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Soziale Sicherungssysteme Sommersemester 2011 Prof. Dr. iur. Ekkehard Hofmann Professur für Öffentliches Recht, insbesondere Verwaltungsrecht, Sozialrecht

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Soziale SicherungssystemeSommersemester 2011

Prof. Dr. iur. Ekkehard HofmannProfessur für Öffentliches Recht, insbesondere

Verwaltungsrecht, Sozialrecht

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Professur für Öffentliches Recht2

Soziale Sicherungssysteme Das SGB VII – Die gesetzliche Unfallversicherung

1. Allgemeines

2. Aufgaben

3. Versicherter Personenkreis

4. Versicherungsfälle

5. Leistungen

6. Haftungsbeschränkungen

7. Finanzierung

8. Organisation

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Professur für Öffentliches Recht3

Echte Unfallversicherung (§§ 2 Abs. 1 Nr. 1, 7 Abs. 1 SGB IV; § 2 Abs. 1 Nr. 2 – 7 SGB VII; § 2 Abs. 2 SGB VII):

1. Allgemeines

Soziale Sicherungssysteme Das SGB VII – Die gesetzliche Unfallversicherung

steht im Zusammenhang mit Beschäftigung (nicht unbedingt abhängige Beschäftigung gegen Entgelt)

steht nicht im Zusammenhang mit abhängiger Beschäftigung

Unechte Unfallversicherung (§ 2 Abs. 1 Nr. 8 – 17 SGB VII):

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Soziale Sicherungssysteme Das SGB VII – Die gesetzliche Unfallversicherung

1. Allgemeines

Ursprünglich: „Arbeitnehmerversicherung“ (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII)

Im Laufe der Zeit Ausdehnung des Versicherungskreises auch über Bereich abhängigen Beschäftigung hinaus →

Gleicher Versicherungsschutz für Versicherungspflichtige und –berechtigte

Eintritt des Versicherungsschutzes ipso iure, unabhängig von Antrag oder Beitragszahlung (Ausnahme: Versicherungsberechtigte, § 6 SGB VII)

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Professur für Öffentliches Recht5

Soziale Sicherungssysteme Das SGB VII – Die gesetzliche Unfallversicherung

Unterschiede zur gesetzlichen Krankenversicherung: besseres und für den Versicherten günstigeres

Leistungsangebot; z.B. keine Zuzahlung zu den Leistungen; Beitragstragung:

alleine durch den Arbeitgeber bei gKV besteht Wettbewerb zwischen den einzelnen

Krankenkassen um Mitglieder Keine obere Versicherungspflichtgrenze: bei

Überschreiten bestimmten Arbeitsentgeltes besteht keine Ausnahme von der Versicherungspflicht

Keine Versicherungsfreiheit wegen „Geringfügigkeit“ der Beschäftigung

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Professur für Öffentliches Recht6

Soziale Sicherungssysteme Das SGB VII – Haftungsfreistellung für Personenschäden

Arbeitgeber (der einen Arbeitsunfall

verschuldet)

Arbeitnehmer (der eine Verletzung an

der Hand davonträgt)

Gesetzliche Unfallversicherung

Zivilrechtliche Schadensersatzansprüche(§§ 280 iVm 241 Abs. 2 BGB, § 823 Abs. 1, 2 BGB)

Beschränkte Haftungsfreistellung (§§ 104 f. SGB VII)

Leistungsansprüche, insb. §§ 26-55 SGB VII

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Professur für Öffentliches Recht7

Soziale Sicherungssysteme Das SGB VII – Die gesetzliche Unfallversicherung

Unechte Unfallversicherung:

- rechtssystematisch eigentlich dem Bereich der sozialen Entschädigung zuzuordnen; keine Versicherung im eigentlichen Sinn

- Uneinheitliche, vom Gesetzgeber für schutzwürdig erachtete Gruppe

- Aus Steuermitteln finanziert

1. Allgemeines

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Soziale Sicherungssysteme Das SGB VII – Die gesetzliche Unfallversicherung

Prävention: Verhütung von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren (§§ 14 – 25 SGB VII)

Rehabilitation: Wiederherstellung der Gesundheit und der Leistungsfähigkeit des Versicherten (§§ 26 – 55a SGB VII)

Entschädigung des Verletzten, seiner Angehörigen und Hinterbliebenen nach Eintritt eines Arbeitsunfalls (§§ 26, 56 – 80a SGB VII)

2. Aufgaben (§ 1 SGB VII)

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3. Versicherter Personenkreis

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Kraft Gesetzes Versicherte (§ 2 SGB VII)

Versicherungspflichtige(§§ 2, 3 SGB VII)

Versicherungspflicht gem. Satzung (§ 3 SGB VII)

„Echte“ Unfallversicherung „Unechte“ Unfallversicherung

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3. Versicherter Personenkreis

Versicherte der „echten“ Unfallversicherung

Beschäftigte (§§ 2 Abs. 1 Nr.

1 SGB VII, 7Abs. 1 SGB IV)

„Vergleichbar Schutzwürdige“ (§ 2 Abs. 1 Nrn. 2 – 7 SGB VII)

„Wie-Beschäftigte“

(§ 2 Abs. 2 SGB VII)

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3. Versicherter Personenkreis

„Wie-Beschäftigte“ oder „arbeitnehmerähnliche“ Tätigkeit (§ 2 Abs. 2 SGB VII)

Ernstliche, einem fremden Unternehmen dienende Tätigkeit Übereinstimmung mit dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des

Unternehmers; „Handlungstendenz“ Tätigkeit kann der Art nach von Personen verrichtet werden, die in

einem Beschäftigungsverhältnis stehen, insb. Handeln auf Weisung des „Unternehmers“

Problematische Fälle:- Bauhelfer, Gefälligkeitshandlungen, familiäre Hilfe

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3. Versicherter Personenkreis

Versicherte der „unechten“ Unfallversicherung (§ 2 Abs. 1 Nr. 8 – 17 SGB VII), z.B.:

Kinder (Nr. 8a) Schüler (Nr. 8b) Studierende (Nr. 8c) Ehrenamtlich Tätige (Nrn. 9, 10) Nothelfer (Nr. 13a) Meldepflichtige gem. SGB II, SGB III (Nr. 14) Personen auf Rehabilitation (Nr. 15a) Helfer im Wohnungsbau (Nr. 16) Pflegepersonen (Nr. 17)

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Soziale Sicherungssysteme Das SGB VII – Die gesetzliche Unfallversicherung

3. Versicherter Personenkreis

Versicherungspflicht gem. Satzung (§ 3 SGB VII), z.B.:

Unternehmer und mitarbeitende Ehegatten/Lebenspartner (Nr. 1) Personen, die sich an Unternehmensstätten aufhalten (Nr. 2) Im Ausland bei staatlicher deutscher Einrichtung Beschäftigte (Nr. 3) Ehrenamtlich Tätige und bürgerschaftlich Engagierte (Nr. 4)

Versicherungsschutz mit Aufnahme der Tätigkeit

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Versicherungsfreiheit

Kraft Gesetzes, § 4 SGB VII

z.B. Beamte (§ 4 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII)

Bestimmte Selbständige (§ 4 Abs. 2 Nrn. 2 und 3 SGB VII)

Auf Antrag, § 5 SGB VII

Landwirtschaftliche Kleinstunternehmer

3. Versicherter Personenkreis

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Professur für Öffentliches Recht15

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Freiwillig Versicherte (Abs. 1)

- Unternehmer und vergleichbare Personen (Nrn. 1, 2)- Gewisse ehrenamtlich Tätige (Nrn. 3, 4)- schriftlicher Antrag nötig- Beginn des Versicherungsschutzes: Tag nach Antragseingang

3. Versicherter Personenkreis

Versicherungsberechtigte (§ 6 Abs. 1 SGB VII)

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3. Versicherter Personenkreis

Überschneidungen durch Doppelversicherungen möglich → Verhältnis der einzelnen Versicherungsarten untereinander regelt § 135 SGB VII

→ Probleme:- zuständiger Versicherungsträger; vgl. a. § 43 Abs. 1 SGB I →

vorläufige Leistungserbringung- evtl. unterschiedliche Leistungen; - Haftungsausschluss möglich

Abgrenzung nach „Handlungstendenz“ (s.a.o.)

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Professur für Öffentliches Recht17

Soziale Sicherungssysteme Das SGB VII – Die gesetzliche Unfallversicherung

4. Versicherungsfälle (§§ 7 – 13 SGB VII)

a. Arbeitsunfall (§ 8 SGB VII)

b. Berufskrankheit (§ 9 SGB VII)

← § 7 Abs. 1 SGB VII →

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a. Arbeitsunfall

„Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen.“ (Legaldefinition: § 8 Abs. 1 SGB VII)

„Als Gesundheitsschaden gilt auch die Beschädigung oder der Verlust eines Hilfsmittels.“ (§ 8 Abs. 3 SGB VII).

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Professur für Öffentliches Recht19

Soziale Sicherungssysteme Das SGB VII – Die gesetzliche Unfallversicherung

a. Arbeitsunfall

Versicherte Tätigkeit(Vollbeweis)

Unfallbringende Handlung(Vollbeweis)

Unfall(Vollbeweis)

Gesundheits(erst-)schaden/Tod(Vollbeweis)

Zurechnungszusammenhang, („infolge“; Wahrscheinlichkeit)

Haftungsbegründende Kausalität(Wahrscheinlichkeit)

Haftungsausfüllende Kausalität(Wahrscheinlichkeit)

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Professur für Öffentliches Recht20

Soziale Sicherungssysteme Das SGB VII – Die gesetzliche Unfallversicherung

a. Arbeitsunfall

Versicherte Tätigkeit(Vollbeweis)

Unfallbringende Handlung(Vollbeweis)

Unfall(Vollbeweis)

Gesundheits(erst-)schaden/Tod(Vollbeweis)

Zurechnungszusammenhang, („infolge“; Wahrscheinlichkeit)

Unfallkausalität(Wahrscheinlichkeit)

Haftungsbegründende Kausalität

(Wahrscheinlichkeit)

BSG v. 31.01.2012B 2 U 2/11 R

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Arbeitsunfall (+), wenn

die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang, “infolge“, Ausschluss von privatem Handeln, wertende Betrachtung),

diese Verrichtung zu dem „zeitlich begrenzten“ (Abgrenzung zur Berufskrankheit) und „von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis“ (Abgrenzung innerer Ursachen) – dem Unfallereignis - geführt hat (= haftungsbegründende Kausalität) und

das Unfallereignis einen Gesundheits(-erst-)schaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (= haftungsausfüllende Kausalität).

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Professur für Öffentliches Recht2222

Soziale Sicherungssysteme Das SGB VII – Die gesetzliche Unfallversicherung

Zusammenhangsbeurteilung nach „Theorie der rechtlich wesentlichen Bedingung“:

Nur diejenigen Bedingungen sind ursächlich, die wegen ihrer besonderen Bedeutung für den Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben. Rechtlich wesentlich ist eine Bedingung, die bei wertender Betrachtung gegenüber anderen Bedingungen die überragende oder zumindest gleichwertige Bedeutung für den Erfolgseintritt hat; es kommt auf die Umstände des Einzelfalles an

Zur haftungsbegründenden Kausalität:

→ Einbeziehung von Unfällen, an denen Mitverschulden des Versicherten besteht und Ausschluss, wenn die Ausübung der versicherten Tätigkeit für die Entstehung des Unfalles unwesentlich ist (sog. „Gelegenheitsursachen“)

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Professur für Öffentliches Recht232323

Soziale Sicherungssysteme Das SGB VII – Die gesetzliche Unfallversicherung

1) AU (-), da zum Zeitpunkt der Tätigkeit (= Duschen, nachdem eine gewisse Zeit vergangen war) kein innerer Zusammenhang mit versicherter Tätigkeit; keine „Betriebsnützlichkeit“, sondern höchstpersönliches Eigeninteresse (BSG v. 18.11.2008 – B 2 U 31/07 R)

Lösungen zu den Übungsfällen: Arbeitsunfall – ja oder nein?

Abwandlung : AU (+), innerer Zusammenhang hier (+)

2) Zwar betrieblich bedingtes Gehen, ABER: AU (-), da kein von außen einwirkendes Ereignis, sondern normale Fortbewegung; Umknicken aufgrund „Anlageleidens“ = Gelegenheitsursache (LSG Baden-Württemberg v. 16.04.2010 – L 8 U 5043/09)

Abwandlung 2: AU (-); keine plötzliche, ungewollte Einwirkung von außen, sondern bloße regelgerechte Verrichtung betrieblicher Tätigkeit und vollständig vom Willen des Verletzten gesteuert (LSG Baden-Württemberg v. 26.01.2009 – L 1 U 3612/08)

Abwandlung 1: AU (+), von außen einwirkendes Ereignis (+)

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Professur für Öffentliches Recht24242424

Soziale Sicherungssysteme Das SGB VII – Die gesetzliche Unfallversicherung

3) AU (-), da Handlungstendenz ausschließlich eigenwirtschaftlichen Zwecken dient und nicht betrieblichen Interessen

Lösungen zu den Übungsfällen: Arbeitsunfall – ja oder nein?

Abwandlung: „gemischte Tätigkeit“ (= Tätigkeit besteht aus unternehmensbezogenen und eigenwirtschaftlichen Anteilen); Frage: wäre Verrichtung auch dann vorgenommen worden, wenn private Motivation entfiele? (BSG v. 12.05.2009 B 2 U 12/08 R) → Hier: AU (+), innerer Zusammenhang (+); Schwerpunkt der Handlungstendenz primär die betriebliche Tätigkeit

4a) AU (-); nur bei Gelegenheit am Arbeitsplatz ohne jegliche betrieblich veranlasste Handlungstendenz (BSG v. 08.12.1998– B 2 U 1/98 R)

4b) AU (+); innerer Zusammenhang mit Tätigkeit (+); wesentlich durch versicherte Tätigkeit hervorgerufen (BayLSG v. 29.04.2008– L 18 U 272/04) 4c) AU (+); innerer Zusammenhang mit Tätigkeit (+); wesentlich durch versicherte Tätigkeit hervorgerufen (BSG v. 24.11.1982– Sa RKnU 3/82)

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Soziale Sicherungssysteme Das SGB VII – Die gesetzliche Unfallversicherung

Lösungen zu den Übungsfällen: Arbeitsunfall – ja oder nein?

5) AU (+):

→ Ergebnis: (+/-); Betriebssport AU (+), wenn Gemeinsinn gefördert oder wenn Zusammengehörigkeitsgefühl aller (und nicht nur Einzelinteressen) dienlich; Unternehmen hat es nicht in der Hand, Schutz der gUV von sich aus auf sonst unversicherte Tätigkeiten auszudehnen (daher vorliegend offengelassen und zurückverwiesen in: BSG v. 07.12.2004 – B 2 U 47/03 R)

- Unternehmensinteresse- Zweck: Förderung „Wir-Gefühls“ - Teilnahme Unternehmensleitung- Alle eingeladen- Kostentragung- 20 % der Niederlassung anwesend- Werbewirkung nach aussen- Von Unternehmen organisiert

AU (-):

- Persönliche Freizeitgestaltung- Keine Eignung zur Förderung des

Gemeinschaftsgedankens- Missverhältnis der Beteiligung

angesichts 3800 Mitarbeitern: Gemeinschaftscharakter fraglich

- Arbeitsfreier Tag- Nicht alle, nur kleiner Kreis

(Fußballfans) angesprochen

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Professur für Öffentliches Recht262626

Soziale Sicherungssysteme Das SGB VII – Die gesetzliche Unfallversicherung

Lösungen zu den Übungsfällen: Arbeitsunfall – ja oder nein?Abwandlung zu 5):

- Kein Vollrausch- Liegt im Interesse des

Unternehmens- Während Arbeitszeit- Alle eingeladen- Dient betrieblichen Zwecken:

Förderung Gemeinschaftssinn- Teilnahme des Chefs- Pflege Betriebsverbundenheit

und des Betriebsklimas- Getrunken wegen Betriebsfeier

- Selbstschädigendes Verhalten

- Ohne „Glas zuviel“ kein Sturz- Weiteres alkoholtypisches

Fehlverhalten?

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AU (-): AU (+):

Alkohol nur dann überragender Unfall-Verursacher, wenn neben hoher BAK weitere alkoholbedingte Ausfallerscheinungen auftreten → Gesamtbetrachtung; AU hier wohl: (+)

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Professur für Öffentliches Recht27

Soziale Sicherungssysteme Das SGB VII – Die gesetzliche Unfallversicherung

Arbeitsunfall auch (+), wenn

Arbeitsgeräteunfall (§ 8 Abs. 2 Nr. 5 SGB VII)

mittelbare Folgen eines Versicherungsfalles (§ 11 SGB VII (z.B. Tod infolge späterer Operation, Gesundheitszweitschaden)

Schädigung der Leibesfrucht durch einen Arbeitsunfall (§ 12 SGB VII)

Sachschäden bei Hilfeleistungen (§ 13 SGB VII)

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Professur für Öffentliches Recht28

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Merke: Problematische Fälle

Abgrenzung betriebliche ↔ eigenwirtschaftliche o. private Tätigkeiten („gemischte Tätigkeit“); Wo liegt Schwerpunkt? Stand Tätigkeit in innerem, zeitlichen, örtlichen Zusammenhang mit Arbeit?

Selbstgeschaffene Gefahren

Betriebliche Veranstaltungen (Betriebssport, -feiern, -ausflüge)

Trunkenheits-/Drogen(un)fälle

Anlagebedingte innere Ursachen

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Versicherte Tätigkeit ist auch: Wegeunfall (§ 8 Abs. 2 SGB VII)

Direkte Weg nach/von dem Tätigkeitsort (Grenze: Haustür des Versicherten; BSG v. 04.09.2007 – B 2 U 39/06 R)

Fahrgemeinschaften (auch mit Kindern von Versicherten)

Auch Weg von nötiger zweiter Unterkunft zur ständigen Familienwohnung

Art der Fortbewegung einerlei

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Grundsatz: nur der direkte Weg ist versichert → Keine Umwege (nicht die kürzeste Verbindung) oder Abwege (entgegengesetzte Richtung), insbesondere für private Zwecke

Unterbrechungen von maximal 2 Stunden zulässig; währenddessen kein Versicherungsschutz; Wiederaufleben nach Rückkehr auf ursprünglichen Weg (BSG v. 05.05.1998 – B 2 U 40/97 R)

Versicherte Tätigkeit ist auch: Wegeunfall (§ 8 Abs. 2 SGB VII)

Antritt des Weges zur/von Arbeit zu/von einem „Dritten Ort“ aber möglich; Frage: Innerer Zusammenhang mit versicherten Tätigkeit und angemessenes Verhältnis zum üblichen Arbeitsweg? (BSG v. 02.05.2001 – B 2 U 33/00 R)

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Soziale Sicherungssysteme Das SGB VII – Die gesetzliche Unfallversicherung

6) trotz Fahruntüchtigkeit Wegeunfall gem. § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII; Unfall war überwiegend glatteisbedingt und nicht alkoholbedingt; daher Alkohol keine wesentliche Bedingung für Eintritt des Unfalls (vgl. a. BSG v. 30.01.2007 – B 2 U 23/05 R)

Lösungen zu den Übungsfällen: Arbeitsunfall – ja oder nein?

Abwandlung: „Vollrausch“, daher keine dem Unternehmen dienende Tätigkeit mehr möglich; „Lösung vom Betrieb“ erfolgt → AU (-)

7) AU (+); längerer, nicht „unmittelbarer Weg“ unschädlich, da bei vernünftiger Betrachtungsweise wegen besserer Straßen- und Verkehrsverhältnisse angemessen (BSG v. 28.04.2004 – B 2 U 20/03 R)

Abwandlung 1: AU (+); nur geringfügige Unterbrechung gleichsam „im Vorübergehen“ (BSG v. 09.12.2003 – B 2 U 23/03 R)

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Soziale Sicherungssysteme Das SGB VII – Die gesetzliche Unfallversicherung

Lösungen zu den Übungsfällen: Arbeitsunfall – ja oder nein?

Abwandlung 3: während Abweg für privaten Zweck und während Einkaufens nicht versichert; erst wieder bei Rückkehr auf unmittelbaren und eigentlichen Weg versichert, da Unterbrechung nur 1 Stunde

Abwandlung 4: überhaupt kein Versicherungsschutz, da Abweg für private Zwecke und Unterbrechung länger als 2 Stunden

Abwandlung 2: AU (-); Umweg für privaten Zweck; während Überqueren der Straße nicht versichert; Zeitungskauf nicht „im Vorübergehen“ möglich

Abwandlung 5: mit Verlassen des KfZ entfällt Versicherungsschutz, lebt aber wieder auf, wenn Unterbrechung nicht länger als 2 Stunden, da dann noch keine endgültige Lösung vom versicherten Arbeitsweg (BSG v. 09.12.2003 – B 2 U 23/03 R sowie BSG v. 02.12.2008 – B 2 U 26/06 R)

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Professur für Öffentliches Recht33

Ursächlich mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängende Krankheit; Gesundheitsschäden nicht erforderlich

Soziale Sicherungssysteme Das SGB VII – Die gesetzliche Unfallversicherung

b. Die Berufskrankheit, § 9 SGB VII

Von BReg in Berufskrankheitenverordnung bestimmt

Ergänzung und Anerkennung weiterer Bken durch UV-träger möglich

Bsp.: Asbestose, Allergien, Staublunge, Infektionen, Schwerhörigkeit, ...

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5. Leistungen

a. Vor Versicherungsfall (§§ 14 - 25 SGB VII):

Prävention

Aufklärung

Beratung

Fortbildung

Überwachung

Unfallverhütungsvorschriften (z.B.: Sicherheitsbeauftragter bei mehr als 20 AN)

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5. Leistungen

b. Nach Versicherungsfall:

§§ 27 – 52 SGB VII: Heilbehandlung, Leistungen zur Teilhabe, Leistungen bei Pflegebedürftigkeit, Geldleistungen (Verletztengeld, Übergangsgeld)

§§ 56 – 80 SGB VII: Renten (Vss.: Minderung der Erwerbsfähigkeit = MdE: mind. 20 länger als 26 Wochen), Leistungen an Hinterbliebene, Abfindungen

Überblick, allgemeine Grundsätze: §§ 26, 95 ff. SGB VII

Wichtigster Grundsatz: „Reha vor Rente“ (§ 26 Abs. 3 SGB VII)

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Professur für Öffentliches Recht36

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6. Haftungsbeschränkungen

Freistellung von der zivilrechtlichen Haftung von Unternehmern (§ 136 Abs. 3 SGB VII) gegenüber AN, deren Angehörigen und Hinterbliebenen; nur bei Personenschäden; kein Schmerzensgeldanspruch

Ebenso: unter Arbeitskollegen, bei Beschäftigten verschiedener Unternehmen auf einer gemeinsamen Betriebsstätte (§ 105 SGB VII)

Keine Haftungsfreistellung: bei Vorsatz oder Wegeunfall (§ 104 Abs. 1 S. 1 SGB VII)

Stichwort: „Unternehmerhaftpflichtversicherung“ (§ 104 Abs. 1 SGB VII)

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Professur für Öffentliches Recht37

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6. Haftungsbeschränkungen

Vgl. a.: Haftungsprivilegierungen gem. § 106 SGB II; hier insbesondere von Bedeutung: Haftungsprivilegierung für Beschäftigte verschiedener Unternehmen auf einer gemeinsamen Betriebsstätte (§ 106 Abs. 3 SGB VII)

Aussetzen des Verfahrens bis zur endgültigen Entscheidung, ob ein Versicherungsfall vorliegt, wenn über Ersatzansprüche der in den §§ 104 bis 107 SGB VII genannten Art zu entscheiden ist (§ 108 Bindung der (Zivil-)Gerichte)

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Privatdozent Dr. Ekkehard Hofmann

Vertreter der Professur für Öffentliches Recht

Arbeitsunfall, Haftungsausschlüsse und Regress nach §§ 104 f. SGB VII

Vorsatz oder Wegeunfall (+)

Ansprüche des Geschädigten gegen Schädiger bleiben erhalten (insb. vertragl. Ansprüche, §§ 280 Abs. 1 i.V.m. 241

Abs. 2 BGB (bei Arbeitsverhältnissen); §§ 823 ff. BGB (ggf. i.V.m. StVG)

§§ 253, 254 BGB anwendbarVor Zivilgerichten einzuklagen

Vorsatz = bedingter Vorsatz; muss sich auf Verletzungshandlung und -erfolg beziehen

Bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit: vor Zivilgerichten geltend zu machender Regress der

Sozialversicherungsträger gem. § 110 SGB VII originärer Anspruch aus eigenem Recht;

Geltendmachung nach billigem Ermessen: § 110 Abs. 2 SGB VII

begrenzt auf Höhe des zivilrechtlichen Schadensersatzanspruches;

hier: Berücksichtigung eines Mitverschuldens gem. § 254 BGB (+);

§ 116 SGB X (cessio legis) gilt nicht (vgl. a. §§ 104 Abs. S. 2; 105 Abs. 1 S. 3; Abs. 2 S. 1; 106 SGB VII)

Vorsatz oder Wegeunfall (-)

Haftungsausschluss des Unternehmers (vgl. § 136 Abs. 3 SGB VII) für Personenschäden gem. § 104 Abs. 1 SGB VII;

Haftungsausschluss von im Betrieb tätigen Personen (Arbeitskollegen; „Wie-Beschäftigte“ gem. § 2 Abs. 2 SGB VII) für Personenschäden gem. § 105 SGB

VII Haftungsausschluss für die Sonderfälle des § 106 SGB VII; besonders

relevant: § 106 Abs. 1 SGB VII: Kinder, Schüler, Studenten; § 106 Abs. 3, 3. Fall SGB VII (vorübergehende Verrichtung betrieblicher Tätigkeiten durch

Versicherte mehrerer Unternehmen auf einer gemeinsamen Betriebsstätte, oft: „Baustelle“)

„nur“ Leistungen der GUV, hier wichtig: Heilbehandlung gem. §§ 28 ff. SGB VII; Verletztengeld und Übergangsgeld gem. §§ 45 ff. SGB VII als

Entgeltersatzleistung; Unfallrente gem. §§ 56 SGB VII; Leistungen bei Tod gem. §§ 63 ff. SGB VII

Haftungsausschluss auch für Schmerzensgeldanspruch gem. § 253 BGB Mitverschulden irrelevant;

Nicht nur bei „Unrechts-„ sondern auch bei „Unglücksfällen“; Einbeziehung „betriebsimmanenter Gefahren“

Kein Haftungsausschluss bei Sachschäden → durch Geschädigten vor Zivilgericht einklagbar

Gründe für Haftungsfreistellung: Beitragstragung durch AG, „Haftungsfreikauf“, „soziale

Haftpflichtversicherung“Wahrung des Betriebsfriedens

Gewährleistung eines liquiden Schuldners in Form der GUVKein Prozessrisiko für Geschädigten

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Soziale Sicherungssysteme Das SGB VII – Die gesetzliche Unfallversicherung

Übungsfall Nr. 3: Lösungshinweise

Schadensersatzansprüche gegen Bertram?

- Zivilrechtliche Anspruchsgrundlage: § 823 ff. BGB- § 823 ff. BGB ausgeschlossen?

Gem. § 105 Abs. 1 SGB VII ? Vorsatz? (-) → Ausschluss (+)

Weitere privatrechtliche Ansprüche?

- Gegen Arbeitgeber gem. § 3 EntgFG - Gegen Arbeitgeber bei Erwerbsunfähigkeit u.U. Zahlung einer

Betriebsrente gem. BetrAVG (s.a.o.)

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Soziale Sicherungssysteme Das SGB VII – Die gesetzliche Unfallversicherung

Übungsfall Nr. 3: Lösungshinweise

§ 3 EntgFG Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall(1) Wird ein Arbeitnehmer durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhindert, ohne daß ihn ein Verschulden trifft, so hat er Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall durch den Arbeitgeber für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit bis zur Dauer von sechs Wochen. Wird der Arbeitnehmer infolge derselben Krankheit erneut arbeitsunfähig, so verliert er wegen der erneuten Arbeitsunfähigkeit den Anspruch nach Satz 1 für einen weiteren Zeitraum von höchstens sechs Wochen nicht, wenn 1.er vor der erneuten Arbeitsunfähigkeit mindestens sechs Monate nicht infolge derselben Krankheit arbeitsunfähig war oder2.seit Beginn der ersten Arbeitsunfähigkeit infolge derselben Krankheit eine Frist von zwölf Monaten abgelaufen ist.

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Übungsfall Nr. 3: Lösungshinweise

Sozialrechtliche Ansprüche des Anton?

- Versicherungsfall gem. § 7 Abs. 1 SGB VII?

Arbeitsunfall gem. § 8 Abs. 1 SGB VII?

Versicherte Tätigkeit gem. §§ 7 Abs. 1 SGB IV i.V.m. 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII

Verrichtung aufgrund versicherter Tätigkeit („infolge“; § 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII) Unfall gem. § 8 Abs. 1 S. 2 SGB VII ?

- Zeitlich begrenzt (+)- Von aussen (+)

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Übungsfall Nr. 3: Lösungshinweise Sozialrechtliche Ansprüche des Anton?

- Haftungsbegründende Kausalität; „Theorie der rechtlich wesentlichen Bedingung“ (+)

- Haftungsausfüllende Kausalität (+)

Potentielle Ansprüche gegen gesetzliche Unfallversicherung:

- Heilbehandlung (§§ 27 ff. SGB VII)- Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und in der

Gemeinschaft (§§ 35 ff. SGB VII)- Leistungen bei Pflegebedürftigkeit (§ 44 SGB VII)- Verletztengeld (§§ 45 ff. SGB VII)- Zahlung von Renten (§§ 56 ff. SGB VII)

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6. Haftungsbeschränkungen

Haftung gegenüber Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung (§§ 110 ff. SGB VII)

Bei grob fahrlässiger oder vorsätzlicher Herbeiführung eines Schadens durch Personen, deren Haftung gem. §§ 104 ff. SGB VII ausgeschlossen ist, haftet der Schädiger für die infolge des Versicherungsfalles entstandenen Aufwendungen bis zur Höhe des zivilrechtlichen Schadenersatzanspruchs (§ 110 Abs. 1 S. 1 SGB VII). Der Sozialversicherungsträger kann nach billigem Ermessen auf den Ersatzanspruch ganz oder teilweise verzichten (§ 110 Abs. 2 SGB VII).

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6. Haftungsbeschränkungen

Haftung gegenüber Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung (§§ 110 ff. SGB VII)

zivilrechtlicher Anspruch → Geltendmachung vor den ordentlichen Gerichten

Regressmöglichkeit, falls Unternehmer Schwarzarbeit nach § 1 des Schwarzarbeiterbekämpfungsgesetzes erbringen und keine oder zu geringe Beiträge in die gUV entrichten. Eine nicht ordnungsgemäße Beitragsentrichtung wird vermutet, wenn die Unternehmer die Personen, bei denen die Versicherungsfälle eingetreten sind, nicht nach § 28a SGB IV bei der Einzugsstelle angemeldet hatten (§ 110 Abs.1a SGB VII).

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6. Haftungsbeschränkungen

Haftung gegenüber Trägern der gesetzlichen Unfallversicherung (§§ 110 ff. SGB VII)

Gesetzlicher Forderungsübergang ( § 116 SGB X)

Der UV-Träger kann gegenüber den nicht durch §§ 104 - 107 SGB VII privilegierten Schädigern den zivilrechtlichen Schadensersatzanspruch des Geschädigten geltend machen.

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Professur für Öffentliches Recht4646

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7. Finanzierung Beitragspflicht: Allein durch Unternehmer (Stichwort:

„Haftungsfreistellung“) → Pflichtmitgliedschaft (§ 150 SGB VII)

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7. Finanzierung

Beitragshöhe abhängig von Finanzbedarf (Umlagesoll), Arbeitsentgelt der Versicherten, Grad der Unfallgefahr im Unternehmen (Einteilung in Gefahrenklassen; § 153 SGB VII)

Lastenausgleich unter gewerblichen Berufsgenossenschaften (§§ 176 ff. SGB VII)

Vereinbarung gemeinschaftlicher Tragung der Entschädigungslast zwischen gewerblichen und landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften (§§ 176 ff. SGB VII)

Aktuell: Stufenweise Einführung eines neuen Lastenausgleichssystems bis zum Jahr 2013

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Professur für Öffentliches Recht4848

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7. Finanzierung

Lösungshinweise zu Fall Nr. 4; EuGH v. 05.03.2009 – C -350 / 07:

Artikel 267 AEUV (Auszug)(ex-Artikel 234 EGV) Der Gerichtshof der Europäischen Union entscheidet im Wege der Vorabentscheidung a) über die Auslegung der Verträge, b) über die Gültigkeit und die Auslegung der Handlungen der Organe, Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Union, Wird eine derartige Frage einem Gericht eines Mitgliedstaats gestellt und hält dieses Gericht eine Entscheidung darüber zum Erlass seines Urteils für erforderlich, so kann es diese Frage dem Gerichts hof zur Entscheidung vorlegen. Wird eine derartige Frage in einem schwebenden Verfahren bei einem einzelstaatlichen Gericht gestellt, dessen Entscheidungen selbst nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können, so ist dieses Gericht zur Anrufung des Gerichtshofs verpflichtet.

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Professur für Öffentliches Recht4949

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7. Finanzierung

Lösungshinweise zu Fall Nr. 4; EuGH v. 05.03.2009 – C -350 / 07:

A. Zulässigkeit eines Vorabentscheidungsverfahrens nach Art. 267 AEUV

I. Zuständigkeit des Gerichtshofs → (+), nach Art. 267 AEUVII. Vorlageberechtigung/Vorlagepflicht → (+), LSG ist

mitgliedstaatliches Gericht i.S.d. Art. 267 AEUV

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7. Finanzierung

Lösungshinweise zu Fall Nr. 4; EuGH v. 05.03.2009 – C -350 / 07:

III. Vorlagegegenstand: Auslegung der Verträge

Hier: Vereinbarkeit des deutschen Systems der gUV mit dem europäischen Gemeinschaftsrecht (Art. 267 Abs. 1 lit. a)

AEUV)

IV. Vorlagefrage: Abstrakt formulierte Fragen nach Auslegung und/oder

Gültigkeit von Unionsrecht nach Aufklärung des Sachverhalts und Prüfung der Entscheidungserheblichkeit? (+)

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Professur für Öffentliches Recht51515151

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7. Finanzierung

Lösungshinweise zu Fall Nr. 4; EuGH v. 05.03.2009 – C -350 / 07:

Zwischenergebnis: Vorlage ist zulässig

B. Begründetheit (Antwort auf die Vorlagefragen):

Pflichtmitgliedschaft für Unternehmen in einer Berufsgenossenschaft könnte gegen das EG-Wettbewerbsrecht (Artt. 81f. EG; nunmehr: Artt. 101f. AEUV) und gegen die Dienstleistungsfreiheit (Artt. 49 ff. EG; nunmehr: Artt. 56 ff. AEUV) verstossen.

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Professur für Öffentliches Recht5252525252

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7. Finanzierung

Lösungshinweise zu Fall Nr. 4; EuGH v. 05.03.2009 – C -350 / 07:

I. Zur Vorlagefrage 1 – Verstoß gegen die Wettbewerbsfreiheit

Berufsgenossenschaft M Unternehmen i.S.d. Artt. 101f. AEUV (fr. Art. 81f. EG)?

Unternehmen im Rahmen des Wettbewerbsrechts ist jede eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübende Einheit, unabhängig von ihrer Rechtsform und der Art ihrer Finanzierung (vgl. u. a. Urteile vom 23. April 1991, Höfner und Elser, C-41/90, Slg. 1991, I-1979, Randnr. 21, und vom 11. Dezember 2007, ETI u. a., C-280/06, Slg. 2007, I-10893, Randnr. 38).

.

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Professur für Öffentliches Recht535353535353

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7. Finanzierung

Lösungshinweise zu Fall Nr. 4; EuGH v. 05.03.2009 – C -350 / 07:

I. Zur Vorlagefrage 1 – Verstoß gegen die Wettbewerbsfreiheit?

Hier: M ist öffentlich-rechtliche Körperschaft, welche an der Verwaltung des deutschen Systems der sozialen Sicherheit mitwirkt und insoweit eine soziale Aufgabe wahrnimmt, die ohne Gewinnerzielungsabsicht ausgeübt wird (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. März 2004, AOK Bundesverband u. a., C-264/01, C-306/01, C-354/01 und C-355/01, Slg. 2004, I-2493, Randnr. 51).

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Soziale Sicherungssysteme Das SGB VII - Die gesetzliche Unfallversicherung7. Finanzierung

Lösungshinweise zu Fall Nr. 4; EuGH v. 05.03.2009 – C -350 / 07:

I. Zur Vorlagefrage 1 – Verstoß gegen die Wettbewerbsfreiheit Grundsatz der Solidarität gewahrt? Gesamtbetrachtung: Finanzierung durch Beiträge, deren Höhe abhängig ist von Gefahrenklassen, vom Arbeitsentgelt des Versicherten, vom Finanzbedarf, der sich aus den erbrachten Leistungen des Vorjahres ergibt (§§ 153, 157 SGB VII) → hierdurch Schaffung von „Gefahrengemeinschaften“; Ausgleich gem. § 176 SGB VII der BG´s untereinander; Wert der Leistungen nicht von Beitragshöhe abhängig → Grundsatz der Solidarität gewahrt (+)

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7. Finanzierung

Lösungshinweise zu Fall Nr. 4; EuGH v. 05.03.2009 – C -350 / 07:

I. Zur Vorlagefrage 1 – Verstoß gegen die Wettbewerbsfreiheit Staatliche Aufsicht gewährleistet? M kann im Rahmen des

Selbstverwaltungssystems Faktoren festsetzen, die für die Höhe der Beiträge und der Leistungen ausschlaggebend sind; jedoch: Handlungsspielraum der M betreffend die Faktoren zur Beitragsberechnung durch das Gesetz vorgesehen und strikt begrenzt; Bundesrepublik ist nach Vorschriften des SGB VII Aufsichtsbehörde → (+)

ZE: M ist kein Unternehmen i.S.d. Artt. 101f. AEUV, daher kein Verstoss hiergegen

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7. Finanzierung

Lösungshinweise zu Fall Nr. 4; EuGH v. 05.03.2009 – C -350 / 07:

II. Zur Vorlagefrage 2 – Verstoß gegen die Dienstleistungssfreiheit?

Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs durch Einrichtung einer Pflichtmitgliedschaft?

- Vorliegend kein Ausschluss der Artt. 56 ff. AEUV (vormals: Artt. 49ff. EG), obwohl System der sozialen Sicherheit in die alleinige Zuständigkeit der Mitgliedsstaaten fällt

- Weiter: System der GUV sieht lediglich Mindestabdeckung vor; K steht es frei, sich jederzeit zusätzlich betreffend die Risiken AU/BK privat abzusichern, auch in anderen Mitgliedstaaten

.

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7. Finanzierung

Lösungshinweise zu Fall Nr. 4; EuGH v. 05.03.2009 – C -350 / 07:

II. Zur Vorlagefrage 2 – Verstoß gegen die Dienstleistungssfreiheit?

Geeignetheit, Unternehmen von Inanspruchnahme privater Versicherung abzuhalten, zwar nicht abzustreiten, jedoch zwingende Gründe des Allgemeinwohls vorhanden? → hier: erhebliche Gefährdung des finanziellen Gleichgewichts des Systems der sozialen Sicherheit, daher Beschränkung der Artt. 56 ff. AEUV (vormals: Artt. 49ff. EG) gerechtfertigt

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7. Finanzierung

Lösungshinweise zu Fall Nr. 4; EuGH v. 05.03.2009 – C -350 / 07:

III. Endergebnis:Die Pflichtmitgliedschaft für Unternehmen in einer Berufsgenossenschaft verstößt nicht gegen die Artt. 101f. AEUV (fr.: Art. 81f. EG) sowie die Dienstleistungsfreiheit gem. Artt. 56ff. AEUV (fr.: Artt. 49 ff. EG).

Berufsgenossenschaften sind keine Unternehmen im Sinne des Europarechts. Somit verstößt Pflichtmitgliedschaft auch nicht gegen die Rechtsnormen des Binnenmarktes und gegen Wettbewerbsbestimmungen.

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Soziale Sicherungssysteme Das SGB VII - Die gesetzliche Unfallversicherung

8. Organisation

Geregelt in: §§ 114 – 149a SGB VII i.V.m. 22 Abs. 2 SGB I

Durchführung durch eigene Körperschaften, im gewerblichen und

im landwirtschaftlichen Bereich durch Berufsgenossenschaften

Selbstverwaltung, seit 1953 paritätisch durch Arbeitnehmer und

Arbeitgeber

Gliederung der Berufsgenossenschaften nach Branchen, die

Unternehmen mit vergleichbaren Unfallrisiken zusammenfassen

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8. Organisation

Gewerbliche Berufsgenossenschaften (§ 114 Abs. 1 Nr.1 SGB VII i.V.m. Anl. 1)

Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaften (§ 114 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. Anl. 2)

Gemeindeunfallversicherungsverbände und Unfallkassen der Gemeinden (§ 114 Abs. 1 Nr. 7 SGB VII)

Unfallkassen der Eisenbahn und Post/Telekom (§ 114 Abs. 1 Nrn. 4, 5 SGB VII)

Feuerwehr-Unfallkassen (114 Abs. 1 Nr. 8 SGB VII) Unfallkassen des Bundes, der Länder und Kommunen (§ 114 Abs.

1 Nrn. 3, 6, 9 SGB VII)