Soziologische und historische Aspekte des Sports...28.10.2017 Dr. Jan Haut Soziologische und...
Transcript of Soziologische und historische Aspekte des Sports...28.10.2017 Dr. Jan Haut Soziologische und...
28.10.2017
Dr. Jan Haut
Soziologische und historische Aspekte
des Sports
- Geschichte und Entwicklung des modernen
Sports
Wintersemester 2017/18
Abteilung Sportwissenschaft,
Universität Bielefeld
1 28.10.2017
Gliederung
I. Anfänge
1. Ursprünge und Vorläufer
2. Griechische Athletik
3. Genese des modernen Sports in England
4. Olympismus
II. Entwicklung des Sports in Deutschland
5. Vom Turnen zum Sport
6. Nationalsozialismus
7. Kalter Krieg
8. „Pluralisierung“ des Sports
2 28.10.2017
I.1. Ursprünge und Vorläufer
Waffenlauf der Hoplyten:
Im Programm der antiken
Olympischen Spiele!
Englische Fuchsjagd (ca. ab 17./18.Jh.):
„The fox gave us a good sport.“
3 28.10.2017
I.1. Ursprünge und Vorläufer
• „Was im allgemeinen unter Sport verstanden wird, ist weniger eine Frage
wissenschaftlicher Dimensionsanalysen, sondern wird weit mehr vom
alltagstheoretischen Gebrauch sowie von den historisch gewachsenen und
tradierten Einbindungen in soziale, ökonomische, politische und rechtliche
Gegebenheiten bestimmt. Darüber hinaus verändert, erweitert und differenziert
das faktische Geschehen des Sporttreibens selbst das Begriffsverständnis von
Sport.“ (Röthig & Prohl 2003: 493)
• Die Sportgeschichte zeigt verschiedenste Deutungen, Ziele,
Organisationformen und Praktiken des Sports - sowie der
Leibeserziehung, der Bewegung, des Spielens und
Wettkämpfens - im gesellschaftlichen Wandel!
Wo bzw. wann anfangen?
4 28.10.2017
I.1. Ursprünge und Vorläufer
Brasilianischer Klotzlauf
• Staffellauf indigener Stämme
• 5-20km, „Stab“ 60-120kg, nur z.T. als Wettkampf
• Zu Beginn der Regen- bzw. Trockenzeit, nach
erfolgreicher Jagd, als Heiratsprobe u.a.
Hochsprung der Tutsi
• zentralafrikanische Stämme (Ruanda)
• Männlichkeitsbeweis, Aufnahmeritual:
Jungen sollen eigene Körperhöhe
überspringen
• Ca. 2,50m mit Absprunghügel
5 28.10.2017
I.1. Ursprünge und Vorläufer
• Frühe „Sport“kulturen (vgl. Weiler 1981)
• Elementare Praktiken: Laufen, Springen, Klettern, Zweikämpfe usw.
• Jagdtechniken: Werfen (Axt, Speer etc.), Bogenschießen, Fischen u.ä.
• Kontexte: rituelle Anlässe, Rangordnungskämpfe, militärische Übungen, Spiel?
Durchaus Wettkampf, Leistung, Training, aber noch wenig Systematisierung
„Sportliche“ Ägypter? Amenophis III. beim Bogenschießen (auf Scheiben) –
Trainierende Ringer (vgl. Decker 1987)
6 28.10.2017
Athletik (gymnische Agone)
Agonistik (Wettkämpfe)
Gymnastik (körperliche Übungen)
• Antike in Griechenland: mediterrane (Stadt-)Staaten mit gemeinsamer
Sprache und Kultur, ab ca. 1200 v.Chr. bis ca. 400 n.Chr.
• Griechische „Athletik“ kommt einem engen modernen Sportbegriff
(körperliche Wettkämpfe) sehr nahe ABER: kein einheitliches System,
sondern langfristige Entwicklung mit wechselnden Prägungen (vgl.Krüger
2005a)
• Ursprünge in der Mythologie: Homer (ca. 700.v.Chr.) berichtet in Ilias und
Odyssee über Wagenrennen, Ring- und Faustkämpfe, Diskuswurf, Lauf-
und Springwettbewerbe – bei Zeitgenossen bekannt!
I.2. Griechische Athletik
7 28.10.2017
I.2. Griechische Athletik
• Kultstätte Olympia spätestens seit
11.Jh.v.Chr. (vgl. Behringer 2012, 26ff.)
• Siegerlisten ab 776 v.Chr.
• Zunächst v.a. religiöse Bedeutung
(Orakel), später (5.Jh. v.Chr.) auch
verstärkt säkulare, politische
Bedeutung: griechisches „Nationalfest“
• Entwicklung des olympischen Programms: • Anfangs nur Läufe über die Stadion-Distanz
(192m), später andere Strecken (2, 10-20
Stadien)
• Pentathlon (ab 708 v.Chr.): Diskus, Weitsprung,
Speerwurf, Lauf, Ringkampf
• Faustkampf (ab 688 v.Chr.)
• Wagenrennen (ab 680 v.Chr.)
• Pankration (ab 648 v.Chr.):
• Waffenlauf (ab 520 v.Chr.)
8 28.10.2017
I.2. Griechische Athletik
• Ablauf (vgl. Decker, 1995, 46f.)
• Prozession von Elis nach Olympia
• 1.Tag: Opfer, Eid, Trompeter-Agon
• 2.Tag: Wettkämpfe der Jugendlichen
• 3.Tag: Hippische Agone, Pentathlon, Opfer, Riten
• 4.Tag: Prozession, Großes Zeus-Opfer, Festmahl
• 5.Tag: Laufwettbewerbe und Zweikämpfe
• 6.Tag: Siegerehrung, Festmahl
• Zentrale Bedeutung ritueller / kultureller Aspekte, aber „sportliche“
Bedeutung wird in klassischer Periode (ab 500 v.Chr.) zusehends wichtiger
• Etablierung weiterer „panhellenischer Agone“ und lokaler Veranstaltungen
(Kranz-Agone, Preis-Agone) Wettkampfkalender
• Z.T. professionelle Athleten und „Sportlehrer“ (Gymnasten, Paidotriben)
• Sportartikel: Sprunggewichte, Speere, Diskusse speziell für Wettkämpfe
• Funktionsbauten: Stadien, Gymnasien an Wettkampforten und in Städten
9 28.10.2017
I.2. Griechische Athletik
• Bedeutungsverlust in römischer Zeit
• Verstärkt Zuschauersport Zirkusspiele
• Wagenrennen
• Gladiatorenkämpfe
• Theater
• …und Badewesen
• Thermen als Vorbild heutiger Freizeitbäder
• Inkl. Ballspiel oder athletische Übungen
(Gesundheit & Unterhaltung) (vgl. Weiler 1981)
10 28.10.2017
I.3. Genese des modernen Sports in England
• Ende des Mittelalters bzw. in der frühen Neuzeit (in Europa)
• Höfische Bewegungskünste wie Tanzen, Fechten, Reiten u.a. vs
Volkstümliche Lauf- und Sprungwettbewerbe, Kämpfe, Ballspiele u.a.
• Sport (im engeren Sinne) entstand jedoch in Großbritannien – und
verbreitete sich von dort aus auf der ganzen Welt…
11 28.10.2017
I.3. Genese des modernen Sports in England
• 1. Phase der „Versportlichung“ (sportisation) (18. Jahrhundert):
• Etablierung von Regelwerken z.B. im Boxen, Pferderennen und Cricket
• Wichtig für Chancengleichheit und verbindliche Entscheidung bei Wetten
• Z.B. „Broughton Rules“ für das Boxen (7 Paragraphen, 1743)
• „K.O.“ 30 Sekunden nach Niederschlag
• Keine Angriffe auf am Boden Liegenden!
• Regeln sollen ernste Verletzungsgefahren und Aggressionen eindämmen…
• …aber Spannung wird zu erhalten versucht ( Elias & Dunning (1986): „Quest
for excitement“)
• Gesellschaftliche Entwicklungen
• Parlamentisierung politischer Machtkämpfe Versportlichung der Freizeit
(=Sport als Ausdruck zivilisatorischer Prozesse; Elias & Dunning, 2003)
• Spezifische Klassenkonstellation / Position der Gentlemen Von oben weniger
Zwang zu Formalisierung, nach unten weniger Zwang zur Abgrenzung: Praktiken
werden nicht gemieden, sondern modifiziert
12 28.10.2017
I.3. Genese des modernen Sports in England
• 2. Phase der Versportlichung (19. Jahrhundert):
• Massenhafte Verbreitung von Sport (vermehrt in untere Schichten)
• Kodifizierung weiterer Sportarten (und Modifikation bestehender)
• Beispiel Fußball: http://www.youtube.com/watch?v=GjVi8nqNeGw
• Lokal unterschiedliche Regeln
• Keine Chancengleichheit bzgl.
Mannschaftsstärke usw.
•Kein exakt begrenztes Spielfeld
•z.T. Handspiel erlaubt keine
Differenzierung von Rugby, Fußball etc.
• Foulspiel? Schiedsrichter? relativ
unkontrolliert, gefährlich (Dunning 1999)
13 28.10.2017
I.3. Genese des modernen Sports in England
• Verbreitung durch Erziehungssystem,
Beispiel Rugby School
• Erziehung zum Christian Gentleman
• Verbot von Field (Blood) Sports, Football soll
Selbst-Disziplin fördern
• Mitte 19. Jh. diverse Varianten an public schools:
Etonians wollen ohne, Rugbeians mit Hand
spielen (Dunning & Sheard, 1979, 100ff.)
Absolventen nehmen Spiel mit an Unis und in Clubs:
Vereinheitlichung und Weiterentwicklung von Regeln
• 1863: Gründung der Football Association
• 1871: vollständiges Verbot des Handspiels,
erster FA-Cup, Gründung RFU
• Bis 1900 sind die meisten Regeln – z.B.
Schiedsrichter, Platzverweis, Strafstoß,
Seitenwechsel – eingeführt
14 28.10.2017
I.3. Genese des modernen Sports in England
• Entwicklung in GB begünstigt durch (vgl. Eisenberg, 1999, 23ff.; Elias, 2018)
• Technologische Fortschritte: Fahrrad Sportgerät; schnelle Druckerpresse
Zeitungs-Boom; Eisenbahn Sporttourismus (vgl. auch Werron, 2010)
• Wirtschaftliche / Politische Entwicklung: mehr Freizeit (z.B. gesetzliche
Arbeitszeitverkürzungen), Recht zur Gründung von associations (≠ Deutschland)
• Spezifische Klassenkonstellationen: Mischung von Praktiken höherer und
niedrigerer Schichten, die in anderen Ländern Europas strikter getrennt waren
• ab Ende des 19. Jahrhunderts internationale Verbreitung:
• Sportarten werden oft unverändert übernommen (z.B. DFB 1900)
• Internationale Wettkämpfe & Verbände (z.B. IOC 1894, UCI 1900, FIFA 1904)
• …begünstigt durch:
• Industrialisierung ähnliche Freizeitbedürfnisse
• Erprobte Regelwerke vorhanden
• England bzw. Briten als Vorbild: Händler, Offiziere etc. sind weltweit tätig
• Verknüpfung mit Olympismus (Erste Spiele der Neuzeit: Athen 1896)
.
15 28.10.2017
I.4. Olympismus
Olympischer Sport als Teil eines erzieherischen Programms (Coubertin 1935 (1966])
• Religio Athletae: „Das erste und wesentliche Merkmal des alten wie des modernen
Olympismus ist: eine Religion zu sein.“ (ebd.) Zeremonien, Rituale, Symbole;
„heiliger Ernst“
• Adel und Auslese: um die Besten zu finden, darf keiner ausgeschlossen werden.
„Citius, altius, fortius.“ Steigerung, Fortschritt (nicht nur sportlich)
• Friedensidee / Internationalismus
• Ganzheitliche Bildung Körper & Geist (z.B. Kunstwettbewerbe)
• Ritterlichkeit / Fairness adelt den Menschen als Ausdruck von Selbstbeherrschung
16 28.10.2017
Danke für Ihre Aufmerksamkeit!
PAUSE!!!
17 28.10.2017
II.5. Vom Turnen zum Sport
• Gymnastik bei den Philanthropen
• Johann Christoph Friedrich GutsMuths (1759-1839) ab 1786
Lehrer in Schnepfenthal (Thüringen)
• 1. systematisches Lehrbuch: Gymnastik für die Jugend (1793)
• „Gymnastik ist Arbeit im Gewande jugendlicher Freude“ …?
(z.B. Trage-Übung)
• Die frühe Turnbeweung (vgl. Krüger 2005b)
• „Turnvater“ Friedrich Ludwig Jahn (1778-1852) als
Hilfslehrer u.a. 1807 bei GutsMuths
• 1811: Erster Turnplatz in der Hasenheide (Berlin)
• Alte gymnastische Übungen und technische Erweiterungen
(Reck, Barren) – neu v.a. Organisation und Ziele:
• Nicht nur „Leibeserziehung“, sondern „Nationalerziehung“,
Vorbereitung für „Befreiungskriege“ gegen Napoleon
• Nationalistisch (antisemitisch?), volkstümlich, demokratisch?
• keine Standesunterschiede, deutsche Sprache, einheitliche
Turntracht, Turnbrüder duzen sich
18 28.10.2017
II.5. Vom Turnen zum Sport
• Wegen z.T. revolutionärer Bestrebungen Turnen zunächst verboten
(Turnsperre 1820) Aufhebung / Wiederbelebung regional unterschiedlich
• Neue Vereinsbewegung v.a. in Süddeutschland
• Andernorts (Preußen) als Schulturnen unter staatlicher Kontrolle (ab 1840er)
„historische Wurzel für die besondere Entwicklung der Bewegungskultur in
Deutschland, die bis in die Gegenwart mit dem Verein und der Schule auf zwei
wesentlichen organisatorischen Orten des Sporttreibens beruht“ (Prohl, 2006, 39)
• Nach der Reichsgründung (1871):
• Irritation durch englischen „Sport“
• Im schulischen Kontext: methodisch-
inhaltliche Diskussionen „Spielbewegung“
(vgl. Konrad Koch, Der ganz große Traum 2011)
statt Exerzieren, Zucht und Ordnung (vgl.
Wehrturnen nach Jaeger)
19 28.10.2017
II.5. Vom Turnen zum Sport
• Entwicklungen ab Ende des 19.Jh.:
• Turnvereine: politische / weltanschauliche
Ausdifferenzierung nationalistische,
demokratische, sozialistische, konfessionell
• Englischer Sport wird von Vielen als neue
körperliche Betätigung entdeckt…
• …und von anderen (v.a. Turnern) als undeutsch,
zu verspielt, zu einseitig (rekordorientiert)
abgelehnt: „Fußlümmelei“, „Englische Krankheit“
• Sport in der Weimarer Zeit
• Zuwächse bei Mitgliederzahlen (insbesondere
männliches Bürgertum) (vgl. Eisenberg, 1993);
sowohl in Turn- als auch in Sportorganisationen
• Professionalisierung, Zuschauersport (v.a.
Fußball, Boxen, Radsport; „Sportindustrie“
entwickelt sich: Bekleidung, Zeitschriften (z.B.
Kicker, 1920) etc.
20 28.10.2017
II.6 Nationalsozialismus
• Überblick Forschungsstand: Peiffer 2009
• Gleichschaltung von Turnen und Sport (vgl. Krüger 2005c, 130ff.)
• 1933 umgehend Verbote von Arbeiterorganisationen, Verfolgung von
Funktionären – inkl. Arbeiter- Turn- und Sportverbände
• Repression und sukzessive Auflösung (1934) konfessioneller Verbände
• Nationale Turner ohnehin auf Linie (Parallelen s.o.): Selbstgleichschaltung der
Deutschen Turnerschaft schon im April 1933
• Bürgerlicher Sport freiwillige Anpassung, oft aus Hoffnung auf Aufwertung von
Turnen und Sport in Schule und Gesellschaft (vgl. Krüger 2005c, 135)
• Hitler: Ziel der Erziehung ist nicht nur „Einpumpen bloßen Wissens“, sondern
noch wichtiger ist „das Heranzüchten kerngesunder Körper“ „Es dürfte kein
Tag vergehen, an dem der junge Mensch nicht mindestens vormittags und
abends je eine Stunde lang körperlich geschult wird, und zwar in jeder Art von
Sport und Turnen“ (aus „Mein Kampf“; zitiert nach Bernett, 1966, 20ff.)
21 28.10.2017
II.6 Nationalsozialismus
• Organisation & Praktiken:
• Z.T. militärische Übungen, Boxen, aber auch
sportliche Kampfspiele wie Fußball
• Turnen oder Sport? Hauptsache zweckdienlich!
• …und unter NS-Regie: Schule, Unis, HJ, Partei
• Olympia 1936 in Berlin
• Nazis zunächst ablehnend: Internationalismus;
Gefahr von Niederlagen
• Chancen und Ziele: Außendarstellung als friedlich,
nach innen Stärke und Größe demonstrieren
• Neue Maßstäbe bei Bauten, Technik,
Inszenierung, Kosten
• Anknüpfungsmöglichkeiten an Olympismus:
Gigantismus & Heroismus, Rituale & Symbole (Vgl. auch Alkemeyer, 1996)
22 28.10.2017
II.7 Kalter Krieg und Sportentwicklung
• Hintergrund: ab 1949 Alleinvertretungsanspruch der BRD vs.
Internationale Anerkennung der DDR (vgl. Balbier 2007)
• 1949 NOK für Deutschland (West)
• 1951 NOK für die DDR (erst 1965 vom IOC anerkannt)
• Olympia-Vertretungen:
• 1952 nur Westdeutsche (+Saarland)
DDR-Boykott wegen Nicht-Anerkennung
• 1956-64: Gesamtdeutsche Mannschaft
Wer darf mehr Athleten entsenden?
• 1964: erstmals mehr DDR-Athleten in der gesamtdeutschen Mannschaft
• 1965: Anerkennung des DDR-NOK durch das IOC
• 1968: Zwei getrennte Mannschaften mit gleicher Flagge und Hymne
• Ab 1972 (bis 1988): BRD vs. DDR Aus dem Kampf um internationale
Vertretung wird ein Kampf um sportliche Dominanz!
23 28.10.2017
II.7 Kalter Krieg und Sportentwicklung
• Umfangreiche Finanzierung, (legale) Förderung,
wissenschaftliche Betreuung
• Kinder- und Jugend-Sportschulen (und Einheitliche
Sichtung und Auswahl, etc.) (vgl. Wiese, 2012)
• Leistungssportbeschluss 1969: Sport I, Sport II
• Doping: bereits Mitte 1960er verbreitet; systematisch
und flächendeckend spätestens 1974 (Spitzer 2003)
• Förderung: 1967 Gründung Deutsche Sporthilfe, 1968
Einrichtung von Sportfördergruppen bei der Bundeswehr
• Nachwuchs: Sport als Leistungsfach, Sportgymnasien,
Talentsichtung (1969 Jugend trainiert für Olympia)
• Forschung: Einrichtung von sportwissenschaftlichen
Professuren, 1970 Gründung BISP
• Doping? nicht staatlich-systematisch, aber z.T. geduldet
bzw. bewusst ignoriert (Krüger et al 2015)
24 28.10.2017
II.7 Kalter Krieg und Sportentwicklung
• „Totalisierung“ des internationalen Sports: “As a consequence of continuous
upgrading of demands in international sport, competition totalizes into a
competition between systems, (…) [which] mobilize and utilize all relevant national
resources in order to guarantee success…“ (Heinilä, 1982)
• Hoher finanzieller Aufwand und Probleme des Sports, z.B.:
• Doping
• Kindersport
• Erfolg um jeden Preis
„If fair play is on the ropes, it is representational sport, not money, which landed the
hardest punch.“ (Allan Guttmann)
25 28.10.2017
II.8 Pluralisierung des Sports
• Olympischer Wettkampfsport als dominierendes Modell
• Nach Wettkampfregeln, Leistungsorientierung
• Wird vorrangig in Vereinen organisiert und ausgeübt
• An speziellen, dafür vorgesehenen Orten (Sportplätze, Hallen usw.)
• Relativ einheitliches Verständnis vom „Sportler“
• …wird ab den 1980er Jahren durch andere Modelle ergänzt
• „Versportlichung der Gesellschaft (…) Entsportung des Sports“ (vgl. Cachay 1990)
Lamprecht & Stamm,
2002
26 28.10.2017
II.8 Pluralisierung des Sports
• Professionalisierung
• 1. Fußball-Bundesliga-Saison 1963/64; FIS-Weltcup 1967;
Tennis: „Open era“ ab 1968
• Abschaffung des Amateurparagraphen in 1980ern
• Instrumenteller (Gesundheits-) Sport
• Joggen, Aerobic, Bodybuilding; sukzessive Fitness-Studios
• Physiotherapeutische / sportmedizinische Programme;
Reha-Sport, Seniorengymnastik, etc
• Alternativer (expressiver, Trend-, Lifestyle…) Sport
• Flexiblere Orte, weniger Regeln usw. erlauben
experimentieren mit dem Körper, Inszenierung
• Oft in Zusammenhang mit Jugend-/Subkulturen (z. B.
Skateboard)
27 28.10.2017
II.8 Pluralisierung des Sports
• Pluralisierung der Sportmodelle / Erweiterung des Sportverständnisses
• Sport ist nicht mehr gleich Wettkampfsport! Vor allem Ausdauersportarten
und Fitness wichtiger
• Selbst organisiertes Sporttreiben und neue Anbieter als Konkurrenz für
Sportvereine
• Neue Sportmodelle eröffnen Partizipation für mehr Menschen! (v.a. für
Frauen und Ältere)
• Trotz Tendenzen zu „Sport für alle“ ist nicht „Alles für alle“ offen
28 28.10.2017
Danke für Ihre Aufmerksamkeit!
Thema der nächsten Sitzung (13.11.2017):
Sport und soziologische Theorien
29 28.10.2017
Literatur
Alkemeyer, T. (1996). Körper, Kult und Politik: Von der »Muskelreligion« Pierre de Coubertins
zur Inszenierung der Macht in den Olympischen Spielen von 1936. Frankfurt / NY: Campus.
Balbier, U. (2007) Kalter Krieg auf der Aschenbahn. Der deutsch-deutsche Sport 1950-1972.
Paderborn: Schöningh.
Behringer, W. (2012). Kulturgeschichte des Sports. Vom antiken Olympia bis ins 21.
Jahrhundert. München: C.H. Beck.
Bernett, H. (Hrsg.) (1966). Nationalsozialistische Leibeserziehung. Hofmann, Schorndorf.
Cachay, K. (1990). Versportlichung der Gesellschaft und Entsportung des Sports. In H. Gabler &
U. Göhner (Hrsg.), Für einen besseren Sport. Themen, Entwicklungen und Perspektiven aus
Sport und Sportwissenschaft (S. 97–113). Schorndorf: Hofmann.
Coubertin, P. (1966). Der Olympische Gedanke. Reden und Aufsätze. Hrsg. Vom Carl-Diem-
Institut. Schorndorf: Hofmann.
Decker, W. (1987). Sport und Spiel im alten Ägypten. München: Beck.
Decker, W. (1995). Sport in der griechischen Antike. Vom minoischen Wettkampf zu den
Olympischen Spielen. München: Beck.
Eisenberg, C. (1993). Massensport in der Weimarer Republik – ein statistischer Überblick.
Archiv für Sozialgeschichte 33, S.137-177.
Eisenberg, C. (1999). English Sports und deutsche Bürger. Eine Gesellschaftsgeschichte 1800-
1939. Paderborn: Schöningh.
30 28.10.2017
Literatur
Elias, N. (2018). M Sport 2, 5. Unveröffentlichte Manuskripte zum Übergang von „rural“ zu
„modern“ sports im 19. Jahrhundert.
Elias, N. & Dunning, E. (2003[1986]). Sport und Spannung im Prozeß der Zivilisation.
Frankfurt/Main: Suhrkamp.
Heinilä, K (1982) The totalization process in international sport. Sportwissenschaft 12 (3), 235-54.
Krüger, M. (2005a). Einführung in die Geschichte der Leibeserziehung und des Sports, Band 1:
Von den Anfängen bis ins 18. Jahrhundert. Schorndorf: Hofmann.
Krüger, M. (2005b). Einführung in die Geschichte der Leibeserziehung und des Sports, Band 2:
Leibesübungen im 19. Jahrhundert. Turnen fürs Vaterland. Schorndorf: Hofmann.
Krüger, M. (2005c). Einführung in die Geschichte der Leibeserziehung und des Sports, Band 3:
Leibesübungen im 20. Jahrhundert. Sport für alle. Schorndorf: Hofmann
Krüger, M., Becker, C. & Nielsen, S. (2015). German Sports, Doping, and Politics A History of
Performance Enhancement. 1. Aufl. Lanham: Rowman & Littlefield Publishers.
Lamprecht, M. & Stamm, H. (2002): Sport zwischen Kultur, Kult und Kommerz. Zürich: Seismo.
Peiffer, L. (2009). Sport im Nationalsozialismus. Zum aktuellen Stand der sporthistorischen
Forschung. Die Werkstatt, Göttingen.
Prohl, R. (2006). Grundriss der Sportpädagogik. 2. Auflage. Wiebelsheim: Limpert.
31 28.10.2017
Literatur
Röthig, P. & Prohl, R. (Hrsg.) (2003) Sportwissenschaftliches Lexikon. 7.Aufl. Schorndorf:
Hofmann.
Spitzer, G. (2003). Doping in der DDR. Ein historischer Überblick zu einer konspirativen Praxis.
Genese – Verantwortung – Gefahren. Sport und Buch Strauß
Wiese, R. (2012). Kaderschmieden des „Sportwunderlandes“: die Kinder- und
Jugendsportschulen der DDR. Hildesheim: Arete.
Weiler, I. (1981). Der Sport bei den Völkern der alten Welt. Darmstadt: Wissenschaftliche
Buchgesellschaft.
32 28.10.2017
Bildnachweise
http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Hoplitodromos_Staatliche_Antikensammlungen_1471.
jpg (Zugriff 15.10.2013)
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/f/fe/Charles_Fernand_de_Condamy_Vor_der_
Fuchsjagd_1884.jpg (Zugriff 15.10.2013)
http://canela-forschungsprojekt.de/?cat=26 (Zugriff 28.10.2014)
http://www.selket.de/wp-content/uploads/2014/01/sedfest-lauf-hatschepsut.jpg (Zugriff 20.10.2015)
http://www.flickr.com/photos/stefangeens/3071414951/sizes/l/in/set-72157610469524 639/ (Zugriff
21.10.2013)
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/1/1a/Foul_pankration_BM_VaseE78.jpg (Zugriff
05.11.2013)
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/f/f4/AntikeGriechen1.jpg/640px-
AntikeGriechen1.jpg (Zugriff 05.11.2013)
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/0/0b/Olympia-
ZeusTempelRestoration.jpg/800px-Olympia-ZeusTempelRestoration.jpg (Zugriff 05.11.2013
Kollosseum: eigene Aufnahme.
https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/b/bb/PanoramaCaracallaThermen2014.JPG (Zugriff
05.11.2015)
http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Staatsoberh%C3%A4upter_Frankreichs#mediaviewer/File:Loui
s_XIV_of_France.jpg (Zugriff 12.11.2014)
Hans Sebald Beham, Dorffest mit Ballspiel. Aus Behringer, 2012, S.133.
33 28.10.2017
Bildnachweise
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/5/57/Mobfooty.jpg (Zugriff 27.11.2013)
http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Rugby_school_1859.jpg (Zugriff 26.11.2013)
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/en/6/6b/Sheffield_FC.svg (Zugriff 26.11.2013)
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/0/0d/Pierre_Fr%C3%A9dy_Baron_de_Coubertin.png
(Zugriff 05.12.2013)
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/a/a9/Olympic_rings_with_white_rims.svg (Zugriff
06.12.2013)
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/6/6c/J-C-F-GutsMuths.jpg/577px-J-C-F-
GutsMuths.jpg (Zugriff 02.12.2013)
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/6/65/Friedrich_Ludwig_Jahn.jpg (Zugriff 02.12.2013)
http://www.lauterbach-vogelsberg.de/persoenlichkeiten/spiess_adolf/turnen01.jpg (Zugriff
09.12.2014)
https://de.wikipedia.org/wiki/Kicker-Sportmagazin#/media/File:Der_Kicker_Erstausgabe.jpg (Zugriff
28.10.2017)
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/7/74/Bundesarchiv_Bild_146-1987-085-21%2C_
KdF-Sport%2C_Tennis.jpg (Zugriff 14.04.2014)
http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Flag_of_German_Olympic_Team_1960-1968.svg (Zugriff
30.12.2013)
34 28.10.2017
Bildnachweise
http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Coat_of_Arms_of_Germany.svg (Zugriff 30.12.2013)
http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Coat_of_Arms_of_East_Germany.svg (Zugriff 30.12.2013)
http://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Flag_of_the_United_States.svg (Zugriff 31.12.2013)
http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Flag_of_the_Soviet_Union.svg (Zugriff 31.12.2013)
http://www.fitx.de/Studios/Dortmund-Nordstadt/ (Zugriff 16.01.2015)
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/8/80/BMX_abubaca_street.jpg (Zugriff 21.01.2014)