch

Sonderausstellung im HBPG 19. Mai–9. Oktober 2006

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8. | Soziales Umfeld 82

8.a | Familie 94

8.b | »Urfreund« Beuth 95

8.c | Freunde und Auftraggeber 96

9. | Städtisches Bauen 98

9.a | Zentralbereich Berlin 102

9.b | Stadtakzente Berlin 103

9.c | Städtebauliche Akzente in anderen Städten 105

9.d | Rasterbauten 106

9.e | Sichtziegelbauten 107

9.f | Wohnbauten 108

10. | Bauten auf dem Land 110

10.a | Landschlösser 114

10.b| Villenbauten 115

10.c| Nutzbauten 117

11. | Raumgeataltung 118

11.a | Fürstliche Wohnungen 122

11.b | Öffentliche Räume 123

11.c | Kirchenräume 124

12. | Kunstgewerbe 126

12.a | Möbel 132

12.b | Vorbilder für Fabrikanten u. Handwerker 133

12.c | Unedle Materialien 134

13. | Erbe und Nachklang 136

13.a | Späte Projekte 141

13.b | Architektonisches Lehrbuch 142

13.c | Schinkelmuseen 143

Inhalt

1. | Image 6

2. | Kindheit und Ausbildung 14

2.a | Kindheit 18

2.b | Neubauten in Berlin und Potsdam bis 1795 19

2.c | Skizzenbuch 21

2.d | Friedrich Gilly 22

2.e | David Gilly 24

2.f | Frühe Bauten 25

3. | Reisen 28

3.a | Italienreise 1803–1805 (I) 33

3.b | Italienreise 1803–1805 (II) 35

3.c | Italienreise 1803–1805 (III) 36

3.d | Italienreise 1824 38

3.e | Englandreise 1826 39

3.f | (Dienst-) Reisen 40

4. | Architekt und Beamter 42

4.a | Oberbaudeputation 47

4.b | Staatsarchitekt 49

4.c | Normalkirche 50

5. | Denkmalpflege 52

5.a | Marienburg und Preußen 55

5.b | Kölner Dom und Rheinlande 56

5.c | Ambivalenzen 58

6. | Bühnen- und Schaubilder 60

6.a | Schaubilder 66

6.b | Theater 67

6.c | Festausstattungen 68

7. | Bildwelten 70

7.a | Bildwelt Antike 73

7.b | Bildwelt Mittelalter 74

7.c | Bildwelt Hochgebirge 76

7.d | Bildwelt Kunst 77

7.e | Denkmäler 78

7. f | Grabmäler 79

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Der Aufbau

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Die Ausstellung

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1. | Image

Karl Friedrich Schinkel (13. März 1781– 9. Oktober 1841)

gilt als der bedeutendste preußische Architekt des 19.

Jahrhunderts. Er war ein universell denkender und schaf-

fender Mensch, ein Künstler von europäischem Format,

doch auch ein von seinem Staat geprägter – und seinen

Staat prägender – Preuße. Schinkels menschliche Be-

scheidenheit, seine politische Zurückhaltung und sein

großartiges und vielfältiges Werk ließen ihn für spätere

Generationen zur Projektionsfläche und oft auch ver-

meintlich zum Vorbild werden. Im nördlichen Mitteleu-

ropa gab es kaum einen Architekten, der sich nicht auf

Schinkel berufen hätte.

Die kunstgeschichtliche Auseinandersetzung begann erst

im 20. Jahrhundert und hatte stets den Impetus, Schin-

kel als Vorläufer der modernen Architektur darzustellen.

Seit 1931 wird das »Lebenswerk« Schinkels erarbeitet,

ein mehrbändiges monografisches Werk im Folioformat.

Ausstellungen über Schinkel und sein Werk wurden erst-

mals zur 200-Jahr-Feier 1981 veranstaltet. Seither erfährt

Schinkel große internationale Beachtung.

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Erhaltene Bauten und Denkmäler Schinkels in Deutschland und Polen

A. Bernhard 2006

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um 1798 1803 um 1810 um 1810 1819

nach 1819 1821 1823 1824 1824

1824 1826 1826 nach 1826 um 1826

um 1830 um 1828 1832 1832 1834

1835 nach 1835 1836 1836 1837

1838 1840/41 18418

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Schinkel im Bildnis

Schinkelbildnisse existieren in großer Zahl, da er eine

Person des öffentlichen Lebens war. Es fällt auf, dass nur

wenige der Bildnisse künstlerische Qualität aufweisen.

Ein seiner Persönlichkeit künstlerisch adäquates Porträt

wurde nicht geschaffen. 1851 ließ König Friedrich Wil-

helm IV. das Schmidtsche Bild in erweiterter Form ko-

pieren, für eine Bildnisgalerie von Trägern des Ordens

»Pour le Mérite – Friedensklasse«, ein Orden der erst

nach Schinkels Tod gestiftet worden war.

Die idealisierte Marmorbüste schuf Friedrich Tieck be-

reits 1819, kurz nachdem er begonnen hatte, den skulp-

turalen Schmuck des Schauspielhauses auszugestalten.

Sie wurde 1830 im Treppenhaus des Alten Museums auf-

gestellt, was die erste entsprechende öffentliche Ehrung

Schinkels darstellte. 1835 schuf Friedrich Drake eine Sta-

tuette Schinkels, die in mehreren Exemplaren existierte.

1855 wurde in der Vorhalle des Alten Museums das Mar-

morstandbild Schinkels von Tieck gemeinsam mit den

Statuen Winckelmanns und Rauchs aufgestellt. 1869

enthüllte man das Bronzedenkmal Schinkels von Drake

auf der seither Schinkelplatz genannten Dreiecksfläche

nördlich der Bauakademie. In seiner Geburtsstadt wur-

de Schinkel 1883 mit einem Denkmal von Max Wiese ge-

ehrt.

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o r i g i n a l o b j e k t e a b t e i l u n g 2

Friedrich TieckBüste Karl Friedrich Schinkelhistorischer Gipsabguss der Marmorbüste von 1819 ¥ Berlin, Schloss Tegel ¥ Friedrich Tieck kehrte 1819 aus Rom in seine Geburtsstadt Berlin zurück und wurde über Rauch mit der bildhauerischen Ausschmückung von Schin-kels in Bau befindlichen Schauspielhaus betraut. Gleichzeitig schuf er eine Marmorbüste Schinkels – das erste offizielle Bildnis des damals 38-jährigen Architekten. 1830 ließ sie der König im gerade fertiggestellten Museumsbau als offizielle Ehrung aufstellen (heute Nationalgalerie).

Schinkels Wahlspruch, von ihm selbst für seine Familie aufgesetzt»Unser Geist ist nicht frei, wenn er nicht Herr seiner Vorstellungen ist; da-gegen erscheint die Freiheit des Geistes bei jeder Selbstüberwindung, bei jedem Widerstande gegen äußere Lockung, bei jeder Pflichterfüllung, bei jedem Streben nach dem Besseren und bei jeder Wegräumung eines Hinder-nisses zu diesem Zweck. Jeder freie Moment ist ein seliger.«

Carl Brasch nach Franz KrügerBildnis Karl Friedrich Schinkel1854; Öl auf Leinwand ¥ Poznan, Nationalmuseum ¥ Franz Krüger schuf 1836 ein physionomisch getreues farbiges Kreidebildnis Schinkels. Der pol-nische Graf Atanazy Raczynski (1788–1874) ließ es für seine Galerie kopieren. Raczynski, preußischer Gesandter in Kopenhagen, Lissabon und Madrid, erwarb 1834 das Palais Unter den Linden 21 und eröffnete 1836 eine Gemäl-degalerie, die er dem Preußischen Staat vermachte und die in seiner Heimat-stadt Posen ihre endgültige Aufstellung fand.

Königlich Preußische EisengießereiEisernes Kreuz 1813 II. Klasse (am Band) ¥ Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg ¥ Die Stiftung des Eisernen Kreuzes durch den König 1813 war ein Akt der Stärkung der preußischen Volksgemeinschaft. Dies war der erste Kriegsverdienstorden in Europa, der unabhängig vom Dienstrang und Personenstand vergeben wurde. Die Gestalt legte der König in Rückgriff auf das Kreuz der Deutschen Ordensritter des Mittelalters fest. Schinkel gestalte-te danach die Details, das Material wählte er bezüglich der »Gold-gab-ich-für-Eisen«-Aktion im Kampf gegen Napoleon.

Luisenorden1813/14 an Bandschleife; Gold, Email ¥ Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg ¥ Den nach der vier Jahre zuvor verstorbenen Königin benannten Orden stiftete der König. Er sollte an preußische Frau-en verliehen werden, die sich bei der Pflege im Krieg besonders verdient gemacht hatten, unabhängig vom Familienstand. Schinkel entwarf ihn als Abstraktion des Eisernen Kreuzes, aber auch als Schmuckstück, golden mit emailliertem Kreuzbalken und Schild, in dem die sieben Sterne des Königs Kinder symbolisieren.

Karte von Europa 1807Weimar: Verlag des Geographischen Instituts; Kupferstich, koloriert ¥ Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz ¥ Zu Schinkels Ju-gendzeit wurde Europas Landkarte dramatischen Veränderungen unterwor-fen. Auf der Karte erkennt man das bis zum Rhein erweiterte Frankreich, im Osten Preußen, südlich davon Österreich und dazwischen die Staaten des 1806 gebildeten Rheinbundes.

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Karte von Europa 1828Karlsruhe: Joh. Veiten, Kupferstich, koloriert ¥ Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz ¥ Auf dem Wiener Kongress 1815 wurde die neue politische Ordnung für Europa festgelegt. Der Text erläutert die politische Entwicklung der einzelnen Territorien. Auf der Karte ist das bis zum Rhein erweiterte Preußen gut zu erkennen. Eine rote Grenzlinie markiert das Ge-biet des Deutschen Bundes, das als lockerer Staatenbund die Nachfolge des 1806 erloschenen Reiches angetreten hatte.

Säule und Kapitell von der Rotunde im Park Klein-Glienicke1835; Terrakotta ¥ Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Bran-denburg ¥ Nach einer Idee des Kronprinzen baute Schinkel an der Südwest-ecke des Glienicker Parks einen runden Aussichtspavillon, von dem man die neugebaute Glienicker Brücke und die Berlin-Potsdamer Chaussee einsehen konnte. Zwei Jahre später wurde die Laube von einer Rekonstruktion des Athener Lysikratesmonuments bekrönt. Die skulpturalen Terrakottateile des Putzbaus stellte möglicherweise Feilner her. 1938 wurde der Pavillon im Zuge des Ausbaus der Reichsstraße 1 abgerissen und parkeinwärts neu gebaut. Dabei ersetzte man die tönernen Bauteile in Sandstein. Eine Säule wurde im Glienicker Lapidarium zur Dokumentation aufbewahrt.

i n t e r a k t i v e m e d i e n s t a t i o nErhaltene Bauten SchinkelsEingetragen sind nur Bauten, die nach eigenständigen Entwürfen Schinkels entstanden. ¥ Mit einem Mausklick auf die roten Punkte der Karte rufen sie Foto und Kurzinformation zum jeweiligen Gebäude auf. ¥ Gestaltung und Umsetzung: cbc|design, Berlin ¥ Die Abbildungen und Informationen sind dem Buch »Karl Friedrich Schinkel – Führer zu seinen Bauten« entnom-men, erschienen als Begleitpublikation zu dieser Ausstellung im Deutschen Kunstverlag München/Berlin und erhältlich im Museumsshop an der Kasse.

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2. | Kindheit und Ausbildung1781 in Neuruppin geboren, wuchs Schinkel in den letz-

ten Regierungsjahren Friedrichs des Großen auf. Er wur-

de als Kind und Jugendlicher von der Spätaufklärung

und den Auswirkungen der Französischen Revolution

geprägt. Beim großen Stadtbrand von Neuruppin 1787

starb der Vater. Die Mutter zog 1794 mit den drei jünge-

ren Kindern nach Berlin, wo Schinkel das Gymnasium

zum Grauen Kloster besuchte. Ein auf der Akademie-Aus-

stellung gezeigter Entwurf des jungen Architekten Fried-

rich Gilly faszinierte Schinkel derart, dass er beschloss,

die Schule zu verlassen und selbst Architekt zu werden.

Bei dem Vater Gillys, dem Landbaumeister David Gilly,

absolvierte er eine Lehre, die er durch ein kurzes Studi-

um an der neu gegründeten Bauakademie ergänzte. 1800

starb der von Schinkel hochverehrte Friedrich Gilly an

Tuberkulose. Der damals 19-jährige Schinkel galt bereits

als dessen architektonischer Erbe und konnte durch

David Gillys Vermittlung die von Friedrich Gilly über-

nommenen Bauvorhaben fort- bzw. ausführen. Daneben

sammelte Schinkel erste Erfahrungen mit eigenen Bau-

projekten.

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Wohn- und Ausbildungsorte in Kindheit und Jugendin Neuruppin und Berlin bis zur Italienreise 1803

1 Neuruppin, Archidiakonatshaus am Kirchplatz, Geburtshaus(Wohnort 1781–1785)

2 Neuruppin, Inspektorhaus am Kirchplatz (Wohnort 1785–1787)

3 Bechlin, Pfarrhaus, Notunterkunft nach dem Stadtbrand vom 26.08.1787

4 Neuruppin, Predigerwitwenhaus Fischbänkengasse 8(September 1787–Ostern 1794)

5 Berlin, Predigerwitwenhaus Papen-straße 10 (Ostern 1794–Ende 1797 oder Februar 1798)

6 Berlin, Apotheke zum weißen Schwan Spandauer Straße 77, Heidereuter-gasse 1–3 (ab 1791 Wohn- und Geschäfts-haus von Schinkels Onkel und VormundValentin (d. J.) Rose (1762–1807).

7 Berlin, Wohnhaus Gilly Taubenstraße 16(Ende 1798–1803?)

8 Berlin, Wohnhaus Steinmeyer Friedrich-straße 103, von Schinkel 1802 ausgeführt

A Neuruppin, Notschule nach dem Stadt-brand in der ehemaligen Soldatenkinder-schule (vermutlich von Schinkel 1787–1791 besucht)

B Neuruppin, Friedrich Wilhelms-Schule, 24.11.1791 eröffnet (von Schinkel 1791bis Ostern 1794 besucht)

C Berlin, Gymnasiun zum Grauen Kloster (Schulbesuch von Ostern 1794 bis Herbst1797)

D Berlin, Wohnhaus und Baugeschäft DavidGilly, Taubenstraße 16, Lehrstätte Schinkels(spätestens Februar 1798 bis 1799)

E Berlin, Gebäude der Münze, Bauakade-mie (Besuch 1799/1800)

F Berlin, Akademie der Künste, Aus-stellungsräume im Marstall Unter den Linden (erster Besuch einer Akademie-ausstellung September 1797)

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David GillyHandbuch der Land-Bau-Kunst (Erster Theil)Berlin 1798 ¥ Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Branden-burg ¥ Der Schwerpunkt von David Gillys Schaffen war Bautätigkeit auf dem Lande. Sein Handbuch wurde ein Grundlagenwerk der Architektur und erschien bis Mitte des 19. Jahrhunderts in mehreren Auflagen. Es enthält Anleitungen zum Bau ländlicher Wohn- und Wirtschaftsgebäude mit syste-matischer Erläuterung von Funktion, Konstruktion und Stil. Mit den Typen-entwürfen verbreitete er einen ländlichen Klassizismus, der zeitlich lange anhielt.

Mitglieder des Ober-Bau-DepartementsSammlung nützlicher Aufsätze und Nachrichten, die Baukunst betreffendBand 1, 1797 ¥ Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Branden-burg ¥ In dem Periodikum veröffentlichte David Gilly zunächst mehrere Aufsätze, die besonders technische Anregungen und Verbesserungen ent-hielten, wie z. B. die Verwendung von Lehmziegeln und Raseneisenstein. Ab 1805 gab er die »Sammlung« alleine heraus. Die Vignette zeigt das Schloss Steinhöfel, das er 1790–1795 für Hofmarschall von Massow baute und in mancher Hinsicht Vorbild für die Gestaltung der Anlage von Paretz wurde.

Christian Daniel RauchBüste Friedrich II. Modell 1846; Marmor ¥ Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg ¥ Schinkel war fünf, als Friedrich der Große starb. Der König lebte damals schon zurückgezogen, so kannte Schinkel ihn eher über Er-zählungen aus den Jahren des Siebenjährigen Krieges und kaum als aktiven Monarchen. Schinkel kam über den Entwurf Friedrich Gillys zu einem Fried-richsdenkmal zum Entschluss, Architekt zu werden. Später schuf er selbst mehrere Entwürfe zu Friedrichsdenkmälern, die aber nicht verwirklicht wur-den.

Gottfried SchadowBüste Friedrich Wilhelm II.2006; Gipsabguss (Original um 1792; Marmor) ¥ Haus der Brandenbur-gisch-Preußischen Geschichte ¥ Der König war in seinen elf Regierungs-jahren politisch weniger bedeutend. Für die Kunstwelt bedeuteten sie aber eine große Beförderung und den Durchbruch des Klassizismus. Der junge Schinkel dürfte von dem König gehört haben, denn dieser widmete sich per-sönlich dem Wiederaufbau Neuruppins nach dem Brand von 1787. Schinkel beteiligte sich 1827–1829 an der Gestaltung und Aufstellungsart des Denk-mals Friedrich Wilhelms II. in Neuruppin.

Christian Daniel RauchBüste Friedrich Wilhelm III. 1876 (Modell 1815); Marmor ¥ Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg ¥ Friedrich Wilhelm III. gelangte auf den preußischen Thron, als Schinkel 16 war. Die 43-jährige Regierungszeit führte dazu, dass Schinkel nur unter diesem König wirkte. Oft wird auf ein gespanntes Verhält-nis zwischen dem »sparsamen« König und dem entwurfsfreudigen Schinkel hingewiesen. Doch müssen sich beide in ihrer 30-jährigen, bisweilen sehr fruchtbaren »Zusammenarbeit« sehr genau kennen gelernt und in gewisser Weise geschätzt haben.

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Karl Friedrich SchinkelSkizzenbuchum 1798; 261 Seiten ¥ Stiftung Stadtmuseum Berlin ¥ Als eines der we-nigen persönlichen Zeugnisse Schinkels konnte 1972 aus dem Kunsthandel dieses Skizzenbuch für das damalige Berlin Museum erworben werden, das neben Architekturskizzen auch ein Selbstbildnis, verschiedene Karikaturen und Skizzen von anderer Hand enthält (überwiegend Feder-, einige Bleistift-zeichnungen). Datiert wird die damals wohl nicht öffentlich zugängliche Kladde über eine Zeichnung zum Rastatter Kongress 1797–1799.

unbekannter Monogrammist »FB« nach Carl RöslerBildnis Carl Friedrich Schinkel zu Beginn der Italienreise in Rom 1803um 1931?, Bleistift ¥ Berlin, Ch. Wollmann ¥ Das ehemals in der Nati-onalgalerie befindliche Gemälde, nach dem diese Zeichnung entstand, ist seit Kriegsende verloren. Es zeigte den 22jährigen Schinkel als einen selbst-bewussten jungen Mann von nicht uneitler Haltung. Nach einer kleinen Erbschaft von der Mutter und ersten Bauausführungen hatte Schinkel 1803 genügend Kapital für eine zweijährige Italienreise, die Jugend und Frühwerk abschloss. Die Zeichnung entstand nach Eigentümerüberlieferung anläss-lich Schinkels 150. Geburtstag.

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2. a | KindheitSchinkel wurde am 13. März 1781 in Neuruppin geboren.

Er war das mittlere von fünf Kindern des evangelischen

Geistlichen Hans Cuno Christoph Schinkel und der Kauf-

mannstochter Dorothea Rose. Seine ersten sechs Lebens-

jahre verbrachte er unbesorgt, bis ein Großfeuer die klei-

ne Landstadt vernichtete. Der Vater übernahm sich bei

den Rettungsarbeiten und starb kurze Zeit später. 1794

zog die Mutter mit den drei jüngeren Kindern nach Ber-

lin, wo sie familiäre Beziehungen hatte. Dort wohnte die

Kleinfamilie im Predigerwitwenhaus nahe der Marien-

kirche. Schinkel und sein um ein Jahr jüngerer Bruder

gingen auf das Gymnasium zum Grauen Kloster, er war

ein mäßiger Schüler, dessen Zeichentalent auffiel.

1 | unbekannter Künstler: Dorothea Schinkel, geb. RoseHeimatmuseum Neuruppin ¥ Schinkels Mutter (1749–1800) entstammte einer erfolgreichen Kaufmanns- und Apothekerfamilie. Sie war vermutlich eine weniger herzliche als praktische Frau. Nachdem Tochter Sophie den Prediger Wagner in Kränzlin geheiratet hatte und die Tochter Dorothea in diesem Haushalt untergekommen war, zog Dorothea mit den drei jüngeren Kindern, vermutlich wegen der besseren Schulausbildung der beiden Söhne, 1794 nach Berlin. Friedrich Gedike war Rektor am Gymnasium zum Grauen Kloster und nahm sich wohl der beiden Söhne des verstorbenen Freundes an. Schinkels Bruder starb plötzlich 1797, für ihn ein schwerer Verlust, da er den begabteren jüngeren stets bewundert hatte. Nach dem Tod der Mutter war Schinkel Vollwaise und hatte seine Erbschaft wie die übrigen wirtschaft-lichen Verhältnisse mit seinem Cousin Valentin abzustimmen.

2 | unbekannter Künstler: Johann Christoph SchinkelHeimatmuseum Neuruppin ¥ Schinkels Vater (1736–1787) war evangeli-scher Geistlicher in fünfter Generation. Er war ein sehr aufgeklärter Geist, was auch seine Predigten prägte. 1786 wurde er Superintendent für Kirchen und Schulen in Neuruppin. Er unterhielt Kontakte zu Geistesgrößen in Ber-lin, wie Friedrich Gedike. Schinkel, mehr auf den Vater als auf die Mutter fi-xiert, traf der Verlust des Vaters besonders. Zum Vormund der fünf Kinder – damals wurde man erst mit 25 volljährig – wurde der Geheimrat Nöldichen bestimmt.

3 | Friedrich Genelly : »Überbleibsel der Stadt Ruppin nach dem großen Brande«, nach 1787Kupferstich, Staatsbibliothek Berlin, PK ¥ Am 26. August 1787 brach in Neuruppin ein Feuer aus und verbreitete sich schnell. Entsprechend der weitgehenden Fachwerkbauweise der städtischen Häuser wurde Neuruppin durch den Brand fast ganz zerstört. Erhalten blieben nur die Klosterkirche und die Ruine der Pfarrkirche. Der starke Zerstörungsgrad wurde zum Anlass genommen, aus hygienischen und feuersicherheitstechnischen Gründen das Stadtgefüge neu zu strukturieren. Die Planungen dazu schuf das Berliner Oberbaudepartement. Sieben Jahre seiner Kindheit verbrachte Schinkel da-mit auf einer Großbaustelle.

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4 | D. Nicolai, A. F. Schnackenburg: Plan von Neuruppin, März 1786 Kupferstich, Staatsbibliothek Berlin, PK ¥ Neuruppin war eine typische mär-kische Landstadt. Sie besaß nur die vier Jahre, die Kronprinz Friedrich (II.) hier 1732–1736 verbringen musste, ein wenig den Glanz einer kleinen Resi-denz. Das Pfarrhaus, in dem Schinkel seine Kindheit verbrachte, lag am Markt neben der Pfarrkirche. Das Predigerwitwenheim, in das die Familie nach dem Stadtbrand zog, lag in dem unzerstörten Viertel nahe der Klosterkirche.

5 | Johann Georg Rosenberg: Neuer Markt und die Marienkirche in Berlin, 1785Radierung, Stiftung Stadtmuseum Berlin ¥ Das Predigerwitwenheim, in das Frau Schinkel mit ihren Kindern 1794 zog, befand sich in der Papenstra-ße 10 (Abbildung hinten links am Neuen Markt). Schinkel wuchs hier in der Berliner Altstadt auf, in der seinerzeit noch zahlreiche mittelalterliche Bau-werke standen, so auch seine Schule im ehemaligen Franziskanerkloster. Sein Schulweg führte ihn an der Marienkirche und dem alten Rathaus vorbei. Ganz nahe des Heims lag die »Apotheke Zum Weißen Schwan« von Schinkels Cousin Valentin Rose.

r e p r o t a f e l

2. b | Neubauten in Berlin und Potsdam bis 1795

Nach dem Tod Friedrichs II. ließ sein Neffe und Nach-

folger Friedrich Wilhelm II. (1786–1797) zahlreiche mo-

numentale Neubauten errichten, unter denen das Bran-

denburger Tor das bekannteste ist. Sein Erbauer Carl

Gotthard Langhans gilt als der bedeutendste Architekt

Preußens vor Schinkel. Er errichtete u.a. das noch erhal-

tene anatomische Theater, den Turmaufsatz der Mari-

enkirche und das Nationaltheater auf dem Gendarmen-

markt, dessen Ruine Schinkel nach dem Brand von 1817

zum Schauspielhaus ausbaute. In Potsdam wirkten Carl

v. Gontard und Andreas Ludwig Krüger, hier entstanden

das Marmorpalais und seine Nebengebäude, die Wache,

das Schauspielhaus und der Kutschpferdestall.

1 | Andreas Ludwig Krüger: Kutschpferdestall am Neuen Markt in Potsdam, 1781/1789Federzeichnung, Aquarell, SPSG ¥ Als Erweiterung des Potsdamer Stadt-schlosskomplexes ließ Friedrich Wilhelm II. am Neuen Markt den Kutsch-pferdestall von Andreas Ludwig Krüger 1787–1789 in frühklassizistischen Formen errichten. Das Gebäude ist von einer Quadriga bekrönt, die von ei-nem Leibkutscher gelenkt wird – ein profaner Zug, der Schinkels Zeit völlig fremd gewesen wäre.

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2 | Daniel Berger nach Peter Ludwig Lütke d. J.: Brandenburger Tor von Osten, 1798 Aquatinta, Stiftung Stadtmuseum Berlin ¥ Das westliche Stadttor Berlins ließ Friedrich Wilhelm II. 1789–1791 von Carl Gotthard Langhans neu erbau-en. Es war Sieges- und Friedenssymbol gleichermaßen. Entworfen wurde es nach Vorbild der Propyläen der Athener Akropolis in dorischen Stilformen. Die Sandsteinarchitektur sollte marmorweiß gefasst werden. Die von Scha-dow geschaffene Quadriga war 1794 vollendet, in dem Jahr, in dem Familie Schinkel nach Berlin umzog.

3 | Carl Gotthard Langhans: Entwurf für den Turmaufsatz der Berliner Marienkirche, um 1789Federzeichnung, Stiftung Stadtmuseum Berlin ¥ Der Turmaufsatz der Marienkirche wurde durch Blitzschlag zerstört. 1789/90 erbaute Carl Gott-hard Langhans eine neue kupferbeschlagene Holzkonstruktion. Die gotisie-renden Formen sollten dem alten Gotteshaus angepasst sein. Dieser »zopfig« anmutende Aufsatz war sandsteinfarben gefasst. Da die Familie direkt an der Marienkirche wohnte, sah Schinkel täglich diesen Turm.

4 | unbekannter Künstler: Das Marmorpalais bei Potsdam, um 1789Feder, Aquarell, SPSG ¥ Als neue Sommerresidenz ließ sich Friedrich Wil-helm II. nordöstlich von Potsdam das Marmorpalais 1787–1791 von Carl v. Gontard und Carl Gotthard Langhans erbauen. Es stellt mit seinen Baufor-men eine Rezeption des italienischen Renaissancearchitekten Palladio und den Stilwandel nach dem Tod Friedrichs II. dar. Darüber hinaus ist es eines der wenigen Beispiele seiner Zeit mit Sichtziegelfassaden.

5 | C. G. Langhans oder M. P. D. Boumann: Aufriss des Theaters in Potsdam, 1793 Federzeichnung, SPSG ¥ Der theaterbegeisterte König Friedrich Wilhelm II. ließ auch in Potsdam 1793–1795 ein Schauspielhaus durch Langhans errichten. Es beherrschte mit seinem gewaltigen Bohlensparrendach die nordöstliche Innenstadt am Stadtkanal. Diese holzsparende gewölbte Dach-konstruktion machte sich vor allem David Gilly zu eigen und verbreitete sie im ländlichen Typenbau.

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2. c | Skizzenbuch

Von Schinkel sind nur sehr wenige persönliche Doku-

mente überliefert, er machte wenig Aufhebens von seiner

Person. Seine Erben haben dies geachtet. Somit kommt

einem Skizzenbuch, das 1972 aus dem Kunsthandel für

das damalige Berlin Museum angekauft wurde, ein großer

dokumentarischer Wert zu. Aufgrund einer Zeichnung

zum Rastatter Kongress (9.12.1797–23.4.1799) kann es

ungefähr datiert werden. Es enthält nicht ausschließlich

Zeichnungen von Schinkel und scheint weniger ein offi-

zielles Zeichenbuch, als eine private Kladde gewesen zu

sein. Die Blätter von seiner Hand zeigen Architektur- und

Zeichenstudien, aber auch zotige Personendarstellun-

gen und Verse.

1 | Pyramiden-Denkmal (Skizzenbuch S. 161), um 1798Federzeichnung, Stiftung Stadtmuseum Berlin ¥ Die Zeichnung eines Obelisken geht offenbar auf die Beschäftigung mit Friedrich Gillys Entwurf zum Denkmal Friedrichs des Großen zurück, wobei hier eine obeliskartige Pyramide auf einem sehr schlichten Unterbau steht, dessen Aufgänge von Sphinxfiguren flankiert werden.

2 | Mäuse (Skizzenbuch S. 193), um 1798Federzeichnung, Stiftung Stadtmuseum Berlin ¥ Das Skizzenbuch enthält auch dekorative Zeichnungen, die offenbar nur als gedankliche Fingerübun-gen dienten. Die silhouettenartige Darstellung von Mäusen in neun Reihen variiert das Tier in vielfältiger Weise, wobei die anatomisch unrealistischen Schwanzverschlingungen kalligrafischen Initialen ähneln. Entsprechend des Alters des Künstlers fehlt auch eine Kopulationsszene nicht.

3 | »Friedenskongress in Rastatt« (Skizzenbuch S. 203), um 1798Federzeichnung, Stiftung Stadtmuseum Berlin ¥ Auf dem Rastatter Kon-gress wurde die Abtretung des linken Rheinufers vom Heiligen Römischen Reich an Frankreich bewilligt. Schinkel hatte keine Vorstellung vom Ort des Geschehens und fantasierte sich eine zeitgemäße Raumarchitektur, in die er Napoleon positionierte. Die Zeichnung scheint als Karikatur gedacht zu sein, in der im »Friedenskongress« Napoleon Diktat ausübt.

4 | Inneres einer Basilika (Skizzenbuch S. 253), um 1798Federzeichnung, Stiftung Stadtmuseum Berlin ¥ Ab 1798 machte Schinkel bei dem Architekten David Gilly eine Art Lehre und wohnte in dessen Haus-halt. Dort standen ihm Vorlagewerke der neuesten Architekturentwicklung zur Verfügung. Diese und die Entwürfe Friedrich Gillys hat Schinkel vielfach kopiert oder sich zu Studienzwecken skizziert. Darüber bekam er am nach-drücklichsten die Grundlagen der so genannten Revolutionsarchitektur ver-mittelt. Der dargestellte Raum mit den eigenwillig proportionierten Säulen ist ein anschauliches Beispiel dafür.

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5 | Brustbild eines grinsenden Mannes (Skizzenbuch S. 223), um 1798Federzeichnung, Stiftung Stadtmuseum Berlin ¥ Im Skizzenbuch befin-den sich einige karikaturhafte Bildnisse. Ob sie, wie dieser grinsende Mann, konkrete Personen darstellen, ist unbekannt. Schinkel porträtierte sich im Skizzenbuch auch selbst. Obwohl er seinen jüngeren Bruder, dem das Ler-nen leichter fiel, bewunderte und er zur Zeit des Skizzenbuches seinen Leh-rer Gilly vergötterte, scheint Schinkel keinen Mangel an Selbstbewusstsein gelitten zu haben. Die teilweise noch recht ungelenken Zeichnungen hielt er wohl für so bedeutend, dass er sie meist mit »Schinckel fec« signierte.

6 | Mann mit herausgestreckter Zunge (Skizzenbuch S. 261), um 1798Federzeichnung, Stiftung Stadtmuseum Berlin ¥ Die Zeichnung scheint eine debile Person darzustellen. Möglicherweise wollte Schinkel aber auch den »Streitt in Bernau« in diesem Geisteszustand abbilden. Der 17- oder 18-jährige Schinkel offenbart sich mit den Zeichnungen des Skizzenbuchs als eine bisweilen uncharmante und noch nicht ausgereifte Person. Für den jun-gen Schinkel ist ein aufbrausendes bis jähzorniges Temperament überliefert.

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2. d | Friedrich Gilly1797 sah Schinkel in der Akademie-Ausstellung den Ent-

wurf des nur neun Jahre älteren Architekten Friedrich

Gilly für das Friedrichsdenkmal. Dieser beeindruckte ihn

derart nachhaltig, dass er beschloss Architekt zu werden.

Friedrich Gilly war der Sohn des Baumeisters David Gil-

ly. Er konnte nur wenige Bauten verwirklichen, war aber

über seine Entwürfe weithin berühmt. 1799 stiftete Gil-

ly als Weiterbildungseinrichtung die »Privatgesellschaft

junger Architekten«, zu der Gentz, Rabe, Haller von Hal-

lerstein, Zitelmann, C. F. Langhans und Schinkel gehör-

ten. Friedrich Gilly starb 1800, was allgemein als großer

Verlust der modernen Architekturentwicklung begriffen

wurde. Zuvor übertrug er offenbar in Todesahnung Schin-

kel die weitere Ausführung laufender Bauprojekte.

1 | Friedrich Gilly: Entwurf zu einem Denkmal Friedrich II., 1797Feder, Deckfarben, Kupferstichkabinett, SMB ¥ Dieses Denkmal auf dem Leipziger Platz in Berlin ist Friedrich Gillys berühmtester Entwurf und war für Schinkel die Initialzündung, Architekt zu werden. Entsprechend der so genannten Revolutionsarchitektur ist es kein Standbild, sondern ein Gebäu-de, das als eine Art Scheinmausoleum Wesen und Größe des geehrten Königs symbolisieren sollte. Das Blatt wurde von David Gillys Witwe der Oberbaude-putation vermacht und hing lange Zeit in Schinkels Diensträumen. 1

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2 | Friedrich Gilly: Selbstbildnis mit Marie Ulrique Hainchelin, 16. 10. 1798Federzeichnung, Privatbesitz (aus: Kat. Friedrich Gilly, Berlin 1984, S. 78) ¥ Von Friedrich Gilly sind neben der posthum gefertigten Büste Gottfried Schadows kaum Bildnisse überliefert. Dieses Doppelselbstbildnis mit Ma-rie Ulrique Hainchelin von 1798 ist wohl in Wien entstanden, wo er nach einem ersten Tuberkulose-Anfall weilte. 1799 heiratete das Paar, sein Sohn starb bereits als Säugling im März 1800. Vermutlich schwächte dies Gillys Gesundheitszustand zusätzlich, er starb am 3. August in Karlsbad. Schinkel besuchte das dortige Grab 1801 auf einer Reise nach Köstritz.

3 | Friedrich Gilly: Entwurf zu einer Basilika nach Philibert de Lorme, 1798Feder, Aquarell, Kunstbibliothek, SMB ¥ De L’Orme war der bedeutends-te französische Architekturtheoretiker des 16. Jahrhunderts. Sein Buch »De L’Architecture« wurde wie sein Urheber Ende des 18. Jahrhunderts in Frank-reich wieder sehr geschätzt. Friedrich Gilly zeichnete diese »Basilika«, die nur im Grundtyp de L’Ormes Entwurf entspricht, in die moderne Formensprache um. Schinkel kopierte das Blatt in einer Reinzeichnung und hielt den Typus in seinem Skizzenbuch fest.

4 | Friedrich Gilly: Entwurf eines Nationaltheaters auf dem Gendarmen-markt, um 1799Federzeichnung, ehemals TH Charlottenburg (verschollen) ¥ Friedrich Gil-ly hoffte, mit diesem berühmt gewordenen Entwurf das neue Nationaltheater auf dem Gendarmenmarkt in Berlin bauen zu können. Der symmetrische Bau sollte im vorderen Teil des Platzes zwischen den beiden friderizianischen Kuppeltürmen vermitteln, die zur stilistischen Angleichung gleichsam »ge-köpft« werden sollten. Stattdessen baute 1800 C. G. Langhans auf dem hinte-ren Platz den Theaterbau, den Schinkel später zum Schauspielhaus umbau-en sollte.

5 | Friedrich Gilly: Entwurf zur Nikolaikirche in Potsdam, 1796Federzeichnung, Kupferstichkabinett SMB ¥ Die 1795 abgebrannte Pots-damer Nikolaikirche wurde zur Baumaterialgewinnung für das neue Schau-spielhaus abgerissen. Friedrich Gilly machte diesen radikalen Entwurf zum Neubau. Ein kubischer Zentralbau mit dorischem Portikus sollte von einer sehr flachen Kuppel abgeschlossen werden. Dieser nicht ausgeführte Ent-wurf bildete letztlich die Grundlage für Schinkels ab 1830 gebauten Neubau.

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2. e | David Gilly

David Gilly (1748–1808), Vater Friedrich Gillys, war Bau-

meister und Baubeamter. 1779 wurde er Baudirektor

von Pommern, 1788 als Mitglied der königlichen Ober-

baudepartements in Berlin ernannt. Damit erhielt er

die Aufsicht über das Bauwesen weiter Teile Preußens,

Aufgaben, wie sie Schinkel später ähnlich als Beamter

übernahm. Schinkel wollte zwar von Friedrich Gilly aus-

gebildet werden, aber da der in Frankreich weilte, ging

Schinkel 1798 eine Art Lehrvertrag mit David Gilly ein.

Dieser nahm Lieblingsschüler im eigenen Hause auf,

so konnte Schinkel den Haushalt seiner Mutter als 17-

Jähriger verlassen. David Gilly leitete die Gründung der

Bauakademie ein. Als Schüler des Erstsemesters konnte

Schinkel 1799 neben Vater und Sohn Gilly auch die Archi-

tekten Langhans, Gentz, Eytelwein und den Archäologen

Hirth hören, bedeutende Personen für seinen späteren

Lebensweg.

1 | J. S. Halle nach D. Chodowiecky: Bildnis David Gilly, 1796Kupferstich, Kupferstichkabinett, SMB ¥ David Gilly tat sich neben seiner Architektentätigkeit als Fachschriftsteller hervor. Hierdurch gewann er gro-ßes Ansehen. Durch die französische Besetzung und die im Frieden von Til-sit ausgehandelten Kontributionszahlungen Preußens an Frankreich stellte der Staat seine Zahlung von Beamtengehältern ein. David Gilly, der ein wirt-schaftlich gut situierter Mann gewesen war, geriet darüber in Not und starb 1808 verarmt.

2 | unbekannter Künstler: Schloss Paretz (Paretzer Skizzenbuch), nach 1799Feder Aquarell, SPSG ¥ Neben seiner Tätigkeit als Landbaumeister zur Re-strukturierung von Gütern und Dörfern baute David Gilly auch für das Kö-nigspaar. Das Hauptwerk war hier die Gesamtanlage von Paretz ab 1797 mit »Schloss«, Gutshof, Kirche und Kleingehöften. Das Schloss ist ein langgezo-genes schlichtes Gebäude, mit dem der König geradezu ein Gutsherrengeba-ren demonstrierte.

3 | unbekannter Künstler: Schmiede in Paretz (Paretzer Skizzenbuch), nach 1799Feder, Aquarell, SPSG ¥ Die Schmiede wurde von Gilly zur Auszeichnung ih-res besonderen Zweckes in malerischen, neugotischen Stilformen gestaltet. Wie bei allen Bauten in Paretz wurden die architektonischen Formen durch eine stark akzentuierende Farbfassung ergänzt.

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4 | unbekannter Künstler: Gehöft des Bauern Wegener (Paretzer Skizzenbuch), nach 1799Feder, Aquarell, SPSG ¥ Die Gehöfte wurden zumeist als Dreiseithöfe an-gelegt. Damit wurde eine Längsseite des traufständigen Wohnbaus und die Giebelseite der Stallung zu den Straßenraum prägenden Fassaden. Alle Bau-ten waren typisiert, wie dies aus ökonomischen Gründen auch bei der Neu-strukturierung von Dörfern in den östlichen Provinzen Preußens erfolgte. 5 | Louis Serruier: Ansicht des Münzgebäudes zu Berlin, nach 1802Feder, Aquarell, SPSG ¥ Heinrich Gentz (1766–1811), Schwager von Fried-rich Gilly, baute 1798–1800 am Werderschen Markt das Neue Münzgebäude. Damit schuf er einen der wichtigsten frühklassizistischen Bauten Preußens. Den heute noch erhaltenen berühmten umlaufenden Schmuckfries schuf Gottfried Schadow nach Entwurf Friedrich Gillys. Neben den Münzstätten befand sich in dem Gebäude die 1804 gegründete Oberbaudeputation und die 1799 gestiftete Bauakademie.

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2. f | Frühe BautenSchinkel entwickelte schnell seine architektonischen

Entwurfsfähigkeiten. Bereits mit 19 Jahren konnte er

erste Entwürfe verwirklichen. 1801 brannte der Ort Qui-

litz (später Neuhardenberg) ab, den der Gutsherr v. Pritt-

witz schon zuvor neu strukturieren wollte. Für Schinkel

war dies ein erster Großauftrag, einen ganzen Ort mit

Typenbauten neu zu bauen. In der Umgebung konnte er

verschiedene Wirtschaftsbauten errichten, der bedeu-

tendste war die heute noch erhaltene »Molkenbasilika«

in Bärwinkel. Beim Wiederaufbau der Quilitzer Kirche

emanzipierte er sich von seinem Lehrer, indem er sich

gegen dessen Bohlensparrendachentwurf durchsetzte.

Schinkels frühe Bauten und Entwürfe waren bereits von

erstaunlicher Qualität, hatten jedoch noch keine eigene

»Handschrift«.

1 | Pomonatempel bei Potsdam, 1800Feder, Aquarell, Bleistift, Stiftung Stadtmuseum Berlin ¥ Als frühestes ar-chitektonisches Werk Schinkels gilt allgemein der Pomonatempel, der 1800 für den Kartographen v. Oesfeld am damaligen Judenberg nördlich Potsdams entstand. Er ist ein schlichter Teepavillon nach Vorbild des Niketempels auf der Akropolis von Athen, den Schinkel durch Stichveröffentlichung kannte. Das Gebäude und sein Garten übernahm später der preußische König, wo-mit die weitere gärtnerische Ausgestaltung des nun Pfingstberg genannten Gebietes eingeleitet wurde.

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2 | Entwurf zu einem Schloß in Köstritz, Hofseite, 1802Feder und Pinsel, Kupferstichkabinett, SMB ¥ 1801 lernte Schinkel den Grafen Heinrich XLIII. Reuß kennen, der ihm ein väterlicher Freund wurde. Viel Energie setzte Schinkel 1802 in einen Neubauentwurf für Schloss Köst-ritz, der aber nicht umgesetzt wurde. Die mächtige Dreiflügelanlage weist die harten Formen der damals modernen »Revolutionsarchitektur« auf. Verwirk-licht wurden kleine und pittoreske Gartenarchitekturen.

3 | Entwurf eines Museums, 1800Feder, Deckfarben, Privatbesitz ¥ In den ersten Jahren seiner Tätigkeit beschäftigte sich Schinkel bereits mit der damals neuen Bauaufgabe eines Museums. Bei diesem Entwurf ist das nach außen fensterlose Gebäude nur durch seinen achtsäuligen, zweireihigen korinthischen Portikus ausgezeich-net. Im Gegensatz zu späteren Entwurfsdarstellungen ist die umgebende Landschaft etwas spröde wiedergegeben.

4 | Grundriss zum Museumsentwurf, 1800Federzeichnung, Kunstbibliothek, SMB ¥ Das Museumgebäude gruppiert sich mit mehreren Flügeln um zwei tief liegende Höfe, über die die Galerien belichtet werden. Zwei überkuppelte Rotunden bilden die Verteilerräume. Als nur eingeschossiger Bau besitzt er kein Treppenhaus. Bei allen auffallen-den Unterschieden liegen hier schon Grundmotive des bis 1830 von Schinkel erbauten (Alten) Museums in Berlin vor.

5 | Entwurf zu einem Landhaus am Wasser, 1801Federzeichnung, Kupferstichkabinett, SMB ¥ Architekturen am Wasser waren um 1800 beliebte Motive. Bei diesem Landhaus stehen die schlichte kubische Gruppierung und die modernen Architekturformen deutlich vor der eigentlichen Zweckbestimmung. Man beachte die noch nüchterne land-schaftliche Einbindung durch einfache hochstämmige Bäume.

6 | Leuchtturm im Park von Owinsk, um 1805Feder, Aquarell, Kupferstichkabinett SMB ¥ Für die Familie v. Treskow führte Schinkel gemeinsam mit Ludwig Catel den langgestreckten Herren-hausbau des »Schlosses« Owinsk an der Warthe aus. Zuvor war David Gilly hier Bauführer. Die kleinen Parkarchitekturen konnte Schinkel nach seinem eigenen Entwurf bauen, so einen »Blumensalon« und den als Aussichtspunkt auf einem Hügel über der Warthe dienenden Leuchtturm.

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3. | ReisenSchinkel unternahm in seinem Leben zahlreiche Rei-

sen und lernte dadurch deutsche Länder, Italien, die

Schweiz, die Niederlande, Frankreich, England und

Schottland kennen. Die große Italientour 1803–1805, die

ihn über Paris zurückführte, wurde für ihn die wohl wich-

tigste Reise. Hier erwarb er durch Anschauung das künst-

lerische Kapital für seine spätere Tätigkeit. 1816 reiste

Schinkel durch Norddeutschland, Brabant und Holland,

wobei besonders das Rheinland mit seinem antiken und

mittelalterlichen Erbe prägende Spuren hinterließ. Eine

zweite Italienreise mit dem Kunsthistoriker Waagen er-

folgte 1824 zu Studienzwecken in Vorbereitung auf den

Berliner Museumsbau. Auf einer dritten Italienreise

stellte Schinkel 1830 seiner Familie Oberitalien vor. 1826

fuhr Schinkel mit Peter Beuth nach England, Wales und

Schottland, überwiegend um das britische Gewerbewe-

sen zu erkunden.

Ergänzt wurden diese großen Reisen durch die Dienst-

reisen, zu denen er als Baubeamter verpflichtet war. Sie

erhielten durch die Mitnahme von Ehefrau und Kindern

gelegentlich familiären Charakter, so wie die seit 1829

unternommenen Erholungsreisen zu Kurorten auch der

Erledigung dienstlicher Angelegenheiten dienten.

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London

Paris

BristolBath

Brighton

Oxford

BirminghamLeicester

Sheffield

Glasgow Edinburgh

Staffa

CarlisleNewcastle/T

Durham

Lancester YorkLeeds

ManchesterLiverpool

ConwayBangor

Shrewsbury

DoverCanterbury

Greenwich

Die Routen der drei großen ReisenAngegeben sind nur die wichtigsten Stationen

Italien 1803-05 Italien 1824

Großbritannien 1826

Italien 1824

Messina

Syracus

Catania

PalermoTrapani

Enna

Agrigent

Selinunt

Capri

Italien 1803–1805 Italien 1824

Berlin

Dresden

PragKarlstein

Wien

Graz

LaibachTriest

PolaGenua

Mailand

Turin

nach Paris

von Paris

Straßburg

Venedig

Padua

Florenz

Ferrara

Bologna

Pisa

Rom

Siena

Viterbo Narni Terminillo

Tivoli

Terracina Neapel

Frankfurt

Weimar

Berlin

Weimar

München

Innsbruck

Sion

LausanneBern

Basel

Straßburg

Freiburg

WittenbergHalle

Hagen HeiligenstadtArolsen

KölnKoblenz

MainzHeidelberg

Stuttgart

Mantua

VeronaVicenza

VenedigPadua

FerraraBologna

FlorenzLucca

Pisa

Genua

Mailand

Ischia

PaestumCapri

NeapelPompeji

Amalfi

Terracina

PerugiaAssisiSpoleto

TivoliRom

LevantoLivorno Windsor

A. Bernhard 2006

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o r i g i n a l o b j e k t ea b t e i l u n g 3

Karl Friedrich SchinkelAnsicht auf Triest1803; Feder in Schwarz, Aquarell und Deckfarben ¥ Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett ¥ Seinen ersten Blick auf das Mittelmeer erhielt Schinkel bei Triest. Diesen überwältigenden Blick versuchte er in diesem Bild festzuhalten. »Lange verweilte ich bei dem großen Anblick dieser mir neuen Welt, bis sich die Sonne ins Meer tauchte«, notierte er ins Tagebuch. Die land-schaftliche Schönheit hielt ihn derart gefesselt, dass er später in einem Bild den Mailänder Dom in idealer Position in diese Landschaft hineinkomponierte.

Karl Friedrich Schinkel»Il Duomo Di Pirano in Istria«1803; Feder in Grau, Aquarell- und Deckfarben, Bleistift ¥ Staatliche Muse-en zu Berlin, Kupferstichkabinett ¥ Die außergewöhnliche Lage des Domes von Pirano am Steilabhang des Felsens der Halbinselspitze, gestützt durch ein gewaltiges Substruktionswerk musste Schinkel faszinieren. Derartige fantastisch anmutende Architektur wurde für ihn Vorbild zu späteren Ent-würfen und Kathedralgemälden.

Karl Friedrich Schinkel»Aussicht vom antiken Theater in Taormina …«1803; Feder in Braun, Bleistift ¥ Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstich-kabinett ¥ Sizilien wurde für Schinkel ein besonderes Erlebnis mit seinen griechischen Tempeln, der Vegetation oder dem rauchenden Ätna. Der Blick schweift über die Bühnenwand des aus griechischer Zeit stammenden The-aters zum Ätna. Schinkel hat das Motiv 1807 in einem Ölgemälde umgesetzt (verschollen), 1809 zu einem Schaubild verarbeitet und 1826 als Vorlage zu einem Geschenkblatt für die Architekten Percier und Fontaines verwendet.

Karl Friedrich Schinkel»Portrait aus dem Fenster meiner Wohnung, San Pietro in der Ferne« 1803; Feder in Braun ¥ Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett ¥ Wie für die meisten Zeitgenossen war Rom auch für Schinkel ein gewalti-ges Erlebnis. An den Grafen Reuss-Schleiz-Köstritz schrieb er: »Mein Fenster beherrscht von der Höhe des Monte Pincio den westlichen Teil der Stadt [...] Fast aus meiner Tür trete ich auf die ungeheure Treppe der Kirche St. Trinità del Monte, die von dem Gipfel bis in den an dem Fuße des Hügels hängenden Piazza d’Espagna führt.«

Karl Friedrich Schinkel»Tivoli Ponte di Lupo« (Ansicht von Tivoli)1824; Feder und Pinsel in Grau, laviert, Bleistift ¥ Staatliche Museen zu Ber-lin, Kupferstichkabinett ¥ Von Tivoli fertigte Schinkel mehrere Zeichnun-gen auf der zweiten Italienreise, davon ist diese mit Stadtsilhouette, Felsklip-pen, Wasserfällen und Vestatempel die reizvollste. Schinkel notierte: „Der Sybillentempel und der runde herrliche Vestatempel über der Grotte sind von der reizendsten Wirkung. Der Vestatempel ist das Ideal eines runden Tempels und seiner Verhältnisse.«

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Panorama von PalermoKupferstich, Feder und Pinsel in Grau, weiß gehöht ¥ bpk/ Kupferstich-kabinett, SMB ¥ 1808 ließ Schinkel an der Hedwigskirche in Berlin einen hölzernen Rundbau vom Zimmermeister Steinmeyer, dem Vater seines Rei-segefährten, bauen. Er malte für dessen innere Wände vier Monate lang ein Panoramabild auf Leinwand (4,5 x 27 m). Als Bildthema wählte er Palermo mit dem – modifiziert dargestellten – Dom von Monreale im Vordergrund. Für Schinkel galt Palermo als eine der schönsten Städte überhaupt. Das Pa-norama war ein großer Erfolg, wurde aber nach einem Jahr versteigert. Der neue Besitzer Wilhelm Ernst Gropius wollte es in anderen Städten zeigen. Der Verbleib des Großgemäldes ist unbekannt, überkommen ist jedoch ein kleiner Kupferstich (Dm 29 cm), der das Panorama anamorphotisch verzerrt wiedergibt. Es wird wegen der Nummerierungen angenommen, dass dieses Bildchen ein Orientierungsplan war oder als eine Art Souvenir fungierte, das daheim mit einem Spiegel entzerrt betrachtet werden konnte. Der zweiten Möglichkeit entspricht diese Installation mit Drehscheibe.

Karl Friedrich Schinkel»Sion im Valais«1824; Feder in Schwarz. Pinsel in Grau, laviert, Bleistift ¥ Staatliche Muse-en zu Berlin, Kupferstichkabinett ¥ Die malerische Lage des Ortes mit den beiden steilen Burghügeln inspirierte Schinkel zu einer der wenigen fein aus-gearbeiteten Zeichnungen der zweiten Italienreise. Der Blick geht aus einem Fenster der Ruine des bischöflichen Schlosses Tourbillon auf die Wallfahrts-kirche Notre-Dame-de-Valère.

Karl Friedrich SchinkelConway Castle: GesamtansichtOxford: Blick auf das All-Souls-College1826; Feder in Schwarz, Bleistift ¥ Staatliche Museen zu Berlin, Kupfer-stichkabinett ¥An den Skizzen der Reise nach Britannien ist Schinkels Inte-resse an zeitgenössischer Architektur zu erkennen. Am eindrucksvollen mit-telalterlichen Conway Castle wurden Geschichte und Gegenwart verbunden durch seine 1822–1826 von Thomas Telford gebaute Kettenhängebrücke, die mit 99,7 m Spannweite eine technische Meisterleistung war.

Karl Friedrich SchinkelEdinburgh von der Galerie des Nelsonmonuments1826; Feder, Bleistift ¥ Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett ¥ Die wenigen eigenständigen Skizzen der britischen Reise sind nüchter-ner als die der Italienreisen. Die schottische Hauptstadt mit ihrer bewegten Topographie, den historischen Monumenten und den modernen Bauten in-spirierte Schinkel zu mehreren Stadtansichten.

Karl Friedrich SchinkelSt. Goar Pfalzgrafenstein bei Kaub 1816; Feder ¥ Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett ¥ 1816 machte Schinkel mit seiner Frau und der sechsjährigen ältesten Tochter eine Kunstreise durch Norddeutschland und die Niederlande sowie an den Rhein und nach Heidelberg zur Sammlung Boisserée. Das Mittelrhein-Tal faszinier-te Schinkel so sehr, dass er es in besonders vielen Skizzen festhielt. Dabei interessierte ihn sowohl die Landschaft als auch die malerisch scheinenden Bauten, wie die in den Rhein gebaute Zollfeste.

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Karl Friedrich SchinkelTreptow an der Rega im Winter1819; Feder ¥ Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett ¥1819 reiste Schinkel im Auftrag Friedrich Wilhelms III. nach Hinterpommern, um Motive für ein Bildgeschenk des preußischen Königs an die in Treptow auf-gewachsene Zarinmutter zu sammeln. Er wählte zahlreiche Standorte für die Darstellung des weniger malerischen Ortes. In dieser schlichten Skizze hält er sehr klar die herbe Schönheit einer nordostdeutschen Stadt fest. Einen Auftrag zur Ausführung des Geschenks erhielt er nicht.

Karl Friedrich SchinkelMarienwerder von Südwesten1834; Feder ¥ Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett ¥ Eine der umfangreichsten Dienstreisen war die des 53-Jährigen durch die Provinzen Westpreußen, Ostpreußen und das Großherzogtum Posen. Auf dieser Reise skizzierte Schinkel auch die beeindruckende mittelalterliche Baugruppe von Deutschordensschloss und Dom Marienwerder, die sich mit dem Dansker ins Tal von Nogat und Liebe vorschiebt.

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3. a | Italienreise 1803–1805 (I)

Finanziert durch sein Erbe und die Entlohnung für ers-

te Bauausführungen erfüllte sich Schinkel den Herzens-

wunsch einer fast zweijährigen Italienreise. Er reiste mit

dem Sohn des Zimmermeisters Steinmeyer, für den er ge-

rade einen Hausbau ausgeführt hatte. Für Schinkel, der

bis dahin lediglich durch Brandenburg, Thüringen und

bis zur Warthe gereist war, bedeutete die Reise auch ein

Abenteuer. So hielt sie nicht nur Kunstgenüsse, sondern

auch Krankheiten, Unfälle und Übervorteilung bereit. Da-

rüber hinaus lernte Schinkel viele Künstler kennen und

konnte für die Zukunft wichtige freundschaftliche Kon-

takte knüpfen. Die Route führte zunächst über Dresden,

Prag, Wien zur Adria und wurde in Tagebüchern, Skizzen

und Briefen dokumentiert.

1 | In einem Dorfe vor Graz, 1803Federzeichnung, Kupferstichkabinett, SMB ¥ Auf keiner Reise hat Schinkel derart viel gezeichnet. Beständig skizzierte er die Umgebung und führte da-nach meist Reinzeichnungen und Aquarelle aus – als Kapital für seine späte-re Arbeit. Er schulte damit sowohl sein Auge als auch seine Zeichenfähigkeit, da er Landschaften, Bauten und Personen studierte. Während der zweiten Hälfte der Reise büßte Schinkel zahlreiche Blätter ein, weil für ihn wichtige Personen so von ihnen angetan waren, dass er sie als Geschenk oder als be-zahltes Kunstwerk überließ.

2 | Das Schloß Prediama oder Lueg, 12 Stunden von Triest, 1803Federzeichnung, Kupferstichkabinett, SMB ¥ Der Besuch von Prediama, das ein System von Felsgrotten und Tropfsteinhöhlen besitzt, beeindruckte Schinkel besonders. Der äußere Teil der inneren Höhlen war zunächst als »Räubernest« ausgebaut und später in die Außenhöhle ein Schloss gebaut worden. Die theatralische Position des Schlosses faszinierte ihn mehr als manches große Kunstwerk. Daher zeichnete er es mehrmals und setzte spä-ter eine Zeichnung in eine Lithografie um.

3 | Altgotische Kapelle zu Schöngrabern auf dem Weg von Prag nach Wien, 1803Federzeichnung, Kupferstichkabinett, SMB ¥ Die romanische Kapelle zu Schöngrabern ist berühmt wegen ihres skulpturalen Schmucks. Schinkel lernte mit ihr einen seiner ersten bedeutenden romanischen Bauten kennen und nannte sie in Ermangelung eines Stilbegriffs »altgotisch«. Er hat zwar nie romanische Entwürfe gefertigt, aber die Beschäftigung mit romanischer Architektur floss in die Entwicklung seines Rundbogenstils für Kirchbauten ein.

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4 | Die große Höhle bei Corgnale, 1803Feder- und Pinselzeichnung, Kupferstichkabinett, SMB ¥ Die Höhle von Corgnale bei Triest beschreibt Schinkel im Tagebuch: »Ich war mit meiner Gesellschaft bis eine halbe Stunde weit hineingeklimmt, wo die Grotte ein entsetzlich hohes Gewölbe bildet, dessen obere Wölbung durch keinen Fa-ckelschein zu erkenn war. Hier war ich durch einen ebenso tief senkrecht in den Boden gehenden Abgrund verhindert weiterzugehen.« Die Zeichnung wirkt durch die parallel geführten Linien wie ein Stich.

5 | Ansicht des Amphitheaters und der Stadt Pola, 1803Feder, Pinsel und Bleistift, Kupferstichkabinett, SMB ¥ Istrien wurde für Schinkel die erste Landschaft, in der er zahlreiche Bauten der Römischen An-tike erleben und studieren konnte. Pola war diesbezüglich ein erster archi-tektonischer Höhepunkt der Reise. Das in allen drei Geschossen erhaltene Amphitheater besuchte er ebenso wie die Porta Aurea, den Tempel und den Rolandsturm sowie mehrere »sarazenische« Kirchen.

6 | Kirche von Civita Ducale, »im frühen Mittelalterstil gebaut«, 1803Feder, Pinsel, Bleistift, Kupferstichkabinett, SMB ¥ Die Zeichnung stellt die Kirche Sta. Maria del Popolo im heutigen Cittaducale in den Appeninen dar, ist jedoch keine Wiedergabe einer bestehenden Baulichkeit. Vielmehr imagi-nierte Schinkel aus der ein- und umgebauten Kirche einen Idealzustand zur Zeit ihrer Erbauung. Möglicherweise war die Zeichnung als Illustration zu einem Architekturlehrbuch gedacht, mit dem sich Schinkel damals erstmals beschäftigte.

7 | »Große Komposition, wie der Mailänder Dom gestellt werden müsste«, nach 1804Federzeichnung, Kupferstichkabinett, SMB ¥ Am Mailänder Dom, den er erst auf der Rückreise besuchte, faszinierte Schinkel die Kombination aus Größe, reicher Dekoration und hellem Marmor als Baumaterial. Als störend empfand er die unvollendete Westfassade und die für ihn profane Stellung inmitten des Menschengetümmels der Stadt. So entwarf er den Dom auf der landschaftlich so eindrucksvollen Höhe von Triest. In einer solch erhabenen Position stellte Schinkel später auch viele Kathedralen auf seinen Gemälden dar.

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3. b | Italienreise 1803–1805 (II)Im Oktober 1803 trafen Schinkel und Steinmeyer in Rom

ein. Die Stadt war für Schinkel wie für die meisten seiner

Zeitgenossen ein Reiseerlebnis der besonderen Art. Rom

hatte damals noch den Ruf, ideeller Mittelpunkt der Welt

zu sein. Schinkel verbrachte hier den Winter, bis er im April

nach Süditalien weiterreiste. Im Hochsommer kehrte er

wieder nach Rom zurück und trat im Herbst die Heimreise

an. In Rom lernte Schinkel Wilhelm v. Humboldt kennen,

der ihm später väterlicher Freund, Auftraggeber und als

Leiter der Kommission zur Einrichtung des Museums auch

sein Mitarbeiter werden sollte. Die bedeutendste Künstler-

begegnung war wohl die mit dem Landschaftsmaler Johann

Anton Koch, der Schinkel in dieser Zeit sehr beeinflusste.

1 | Bauernhaus auf Anacapri, 1804Feder und Pinsel, Kupferstichkabinett, SMB ¥ Bei der Darstellung ländli-cher Gebäude interessierte Schinkel meist die klare, auf Grundformen redu-zierte und schmucklose Gestaltung. Wir dürfen mutmaßen, dass Schinkel wie bei den Monumentalbauten auch die Bauernhaus-Darstellungen ideali-sierte. So besitzt der Baum eine eigentümliche in die Bildkomposition wie eingezwängt wirkende Wuchsform.

2 | Gruppe von Spielern in Rom, nach 1805Feder, Aquarell, Kupferstichkabinett, SMB ¥ Nur gelegentlich stellte Schin-kel in seinen Zeichnungen auch das Straßenleben und einzelne Personen dar. Bei diesem Blatt mit Sta. Trinità de Monti und der Spanischen Treppe im Hin-tergrund handelt es sich bereits um die Verarbeitung der Reiseskizze zu ei-nem Schaubild, wie sich anhand der Quadrierung des Blattes erkennen lässt. Personengruppe und Stadtvedute sind sorgfältig aufeinander abgestimmt, so dass es nur zu einem Minimum von Überschneidung kommt.

3 | Castello dell’ Uovo bei Neapel, 1804Feder, Aquarell, Kupferstichkabinett, SMB ¥ Das ins Meer gebaute Castel interessierte Schinkel bezüglich der kristallinen Baustruktur zur Fläche des Meeresspiegels, »aus dessen Mitte kühn die Felseninsel Capri steigt«. Somit sind gewissermaßen eine natürliche und eine von Menschen geschaffene Felsstruktur gegeneinander gestellt. Schinkel hat seine Küstendarstellungen später vielfach in Bühnenbildern verarbeitet.

4 | Campagnalandschaft, um 1804Feder, Aquarell, Kupferstichkabinett, SMB ¥ Schinkel stellt hier außerge-wöhnlicher Weise eine unbelebte, fast wüstenartige Landschaft dar. Der Blick schweift über einen mäandernden Flusslauf auf die Albaner Berge mit dem Monte Cavo. Zeichen der Zivilisation sind allein die besonders an den Berghängen eingebetteten Ortschaften, die sämtlich mit nur knapper Signa-tur eingezeichnet worden sind.

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5 | Blick auf Rom, im Vordergund Ponte Mollo, vor 1809Feder und Pinsel, Kupferstichkabinett, SMB ¥ Über den Ponte Molle, die nördliche Tiberbrücke, fuhren Schinkel und Steinmeyer wie alle anderen Nordeuropäer zur ewigen Stadt. Im Hintergrund steht die Kuppel von St. Pe-ter als landschaftsbeherrschende Architektur. Aus dem Grundmuster dieser Landschaft erwuchs der Gedanke der Potsdamer Kulturlandschaft des 19. Jahrhunderts, die Schinkel und der preußische Kronprinz architektonisch formten.

6 | Meierei im Pinienhain der Villa Borghese in Rom, vor 1805Deckfarbenmalerei, Kupferstichkabinett, SMB ¥ Die Casa Cenci, eine klei-ne »fabbricca« im Park der Villa Borghese, galt auch als Haus des Raffael und war daher im 19. Jahrhundert unabhängig von ihrem architektonischen Wert berühmt. Sie wurde mit Turm und Laube zum Urbild aller italianisierenden Villenbauten Schinkels und seiner Folgegeneration. Diese Darstellung fand Verbreitung als Titelkupfer im Jahrgang 1805 von David Gillys »Sammlung nützlicher Aufsätze und Nachrichten, die Baukunst betreffend«.

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3. c | Italienreise1803–1805 (III)Das noch nicht vereinigte Italien bot dem Reisenden be-

sonders zu Napoleons Zeiten viele Hindernisse und Be-

schwerden. Schinkels Reise von Neapel nach Sizilien war

durch die politischen Ereignisse lange gefährdet, konnte

aber schließlich doch stattfinden. Der Aufenthalt auf Si-

zilien wurde ein Höhepunkt. Die Besteigung des Ätna,

griechische Tempel, maurische Paläste und südlichste

Landschaften beeindruckten Schinkel nachhaltig. Die

Rückreise führte über Paris, wo die Reisenden zur Zeit

von Napoleons Kaiserkrönung eintrafen. Aber nach den

Erlebnissen in Italien waren sie nicht mehr offen für die

Reize der französischen Hauptstadt. Im März 1805 kehr-

te Schinkel reich an Eindrücken nach Berlin zurück und

verarbeitete sie dort in Gemälden, Bühnenbildern und

Schaubildern.

1 | Landhaus bei Syrakus, um 1804Feder und Pinsel, Kupferstichkabinett, SMB ¥ Dieses wohl komponierte Blatt dürfte nicht exakt eine bauliche und topografische Situation wiederge-ben, sondern eine idealisierte Fassung eines vorgefundenen Villenbaus sein. Die reale Baulichkeit ist im Tagebuch charakterisiert: »Niedliche Anlage ei-nes Engländers an dem Abhang des Bergs für eine Villa; Grotte, Wasserbe-hälter; Ruinen eines bischöflichen Schlosses über ihr.« Das Blatt hat seine Ergänzung in einem Grundriss mit Umgebungsplan.

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2 | Latomien, alte Steinbrüche bei Syracusa, 1804Federzeichnung, Kupferstichkabinett, SMB ¥ Nahe Syracus »sieht man die alten Steinbrüche oder Latomien der Stadt, die miglienweit in den Felsen fortgeführt sind. Die Decke wird durch Felssäulen unterstützt, die man hin und wieder stehen ließ. Das unterirdische Wasser, welches hier und da den Boden dieser Höhlen ausfüllt; der üppige Bewuchs von Feigen und Eppich am Eingang, durch den der Tag hineinstrahlt; die malerischen Wohnungen der Seiler im Inneren [...]; das Hausvieh, welches zerstreut in der Höhle um-hersteht, machten beim Eintritt in diese kleine Unterwelt einen höchst aben-teuerlichen Eindruck.«

3 | Klostergebäude in der Gegend von Mazara, um 1804Federzeichnung auf gelbem Papier, Kupferstichkabinett, SMB ¥ Bei die-ser Darstellung eines Klosters steht die Gruppierung kubischer Baukörper im Vordergrund. Die zur Kahlheit neigende Darstellung vermittelt eine fast orientalische Atmosphäre. Sizilien war das südlichste Land, das Schinkel bereiste. Es dürfte auch mit seinen maurischen Bauten Schinkels Phanta-siewelt angeregt haben, wenn er später bei Bühnen- und Schaubildern das »Morgenland« darstellte.

4 | Tempel bei Concordia zu Agrigent, 1804Aquarell, Kupferstichkabinett, SMB ¥ Da Schinkel nie in Griechenland war, lernte er griechische Architektur am mannigfaltigsten in Selinant, Segest und Agrigent kennen. Seine Tagebucheintragungen sind wie üblich zurück-haltend: »Nachmittags ritten wir [...] hinunter zu den schönen Tempeln des alten Agrigents, die gereiht an einem Felsabhang des Tals stehn und eine un-beschreiblich malerische Ansicht geben. Sie sind vom edelsten Stil und voll-kommen gut erhalten oder, wo es nötig war, restauriert und ausgegraben.«

5 | Auf dem Gipfel des Monte Gibello oder Ätna, 1804Federzeichnung, Kupferstichkabinett, SMB ¥ Im Mai bestiegen die Reisen-den den Ätna. Schinkel notierte: »Es zogen Nebel herbei, und heftiger Hagel nötigte uns zum Aufbruch, wenn wir, noch ehe sich mehr die Wolken um den Gipfel häuften, den Krater sehen wollten. Über alles beschwerlich ist der Weg zum Rande. Der Kegel ist steil und mit einer glatten Schneerinde umgeben, die bei jedem Schritte fallen macht.« Die Zeichnung ist dahingehend außer-gewöhnlich, dass Schinkel sich hier mit Steinmeyer und der Karawane darge-stellt hat.

6 | Ansicht der Kathedrale von Palermo, um 1804Feder auf hellblauem Papier, Kupferstichkabinett, SMB ¥ Auch bei der Ka-thedrale von Palermo stellt Schinkel nicht den vorhandenen Bau dar, son-dern rekonstruiert einen angenommenen mittelalterlichen Zustand. Schin-kel liebte die Stadt sehr: »Ich würde Palermo auch ohne die vortreffliche Lage in einem Tal am Meer, das von den schönsten Vorgebirgen umschlossen ist und bei dem glücklichsten Klima eine unendliche Menge schöner Gewäch-se in großer Üppigkeit hervorbringt, für die schönste Stadt Italiens halten.«

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3. d | Italienreise 1824

1824 reiste Schinkel für ein halbes Jahr ein zweites Mal

durch Italien. Diesmal aber war es eine Dienstreise mit

reichhaltigem Besichtigungs- und Studienprogramm.

Schinkel war bereits intensiv mit der Innengestaltung

des Berliner Museumsbaus beschäftigt und daher stan-

den Besuche bei den bedeutendsten Museen und Gale-

rien im Vordergrund. Entsprechend wenig Muße hatte

Schinkel und so entstanden auch nur wenige Skizzen

und Zeichnungen von Landschaft und Bauten. Beglei-

tet wurde Schinkel von dem jungen Kunsthistoriker

Waagen, dem Schweizer Medailleur Brandt und Minis-

terialrat Kerll. Schon auf der Hinreise besuchten sie die

berühmte Sammlung mittelalterlicher Kunst der Brüder

Boisserée, die sich damals in Stuttgart befand und für

das zukünftige Museum angekauft werden sollte.

1 | Am Kastell vom Monte Solaro auf Capri, 1824Federzeichnung, Kupferstichkabinett, SMB ¥ Eine der wenigen eindrucks-vollen aquarellierten Landschaftsdarstellungen von der Italienreise 1824 ist diese Aussicht von Capri. Der von der Höhe des Monte Solaro aufgenommene Blick schweift zur Sorrentinischen Halbinsel und über den Golf von Neapel, der im Hintergrund vom rauchenden Vesuv abgeschlossen wird. In der sehr zurückhaltenden Farbigkeit wirkt die Landschaft urtümlich.

2 | Ansicht aus Verona, Tagebuch 1824Federzeichnung, Kupferstichkabinett, SMB ¥ Mit dieser Zeichnung hielt Schinkel seinen Blick auf die Kirche Santa Anastasia mit dem Grabmal des Guglielmo da Castelbarco fest. Sie gibt nahezu detailgetreu den Ziegelbau der Kirche in ihrer städtebaulichen Situation wieder. Die Details der Sichtziegel-bauweise, die Schinkel gleichzeitig in Berlin mit der Friedrichswerderschen Kirche wiederbeleben wollte, scheinen ihn bei dieser Skizze weniger interes-siert zu haben.

3 | Die Kirche Sta. Maria della Salute in Venedig, Tagebuch 1824Federzeichnung, Kupferstichkabinett, SMB ¥ Mit flüchtigen Strichen hat Schinkel die berühmte Kirche in der selten beachteten städtebaulichen Situ-ation ihrer Chorpartie skizziert. Dabei stand für ihn mehr die Gruppierung der Baumassen im Vordergrund. Die reich geschmückte Schaufassade dürfte als Barockbau Schinkel fremd gewesen sein.

4 | Bauten in Venedig, Tagebuch 1824Federzeichnung, Kupferstichkabinett, SMB ¥ In Venedig studierte Schin-kel auch Renaissancebauten, er konnte sich sogar für die reich geschmückte Confraternità di San Rocco erwärmen. Das Blatt stellt eine der wenigen Stu-dien Schinkels von Renaissance-Raumkunst dar, mit der er sich wohl wegen der Affinität zur Antike beschäftigte.

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5 | Ländliches Gebäude, Skizzenbuch K 1824Pinselzeichnung, Kupferstichkabinett, SMB ¥ Das sehr unprätentiös wiedergegebene Haus scheint ein dörfliches Haus detailgetreu wiederzuge-ben. Es wirkt mit der über der Mauer hängenden Wäsche und den im Schat-ten Kühlung suchenden Staffagefiguren nicht inszeniert. Schinkel schuf es wohl weniger wegen der Architektur als wegen der Stimmung.

6 | Ansicht von Florenz, 1824Federzeichnung, Kupferstichkabinett, SMB ¥ Auf der Reise 1824 legte Schinkel einige Zeichnungen im extremen Querformat an. Die Ansicht von Florenz zeigt die Lage im Tal des Arno und hebt die Silhouette von beherr-schender Domkuppel mit flankierenden Türmen hervor. Vielleicht dachte Schinkel hierbei auch an die Lage Potsdams, dessen Nikolaikirche er einige Jahre später mit Kuppel entwerfen sollte.

7 | Haus in Tivoli, 1824Pinselzeichnung, Kupferstichkabinett, SMB ¥ Die unvollendete Zeichnung zeigt ländlich anmutende, einfache stereometrische Wohnhausbauten, die auf überkommenen antiken Substruktionen errichtet wurden. Schinkel stellt hier Bauten dar, die als Anregung für den italianisierenden Villenstil in Potsdam denkbar wären.

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3. e | Englandreise 18261826 reiste Schinkel mit seinem »Urfreund« Peter Beuth

nach Großbritannien. In Weimar machten sie Goethe ei-

nen Besuch, fuhren dann über das Rheinland, wo denk-

malpflegerische Überlegungen wichtige Punkte bildeten,

und über Paris. In England und Schottland wurden glei-

chermaßen Museen, Bauwerke und Industrieanlagen

besucht. Zielsetzung der Reise war, britisches Knowhow

zu ermitteln und nach Preußen zu transferieren, wofür

die Reisegefährten mit nicht unbedeutenden Summen

ausgestattet wurden. Für Schinkel bedeutete der Besuch

britischer Industriestädte die Konfrontation mit dem al-

lein dem Zweck genügender Industriearchitektur, was

für ihn einen der wesentlichen Anstöße für die Entwick-

lung seines architektonischen Spätwerks brachte.

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1 | St. Philippe du Roule und die Kirche auf dem Monte Calvaire in Paris, Tagebuch 1826Federzeichnung, Zentralarchiv, SMB ¥ Schinkel zeichnete und skizzierte die Kirche St. Philippe, da sie dem König sehr gefiel und er sie ihm als Vorbild für die Potsdamer Nikolaikirche befohlen hatte. Die Skizzen variieren die in den 1770er Jahren erbaute Kirche im altchristlichen Sinne noch stärker als der tatsächliche Bau. Schinkel übernahm für seinen Kirchenbau als Detail die in dem Rechteckbau eingeschriebene Apsis zwischen Nebenräumen.

2 | Die Antikenaufstellung im Louvre, Tagebuch 1826Federzeichnung, Zentralarchiv, SMB ¥ In Berlin war mittlerweile die Ein-richtung des Museums in voller Planung. Daher wurde die Fahrt nach Groß-britannien über Paris gelegt und dort ein dreiwöchiger Aufenthalt gemacht. Durch den Kontakt mit Alexander v. Humboldt fanden Beuth und Schinkel Zugang in nahezu jedem Haus. So konnten alle bedeutenden Sammlungen der französischen Hauptstadt besucht werden.

3 | Blick auf die Themse und Saint Paul’s, London, Tagebuch 1826Bleistiftzeichnung, Zentralarchiv, SMB ¥ Auf der Reise von 1826 wurden vergleichsweise wenig Zeichnungen gefertigt, im Reisetagebuch jedoch zahl-reiche Skizzen eingestreut. Die Ansicht der St. Pauls Kathedrale über dem Häusermeer von London ist eine der wenigen Stadtveduten, bei der offen-sichtlich die Wirkung von Wrens Kuppelsilhouette festgehalten werden soll-te, vielleicht auch als Studie für die Potsdamer Nikolaikirche.

4 | Baumwollspinnerein in Manchester, Tagebuch 1826 (17. Juli)Federzeichnung, Zentralarchiv, SMB ¥ Die britischen Industriebauten er-schreckten und faszinierten Schinkel gleichermaßen. Er notierte im Tage-buch: »Es macht einen schrecklich unheimlichen Eindruck: ungeheure Bau-masse von nur Werkmeistern ohne Architektur und fürs nackteste Bedürfnis und aus rotem Backstein aufgeführt.« Die von ihm als »Obelisken« apostro-phierten Heerscharen von Schloten sah er dagegen weniger als Beeinträchti-gung der Landschaft.

5 | Hängebrücke über die Menai-Strait, 1826Feder- und Bleistiftzeichnung, Kupferstichkabinett, SMB ¥ Großbritanni-en präsentierte sich Schinkel bereits als das modernste Land Europas. Die Chausseen waren schon teilweise asphaltiert und an manchen Orten bereits eiserne und schmucklose Ingenieurbauwerke errichtet. Die erste große Hän-gebrücke, die von Thomas Telford erbaute Brücke zwischen Wales und der Insel Anglesey über die Menai Strait, war soeben fertiggestellt, als Schinkel sie besuchte und in einer sorgfältigen Zeichnung festhielt.

6 | Ansicht der Insel Staffa, 1826Feder- und Bleistiftzeichnung, Kupferstichkabinett, SMB ¥ Die geologisch berühmte Hebrideninsel Staffa mit ihrer sagenumwobenen Fingalshöhle war eine der wenigen rein landschaftlichen Besonderheiten, die auf der Reise angesteuert wurden. So war Schinkel die Insel auch zwei Zeichnungen wert.

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3. f | (Dienst-) ReisenDienstlich wurde Schinkel bereits recht früh auf Reisen

geschickt, so war schon die Norddeutschlandreise von

1816 teilweise dienstlich. 1817 sandte ihn der König nach

Treptow in Hinterpommern, Staatskanzler Hardenberg

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sandte ihn1819 zur Marienburg nach Westpreußen. Da er

1830 zum Leiter seiner Behörde wurde, fielen große, etwa

zwei Monate dauernde Dienstreisen in sein Aufgabenge-

biet. So bereiste er 1832 Schlesien, 1833 Sachsen und die

Westprovinzen, 1834 die östlichen Provinzen und Posen

und 1835 die Altmark, Vorpommern und die Neumark.

Schinkel hatte seine Dienstreisen immer schon mit Pri-

vatem kombiniert und seine Privatreise mit dienstlichen

Belangen belastet. So war es selbstverständlich, dass der

völlig überarbeitete Schinkel 1836 eine viermonatige Rei-

se antrat, die sowohl eine Erholungsreise in Kurorte und

gleichzeitig eine Dienstreise nach Schlesien war.

1 | Ansicht über das Heidelberger Schloss auf den Neckar, 1816Federzeichnung, Kupferstichkabinett, SMB ¥ Nach Heidelberg reiste Schinkel, um mit den Brüdern Boisserée über den Erwerb ihrer mittlerweile berühmten Sammlung mittelalterlicher Kunst für das geplante Museum in Berlin zu verhandeln. Das Heidelberger Schloss faszinierte Schinkel in seiner landschaftlichen Lage. Er zeichnete es in zwei Darstellungen, die allein schon von ihren Dimensionen unter den übrigen Reisezeichnungen herausfallen.

2 | Die Basilika in Trier, 1816Federzeichnung, Kupferstichkabinett, SMB ¥ In Trier – in der Spätantike römische Kaiserresidenz – beschäftigte sich Schinkel besonders mit den anti-ken Bauten. Die römische Palastaula (so genannte Basilika) war damals noch in den Komplex des Residenzschlosses eingebaut. Schinkel studierte hier die römische Bauweise aus langen Flachziegeln. Auf der Rückseite der gezeigten Zeichnung hat er Detailskizzen zum Mauerverband gefertigt.

3 | St. Aposteln in Köln, 1816Bleistiftzeichnung, Kupferstichkabinett, SMB ¥ Der Dreikonchenchor der Apostelkirche am Neumarkt ist ein Höhepunkt staufischer Architektur des frühen 13. Jahrhunderts. Das wegen seiner architektonischen Harmonie berühmte Bauwerk wurde von Schinkel in baulich schlechtem Zustand skiz-ziert. Bemerkenswert ist dabei, dass Schinkel in der Zeichnung die für die Wirkung so wichtigen achteckigen Chorwinkeltürme durch solche mit qua-dratischem Grundriss ersetzte.

4 | Treptow a. d. Rega, Szene an der Regabrücke, 1817Pastell, ehem. Treptow (Kriegsverlust), aus Hans Vogel: Pommern (Schinkel – Lebenswerk), Berlin 1952 ¥ Bereits 1817 erhielt Schinkel vom König den Auftrag, als Geschenk für die russische Zarenwitwe den Ort Treptow in Hinter-pommern zu zeichnen. Hier hatte die Zarin ihre Jugend verlebt. Schinkel machte zahlreiche Skizzen, von denen er einige in malerische Reinzeichnun-gen umsetzte. Unter diesen ist die unprätentiöse Darstellung des Treibens an der Rega die eindrucksvollste.

5 | Ostseestrand, o. J.Federzeichnung, ehem. Schinkel Museum (Kriegsverlust), aus Carl v. Lorck: Karl Friedrich Schinkel, Berlin 1939 ¥ Das Meer lernte Schinkel wohl erst auf der Italienreise 1803 kennen und zeichnete die vielfältigen italienischen Küstenformationen am Mittelmeer. Heimische Küsten lernte er erst an-schließend kennen und schätzen, noch auf der Preußenreise 1834 wurde er durch die Nehrungsformation der ostpreußischen Küsten tief beeindruckt.

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4. | Architekt und BeamterNach der Heirat suchte Schinkel eine sichere Einnah-

mequelle. Durch Fürsprache Wilhelm v. Humboldts und

Vermittlung Peter Beuths erhielt er an der Oberbaudepu-

tation eine der fünf leitenden Beamtenstellen. Schinkel

wurde 1810 als Ober-Bau-Assessor eingestellt, 1815 zum

Ober-Bau-Rat befördert und übernahm 1830 als Ober-

Bau-Direktor die Leitung der Behörde. 1838 wurde er

zum Ober-Landes-Bau-Direktor ernannt, womit er die

Spitze einer in Preußen möglichen Beamtenlaufbahn er-

reichte. In seiner Position hatte Schinkel von 1810 bis zu

seinem Tode die Möglichkeit, auf das gesamte staatliche

Baugeschehen Preußens Einfluss zu nehmen. Daneben

wurde er vom König auch direkt mit dem Entwurf von

Staatsbauten betraut. In Berlin schuf er von der Neuen

Wache über das Museum bis zur Bauakademie Stadti-

dentität stiftende Bauten.

Neben seinen staatlichen Verpflichtungen war Schinkel

auch als Privatarchitekt tätig. So betraute ihn Staatskanz-

ler Hardenberg mit dem Umbau seines Stadtpalais sowie

von Schloss Neuhardenberg und der Gutspatron Hou-

wald mit dem Neuabau der Kirche in Straupitz. Auch aus

dem deutschen Ausland erhielt Schinkel Aufträge, etwa

für die Wache in Dresden oder das Theater in Hamburg.

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Kirche Petzow

Kirche Straupitz

Schloss Neuhardenberg

Kirche Seelow

Kirche Annenwalde

Kirche Joachimsthal

Denkmal Spandau

Denkmal Dennewitz

Denkmal Neuruppin

Kirche Teltow

Landhaus Behrend

Kirche Gleissen

Kirche Crossen

Kirchturm Müncheberg Kirchturm SonnenburgKreuzberg-denkmal

Denkmal Gransee

Kirche und Denkmal Großbeeren

Schloss Friedersdorf

Schloss Petzow

RedentunnelRüdersdorf

Theater Frankfurt

Kirche Letschin

Kirche Schäpe

Kirche Garlitz

Kirche Zellin

Kirche Basdorf

Kirche Vettin

Kirche Sternberg

Kirche Sophienthal

Kirche Lieben

Kirche Liebenwalde

Kirche Neulewin

Kirchturm Gennin

Kirche Glienicke

Kirchturm Friedersdorf

Kirchturm Jähnsdorf

Kirche Neutrebbin

Kirchturm Rüthnick

Unteroffizierschule Potsdam

Civilcasino PotsdamNikolaikirche Potsdam

Luisenkirche Charlbg.

Kirche Dossow

KirchturmEggersdorf Kirche Drenzig

Schloss Tegel

Schul-/Bethaus Alt-Langsow

Chausseehaus Schiffmühle

Kirche Neuhardenberg

Kirche Behlendorf

Kirche Briesen

Bauten Schinkels in der Provinz Brandenburg nach 1815Von Schinkel als Privatarchitekt entworfene Bauten

Von Schinkel als Beamter entworfene Bauten (ohne Potsdamer Kulturlandschaft)

Einflussnahme Schinkels und der Oberbaudeputation, sowie »Normalkirchen«

BERLIN

A. Bernhard 2006

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o r i g i n a l o b j e k t ea b t e i l u n g 4

Schreiben von Schinkel an Houwald1827 ¥ Potsdam, Brandenburgisches Landeshauptarchiv ¥ Schinkel über-nahm als Privatarchitekt den Entwurf der Kirche in Straupitz. Für die Ausfüh-rung empfahl er Kondukteure, wobei sich Houwald bei Beschwerden immer an Schinkel wandte. Die Akte schildert viele Schwierigkeiten, mit denen er sich beschäftigen musste. Beispielsweise erschien der zeitweise ausführen-de Architekt Reichardt plötzlich nicht mehr und Schinkel musste ermitteln, dass Reichardt sterbenskrank daniederlag.

Karl Friedrich SchinkelKirche in Straupitz. Aufrisse, Längsschnitt Lithografie aus: Sammlung Architektonischer Entwürfe, Heft 14, Blatt 86 (1829) ¥ Technische Universität Berlin – Plansammlung der Universitäts-bibliothek ¥ Der Gutsherr Freiherr von Houwald wünschte eine Großkirche auf dem Lande. Die relativ lange Ausführung führte zur Modifikation des ur-sprünglichen Entwurfs Schinkels. Schinkel veröffentlichte als vorbildlichs-ten Entwurf im Fall Straupitz diesen Ausführungsplan mit Details, die nicht verwirklicht wurden, wie die figurbekrönten Pfeiler zwischen den Portalen.

Baukondukteur BlanckenhornEntwurf zur Kirche in PetzowPotsdam, 13. Juni 1838; Feder, Bleistift, Aquarell ¥ Potsdam, Brandenburgi-sches Landeshauptarchiv ¥ Schinkel entwarf den Neubau entsprechend der in der Sammlung architektonischer Entwürfe 1828 als vorbildlich veröffent-lichten kleinen Kirche mit Turm. Hier ist der Turm aus statischen Gründen separat gestellt und mit einem Bogenbau ans Schiff gebunden. Baubeamte der Regierung Potsdam stellten den Turm im Plan an das Kirchenschiff. Be-merkenswerterweise benötigte Schinkel die Hilfe des Kronprinzen, um seine Forderung durchzusetzen.

Karl Friedrich SchinkelEntwurf einer Normalkirche1827; Feder in Schwarz ¥ Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett ¥ Dem König gefiel die kleine turmlose Kirche des Dorfes Nakel derart gut, dass er sie zum Vorbild aller Kirchenneubauten dieser Größenordnung in Preußen verfügte. Schinkel entwickelte sie als Musterentwurf »Normalkirche«, dazu eine Variante mit Turm. Tatsächlich wurde die »Normalkirche« in der Provinz Sachsen und in den östlichen Provinzen für zahlreiche Kirchenent-würfe verwandt, die damit eine Sonderform der Schinkelbauten darstellen.

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Heidfeld nach Zeichnung der OBDHappe-Röhrichtsche Häuserum 1822; Feder, aquarelliert ¥ Stadtverwaltung Potsdam, Bereich Untere Denkmalschutzbehörde ¥ Die von der Oberbaudeputation (OBD) gezeich-neten Gegenentwürfe oder Ergänzungspläne wurden über die Regierungen den Baumeistern zugestellt. Diese mussten sie kopieren und zwecks Kontrol-le der Vorgaben beim Einreichen der danach erstellten Ausführungspläne wieder zurücksenden. Die »Happe-Röhrichtschen Häuser«, deren Fassaden von Schinkel maßgeblich beeinflusst wurden, sind in der heutigen Yorckstra-ße Potsdams erhalten.

Karl Hampel/Werkstatt SchinkelsLageplan zum Neubau der Unteroffizierschule Potsdam1825; Feder in schwarz und rot ¥ Stadtverwaltung Potsdam, Bereich Untere Denkmalschutzbehörde ¥Dieser Plan war offenbar Deckblatt eines Plansat-zes, zu dem möglicherweise die drei weiteren Blätter gehörten. Der Lageplan gibt das nach Süden zur Stadt recht steil abfallende Restgrundstück des ehe-maligen Fasanerieschlosses wieder, das als gestreckter Barockbau noch im Umriss verzeichnet ist. Die geplante Dreiflügelanlage der Unteroffizierschule hat noch nicht exakt die Lage, in der das Gebäude schließlich errichtet wurde.

Karl Hampel/Werkstatt SchinkelsAufrisse der Risalite der Unteroffizierschule Potsdam1825; Feder in schwarz, Nachträge in blau ¥ Stadtverwaltung Potsdam, Bereich Untere Denkmalschutzbehörde ¥ Nach der Heeresreform stieg der Bedarf an Unteroffizieren. Dem entsprach der König 1824 mit Gründung einer Schulab-teilung beim Lehr-Infanterie-Bataillon, später in Unteroffizier-Schulanstalt umbenannt. Hier wurden in drei Jahrgangsstufen 14- bis 17-jährige Schüler aus unterschiedlichen Militär-Erziehungsanstalten ausgebildet. Gebäude und In-stitution wurden zur »Mutter« aller entsprechenden Einrichtungen in Preußen.

Karl Hampel/Werkstatt SchinkelsGrundriss des 1. OG der Unteroffizierschule Potsdam1825; Feder in schwarz ¥ Stadtverwaltung Potsdam, Bereich Untere Denk-malschutzbehörde ¥ Das Gebäude wurde von Baurat Hampel unter Mitwir-kung Schinkels entworfen. Es war als Prototyp des Militär-Schulbaus gedacht, wohl deshalb ist Schinkel hier stärker eingebunden worden als bei seinen üb-rigen Potsdamer Kasernenbauten. Der 1825–1828 ausgeführte Bau war eine dreiflügelige, dreigeschossige Kaserne mit integrierten Lehrräumen. Er wur-de 1865 und 1910 erweitert und dabei in seiner klaren Struktur verunklärt.

Karl Hampel/Werkstatt SchinkelsFensterdetails der Fassade der Unteroffizierschule Potsdam1825; Feder in schwarz ¥ Stadtverwaltung Potsdam, Bereich Untere Denk-malschutzbehörde ¥ Die putzgequaderten Fassaden waren durch Gesimse stark horizontal gegliedert. Den Fenstern kam daher neben der Belichtung auch eine wichtige Funktion als Gliederungselement zu. Die Pfeiler der Fens-tergruppen und am Risalit sind gewissermaßen die einzigen Schmuckele-mente dieses sehr rational entworfenen Fassadensystems – eine völlig freie Variation des antiken Thrassylos-Monuments in Athen.

Karl Friedrich SchinkelCivilcasino PotsdamKupferstich aus: Sammlung Architektonischer Entwürfe, Heft 12, Blatt 78 (1828) ¥ Technische Universität Berlin – Plansammlung der Universitätsbibliothek ¥ Auf Befehl des Königs erfolgte 1819–1825 der Bau eines Gesellschaftshau-ses nach Plänen Schinkels. Da er in der langjährigen Baustelle einen volkswirt-schaftlichen Nutzen für die Stadt sah, übernahm er eine Teilfinanzierung. Das prachtvoll ausgestattete Fest- und Speisehaus bildete nun den angemessenen Rahmen des höheren Potsdamer Gesellschaftslebens. Das Innere wurde redu-zierter ausgeführt als in Schinkels Veröffentlichung angegeben.

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Karl Friedrich SchinkelSammlung Architektonischer Entwürfe (Neue Ausgabe)Potsdam 1841 ¥ Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Branden-burg ¥ Ab 1819 veröffentlichte Schinkel seine Bauten bei Ludwig Wilhelm Wittich in Heften mit je sechs Stichen. Sie enthielten seine vorbildlichen Bauten, aber auch die nicht verwirklichten Projekte. Bis 1840 erschienen 28 Hefte mit insgesamt 174 Stichen und Lithografien. In mehrfacher Auflage er-freuten sie sich aufgrund der malerischen und gleichzeitig technischen Qua-lität der Darstellung noch in den 1870er Jahren großer Beliebtheit.

Reißzeug »Emperius«Anfang 19. Jh.; Messing, Stahl ¥ Mathematisch-Physikalischer Salon, Staat-liche Kunstsammlungen Dresden ¥ Das zentrale Werkzeug des Architek-ten war das Reißzeug. Das Papier wurde auf dem Reißbrett mit dem Rahmen fixiert. Da Korrekturen nur sichtbar ausgeführt werden konnten, wurden zu-nächst die Linien »blind« mit der Spitze der Reißstifte, bzw. -Federn gezogen. Die so entstandenen Vertiefungen wurden anschließend mit Tinte oder Tu-sche nachgezogen.

Einsatzzirkel2. Hälfte 19. Jh.; Messing, Stahl ¥ Mathematisch-Physikalischer Salon, Staatliche Kunstsammlungen Dresden ¥ Der Zirkel war von jeher ein wich-tiges Instrument des Konstruierens. Nicht nur zum Zeichnen von Kreisbö-gen, sondern auch zum Abgreifen und Übertragen von Distanzen wurden sie benötigt. An Einsatzzirkeln konnten verschiedene Spitzen wie Bleistift oder Tuschfeder festgeklemmt werden.

WinkelmesserBerlin: C. Lüttig Anfang 19. Jh.; Messing ¥ Mathematisch-Physikalischer Salon, Staatliche Kunstsammlungen Dresden ¥ Zeichengeräte waren kost-spielige Präzisionsinstrumente, die entsprechend aus dauerhaften Materia-lien handwerklich gearbeitet wurden. Erst mit der verstärkten Entwicklung des technischen Zeichnens im 18. Jahrhundert erlebte der Winkelmesser sei-ne Blütezeit. Die auch heute noch gebräuchlichen Halbkreis-Winkelmesser setzten sich damals gegenüber anderen Modellen durch.

ParallellinealParis: Chevallier um 1840; Messing ¥ Mathematisch-Physikalischer Salon, Staatliche Kunstsammlungen Dresden ¥ Parallellineale können aus meh-reren Linealen bestehen, die durch bewegliche Scharniere miteinander ver-bunden sind. Sie blieben bis ins 20. Jahrhundert in Benutzung. Damit konn-ten sowohl auf einfache Art Linien parallel verschoben werden als auch enge Schraffuren gezeichnet werden.

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r e p r o t a f e l

4. a | Oberbaudeputation

Die Oberbaudeputation (OBD) war eine staatliche Re-

visionsabteilung, die alle staatlichen Bauvorhaben, die

500 Taler überstiegen, in ökonomischer, funktionaler

und ästhetischer Hinsicht zu begutachten hatte. Die

Entwürfe der im Lande tätigen Baumeister wurden über

die Regierung des jeweiligen Regierungsbezirks bei der

OBD eingereicht und mit Korrekturen bzw. als Gegenent-

wurf zurückgesandt. Schinkel hatte die Stelle für ästheti-

sche Fragen und konnte seinen Aufgabenumfang selbst

definieren. Die Dienstverpflichtung bestand lediglich in

der Kontrolle der eingerichteten Entwurfspläne. Er ließ

es sich aber nicht nehmen, viele der über seinen Schreib-

tisch gehenden Pläne abzuwandeln, bisweilen selbst ei-

nen Gegenentwurf zu liefern.

1 | Landbaumeister Jester: Neubauentwurf für die Kirche in Guttstadt, 1826Feder, Aquarell, Geheimes Staatsarchiv Berlin PK ¥ Jesters Entwurf für die evangelische Kirche in Guttstadt ist einer der typischen Entwürfe eines Land-baumeisters in etwas altertümlichen Stilformen. Schinkel rügte in seinem Gutachten u. a. den nicht stimmig entworfenen Turm.

2 | Umformung des jesterschen Entwurfs der Kirche in Guttstadt, 1827Federzeichnung, bpk/Kupferstichkabinett SMB ¥ Schinkels Gegenentwurf zur Kirche in Guttstadt übernahm Jesters Volumen, setzte den Bau aber in konsequentem Rundbogenstil um. Stil war für Schinkel die konsequente Anwendung eines tektonischen Prinzips. Dies den auf dem Lande tätigen Baumeistern zu vermitteln, war das Anliegen bei seinen Gegenentwürfen. Es ging ihm dabei weniger darum, sich selbst zu verwirklichen, als stilbildend zu wirken.

3 | OBD nach Schinkel: Gymnasium Düsseldorf, 1820Federzeichnung, bpk/Kupferstichkabinett SMB ¥ In den großen Städten der neuen Provinzen waren es vor allem Verwaltungsbauten, die in die Zu-ständigkeit des Staates fielen. Gelegentlich aber wurden auch Schulbauten vom Staat errichtet. Sofern sich der König finanziell an einem nicht staatli-chen Bauprojekt beteiligte, wurde ebenfalls die OBD tätig.

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4 | Funktionsschema der OberbaudeputationHBPG ¥ In der OBD gab es fünf leitende Beamtenstellen. Einer war für Landbau in den Provinzen Brandenburg, Pommern und Preußen zuständig, einer für Wasserbau in den entsprechenden Gebieten, einer für Land- und Wasserbau in Schlesien, ein vierter für das Vermessungswesen in allen Pro-vinzen. Die fünfte Beamtenstelle, die von Schinkel, betraf die ästhetischen Aspekte in allen Provinzen.

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4. b | Staatsarchitekt Als Baubeamter war Schinkel nur zur Revision einge-

reichter Entwürfe verpflichtet, nicht zum Entwurf. Schin-

kel aber wollte bauen. So waren Aufträge, die er vom Kö-

nig bekam, eine Möglichkeit, sich architektonisch zu

verwirklichen. Der erste diesbezügliche Auftrag war der

Bau des Wachhauses gegenüber dem Kronprinzenpalais,

dem Wohnsitz des Königs, in dem Schinkel bereits 1810

einige Räume ausgestattet hatte. Als Baubeamter konnte

Schinkel mit dem Entwurf von Staatsbauten beauftragt

werden, musste aber nicht. So tat sich Graf Brühl als In-

tendant des Königlichen Schauspiels zunächst schwer,

nach dem Brand des Nationaltheaters auf dem Gendar-

menmarkt Schinkel mit dem Wiederaufbau zu betrauen.

1 | Entwürfe zur Wache in Berlin, 1816Federzeichnung, bpk/Kupferstichkabinett SMB ¥ Die Bauaufgabe des Wach-hauses fasste Schinkel nicht funktional, sondern als Monument auf. Es ha-ben sich besonders viele Entwurfsskizzen erhalten, aus denen man ablesen kann, wie sich Schinkel an die gewünschte Bauform herantastete. Spielte er zunächst Rundbogenhallen durch, so wechselte er zu einer Pfeilerhalle.

2 | Entwurf zur Wache in Berlin, 1816 Federzeichnung, bpk/Kupferstichkabinett SMB ¥ Bauplastischer Schmuck spielte stets eine große Rolle in Schinkels Entwurfstätigkeit. Hier ist das die Pfeiler schmückende Bildwerk noch so weit dekorativ, dass es dem Rokoko entlehnt scheint. Schinkel plante die Wache weit von der Straße Unter den Linden zurückgesetzt. Der König bestimmte aber eine direkt an der Straße ge-legene Position. Somit trat das Gebäude in direkten Bezug zu Universität und Zeughaus und musste sich zwischen diesen Monumentalbauten behaupten.

3 | Neue Wache, Sammlung architektonischer Entwürfe, Taf. 4, 1819Kupferstich ¥ Das Wachhaus stand in einem eigentümlichen Kontrast des monumentalen Äußeren mit dem asymmetrisch engstrukturierten und simplen Inneren. Der Bau war zweigeschossig mit Lichthof, zu dem die Pult-dächer entwässerten. Die Fassade dagegen zeigte eine klare und symmetri-sche Gestaltung. Beim Eingang wurde diese Illusion mit einer durch die ge-samte Bauhöhe reichenden Raumachse unterstützt.

4 | Entwurf zur Wache, Sammlung architektonischer Entwürfe, Taf. 1, 1819Kupferstich ¥ Schinkel entwarf die Grundform eines Kubus mit Eckturm-elementen, der sich mit einem tempelartigen Eingangsbaukörper verschnei-det. Dieser wurde zunächst als Pfeilerhalle gebildet. Die Kopfskulpturen in der Frieszone beziehen sich auf Schlüters Kriegerkopfmasken im Innenhof des benachbarten Zeughauses. Schinkel wählte dieses Bild als erstes Blatt der »Sammlung Architektonischer Entwürfe« von 1819.

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5 | Neue Wache, Sammlung architektonischer Entwürfe Taf. 2, 1819Kupferstich ¥ Schinkel gestaltete den Eingangsbau dorisch und stellte ihn damit in stilistischen Bezug zum Brandenburger Tor am anderen Ende der Prachtstraße. Von der klassischen dorischen Ordnung wich Schinkel mit den (nicht dargestellten) Fußringen der Säulen und den von Schadow geschaffe-nen einzelnen Viktorienfiguren in der Frieszone ab.

r e p r o t a f e l

4. c | NormalkircheKirchen waren die häufigste staatliche Bauaufgabe zu

Schinkels Zeit. Schinkel ließ es sich nicht nehmen, jedes

kirchliche Bauprojekt, das bei der OBD eingereicht wur-

de, persönlich zu bearbeiten. Seit Anfang der 1820er Jah-

re begann er, Standardisierungen vorzunehmen. Die Kir-

chenentwürfe zu Schönberg bei Malmédy und Straupitz

wurden in der Sammlung Architektonischer Entwürfe

als vorbildlich veröffentlicht. Die kleine turmlose Kirche

in Nakel im Herzogtum Posen gefiel dem König in ihrem

Kosten-Nutzen-Verhältnis derart gut, dass er sie 1827 im

so genannten Normalkirchenerlass zum Vorbild aller

evangelischen Kleinkirchen in Preußen bestimmte. Da-

für wurde sie in einem Stich verbreitet, ein zweiter Stich

zeigte Variationen mit Turm.

1 | Kirche in Schönberg (Belgien), Sammlung architektonischer Entwürfe Taf. 71, 1828Kupferstich ¥ Für den kleinen Ort Schönberg bei Malmédy entwarf Schinkel 1826 eine Kirche mit Doppelturmfassade. Es war dies der früheste Entwurf nach dem Entwurf zur Magdeburger Nicolaikirche, der bereits die charak-teristischen Kopfbauten aufwies. Die Kirche wurde in extrem vereinfachter Form ausgeführt, Schinkel aber veröffentlichte seinen ursprünglichen Ent-wurf in seiner Sammlung Architektonischer Entwürfe als vorbildlich.

2 | Skizze zur Kirche in Nakel, Kopie nach Schinkels Entwurf, 1819Federzeichnung, Kupferstichkabinett SMB | Für das Dorf Nakel entwarf Schinkel 1819 eine kleine Kirche, deren äußeres Charakteristikum die pfeilerartigen Eckelemente, die Rundbogenfenster an den Längs- und die Lünettenfenster an den Schmalseiten waren. Das Innere war durch Pfeiler hallenartig unterteilt, das Mittelschiff mit einer Holztonne überwölbt. Die Seitenschiffe bargen die Emporen.

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3 | Friedrich Schwechten nach Schinkel: Normalkirche ohne Turm, 1827Kupferstich, Geheimes Staatsarchiv Berlin PK ¥ Die Kirche in Nakel be-suchte der König im Januar 1827. Sie gefiel ihm im Verhältnis der Ästhetik und Funktionalität zu den mit 4.000 Talern eher geringen Kosten. Bereits im Juli 1827 erließ der König den Erlass, dass alle evangelischen Kirchen dieser Größe nach dem Vorbild von Nakel gestaltet werden sollen. Schinkel formte dafür dessen Entwurf zur Vorlage um, die als Stich in die Provinzen geschickt wurden.

4 | Nazarethkirche in Berlin, Sammlung architektonischer Entwürfe Taf. 138, 1834Kupferstich ¥ Seit 1828 entwarf Schinkel Kirchen für die sich entwickeln-den nördlichen Vorstädte Berlins. Nach Plänen zu ein und zwei größeren Bauten entschied er sich für vier kleine. Er unterschied sie stilistisch und im Baumaterial, nicht aber im Typus, der einen Rechteckbau unter Satteldach mit angeschlossener Apsis darstellt. Die Nazarethkirche wurde 1832–1834 als Sichtziegelbau im Rundbogenstil errichtet.

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5. | DenkmalpflegeIm 18. Jahrhundert wurden historische Monumente, die

ihre Funktion verloren hatten, zur Gewinnung von Bau-

material abgerissen. Durch die Säkularisierung nahm der

Abriss von Kirchen und Klöstern ein solches Ausmaß an,

dass dies als Verlust empfunden wurde. Mit historischer

Bausubstanz beschäftigte sich Schinkel erstmals wäh-

rend seiner Ausbildung bei den Gillys. Friedrich Gilly

hatte die stark ruinöse Marienburg in teilweise rekons-

truierenden Zeichnungen als nationales Monument ver-

öffentlicht. Auf der Reise von 1816 lernte Schinkel den

ruinösen Torso des Kölner Doms kennen und war derart

begeistert, dass er große Energie in die Rettung des Erhal-

tenen und den Weiterbau setzte. Als Beamter versuchte

er dem Verfall und Abriss von historischen Monumenten

entgegenzuwirken. Dazu ließ er erstmals Denkmälerver-

zeichnisse anlegen. Schinkel – seit 1815 auch offiziell mit

Erhaltungsarbeiten betraut – stand damit am Anfang ei-

ner eigenständigen staatlichen Denkmalpflege, die zu-

nächst noch sehr ambivalent agierte, dann kreativ Mo-

numente fortbaute und überformte. Mit der Forderung

Georg Dehios nach Substanzerhaltung bekam die Denk-

malpflege Anfang des 20. Jahrhunderts schließlich ihre

moderne wissenschaftliche Ausrichtung.

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Denkmalpflegeprojekte Schinkels in Preußen 1815–1840Auswahl der wichtigsten Arbeiten und Gutachten

Marienkirche Frankfurt

SchlossMarienburg

Haus BrotbänkengasseDanzig (Translozion)

DomMagdeburg

BERLIN

»Alter Turm« Mettlach

Klausebei Kastel

Burgruine StolzenfelsSt. Florin Koblenz

Münsterkreuzgang Bonn

St. Kunibert Köln

Dom Köln

Kloster Chorin

Berlin:SchlossZeughausPalais WartenbergFürstenhausFranziskanerkircheNikolaikirche

Kaisertrutz Görlitz

Klosterkirche Kamenz

Marienkirche Pritzwalk

Klosterkirche Neuruppin

Schlosskirche Wittenberg

Moritzburg Halle

Marienkirche Beeskow

Marienkirche Küstrin

Dom Kolberg

Dom Minden

Dom Xanten

AltenbergerDom

Stift Berg Herford

St. Patroklus SoestWiesenkirche SoestOsthoventor Soest

MarienkircheDortmund

Moritzkirche Halle

DomBrandenburg

A. Bernhard 2006

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o r i g i n a l o b j e k t e

a b t e i l u n g 5

Karl Friedrich SchinkelMarienburg. Diorama-Ergänzung1819; Bleistift, Feder in Schwarz ¥ Staatliche Museen zu Berlin, Kupfer-stichkabinett ¥ Die Zeichnung zeigt die Brücke zwischen Hochschloss und Hochmeisterpalast in rekonstruierter Form. Die Marienburg in Westpreu-ßen war das größte und langwierigste Restaurierungsvorhaben im östlichen Teil Preußens, mit dem sich Schinkel beschäftigte. Die quadrierte Zeichnung weist darauf hin, dass dieses Blatt zum Übertragen in einen größeren Maß-stab für ein Diorama entworfen wurde.

Karl Friedrich SchinkelKloster Chorin. Innenansicht nach Osten1816/17; Bleistift, Feder, Tusche ¥ Staatliche Museen zu Berlin, Kupfer-stichkabinett ¥ Das Zisterzienserkloster Chorin war seit der Reformation profaniert und ruinös. Schinkel zählte Chorin zu den bedeutenden mittel-alterlichen Bauwerken Deutschlands und trat für seine Wiederherstellung ein, »damit [...] dem Land der schöne Schmuck solcher Denkmäler erhalten werde«. Die Zeichnungen sind in engem Zusammenhang mit dem Gutachten zur Erhaltung des Klosters entstanden.

Karl Friedrich SchinkelKloster Chorin. Westfassade1816/17; Feder, Tusche ¥ Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett ¥ Mit diesem maßstabgerechten Aufriss analysiert Schinkel die Architek-tur der Gotik. Schinkels Hinweis, dass die Anlage bezüglich ihrer Backstein-architektur vorbildlich für die Gegenwart sein könnte, gilt als das früheste Zeugnis Schinkels zur Wiederbelebung der Sichtziegelbauweise.

Karl Friedrich Schinkel»Stolzenfels«. Entwürfe zur Innenausstattung von Sommerhalle und Rittersaal1825; Aquarell, Feder in Braun und Schwarz ¥ Stiftung Preußische Schlös-ser und Gärten Berlin-Brandenburg ¥ Die Burgruine Stolzenfels wurde 1823 dem Kronprinzen geschenkt. Dieser entschloss sich, die Anlage unter Wah-rung der erhaltenen Substanz ausbauen zu lassen. Dies sollte auch Teil einer preußischen Kulturpolitik im Rheinland sein. In die Planung zu Stolzenfels flossen auch Schinkels Erfahrungen mit der Marienburg, beispielsweise in der Gewölbedisposition des großen Rittersaals.

Sulpiz BoisseréeDom zu Köln. Ansichten, Risse und DetailsStuttgart 1821 ¥ Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz ¥ Der Kölner Kunstsammler Boisserée hatte bereits den Torso des Kölner Doms vermessen, als Schinkel 1816 ihn und den Dom kennen lernte. Fortan verfasste Schinkel Gutachten für die Instandsetzung. Boisserée wurde eine Triebfeder des Wiederaufbaus und Mitbegründer des Dombau-Vereins. Das große Tafel- und Erläuterungswerk gab er als Werbung für die Vollendung des Domes heraus. Der Weiterbau begann 1842 und war 1888 abgeschlossen.

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r e p r o t a f e l

5. a | Marienburg und Preußen

Friedrich Gilly begleitete 1794 seinen Vater auf einer

Dienstreise und entdeckte die zweckentfremdete und

stark ruinöse Marienburg als preußischvaterländisches

Monument. Er zeichnete sie teils in rekonstruierter Form

und zeigte die Blätter auf der Akademie-Ausstellung,

wo sie große öffentliche Resonanz erfuhren. 1799–1803

wurden diese und andere Marienburgdarstellungen von

Friedrich Frick als Aquatinta-Radierungen veröffent-

licht. Für Schinkel, der diese Zeichnungen teilweise ko-

pierte, war es eine Einführung in die Beschäftigung mit

historischen Bauten und in denkmalpflegerisches Den-

ken. Als Beamter verfolgte Schinkel später die Wiederher-

stellungen, die aus der weitläufigen Ruine wieder ein his-

torisches Monument schufen.

1 | Friedrich Gilly: Der Eingang zum Hochschloss der Marienburg, 1794Feder, Pinsel, SPSG ¥ Die Marienburg an der Nogat in Westpreußen wurde im 13. Jahrhundert vom Deutschen Orden angelegt. Ab 1309 baute man sie als Sitz des Hochmeisters weitläufig aus. Sie hatte die Funktion einer Zen-trale des Ordensstaates. Nach schweren Kriegsbeschädigungen in nachmit-telalterlicher Zeit diente die Backsteinanlage als Gewerbebau und Kaserne. Die Darstellung des Einganges zum Hochschloss der Marienburg gibt den ruinösen Eindruck des Baukomplexes wieder, den Gilly durch die Fragment-Staffage im Vordergrund noch betonte.

2 | Friedrich Frick nach Friedrich Gilly: Ansicht des alten Schlosses zu Marienburg, nach 1794Kupferstich, SPSG ¥ Der Hochmeisterpalast ist einer der künstlerisch be-deutendsten Teile der ausgedehnten Marienburg. Er war in den Details be-sonders stark reduziert, was dieses Blatt deutlich wiedergibt. Die Ansicht wurde 1797 zum Titelkupfer von Band 2 der von David Gilly herausgegebenen »Sammlung nützlicher Aufsätze und Nachrichten, die Baukunst betreffend«. Eine weitere Darstellung aus gleicher Perspektive zeigte den Bau rekonstru-iert.

3 | Friedrich Gilly: Der große Remter der Marienburg, 1794Feder, Aquarell, Kunstbibliothek, SMB ¥ Friedrich Gilly stellte den ruinösen und verbauten Raum rekonstruierend mit einem Schachbrettfliesenboden und farbigen Glasfenstern dar. Gilly hielt den Raum für den Kapitelsaal und staffierte ihn entsprechend mit einem feierlichen Einzug der Ordensritter aus. Zentrum der Darstellung ist jedoch das auf einer Säule ruhende Gewöl-be. Diese Zeichnung und später auch der reale Raum haben Schinkels Vor-stellungen von gotischer Innenraumgestaltung maßgeblich geprägt.

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4 | K. F. Schinkel nach Friedrich Gilly, Der große Remter der Marienburg, 1797/98Feder, Aquarell, Kunstbibliothek, SMB ¥ Schinkel kopierte im Hause David Gillys Zeichnungen Friedrich Gillys von der Marienburg. Er wiederholte auch die Zeichnung des vermeintlichen Kapitelsaals mit dem Einzug der Ordens-ritter. Dabei nahm er starke Abwandlungen vor, die besonders die Konstruk-tion des Gewölbes und die Fenster betreffen. Daher handelt es sich vermut-lich um eine Gedächtniskopie. Mit der Stiftung des Eisernen Kreuzes 1813, dessen Schinkelsche Gestaltung ideell auf das Ordenskreuz zurückging, ge-wann die Marienburg selbst eine große Wertsteigerung.

5 | Entwurf des Hardenbergfensters im großen Remter, 1820Bleistift, Aquarell, Kupferstichkabinett, SMB ¥ Nach den Befreiungskriegen wurde eine Räumung und Wiederherstellung beschlossen, unterstützt durch das Engagement des neuen Oberpräsidenten v. Schön. Schinkel reiste als Be-amter 1819 im Auftrage Hardenbergs zur Marienburg und involvierte sich an-schließend intensivst in die Planungen. Der große Remter sollte mit farbigen Glasmalereien versehen werden, die eine mit den Kathedralen gleichwertige Architektur unterstreichen. Es wurden die frühesten Glasmalereifenster des 19. Jahrhunderts. Das von Hardenberg zu stiftende Fenster zeigt im oberen Teil Allegorien von Religion und Gesetz, darunter Stifterwappen. Der unters-te Teil war klar verglast für den Blick auf die Nogat.

r e p r o t a f e l

5. b | Kölner Dom und Rheinlande1248 wurde der Grundstein zum gotischen Neubau des

Kölner Doms gelegt. Köln war eine der größten und be-

deutendsten Städte Europas. Das riesig angelegte Bau-

vorhaben geriet aber ins Stocken und wurde 1560 ganz

eingestellt. Bis dahin standen der Chor und die Grund-

mauern von Quer- und Langhaus sowie der Sockel des

Südturmes, der mit seinem bekrönenden Baukran als

Wahrzeichen Kölns galt. 1814 und 1816 wurde der Origi-

nalentwurf der Westfassade in Darmstadt und Paris ge-

funden. Auf seiner Reise durch Norddeutschland lernte

Schinkel 1816 den Dom kennen und bemühte sich um

die Sicherung des gefährdeten Bauwerks. Der Reichtum

der Rheinlande an mittelalterlicher Architektur inspi-

rierte Schinkel sehr. Insbesondere schätzte er Trier mit

seinen antiken Bauwerken, anhand derer er auch Bau-

techniken studierte.

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1 | Die Kölner Innenstadt von Norden, 1817Feder, Pinsel, Kupferstichkabinett, SMB ¥ Die Brüder Sulpiz und Melchior Boisserée aus Köln hatten nach der Säkularisierung eine der bedeutends-ten Sammlungen mittelalterlicher Kunst zusammengetragen. 1816 fuhr Schinkel nach Heidelberg, um über einen Ankauf durch den preußischen Staat zu verhandeln. So bekam er Kontakt zu den Boisserées. Sulpiz begann 1806 mit der Ausmessung des Domtorsos und ließ Kupferstiche fertigen als wissenschaftliche Grundlage für die Vollendung des Doms. Diese bildeten schließlich das »Domwerk«, für das Schinkel als Titelvignette den Blick auf den Domtorso vom Westturm der Kunibertskirche zeichnete.

2 | Details zum Chor des Kölner Doms (Zeichnung zum Gutachten vom 3.9.1816)Federzeichnung, Zenralarchiv, SMB ¥ Nach der ersten Instandsetzung 1816/17 wurde ein Ausbau des Torsos ins Auge gefasst. Schinkel fertigte sich eine Kopie des originalen Westfassadenrisses an, um sich mit dem Formen-repertoire vertraut zu machen. Denn für das Lang- und das Querhaus hatten sich keine Risse überliefert, so dass sie anhand der wenigen existierenden Bauteile neu entworfen werden mussten. 1833 wurde Ernst Friedrich Zwir-ner als erster Dombaumeister berufen, er begann ab 1842 den Weiterbau des 1880 vollendeten Doms.

3 | Zwei Entwürfe zu Engelsfiguren, 1834Feder, Pinsel, Dombauarchiv Köln ¥ Zu den Ergänzungen fehlender Bau-teile gehörten auch Figuren am Außenbau. 12 musizierende Engelsfiguren entwarf Schinkel 1834 für die Strebepfeiler des Kapellenkranzes. Sie sind in ihrer Gewandung weniger gotisch als antikisch und wirken aus heutiger Sicht in ihrer Aktion unbeabsichtigt komisch. Bis 1838 wurden diese Entwürfe von dem Bildhauer Peter Joseph Imhoff umgesetzt.

4 | Johann Claudius v. Lassaulx (?): Bauaufnahme der Ruine Stolzenfels, nach 1823Federzeichnung, Kupferstichkabinett, SMB ¥ Burg Stolzenfels gegenüber der Lahnmündung nahe Koblenz gelegen war eine der größten mittelalter-lichen Burgen am Rhein. 1689 wurde sie zerstört und die Ruine 1823 dem preußischen Kronprinzen zur Hochzeit geschenkt. Zunächst plante der Kron-prinz nur eine Konservierung der Ruine und die parkartige Gestaltung der Umgebung. Dann aber beschloss er den Bau eines regelrechten Wohnsitzes. Dafür wurde eine Bauaufnahme des Bestandes gefertigt.

5 | Wiederaufbauplanung von Burg Stolzenfels, 1836Feder, Aquarell, Kupferstichkabinett, SMB ¥ Ab 1825 wurde die Ruine nach Schinkels Plänen wiederaufgebaut, dabei bestimmte der Kronprinz die Wah-rung des historischen Bestandes. Schinkel konzentrierte sich auf den rhein-seitigen Bauteil, den er zum Palas- und Wohnbau ausbaute, dabei wurde eine Symmetrierung vorgenommen. Schloss Stolzenfels leitete eine Burgen-begeisterung ein, die später zum wenig denkmalgerechten Umgang mit den vielen Ruinen der Rheinburgen führte.

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r e p r o t a f e l

5. c | AmbivalenzenSchinkels denkmalpflegerische Aktivitäten waren ambi-

valent, entsprechende Grundlagen nicht erarbeitet. Beim

Kölner Dom erfolgte die Bestandsrettung zur Vorberei-

tung des Fortbaus, andere Objekte wurden zwar in der

Substanz erhalten, aber nach seinem Geschmack deko-

riert. Barocken Bauformen stand er verständnislos ge-

genüber, vor vollständiger Überformung oder Abrissplä-

nen, wie bei der Berliner Bibliothek, schreckte er nicht

zurück. Da Schinkel ein umfassendes Bild des vorhan-

denen Denkmalbestandes wünschte, gab er in den Pro-

vinzen Denkmallisten in Auftrag. Es fehlte jedoch noch

ein allgemeines Denkmalbewusstsein, Beamte sandten

daher teilweise Listen ohne Erwähnung der Hauptwerke

des Kirchen- und Schlossbaus ein.

1 | Kavalierhaus auf der Pfaueninsel, 1824Bleistiftzeichnung, Kupfersichkabinett, SMB ¥ Ein spätgotisches Haus in der Brotbänkengasse in Danzig konnte trotz seiner Wertschätzung wegen der Weigerung des Grundstückeigners am Ort nicht erhalten werden. So wurde es abgerissen, die dabei ausgebauten Zierteile der Fassade vom König ge-kauft und zur Pfaueninsel verbracht. Dort baute Schinkel am Kavalierhaus einen Turm an, in dem er die historischen Werkstücke einfügte. Der übrige Bau wurde in Stuck stilistisch angepasst.

2 | Fassadenaufrisse des ehem. Palais Wartenberg, 1817Federzeichnung, Kupferstichkabinett, SMB ¥ Das Palais Wartenberg lag an der Langen Brücke, schräg gegenüber dem Berliner Schloss. Es war 1702–1704 von Andreas Schlüter erbaut worden, den Schinkel – obgleich ein Künst-ler des Barock – sehr schätzte. So setzte er sich für die fachgerechte Instand-setzung der Fassaden des kleinen Palais ein. 2

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3 | Ferdinand v. Quast nach Schinkel: Querschnitt durch die Berliner Klosterkirche, 1813Federzeichnung, Technische Universität Berlin, Plansammlung ¥ Durch den Besuch des Gymnasiums zum Grauen Kloster hatte Schinkel zur Franziskanerklosterkirche in Berlin eine persönliche Beziehung. Sie war der früheste gotische Bau in der Stadt und entsprechend schlicht gestaltet. Dies empfand Schinkel offenbar als Mangel, denn anlässlich der notwendigen Instandsetzung setzte er sich für eine reiche Ausschmückung des Inneren ein. Ferdinand v. Quast wurde später ein bedeutender Denkmalpfleger.

4 | K. F. Schinkel und Wilhelm Stier: Entwurf für den Ausbau der Türme an der Kreuzkirche in Brieg, 1834Federzeichnung, Kupferstichkabinett, SMB ¥ Die barocke Klosterkirche von Brieg in Schlesien war in ihren Westteilen unvollendet geblieben. Als eine Fertigstellung ins Auge gefasst wurde, entwarf Schinkel einen Turm-bau mit Anklängen an mittelalterliche Architektur. Er argumentierte dabei, das Barock wäre eine abgeschlossene Zeitepoche und daher wäre es nicht zu verantworten, den Torso der Kirche in den vorhandenen Stilformen zu voll-enden. Beim Kölner Dom argumentierte er gegenteilig.

5 | Entwurf zur Französischen Kirche in Berlin, 1818Bleistiftzeichnung, Kupferstichkabinett, SMB ¥ Die Anfang des 18. Jahr-hunderts erbauten Kirchen auf dem Gendarmenmarkt waren barocke Zen-tralbauten, die seit der Erbauung der Kuppeltürme (»Dome«) 1780 kaum noch zur Kenntnis genommen wurden und einer Instandsetzung bedurften. Schinkel schätzte die Barockarchitektur wenig und plante den Kuppeltür-men angeglichene Neubauten. Dies wurde nicht umgesetzt, die barocken Kirchbauten sind noch heute erhalten.

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6. | Bühnen- und SchaubilderNach der Rückkehr aus Italien wohnte Schinkel im

Gabain’schen Haus, in dem auch der Schausteller Wil-

helm Ernst Gropius mit seinen Söhnen lebte. Für Gropius,

der ein Figurentheater besaß, entwarf Schinkel animier-

te Schaubilder, die zur Attraktion der Weihnachtsausstel-

lungen wurden. Bis zu seiner Beamtenlaufbahn bestritt

Schinkel seinen Lebensunterhalt weitgehend mit diesen

Arbeiten, die er noch bis 1815 fortsetzte. Dabei konnte er

vielfach seine Reiseskizzen verwerten. Mit diesen Schau-

bildern, nicht mit seinen Bauten, wurde Schinkel eine

stadtbekannte Person. Hierdurch erhielt er auch erste

Kontakte zum Königspaar, dem er 1809 persönlich die

Schaubilder der Weihnachtsausstellung erklären durfte.

Auch als Festausstatter wurde Schinkel verpflichtet. So

stattete er zwei große Hoffeste sowie zahlreiche festliche

Anlässe aus.

Bühnenausstattungen lagen Schinkel besonders am Her-

zen. Nach vergeblichen Vorstößen bei Intendant Iffland

gelang es ihm, bei dessen Nachfolger Graf Brühl 1815 als

Bühnenbildner tätig zu werden. Ab 1815 – also während

seiner Beamtentätigkeit – entwarf Schinkel Dekoratio-

nen zu über 40 Bühnenstücken.

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(Tiergarten)

(Alexanderplatz)

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Schaubilder – BühnenbilderAusstellung der Dioramen/Panoramen und Einsatz der Bühnenbilder

1 Königliches Opernhaus

2 Nationaltheater, ab 1821 Schauspielhaus

3 Saal Spittelmarkt 16, Ausstellungsort von Schaubildern Schinkels 1807–08

4 Panoramabude hinter der Hedwigskirche, gebaut 1808 von Steinmeyer,

Präsentation der Rundbilder, wie dem »Panorama von Palermo«

5 Saal im Gabainschen Hause Breite Straße 22, Präsentation vonSchaubildern nach Abzug der französischen Besatzung 1808

6 Saal Brüderstraße 12, Ausstellungsort von Schaubildern Schinkels 1811

7 Wilhelm Gropius’ »Mechanisches Theater«, Französische Straße 43,Präsentation der späten Schaubilder Schinkels 1812–16

8 Carl Gropius »Diorama«, Georgenstraße/Stallstraße, festes Schaubilderhaus

ab 1827

A. Bernhard 2006

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o r i g i n a l o b j e k t ea b t e i l u n g 6

Karl Friedrich SchinkelAthalia: Das Innere des Tempels von Jerusalem1817; Deckfarben ¥ Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett ¥ Schinkels Dekorationen zu Athalia, einer im antiken Jerusalem spielenden Oper von Johann Nepomuk von Poissl, erntete großen Beifall. Zelter äußer-te Goethe gegenüber, sie seien das Beste der Aufführung. Das Tempelinnere wurde von Schinkel durch ägyptisierende Architekturdetails als altertümlich charakterisiert. Mit auffallender Detailfreude entwarf er den Raum, für den die Bibel nur das Gold und die Cherubin erwähnt.

Karl Friedrich SchinkelJungfrau von Orléans: Festlich geschmückter Saal1817; Deckfarben über Feder mit Tusche ¥ Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett ¥ Von den 11 Dekorationen zu Schillers Drama ent-warf Schinkel drei, die meisten übrigen wurden dem Fundus entnommen. Bei zwei Bildern stellte er gotische Architektur in den Mittelpunkt. Gotik war aber hier nicht vaterländischer Stil, sondern ein historisches Detail. Die Ka-thedrale von Reims im Bildhintergrund versuchte er, historisch getreu darzu-stellen. In der nachfolgenden Dekoration gestaltete er die Westfassade fast detailgenau.

Karl Friedrich SchinkelOlimpia: Innenraum des Dianatempels zu Ephesos1821; Feder in Schwarz, aquarelliert, Deckfarben ¥ Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett ¥ Der Neuinszenierung der Oper vom neuen Generalmusikdirektor Spontini wurde von Seiten des Hofes große Bedeu-tung beigemessen. So entwarf Schinkel sämtliche Dekorationen. Beim In-nenraum des Dianatempels versuchte er eine detaillierte Rekonstruktion des antiken Gebäudes. Hierbei konnte er an Rekonstruktionen anknüpfen, die er ein Jahrzehnt zuvor für Schaubilder, etwa des Zeustempels in Olympia, ge-schaffen hatte.

Karl Friedrich SchinkelNurmahal, oder das Rosenfest von Caschmir: Platz am Palast1822; Deckfarben ¥ Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett ¥ Bei den Dekorationen zu Spontinis Oper, dessen Libretto auf Thomas Moo-res Versidyllen »Lalla Rûkh« zurückging, konnte Schinkel an das von ihm aus-gestattete Hoffest mit Lebenden Bildern von 1821 anknüpfen. Er gestaltete eine indische Fantasiewelt unter Verwendung von Vorlagen aus Reisewerken. Der Entwurf ist gemäldeartig komponiert, die als Repoussoir gestalteten seit-lichen Palastarchitekturen geben dem Blatt eine große Tiefe.

Karl Friedrich SchinkelDecorationen auf den beiden Königlichen Theatern in BerlinBerlin: Ludwig Wilhelm Wittich 1824 ¥ Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg ¥ Schinkel und Graf Brühls Zusammenarbeit verstand sich als Reform der Theaterausstattung. So hatten beide ein Inte-resse an der Veröffentlichung ihrer Arbeiten für die Bühne. Wittich gab ab 1819 sowohl Schinkels Sammlung architektonischer Entwürfe, Brühls Kos-tümwerk als auch die »Decorationen« heraus. Letztere, die auch Bühnenbil-der anderer Künstler enthielten, erfreuten sich besonders lange der Publi-kumsgunst.

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f i l m s t a t i o n e n Der Brand von MoskauDer Brand von Moskau wurde 1812 im Schaubild als großes Zeitereignis anlässlich der Weihnachtsausstellung gezeigt. Es ist das einzige Schaubild Schinkels, das nicht nur als Skizze überliefert ist. ¥ Mit dieser Filmstati-on werden die Bewegungseffekte, die 1812 von bis zu 10 Personen mittels Schnüren und Stäben, Lampen und Transparentpapier erreicht wurden, mit der heutigen Technik simuliert. ¥ Gestaltung und Umsetzung: schnappauf media, Berlin

Bühnenbilder SchinkelsDiese Station zeigt vier Kurzfilme, die Sie per Knopfdruck auswählen kön-nen. Die zwölf Bilder der berühmten »Zauberflöte«-Inszenierung präsentiert der erste Film. Die drei weiteren Filme zeigen ausgewählte Bühnenbilder, die thematisch kombiniert sind. ¥ Gestaltung und Umsetzung: schnappauf media, Berlin

h ö r s t a t i o n

Mit einem Mausklick auf die Abspielpunkte rufen Sie die Musikstücke auf.Gestaltung und Umsetzung: Kai-Britt Albrecht, Potsdam

Schinkel und die Musik seiner ZeitAls Kind hatte Schinkel in Neuruppin Unterricht vom Organisten erhalten, er erwies sich als ein sehr musikalisches Kind. Es ist überliefert, dass Schinkel als Erwachsener nach dem Besuch einer Oper diese passagenweise daheim auf dem Klavier nachspielen konnte. Musik spielte entsprechend eine große Rolle in seinem Leben, in einigen Bildentwürfen hat er sie auch thematisiert. Schinkels Lieblingskomponist war Christoph Willibald Gluck, also ein Kom-ponist aus der Generation seiner Großeltern, der zu Schinkels Zeiten noch sehr geehrt wurde. Das Musikleben der ersten Jahrzehnte des 19. Jahrhun-derts war in Berlin geprägt von den Komponisten der Klassik, wie Haydn, Mo-zart und Beethoven. Die romantische Musikbewegung, die mit Prinz Louis Ferdinand auch einen prominenten Vertreter aus der Familie der Hohenzol-lern besaß, hatte es in Berlin zunächst schwer, zumal der Hof sich dieser ihm politisch nicht konform erscheinenden Richtung verweigerte. Die Urauffüh-rung des Freischütz bedeutete 1821 den Durchbruch dieser Musikbewegung. Doch das offizielle Musikleben war seit 1820 völlig dominiert durch den »Ge-neralmusikdirektor« Gaspare Spontini, dessen bisweilen bombastische Mu-sik nicht nur auf der Bühne, sondern auch auf den Hofbällen gespielt wurde. Der König verfügte Spontinis Musik auch für das Militär: »… kein Bataillon konnte in Berlin, und vielleicht in der Monarchie, aufmarschieren, ohne Spontinische Musik« (A. B. Marx). Selbstverständlich lieferte Spontini auch die Musik zu den Hoffesten, wie »Lallah Rookh«, das schließlich eine Meta-morphose zur Oper Nurmahal durchlief, die mit Bühnenbildern von Schin-kel uraufgeführt wurde.

Gluck und AlcesteChristoph Willibald Gluck (1714–1787) war einer der erfolgreichsten Opern-komponisten seiner Zeit. 1737 ging er für viele Jahre nach Italien. Hier stu-dierte er die opera seria und wandte sich später der opéra comique zu. Im Laufe der Zeit fand e an beiden Gattungen Überdruss und plante eine Opern-reform. Diese setzte er in Wien um, wohin er Mitte der 1750er Jahre sukzessi-ve umgesiedelt war. Diese Reform, die für die Musikgeschichte wichtig wurde, aber nach deren Prinzipien er keineswegs stringent schuf, sollte menschliche Gefühle und Leidenschaften in den Vordergrund stellen und Text und Musik gleichwertig behandeln. Damit sollte den bisweilen musikartistischen Aktio-nen der Künstler entgegengewirkt werden. Die erste Reformoper wurde auch die bekannteste. 1762 wurde Orfeo ed Euridice uraufgeführt. Erst 1767 schuf er mit Alceste wiederum eine Reformoper, basierend auf dem antiken Stoff

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der Alkestis, die sich für ihren todgeweihten Gatten opfert, von Herakles aus der Macht des Thanatos befreit wird und schließlich von Apoll ihrem Gatten wieder zugeführt wird. Die Handlung der Oper ist – ein gegenteiliges Prinzip zu den Opern Spontinis - ganz ins Innen- und Seelenleben der Protagonisten verlegt. Das »Klassische« von Glucks Kunst sprach das Publikum der Schin-kelzeit an, das zu Werken der regelrechten Barockmusik noch keinen Zugang fand. Vielleicht spiegelt sich hier auch Schinkels Architekturauffassung wie-der, die sich von der dynamischen Geste der Barockarchitektur abgestoßen fühlte, aber zu palladianisch beeinflussten Bautender selben Epoche ein gu-tes Verhältnis entwickelte. ¥ Renato Gacarini (Tenor), Orchester des Teatro alla Scala, Carlo Maria Giulini. Aufnahme 1954 © 2005 Cantus Classics

Mozart und ZauberflöteWenn auch Wolfgang Amadeus Mozart (1756–1791) wirtschaftlich glücklos war, so wurden doch seine Opern nach seinem Tod sehr beliebt und schließ-lich sogar Garanten für Publikumserfolg der Theater. »Don Giovanni«, »Le Nozze di Figaro« und die deutschen Singspiele wurden fester Bestandteil der Spielpläne. 1794 war die Zauberflöte erstmalig in Berlin aufgeführt worden. Als Graf Brühl neuer Intendant der Königlichen Schauspiele wurde, hatte er dem König schnell Erfolg zu präsentieren. In dem er zum Jahreswechsel 1815/16 eine Neuinszenierung der Zauberflöte plante, ging er mit der Wahl des Stücks gewissermaßen auf »Nummer Sicher«. Mit Schinkel dagegen, der bisher nur theoretisch sich mit Bühnenausstattung beschäftigt hatte, ging Brühl ein gewisses Risiko ein. Schinkel entwarf hier seine erste Komplett-ausstattung einer Oper. Die Kombination aus Mozartscher Musik, Schicka-neders durch Freimaurer-Ethik beeinflusstes Libretto und das sehr phanta-sievolle und eindrückliche aber zurückgenommene Bühnenbild waren es, die den großen Erfolg dieser Inszenierung begründeten. Im Hinblick auf die künstlerische Qualität wurde diese erste Bühnenausstattung Schinkels von keiner weiteren Arbeit übertroffen. Die Arie der Pamina »Ach, ich fühls, es ist verschwunden« aus dem II. Akt traf mit ihrem elegischen Schmelz besonders den Geschmack des 19. Jahrhunderts. ¥ Edith Mathis (Sopran), Wiener Phil-harmoniker, Herbert v. Karajan. Aufnahme 1974 © B. Music

Hoffmann und UndineErnst Theodor Wilhelm Hoffmann (1776–1822) – er änderte seinen dritten Vornamen aus Verehrung zu Mozart in Amadeus – war mehrfach begabt. Er fühlte sich zum Musiker geboren und verfasste als Credo: »Musik ist die romantischste aller Künste, beinahe möchte man sagen, allein echt roman-tisch, denn nur das Unendliche ist ihr Vorwurf«. Doch erreichte der im Brot-beruf als Jurist tätige E.T.A. Hoffmann als Dichter höchste Anerkennung. Als Höhepunkt seines Musikschaffens kann seine Oper »Undine« angesehen werden. Hoffmann hatte sie ab 1812 nach de la Motte Fouquets Erzählung geschaffen und dabei eine starke Akzentverschiebung von der Titelheldin zu ihrem Vater, dem Wassergeist Kühleborn, vorgenommen. Solostücke wur-den auf das nötigste zugunsten von Ensembleszenen beschränkt, die Ouver-ture ging bereits bruchlos in das Geschehen des ersten Aufzuges über. Die Uraufführung fand 1816 im Nationaltheater am Gendarmenmarkt statt. Der Erfolg dieser Aufführung war besonders Schinkels phantasievollen Bühnen-bildern geschuldet, die der Musik die optische Ergänzung schufen. Im Par-kett saß auch Carl Maria von Weber, der mit dieser Oper wesentliche Anstöße zu eigenen Werken erhielt. »Undine« hielt sich bis zum Brand des National-theaters 1817 auf dem Spielplan. Die Schinkelschen Dekorationen wurden dabei zerstört. Eine Neuausstattung der Oper wurde nicht mehr geschaffen. Das Werk geriet in völlige Vergessenheit, zumal Lortzings gleichnamige Oper (1845) ungleich populärer wurde. ¥ Bernd Hofmann (Bass), Jugendorches-ter Bamberg, Hermann Dechant. Aufnahme 1995 © Bayer Records

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Weber und FreischützDie Oper der Freischütz von Carl Maria v. Weber (1786–1826) wurde der größ-te Bühnenerfolg der Schinkelzeit. Im Jahr der Einweihung von Schinkels Schauspielhaus wurde die Oper dort und nicht im Opernhaus uraufgeführt. Dem Preußischen Hof war Weber als Vertoner von Gedichten Theodor Kör-ners suspekt und so gab Intendant Graf Brühl offiziell den Textdichter Fried-rich Kind als Urheber der Oper bekannt. Der Hof bekam davon Nachricht und blieb der Aufführung demonstrativ fern. Die Aufführung wurde beim Pu-blikum ein beispielloser Erfolg und versetzte schließlich ganz Berlin in einen Freischütz-Taumel. Der Freischütz stellte den definitiven Durchbruch der romantischen Musikbewegung in Deutschland dar. Bemerkenswerter Wei-se schuf nicht Schinkel die Dekoration, sondern Carl Gropius. Es sind aus der Freischütz-Euphorie seiner Jahre auch keinerlei Äußerungen Schinkels zum Freischütz überliefert. So muss man in Betracht ziehen, dass Schinkel der über seine höfischen Kontakte viel Berührung mit Spontini hatte, wie der Hof den Freischütz und dessen Komponisten ignorierte. Die erste Darstelle-rin des Ännchens war Johanna Eunike, Spross einer bekannten Schauspieler-familie. Sie galt als letzte Liebschaft E.T.A. Hoffmanns und soll auch Weber sehr nahe gestanden haben. Der Überlieferung zufolge soll die –dramatur-gisch unnötige – Kavantine „Einst träumte meiner selg’en Base“ nachträglich auf Webers Betreiben eingefügt worden sein, um der Rolle mehr Gewicht zu verleihen. Johanna Eunike heiratete später den Maler Franz Krüger. ¥ He-len Donath (Sopran), Berliner Philharmoniker, Herbert v. Karajan. Aufnahme 1983 © EMI Records

Spontini und OlimpiaDie meisten Bühnenausstattungen schuf Schinkel für Werke Gasparo Spon-tinis (1774–1851). Dieser italienische Komponist galt seit der Uraufführung seiner Oper »La Vestale« 1807 in Paris als unumschränkter Herrscher des italienischen Fachs. Seine Werke zeichneten sich durch pompöse Ausstat-tungen und riesige Orchesterbesetzungen aus, bald galt er als »Napoleon der Musik«. Diesen Rang konnte er auch nach dem Sturz des Kaisers beibehalten doch wurde er zunehmend antifranzösischer Haltung bezichtigt. Friedrich Wilhelm III. berief 1820 den Komponisten nach Berlin und verlieh ihm den Rang eines »Generalmusikdirektors«. Hier ging 1821 – einen Monat vor der Uraufführung des Freischütz – die 1817 für Paris geschaffene Oper »Olim-pia«, nun mit einem Libretto von E.T.A. Hoffmann und in Schinkelschen Dekorationen mit gewaltigem Aufwand – u.a. agierten auf der Bühne 38 Trompeter und ein Elefant – am königlichen Operhaus in Szene. Die Werke wurden beim Publikum ein großer Erfolg, die vom König veranlassten posi-tiven Besprechungen puschten zusätzlich den Erfolg. Dass Spontini später wenig Beachtung erfuhr und heute dem breiten Publikum fast unbekannt ist, liegt nicht an der Qualität seiner Werke, sondern an der Tatsache, dass der romantischen Musikrichtung die Zukunft gehörte und Spontini, der hef-tig gegen Weber intrigierte, in musikalischer wie in menschlicher Hinsicht eine Persönlichkeit des ancien régimes war. Die Ouvertüre zu Olimpia, einem antikischen Stoff des Liebesverzichts, zeigt das Pathos des Komponisten. ¥ Orchestra del Teatro alla Scala, Francesco Molinari-Pradelli. Aufnahme 1966 © 2003 Allegro Corporation

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r e p r o t a f e l

6. a | SchaubilderAnfang des 19. Jahrhunderts wurden die in England und

Paris entwickelten Dioramen, Panoramen und weitere

Formen der Schaubilder auch in Berlin populär. In ih-

nen wurden Zeitereignisse, historische Bauten und ferne

Landschaften einem Massenpublikum präsentiert. Wil-

helm Ernst Gropius, mit dem Schinkel seit 1805 in einem

Haus wohnte, hatte eine Maskenfabrik und ein Figuren-

theater erworben und wurde damit als Schausteller tätig.

Weihnachten 1807 wurden erstmals mit der Darstellung

von Jerusalem und Konstantinopel von Schinkel ent-

worfene Schaubilder gezeigt. Bis 1815 entwarf Schinkel

etwa 40 verschiedene Bilder. Mit diesen Bildern – nicht

mit seinen Bauten – wurde Schinkel ein stadtbekannter

Mann.

1 | Inneres der Peterskirche in Rom,1803–1804Federzeichnung, Kupferstichkabinett SMB ¥ In mehreren Schaubildern nahm sich Schinkel St. Peters in Rom an. Dabei spielten Illuminationen eine besondere Rolle. Auch im protestantischen Preußen hatte St. Peter zu Schinkels Zeit noch den festen Stellenwert der Hauptkirche der Christenheit.

2 | Der Brand von Moskau, 1812Feder, Pinsel, Kupferstichkabinett SMB ¥ Weihnachten 1812 zeigte Schin-kel neben einer Rekonstruktion der sieben Weltwunder auch ein animiertes Schaubild vom Brand Moskaus während der Belagerung der Stadt durch die napoleonischen Truppen.

3 | Entwurfsskizze zur »Schlacht bey Leipzig«, 1813Feder, Rötel, Kupferstichkabinett SMB ¥ Weihnachten 1813 war die Völker-schlacht bei Leipzig die Hauptattraktion unter den Schaubildern. Von dem eindrucksvollen Bild ist allein die Vorskizze überliefert, die ein Quadratnetz zur Übertragung in einem größeren Maßstab besitzt.

4 | Blick auf Constantinopel, 1807Federzeichnung, Kupferstichkabinett SMB ¥ Bei seinen Schaubildern griff Schinkel sowohl auf seine Vorstellungskraft, als auch auf die seinerzeit zugänglichen Bildquellen zurück und kombinierte sie zu einer scheinbar re-alen Darstellung ferner Länder und Welten. Istanbul galt als eine besonders exotische und unbekannte Stadt.

5 | Heinrich Stürmer: Vor dem Diorama von Gropius, um 1830Lithografie, BPK ¥ Ein Besuch im Gropius’schen Diorama war finanziell für fast alle Bevölkerungsschichten möglich und gesellschaftlich weniger ge-zwungen als ein Theaterbesuch. Somit hatte das Diorama in der Schinkelzeit etwa den Stellenwert, den im 20. Jahrhundert das Kino einnahm.

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6 | Bergwerk in Calabrien, 1812Deckfarben, Kupferstichkabinett SMB ¥ Für die Schaubilder waren nicht nur Bauwerke, sondern auch besondere Gewerbebetriebe von Interesse. Die Calabrischen Minen waren weniger berühmt, als dass Schinkel mit ihnen et-was Geheimnisvolles vorstellte.

7 | Bergwerk in Calabrien, 1812Deckfarben, Kupferstichkabinett SMB ¥ Das Innere von Bergwerken war zu Schinkels Zeiten nur von Bergleuten zu betreten. Insofern brachte die Dar-stellung eines Bergwerks eine verborgene Welt ins Blickfeld der Öffentlich-keit.

r e p r o t a f e l

6. b | Theater Mit einem ersten Bühnenbildentwurf erregte Schinkel

1802 auf der Akademie-Ausstellung Aufsehen. Zweimal

bewarb er sich vergeblich bei Iffland, dem Intendanten

des Nationaltheaters, als Bühnenmaler. Erst der 1814

nachfolgende Intendant Graf Brühl wünschte eine Zusam-

menarbeit. Schinkel reformierte die Dekoration durch

eine Konzentration auf den Rückprospekt, Brühl durch

Einführung historisch passender Kostüme. Zu über 40

Opern und Schauspielen entwarf Schinkel die Ausstat-

tung. Die bedeutendsten wurden die zur »Zauberflöte«

und zu Hoffmanns »Undine«. Die Bühnenbilder verdeut-

lichen Schinkels Bildwelten. Von Naturbetrachtung über

Antike, Gotik und Hochgebirge bis hin zu exotischen

Landschaften ließ er seiner Fantasie freien Lauf.

1 | Schauspielhaus am Gendarmenmarkt, 1821Feder, Pinsel, Kupferstichkabinett SMB ¥ Das 1818–1821 gebaute Schauspielhaus zählt zu Schinkels Hauptwerken. Die charakteristische Staf-felung erreichte er durch den Aufbau der Malerwerkstätten. Die Pfeilermoti-vik ist dem antiken Thrassylosmonument in Athen entlehnt.

2 | Skizze zum Theater in Gotha, 1836/37 Feder, Aquarell (verschollen), Foto: Schloss Friedenstein, Gotha ¥ Schinkels spätester Theaterentwurf wurde für Herzog Ernst von Sachsen-Coburg-Gotha geschaffen. Hier thematisierte er am Außenbau die Rundung des Auditori-ums. Dahinter setzte er eine Art Bühnenturm, womit er einen reich geglie-derten Baukörper schuf.

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3 | Schauspielhaus Berlin, Grundrisse, Sammlung architektonischer Entwürfe Taf. 9, 1821Kupferstich ¥ Schinkel musste die Umfassungsmauern des 1817 abge-brannten Nationaltheaters übernehmen. Das neue Theater richtete er zur Querachse um und brachte in den dadurch entstehenden Seitenteilen die Räume für den Konzert- und Festbetrieb unter.

4 | Stadttheater Hamburg, Sammlung architektonischer Entwürfe, Taf. 73, 1828Kupferstich ¥ Die Stadt Hamburg bat Schinkel um Pläne für ein Schauspiel-haus. Er entwarf es palazzoartig als Festhaus, das den Gebäudezweck am Außenbau nicht erkennen lässt. Das Theater bildet den von Nebenräumen umgebenen Mittelpunkt des Gebäudes. Die Arkadenmotive sind dem anti-ken Agoranomion in Athen entlehnt.

5 | Schauspielhaus Berlin, Kulissen, um 1830Feder, Deckfarben, Aquarell, Technische Universität Berlin, Plansammlung¥ Die Dekorationen Schinkels konzentrierten sich besonders auf einen das Auge beruhigenden Rückprospekt. Diese wurden über einfache Mechanik gewechselt. Seitliche Kulissen existierten nur noch in reduzierter Form und verloren damit an Bedeutung.

6 | »Große Versenke«, um 1830Feder, Deckfarben, Aquarell, Technische Universität Berlin, Plansammlung ¥ Das Schauspielhaus am Gendarmenmarkt besaß noch keinen Bühnen-turm, in den die Kulissen hochgezogen werden konnten. Die wesentlichen Teile der Bühnendekoration wurden im Kellergeschoss versenkt. Dies ge-schah mittels einfacher mechanischer Instrumente.

r e p r o t a f e l

6. c | FestausstattungenAnlässlich des Einzuges der siegreichen preußischen

Truppen durch das Brandenburger Tor 1814 hatte Schin-

kel den Festschmuck zu entwerfen. Er ließ davor und

Unter den Linden Viktoriensäulen bauen. Festsaaldeko-

rationen zum Raffaelfest und zum Dürerfest im Gebäu-

de der Akademie der Künste, zum Naturforscherfest im

Schauspielhaus sowie zum Huldigungsfest in Merseburg

gestaltete er zum Gefallen seiner Zeitgenossen. Zweimal

stattete er große Hoffeste aus. »Lallah Rookh« fand im

Berliner Schloss mit der Darbietung von »Lebenden Bil-

dern« statt. »Der Zauber der weißen Rose« wurde als Kos-

tümfest mit Thematik der Ritterzeit auf der Mopke und

im Neuen Palais aufgeführt. Beide Feste gingen in die Fa-

miliengeschichte der Hohenzollern ein und wurden mit

Jahrestagen begangen.

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1 | Entwurf zu einer Siegessäule an der Opernbrücke, Juni 1814Federzeichnung, Kupferstichkabinett SMB ¥ Als auffallendster Teil des Festschmucks wurden an der Opernbrücke nahe des Palais des Königs (Kronprinzenpalais) Monumentalsäulen aufgestellt. Schinkel entwarf diese Säulen in sehr opulenter Weise mit Waffenschmuck, was dem König missfiel – er befahl noch nach Fertigstellung eine Umgestaltung.

2 | Entwurf zu einer Siegessäule am Brandenburger Tor, 1814Feder, Aquarell, Kupferstichkabinett SMB ¥ Der Festschmuck für den Ein-zug der siegreichen preußischen Truppen nach dem Sieg über Napoleon bestand aus Säulenmonumenten am Platz vor dem Brandenburger Tor und Monumentalsäulen am Opernplatz. Die Viktorien entstanden in Zusammen-arbeit mit Gottfried Schadow. Sie wurden – als temporäre Bildwerke – aus Steinpappe gepresst.

3 | Saalschmuck zum Dürerfest im Akademiegebäude, Januar 1828Wasserfarben (verschollen), Abb. aus Schinkel Lebenswerk Berlin Bd. 3 ¥ Albrecht Dürer und Raffael waren die am meisten von Schinkel verehrten Künstler. So kopierte er Werke von beiden, Peter Beuth besaß fast das gesam-te druckgrafische Werk Dürers. Passenderweise konnte Schinkel auch die in der Akademie der Künste stattfindenden Gedenkfeiern für die beiden Künst-ler ausstatten.

4 | Entwurf zu einer Saaldekoration im Schloß Merseburg, um 1815Feder, Aquarell, Kupferstichkabinett SMB ¥ Durch den Wiener Kongress verlor Sachsen im Norden große Landesteile an Preußen. Diese wurden mit der Altmark zur neuen Provinz Sachsen zusammengelegt. Merseburg wurde zum Schauplatz des Huldigungsfestes für den preußischen König. Schinkel gestaltete die Saaldekoration auf einfache, aber effektvolle Weise mit grünen Girlanden.

5 | Entwurf zu »Lebenden Bildern« für »Lallah Rookh«, Szene V und VIKupferstichkabinett SMB ¥ »Lallah Rookh« war ein Kostümfest mit »leben-den Bildern« nach Thomas Moores gleichnamigem Versidyllen. Viele Mit-glieder der königliche Familie nahmen in den Hauptrollen teil. Schinkel be-sorgte die Ausstattung der Räume im Berliner Schloss und baute im Weißen Saal eine Bühne. Von Schinkel sind allein Figurinen-Entwürfe erhalten.

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7. | BildweltenWährend der Italienreise schuf Schinkel zahlreiche Aqua-

relle und Deckfarbengemälde und galt manchem schon

als Landschaftsmaler. Um auch in Öl zu malen, bildete

er sich autodidaktisch fort. Schinkel schuf rund 60 Ölge-

mälde, viele davon als Auftragswerke. Nach seiner Auffas-

sung waren reine Naturdarstellungen ermüdend, da der

Betrachter erst durch den Anblick von Menschenwerk in

der Natur erfreut werde. Diese Kulturlandschaften bil-

den das Zentrum von Schinkels Bildschaffen.

Dabei dominieren drei Themenkreise: Aus der Zeit

Rousseaus übernahm er die Liebe zum Hochgebirge. Mit

vielen seiner Zeitgenossen teilte er die Verehrung der An-

tike, besonders der Welt der Hellenen. Als dritte Bildwelt

idealisierte Schinkel das Mittelalter, besonders in Form

gotischer Kathedralen. Schinkels Landschaftsbilder zei-

gen fast immer den Architekten, wie in seinen Architektur-

zeichnungen immer auch der Maler spürbar ist. Als letz-

tes große Gemälde entstand 1825 im Auftrag der Stadt

Berlin das großformatige Bild »Blick in Griechenlands

Blüte«. In den folgenden Jahren widmete Schinkel sich

intensiv der allegorischen Figurenkomposition für die

Wandbilder der Vorhalle des Museums.

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o r i g i n a l o b j e k t ea b t e i l u n g 7

Karl Friedrich SchinkelLandschaft mit Motiven aus dem Salzburgischen1812; Öl auf Leinwand ¥ Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg ¥ Das Bild ist eine freie Komposition von Motiven, die Schin-kel auf der Reise 1811 studierte, als er mit seiner Frau ins Salzkammergut fuhr. Es enthält symbolische Anspielungen. Nach Überlieferung des Schwie-gersohns freute sich Schinkel über das grüne Kolorit des Bildes und bedauer-te, nicht zu erinnern, was er dazu genommen hatte, als autodidaktischer Ma-ler beherrschte er die professionelle Farbherstellung und Mischung nicht.

Albert Frisch nach SchinkelUranus und der Tanz der Gestirneundatiert (Entwurf 1831); Lichtfarbdruck ¥ Technische Universität Berlin – Plansammlung der Universitätsbibliothek ¥ Nach 1825 beschäftigte sich Schinkel kaum noch mit Landschafts- und Architekturmalerei. Die Ausstat-tung von Säulenhalle und Treppenhaus des 1830 eingeweihten Museums mit Wandbildern führte ihn zur komplizierten Komposition großer allegorischer Figurengruppen. Das inhaltliche Anfangsbild des Zyklus war für die linke Schmalseite der Säulenhalle vorgesehen. Es symbolisierte nach Wolzogen den »Urzustand der Welt«.

Albert Frisch nach SchinkelTrauer am Tumulusundatiert (Entwurf 1832); Lichtfarbdruck ¥ Technische Universität Berlin – Plansammlung der Universitätsbibliothek ¥ Während die linke Seite der Wandmalereien in der Museumsvorhalle die Götterwelt darstellte, präsen-tierte die rechte Seite die Menschheitsgeschichte. Das abschließende Bild mit Trauernden am Grabhügel auf der rechten Schmalwand der Säulenhalle sollte den Schluss des Lebens und seine Verklärung symbolisieren. Die Ent-würfe Schinkels wurden erst nach seinem Tod als Wandbilder umgesetzt und sind im Zweiten Weltkrieg zerstört worden.

i n t e r a k t i v e m e d i e n s t a t i o n

Öl- und DeckfarbengemäldeSchinkel hat rund 60 Gemälde geschaffen. Viele von ihnen sind seit dem Zweiten Weltkrieg verschollen oder zerstört. Von ihnen liegen oft nur unzu-reichende schwarz/weiß-Abbildungen vor. ¥ Diese Medienstation präsen-tiert ausgewählte Gemälde in Originalgröße. Als Paare gemalte Werke wer-den gemeinsam gezeigt. ¥ Auf dem Bildschirm können Sie per Mausklick ein Gemälde auswählen und erhalten dazu Kurzinformationen. Gleichzeitig wird das Bild auf der Leinwand in Originalgröße projiziert. ¥ Gestaltung und Umsetzung: cbc|design, Berlin

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7. a | Bildwelt Antike

Schinkels Bild von der Antike wurde vor allem durch das

antike Griechenland geprägt. Hierin beeinflusste ihn

wohl auch Wilhelm v. Humboldt, der das Konstrukt, die

antiken Griechen seien perfekt an Leib, Geist und Seele

gewesen, in Preußen nachdrücklich befördert hat. Wie in

der Architektur spiegelt sich dies auch in Schinkels Bild-

welten wider. Seit der Erhebung der Griechen gegen die

türkische Herrschaft 1821 wurde ganz Europa von einer

progriechischen Welle erfasst. Vor diesem Hintergrund

ist auch die Auftragsvergabe der Stadt Berlin an Schin-

kel zum Gemälde »Blick in Griechenlands Blüte« (1825)

zu verstehen. Mit dem Zitieren antiker Bauwerke wollte

Schinkel vor allem auf die Bildung und Sittlichkeit anti-

ker Bürger verweisen.

1 | Ludwig Persius nach Schinkel: »Project zu der in Glienicke neu zu erbauenden Wagenremise«, 1828Original verschollen, Foto nach Sievers, SPSG ¥ Schinkel entwarf das Schloss Glienicke als antike Villa. Als letzter Bauteil entstand 1828 die Remi-se. Anders als bei seinen Kirchen und Profanbauten konnte Schinkel das Ago-ranomion-Motiv hier fast wortgetreu anwenden. So gestaltete er die Remise als vierbogige Arkatur zwischen geschlossenen einachsigen Seitenteilen.

2 | »Agoranomion« in Athen, aus: Stuart und Revett: The Antiquities of Athens, London III, 1794Kupferstich ¥ »The Antiquities of Athens« war das wichtigste Vorlagenwerk seiner Zeit. Das darin abgebildete – römische – Agoranomion galt fälschli-cherweise als vorbildhaft für die Bogengestaltung der Griechen. Schinkel hat die Bogenstellung des Agoranomion sehr häufig rezipiert.

3 | Große Neugierde in Glienicke in BerlinOriginal verschollen, Foto nach Sievers, SPSG ¥ Die 1835 errichtete Glieni-cker Rotunde ist ein Aussichtspavillon nach Idee des Kronprinzen. Sie wird bekrönt von einer Nachbildung des Athener Lysikrates-Monuments von 335/4 v. Chr. Schinkel kopierte im Säulenaufbau dieses Denkmal und versuchte in der bekrönenden Schale eine archäologische Rekonstruktion.

4 | Tempel von SegestaFeder, bpk/Kupferstichkabinett SMB ¥ Schinkel war nie in Griechenland, konnte aber die griechischen Tempel in Mittelitalien und auf Sizilien studie-ren. Dieses Erlebnis wirkte nach bis zu dem späten Fantasieentwurf für einen Palast der russischen Zarin auf der Krim.

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5 | Porta Aurea in PolaFeder, Pinsel, bpk/Kupferstichkabinett SMB ¥ Auf seiner Italienreise stu-dierte Schinkel die Architektur der römischen Antike. Bereits in Istrien stieß er auf Hauptwerke jener Zeit. Die kaiserzeitliche Porta Aurea, im Tagebuch als »ein herrliches altes Tor im schönsten römischen Stil« bezeichnet, diente damals noch als Stadttor.

6 | »Capiteel am Monument des Lysikrates in Athen«, aus Ernst Friedrich Bußler (Hrsg.) »Verzierungen aus dem Alterthume«, Potsdam/Berlin 1806–1808Kupferstich ¥ Bußlers Vorlagenwerk war das bedeutendste einheimische Werk seiner Art. Auch Schinkel fertigte hierfür einige Zeichnungen. Dabei orientierte er sich bisweilen an Stichen anderer Vorlagenbücher. So hatte er das Lysikrates-Monument niemals im Original gesehen.

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7. b | Bildwelt Mittelalter Schinkels Bild vom Mittelalter wurde von den gotischen

Kathedralen geprägt. Gotik war für ihn – wie für viele

seiner Zeitgenossen – der vaterländische Stil. Entspre-

chend verstand sich gotisch als antinapoleonisch. Schin-

kels ideale Darstellungen mittelalterlicher Landschaft

reflektieren aber auch die Sehnsucht nach einer überge-

ordneten staatlichen Ordnung in Deutschland, die durch

die Auflösung des Heiligen Römischen Reiches 1806

verloren gegangen war. Seine Kathedralgemälde zeigen

häufig, wie sich das Volk zu einer gemeinsamen Hand-

lung im Dom zusammenfindet. Die in den Befreiungs-

kriegen erwachte Vision von gesellschaftlicher Einheit

und Gleichheit wurde hier auf das Mittelalter projiziert.

1 | Gotischer Dom am Wasser, Skizze zum Gemälde, 1815Federzeichnung, bpk/Kupferstichkabinett SMB ¥ Das Kathedralgemälde von 1813 zeigt einen viertürmigen Dom im Gegenlicht. Schinkel malte das Gebäude nicht einfach als Fantasie, sondern entwarf es erst, projizierte es dann aus dem Grundriss heraus in die Perspektive und setzte diese schließ-lich malerisch um. Damit unterscheidet er sich grundsätzlich von anderen romantischen Malern.

2 | Querschiff des Doms in Mailand, 1804Federzeichnung, bpk/Kupferstichkabinett SMB ¥ Der Mailänder Dom übte auf Schinkel eine große Faszination aus. Von seinem Äußeren machte er Zeichnungen, auf denen er das unvollendet gebliebene Gebäude fertig ge-stellt abbildete. Das weitläufige Innere stellte er in mehreren Skizzen dar und setzte einige davon in Schaubildern um.

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3 | Stephansdom WienKupferstich nach Zeichnung von 1803, bpk/Kupferstichkabinett SMB ¥ Der Wiener Stephansdom war die erste vollendete Kathedrale, die Schinkel erlebte. Das hallenartige Innere beeinflusste seine Vorstellung von einem gotischen Sakralraum nachdrücklich. Er veröffentlichte hiermit eine Reise-skizze als Stich.

4 | Entwurf zur Kirche auf dem Spittelmarkt, Aufriss, 1819Feder, Aquarell, bpk/Kupferstichkabinett SMB ¥ Nachdem der König den Gedanken eines Nationaldoms verworfen hatte, entwarf Schinkel 1819 für den Spittelmarkt eine Großkirche, erneut eine Kombination von Zentral- und Langbau. Als Material wählte er Sichtziegelmauerwerk, stilistisch eine klassi-zistisch abstrahierte Gotik.

5 | Langhaus der Gertraudenkirche am Spittelmarkt, 1819Federzeichnung, bpk/Kupferstichkabinett SMB ¥ Das Innere der Spittel-kirche ist deutlich geprägt von Schinkels Kenntnis mittelalterlicher Kathed-ralen sowie von seiner Beschäftigung mit dem Hochmeisterpalast der Mari-enburg. Die Idee eines großen gotischen Zentralbaus verfolgte Schinkel bis hin zu der Fürstenresidenz, die er 1835 für sein architektonisches Lehrbuch entwarf.

6 | Entwurf zu einem Dom als Denkmal für die Befreiungskriege,1814Feder, Aquarell, bpk/Kupferstichkabinett SMB ¥ Während der Befreiungs-kriege plante Schinkel eine riesige Kathedrale als Denkmal und Versamm-lungsort des Volkes. Das in seinen Proportionen völlig unmittelalterliche Gebäude als Kombination von Zentral- und Langbau vereint Bauzitate vieler mittelalterlicher Kathedralen des deutschen Sprachraums.

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7. c | Bildwelt Hochgebirge

Die Liebe zum Hochgebirge übernahm Schinkel aus der

Zeit Rousseaus. Dessen Roman »Julie ou la nouvelle Hé-

loïse« schildert die Alpenbewohner der Schweiz als idea-

le Menschen, gebildet an Geist und Herz. Dabei galt die

Schweiz als Synonym für das Hochgebirge und bezeich-

nete erst in zweiter Linie den Staat. Neben der Landschaft

schätzte Schinkel die Architektur der Alpenländer. Die

Dachneigung alpiner Bauten und antiker griechischer

Tempel ähnelt sich so sehr, dass ein ideeller Bezug zwi-

schen den Hellenen und den »Älplern« vermutet wurde.

Schinkel sah in derartigen Bauten eine in der Einfachheit

versteckte hochbedeutende Architekturphilosophie. In-

sofern sind seine Schweizerhäuser weniger exotische Ef-

fekthascherei als Beschäftigung mit ihm wichtigen Bau-

formen.

1 | Traunsee bei Gmunden, 1811Federzeichnung, bpk/Kupferstichkabinett SMB ¥ Der Traunsee diente Schinkel auf diesem Blatt lediglich als Hintergrund für die genrehafte Schilde-rung des Lebens im Gebirge. Gebirgsdarstellungen sind bei Schinkel nie be-drohlich oder einsam, sondern zeigen ursprüngliche Landschaft, in der sich der Mensch eine lebenswerte Nische geschaffen hat.

2 | Königssee bei Berchtesgarden, 1811Federzeichnung, bpk/Kupferstichkabinett SMB ¥ Das Blatt stellt den sa-genhaften Königssee topografisch detailgetreu dar. Mittelpunkt ist eine klei-ne Gesellschaft bei einer Bootsfahrt. Unter Schinkels Bilderfindungen steht diese Landschaftsdarstellung vom Boot aus einzig dar.

3 | Paß Lueg bei Salzburg, 1811Federzeichnung, bpk/Kupferstichkabinett SMB ¥ Die Begeisterung für das Hochgebirge erwachte bei Schinkel 1811 auf einer Reise ins Salzkammergut. Seither schuf er mehrere Zeichnungen und Gemälde von tatsächlichen Ört-lichkeiten wie auch Fantasiekompositionen. Der Wasserfall bei Salzburg ent-stand nach Skizzen der Reise von 1811.

4 | SchweizerhausBleistiftzeichnung, bpk/Kupferstichkabinett SMB ¥ 1829 baute Schinkel für Hofangestellte des Königs im westlichen Teil der Pfaueninsel ein Schwei-zerhaus. Unter seinen Entwürfen in diesem Stil ist es das am stärksten klassi-zistisch geprägte Gebäude.

5 | Gasthaus auf Stubbenkammer, Rügen, 1835Aquarell, bpk/Kupferstichkabinett SMB ¥ 1821 besuchte Schinkel die Insel Rügen. Als er den Auftrag zum Bau eines Gasthauses am sagenumwobenen Stubbenkammer erhielt, entwarf er es im Schweizerstil. Als »alpiner« Bau di-rekt an der Ostsee ist es ein extremes Beispiel für die Schweizer-Mode.

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7. d | Bildwelt Kunst

Unter den historischen Künstlern verehrte Schinkel beson-

ders Raffael und Dürer. Peter Beuth besaß fast das gesamte

druckgrafische Werk Dürers, so dass Schinkel einfachen Zu-

griff besaß. Er kopierte entsprechend vergleichsweise viele

Werke Dürers, u. a. den Krönungszug Kaiser Maximilians. Da-

gegen hat sich nur eine Kopie nach Raffael erhalten. Seit 1802

war Schinkel auf den Akademie-Ausstellungen mit Kunstwer-

ken vertreten. Später belieferte er sie auch mit kunstgewerb-

lichen Objekten nach seinem Entwurf, u.a. mit den monu-

mentalen Kandelabern aus der Fabrik Feilners. 1811 wurde

Schinkel ordentliches Mitglied der Akademie der Künste,

1820 Mitglied des Akademiesenats. Damit stand er mit vielen

zeitgenössischen bildenden Künstlern direkt in Verbindung.

1 | Entwurf einer Begräbniskapelle für Königin Luise, 1810Aquarell, bpk/Kupferstichkabinett SMB ¥ Dieser Entwurf für ein Mausoleum der Königin Luise war als Stimmungsarchitektur gedacht und nicht zur Aus-führung bestimmt. Die drei Blätter erregten großes Aufsehen auf der Akdemie-Ausstellung von 1810, auf der auch erstmals Werke von Caspar David Friedrich gezeigt wurden.

2 | Kopie nach Raffaels Grablegung Christi, 1803/1809Feder, Aquarell, bpk/ Kupferstichkabinett SMB ¥ Bei seiner ersten Italienrei-se zeichnete Schinkel Raffaels Grablegung ab. Später malte er das Bild in Deck-farben und machte es 1808/1809 seiner Frau Susanne zum Geschenk. Die Grable-gung dürfte damit eine der ersten kompliziert gruppierten Figurenkompositionen gewesen sein, mit der sich Schinkel näher beschäftigte.

3 | Entwurf zu einem Kruzifix, um 1830Federzeichnung, bpk/Kupferstichkabinett SMB ¥ Als Sohn eines protes-tantischen Geistlichen war Schinkel das Christusbild wichtig und er suchte das Kruzifix zu modifizieren. Der Gekreuzigte sollte nicht hängen, sondern auf einer Weltkugel stehen, das Tuch durch Drapierung dem Korpus Volumen verleihen. Der König verbot jedoch das Bildwerk.

4 | Dom hinter Bäumen, 1810Lithografie, bpk SMB ¥ »Versuch, die liebliche sehnsuchtsvolle Wehmut aus-zudrücken welche das Herz einem Klange des Gottesdienstes aus der Kirche he-rausschallend erfüllt«, heißt dieses bekannteste Blatt Schinkels. Es ist eines der wenigen Bilder, auf denen er die Architektur nicht vorab entwarf. Im 19. Jahrhun-dert kursierte das Blatt in vielfältigen Reproduktionen und ist damit vielleicht die bekannteste Bilderfindung Schinkels.

5 | Madonna auf der Mondsichel Federzeichnung, blaues Papier, bpk/Kupferstichkabinett SMB ¥ Die Madonna auf der Mondsichel war schon in der Spätgotik ein Bildtypus, der heidnische und christ-liche Symbolik verband. Schinkels Idee, die Königin der Nacht auf einer Mondsichel herabzulassen, basiert darauf. Auch der Gedanke, goldene Sterne auf blauem Grund als Gliederungselement einzusetzen, entstammt der gotischen Kunst.

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7. e | Denkmäler

Zu Schinkels Zeiten erlebte der Gedanke öffentlich aufge-

stellter Denkmäler einen gewaltigen Aufschwung. Erst-

mals wurden Denkmäler eine eigenständige Bauaufgabe.

Da feststehende Denkmalstypen noch kaum existierten,

wurden zahlreiche Formen durchgespielt und weiter ent-

wickelt. Entsprechend weist Schinkels Œuvre zahlreiche

Entwürfe zu Denkmälern der unterschiedlichsten Art

auf. Er entwarf Tempel, Brunnen, Türme, Stelen, Taber-

nakel, Baldachine und für Standbilder die verschiedens-

ten Formen von Postamenten. Dabei spielten die Wahl

des Stils und des Materials eine große Bedeutung. Der

Gotik und dem Eisen kam der Charakter des Nationalen,

ja Patriotischen zu, den antiken Formen und dem Stein

Macht und Bildung.

1 | Entwurf zum Denkmal für Hermann den Cherusker, 1814–1815Kreide, Aquarell, blaues Papier, bpk/ Kupferstichkabinett SMB ¥ Der Kampf gegen Napoleon weckte den Wunsch nach historischen Identifikationsperso-nen. So wurde der Mythos von Hermann dem Cherusker wiederbelebt, der einst die Römer in der Varusschlacht geschlagen hatte. Schinkels Entwurf ist als Paraphrase auf den Kampf gegen Napoleon zu verstehen.

2 | Denkmal für Feldmarschall Blücher in BreslauFederzeichnung, bpk/ Kupferstichkabinett SMB ¥ Für das Breslauer Blü-cherdenkmal wählte Schinkel den Typus eines Personenstandbilds von mo-numentaler Größe, das in einer Nische aufgestellt werden sollte. Der Entwurf wurde nicht ausgeführt. Später schuf Rauch das berühmte, freistehende Standbild gegenüber der Neuen Wache in Berlin in Zusammenarbeit mit Schinkel.

3 | Entwurf für ein Denkmal Friedrich II., Sammlung Architektonischer Entwürfe, Taf. 119, 1833Kupferstich ¥ Mit seinem Tod 1786 kam der Wunsch nach einem Denkmal für Friedrich den Großen auf. Der berühmteste Entwurf stammte von Fried-rich Gilly und ließ Schinkel zum Architekten werden. Schinkel selbst legte mehrere Entwürfe zum Friedrichsdenkmal vor. Fünf davon veröffentlichte er in der »Sammlung Architektonischer Entwürfe«.

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4 | Das Nationaldenkmal auf dem Kreuzberg, Sammlung architektonischer Entwürfe, Taf. 22, 1823Kupferstich ¥ Mit dem so genannten Kreuzbergdenkmal ehrte der preußi-sche Staat die Kämpfer der Befreiungskriege und sich selbst. Der König wünsch-te ein gusseisernes gotisches Tabernakel, für das Schinkel eine freie Variation der »Spinnerin am Kreuz« bei Wien entwarf. Im Kreuzbergdenkmal schmolzen Schinkels hochgesteckte Nationaldom-Entwürfe zusammen.

5 | Wittich nach Schinkel: Ansicht des Luisendenkmals in Gransee, 1811Radierung, SPSG ¥ Das Luisendenkmal ist Schinkels frühestes ausgeführ-tes Personendenkmal. Es bezeichnet die Stelle, wo der Leichenwagen der Kö-nigin Luise eine Nacht lang in Gransee stand. Schinkel wählte eine filigrane gusseiserne gotische und damit national gemeinte Baldachinarchitektur, die an mittelalterliche Reliquienschreine erinnert.

r e p r o t a f e l

7. f | GrabmälerZu Schinkels Zeiten wurden Grabmäler immer aufwän-

diger gestaltet. Oftmals nahmen sie den Charakter eines

Denkmals an. Schinkel orientierte sich meist an antiken

Grabmalstypen, von einfachen Stelen über Mammia-Ex-

edren bis hin zu Marmorsarkophagen. Für antikische

Grabmäler fertigte er Schaubilder mit verschiedenen, ne-

beneinandergestellten Typen an. Neugotische Entwürfe

fehlen dagegen fast ganz. Neben massiven Grabmälern

entwarf Schinkel auch gusseiserne, die anschließend in

die »Magazine« (Kataloge) der königlichen Eisengießerei

aufgenommen und teilweise mehrfach gegossen wur-

den. Sein einziges verwirklichtes Mausoleum entwarf

Schinkel für General Feldmarschall Gneisenau.

1 | Grabmal für Fürst von Hardenberg, zweiter Entwurf 1823Feder, Aquarell, bpk/ Kupferstichkabinett SMB ¥ Nach Hardenbergs Tod erhielt Schinkel den Auftrag zu einem Grabmal an der Kirche von Neuharden-berg. Schinkel entwarf ein Scheinmausoleum als tempelartige Fassade, die er mit der Gebälkzone an das Gliederungssystem der Jahre zuvor von ihm gebau-ten Kirche band. Das projektierte Standbild wurde nicht verwirklicht.

2 | Delius nach Schinkel: Denkmal für die Gefallenen 1834Federzeichnung, bpk/ Kupferstichkabinett SMB ¥ Der Entwurf zum Schwe-rin-Grabmal zeigt eine der qualitätsvollsten Reliefstelen, die Schinkel mehr-fach als Grab- und Denkmäler schuf. Die Grundform des Cippus auf stufen-förmigem Sockel ist mit einem Relief geschmückt, das nach Vorbild antiker Grabstelen eine allegorische Szene darstellt. Den Umriss akzentuieren fein gezeichnete Akroterien.

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3 | Grabmal für Prof. Sigismund Hermbstaedt, 1833Feder, Aquarell, bpk/ Kupferstichkabinett SMB ¥ 1833 entwarf Schinkel für das Grab des Chemikers Hermbstädt auf dem Dorotheenstädtischen Fried-hof eine Granitstele mit Bronzepalmette. Dieses Grabmal wurde vielfach nachgeahmt. Nach Schinkels Tod bestimmte Beuth, die Hermbstädt-Stele auch für Schinkels Grab zu wiederholen.

4 | Ferdinand Berger nach Schinkel: Denkmal für General von Scharnhorst, Sammlung architektonischer Entwürfe, Taf. 55, 1826Kupferstich ¥ Für das Grab des Militärreformers Scharnhorst in Prag entwarfen Schinkel und Rauch ein Grabmal, das aber erst 1834, nach Über-führung des Toten auf den Berliner Invalidenfriedhof, enthüllt wurde. Das Scharnhorstgrab gilt als eines der bedeutendsten Werke europäischer Grab-malskunst.

5 | Grabmal für Caroline von Humboldt im Schlosspark Tegel, Erster Entwurf 1829Federzeichnung, Zeichnung (kriegszerstört), aus: Paul Ortwin Rave, Wilhelm von Humboldt und das Schloss zu Tegel, Berlin 1959 ¥ Unter Einbeziehung der Figur der Hoffnung, die die Verstorbene in Rom bei Thorwaldsen bestellt hatte, entwarf Schinkel im Gutspark Tegel eine Grabstelle für Caroline von Humboldt. Es ist eine der eindrucksvollsten Graberfindungen Schinkels, dem Haus der Lebenden die Hoffnung als Sinnbild für den Ort der Toten gegenüberzustellen.

6 | Grabmal für Barthold Georg Niebuhr in Bonn, 1834Federzeichnung, bpk/ Kupferstichkabinett SMB ¥ Am Grabmal für den väterlichen Freund des Kronprinzen arbeitete Schinkel seit 1834. Der drit-te Entwurf als kleiner Gartenhof mit Pergolenlattung ging auf eine Idee des Kronprinzen zurück. Ausgeführt wurde nur die ädikulaartige Architektur der Rückwand samt einer marmornen Scheinurne mit Doppelporträt des Ehe-paars von Rauch.

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8. | Soziales UmfeldNach der zweijährigen Italienreise knüpfte Schinkel 1805

einerseits an die alten Kontakte an, baute sich anderer-

seits aber ein soziales Netzwerk auf. Ein wichtiger Ge-

schäftspartner wurde Wilhelm Ernst Gropius, für den er

Panoramen und Dioramen schuf, die ihn berühmt mach-

ten. 1809 heiratete Schinkel Susanne Berger. Der soliden

Ehe entstammten vier Kinder. Gleichzeitig baute er mit

Peter Beuth eine lebenslange Freundschaft auf. Ab 1810

entwickelte sich der Kontakt zur königlichen Familie.

Schließlich gab es kaum ein Mitglied, für das Schinkel

nicht tätig geworden war. Seine Laufbahn als Beamter an

der Oberbaudeputation führte sein Leben immer weiter

in die Ministerialbürokratie. Seit Übernahme der Lei-

tung der Oberbaudeputation 1830 bestimmte die Arbeit

noch stärker sein Leben.

Schinkel erhielt zahlreiche offizielle Ehrungen, wie die

Ehrenmitgliedschaft in allen wichtigen europäischen

Akademien. Er wurde 1820 in den Senat der Berliner Aka-

demie berufen und zum Professor ernannt, ohne jemals

zu lehren. 1821 erhielt er den Roten Adlerorden II. Klas-

se, 1833 mit Schleife, 1836 mit Eichenlaub. Schinkels Be-

erdigung war eines der ganz großen gesellschaftlichen

Ereignisse dieser Art

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(Tiergarten)

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Wohnorte und Arbeitsstätten SchinkelsIm Zeitraum zwischen Eheschließung und Tod 1809–1841

1 Gasthof zum Goldenen Hirschen (Haus mit den 99 Schafsköpfen),

Contrescarpe 5/Alexanderplatz, erste eheliche Wohnung 1809–14

2 Steinmeyersches Haus, (Große) Friedrichstraße 98, Wohnung 1814–21

3 Unter den Linden 4a, Wohnung 1821–36

4 Gebäude der Allgemeinen Bauschule am Werderschen Markt, Dienstwohnung 1836–41,

Schinkel stirbt hier 1841

5 Gewerbeschule Klosterstraße, Dienstwohnung Peter Beuths 1821–1855

6 sog. Lagerhaus, Wohn- und Arbeitsstätte Christian Rauchs (ab 1819) und Friedrich Tiecks

7 Thielsches Haus, Zimmerstraße 25, Diensträume der Oberbaudeputation 1806–36

8 Gebäude der Allgemeinen Bauschule, Diensträume der Oberbaudeputation 1836–49

9 ursprüngliche Grabstätte Schinkels auf dem Friedrichs-Werderschen Kirchhof ab 1841

10 tranzlozierte Grabstätte Schinkels auf dem Dorotheenstädtischen undFriedrichswerderschen Kirchhof ab 1889

A. Bernhard 2006

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Personenlexikon Schinkels Umfeld 1810–1840Die ausgewählten Personen entsprechen den von Waa-

gen in seiner Schinkelbiografie (1844) besonders hervor-

gehobenen. Sie wurden um einige wichtige Namen er-

gänzt. Nicht aufgeführt sind allerdings sämtliche – auch

von Waagen nicht erwähnte – Personen der Regierungs-

und Verwaltungsebene, mit denen Schinkel, spätestens

seit er die Oberbaudeputation leitete, regelmäßig zu tun

hatte.

Alois Hirt1759–1833 ¥ Altertumsforscher, Universitätsprofessor; ließ sich nach 14-jährigem Romaufenthalt 1796 in Berlin nieder; einer der frühen Initiatoren des Berliner Museumsbaus, der Schinkel und der Bauverwaltung manchen Stein in den Weg zu legen wusste; er konnte Schinkels Museum mit der von ihm verfassten Inschrift »krönen«

Wilhelm Wach1787–1845 ¥ Maler. Unter den Malern seiner Zeit bekleidete Wach eine besondere gesellschaftliche Position. Er wurde von der königlichen Familie wegen seiner Bildnisse sehr geschätzt, nahm an den Befreiungskriegen als Adjutant Tauentziens teil und konnte 1817 als königlicher Stipendiat nach Rom reisen. 1819 kehrte er nach Berlin zurück und erhielt durch den König sein Atelier im Lagerhaus neben denen von Rauch und Tieck. Wach schuf bis 1821 einige Wandgemälde in Schinkels Schauspielhaus. Er wurde 1827 Hofmaler und war bei den gesellschaftlichen Ereignissen, an denen Schinkel teilnahm, eine feste Größe.

August Kiss1802–1865 ¥ Bildhauer. Nach Rauch und Tieck wurde August Kiss zum drit-ten wichtigen Bildhauer, der an Schinkels Bauten mitwirkte. Kiss war Schüler Rauchs und an Tiecks Figuren für das Museum beteiligt. Ab 1827 arbeitete Kiss an Beuths Gewerbeinstitut. Bedeutend wurde seine Mitwirkung an den Terrakotten für die Bauakademie.

Berthel Thorvaldsen1768/70–1844 ¥ Bildhauer. Thorvaldsen weilte seit 1797 in Rom und galt, als Schinkel ihn 1803 kennen lernte, bereits als einer der größten Bildhauer. Er verkehrte in den Haushalten der Humboldts, Zoegas und der dänischen Schriftstellerin Friedrike Brun. Durch Thorvaldsen lernte Schinkel dessen rö-mischen Mitbewohner, den Maler Joseph Anton Koch (1768–1839) kennen, dessen Landschaftsbilder ihn nachdrücklich beeinflussten, und den Maler Gottlieb Schick (1776–1812). Auch die Bekanntschaft mit dem Landschafts-maler Karl Ludwig Kaatz (1773–1810), der sich 1802–04 auf Italienreise be-fand, prägte Schinkel. Zu Thorvaldsen hielt Schinkel nur lockeren, aber kon-tinuierlichen Kontakt. Thorvaldsens Besuch an Schinkels Krankenbett 1841 gilt als der letzte bewusst wahrgenommene Sozialkontakt.

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Johann Gottfried Schadow 1764–1850 ¥ Bildhauer, Kunsttheoretiker, Akademiedirektor. Schadow, eine Schnittstelle von Kunstwelt und Gesellschaft in Berlin, arbeitete an-fangs mit Schinkel als Bildhauer, so bei den Dekorationen der Einzugsfeier 1814 und bei den Viktorien der neuen Wache. Das Verhältnis zwischen Scha-dow und Schinkel scheint – bei aller Wertschätzung füreinander – gespannt gewesen zu sein. So kam es denn auch nicht zu weiterer Zusammenarbeit. Schinkels engste Künstlerfreunde waren sämtlich keine Mitglieder in Scha-dows Berlinischem Künstler-Verein, der die meisten Berliner Kunstschaffen-den seiner Zeit vereinigte.

Karl August Fürst (ab 1814) von Hardenberg1750–1822 ¥ Diplomat, Politiker, Verwaltungsreformer und ab 1810 Staats-kanzler; berief auf Fürsprache Beuths Schinkel in die Oberbaudeputati-on; 1814 privater Auftraggeber Schinkels für die Neuhardenberger Kirche, das dortige Schloss, das Stadtpalais in Berlin und Umbauten in Glienicke; Schwiegervater von Graf/Fürst Pückler

Wilhelm v. Humboldt 1767–1835 ¥ Gelehrter, Sprachforscher, Reformer, Diplomat; verheiratet mit Caroline von Dacheröden; lernte während seiner Zeit als Gesandter beim Papst in Rom Schinkel auf dessen Italienreise kennen und förderte ihn als väterlicher Freund; prägte Schinkels Bild von der griechischen Antike; Schin-kel baute für ihn Schloss Tegel um und entwarf nach dem Tod Caroline von Humboldts die Familiengrabstätte. Humboldt war Leiter der Kommission zur Einrichtung des Museums.

Christian Daniel Rauch 1777–1857 ¥ Bildhauer; Rauch weilte 1804–1811 in Italien, wo er mit Hum-boldts, Thorvaldsen und Canova in engeren Kontakt kam. 1810 konnte er durch Vermittlung Humboldts den Sarkophag Königin Luises schaffen, was seinen künstlerischen Durchbruch bedeutete. Rauch und Schinkel freunde-ten sich in Berlin an, wo Rauch seine Werkstatt im Lagerhaus in der Kloster-straße eröffnete. Rauch war zunächst ein wichtiger Mitarbeiter Schinkels, bei der Arbeit an den zahlreichen Denkmälern Rauchs tauschten sie dann später die Rollen. Der Bildhauer lebte in ungewöhnlichen Familienverhältnissen, da er unverheiratet Vater zweier Töchter war, die er schließlich adoptierte.

Gustav Friedrich Waagen1794–1868 ¥ Kunsthistoriker, Freund Schinkels. Schinkel ermöglichte es finanziell, dass der noch nicht 30-jährige Waagen ihn auf die zweite Ita-lienreise begleiten konnte, wo er fachlich die entscheidende Person wurde. Waagen war Mitglied der Kommission zur Einrichtung des Museums und wurde schließlich Direktor der Gemäldegalerie. 1842 veröffentlichte er im »Berliner Kalender« seine Kurzbiografie Schinkels. Diese ist von besonderer Bedeutung, da Waagen als einziger aus Schinkels engem Umkreis über ihn geschrieben hat.

Christian Friedrich Tieck1776–1851 ¥ Bildhauer. Tieck – Bruder des Dichters Ludwig – war Schadow-schüler und reiste mit Wilhelm v. Humboldt nach Italien. Erst 1819 kehrte er zurück in seine Heimatstadt, nahm sein Atelier im Lagerhaus und arbeitete für Schinkels Schauspielhaus. Auch am Kreuzbergdenkmal arbeitete er mit und schuf einige Skulpturen für das Museum. 1830 wurde er Direktor der Skulpturensammlung. In den 1820er Jahren bildeten Schinkel, Rauch und Tieck eine Art künstlerisches Triumvirat.

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Ludwig Wilhelm Wittig1773–1832 ¥ Verleger; aus Darmstadt stammend, studierte in Gießen Jura, Theologie und Philosophie und war später als akademischer Künstler tätig; ließ sich in Berlin nieder und begründete dort die Wittigsche Verlags-Hand-lung in der Jägerstraße. Er wurde Schinkels wichtigster Verleger und gab ab 1819 die »Sammlung Architektonischer Entwürfe« heraus, gleichzeitig Brühls Kostümentwürfe und die »Dekorationen auf den beiden königlichen Thea-tern in Berlin ...«, mit denen Schinkels Bühnenbilder veröffentlicht wurden.

Graf (ab 1822 Fürst) Hermann von Pückler-Muskau1785–1871 ¥ Standesherr, Gartengestalter, Reiseschriftsteller, Lebemann; verehelicht mit Lucie, verwitwete von Pappenheim, und damit Schwieger-sohn Hardenbergs; mit Schinkel seit Anfang der 1810er Jahre befreundet. Schinkel entwarf für Pückler Umbaupläne für das Muskauer Schloss und vie-le Parkarchitekturen. Diese blieben sämtlich unausgeführt, wurden aber in Pücklers »Andeutungen über Landschaftsgärtnerei« in Darstellungen August Wilhelm Schirmers veröffentlicht. löste Lenné bei der Gestaltung des Babels-berger Parks ab; verkehrte sowohl in Hof- wie in Künstlerkreisen (Varnha-gens, Arnims, E. T. A. Hoffmann)

Neidhardt von Gneisenau1760–1831 ¥ hoher preußischer Militär und Heeresreformer; ein führender General im Kampf gegen die napoleonischen Truppen; nach 1815 wegen sei-ner liberalen Ansichten politisch kalt gestellt; Sammler von Gemälden Schin-kels; Schinkel entwarf sein Mausoleum in Sommerschenburg, für das Rauch das Marmorstandbild schuf

Joachim Heinrich Wilhelm Wagener1782–1861 ¥ Bankier und Konsul, Kunstsammler, auch von Gemälden Schinkels, ließ durch Ludwig Ahlborn 1823–1827 Kopien Schinkel’scher Ge-mälde anfertigen. Die Wagener’sche Gemäldesammlung wurde später der Grundstock der Berliner Nationalgalerie.

Fürst Anton Radziwill1775–1833 ¥ polnischer Adliger, preußischer Politiker; verheiratet mit Prinzessin Luise von Preußen, einer Tante zweiten Grades des Königs. Der Haushalt der Radziwills war eine kulturelle und gesellschaftliche Schnittstel-le, über die auch Schinkel Kontakte knüpfen konnte. Radziwill gab Schinkel den Auftrag zum Bau des Jagdschlosses Antonin bei Ostrowo und ließ kleine-re Umbauten seines Stadtpalais vornehmen, so den »Gotischen Saal«.

Johann Albert Eytelwein1764–1848 ¥ leitender Baubeamter. Deichinspektor Eytelwein wurde 1794 zum Oberbaurat als Mitglied des Oberbaudepartements ernannt und war als solcher Kollege David Gillys. 1810 wurde er für zwei Jahrzehnte Direktor der OBD und der direkte Vorgesetzte Schinkels. Schinkel dürfte ihn spätestens während seines Studiums an der Bauakademie 1799 kennen gelernt haben. Dort bildeten Eytelwein, Gilly, Riedel und Becherer das Direktorium.

August Adolph Günther1779–1842 ¥ Baubeamter. 1816 wurde der Regierungs- und Wasserbaurat als Oberbaurat in der Oberbaudeputation eingestellt, ab 1836 lehrte er an der Bauschule. Waagen vermerkt Günther als einen der zwei Kollegen, die Schin-kel besonders schätzte. Nach Schinkels Tod wurde Günther sein Nachfolger als Direktor.

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Graf Carl Friedrich Moritz Paul von Brühl1772–1837 ¥ Schauspieler und Intendant; zunächst bei Goethe in Weimar tätig, ab 1815 als Nachfolger des verstorbenen Iffland Generalintendant der Königlichen Schauspiele; arbeitete die folgenden Jahre erfolgreich mit Schinkel zusammen für eine Bühnenreform, bei der Schinkel die Dekoratio-nen und Brühl die historisch passenden Kostüme entwarf

Graf Friedrich Wilhelm von Redern1802–1883 ¥ ab 1828 Nachfolger Graf Brühls als Intendant der Königlichen Schauspiele; ließ sich von Schinkel sein Palais an der Südostecke des Pariser Platzes umbauen; zu einer wesentlichen Zusammenarbeit bei Bühnenaus-stattungen kam es nicht mehr

Wilhelm Ernst Gropius1765–1852 ¥ Schausteller. Gropius besaß seit 1806 eine Maskenfabrik und ein Figurentheater, für das Schinkel 1807 erstmals Dekorationen malte. Gro-pius betrieb ein Café in Schinkels damaligem Wohnhaus, wo er Schaubilder von Schinkel schaffen ließ. Die Zusammenarbeit war von gewaltigem Erfolg gekrönt und währte bis 1815.

Carl Wilhelm Gropius1793–1870 ¥ Dekorationsmaler, Verleger, Schausteller; lernte Schinkel als 12-Jähriger kennen und wurde entsprechend von ihm geprägt. Von seinem Vater Wilhelm ausgebildet, war er auch bei dessen Projekten mit Schinkel be-teiligt. 1820 königlicher Theaterinspektor, entwarf er 1821 für die Freischütz-Uraufführung die Bühnendekorationen. Er wurde Mitglied der Akademie der Künste, Hoftheatermaler und erfolgreicher Unternehmer. 1827 eröffnete Gropius mit seinen Brüdern in der Georgenstraße das berühmte »Diorama«, in dem Dioramen und Transparentbilder gezeigt sowie die Produkte des an-geschlossenen Verlages und Spielzeug vertrieben wurden.

Karl Wilhelm Ferdinand Solger1780–1819 ¥ Philosoph; freundete sich mit Schinkel an und traf sich mit ihm meist sonntags zur Lektüre und Diskussion philosophischer Schriften im griechischen oder lateinischen Original. Als Anhänger Schellings stand er Fichtes Ideen, die Schinkels Denken ab 1802 nachdrücklich geprägt hatten, skeptisch gegenüber. Die Jahre mit Solger scheint Schinkel als Lernender ge-nossen zu haben.

Johann Gottfried Langermann 1768–1832 ¥ Arzt, Staatsrat, Philosoph; mit Goethe, Zelter und Schinkel be-freundet

Johann Carl Ludwig Schmid1780–1849 ¥ Baubeamter; seit 1819 als Regierungsrat Mitglied der Ober-baudeputation. Waagen vermerkt Schmid als einen der zwei Kollegen, die Schinkel besonders schätzte. Schmid wurde 1843 Direktor der Oberbaude-putation.

Peter Joseph Lenné1789–1866 ¥ Landschaftsgärtner, königlicher Gartendirektor; kam 1816 aus Bonn als Gartengeselle nach Sanssouci und konnte im selben Jahr als seinen ersten Privatauftrag für von Hardenberg den Pleasureground in Gli-enicke anlegen; 50-jährige Tätigkeit für die königlichen Gärten und die Potsdamer Kultur-landschaft; arbeitete bei allen großen Gartenprojekten mit Schinkel zusam-men; trotz der fruchtbaren Zusammenarbeit entwickelten Schinkel und Len-né kein freundschaftliches Verhältnis zueinander

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Christian Peter Wilhelm Beuth1781–1853 ¥ Staatswissenschaftler, Politiker und Reformer des Gewerbe-wesens in Preußen, »Urfreund« Schinkels. Schinkel und Beuth kannten sich von der Schule her, um 1809 kamen sie sich freundschaftlich näher. Beuth war 1810 – damals als Geheimer Obersteuerrat im Finanzministerium – wohl maßgeblich an der Vermittlung der offenen Stelle bei der OBD an Schinkel beteiligt. Eine enge inhaltliche Zusammenarbeit ergab sich ab 1819, als Schinkel Mitglied der von Beuth geleiteten Technischen Deputation für Ge-werbe wurde (ab 1828 Abteilung für Gewerbe, Handel, Industrie und Bauwe-sen des Finanzministeriums). Beuth wurde 1821 zum Initiator der Gewerbe-schule. Diese wurde 1827 zum Gewerbeinstitut, 1866 zur Gewerbeakademie und 1879 mit der Bauakademie zur Technischen Hochschule Charlottenburg (heute TUB) vereinigt. 1826 reisten Schinkel und der gleichermaßen tech-nisch wie künstlerisch interessierte Beuth nach Paris und Großbritannien. Beuth lebte unverheiratet mit seiner Schwester in einer Wohngemeinschaft.

Clemens Brentano1778–1842 ¥ Dichter und Schriftsteller, Freund Schinkels; Brentano kam aus einer italienischstämmigen Frankfurter Familie und begleitete 1809 Wilhelm Grimm nach Berlin, wo er Schinkel kennen lernte und sich mit ihm befreundete. In einer Schaffenskrise beschloss er, aufgrund seines zeichne-rischen Talents und Schinkels Nähe Architekt zu werden und nahm Kunst-unterricht bei dem Maler Erdmann Hummel. Über Brentano erhielten Schin-kels Kontakt zu Savignys. (Kuni-) Gunda Brentano (1780–1863) hatte den Rechtsgelehrten Friedrich Karl von Savigny (1779–1861) geheiratet.

Bettine von Arnim, geb. Brentano1785–1859 ¥ Schriftstellerin, Freundin Schinkels; lernte Schinkel über ihren Bruder Clemens Brentano kennen. Es entstand eine Art Ehefreund-schaft, die aber 1827 zerbrach. Schinkel war Pate des dritten Arnim-Sohnes. Mit ihrem Mann, dem Dichter Achim von Arnim, lebte Bettine zeitweise auf Gut Wiepersdorf. Nach Achims Tod 1831 zog sie dauerhaft nach Berlin, wo sie Susanne Schinkel vorwurfsvolle Briefe schrieb.

Carl Friedrich Zelter1758–1832 ¥ Maurermeister, Komponist; seit 1800 Leiter der von seinem Lehrer Karl Fasch begründeten Singakademie; Zelter wurde Initiator eines eigenen Singakademie-Gebäudes. Er begründete 1809 die ältere Berliner Lie-dertafel, hatte zahlreiche Schüler, wie Mendelssohn-Bartholdy, Meyerbeer, Nicolai, und galt als Oberhaupt des Berliner Musiklebens. Er war Goethes einziger Duzfreund im Alter und dessen wichtigster Kontakt nach Berlin. Schinkel war Ehrenmitglied der Singakademie, Susanne Schinkel sang viele Jahre im Chor.

Johann George Hossauer 1794–1874 ¥ Goldschmied. Durch Vermittlung Peter Beuths ging der Klemp-nergeselle nach Paris, wo er die Herstellung leichter Silberwaren und Silber-plattierwaren studierte. Seine Produkte konnte er 1818 dem preußischen König vorstellen und erhielt daraufhin die finanziellen Mittel, sich in Berlin niederzulassen. Dort verbuchte er als »Goldschmiedt des Königs« einen fast monopolistischen Erfolg. Hossauer arbeitete vielfach nach Schinkels Ent-würfen. Er beschäftigte sich auch erfolgreich mit der Galvanoplastik.

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George Abraham Gabain1763–1826 ¥ Seidenweber und -händler; Begründer und Inhaber der ersten mechanischen Weberei Preußens; Besitzer des Hauses Breite Straße 22, in dem Schinkel nach der Italienreise mit der wiederum mit Gabain verschwä-gerten Familie Gropius wohnte. Gabain wurde einer der wichtigsten Liefe-ranten Schinkels für die Ausstattung fürstlicher Wohnungen. Er besaß ein bescheidenes Landhaus in Charlottenburg, das Carl Gropius in einem Ölge-mälde festhielt. Schinkel malte ein Pendantgemälde, in dem er seinen nicht verwirklichten Umbauentwurf darstellte.

Moritz Geiß1805–1875 ¥ Kunstgießer; seit 1830 Mitinhaber der Eisengießerei seines Vaters. Schinkel und Beuth hatten 1826 von ihrer Englandreise Kenntnisse zum Zinkguss mitgebracht. Geiß stellte 1832 seine Produktion auf Zinkguss um, womit er das Bauwesen revolutionierte. Das kostengünstige und sehr fein zu ziselierende Metall wurde nun für Bauglieder und Skulpturen in Mas-senproduktion eingesetzt.

Christoph Tobias Feilner1772–1839 ¥ Tonwarenfabrikant; kam 1793 nach Berlin an die Ofenfabrik Höhler, die er 1812 übernahm. Seit 1798 stellte Feilner keramische Arbeiten auf den Akademie-Ausstellungen aus. Die früheste bekannte Zusammenar-beit war eine 1812 ausgestellte Ofenzeichnung nach Schinkels Entwurf. Feil-ner gilt als »Vater« des Berliner Kachelofens, was die wirtschaftliche Grund-lage seiner Produktion wurde. Bahnbrechend war die Zusammenarbeit mit Schinkel in der Herstellung keramischer Bauglieder für die Friedrichswer-dersche Kirche.

Karl von Graefe1787–1840 ¥ Mediziner; ab 1810 Professor an der Berliner Universität, Va-ter der modernen plastischen Chirurgie; ließ sich von Schinkel ein kleines Landhaus nördlich des Tiergartens, den sogenannten Finkenherd, ausbau-en, in dem sein Sohn Albrecht, der später berühmte Arzt, geboren wurde

Samuel Bacher BehrendBankier, Besitzer einer Chemiefabrik und Heerslieferant; ließ sich 1823 von Schinkel ein Landhaus am Charlottenburger Luisenplatz bauen

Johann Wolfgang Goethe1749–1832 ¥ Dichter, Universalgelehrter. Goethe lernte Schinkel 1816 ken-nen, als dieser auf dem Weg zu den Boisserées in Heidelberg war. Er schätz-te besonders Schinkels »bewundernswürdige Federzeichnungen«. Ab 1820 schrieb Goethe von seinen »vier Berliner Freunden«, dies waren Schinkel, Rauch und Tieck sowie der Jurist und Politiker Christoph Ludwig Friedrich Schultz. Goethe nahm vor allem regen Anteil an der Entstehung von Schin-kels Schauspielhaus. Zur Eröffnung, bei der seine Iphigenie gespielt wur-de, lieferte Goethe einen eigens für diesen Anlass verfassten Prolog. Goethe vermittelte indirekt den Auftrag des Stendaler Winckelmann-Denkmals an Schinkel und Rauch.

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Page 91: Sonderausstellung im HBPG 19. Mai–9. Oktober 2006 · 3.a | Italienreise 1803–1805 (I) 33 3.b | Italienreise 1803–1805 (II) 35 3.c | Italienreise 1803–1805 (III) 36 3.d | Italienreise

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Page 92: Sonderausstellung im HBPG 19. Mai–9. Oktober 2006 · 3.a | Italienreise 1803–1805 (I) 33 3.b | Italienreise 1803–1805 (II) 35 3.c | Italienreise 1803–1805 (III) 36 3.d | Italienreise

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o r i g i n a l o b j e k t ea b t e i l u n g 8

Karl Friedrich SchinkelBildnis Ehepaar SchinkelUm 1810; Pinsel in Schwarz und Grau, laviert, weiß gehöht ¥ Staatliche Mu-seen zu Berlin, Kupferstichkabinett ¥ Das technisch bemerkenswerte, nur wenig idealisierte Bild ist privat, hat aber dennoch einen fast öffentlichen Charakter. Susanne steht als Partnerin an Schinkels Seite, lediglich eine Hand hat er auf ihrer Schulter. Sie sind konträr charakterisiert. Susanne blickt mit ihren hellen Augen zum Betrachter und wirkt verbindlich, während Schin-kels dunkle Augen gleichsam visionär in die Ferne blicken und eine gewisse Distanz vermitteln.

Karl Friedrich SchinkelBildnis der Tochter Susanneum 1815/16; Bleistift ¥ Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett ¥ Die etwas zurückhaltende Art seiner zweiten Tochter hat Schinkel in diesem Porträt festgehalten. Er schuf wenig Porträts, das Genre scheint ihn nicht interessiert zu haben und so war er darin nicht geübt und weniger er-folgreich. Nur an der Darstellung seiner Kinder war ihm gelegen, seine bei-den älteren Töchter hielt er mehrfach in Zeichnungen als Kleinkinder fest. Vom Sohn und der jüngsten Tochter sind keine Bildnisse überliefert.

Friedrich Ludy nach Franz KrügerBildnis Peter Beuth1842; Stahlstich ¥ Stiftung Stadtmuseum Berlin ¥ In arbeitstechnischer Hinsicht bildete Schinkel mit Peter Beuth, den er als seinen »Urfreund« apostrophierte, ein Paar. Beuths Erscheinung war wenig attraktiv, Caroline v. Humboldt vermerkt seine hohe Stimme und das »fatale« und bartlose Ge-sicht, aber auch seine um so männlichere Gesinnung. Er war 1813 Mitglied der Lützowschen Freikorps. Eine Schirmmütze, wie sie die Freikorpssolda-ten trugen, blieb seine bevorzugte Kopfbedeckung.

Lazarus Gottlieb SichlingBildnis Clemens Brentano1851; Stahlstich ¥ Stiftung Stadtmuseum Berlin ¥ Brentano kam mit Wilhelm Grimm 1809 nach Berlin, wo sie bei Achim von Arnim wohnten. Schinkel bezeichnete ihn als seinen »Erzfreund«, beide fanden offenbar in romantischem Empfinden zueinander. Als Brentano sich der katholischen Frömmigkeit zuwandte, kühlte die Freundschaft ab. Beide waren Mitglied der von Arnim gegründeten Christlich-Teutschen-Tischgesellschaft, der ein-zigen Vereinigung mit politischem Charakter, der Schinkel je angehörte.

Edward Stanislaw CzarnikowGruppe von Künstlern und Sammlern aus Berlin1844; Öl auf Leinwand ¥ Poznan, Nationalmuseum ¥ Der Diplomat und Kunstsammler Graf Anastasy Raczynski wollte mit dem Bild, das nach Por-träts auf Krügers »Parade Unter den Linden 1837« entstand, seine künstle-rischen Kontakte in Berlin dokumentieren. Dargestellt sind links oben der Direktor der königlichen Gemäldegalerie Gustav Friedrich Waagen, darunter Bankier und Kunstsammler Konsul Wagener, in der Mitte Raczynski, vor ihm der Maler Wilhelm Wach, rechts Beuth mit Mütze und Schinkel.

Page 94: Sonderausstellung im HBPG 19. Mai–9. Oktober 2006 · 3.a | Italienreise 1803–1805 (I) 33 3.b | Italienreise 1803–1805 (II) 35 3.c | Italienreise 1803–1805 (III) 36 3.d | Italienreise

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r e p r o t a f e l

8. a | FamilieSchinkel heiratete 1809 die Kaufmannstochter Susanne

Berger aus Stettin. Der Ehe entstammten vier Kinder:

Marie, Susanne, Karl Raphael, Elisabeth. Zu Schinkels

Haushalt gehörten auch Susannes Bruder Wilhelm, ihre

Mutter sowie ihre verwitwete Schwester Caroline. Auch

der unverheiratete Freund Peter Beuth war in die Familie

eingebunden. Das Familienleben wurde faktisch Schin-

kels beruflichen Verpflichtungen untergeordnet, den-

noch kümmerte er sich fürsorglich um Frau und Kinder.

Nach mehreren Umzügen bezog die Familie eine Dienst-

wohnung in der Allgemeinen Bauschule. Schinkel war

nie Besitzer eines eigenen Hauses und hat auch keinerlei

Entwürfe zu einem solchen hinterlassen.

1 | Schinkels Familie auf Arkanthusranken, um 1825Aquarell und Bleistift, Kupferstichkabinett, SMB ¥ Im Hintergrund ist Schinkel als der treusorgende Familienvater, links Frau Susanne mit den drei Töchtern, rechts Karl Raffael mit Armbrust dargestellt. In einem Brief charakterisierte der Architekt von Chateauneuf die Kinder als »die sorgsame Marie, die kunstreiche Susanne, das spröde Lieschen und [den] bescheidenen Sohn.«

2 | Bildnis der Ehefrau Susanne, um 1809Pinselzeichnung, Kupferstichkabinett, SMB ¥ Die ein Jahr jüngere Susanne Berger wurde für Schinkel die lebenswichtige Partnerin. Auf der Zeichnung stellte er sie vermutlich während der ersten Schwangerschaft in altdeutsch anmutender Kleidung in einer gotisierenden Architektur dar. Die Zeichnung ist von Madonnendarstellungen inspiriert.

3 | Bildnis der Tochter Marie, 1816Kreidezeichnung, Kupferstichkabinett, SMB ¥ Die großformatige Zeich-nung ist das wohl gelungenste Bildnis von Schinkels Hand: Seine älteste Tochter Marie spielt am Nordseestrand von Scheveningen mit den Fischer-jungen. Die Sechsjährige begleitete ihre Eltern und Clemens Brentano auf der Reise durch Norddeutschland, das Rheinland und die Niederlande.

4 | Die drei älteren Kinder SchinkelsFederskizze, Schinkel Museum (Kriegsverlust), aus Carl v. Lorck: Karl Fried-rich Schinkel, Berlin 1939 ¥ Schinkel war ein treusorgender Vater, jedoch häufig abwesend. Seine beiden älteren Töchter blieben unverheiratet, Karl Raffael wurde ein erfolgreicher Forstmann. Elisabeth heiratete den Regie-rungsassessor Alfred v. Wolzogen, der später den Nachlass ihres Vaters ka-talogisierte.

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r e p r o t a f e l

8. b | »Urfreund« Beuth Peter Beuth (1781–1853) war der wichtigste Wegbereiter

zur Industrialisierung Preußens. Schinkel und Beuth

kannten sich vom Gymnasium. Später studierte Beuth in

Halle Jura und Kameralistik und trat 1801 in den Staats-

dienst. 1811 gelangte er an das preußische Finanzminis-

terium und verhalf wahrscheinlich Schinkel zu seiner

Beamtenstellung. Schinkel sprach von Beuth als von

seinem »Urfreund«. Der Unverheiratete war oft zu Gast

in Schinkels Wohnung. Gemeinsam unternahmen sie

die Reise nach England, Schottland und Paris. Die enge

Freundschaft ging so weit, dass Beuth nach Schinkels

Tod den Grabstein bestimmte, Testamentsvollstrecker

und – wie selbstverständlich – Verwalter des Nachlasses

wurde.

1 | Beuth in seiner Sammlung, 1838Aquarell, Kupferstichkabinett, SMB ¥ Beuths Dienstwohnung lag im Ge-werbeinstitut in der Klosterstraße, das Schinkel erweitert hatte. Der hip-pologisch interessierte Beuth blättert in einem Pferdebuch. Über ihm links schwebt Bacchus und rechts eine Muse mit Blick auf Ischia. Die Möbel ent-warf Schinkel. Sie befinden sich heute im Kunstgewerbemuseum SMB.

2 | Entwurf für einen Buchtitel, um 1810Deckfarben und Gold, Kupferstichkabinett, SMB ¥ Es ist nicht bekannt, ob die »Lieder der Wehmut« Kompositionen oder Gedichte waren. Der Ent-wurf erinnert an die Kunst des 15. und 16. Jahrhunderts, die Beuth besonders schätzte. Mit seiner hohen Diskantstimme gehörte Beuth zu Zelters Liederta-fel, was die Kontakte zu Goethe noch intensiviert haben dürfte.

3 | Villa Beuthiana, 1839Deckfarben, Kupferstichkabinett, SMB ¥ Beuth besaß ein bescheidenes Sommerhaus in Niederschönhausen, träumte aber von einer Villa auf Ischia. Eine solche »Villa Beuthiana« erfand Schinkel dem Freund 1839 zum Geburtstag. 1814 hatte Schinkel Beuth sein Gemälde mit Motiven des Montblanc geschenkt »als einen Ort, wohin wir uns in einer trüben Zeit zurückziehen könnten«.

4 | Die Nacht zieht über den Golf von Neapel, 1834Deckfarben, Aquarell, Kupferstichkabinett, SMB ¥ Schinkel malte Beuth vielfach kleine Präsente, meist zu Weihnachten oder zum Geburtstag am 28. Dezember. Das Weihnachtsgeschenk 1834 mit Versen aus Goethes Faust »Wenn auch ein Tag uns froh vernünftig lacht, in Traumgespinst verwickelt uns die Nacht« zeigt im Segel der »Nacht« Schinkels Traumgestalten.

5 | Pegasus über der Stadt, 1837Aquarell, Kupferstichkabinett, SMB ¥ Das Geburtstagsgeschenk an Beuth von 1837 ist ein Reflex auf die gemeinsame Großbritannienreise. »Ich schwebe über einer von mir gegründeten Fabrikstadt auf dem Pegasus und mache Seifenbla-sen« (Beuth). Seifenblasen sind seit jeher Symbol für die Vergänglichkeit.

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r e p r o t a f e l

8. c | Freunde und AuftraggeberZu Schinkels engstem Kreis gehörten Peter Beuth, Chris-

tian Rauch und Clemens Brentano. Das vertrauliche »Du«

war jedoch allein seiner Frau und Beuth vorbehalten.

Mittelbar baute Schinkel auch für den Freund, da er die

Gewerbeschule in der Klosterstraße erweiterte, wo sich

Beuths Dienstwohnung befand. Schlösser, Palais und

Kirchen baute er für den König, den Kronprinzen, die

Prinzen Wilhelm, Carl und Albrecht. Für Staatskanzler

Hardenberg, Intendant Graf Redern, Bankier Behrend,

Fabrikant Feilner konnte er Häuser bauen. Wichtige Pri-

vataufträge waren die Kirche in Straupitz, die Schlösser

in Buckow, Owinsk, Tegel, Kornik, Coburg, die Wache in

Dresden, das Jenischhaus in Hamburg, die Johanniskir-

che in Zittau sowie die Theater in Hamburg und Gotha.

1 | Eduard Höcker: Bildnis von Carl Wilhelm Gropius, 1815Öl auf Leinwand, Nationalgalerie SMB ¥ Wilhelm Ernst Gropius besaß eine Maskenfabrik und ein Figurentheater. Gemeinsam mit Schinkel schuf er Panoramen und Dioramen, die Furore machten. Von den Gropius-Söhnen wurde Carl später ein wichtiger Mitarbeiter Schinkels, der in der Dekorations-malerei Meisterschaft entwickelte und auch als Bühnenbildner Karriere machte.

2 | Rudolph Suhrland: Bildnis Christian Daniel Rauch, 1809Öl auf Leinwand, SPSG ¥ Auch Christian Rauch wurde von Humboldt be-reits in Rom gefördert, lernte Schinkel aber erst nach der Rückkehr nach Ber-lin kennen. Beide Künstler verband alsbald eine bis zu Schinkels Tode dau-ernde Freundschaft und 30-jährige kreative Zusammenarbeit, so beim Bau des Schlosses Tegel.

3 | unbekannter Künstler: Bildnis Wilhelm v. Humboldt, um 1830Öl auf Leinwand, Goethe Museum Frankfurt/M. ¥ Wilhelm v. Humboldt, hier an seinem Arbeitstisch mit Blick auf die Nordwand der Bibliothek im Schloss Tegel, erkannte bereits auf Schinkels Italienreise 1803 die Begabung des jungen Architekten und wurde ihm ein väterlicher Freund. Humboldt war einer der wichtigsten inhaltlichen Mitgestalter des Museumsbaus.

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4 | Friedrich Georg Weitsch: Posthumes Bildnis Karl August Fürst von Hardenberg, nach 1822Öl auf Leinwand, SPSG ¥ Unter den Politikern seiner Zeit stand Schinkel Staatskanzler Hardenberg am nächsten. Hardenberg ließ von Schinkel die Kirche von Neuhardenberg, das Berliner Stadtpalais und den neuen Som-mersitz bei Potsdam, Klein-Glienicke, ausstatten. Die Vollendung des Um-baus von Schloss Neuhardenberg erlebte er nicht mehr.

5 | Albrecht Schultheiß nach Friedrich Bury: Bildnis Johann Gottlieb FichteKupferstich, BPK ¥ 1802 hörte Schinkel erstmals Vorträge von Fichte, der von nun an maßgeblich sein Weltbild mitbestimmte, Schinkel nahm seine Werke auf die Italienreise mit. 1811 lernte Schinkel den Philosophen Karl Solger kennen, der ihn als Anhänger Schellings mit dessen Schriften bekannt machte und bis zum frühem Tode 1819 ein Freund wurde.

6 | Franz Krüger: Parade unter den Linden 1837 in Berlin (Ausschnitt), 1839Öl auf Leinwand, Nationalgalerie SMB ¥ Franz Krüger fügte seinem berühm-ten Paradebild Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens als Zuschauer ein. Dabei gruppierte er die Personen nach ihrer sozialen Zusammengehörigkeit, Schinkel an der Seite Beuths (mit Mütze), hinter dem Reiter Rauch und Scha-dow (mit Kappe).

7 | Ludwig Emil Grimm: Bildnis Bettine von Arnim, 1809Bleistiftzeichnung, BPK ¥ Auf den Fürsten Pückler geht das Gerücht von einer außerehelichen Beziehung Schinkels zu Bettine von Arnim zurück. Die Freundschaft der Schinkels und Arnims zerbrach, als sich herausstellte, dass Susanne eine Köchin an Bettine empfohlen hatte, die gerade bei Schinkels wegen Diebstahl entlassen worden war.

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9. | Städtisches BauenBerlin war das Zentrum von Schinkels architektonischem

Schaffen. Etwa 25 Bauten konnte er hier verwirklichen, zu

ebenso vielen Projekten lieferte er Entwürfe. Den meis-

ten Bauten ist – auch im kleinen Maßstab – eine gewis-

se Monumentalität eigen. Mit Wache, Schauspielhaus,

Museum, Schlossbrücke, Bauakademie und Friedrichs-

werderscher Kirche hat Schinkel das Stadtbild geprägt

und das Gebiet des Lustgartens als architektonische

Stadtmitte neu definiert. Aber auch in anderen Städten

konnte Schinkel Bauten verwirklichen, die das Stadtbild

prägten, am nachdrücklichsten geschah dies in Potsdam

mit der erst nach seinem Tod ausgeführten Kuppel der

Nikolaikirche.

Eine wesentliche Reform gelang Schinkel mit der Wie-

derbelebung der Sichtziegelbauweise, deren technische

Voraussetzung er gemeinsam mit dem Ofenfabrikanten

Tobias Feilner schuf. Mit der Friedrichswerderschen Kir-

che entstand der erste Sichtziegel-Sakralbau seit dem

Mittelalter und fand reiche Nachfolge. Nach der Eng-

landreise 1826 projektierte Schinkel einige für ihre Zeit

äußerst modern strukturierte Bauten, wie eine Großbi-

bliothek, ein Kaufhaus und einen Packhof, von denen

aber nur letzterer verwirklicht wurde.

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Luisenstadtplanung mit Lenné

Reithalle

Feilnerhaus

KaserneLehreskadron

Palais Prinz Albrecht

Marstall und Reithalle

Palais Prinz Carl

ProjektWilhelmspalais

Wilhelmstraßen-Passage

Artillerie- undIngenieursschule

Palais Redern

Haus Steinmeyer

Kaserne Gardedu Corps

Kaufhausprojekt

ProjektWilhelmspalais

ProjektKirchenbauten

Schauspielhaus

Packhof

MuseumDomumbau

ProjekteFriedrichsdenkmal

Borussiabrunnen

Neue WacheSchloss-brücke

Friedr.-Werder-sche Kirche

Bauaka-demie

ProjektPetrikirche

ProjektSpittelkirche

Gewerbe-schuleProjekt

Rathaus

Stern-warte

ProjektHall. Tor

Nationaldenkmalauf dem Kreuzberg

PotsdamerTor

ProjektNationaldom

Infanterie-kaserne

Exerzier-haus

NeuesTor

Exerzier-Haus

PavillonBellevue

Nazareth-kirche

Elisabeth-kirche

St. PaulKirche

ProjektBibliothek

Proj. Sing-Akademie

Bauten und Planungen für BerlinBauten Schinkels Projekte Schinkels

Finken-herd

St. Johannes-kirche

PlanungMoabit

ProjektMarschallbrücke

(Tiergarten)

(Alexanderplatz)

A. Bernhard 2006

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o r i g i n a l o b j e k t ea b t e i l u n g 9

Karl Friedrich SchinkelSchauspielhaus. Bühne mit Dekoration des Eröffnungsprologsvor 1826, Feder in Schwarz, Bleistift ¥ Staatliche Museen zu Berlin, Kupfer-stichkabinett ¥ Bei Eröffnung des Schauspielhauses überraschte Schinkel die Zuschauer mit einem Bühnenvorhang, der das neue Theater in seinem städtebaulichen Zusammenhang zeigte. Damit griff er auf seine Beschäfti-gung mit Schaubildern zurück. Das Bild verfehlte seine Wirkung nicht. Es wurde wie auch eine entsprechende »Bühnen-Ansicht« des nicht gebauten Hamburger Theaters in der Sammlung architektonischer Entwürfe veröf-fentlicht.

Karl Friedrich SchinkelAllgemeine Bauschule (spätere Bauakademie)1831; Feder und Pinsel in Grau, laviert ¥ Staatliche Museen zu Berlin, Kup-ferstichkabinett ¥ Dies ist das letzte der Schaubilder, mit denen Schinkel seine projektierten Bauten präsentierte, als seien sie bereits fertig gestellt. Mit Blick von der Schlossbrücke wählte er den Standort, der die Bedeutung für das Stadtbild deutlich macht. Für dieses Grundstück des alten Packhofs projektierte er bereits einen Marstall und ein Wilhelmspalais, bevor er hier die Architekturlandschaft am Kupfergraben mit seinem Meisterwerk krönte.

Karl Friedrich SchinkelFriedrichswerdersche Kirche1828/29, Feder ¥ Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett ¥ Die erst 1830 geweihte Kirche wurde von Schinkel 1829 veröffentlicht, diese Zeich-nung war Vorlage für den entsprechenden Stich. Epoche machend wurde die Friedrichswerdersche Kirche als gotisierender Sichtziegel-Sakralbau. Städte-baulich konnte sie durch ihr vorgegebenes Baugrundstück nur nach Südosten zum Werderschen Markt mit ihrer Doppelturmfassade wirksam werden.

Karl Friedrich SchinkelEntwurf zum Palais Prinz Wilhelm1832, Feder in Schwarz ¥ Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett ¥ 1829/30 baute Schinkel für den Intendanten Graf Redern die Südostecke des Pariser Platzes zu einem Palais in der Art florentinischer Renaissance-Pa-lazzi um. Da Prinz Wilhelm ein Stadtpalais benötigte, entwarf Schinkel einen Pendantbau zum Redernpalais, der mit der Ecksituation städtebaulich wirk-sam war und seine repräsentative Hauptfassade dem Garten zuwandte. Der ungewöhnlich strukturierte und erschlossene Bau wurde nicht verwirklicht.

Modell der Nikolaikirche in Potsdamum 1846; Elfenbein und Perlmutt über Holzkern ¥ Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg ¥ Die Kuppel, die Schinkel als zentralen Blickfänger der Potsdamer Kulturlandschaft plante, wurde erst nach seinem Tod ausgeführt. Ludwig Persius ergänzte dabei aus statischen Gründen den Kirchenbau um vier Ecktürme. Friedrich von der Pfaueninsel fertigte in den 1840er Jahren Modelle von königlichen Bauten. Da die Pro-duktion nach Wegzug seines Gehilfen Harry Maitay plötzlich endete, wird diesem heute ein wesentlicher Anteil zugeschrieben.

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r e p r o t a f e l

9. a | Zentralbereich BerlinMit dem Umbau des Berliner Doms, dem Bau der Schloss-

brücke und des Museums sowie der Anlage des Lustgar-

tens definierte Schinkel den zentralen Bereich Berlins

neu. Dies betraf sowohl die städtebauliche als auch die

inhaltliche Situation. Der König ließ den Dom zur Haupt-

kirche der Unierten Kirche ausbauen, deren nominelles

Oberhaupt er war, womit der restaurative Charakter der

Zeit unterstrichen wurde. Das Museum sollte ursprüng-

lich im Marstall Unter den Linden eingebaut werden.

Schinkels Gedanke, einen eigenständigen Museumsbau

im Sinne einer volksbildenden Institution dem Schloss

gegenüberzustellen, zeigt eine gewandelte Gesellschafts-

auffassung. Die Schlossbrücke war mit ihren Figuren-

gruppen ein zentrales Denkmal für die Befreiungskriege.

1 | Domkirche am Lustgarten. Ausgeführter Umbauentwurf, 1820Federzeichnung, bpk/ Kupferstichkabinett SMB ¥ Der Dom war fortan pro-testantische Hauptkirche, als 1817 aus der Vereinigung von Lutheranern und Reformierten die Unierte Kirche hervorging. Das friderizianische Gebäude wurde innen in Längsrichtung umorientiert und vollständig klassizistisch überformt. Schinkel verstand den wegen der Funktionslosigkeit der Kuppeln kritisierten Umbau nur als Zwischenlösung.

2 | Lustgarten mit Blick auf Schlossbrücke, Museum, Dom und Schloss, 1823Bleistiftzeichnung, bpk/ Kupferstichkabinett SMB ¥ Schinkel zeichnete das Schaubild, als der Dom bereits umgebaut war, Museum und Schlossbrücke sich aber noch in der Planung befanden. Gut zu erkennen ist, wie die Schloss-brücke in der Achse der Straße Unter den Linden auf Portal V des Schlosses zuführt. Die Kuppeln des Domes vermitteln mit den seitlichen Pappelreihen zwischen den Baumassen von Schloss und Museum.

3 | Plan des Lustgartens, 1828Federzeichnung, bpk/Kupferstichkabinett SMB ¥ Das königliche Forum bestand wie in anderen barocken Residenzen aus Schloss, Dom und Arsenal (Zeughaus). Nachdem der König den Dom erneuern ließ, war Schinkels Idee, das Forum um einen Bildungsbau für das Volk zu ergänzen, auch ein Aus-druck gesellschaftlich gewandelter Auffassungen. Die gärtnerische Gestal-tung des Lustgartens war schlicht, unterstrich aber nachdrücklich das neue Achssystem.

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4 | Museum am Lustgarten, Grundrisse, Sammlung architektonischer Entwürfe, Taf. 37, 1825Kupferstich ¥ An die Säulenhalle schließt das offene Treppenhaus an. Das Museum gruppiert sich mit mehreren Flügeln um zwei Lichthöfe. Zentra-ler Verteilerraum ist eine überkuppelte Rotunde. Da sie als römische Archi-tekturform mit der griechischen stilistisch nicht übereingekommen wäre, wurde die Kuppel außen kubisch ummantelt. Im Hauptgeschoss waren die Galerien für Skulpturen als dreischiffige Säulenhallen gebildet.

5 | Das Museum am Lustgarten von der Schlossbrücke, 1823Federzeichnung, bpk/Kupferstichkabinett SMB ¥ Das Museum sollte eine volksbildende Institution sein. Entsprechend liegt zum Lustgarten eine Säu-lenhalle nach Vorbild der Stoe an der Agora des antiken Athen, in denen einst der Meinungsaustausch stattfand. Die mit Bildern zur Weltkultur bemalte Rückwand der Säulenhalle setzte einen farbigen Akzent zum Lustgarten. Die Säulen waren nicht steinsichtig, sondern hell gefasst.

6 | Entwurf zum Bau der Hunde-Brücke (Schlossbrücke), 1819Federzeichnung, bpk/ Kupferstichkabinett SMB ¥ Die hölzerne Hunde-brücke war seit langem ein Schandfleck der Berliner Innenstadt. Schinkel entwarf – angeregt durch die »Engelsbrücke« in Rom – einen für seine Zeit sehr monumentalen Massivbau mit acht Denkmalsgruppen. Statt des mitt-leren Segmentbogens wurde für den Schiffsverkehr eine Klappbrückenkon-struktion ausgeführt.

9. b | Stadtakzente Berlin Schinkel prägte das Stadtbild mit Einzelgebäuden, die

in Korrespondenz zueinander standen. Das bekannteste

Beispiel dafür waren die Kuben von Packhof, Museum

und Bauschule. Die Bauschule wiederum stand durch

das Material in Korrespondenz mit der benachbarten

Werderschen Kirche. Aber auch mit den zahlreichen im

damaligen Stadtgebiet verteilten Bauten konnte er prä-

gend wirken. In der Lindenstraße entstand die Kaserne

der Lehreskadron mit Militärarrest und am südlichen

Ende der Charlottenstraße die Sternwarte, die zunächst

innerhalb der südlichen Friedrichstadt noch städtebau-

lich wirksam war. Die nördlichen Vorstädte erhielten vier

Kirchen. Schließlich wirkte Schinkel akzentuierend mit

der Errichtung zweier Stadttore.

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1 | Potsdamer Tor, 1823, Sammlung architektonischer Entwürfe, Taf. 53, 1826Kupferstich ¥ Das verkehrstechnisch wichtigste Stadttor Berlins gestalte-te Schinkel in Form zweier kleiner dorischer Tempel. Sie akzentuierten die Schnittstelle zwischen dem mit seiner niedrigen geschlossenen Bebauung weitläufigen Leipziger Platz und der vorstädtischen Bebauung vor der Stadt-mauer. Die Anregung lieferte das 1815 von Vagedes erbaute Ratinger Tor in Düsseldorf.

2 | Das Neue Tor, Sammlung architektonischer Entwürfe, Taf. 155, 1836Kupferstich ¥ Durch die nordwestliche Stadterweiterung an der Charité und die Neuanlage der Luisenstraße wurde ein neues Stadttor notwendig, dem man offenbar weniger Bedeutung zumaß, so dass man ihm keinen ei-genen Namen gab. Schinkel gestaltete dieses Tor, das der Königlichen Eisen-gießerei gegenüber lag, als Sichtziegelbau in schlichten, modernen Formen.

3 | Durchgang Neue Wilhelmstraße,Sammlung architektonischer Entwürfe, Taf. 19, 1823Kupferstich ¥ Als Passage zur neu angelegten Neuen Wilhelmstraße baute Schinkel ein Haus Unter den Linden in Form eines Torhauses um. Somit wur-de die geschlossene Bebauung optisch nicht unterbrochen. Die neue Straße wurde im Bereich des Baugrundstückes von zwei Ladenflügeln eingefasst.

4 | Palais des Grafen Redern, Sammlung architektonischer Entwürfe, Taf. 143, 1835Kupferstich ¥ Für den Generalintendanten Graf Redern baute Schinkel das Barockpalais an der Südostecke des Pariser Platzes in Form florentinischer Palazzi um. Dabei standen städtebauliche Gründe im Vordergrund, wie die Ausbildung eines Teilgeschosses unter dem zum Hof hin entwässernden Daches zeigt. Zum neuen Palais Redern war das nicht ausgeführte Wilhelms-palais als Pendant gedacht.

5 | Singakademie im Kastanienwäldchen, Sammlung architektonischer Entwürfe, Taf. 21, 1823Kupferstich ¥ Zelter ließ 1825 für die 1791 gegründete Chorvereinigung ein eigenes Haus planen. Schinkel entwarf einen schlichten Baukörper, der zu-rückgesetzt tempelartig die Fläche zwischen Festungsgraben und Finanzmi-nisterium bestimmte. Den Bauauftrag erhielt jedoch Karl Theodor Ottmer, der den Schinkelschen Grundgedanken in seine reichere Architektursprache umsetzte. Schinkel war Ehrenmitglied der Singakademie, Susanne sang lan-ge Zeit im Chor.

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9. c | Städtebauliche Akzente in anderen StädtenDurch seine Revisionstätigkeit an der Oberbaudeputation

konnte Schinkel Einfluss nehmen auf die öffentlichen

Bauvorhaben in den Städten Preußens. Hilfegesuche aus

dem deutschen Ausland brachten ihm weitere Entwurfs-

arbeiten ein, für die Leipziger Universität, den Hambur-

ger Senat, den Rat der Stadt Zittau oder Herzog Ernst von

Sachsen-Coburg-Gotha. Somit konnte Schinkel auch di-

rekt auf Stadtbilder einwirken, z. B. mit dem Bau der Ni-

kolaikirche in Potsdam, der Wache in Dresden, dem Rat-

haus in Kolberg, den Theatern in Gotha und Hamburg,

dem Gerichtsgebäude in Ratibor und der Regierung in

Gumbinnen. Dabei zeigt sich, dass Schinkel selbst bei

Unkenntnis des Bauplatzes ein Gefühl für städtebauli-

che Wirkung entwickeln konnte.

1 | Schlosses Ehrenburg in Coburg von Norden, um 1815Federzeichnung, Bayrisches Staatsarchiv, Coburg ¥ Für Herzog Ernst I. entwarf Schinkel den einheitlichen Umbau der alten Stadtresidenz zu einer Dreiflügelanlage. Er wählte dabei Stilformen, die er auf seiner Italienreise 1803–1805 in Oberitalien studiert hatte. Die Ausführung erfolgte erst sehr viel später und der Entwurf wurde dabei vereinfacht.

2 | Altstädtische Pfarrkirche in Königsberg, 1836Federzeichnung, bpk/Kupferstichkabinett SMB ¥ Die Kirche war einer der interessantesten Sichtziegelbauten in Schinkels Spätwerk. Um die städte-bauliche Wirkung zu sichern, wurde der Bauplatz an der Stelle des alten Theaters neu bestimmt. Das Innere war eine Halle mit Kelchgewölben – am Außenbau erkennbar durch den Zentralbaukörper. Der Turm bot das not-wendige Gegengewicht zum massiven Baukörper.

3 | Elisenbrunnen in Aachen, Sammlung architektonischer Entwürfe, Taf. 30, 1824 Kupferstich ¥ Die von Napoleon verstaatlichten Quellen gab der preußische König der Stadt zurück und beteiligte sich finanziell am Bau der Trinkhalle. Mit der Kombination eines dorischen Rundtempels, Wandelhallen und ge-schlossenen Pavillons schuf Schinkel einen Baukörper, der die Nordwestsei-te des Friedrich-Wilhelm-Platzes architektonisch prägt.

4 | Städtisches Gymnasium Danzig, 27. September 1834Federzeichnung, bpk/ Kupferstichkabinett SMB ¥ Beim Bau des Gymna-siums schaltete sich der Kronprinz als dilettierender Architekt ein. Ange-sichts der zahlreichen Backstein-Monumentalbauten der Stadt aus dem Mittelalter wünschte er eine Gestaltung im »altdeutschen« Stil, also gotisch. Schinkel entwarf daraufhin den Bau in Sichtziegelbauweise mit Anklängen an Rathausbauten des Mittelalters.

5 | Rathaus Zittau, Sammlung architektonischer Entwürfe, Taf. 167, 1840Kupferstich ¥ Anlässlich des Umbaus der städtebaulich kaum wirksamen Stadtkirche machte Schinkel einen Entwurf zum Neubau des Rathauses auf dem Markt. Schinkel wählte dabei Stilformen der oberitalienischen Renais-sance. Das Gebäude wurde in stark veränderter Gestalt ausgeführt.

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9. d | RasterbautenAuf der Englandreise lernte Schinkel in den Fabriken

Frühformen industrieller Bauweise kennen, die allein

aus ihrer Funktion heraus und nach statischen Notwen-

digkeiten entworfen waren. Dies stieß ihn einerseits ab,

inspirierte ihn andererseits aber zu Bauten, die diese

Struktur übernahmen und dennoch den Anspruch von

Baukunst hatten. Er entwarf sie in Grund- und Aufriss

konsequent auf einem Raster. Als wegweisende Architek-

turentwicklung widmete die Baugeschichtsschreibung

diesem Bereich in Schinkels Schaffen besondere Auf-

merksamkeit. Der bedeutendste, bekannteste und archi-

tektonisch wirksamste Rasterbau ist die Allgemeine Bau-

schule (Bauakademie). Populär wurde er nie, sondern als

»der rote Kasten« apostrophiert.

1 | Lageplan des neuen Packhofes, Sammlung architektonischer Entwürfe, Taf. 122, 1833Kupferstich ¥ Die Neuanlage des Packhofes auf einem Grundstück längs des Kupfergrabens hinter dem Museum wurde 1828 vom König geneh-migt. Sie bestand aus dem großen würfelförmigen Speicher, der durch die Hoffläche von dem Gebäudekomplex des Direktions- und Steuergebäudes getrennt war. Die Gebäude des Packhofs waren die ersten Werke Schinkels, die den Bauten der Museumsinsel weichen mussten.

2 | Ansicht des Neuen Packhofs von der Brücke am Mehlhause, Sammlung Architektonischer Entwürfe, Taf. 121, 1833Kupferstich ¥ Der große Speicherbau zeigte mit seinen schönen Proportionen, der absoluten Schmucklosigkeit der Sichtziegelfassaden, den gleichförmig ge-reihten Rundbogenfenstern und den geschlossenen Fassadenecken Schinkels Vorstellungen von Nutzbauten mit baukünstlerischem Anspruch.

3 | Allgemeine Bauschule, Fassadenaufriss der Nordseite, Sammlung architektonischer Entwürfe, Taf. 129, 1834Kupferstich ¥ Die Fassaden der Bauschule waren durch schwach vortreten-de Lisenen nach der inneren Struktur gegliedert. Die Form der Segment-bogenfenster leitete Schinkel von den Stichbogengewölben des ersten Obergeschosses ab. Eine gerade Anzahl von Achsen verhinderte eine Mitten-betonung, entsprechend gab es zwei Portale. Zurückhaltender, aber vielfälti-ger Reliefschmuck nobilitierte den Rohziegelbau.

4 | Allgemeine Bauschule, Grundrisse und Schnitt, Sammlung architektonischer Entwürfe, Taf.128, 1834Kupferstich ¥ Der Neubau der Bauschule 1831–1836 beseitigte die beeng-ten Raumverhältnisse von Oberbaudeputation und Schule, die gemeinsam in einem kleinen Barockbau untergebracht waren. Die Bauschule zählte wegen ihrer Kombination von rationaler Baustruktur und romantischer Bild-sprache in den figürlichen Reliefs zu den interessantesten Gebäuden des 19. Jahrhunderts.

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5 | Entwurf zu einem Bibliotheksgebäude, Grundriss, 2. Entwurf (Ausschnitt), 1835Federzeichnung, bpk/Kupferstichkabinett SMB ¥ Aus Feuersicherheits-gründen konzipierte Schinkel für das Innere dreischiffige, stichkappenge-wölbte Hallen. Das Äußere von 15 : 15 Achsen sollte ein Sichtziegelbau sein, dessen Achsen von Rundbogenblenden eingefasst werden – ein Motiv, dass Schinkel von der Trierer Palastaula oder dem Rathaus in Thorn kannte.

6 | Entwurf für ein Bibliotheksgebäude, Aufriss, 2. Entwurf (Ausschnitt), 1835Federzeichnung, bpk/Kupferstichkabinett SMB ¥ Anfang 1835 erhielt Schin-kel den Auftrag, einen neuen Bibliotheksbau zu entwerfen, da der alte Ba-rockbau am Opernplatz nicht mehr genügte. Als endgültigen Bauplatz wähl-te Schinkel das Spreeufer hinter dem Zeughaus gegenüber dem Packhof. Der Bau blieb jedoch aus Kostengründen unausgeführt.

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9. e | Sichtziegelbauten Einen der bedeutendsten Einflüsse seiner gesamten ar-

chitektonischen Tätigkeit bewirkte Schinkel mit der Wie-

derbelebung der Sichtziegelbauweise. Ziegelbauten gal-

ten Anfang des 19. Jahrhunderts als ärmlich, so dass das

Baumaterial nur für untergeordnete Aufgaben Verwen-

dung fand. Um es auch für gehobene Bauaufgeben ver-

wenden zu können, musste zunächst die Qualität der Zie-

gelherstellung auf produktionstechnischem Wege stark

verbessert werden. Eine entscheidende Rolle spielte da-

bei der Ofenfabrikant Tobias Feilner, der 1813 die Firma

Höhler und Feilner, für die Schinkel schon 1808 Kachel-

ofenentwürfe gefertigt hatte, allein fortführte und ge-

meinsam mit Schinkel eine große Palette keramischer

Artikel entwickelte.

1 | Friedrichswerdersche Kirche, Perspektive, 1828Bleistiftzeichnung, bpk/Kupferstichkabinett SMB ¥ Schinkel legte zur Friedrichswerderschen Kirche stilistisch unterschiedliche Entwürfe vor, auf Wunsch des Kronprinzen wählte der König die gotische Variante. Die 1830 fertig gestellte Kirche wurde als erster mit Sichtziegeln ausgeführter neu-gotischer Sakralbau Epoche machend. Ihre Popularität machte sie zum Ur-bild der zahlreichen roten Ziegelkirchen des 19. Jahrhunderts.

2 | Fenster der Friedrichswerderschen Kirche, Sammlung architektonischer Entwürfe, Taf. 84, 1829Kupferstich ¥ Problematisch erwies sich die Herstellung der Formsteine für Maßwerk und Friese. Tobias Feilner entwickelte die Produktionstechnik für Terrakotten bester Qualität. Der Bau stellte nicht nur höchste Ansprüche an das Baumaterial, sondern auch an die ausführenden Handwerker. Schinkel schuf zur Verdeutlichung dieses Blatt, das den genauen Mauerverband zeigt.

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3 | Feilnerhaus, Aufriss und Grundrisse, Sammlung architektonischer Entwürfe, Taf. 113, 1831Kupferstich ¥ 1828 baute Schinkel für Tobias Feilner an der später nach dem Fabrikanten benannten Straße ein neues Wohnhaus. Damit sollte die Sichtziegelbauweise auch für den bürgerlichen Wohnbau propagiert werden. Zudem konnte Feilner mit der Fassade seines Hauses auch seine Produkte werbetechnisch anpreisen.

4 | Feilnerhaus, Fassadendetails, Sammlung architektonischer Entwürfe, Taf. 114, 1831Kupferstich ¥ Die besonders schlichte Gliederung, bei der nur die Fens-ter mit ihren Brüstungsreliefs einen Akzent setzten, sollte das kostspielige Fassadenmaterial besonders zur Geltung bringen. Die Hofseite war verputzt, hier wurden als Schmuck nur Terrakottareliefs eingefügt.

5 | Allgemeine Bauschule, Perspektive der Nordfassade, Sammlung architektonischer Entwürfe, Taf. 151, 1836Kupferstich ¥ Höhepunkt des Sichtziegelbaus in Schinkels Schaffen wurde die 1836 vollendete Bauschule. Die Verblendziegel, die von August Kiss nach Schinkels Entwürfen modellierten Reliefs und Zierstücke, erfüllten höchste qualitative Ansprüche und bildeten die charakteristische flache Plastizität der Fassade. Einen Farbakzent setzten die in jeder fünften Steinlage einge-fügten ziegelgroßen violetten Fliesen.

9. f | WohnbautenSchinkel beschäftigte sich kaum mit bürgerlichem

Wohnbau. Von den wenigen ausgeführten Bauten haben

wir nur nähere Vorstellung durch die Veröffentlichung

des Landhauses des Bankiers Behrend in Charlotten-

burg und das städtische Wohnhaus des Ofenfabrikanten

Feilner in der südlichen Friedrichstadt. Es finden sich

jedoch fünf Mietshausentwürfe in Schinkels Sammlung

architektonischer Entwürfe. Sie waren gewissermaßen

als Muster für unterschiedliche Bausituationen gedacht.

Eine Innovation des bürgerlichen Mietshausbaus stell-

ten sie nicht dar und sie sind wohl auch nicht rezipiert

worden. Auf die Entwicklung der im 19. Jahrhundert

wichtigsten Bauaufgabe Berlins, dem Mietshaus, hat

Schinkel keinen Einfluss genommen.

1 | Landhaus Behrend, Sammlung architektonischer Entwürfe, Taf. 36, 1824Kupferstich ¥ Am seinerzeit ländlichen Luisenplatz wurde 1822/23 für den Bankier Behrend ein Landhaus errichtet. Das Haus war verhältnismäßig klein, wirkte aber mit seiner an das kurz zuvor fertig gestellte Schauspielhaus erinnernden Baukörperstaffelung monumental. Den Grundriss strukturierte Schinkel mit einem zentralen Treppenraum.

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2 | Städtisches Wohnhaus mit Oktogonalhof, Sammlung architektonischer Entwürfe, Taf. 58, 1826Kupferstich ¥ Dieses städtische Mietshaus besitzt im Erdgeschoss Läden und dahinter Wohnungen der Ladenbesitzer. Die beiden Obergeschosse sind von je einer großbürgerlichen Wohnung eingenommen, die jeweils über Herrschaftsund Domestikentreppe erschlossen sind.

3 | Städtisches Wohnhaus mit Atrium, Sammlung architektonischer Entwürfe, Taf. 62, 1826Kupferstich ¥ Für das dreiseitig eingebaute Grundstück entwarf Schinkel ein Einfamilienhaus, dessen Beleuchtung weitgehend durch einen säulenum-gebenen Lichthof erfolgen sollte. Schinkel griff damit ein antikes Motiv auf. Die Treppe liegt an der hinteren Grundstücksgrenze und wird durch zwei Wendeltreppen ergänzt.

4 | Städtisches Wohnhaus mit Flügeln, Sammlung architektonischer Entwürfe, Taf. 64, 1826Kupferstich ¥ Dieses Mietshaus mit Seiten- und Querflügel besitzt zwei eiserne zweiläufige Treppenhäuser. Im Winkel zwischen Vorderhaus und Seitenflügel befindet sich bereits ein später so genanntes Berliner Zimmer, für das Schinkel die Nutzung als Elternschlafraum vorsah.

5 | (Vor-) städtisches dreiteiliges Wohnhaus, Sammlung architektonischer Entwürfe, Taf. 65, 1826Kupferstich ¥ Dieses Haus ist eine Kombination von Villa, Mietshaus, Warenlager und Verkaufsgeschäften. Der Eigner wohnt in der Beletage, im zweiten Obergeschoss des Mittelhauses und im Obergeschoss der seitlichen Häuser liegen Mietwohnungen. Das Erdgeschoss ist von Geschäftsräumen eingenommen, nur zum Garten liegen ein Treibhaus, der Pferdestall und ein Gartensalon.

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10. | Bauten auf dem LandEinen Großteil seiner Bauten schuf Schinkel außerhalb

der Städte. Als Beamter arbeitete Schinkel besonders an

Entwürfen für Dorfkirchen, die ab 1827 mit dem Normal-

kirchenerlass standardisiert wurden. Für die Nutzbauten

des Landes wie Chausseehäuser und Meilensteine schuf

Schinkel ebenfalls Typenentwürfe.

Zu den interessantesten, wenngleich nicht innovativsten

Bauten Schinkels gehörten die fürstlichen Landsitze, die

er weitgehend als Privatarchitekt entwarf. Sie wurden in-

dividuell auf den Auftraggeber und – mit einem hohen

Maß an landschaftlichem Einfühlungsvermögen – auch

auf die örtliche Situation zugeschnitten. Als frühesten

Landsitz baute er 1801 das Gutshaus derer von Fleming

in Buckow/Mark um, der junge Schinkel zeigte sich dabei

erstaunlich souverän. Die klassischen Anlagen entstan-

den in den 1820er Jahren: Tegel, Charlottenhof und Glie-

nicke sind hier die glücklichsten Schöpfungen, während

im letzten Schaffensjahrzehnt die Formen malerischer

wurden. Die späteste Anlage ist das kastellartige Schloss

Kamenz in Schlesien, dessen Fassaden aus Bruchstein

und Ziegeln aufgeführt wurden. Seine Fertigstellung hat

Schinkel nicht mehr erlebt.

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Karl Friedrich SchinkelDenkmal für Generalfeldmarschall Courbière in Graudenzvor 1814, Bleistift ¥ Technische Universität Berlin – Plansammlung der Universitätsbibliothek ¥ Bei seinen Denkmalentwürfen wählte Schinkel häufig die Form der gotischen Fiale, die der König bevorzugte. Diese behelm-ten Stelen wurden oft auf Höhen errichtet, wo sie eine landschaftsprägende Wirkung erhielten. Die gotischen Stilformen repräsentierten hier vaterländi-schen Wert, so bei der Fiale für den hugenottischen General, der 1807 Grau-denz an der Weichsel erfolgreich gegen die Franzosen verteidigt hatte.

Karl Friedrich SchinkelPerspektivische Ansicht eines Lusthauses an der Havelum 1825, Bleistift ¥ Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Bran-denburg ¥ Die Idee zu einem Lusthaus an der Havel bei Potsdam entwickel-te der Kronprinz. Dieser Bau sollte lediglich einen Saal und vier Kabinette für die vier königlichen Söhne enthalten. Schinkel entwarf den Bau als malerisch wirksame Landschaftsarchitektur, baukörperlich geschickt in der Kombina-tion weniger Elemente. Für den Kronprinzen stellte er den nicht gebauten Entwurf in einer meisterlichen Zeichnung dar.

Karl Friedrich SchinkelPerspektivische Ansicht eines Lusthauses (Skizze)Um 1825, Bleistift ¥ Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett ¥ Das Blatt zeigt Schinkels Arbeitsweise beim Skizzieren baukörperlicher Vari-ationen. Darunter findet sich auch die Disposition des Baukörpers des Ent-wurfs zum Lusthaus an der Havel.

Karl Friedrich SchinkelSchloss Antonin. AnsichtVor 1822, Feder in Schwarz, Bleistift ¥ Staatliche Museen zu Berlin, Kup-ferstichkabinett ¥ Für den polnisch-preußischen Grafen Anton Radziwill baute Schinkel 1822–1824 ein Jagdschloss bei Ostrowo. Der ungewöhnli-cherweise achteckig entworfene Bau besteht aus einem durch alle Geschos-se gehenden Saal mit zentraler Stütze, die auch als Rauchabzug der Kamine dient. In den Annexbauten befanden sich Zimmer und Treppe. Das Gebäude wurde als holzverkleideter Fachwerkbau errichtet und steht damit einmalig in Schinkels Œuvre.

Karl Friedrich SchinkelGlienicker Brücke1831, Feder ¥ Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett ¥ Als Er-satz für die funktional und ästhetisch ungenügende barocke Holzbrücke wur-de 1831–1834 eine massive Brücke als Sichtziegelbau errichtet. Mit den Seg-mentbögen und der Ziegelfarbe passte sich das Bauwerk hervorragend der Potsdamer Kulturlandschaft an der Enge zwischen Tiefem und Jungfernsee ein. Die Mittelöffnung war für große Schiffe als Klappbrücke konstruiert.

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10. a | LandschlösserAls Ergänzung zu den Stadtpalais entwarf Schinkel dem

Adel Sommeranlagen auf dem Land. Während einige

Auftraggeber dafür den Typus der Villa wählten, bevor-

zugten andere regelrechte Schlossbauten oder burgenar-

tige Anlagen. Stilistisch richtete sich Schinkel nach den

Wünschen der Auftraggeber, die dem Stil ihre eigene

Interpretation beilegten, wie die neugotischen Bauten

in Babelsberg und Kornik zeigen. Diese Bauten waren

dahingehend modern, dass sie – mehr nach Willen der

Bauherrn, als nach Schinkels Intention – einen gewissen

Effekt erzielen wollten. Dies ließ sie während der Grün-

derzeit zu Vorbildbauten werden, im 20. Jahrhundert

wurden sie zu den »misslungenen« Werken Schinkels ge-

rechnet.

1 | Schloß Babelsberg bei Potsdam, Sammlung architektonischer Entwürfe, Taf. 162, 1838Lithografie ¥ Schloss Babelsberg ist der letzte Sommersitz, den Schinkel für die Potsdamer Kulturlandschaft entwarf. Die anglisierenden gotischen Bauformen waren von den Auftraggebern gewünscht. Da nur der linke Bau-teil nach Schinkels Plan ausgeführt wurde, ist dieses Blatt eine Art architek-tonisches Vermächtnis.

2 | Schloß Kamenz, 2. Entwurf, 1838Aquarell, aus: Schinkel Lebenswerk Schlesien, 1941 ¥ Schloss Kamenz in Schlesien, das sich das Prinzenpaar Albrecht und Marianne ab 1838 bauen ließ, war einer der spätesten Schinkelbauten in Ziegeln und Bruchstein. Es beschäftigte Schinkel bis zu seinem Zusammenbruch. Die eigentümlich un-gelenke Darstellung auf diesem Blatt rührt vermutlich von ersten Lähmungs-erscheinungen her.

3 | Schloß Kornik, Sammlung architektonischer Entwürfe, Taf. 139, 1835Kupferstich ¥ In Schloss Kornik wollte der polnische Patriot Graf Tytus Dzi-alynski seine Zeugnisse zur polnischen Geschichte zusammenführen. Die gotischen Bauformen verstanden sich hier als nationalpolnisch in Rückbe-zug auf die Jagiellonenzeit (15. Jh.). Erst nach 1849 wurde der Bau in stark veränderter Form ausgeführt.

4 | Schloss Muskau, Dritter Umbauvorschlag, Südwestansicht, um 1828Federzeichnung, FPM Stiftung, Park und Schloss Branitz ¥ Hermann Fürst von Pückler-Muskau wollte aus seiner Standesherrschaft eine Parklandschaft gestalten. Schinkel entwarf dem Freund Parkarchitekturen und einen Um-bau des alten Wasserschlosses. Diese Pläne wurden nicht umgesetzt, aber in Pücklers Grundlagenwerk »Andeutungen über Landschaftsgärtnerei« veröf-fentlicht.

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5 | Schloß Neuhardenberg, 1820Bleistiftzeichnung, bpk/ Kupferstichkabinett, SMB ¥ 1820 erteilte Staats-kanzler Hardenberg Schinkel den Auftrag zum Umbau des Barockschlosses seiner Standesherrschaft Neuhardenberg. Das Ergebnis war ein streng klas-sizistisches Gebäude von absolutistischem Gestus, das den Geist der Restau-rationszeit offenbart. Hardenberg hat die Fertigstellung nicht mehr erlebt.

r e p r o t a f e l

10. b | Villenbauten Neben Landschlössern baute Schinkel auch Villen für

fürstliche Auftraggeber. Als früheste entstand ab 1820

der durch seine Turmbauten schlossähnliche Alterssitz

Wilhelm v. Humboldts in Tegel. Dass der Typus der Villa

nicht vom Rang des Bauherrn bestimmt wurde, zeigt der

Neue Pavillon neben dem Schloss Charlottenburg für den

König. Die klassische Zeit von Schinkels Villenbauten

sind die 1820er Jahre. Tegel, Glienicke und Charlotten-

hof sind damals die glücklichsten Bauschöpfungen. Aus

dem Studium der italienischen »fabbricce« entwickelte

Schinkel die Turmvilla, die in Potsdam reiche Nachfolge

fand. Bei seinen Villenbauten bewies Schinkel ein beson-

deres Einfühlungsvermögen für die landschaftliche Ein-

bindung von Architektur.

1 | Albert Dietrich Schadow nach Schinkel: Neuer Pavillon, Grundrisse, um 1825Federzeichnung, SPSG ¥ Schinkel entwarf den Neuen Pavillon 1824 als eine Idealvilla auf der Grundriss-Grundform von drei mal drei Räumen. Dies war möglich, weil er keine Wirtschaftsräume einplanen musste, die im benach-barten Schloss vorhanden waren. Zudem war der Neue Pavillon allein für das königliche Paar bestimmt.

2 | Albert Dietrich Schadow nach Schinkel: Neuer Pavillon, Aufrisse, um 1825Federzeichnung, SPSG ¥ Eine Art Idealvilla wurde der Neue Pavillon im Schlossgarten Charlottenburg. Nach dem Vorbild der Villa Chiatamonte in Neapel sollte Schinkel für den König ein Sommerhaus in unmittelbarer Nähe zum Schloss bauen. Das hinter Attiken verborgene Dach gibt dem Bau ein italienisches Gepräge.

3 | Gärtnerhaus Charlottenhof, Sammlung architektonischer Entwürfe, Taf. 145, 1835Kupferstich ¥ Als Nebengebäude zu Charlottenhof baute Schinkel 1829–1831 das Ensemble der Hofgärtnervilla, an das später die Römischen Bäder angefügt wurden. Dieses ländliche Haus des Kronprinzen wurde zum Urbild aller Potsdamer Turmvillen. Mit seiner Verbindung von Zierarchitekturen und Schmuckgärten ist das Ensemble ein Nachklang der antiken wie auch der Renaissancearchitektur.

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4 | Glienicke, Casino, Sammlung architektonischer Entwürfe, Taf. 170, 1841Lithografie ¥ 1824/25 baute Schinkel als ersten Glienicker Bau ein Billard-haus zum »Casino« um. Seine einprägsame Grundform und die weit auslau-fenden Pergolen machten das kleine Haus zum dominierenden Gebäude am Ostufer des Jungfernsees. Einen spielerischen Vertikalakzent setzten die »Masten«, eine Fregattenattrappe, die als Geräteschuppen diente.

5 | Landhaus Jenisch in Hamburg Othmarschen, 1829Federzeichnung, Staatsarchiv Hamburg ¥ Für den herrlich gelegenen Land-sitz von Konsul Martin Johann Jenisch in Othmarschen entwarf Schinkel 1829 eine klassizistische Villa. Sie sollte in schlichtester Weise als Kubus mit angeschlossenen Pergolen das Grundstück prägen. Das Haus wurde später sehr verändert ausgeführt.

6 | Schloß Tegel, Sammlung architektonischer Entwürfe, Taf. 25, 1824Kupferstich ¥ Tegel – 1820–1824 für Wilhelm v. Humboldt erbaut – stellt eine griechisch anmutende ideale Gelehrtenvilla dar. Vier Türme, geschmückt mit Kopien der Windgottreliefs am Athener Turm der Winde und Bauzitaten des antiken Thrassylosmonuments, fassen das schlichte Wohnhaus ein und wirkten einst weit in die Landschaft.

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10. c | NutzbautenIm Gegensatz zu seinem Lehrer David Gilly, der durch

die Neustrukturierung von Dörfern Typen von Wohnund

Stallbauten entwickelte, hat sich Schinkel derartigen

Bauten nur beim Wiederaufbau von Quilitz (Neuhar-

denberg) ab 1801 gewidmet. Als Beamter schuf Schinkel

aber viele Entwürfe für Dorfkirchen, die ab 1827 mit dem

Normalkirchenerlass typisiert wurden. Für die fürstli-

chen Sommeranlagen entwarf Schinkel teilweise auch

Wirtschafts-Sonderbauten, wie den Jägerhof in Glieni-

cke. Eine neue Bauaufgabe wurde das Chaussee-Einneh-

merhaus. Hierfür entwickelte Schinkel einen Typus, der

ehedem vielfach die Landschaft prägte. Ebenso prägend

sind wohl auch die von Schinkel entworfenen Typen von

Meilensteinen gewesen.

1 | Skizze zu Chausseehäusern, um 1830Federzeichnung, bpk/Kupferstichkabinett, SMB ¥ Nach den Befreiungs-kriegen wurden die Verkehrswege ausgebaut. Zur Finanzierung diente eine Maut, die an den Häusern der Chausseewärter zu errichten war. Schinkel ent-warf diese idealtypisch als symmetrische Miniatur-»Villen«. Einige wenige dieser Bauten sind noch heute erhalten.

2 | Ludwig Persius nach Schinkel: Glienicke, Jägerhof, o. J.Bleistiftzeichnung, bpk/Kupferstichkabinett, SMB ¥ 1828 wurde auf Betrei-ben des anglophilen Prinzen Carl die Parforcejagd in Preußen wieder einge-führt. Für die königlichen Jagdhunde ließ er von Schinkel ein winkelförmiges Cottage entwerfen, dessen gotische Bauformen an England erinnern sollten. Im Hauptbau waren die Piqueure untergebracht, im kleineren Bauteil die Meute.

3 | Landhaus mit Gewächshaus, um 1828Federzeichnung, bpk/ Kupferstichkabinett, SMB ¥ Der baulich nicht ver-wirklichte Entwurf eines Gärtnerhauses ist Schinkels fantasiereichste Vari-ation italienischer Landbauten. Ihn kennzeichnet eine ungewöhnlich reiche und additive Gruppierung der Baukörper. Sie ist charakteristisch für Schin-kels Spätwerk sowie für seine Schüler.

4 | Fasanenmeisterhaus, 1825Bleistift und Pinsel, bpk/ Kupferstichkabinett, SMB ¥ Schinkel entwarf das Fasanenmeisterhaus im Tiergarten als einfachen kubischen Bau mit einer dreifachen Arkade als Eingangsloggia. Damit wandelte er den Typus des Neu-en Tors in Berlin auf eine ländlich anmutende Weise ab.

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11. | RaumgestaltungSchinkel entwarf ganze Wohnungsausstattungen, ab-

gestimmt auf die Bedürfnisse und Vorstellungen seiner

adligen Auftraggeber. Mit dem Bau von öffentlichen Ge-

bäuden und Kirchen schuf er jedoch auch Räume, die

von der Allgemeinheit genutzt wurden. Hier plante er

seine wenigen regelrechten Architekturräume. Da für die

fürstlichen Wohnungen vergleichsweise geringe Mittel

zur Verfügung standen, stattete Schinkel sie mit kosten-

günstigen Materialien aus. Oft wurden illusionistisch Fi-

gurennischen, Architekturgliederungen und Zeltdecken

gemalt. Dabei orientierte sich Schinkel meist an anti-

ken Raumdekorationen und italienischen Renaissance-

palästen. Durch den Wechsel von architektonisch und

nicht architektonisch gegliederten Räumen suchte er

eine Rhythmisierung der Raumgestaltung zu erreichen.

Schinkel war ein Meister der Farbe, der auch ungewöhn-

liche Farbtöne zu einem Farbklang kombinieren konnte.

Überliefert ist für seine eigene Wohnungen eine »sanf-

te« Farbigkeit, wohl in der Art, wie sie im Schloss Tegel

mit monochromen Wandfeldern noch vorhanden ist. In

den von Schinkel geschaffenen fürstlichen Wohnungen

überwog dagegen eine starke Farbigkeit, wie sie sich im

Schloss Charlottenhof noch erhalten hat.

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Palais Prinz Albrecht 1829

Palais Prinz Carl 1828

Palais Redern 1830

Domumbau 1820

Friedr.-Werder-sche Kirche 1830

Bauakademie 1836

Elisabeth-kirche 1832

(Tiergarten)

(Alexanderplatz)

Palais Prinz Friedrich 1817

Palais Prinz August 1817 Schauspielhaus 1821

Palais des Königs 1809

Schloss Berlin, Kron-prinzenwohnung 1826

Dienstwohnung Hardenberg 1820

Feilnerhaus 1829

Raumgestaltungen in Berlinmit Angabe des Fertigstellungsjahres

Außerhalb des Kartenausschnitts:Berlin, St. Paul 1832Berlin, Nazarethkirche 1834Berlin, Johanniskirche 1832Berlin, Pavillon Bellevue 1824Tegel, Schloss, 1824Charlottenburg, Neuer Pavillon des Königs 1825Charlottenburg, Luisenkirche 1826Klein-Glienicke, Casino 1825Klein-Glienicke, Schloss 1828 Babelsberg, Schloss 1835Charlottenhof, Schloss 1828Charlottenhof, Römisches Bad 1834Potsdam, Civilcasino 1824Potsdam, Nikolaikirche 1835

Museum 1830

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Karl Friedrich SchinkelTeesalon der Kronprinzenwohnung im Berliner Schloss1824, Feder in Schwarz, aquarelliert ¥ Staatliche Museen zu Berlin, Kup-ferstichkabinett ¥ Unter den sehr unterschiedlich gestalteten Räumen der Wohnung war der Teesalon der fantasievollste und nach dem Sternensaal repräsentativste. Die Decke entwarf Schinkel als blaues Segel, die Wände wa-ren von Rundgemälden mit mythologischen Szenen zwischen Stuckfiguren der antiken Mythologie geziert. Beherrscht wurde der Raum von einer einge-stellten Exedra (rechts), der den Bewohner in der Raummitte platziert.

Karl Friedrich SchinkelTanzsaal im Palais Prinz Albrecht. Entwurf der Längswand1830; Feder in Schwarz, aquarelliert, weiß und gold gehöht ¥ Staatliche Mu-seen zu Berlin, Kupferstichkabinett ¥ Das Palais des Prinzen Albrecht war das späteste und prächtigste Palais, von Prinzessin Augusta als »Feenpalast« kritisiert. Die Räume wurden dem alten Barockbau eingepasst. Speise- und Tanzsaal lagen jeweils an den Schmalseiten des Baus und entsprachen ein-ander in der Gliederungsstruktur. Doch während der Speisesaal an der haus-seitig gelegenen Wand ein Buffet besaß, befanden sich am Speisesaal die Gitter der Musikerlogen.

Karl Friedrich SchinkelSchloss Babelsberg. Drei Fensterwandentwürfe1834; Bleistift, aquarelliert ¥ Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichka-binett ¥ Beim Bau des Sommersitzes von Prinz Wilhelm hatte sich Schin-kel sehr nach den geschmacklichen Vorstellungen Prinzessin Augustas zu richten. Die von Schinkel recht einheitlich im gotischen Stil ausgestatteten Räume waren im Sinne eines »Cottage« sehr schlicht gehalten im Gegensatz zu den Räumen der späteren Bauabschnitte. Mit den stärker drapierten Gar-dinen sollte die Strenge der Raumausstattung belebt werden.

Karl Friedrich SchinkelSchloss Tegel. Entwurf für die Westwand des Antikensaalsum 1824; Bleistift, aquarelliert ¥ Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg ¥ Der Antikensaal entstand für Wilhelm v. Humboldts bedeutende Sammlung von Gipsabgüssen. Entsprechend sollten die ein-fach grün marmorierten Wandfelder den Plastiken eine wirkungssteigernde Rücklage bieten. Bemerkenswert ist die von Schinkel vorgesehene Farbe der sehr schlichten Gardinen, die den damals strahlend weißen Gipsen einen leichten Farbschein verleihen sollten.

Schinkel (oder Albert Dietrich Schadow nach Schinkel)Weißes Zimmer im Neuen Pavillon Charlottenburg1824; Feder, Aquarell ¥ Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett ¥ Die Entwürfe, die Schinkel für den König fertigte, sind schlichter als die für seine Kinder. Von Schinkels Raumentwürfen ist der Entwurf zum Weißen Zimmer des königlichen Pavillons der radikalste, vermutlich wurde er nicht realisiert. Es ist ein Kunstzimmer mit Stichen an den Wänden. Die Möblie-rung mit den durchlaufenden Sofas wirkt sehr nüchtern und aus dem Blick-punkt des 20. Jahrhunderts zukunftsweisend.

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11. a | Fürstliche WohnungenDie umfangreichsten Raumausstattungen schuf Schin-

kel für die königliche Familie. Ganze Wohnungen ent-

standen für den Kronprinzen im Berliner Schloss und

im Charlottenhof, für die Prinzen August, Friedrich,

Albrecht und Carl durch Neuausstattungen ihrer Stadt-

palais, für Prinz Carl auch im Casino und im Schloss

Glienicke. Für den König gestaltete er Räume im Kron-

prinzenpalais und im Neuen Pavillon in Charlottenburg.

Unter den heute meist zerstörten Wohnungen waren be-

sonders diejenigen für die Prinzen Carl und Albrecht von

herausragender Bedeutung. Hier schlugen sich Schin-

kels Erfahrungen der Englandreise von 1826 nieder, so

setzte er mit vergoldeten eisernen Treppen moderne und

repräsentative Akzente.

1 | Wandentwurf für das Südzimmer des Casinos in Glienicke, 1825Feder, Aquarell, Deckfarben, bpk/ Kupferstichkabinett, SMB ¥ Den reichs-ten bekannten Entwurf für ein Zimmer in Glienicke schuf Schinkel für das kleine Südzimmer. Bemerkenswert ist die reich drapierte Gardine, die auf den ersten Blick an Gründerzeit erinnern mag, aber in leichtem Voile oder Mousselin gedacht war.

2 | Entwurf für den Großen Speisesaal im Palais Prinz Karl, um 1828Deckfarben, verschollen, aus: Schinkel Lebenswerk Bauten für den Prinzen Karl, 1942 ¥ Für den später als Galerie bezeichneten Raum entwarf Schin-kel eine der qualitätsvollsten Innendekorationen, sie war gedacht als Lau-bengang mit Ausblicken in Gärten. Die Decke gestaltete er abweichend vom Entwurf als windgeblähtes Segel. Hierfür ließ er die vorhandene architekto-nische Pilastergliederung beseitigen.

3 | Wandentwurf für die Südwand des Gartensaals im Palais Prinz Karl, um 1828Deckfarben, verschollen, aus: Schinkel Lebenswerk Bauten für den Prinzen Karl, 1942 ¥ Der Raum wurde wegen seiner Wandfarbe auch Pompejani-scher Saal genannt und hatte nur wenig Dekorationselemente auf den mono-chromen Wandfeldern. Schinkel führte bei seinen Wandentwürfen jeweils nur so viel in Deckfarben aus, wie der ausführende Maler zur Umsetzung un-bedingt benötigte.

4 | Wandentwurf für den Ovalen Salon im Palais Prinz Albrecht, um 1830Aquarell, Deckfarben, bpk/ Kupferstichkabinett, SMB ¥ Das Palais des Prinzen Albrecht war besonders reich ausgestattet. Dieser nicht ausgeführte Entwurf zeigt eine besonders aufwändige Wandmalerei mit illusionistischer Architektur einer Korenhalle und einer Treppe mit den drei Grazien im Stil pompejanischer Wandbilder.

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5 | Albrecht Dietrich Schadow (?) nach Schinkel: Wandentwurf für das Treppenhaus und das obere Vestibül im Neuen Pavillon, 1825Feder, Aquarell, bpk/ Kupferstichkabinett, SMB ¥ Das zentral und weniger repräsentativ gebaute Treppenhaus des königlichen Pavillons erhielt zur Aufwertung besonders reich gestaltete Wandfelder mit Arabesken- und Gro-teskendekoration, während die übrigen Räume des Hauses meist nur eine schlichte Wandgestaltung besaßen.

6 | Entwurf zur Ausmalung des Musiksaales im Palais Redern, 1830Aquarell, Deckfarben, SPSG ¥ Dem im Süden halbrund geschlossenen Musiksaal kam eine besondere Bedeutung zu, da Graf Redern als Nachfol-ger Brühls Intendant der königlichen Schauspiele war. Schinkel entwarf hier erstmals vollständig die Dekoration nach Vorbild pompejanischer Wandma-lereien.

r e p r o t a f e l

11. b | Öffentliche Räume Mit dem Bau des Museums und des Schauspielhauses in

Berlin und des Civilcasinos in Potsdam schuf Schinkel

Räume, die bedingt als öffentliche anzusehen sind. Das

Schauspielhaus hatte neben seiner eigentlichen Funkti-

on auch die Aufgabe, ein Festhaus zu sein, dem entsprach

in gewisser Weise das Civilcasino für Potsdam. Für die

Festräume wählte Schinkel einen weißen Grundton, der

mit vielfarbigen Malereien und Vergoldungen akzentu-

iert war. Das Museum besaß als Volksbildungsanstalt

ebenfalls einen öffentlichen Charakter. Hier war die Ab-

folge von Vorhalle, Treppenhaus, Rotunde und Skulptu-

rensälen das am stärksten architektonisch geprägte Rau-

mensemble des Schinkelschen Œuvres.

1 | Konzertsaal im Schauspielhaus, Sammlung Architektonischer Entwürfe, Taf. 16, 1826Kupferstich ¥ Der wohl festlichste Raum von Schinkels Schaffen war durch vergleichsweise steile Proportionen fast dem Querschnitt der Kirchenräume angenähert. Die Decke mit den diagonal gestellten Balken und rautenför-migen Kassetten dynamisiert den Raumeindruck und verkürzt optisch die Längsachse.

2 | Rotunde im Museum, Sammlung Architektonischer Entwürfe, Taf. 44, 1831Kupferstich ¥ Die Rotunde ist das Zentrum des Museums, ein Verweis so-wohl auf die Vatikanischen Museen als auch auf das römische Pantheon. Der pseudosakrale Raum mit seinen antiken Götterstandbildern sollte einstim-men auf ein Sich-Versenken in die antiken Formen.

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3 | Treppenhaus im Museum, Sammlung Architektonischer Entwürfe, Taf. 130, 1831Kupferstich ¥ Seinen wohl schönsten und eigenartigsten Raum gestaltete Schinkel mit dem zur Vorhalle und damit zum Lustgarten offenen Treppen-haus des Museums. Auch hier waren für die Wände farbige Wandbilder vor-gesehen.

4 | Nicht ausgeführter Entwurf eines Saales für die Singakademie, 1812Deckfarben, Kriegsverlust, aus: Schinkel Lebenswerk Berlin, Bd. 1, 1941 ¥ Schinkel plante im Akademiegebäude den Einbau eines Trakts für die Singakademie. Dafür entwarf er auch einen eigenartig pseudosakralen Saal mit Eingangsapsis für Musikerbüsten. Die schwere, tonnengewölbte Archi-tektur sollte über dem Chorpodium im Wandgemälde einer Cäcilien-Apothe-ose gipfeln.

5 | Zuschauerraum im Schauspielhaus, 1818Feder, Aquarell, bpk/ Kupferstichkabinett, SMB ¥ Der Zuschauerraum er-hielt durch die schlanken Eisenstützen der Ränge und die nur mit Draperi-en und eine (hier nicht dargestellte) Krone ausgezeichnete Königsloge eine recht leichte Gestaltung. Die Decke entwarf Schinkel als Velarium und zur Dynamisierung des Eindrucks etwas über halbkreisförmig.

r e p r o t a f e l

11. c | KirchenräumeDer Kirchenbau war ein Schwerpunkt in Schinkels Schaf-

fen. In den 1810er Jahren, in denen er viele Monumental-

kirchen entwarf, experimentierte er mit verschiedenen

Grundtypen. In den 1820er Jahren entwickelte er standar-

disierte Raumtypen. Emporensäle und Hallen gaben die

wesentlichen Grundformen. Die Bauten wurden rechte-

ckig und bildeten an den Schmalseiten Kopfbauten mit

integrierter Apsis, Orgelemporen und den Emporenauf-

gängen aus. Höhepunkte seines Sakralbaus wurden die

großen Emporenhallen in Zittau, Magdeburg, Straupitz,

Meseritz und Braunsberg, deren Inneres er bemerkens-

werterweise selbst nie dargestellt hat. Für die beste Be-

lichtung dieser großen Räume »erfand« Schinkel die am-

phitheatralisch gestaffelten Emporen.

1 | Die Kirche vor dem Rosenthaler Tor, Sammlung architektonischer Entwürfe, Taf. 137, 1834Kupferstich ¥ Die Elisabethkirche wurde als erste und größte der nörd-lichen Berliner Vorstadtkirchen 1832–1834 erbaut. Sie ist ein für Schinkel typischer flachgedeckter Saalbau mit Emporen, deren Stützen bis zur Decke hochgezogen sind. Der Baukörper ist rechteckig mit halbrunder Apsis. In die Ecken des Raumes sind die Emporentreppen eingefügt.

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2 | St. Johannis Kirche (Berlin Moabit), Sammlung architektonischer Entwürfe, Taf. 137, 1834Kupferstich ¥ Die Johanniskirche entstand gemeinsam mit der Nazareth- und der Paulskirche 1832–1835 als kleine Berliner Vorstadtkirche. Wie die Nazarethkirche ist sie ein Sichtziegelbau, der im Inneren aber verputzt ist. Der Raumeindruck wurde nachdrücklich durch den offenen Dachstuhl mit der Sprengwerkartigen Binderkonstruktion bestimmt. Die Bemalung der Deckenflächen und des Apsisgewölbes setzten farbige Akzente.

3 | Friedrichswerdersche Kirche, Entwurf im klassizistischen Stil, Sammlung architektonischer Entwürfe, Taf. 52, 1826Kupferstich ¥ Die Friedrichswerdersche Kirche wurde von Schinkel in mehreren stilistischen Formen entworfen. In seiner Sammlung Architektoni-scher Entwürfe veröffentlichte Schinkel diesen Entwurf, der einen mit Flach-kuppeln auf Pendentivs gedeckten Wandpfeilersaal zeigt.

4 | Friedrichswerdersche Kirche, ausgeführter Entwurf im gotischen Stil, Sammlung architektonischer Entwürfe, Taf. 82 1829Kupferstich ¥ Der Raumentwurf ist bemerkenswert, weil er keineswegs materialgerecht umgesetzt wurde, sondern eher mit theaterhaften Effekten arbeitet. Der Saal mit den eingezogenen Wandpfeilern erweckt den Eindruck einer dreischiffigen Halle. Die einfachen Kreuzrippengewölbe sind verputzt und mit illusionistisch aufgemalten Nebenrippen und Ziegelfeldern verse-hen.

5 | Entwurf für die Ausmalung der Nazarethkirche (Berlin Wedding)Feder, Aquarell, Landesarchiv Berlin ¥ Für die 1835 vollendete Nazareth-kirche hat sich der farbige Ausmalungsentwurf erhalten. Erkennbar ist die von Schinkel bevorzugte blaue Fassung der Apsiskalotte mit den rhythmisch aufgesetzten goldenen Sternen, die seit Ausbau der Neuhardenberger Kirche und Ausstattung der »Zauberflöte« zum festen Repertoire seiner Gestaltung gehörten.

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12. | KunstgewerbeDen größten Einfluss nahm Schinkel auf das Kunstgewer-

be. Ab 1810 entwarf er Möbel für die königliche Familie.

Nachfolgend schuf er Entwürfe für nahezu alle kunstge-

werblichen Gattungen, darunter Gläser, Porzellangefäße,

Goldschmiedeobjekte, Kandelaber, Kronleuchter, Bilder-

rahmen, Friesornamente, Tapeten- und Stoffmuster. 1820

gründete Beuth eine staatliche Gewerbeschule, eine

Musterschule für alle künftigen preußischen Gewerbe-

schulen, sowie 1821 den »Verein zur Beförderung des

Gewerbefleißes in Preußen«, mit dem Personen aus Wis-

senschaft, Wirtschaft und Politik eingebunden werden

sollten. Gleichzeitig gaben Beuth und Schinkel das Vor-

lagenwerk »Vorbilder für Fabrikanten und Handwerker«

heraus. Diese Initiativen gelten als der Beginn des De-

signs in Deutschland. Noch stärkere Tendenz zur Mas-

senfertigung trugen Schinkels Arbeiten für unedle Mate-

rialien. Eisen und Ton wurden zu nationalen Materialien

stilisiert, mit denen die königliche Eisengießerei und die

Tonwarenfabrik Tobias Feilner Objekte vom Bauglied bis

zum Schmuckstück produzierten. Von Schinkel entwor-

fene Kunst konnte als Katalogware erworben werden. Ab

1832 kam durch die Gießerei Moritz Geiß der Zinkkunst-

guss zum Repertoire der kunstgewerblichen Produktion

hinzu.

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Manufakturen und Fabrikenin Berlin um 1810 bis 1841

(Tiergarten)

(Alexanderplatz)

1 Königliche Eisengießerei

2 Egells Maschinenbauanstalt

3 (Zink-) Gießerei Moritz Geiß

4 Königliche Porzellanmanufaktur

5 Eckhardtsteinsche Fayence- und Spiegelmanufaktur

6 (Höhler-) Feilnersche Tonwarenfabrik

7 Gewerbeschule, später Gewerbeinstitut

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A. Bernhard 2006

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o r i g i n a l o b j e k t e

a b t e i l u n g 1 2

Karl Friedrich SchinkelOvaler Tisch und Armlehnstuhl und Tisch für den Neuen Pavillon1825; Bleistift ¥ Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett ¥ Für den König wurden auch Einzelmöbel entworfen, so das neben dem Armlehn-stuhl gezeichnete Tischchen, dessen Platte der König von seinem Aufenthalt in Neapel mitgebracht hatte. Vorbild für den in Holz projektierten, aber in Bronze ausgeführten Tischfuß waren pompejanische Bronzekandelaber. Der einzelne Tisch war für eine Marmorplatte mit »römischem Mosaik« vorgese-hen und wurde in Mahagoni ausgeführt.

Karl Friedrich SchinkelPolster-Liege und Sessel für die Kronprinzenwohnung im Berliner Schloss1824; Feder in Schwarz, Aquarell ¥ Staatliche Museen zu Berlin, Kupfer-stichkabinett ¥ Für den Teesalon, der mit der Exedra schon viele Sitzplätze besaß, wurden zwei Chaiselongues und 12 Sessel gefertigt. Bei der Ausfüh-rung wurde an den Sesseln der obere Abschluss der Rückenlehne vereinfacht und an den Liegen die Seitenwangen erhöht. Zu dieser Ausstattung gehörten auch Polsterstühle, von denen 12 im Salon und 24 im benachbarten Sternsaal aufgestellt waren.

Karl Wanschaff nach SchinkelPrunksessel aus der Kronprinzenwohnung im Berliner Schloss1825/26; Holz (Bezug erneuert) ¥ Eigentum des Hauses Hohenzollern SKH Georg Friedrich Prinz von Preußen in Verwaltung der SPSG ¥ Der Prunk-sessel vereinigt Elemente des Empire mit der Eleganz englischer Möbel und einen Zug des bürgerlich-schlichten Klassizismus. Es repräsentiert den kul-tivierten Geschmack des Kronprinzen und dessen Repräsentationsbedürfnis im Sinne restaurativer politischer Auffassung der Monarchie. Wanschaff war einer der wenigen Kunsttischler, dessen Möbel die Qualität der führenden ausländischen Produkte erreichten.

Karl Friedrich Schinkel (Entwurf)Tafelstuhl für den Gartensaal im Neuen Pavillon 1825; Birke mit Rohrgeflecht ¥ Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg ¥ Entwarf Schinkel einerseits Prunkmöbel für das fürstliche Repräsentieren, so ließ er auch Möbel fertigen, bei denen allein die Funktion im Vordergrund stand. Dieser Tafelstuhl war platzsparend, um mög-lichst viel Personen an der Tafel platzieren zu können, bequem in der Benut-zung, elegant in der Erscheinung und solide in der Ausführung. Objekte die-ser Art waren es, die Designer des 20. Jahrhunderts an Schinkel faszinierten.

Karl Friedrich Schinkel (Entwurf)Eisen-ArmlehnstuhlEntwurf um 1830, Eisenguss ¥ Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg ¥ Standen zunächst Bauglieder und Ziergegenstände im Zentrum der Produktion der Königlichen Eisengießerei, so gewannen bald Möbel einen wichtigen Stellenwert. Sie wurden – meist schwarz oder grün im Sinne von Oxyd gefasst – im Außen- und Empfangsbereich von Vil-len aufgestellt. Diese auch heute noch vertriebenen Tische, Bänke und Stühle zeichnen sich durch große Dauerhaftigkeit und geringe Mobilität aus.

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Karl Friedrich Schinkel (Entwurf)16-flammiger Reifenleuchter aus dem Generalkommando1829; Bronze, feuervergoldet, Glasprismen ¥ Stiftung Preußische Schlös-ser und Gärten Berlin-Brandenburg ¥ Zur Hebung der Ausbildung von Ziseleuren holte man zwei hervorragende Pariser Meister nach Berlin und richtete an der Königlichen Eisengießerei eine Werkstatt ein. Die führende Bronzefirma wurde Werner & Neffe, die auch den fein ziselierten Leuchter herstellte. Er hing im Vortragszimmer im Palais Wilhelms (I.) und wurde we-gen seiner zeitlosen Schönheit auch nach der Umhängung 1881 ins Arbeits-zimmer weitergenutzt.

Ludwig Lohde (Hg.)Schinkel’s MöbelentwürfeBerlin: Duncker und Humblot 1835 ¥ Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg ¥ Schinkel fertigte in großem Umfang Entwür-fe für Möbel der prinzlichen Wohnungen. Der Architekt Ludwig Lohde gab diese 1835–1837 in vier Heften heraus. Da der Materialität eine große Rolle zugemessen wurde, ließ er nur die ersten beiden Tafeln in Kupfer stechen, die übrigen waren Farblithografien. Somit konnte das farbliche Zusammen-spiel mit dem Bezugsstoff verdeutlicht werden.

Friedrich Wilhelm Ludwig Vollgold (?) nach SchinkelStatuette eines geflügelten Geniusum 1820; Zinkguss, vergoldet ¥ Stiftung Stadtmuseum Berlin ¥ Bereits für die Viktorien der Neuen Wache wurde mit Zinkguss experimentiert, doch letztlich in Blei gegossen. Einige Jahre später war der Zinkguss technisch aus-gereift und wurde Veredelungstechniken unterworfen. Diese Figur bewahrte man offenbar zu Dokumentationszwecken auf, denn nach einem Vermerk innen ist sie der erste erfolgreiche Versuch, Zink zu vergolden.

Moritz Geiß (Hg.)Zinkguß-Ornamente nach Zeichnungen von Schinkel u. a.Musterheft der Zinkgießerei ¥ Berlin: Verlag von C. B. Lüderitz 1849 ¥ Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg ¥ Schin-kel beförderte und propagierte den Zinkguss. Die Blütezeit des Zinkgusses begann aber erst nach seinem Tod. Die erste Veröffentlichung von Geiß, die auch Objekte nach Schinkels Entwurf enthält, ist im Gegensatz zu den »Magazinen« der Eisengießerei kein Verkaufs-Katalog, sondern ähnlich den »Vorbildern für Fabrikanten und Handwerker« eine geschmacksbildende Mustersammlung.

Billet von Schinkel an Moritz GeißBerlin, 20. August 1836 ¥ Stiftung Stadtmuseum Berlin ¥ Schinkel hielt direkten Kontakt zu Kunstgewerbeproduzenten, um zielgerichtet Einfluss auf Produktqualität nehmen zu können. Geiß stellte seine geerbte Gießerei 1832 auf Zinkguss um und war mit diesem kostengünstigen Metall bahnbre-chend. Das Billet betrifft die Aufforderung, dem Architekten Kämpf aus Ko-penhagen die Fabrikation der Zinkziegel zu zeigen. Großformatige galten als schell auszuführende Deckungsart alternativ zu Blech.

Magazin von Abbildungen der GusswarenBerlin: G. Reimer 1828 ¥ Stiftung Stadtmuseum Berlin ¥ Die 1804 in Glei-witz gegründete Eisengießerei, die 1810 ihre wichtigste Tochter in Berlin eröffnete, goss ursprünglich Geschütze und einfache Bauglieder. Die Pro-duktionen wurden in den »Magazinen« als Produktkatalog veröffentlicht und standen jedem zum Erwerb als Neuguss zur Verfügung. Es wurden aber auch alle Produktionen aufgenommen, die wie die Schlachtallegorien des Natio-naldenkmals natürlich nicht zur privaten Nutzung geeignet waren.

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KPMFruchtkorb-Vase1825; Porzellan ¥ Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Bran-denburg ¥ Schinkel machte gelegentlich Entwürfe für Porzellane, z. B. für das Hochzeitsservice der nach den Niederlanden verheirateten Prinzessin Luise. Diese elegante Fruchtkorb-Vase wird traditionell und noch in heutiger Produktion als »Schinkelkorb« bezeichnet, ohne dass sich Schinkels Beteili-gung am Entwurf nachweisen ließe. Ähnlich wie bei den »Schinkellaternen« schlägt sich damit sein Name als eine Art Markenzeichen nieder.

unbekannter Zeichner der KPMVaseum 1825, Feder, Bleistift (mit Korrekturen Schinkels am Fuß) ¥ Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg ¥ Wie bei seiner Tä-tigkeit als Baubeamter hat Schinkel auch auf dem Gebiet des Kunstgewerbes vielfältig korrigierend gewirkt. Somit sind auch hier die Grenzen zwischen Schinkels Urheberschaft und lediglich Einflussnahme fließend. Vermutlich war Schinkels Einflussnahme auf dem Gebiet des Kunstgewerbes bedeuten-der als seine eigene Entwurfstätigkeit.

Königlich-Preußische Eisengießerei BerlinRahmen mit drei Neujahrsplaketten1821, 1822/3; Eisenguss ¥ Stiftung Stadtmuseum Berlin ¥ Als eines der größten Objekte wurden dem Nationaldenkmal auf dem Kreuzberg mehrere Plaketten gewidmet. Mit der mittleren Plakette wird das Denkmal gesamt mit Ausblick auf die Türme und Kuppeln Berlins präsentiert. Auf den seitlichen Plaketten sind separat die 12 Schlachtallegorien dargestellt, die sämtlich die Gesichtszüge der Königlichen Familie und der wichtigsten Feldherren tragen.

Königlich-Preußische Eisengießerei BerlinRahmen mit vier Neujahrsplaketten1828/31; Eisenguss ¥ Stiftung Stadtmuseum Berlin ¥ Alljährlich produ-zierte die Königliche Eisengießerei, die durch die »Gold-gab-ich-für Eisen«-Ak-tion den Charakter einer vaterländischen Anstalt erhielt, Neujahrsplaketten aus Gusseisen, gelegentlich auch aus Zinn, die als begehrtes Werbegeschenk dienten. Darauf wurden die wichtigsten Produktionen des Jahres präsentiert. Für 1829 ist einer der beiden Rossebändiger von Tieck auf dem Dach des (Al-ten) Museums dargestellt.

Zwei Leuchter (Korbträgerin) – Modell Schinkelum 1815; Eisenguss ¥ Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg ¥ Schinkel entwarf viele Skulpturen, seien es Giebelreliefs, Attikafiguren, Denkmäler oder Zierstücke, wie diese Leuchter. Er entwarf die-se aber nur zeichnerisch und modellierte nicht. Bei den frühen Ausführun-gen nach seinen Zeichnungen war die Modellierung oft noch recht beschei-den. Erst nach Hebung der Ausbildungsqualität der Handwerker erreichten diese Arbeiten Bildhauerqualität.

Johann George HossauerZwei Leuchterum 1830; Kupfer, silberplattiert ¥ Stiftung Preußische Schlösser und Gär-ten Berlin-Brandenburg ¥ Hossauer studierte in Paris die Technik der Herstellung leichter Silberwaren. Er erhielt dafür ein Stipendium und an-schließend königliche Unterstützung, sich in Berlin mit einer Werkstatt zu etablieren. Bei doublierter bzw. plattierter Ware lag der Wert in der moder-nen Fertigungstechnik, nicht im Material. Hossauer, der vielfach nach Schin-kels Vorgaben arbeitete, war sehr erfolgreich und hatte zeitweise eine fast monopolistische Stellung.

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Johann George HossauerAbendmahlskanneum 1845; Silber ¥ Stiftung Stadtmuseum Berlin ¥ Durch seine Kirchen-neubauten beschäftigte sich Schinkel auch mit der Ausstattung. Liturgische Geräte und Gefäße, wie Taufbecken, Kruzifixe, Patene und Abendmahlskelch entwarf er in zunehmend standardisierter Form. Die Vorlagen wurden noch lange nach Schinkels Tod genutzt, da bei liturgischen Geräten die Stilformen nicht der neuesten Mode entsprechen sollten.

Vorbilder für Fabrikanten und Handwerker1821–1830; Mappe mit Aufdruck ¥ Stiftung Stadtmuseum Berlin ¥ Schin-kel und Beuth gaben ab 1821 für die Gewerbeschule die »Vorbilder...« als Lie-ferungswerk von Stichen heraus. Die »Vorbilder ...« wurden nicht über den Buchhandel vertrieben, sondern als besonderes Geschenk an Bibliotheken und ähnliche Institutionen – auch ins Ausland – oder als besonders begehrte Auszeichnung an Einzelpersonen vergeben. 1837 erfolgte eine zweite erwei-terte Auflage mit 150 Tafeln.

Vorbilder für Fabrikanten und Handwerker. Blatt 29Berlin 1836 ¥ Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Branden-burg ¥ Die »Vorbilder...« umfassten in der ersten Auflage 94 Tafeln. Zu etwa 40 von ihnen hatte Schinkel die Vorlagen geliefert. Die Vorlage zu dieser Tafel schuf Schinkel als äußerst feine Zeichnung mit Feder und Pinsel. In der Dar-stellung der Schattierung von Rundkörpern hatte Schinkel eine technische Meisterschaft entwickelt.

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r e p r o t a f e l

12. a | MöbelFür die neu ausgestatteten prinzlichen Wohnungen ent-

warf Schinkel auch die Möbel. Einige Entwürfe stehen

mit ihrem antikischen Dekor in der Nachfolge des Em-

pire und repräsentieren damit auch das Zeitalter der Re-

stauration. Daneben ließ sich Schinkel vor allem durch

englische Vorbilder inspirieren. England war bereits seit

Ende des 18. Jahrhunderts führend in der Möbelkunst in

Hinblick auf Eleganz und Ergonomie. In den Kunsttisch-

lern Wanschaff und Sevening fand Schinkel die fähigs-

ten Handwerker, die seine Entwürfe in der notwendigen

Meisterschaft ausführten. Möbelentwürfe veröffentlichte

Schinkel ab 1823 gleich zweimal, zum einen durch Lud-

wig Lohde, zum anderen in »Vorbilder für Fabrikanten

und Handwerker«.

1 | Armlehnstuhl für das Königliche Palais, 1808Aquarell, bpk/Kupferstichkabinett, SMB ¥ Dieser Lehnstuhl gehört zu den frühesten Möbelentwürfen für das königliche Palais, gefertigt noch während des Exils des Königspaars in Königsberg. Mit der Wahl des Typus Scheren-stuhl sollte vermutlich auf antike Herrschaftsmöbel verwiesen werden.

2 | Entwurf zu einem Bett für Königin Luise 1809/10Federzeichnung, bpk/Kupferstichkabinett, SMB ¥ Mit diesem »lit en ba-teau« griff Schinkel einen Empire-Typus auf, wandelte ihn aber durch das Material Birnbaumholz, den Verzicht auf Baldachin und herrschaftliche Em-bleme zu einem sachlichen »preußischen« Möbel um.

3 | Carl Boetticher nach Schinkel: Lehnstuhl, aus »Schinkels Möbelentwürfe …«, 1835Farblithografie ¥ Die eleganten Möbel für das Wohnzimmer der Prinzess Marie im Palais Prinz Carl wurden in der Veröffentlichung Lohdes als vorbild-lich aufgenommen und mit lachsfarbenem Bezugsstoff dargestellt. M 1 : 4

4 | Armlehnstuhl, 1827Pinsel, bpk/ Kupferstichkabinett, SMB ¥ Auf der Englandreise 1826 stu-dierte Schinkel bewusst Möbel. Für das Palais des anglophilen Prinzen Carl entwarf Schinkel mehrere durch englische Vorbilder angeregte Möbel. Die Ausführung erfolgte in schwarz gefasster Wissbuche mit vergoldeten Bleior-namenten.

5 | Friedrich Wilhelm Schwechten nach Schinkel: Sofa und Sessel, aus »Vorbilder …«Kupferstich, Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg ¥ Entworfen 1831 für das Palais Prinz Albrecht zeigen diese späten Möbel gleichermaßen rei-che und etwas spielerische Zier wie auch eine gewisse Starrheit. Dem gefel-derten Bezugsstoff kommt bereits optisch gliedernde Bedeutung zu.

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12. b | Vorbilder für Fabrikanten und Handwerker Schinkel glaubte, dass die meisten Handwerker nur gestal-

terisch mittelmäßige Waren entwerfen könnten, daher

sollten sie besser nach vorgegebenen Entwürfen arbeiten.

Diese wurden als Lieferungswerk von Beuth und Schinkel

unter dem Titel »Vorbilder für Fabrikanten und Handwer-

ker« 1821–1830 herausgegeben. Schinkel steuerte etwa 40

von den insgesamt 94 Tafeln bei, die von der Architektur

bis zum Gewebemuster nahezu alle Gattungen illustrier-

ten. Damit sollte die Einheit der Künste dokumentiert

werden. Dies führte einerseits zu einer Geschmackshe-

bung, andererseits aber auch zu einer geschmacklichen

Nivellierung des Kunstgewerbes, da die Entwürfe dem Ge-

schmack möglichst vieler genügen mussten.

1 | Entwürfe für Glasgefäße, o. J.Bleistift, bpk/ Kupferstichkabinett SMB ¥ Während bei den Möbeln eine sachliche Darstellung überwog, gestaltete Schinkel die Schaublätter zu den Gefäßen auf malerische Weise und sparte nicht mit Effekten. Waagen berich-tet in seiner Biografie, dass Schinkel den Wischer bei Bleistiftzeichnungen perfekt beherrschte.

2 | Entwurf zu einem Pokal, 1820Bleistift, bpk/Kupferstichkabinett SMB ¥ Schinkel schuf auch Entwürfe für Goldschmiedekunst. Der Pokalentwurf mit Schmuckfries an der Cuppa und fast vollplastischen Figuren am Schaftansatz wurde besonders häufig als Vorla-ge genutzt, zumal Silberpokale als Ehrengeschenke weit verbreitet waren.

3 | Entwürfe zu Teekannen, 1810Bleistift, bpk/ Kupferstichkabinett SMB ¥ Mehrere überkommene Blätter zei-gen, dass sich Schinkel an die Form von Gefäßen bis zum endgültigen Entwurf zeichnerisch herantastete und diese nicht etwa geometrisch konstruierte.

4 | Entwurf zu einem Brunnen für den Hof des Gewerbeinstituts, 1829Federzeichnung, bpk/ Kupferstichkabinett SMB ¥ Der von Schinkel entwor-fene Bronze-Brunnen war das aufwändigste Lehrstück der Gewerbeschule, die vier bekrönenden Gruppen modellierten Rauch, Tieck und Wichmann. Der Brunnen gelangte später ins Schloss Charlottenhof und wurde als Tafel 31 in die »Vorbilder« aufgenommen.

5 | Friedrich Wilhelm Schwechten nach Schinkel: Gemälderahmen, aus »Vorbilder …«Kupferstich, Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg ¥ Mit den Neurah-mungen der Gemälde für das Museum konnte Schinkel größte geschmack-liche Einflussnahme auf die historische Kunst vornehmen. Er entwarf drei Grundtypen, von denen dieser der schlichteste war. Die vergoldeten Orna-mente wurden in Zinkguss gefertigt.

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r e p r o t a f e l

12. c | Unedle MaterialienEisen war das erste unedle Material, das nach der von

Prinzessin Marianne im Kampf gegen Napoleon ins Le-

ben gerufenen Aktion »Gold gab ich für Eisen« künstle-

risch verarbeitet wurde. Die königliche Eisengießerei

vertrieb europaweit feinstzisielierten Eisenkunstguss

als »Fer de Berlin«. Schinkel machte zahlreiche Entwür-

fe für gusseiserne Kunstwerke, die in den »Magazinen«

(Katalogen) angeboten wurden. Auch den Ton entdeckte

man im Zuge der Wiederbelebung des Sichtziegelbaus

als Material zur dauerhaften plastischen Gestaltung. Er

wurde zur Herstellung der unterschiedlichsten Objekte

verwandt. Bereits 1824 stellten Feilner und Schinkel zwei

TerracottaKandelaber auf der Akademie-Ausstellung aus.

1 | Standbild »Leipzig«, aus Magazin von Abbildungen aus der Königl. Eisengießerei zu Berlin, 1828Lithografie ¥ Das Nationaldenkmal für die Befreiungskriege wurde ganz im »nationalen« Material des Gusseisens gefertigt. Auch die zwölf Figuren der Schlachtallegorien wurden in Eisen gegossen und wie die Architektur grün-lich gefasst.

2 | Standbild »Paris«, aus Magazin von Abbildungen aus der Königl. Eisengießerei zu Berlin, 1828Lithografie ¥ Mit den Schlachtallegorien okkupierte das Herrscherhaus ge-wissermaßen das Denkmal, in dem sie die Physionomie von Mitgliedern der königlichen Familie und der Feldherrn erhielten. So wurde Königin Luise Sinn-bild einer Schlacht, die vier Jahre nach ihrem Tod stattgefunden hatte.

3 | Josef Caspar nach Schinkel: Entwurf für einen Kandelaber, aus »Vorbilder …«Kupferstich ¥ Schinkel entwarf die Leuchter für die Tonwarenfabrik Feil-ner, die sie in bronzierter Fassung für die Erstausstattung des Neuen Pavil-lons in Charlottenburg fertigte. Später wurden sie auch in Eisen gegossen und standen vor der Bauakademie.

4 | Johann Mathäus Mauch nach Schinkel: Geländer, aus »Vorbilder …«Kupferstich ¥ Gusseiserne Gitter und Geländer nach Schinkelschen Ent-würfen fanden als Massenware große Verbreitung. Der Einsatz wurde nicht differenziert, so fand sich das Gitter in der Mitte rechts sowohl auf der Adjutantenterrasse von Schloss Glienicke als auch auf mehreren Gräbern des Drorotheenstädtischen Friedhofs.

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13. | Erbe und NachklangIn den 1830er Jahren schuf Schinkel einige große Entwür-

fe, von denen nicht bekannt ist, ob er ernsthaft an ihre

Realisierung glaubte, darunter ein Palast auf der Akropo-

lis für den griechischen König und ein Sommerpalast für

die Zarin auf der Krim. Beide Projekte hat Schinkel mit

einem Höchstmaß an Energie bearbeitet. Das Ergebnis

waren fantastische Entwürfe, von deren Darstellungen

eine große Faszination ausgeht, so dass sie noch nach

Schinkels Tod in Farblithografien veröffentlicht wurden.

Ein weiterer fantastischer Entwurf von 1835 hatte schul-

bildenden Impetus: eine fürstliche Residenz als Ab-

schluss und Krönung für ein seit langem geplantes, aber

nicht mehr vollendetes architektonisches Lehrbuch.

Beständige Überarbeitung und starke neurologische De-

generationen führten im September 1840 zum körperli-

chen und geistigen Zusammenbruch Schinkels. Über ein

Jahr verbrachte er in Agonie im Bett, bis er am 9. Oktober

1841 starb. Unter gewaltiger Anteilnahme der Bevölke-

rung wurde er auf dem Friedrichswerderschen Kirchhof

beigesetzt. Friedrich Wilhelm IV. ließ Schinkels künst-

lerischen Nachlass ankaufen und in den Diensträumen

der Bauakademie ein Schinkel-Museum einrichten.

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Schinkelmuseen in Berlinund Museen mit seinen Werken

(Charlottenburg)

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1 Schinkelmuseum in der Bauakademie ab 1844

2 Bestände des Schinkel-Beuth Museum in der THC ab 1879

3 nicht verwirklichtes Schinkel-Rauch Museum in Charlottenburg

4 Schinkel-Beuth Museum im Prinzessinnenpalais 1931–33

5 Schinkel-Beuth Museum in der Bauakademie 1933–39

6 Bestände des Schinkelmuseums auf der Museumsinsel 1958–1993

7 Bestände des Schinkelmuseums im Kupferstichkabinett am

Kulturforum seit 1993

8 Museum der Schinkelzeit im Neuen Pavillon ab 1970

9 vereinigte Bestände von Schinkel-Gemälden der Schlösserverwaltung

und Nationalgalerie in der Galerie der Romantik 1986–2001

10 Skulptur der Schinkelzeit in der Friedrichswerderschen Kirche seit 1988

11 Schinkelsaal in der Alten Nationalgalerie seit 2001

12 Schlossmuseum Tegel seit 1959

13 Schlossmuseum Klein Glienicke seit 1987

14 Schlossmuseum Charlottenhof

Schloss Charlottenburg

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3(Tiergarten)

(Alexanderplatz)

A. Bernhard 2006

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o r i g i n a l o b j e k t e

a b t e i l u n g 1 3

Carl BegasBildnis Karl Friedrich Schinkel1826; Öl auf Leinwand ¥ Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg ¥ Carl Begas war neben Franz Krüger der bedeutendste Port-rätist Schinkels. Von Agnes Rauch ist überliefert, dass dieses Bildnis Schinkel in physiognomischer und menschlicher Hinsicht frappierend nahe kam. An Äußerlichkeiten bekannt sind die Eleganz seiner Erscheinung und Bewe-gungen und das bevorzugte Tragen eines blauen Überrocks sowie besonders weißer Wäsche. Begas stellt den scheinbar früh gealterten 45-Jährigen mit blassem Teint dar.

W. Loeillot nach SchinkelSchlosss Orianda. Blick von der TerrassePotsdam: Verlag von Ferdinand Riedel 1847; Lithografie ¥ Stiftung Preußi-sche Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg ¥ Die Darstellung der Ent-würfe für das Königsschloss auf der Akropolis und das Zarenschloss auf der Krim faszinierten schon Schinkels Zeitgenossen. 1846–1848 wurden Deck-farbenblätter als Farblithografien in hoher Farbdruckqualität unter dem Ti-tel »Werke Höherer Baukunst« veröffentlicht. Die dargestellte Architektur wie die Vollverglasung der Säulenrundbauten in Metallrahmen inspirierte lange die folgenden Generationen.

Karl Fische Karl Friedrich SchinkelPalast auf der Akropolis. Innere Ansicht des Großen Saals1834; Feder in Schwarz, Aquarell, Deckfarben, Weißhöhungen ¥ Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett ¥ Bei den späten Entwürfen zum Palast von Orianda und dem Königspalast auf der Akropolis legte Schinkel besonders viel Sorgfalt in die Ausführung der perspektivischen Darstellun-gen. Sie sind schon für sich genommen meisterliche Architekturgemälde in Deckfarbe. Der Saal der Akropolis faszinierte überdies als Raumerfindung in freier Variation antiker Vorbilder.

Testament des Königlichen Oberbaurats SchinkelBerlin, 6. April 1826; Doppelseite mit vier Wachssiegeln ¥ Potsdam, Bran-denburgisches Landeshauptarchiv ¥ Schinkel verfasste sein Testament früh mit 45 Jahren, ein Grund ist nicht bekannt. Er lebte in wirtschaftlich sicheren Verhältnissen, hatte aber kein Vermögen zusammengetragen, wes-halb die Familie stets »rechnen« musste. Der Witwe blieb 1841 eine Rente und ein lebenslanges Wohnrecht in der Wohnung in der Bauakademie. Finanziell abgesichert war die Familie erst nach dem Ankauf des künstlerischen Nach-lasses durch den König.

Schinkel’s letzte Krankheit und LeichenbefundMitgetheilt vom Dr. A. Pätsch, pract. Arzte in Berlin. In: »Wochenschrift für die gesammte Heilkunde. Nr. 49, Berlin, den 4ten December 1841« ¥ Ber-lin: J. Pretsch 1841 ¥ Potsdam, M. Berger ¥ Schinkel war eine öffentliche Person, sein plötzliches »Verschwinden« verursachte Spekulationen über sei-ne Krankheit, man vermutet Hirninfarkte oder auch Formen der Syphillis. Die von Professor Schlemm vorgenommene Obduktion veröffentlichte der Hausarzt in einer populären Fachzeitschrift, ohne eine eindeutige Diagnose zu nennen.

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Alfred von Wolzogen (Hg.)Aus Schinkels Nachlaß. Reisetagebücher, Briefe und AphorismenBand I, Berlin 1862 ¥ Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz ¥ Viele Jahre hindurch katalogisierte und edierte Schinkels Schwiegersohn seinen Nachlass und gab sie 1862–1864 in vier Bänden heraus. Damit stand Schinkels Nachlass der öffentlichen Forschung zur Verfügung und war zu-dem zwischen Buchdeckeln »gebannt«.

Schinkel-Biografie von Gustav Friedrich WaagenIn: »Berliner Kalender auf das Schalt-Jahr 1844«, Berlin 1843 ¥ Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte ¥ Nach Kuglers Kurzbiografie von 1838 war Waagens »Karl Friedrich Schinkel als Mensch und als Künstler«, das später auch als Einzeldruck erschien, die früheste Literatur über Schin-kel. Waagen begleitete Schinkel 1824 als Kunsthistoriker auf der Italienreise, beide freundeten sich an. Im Gegensatz zu Wolzogen, der Schinkels Leben nur aus Erzählungen kannte, konnte Waagen knapp zwei Jahrzehnte seines Lebenswegs direkt verfolgen.

Medaille auf Karl Friedrich Schinkel1841; Kupfer ¥ Stiftung Stadtmuseum Berlin ¥ Die Medaille – bezeichnet K. Fischer fec. – wird Karl Fischer (1802–1865) zugeschrieben, einem der be-deutendsten Medailleure seiner Zeit. Rückwärtig ist ein Jünglings-Genius auf einen Säulenstumpf gelehnt, zu dessen Füßen ein ionisches Kapitell steht. Im Hintergrund ist das Nationaldenkmal auf dem Kreuzberg dargestellt. Das Bildnis Schinkels ist vermutlich an Tiecks Büste orientiert.

Christian Daniel RauchBüste Friedrich Wilhelm (IV.)1823; weißer Marmor ¥ Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg ¥ Der Kronprinz war eine gebildete und humorvolle, gleich-wohl schwierige Persönlichkeit. Für den dilettierenden Architekten war der um 14 Jahre ältere Schinkel eine wichtige Bezugsperson. Bei Rückschlägen durch Verweigerung des Königs verhieß der Kronprinz eine große Zusam-menarbeit nach seinem Regierungsantritt, wozu es nicht mehr kam. Ver-mutlich wäre sie wegen der sehr unterschiedlichen Weltsicht der beiden konfliktreich geworden.

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f i l m s t a t i o nZerstörte Bauten SchinkelsDer Kurzfilm zeigt die wichtigsten der seit Mitte des 19. Jahrhunderts zerstör-ten und nicht wieder hergestellten, bzw. abgerissenen Bauten. ¥ Laufzeit 10 Minuten ¥ Gestaltung und Umsetzung: schnappauf media, Berlin ¥ Abbildungsnachweis: Gestürztes Schinkel-Denkmal, Collage nach Foto Friedrich Seidenstücker 1946, bpk ¥ Schulhaus Quilitz, aus: Schinkel-Lebenswerk Brandenburg, 1960, Abb. 11 ¥ Passagenhaus Wilhelmstraße, Foto F. Albert Schwarz, Staatsbibliothek Berlin PK/bpk ¥ Fregattenattrappe Glienicke, aus: Sammlung architektonischer Entwürfe ¥ Palmenhaus Pfau-eninsel, Archiv Stefan Koppelkamm ¥ Kirche Nakel, Preußisches Geheimes Staatsarchiv PK ¥ Steinmeyersches Haus Berlin, bpk ¥ Berliner Dom im Abriss, bpk ¥ Packhof Berlin, bpk ¥ Gasthaus Stubbenkammer, bpk/Kup-ferstichkabinett SMB ¥ Palais Prinz Friedrich Berlin, aus: Schinkel-Lebens-werk Prinzen II, 1954, Abb. 11 ¥ Lehreskadronkaserne, Foto des Restteils um 1930, aus: Schinkel-Lebenswerk Berlin III, 1962, Abb. 179 ¥ Kaserne Garde du Corps Berlin, aus: Schinkel-Lebenswerk Berlin III, 1962, Abb. 182 ¥ Glienicker Brücke, Foto Robert Scholz, um 1875, SPSG ¥ Palais Redern Berlin, bpk ¥ Landhaus Behrend, aus: Schinkel-Lebenswerk Brandenburg, 1960, Abb. 45 ¥ Kirche Teltow, aus: Schinkel-Lebenswerk Brandenburg, 1960, Abb. 124 ¥ Kirche Nehheim, aus: Schinkel-Lebenswerk Westfalen, 1968, Abb 217 ¥ Sternwarte Berlin, bpk ¥ Reithalle Prinz Albrecht Berlin, aus: Schinkel-Lebenswerk Prinzen II, 1954, Abb. 71 ¥ Salzsteuergebäude Berlin, Zentralarchiv SMB PK ¥ Palais Prinz August Berlin, aus: Schinkel-Le-benswerk Prinzen II, 1954, Abb. 11 ¥ Kirche Schönberg, Geschichtsverein Schönberg/Belgien ¥ Sternsaal Kronprinzenwohnung Schloss Berlin, SPSG ¥ Artillerie- und Ingenieursschule, aus: Sammlung architektonische Ent-würfe ¥ Civilcasino Potsdam, Potsdam Museum ¥ Schloss Friedresdorf, aus: Schinkel-Lebenswerk Brandenburg, 1960, Abb. 54 ¥ Schloss Buckow, aus: Schinkel-Lebenswerk Brandenburg, 1960, Abb. 17 ¥ Palais Prinz Carl Berlin, aus: Schinkel-Lebenswerk Prinzen I, 1942, Abb. 27 ¥ Palais Prinz Al-brecht Berlin, aus: Schinkel-Lebenswerk Prinzen II, 1960, Abb. 181 ¥ Pavil-lon Bellevue Berlin, aus: Schinkel-Lebenswerk Prinzen II, 1954, Abb. 234 ¥ Finkenherd Berlin, aus: Schinkel-Lebenswerk Berlin III, 1962, Abb. 209 ¥ Kirche Mewe, aus: Schinkel-Lebenswerk Provinzen Ost- und Westpreußen…, 2003, Abb. 345 ¥ Potsdamer Tor Berlin, bpk ¥ Theater Gotha, Landes-denkmalamt Thüringen ¥ Feilnerhaus Berlin, aus: Carl v. Lorck, Karl Fried-rich Schinkel, Berlin 1939, S. 73 ¥ Teltower Tor Potsdam, Potsdam Museum ¥ Altstädtische Pfarrkirche Königsberg, bpk/Kupferstichkabinett SMB ¥ Bauakademie Berlin, Foto F. Albert Schwarz um 1890, bpk ¥ Garde-Husa-renställe Potsdam, Potsdam Museum

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13. a | Späte Projekte

Für den Park Charlottenhof entwarf Schinkel ab 1831 im

Auftrag des Kronprinzen ein »antikes Landhaus« in Anleh-

nung an die Plinius-Villen. Die Pläne wurden bis auf den

Hippodrom nicht verwirklicht. 1834 erhielt er über den

Kronprinzen den Auftrag zu einem Palast in Athen für den

ersten König des befreiten Griechenland, Otto von Wittels-

bach. Schinkel ahnte bei der prachtvollen Planung nichts

von den geringen finanziellen Mitteln, die Otto zur Verfü-

gung standen. Die Russische Zarin wünschte einen Rück-

zugsort auf der Krim. Ihr Bruder, der preußische Kronprinz,

vermittelte an Schinkel, der 1836 ein grandioses Schloss

entwarf. Es kam aber nicht zur Ausführung, da die Zarin

befürchtete »über dem Bauen zum Greisen« zu werden.

1 | S. E. Hoffmann nach Schinkel: Königpalast auf der Akropolis in Athen, Ansichten von Westen, Entwurf 1834Lithografie 1840, SPSG ¥ Schinkel ordnete seine Bauten im Maßstab den überkommenen Ruinen der griechischen Antike unter, stilistisch glich er sie an. Eine Rekonstruktion der Statue der Athena Promachos von Phidias sollte als Symbol des befreiten Griechenland einen monumentalen Akzent setzen.

2 | S. E. Hoffmann nach Schinkel: Königspalast auf der Akropolis in Athen, Lageplan, Entwurf 1834Lithografie 1840, SPSG ¥ Auf der Akropolis zu bauen war ein schöner, aber auch anmaßender Gedanke. Auch wenn er vom Kronprinzen herrühren soll-te, so stellte sich Schinkel dennoch etwas vermessen mit Kallikrates und Ikti-nos, den Erbauern des Parthenons, auf eine Stufe.

3 | Heinrich Mützel nach Schinkel: Ansicht von Schloss Orianda, Entwurf 1838Lithografie 1848, Kunstbibliothek SMB ¥ Im Rückbezug auf die Kultur der Krim zur Zeit der Antike entwarf Schinkel den Palast der Zarin in grie-chischen Baufor-men. Der Mittelbau sollte im Sockelgeschoss ein »Museum Taurischer Alterthümer« enthalten und von einem alles überragenden Aus-sichtstempel bekrönt werden.

4 | Köpper nach Schinkel: Grundriss Schloss Orianda, 1838Lithografie 1848, SPSG ¥ Schinkel gab der Gesamtanlage mäjestätische Aus-maße. Der riesige Palast sollte aus mehreren Bauteilen bestehen. In einem Gartenhof, der von orientalisch anmutenden Säulenhallen umgeben worden wäre, hätte sich der Mittelbau erhoben.

5 | Antikes Landhaus für den Kronprinzen bei Charlottenhof, 1833 Aquarell, Kupferstichkabinett SMB ¥ Die von Plinius d. J. überlieferten Beschreibungen seiner Villen, deren Lage und Aussehen sonst unbekannt ist, beschäftigte Schinkel wie viele seiner Zeitgenossen. Das von Schinkel entworfene Landhaus wurde zwar nicht gebaut, gab jedoch Anregungen für weitere Großprojekte.

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13. b | ArchitektonischesLehrbuch Bereits nach der Italienreise beabsichtigte Schinkel, eine

Stilkunde herauszugeben. So arbeitete er kontinuierlich

an einem Architekturlehrbuch, fügte es jedoch nicht

mehr zu einem Gesamtwerk zusammen. Die Zeichnun-

gen wurden im angekauften Nachlass überliefert, blie-

ben aber unveröffentlicht und damit wirkungslos. Erst in

den 1960er Jahren bearbeitete der westdeutsche Archi-

tekt Goerd Peschken den Bestand für das »Lebenswerk«.

Er arbeitete eine konstruktive, eine klassizistische, eine

technizistische und eine legitimistische Phase heraus, in

der er Schinkel als einen das politische System stützen-

den Architekten charakterisiert. Die Herausgeberin Mar-

garethe Kühn distanzierte sich im Vorwort von diesem

Standpunkt.

1 | Residenz für einen Fürsten, Aussicht vom Privatgarten des Fürstenpaares Pinsel, Kupferstichkabinett SMB ¥ Im Sinne einer idealen Landschaft schweift der Blick von der beherrschenden Fürstenresidenz über die in jeder Hinsicht geordnete Landschaft. In roman-tischer Anmutung gibt es ein Bild von der politischen Vorstellung des Staates aus Sicht eines Monarchen der Restaurationszeit.

2 | Residenz für einen Fürsten, Einfahrt, 1835Federzeichnung, Kupferstichkabinett SMB ¥ Zu den Eigentümlichkeiten des Entwurfs einer Fürstenresidenz gehört ihre Lage als eine Akro-Polis über der Stadt. Die Zufahrt erfolgt unterirdisch über einen gewölbten Tunnel, des-sen Eingang durch einen korinthischen Säulenbau vergittert ist. Darüber er-hebt sich der Bau der Festhalle.

3 | Residenz für einen Fürsten, VolksfestsaalFederzeichnung, Kupferstichkabinett SMB ¥ Neben den traditionellen Räumlichkeiten einer Residenz wie Thronsaal und Kirche weist Schinkels unvollendeter Entwurf eines monumentalen Volksfestsaals die Idee einer temporären Anwesenheit des Volkes beim Herrscher auf. Bemerkenswert ist der wohl als Lehrstück dienende und daher tief positionierte Reliefschmuck der Säulen.

4 | Skizzen zur gewölbten quadratischen Pfarrkirche, 1828Federzeichnung, Kupferstichkabinett SMB ¥ Schinkels Entwürfe unter vorwiegend statischkonstruktiver Hinsicht ordnete Peschken der »techni-zistischen« Schaffensphase zu. Beispielhaft zählt hierzu die quadratische Kirche, die als Predigtraum aus ihrer Funktion heraus entworfen wurde und nun nicht mehr als traditioneller Kirchenbau erkennbar ist.

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5 | Skizzen zu Trichtergewölben und einem Turm, 1831Federzeichnung, Kupferstichkabinett SMB ¥ Zu den »Erfindungen« im architektonischen Lehrbuch gehören Trichtergewölbe. Schinkel setzte sie baulich nur einmal in der Altstädtischen Pfarrkirche in Königberg um. Dort verhalfen sie dem Hallenraum zu einem außergewöhnlichen Eindruck.

6 | Skizzen zum historischarchitektonischen EinleitungskursFederzeichnung, Kupferstichkabinett SMB ¥ Bei seiner Beschäftigung mit einem architektonischen Lehrbuch ging Schinkel von den Grundlagen der Konstruktion in Stein aus. Er zeichnete zahlreiche Blätter zu Wand- und Ge-wölbekonstruktionen.

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13. c | Schinkelmuseen1842 ließ der König den künstlerischen Nachlass von

Susanne Schinkel ankaufen. Sie behielt ein lebenslanges

Wohnrecht für die sechs Wohnräume an der Werderstra-

ße. In dendrei Arbeitsräumen Schinkels wurde sein Mu-

seum installiert. Der Leiter Peter Beuth vergrößerte die

Sammlung bald durch Ankäufe und Schenkungen. Nach

dessen Tod 1853 ließ der König auch seinen Nachlass an-

kaufen und fusionierte beide Sammlungen zum Beuth-

Schinkel-Museum. Das nachlassende Interesse und der

Raumbedarf der Bauakademie führten dazu, dass die

Museumsräume nach Umbau des Gebäudes 1875 von

der Bauakademie genutzt wurden und das Museum in

die Säle des Erdgeschosses zog. Seit 1889 befand sich das

Museum in der Technischen Hochschule.

1 | Schinkel-Museum im 2. Obergeschoß der Bauakademie mit Teilen der Schinkelschen AbgusssammlungFoto, um 1875, aus: Museumsjournal IV/ 1992 ¥ Das erste Schinkelmuseum befand sich in den drei Arbeitsräumen von Schinkels Dienstwohnung, deren Ausstattung er selbst entworfen hatte. Hier behielten Gipsabgüsse und Bil-der häufig noch den von ihm gewählten Platz.

2 | Hoffmann: Rauch-Schinkel-Museum, 1. März 1926Lithografie, aus: Museumsjournal IV/1992 ¥ Das geplante Gebäude für ein vereinigtes Rauch-Schinkel-Museum an der Hardenbergstraße war aus mu-seumstechnischer Sicht eine Fehlplanung. Daher wurde nach dem Ersten Weltkrieg der Bau nicht mehr für den ursprünglich vorgesehenen Zweck fer-tig gestellt.

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3 | Schinkel-Museum, Grünes Eckzimmer im Obergeschoß des Prinzes-sinnen-Palais in Berlin, um 1931aus: Museumsjournal IV/1992 ¥ Zu Schinkels 150. Geburtstag eröffneten die Staatlichen Museen, in deren Besitz sich der Schinkel-Nachlass inzwi-schen befand, im Kopfbau des Berliner Prinzessinnenpalais ein Schinkel-Museum mit Studiensälen für die Beuth-Sammlung. Er erwies sich zwar als angemessener Standort, musste aber für den Raumbedarf der Nationalgale-rie geräumt werden.

4 | Blick in den so genannten Schinkel-Pavillon in Berlin CharlottenburgFoto: SPSG ¥ Der nach vollständiger Zerstörung wieder aufgebaute Neue Pavillon im Schlossgarten von Charlottenburg wurde 1970 von der Berliner Schlösserverwaltung mit einer Sammlung zur Kunst der Schinkelzeit einge-richtet. Aus dem Kunsthandel konnten damals mehrere eigenhändige Werke Schinkels erworben werden.

5 | Blick ins Schinkelmuseum in der Friedrichswerderschen KircheFoto 2004, bpk/Gudrun Stenzel ¥ Die im Zweiten Weltkrieg schwer be-schädigte Friedrichswerdersche Kirche wurde von ihrer nur noch kleinen Ge-meinde aufgegeben. 1982–1987 wurde sie staatlicherseits wieder aufgebaut und den Staatlichen Museen übergeben. Diese richteten aus Beständen der Nationalgalerie ein Museum mit Skulpturen der Schinkelzeit ein.

6 | Marmorbüste Schinkels im Schinkelsaal der Alten NationalgalerieFoto 2004, bpk/Max Galli ¥ Die Nationalgalerie richtete nach der Wieder-vereinigung ihrer Bestände und der Grundsanierung des Altbaus auf der Museumsinsel im Obergeschoss einen Schinkelsaal ein. Hier ist ein großer Teil seines malerischen Schaffens beisammen und kann im Kontext der Ma-lerei der Zeit (C. D. Friedrich, Carus) erlebt werden.

7 | Blick auf Kunstbibliothek und Kupferstichkabinett am KulturforumFoto 2006 ¥ Die 1945 in die Sowjetunion verbrachten Bestände des Schinkel-museums wurden nach ihrer Rückkehr 1958 der Nationalgalerie und die kunstgewerblichen Objekte dem Kunstgewerbemuseum übergeben. Nach der Wiedervereinigung der staatlichen Museen befinden sich die Zeichnun-gen im Kupferstichkabinett, das damit den größten Bestand an eigenhändi-gen Werken Schinkels besitzt.

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Der Abbau

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Wir danken Herrn Botschafter Volker Heinsberg für die Förderung der Herstellung dieser Dokumentation.

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Eine Ausstellung des Hauses der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte in Kooperation mit dem Berliner Kupferstichkabinett, der Stiftung Preußi-sche Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg und dem Hans Otto Theater Potsdam

Geschäftsführender Direktor Gert Streidt

Zentrale Ausstellung zum Themenjahr »Horizonte. Kulturland Brandenburg 2006 | Baukultur«

Kulturland Brandenburg 2006 wird gefördert durch das Ministerium für Wis-senschaft, Forschung und Kultur sowie das Ministerium für Infrastruktur und Raumordnung des Landes Brandenburg

Mit freundlicher Unterstützung der brandenburgischen Sparkassen gemein-sam mit der Ostdeutschen Sparkassenstiftung im Land Brandenburg

ImpressumKonzeption und Ausstellungsleitung ¥ Andreas BernhardGestaltung ¥ Pück-Art, Enrico Oliver NowkaWissenschaftliche Mitarbeit ¥ Kai-Britt Albrecht, Maria Berger Mitarbeit Recherche ¥ Brigitte Einbrodt, Dayana NapirallaTextredaktion/Leihverkehr ¥ Monika HingstMedienstationen ¥ Christian Bimm Coers, Peter SchnappaufTechnische Koordination ¥ Wieland Schultz Presse- und Öffentlichkeitsarbeit ¥ Dr. Antje Frank, Brigitte EinbrodtAusstellungs- und Werbegrafik ¥ Team VIERZIG A, Ulrich LangeBegleitprogramm ¥ Marion KuschkeVerwaltung ¥ Theresia GebauerAusstellungsbau ¥ Tischlerei Jens Bosse, Cottbus

Die Ausstellung wurde gefördert durch

Mit freundlicher Unterstützung von

Stefan Ludes Architekten

Medienpartner

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